VVorwort

Das Wort „Steuern“ ist für viele Menschen sehr abschreckend, sprichwörtlich ein Buch mit sieben Siegeln. Niemand erstellt gerne seine Einkommenssteuerklärung, die Abgabe der Erklärung wird oft bis zuletzt hinausgezögert. Und dem Ergebnis, dem Steuerbescheid, traut man erst recht nicht.

Dabei können gerade Ehepaare, eingetragene Lebenspartner oder auch Alleinerziehende durchaus Steuern sparen. So gilt es, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende geltend zu machen. Aber auch allein die richtige Wahl der Lohnsteuerklassen samt Faktor oder die Entscheidung zwischen Zusammenveranlagung und Einzelveranlagung kann das Nettoeinkommen einer Familie durchaus erhöhen. Ebenso kann der Abzug diverser Kosten – wie beispielsweise Gebühren für Kinderbetreuung – unterm Strich einen deutlichen steuerlichen Vorteil mit sich bringen.

Neben der Einkommensteuer kann gerade im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer und damit bei der Weitergabe von Vermögen in die nächste Generation in Form einer Schenkung oder einer Erbschaft durch geschicktes und durchdachtes Agieren Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer in deutlichem Umfang gespart werden.

Der vorliegende Ratgeber versucht, dem Laien einen Einstieg in die Thematik zu bieten. Mit zahlreichen Beispielen, Tipps und Punkten, auf welche der Steuerpflichtige achten sollte, bietet er dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, kleinere Fragestellungen selbst zu klären. Er macht den Steuerpflichtigen aber auch auf Themen aufmerksam, zu welchen die Einschaltung einer fachkundigen Person in Form eines Rechtsanwaltes oder Steuerberaters notwendig erscheint.

München, im Juni 2014

Astrid Congiu-Wehle

11. Kapitel

Einkommensteuer

I. Allgemeines

Das Einkommensteuergesetz (EStG) regelt die Besteuerung aller Steuerpflichtigen nach einheitlichen Grundsätzen. Zielsetzung ist es, jeden nach seiner individuellen Leistungsfähigkeit zur Einkommensteuer heranzuziehen.

Familien mit und ohne Kinder erhalten dabei im deutschen Steuerrecht zahlreiche Vergünstigungen, wie beispielsweise das Ehegattensplitting oder das Kindergeld, bzw. der Kinderfreibetrag, um nur die bekanntesten Regelungen aus dem Einkommensteuerrecht zu benennen.

Unter dem Begriff „Familie“ werden im deutschen Sprachgebrauch aber nicht nur verheiratete, heterosexuelle Ehepaare verstanden. Gerade jüngere Menschen sehen heute nicht mehr die Notwendigkeit zu heiraten. Selbst wenn Kinder aus einer Beziehung hervorgehen. Die Zahl der Familien ohne Trauschein, die so genannten nichtehelichen Lebensgemeinschaften, steigt ständig.

Seit dem 1.8.2001 haben auch gleichgeschlechtliche Partner die Möglichkeit zu „heiraten“, eine eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen. Bei allen Regelungen, aus welchen sich steuerliche Begünstigungen für Familien ergeben, stellt sich die Frage, ob diese auch auf eingetragene Lebenspartner, nichteheliche Lebensgemeinschaften oder auch bereits auf Verlobte Anwendung finden.

2Nichteheliche Lebensgemeinschaften, gleich ob homo- oder heterosexuell oder verlobt, leben ohne Trauschein zusammen. Sie gehen gegenseitig keine Verpflichtungen ein. Für nichteheliche Lebensgemeinschaften und Verlobte gelten sämtliche Vergünstigungsvorschriften des EStG nicht. Auch wenn die Lebensgefährten seit Jahren zusammen leben, zusammen wirtschaften, vielleicht gemeinsame Kinder haben, im Endeffekt wie ein Ehepaar auftreten, werden sie diesen nicht gleichgestellt. Dieses verbietet Art. 6 Abs. 1 GG (Grundgesetz), welcher nur Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der Verfassung stellt.

Von eingetragenen Lebenspartnern spricht man bei gleichgeschlechtlichen Paaren, welche nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verpartnert sind, also „geheiratet“ haben. Mit der Eheschließung, formaljuristisch die Verpartnerung, erhalten sie zivilrechtlich dieselben Rechte und Pflichten wie ein heterosexuelles Ehepaar. Sie sind gegenseitig gesetzlich erb- und damit auch pflichtteilsberechtigt. Sie müssen füreinander einstehen, sich gegenseitig unterhalten. Ist der eine Partner hierzu finanziell nicht in der Lage, muss der andere, leistungsfähige Partner einspringen, bevor staatliche Hilfe in Anspruch genommen werden kann. Mit einer Trennung und Scheidung entstehen gegenseitige gesetzliche Unterhaltspflichten.

Sehr strittig und sehr kontrovers diskutiert wurde bisher die Frage der Anwendung der einkommensteuerlichen Vorschriften für Ehegatten auf Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Obwohl sie zivilrechtlich vollständig wie Ehegatten behandelt werden, hatte das Steuerrecht diesen Schritt nur in einigen Bereichen vollzogen.

Vollständig verweigert wurde die Gleichstellung im Rahmen der Einkommensteuer. Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft wurden nach der Grundtabelle versteuert, Kosten aus einer doppelten Haushaltsführung wurden nicht als Werbungskosten anerkannt. Die Erläuterung der einzelnen Begriffe erfolgt im Einzelnen weiter unten in den entsprechenden Kapiteln.

Befürworter der Gleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft beriefen sich darauf, dass Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft gleich zu behandeln sind. Sie haben nach dem Zivilrecht die gleichen Rechte und Pflichten, dann sind ihnen auch 3beiden die Vergünstigungen aus dem Einkommensteuerrecht zu gewähren. Ansonsten läge ein Verstoß gegen Art. 3 GG, das Gleichheitsgebot vor. Danach sind alle Menschen in vergleichbaren Sachverhalten gleich zu behandeln.

Diese Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft wurde seitens des Bundesfinanzhofes (BFH) zuerst nicht als verfassungswidrig angesehen. In seinen Urteilen vom 26.1.2006, AZ III R 51/05 und vom 20.7.2006, AZ III R 8/04 sah es in der Ungleichbehandlung keinen Verstoß gegen Art 3 Abs. 1 GG und bestätigte, dass der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG nur heterosexuellen Ehegatten zusteht. Gegen diese beiden Entscheidungen wurde durch die Betroffenen Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt, AZ 2 BvR 909/06 sowie 2 BvR 288/07.

Mit Beschluss vom 7.5.2013, veröffentlicht am 6.6.2013, hat das Bundesverfassungsgericht die Ungleichbehandlung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern bei der Anwendung des Ehegattensplittings als verfassungswidrig erklärt, da ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG gesehen wurde.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss der Gesetzgebung aufgegeben, die Rechtslage rückwirkend auf den 1.8.2001 zu ändern. Bis dies erfolgt ist, sind die bestehenden Regelungen zum Ehegattensplitting auch für eingetragene Lebenspartnerschaften anzuwenden. Zum 15.07.2013 wurde § 2 EStG ein neuer Absatz 8 angehängt. Danach sind die Regelungen des Einkommensteuergesetzes zu Ehegatten und Ehen auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

Expertentipp: Lohnsteuerklassen

Soweit die Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft die Veranlagungen der einzelnen Jahre durch die Einlegung eines Einspruchs offen gehalten haben, werden die Finanzämter in der nächsten Zeit die Zusammenveranlagung durchführen. Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sollten auch daran denken, die Lohnsteuerklassen zu wechseln, sollte dies ihnen einen finanziellen Vorteil verschaffen.

4Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war absehbar.

In seiner Entscheidung vom 7.7.2009, AZ 1 BvR 1164/07, hat das Bundesverfassungsgericht die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Rahmen von betrieblichen Hinterbliebenenversorgungen für verfassungswidrig erklärt und die Gleichbehandlung angeordnet

Mit zwei weiteren Entscheidung vom 21.7.2010, AZ 1 BvR 611/07 sowie AZ 1 BvR 2464/07, hat das Bundesverfassungsgericht einen Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Bereich der Erb- und Schenkungsteuer als Verstoß gegen Art 3 Abs. 1 GG für verfassungswidrig erklärt.

Bis dahin wurden Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft wie fremde Dritte zueinander behandelt. Ehegatten wurden in Steuerklasse I, eingetragene Lebenspartner in Steuerklasse III eingeordnet. Aus der Einordnung in eine Steuerklasse ergeben sich die Höhe der Freibeträge und die Steuersätze. Stand dem Ehegatten für freigiebige lebzeitige Zuwendungen oder Erwerbe von Todes wegen ein Freibetrag in Höhe von EUR 500.000,00 zu, konnte der eingetragene Lebenspartner lediglich einen steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von EUR 20.000,00 steuerfrei erhalten. Ein Ehegatte versteuerte einen über den Freibetrag hinausgehenden Erwerb mit einem Eingangssteuersatz von 7%, der eingetragene Lebenspartner mit einem Steuersatz von 30%. Ehegatten steht bei einem Erwerb von Todes wegen vom anderen Ehegatten ein weiterer Versorgungsfreibetrag in Höhe von EUR 256.000,00 zu, eingetragenen Lebenspartnern wurde dieser versagt. Dies führte zu sehr unterschiedlichen steuerlichen Belastungen.

Max und Johanna sind verheiratet, Max stirbt und hinterlässt Barvermögen in Höhe von EUR 800.000,00. Johanna kann hiervon einen persönlichen Freibetrag in Höhe von EUR 500.000,00 und einen Versorgungsfreibetrag in Höhe von EUR 256.000,00 in Abzug bringen. Sie versteuert damit einen steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von EUR 44.000,00 mit einem Steuersatz von 7% und zahlt Erbschaftsteuer in Höhe von EUR 3.080,00.

5Sind Max und Moritz sind eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen. Max stirbt. Moritz konnte lediglich einen Freibetrag in Höhe von EUR 20.000,00 geltend machen. Er versteuerte EUR 780.000,00 mit einem Steuersatz von 30% und zahlt eine Erbschaftsteuer in Höhe von EUR 234.000,00.

Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts wurde das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz angepasst. Seit dem 1.1.2011 werden eingetragene Lebenspartner in die Steuerklasse I eingeordnet, erhalten einen persönlichen Freibetrag in Höhe von EUR 500.000,00, können den weiteren Versorgungsfreibetrag geltend machen und versteuern darüber hinausgehende Erwerbe mit einem Eingangssteuersatz von 7%. Sie wurden den Ehegatten im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer vollständig gleichgestellt.

II. Einführung in das Einkommensteuerrecht

1. Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer

Der deutschen Einkommensteuer wird das zu versteuernde Einkommen eines jeden Steuerpflichtigen unterworfen. Dieser Begriff ist nicht mit dem tatsächlichen monatlichen Nettoeinkommen gleichzusetzen; das zu versteuernde Einkommen ist grundsätzlich niedriger als das tatsächliche Nettoeinkommen. Das Einkommensteuergesetz sieht gerade für Ehepaare und Kinder zahlreiche steuerliche Vergünstigungen vor, welche familiär bedingte finanzielle Mehrbelastungen erleichtern und abmildern sollen. Hier sind der für Ehegatten vorgesehene Splittingtarif, die Möglichkeit des Abzuges verschiedener Aufwendungen für Kinder, besondere Freibeträge für diese oder auch das Kindergeld nur beispielhaft zu nennen. Diese werden im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer durch die Finanzämter teilweise von Amts wegen, teilweise auf Antrag berücksichtigt und mindern das tatsächliche Nettoeinkommen des Steuerpflichtigen.

6In einem ersten Schritt ermittelt das Finanzamt die Einkünfte des Steuerpflichtigen. Das Einkommensteuergesetz teilt diese in 7 verschiedene Einkunftsarten ein, § 2 Abs. 1 EStG

Nr. 1 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

Nr. 2 Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Nr. 3 Einkünfte aus selbständiger Arbeit

Nr. 4 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

Nr. 5 Einkünfte aus Kapitalvermögen

Nr. 6 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

Nr. 7 sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG, bspw. Renten, Spekulationsgewinne

Nr. 1 bis Nr. 3 sind die sogenannten Gewinneinkünfte. Der Einkommensteuer ist bei diesen Einkünften der Gewinn zu unterwerfen. Der Gewinn ermittelt sich aus dem Abzug der Betriebsausgaben von den Betriebseinnahmen. Sind die Betriebsausgaben höher als die Betriebseinnahmen, erzielt der Steuerpflichtige keinen Gewinn sondern einen Verlust.

Nr. 4 bis Nr. 7 werden auch als Überschusseinkünfte bezeichnet. Der Überschuss ist der Einkommensteuer zu unterwerfen und errechnet sich aus den Einnahmen des Steuerpflichtigen abzüglich der in seiner Person angefallenen Werbungskosten.

Alle auf diese Art und Weise ermittelten Einkünfte eines Steuerpflichtigen werden zusammen gerechnet und bilden die sogenannte Summe der Einkünfte.

Von dieser werden nach § 2 Abs. 3 EStG der Altersentlastungsbetrag (§24 a EStG), der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24 b EStG), bzw. ein besonderer Abzugsbetrag für Land- und Forstwirte in Abzug gebracht und so der so genannte Gesamtbetrag der Einkünfte berechnet.

In dem nächsten Schritt werden die Sonderausgabe (§ 10 EStG), die außergewöhnlichen Belastungen (§ 33 ff EStG) sowie die Kinderfreibeträge (§ 32 Abs. 6 EStG) abgezogen und so das zu versteuernde Einkommen ermittelt, § 2 Abs. 4 und Abs. 5 EStG. Das zu versteuernde 7Einkommen bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer, auf diesen Betrag wird der individuelle Einkommensteuersatz des Steuerpflichtigen angewandt und die Höhe der Einkommensteuer ermittelt.

Von der berechneten Einkommensteuer werden Steuerermäßigungen, wie solche für haushaltsnahe Dienst- oder Handwerkerleistungen abgezogen, oder bezahlte ausländische Steuern in Anrechnung gebracht. Der dann ermittelte Betrag wird schlussendlich als zu zahlende Einkommensteuer festgesetzt.

Die Einkommensteuer wird kurz zusammen gefasst wie folgt berechnet:

Summe der Einkünfte aus 7 Einkunftsarten

./. Altersentlastungsbetrag, § 24 a EStG

./. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, § 24 b EStG

Gesamtbetrag der Einkünfte

./. Sonderausgaben, § 10 EStG

./. außergewöhnliche Belastungen, § 33 EStG

./. Kinderfreibetrag, § 32 EStG

zu versteuerndes Einkommen = Bemessungsgrundlage für Einkommensteuer

berechnete Einkommensteuer

./. Steuerermäßigung nach § 35a EStG

./. bezahlte ausländische Einkommensteuer

zu zahlende Einkommensteuer.

2. Steuerpflicht

Einkommensteuer ist grundsätzlich nur dann auf Einkommen zu bezahlen, wenn die Person in Deutschland steuerpflichtig ist. In Deutschland ist nach dem Einkommensteuergesetz (§ 1 EStG) jede natürliche Person steuerpflichtig, welche im Inland ihren Wohnsitz zumindest aber ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Sie hat dann ihr gesamtes Welteinkommen der Einkommensteuer zu unterwerfen.

8Max ist deutscher Staatsbürger und lebt in München. Er erzielt neben seinem Einkommen als angestellter Ingenieur Zinseinkünfte aus einem Schweizer Konto und Mieteinnahmen aus einem Ferienhaus in Italien.

Max muss grundsätzlich auch die Einkünfte aus der Schweiz und aus Italien in Deutschland versteuern, da er im Inland seinen Wohnsitz hat.

Doppelbesteuerungsabkommen

Vorab wäre das Eingreifen eines Doppelbesteuerungsabkommens zu überprüfen. Solche Doppelbesteuerungsabkommen werden zwischen zwei Staaten geschlossen und regeln die Frage, wem die Besteuerung von Einkünften obliegt, wenn beide Staaten in ihren nationalen Regelungen eine Besteuerung vorsehen. Hierdurch soll eine doppelte Besteuerung der Einkünfte in zwei Ländern verhindert werden.

Kein Doppelbesteuerungsabkommen

Existiert kein Doppelbesteuerungsabkommen, so wird die ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet.

Unter Wohnsitz versteht man das Innehaben einer Wohnung, welche man beibehalten und nutzen möchten, § 8 AO (Abgabenordnung). Den gewöhnlichen Aufenthalt hat hingegen eine Person dort, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt, § 9 S. 1 AO. Diese Vorschrift greift vor allem bei Personen, welche nicht nur in Deutschland leben. § 9 S. 2 AO ergänzt die Vorschrift und bestimmt, dass als gewöhnlicher Aufenthalt stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als 6 Monaten Dauer anzusehen ist. Wer sich also mehr als 6 Monate (183 Tage-Regel) in Deutschland aufhält, unterliegt der unbeschränkten Steuerpflicht.

9Beschränkte Steuerpflicht

Im Rahmen dieses Buches wird nicht auf die beschränkte Steuerpflicht eingegangen. Bei zahlreichen steuerlichen Vergünstigungen für Familien oder bei Kindern sind bei beschränkt steuerpflichtigen Personen Besonderheiten zu beachten, die im Einzelfall durch die Steuerpflichtigen durch einen Steuerberater geklärt werden müssen.

3. Lohnsteuer

Für die Durchführung des Lohnsteuerabzuges vom laufenden monatlichen Einkommen werden die Arbeitnehmer in 6 Lohnsteuerklassen eingeordnet, § 38 b EStG. Die Einordnung in eine bestimmte Lohnsteuerklasse bedingt die Höhe der abzuführenden Lohnsteuer. Durch eine günstige Wahl einer Lohnsteuerklasse kann der Arbeitnehmer mitbestimmen, in welcher Höhe Lohnsteuer vom monatlichen Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber direkt einbehalten und abgeführt wird, soweit diese zugelassen wird. Das Wort „Wahl“ darf dabei nicht missverstanden werden. Das Gesetz gibt nicht jedem Steuerpflichtigen die „Wahl“, sich eine Steuerklasse nach seinem Gusto auszusuchen. Vielmehr gibt das Gesetz nur einigen Steuerpflichtigen in bestimmten Situationen die Möglichkeit, eine für sie günstigere Steuerklasse zu wählen.

Die Einordnung hat nach dem Gesetz wie folgt zu erfolgen:

Steuerklasse I

Alleinstehende, Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, im gesamten Kalenderjahr dauerhaft getrennt lebende Ehegatten

Steuerklasse II

Alleinerziehende mit einem oder mehreren Kindern im eigenen Haushalt

Steuerklasse III-V

Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben

Steuerklasse VI

Tätigkeit auf zweiter Lohnsteuerkarte

Aus dieser Auflistung ist erkennbar, dass eine Wahl nur nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, welche im Inland leben, offen steht. Diese können grundsätzlich in die Lohnsteuerklassen III – V eingeordnet werden. Dabei sind die Kombinationen III/V und IV/IV10 möglich. Durch eine optimale Wahl der Ehegatten kann das monatliche Nettoeinkommen der Familie insgesamt erhöht werden.

Expertentipp: Richtige Wahl der Lohnsteuerklassen

Bei einem etwa gleich hohen Verdienst der Ehegatten sollte die Kombination IV/IV gewählt werden.

Sollte ein Ehegatte weniger verdienen oder überhaut kein Einkommen erzielen, wird die Kombination III/V für diese Ehepaare die finanziell günstigere Variante darstellen. Grundsätzlich geht man davon aus, dass die Kombination III/V vorteilhaft für Ehegatten ist, bei welchen einer 40% oder weniger des Gesamteinkommens erzielt. Derjenige der Ehegatten, welcher das höhere Einkommen verdient, wird in Lohnsteuerklasse III eingeordnet. Sein Einkommen wird mit einem niedrigen Lohnsteuersatz besteuert, während der andere Ehegatte im Verhältnis eine hohe Steuerlast zu tragen hat. Unterm Strich liegt die Gesamtsteuerbelastung beider Ehegatten zusammen aber niedriger, als wenn beide nach Steuerklassen IV/IV besteuert worden wären.

Max und Johanna heiraten und verdienen zu Beginn ihrer Ehe ungefähr gleich. Mit der Heirat wechseln die beiden daher von bisher Steuerklasse I auf nun Steuerklasse IV. Nach einem Jahr kommt Sohn Luis auf die Welt, Johanna gibt hierfür ihre berufliche Tätigkeit auf. Es ist Max und Johanna anzuraten, in die Steuerklassen III (Max als Alleinverdiener) und V (Johanna) zu wechseln.

Seit dem 1.1.2010 kann durch die Ehegatten das so genannnte Faktorverfahren gewählt werden. Anhand des auf der Lohnsteuerkarte zusätzlich zur Steuerklasse IV eingetragenen Faktors, welcher stets kleiner ist als 1, wird die Lohnsteuer des einzelnen Ehegatten unter Berücksichtigung der Steuerbelastung auf das voraussichtliche gemeinsame Arbeitseinkommen berechnet.

11Lohnsteuerkarte

Lohnsteuerklassen und Faktor waren bisher auf der Lohnsteuerkarte einzutragen. Änderungen waren bei den Gemeinden zu veranlassen. Heute sind diese bei den Finanzämtern direkt vorzunehmen, da Lohnsteuerkarten in Papier nicht mehr verwendet werden.

Änderungen können nur einmal im Kalenderjahr vorgenommen werden.

Expertentipp: Trennung

Nach einer Trennung müssen die Ehegatten nicht sofort die Lohnsteuerklassen wechseln, beispielsweise von IV in I. Eine Änderung der Lohnsteuerklassen hat erst dann zu erfolgen, wenn die Ehegatten das gesamte Kalenderjahr und damit vom 1.1. bis zum 31.12. eines Jahres getrennt gelebt haben. Hat die eheliche Lebensgemeinschaft an einem Tag im Jahr noch bestanden, liegt kein dauerndes Getrenntleben nach den steuerlichen Vorschriften vor.

Wechsel der Lohnsteuerklassen

Vielen Ehegatten, welche sich trennen, ist weder bekannt noch bewusst, dass im auf die Trennung folgenden Jahre ein Wechsel der Lohnsteuerklassen verpflichtend vorzunehmen ist. Bei vielen herrscht die irrige Annahme, dass der Wechsel erst nach der Scheidung durchzuführen ist. Diese Annahme ist falsch, da das Steuerrecht nicht auf die rechtskräftige Scheidung, sondern bereits die endgültige Trennung als maßgeblichen Zeitpunkt abstellt.

Der Wechsel hat zum 1.1. des Folgejahres zu erfolgen. Wird dieser Wechsel nicht vorgenommen, gibt es zumeist für einen der beiden Ehegatten ein böses Erwachen nach der Veranlagung zur Einkommensteuer des Folgejahres nach der Trennung. Derjenige der getrennt lebenden Ehegatten, welcher in Steuerklasse III eingeordnet war, hat im laufenden Kalenderjahr eine im Vergleich zu seinem 12Bruttoeinkommen zu geringe Lohnsteuer abgeführt. Die Festsetzung der Einkommensteuer wird für ihn zu einer größeren Einkommensteuernachzahlung führen. Er kann zwar familienrechtlich intern einen Ausgleich vom getrennt lebenden Ehegatten erhalten. Dieser hat im Vergleich in Steuerklasse V eine hohe laufende monatliche Lohnsteuerlast getragen und wird bei der Einkommensteuerfestsetzung ein Guthaben erhalten. Man sollte aber auch berücksichtigen, dass der unterhaltsverpflichtete Ehegatte, immer der leistungsstärkere und damit derjenige Ehegatte ist, welcher in Lohnsteuerklasse III eingeordnet wird. Dieser hat im laufenden Jahr aus seinem relativ hohen Nettoeinkommen einen entsprechend hohen Unterhalt an den anderen Ehegatten oder die gemeinsamen Kinder bezahlt. Von diesen Unterhaltszahlungen kann er keine Rückforderung geltend machen.

Max und Johanna trennen sich nach 10 Jahren Ehe im Februar 10. Da die beiden im Kalenderjahr 10 nicht vollständig getrennt gelebt haben, kann es bei der Lohnsteuerklassenwahl III/V in diesem Jahr verbleiben, die Zusammenveranlagung ist für das Jahr 10 noch möglich. Der Wechsel in die Lohnsteuerklassen I hat zum 1.1. des Jahres 11 zu erfolgen.

Trennen sich die beiden am 28.12. des Jahres 10, muss der Wechsel ebenfalls zum 1.1. des Jahres 11 erfolgen, da die beiden im Jahr 11 vollständig getrennt leben werden. Die Zusammenveranlagung ist nicht mehr möglich, der Splittingtarif wird nicht mehr gewährt.

Ein Versöhnungsversuch der getrennt lebenden Ehegatten hat im Übrigen im Steuerrecht und im Familienrecht unterschiedliche Voraussetzungen und Auswirkungen. Ein kurzer Versöhnungsversuch, grundsätzlich schon ab ein paar Tagen, unterbricht im Steuerrecht das dauernde Getrenntleben der Ehegatten. In diesem Jahr können die Ehegatten, auch wenn der Versöhnungsversuch kurzfristig wieder scheitert, die Lohnsteuerklassen III-V wählen und nach der Splittingtabelle versteuert werden.

Familienrechtlich ist das Trennungsjahr erste Voraussetzung für die Scheidungseinreichung. Erst ein Jahr nach der Trennung der Ehegatten kann die Scheidung beim Gericht eingereicht werden. Im 13Familienrecht unterbricht nur ein ernst gemeinter, längerfristiger Versöhnungsversuch von 2 – 3 Monaten das Trennungsjahr.

Expertentipp: Kinderfreibeträge

Die Eintragung von Kinderfreibeträgen auf der Lohnsteuerkarte sollte nicht vergessen werden. Dieser wirkt sich nicht auf die Höhe der monatlich abzuführenden Lohnsteuer aus. Die in diesem Bereich vorzunehmende steuerliche Entlastung erfolgt über die Auszahlung des monatlichen Kindergeldes. Über die Eintragung wird allerdings die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Solidaritätszuschlages und der Kirchensteuer, soweit der Steuerpflichtige noch Mitglied der Kirche ist, gemindert. Diese ebenfalls monatlich abzuführenden Leistungen werden dadurch reduziert, das monatlich zur Verfügung stehende Nettoeinkommen erhöht.

4. Abgabeverpflichtung für Einkommensteuererklärung

Vor der Frage, in welcher Höhe Einkommensteuer an das Finanzamt abzuführen ist, ist die Frage zu klären, wer überhaupt eine Einkommensteuererklärung abzugeben hat, wer also verpflichtend zur Einkommensteuer veranlagt wird.

a) Arbeitnehmer ohne weitere Einkünfte

Bei einem Arbeitnehmer ist die Einkommensteuer grundsätzlich durch den laufenden Lohnsteuerabzug abgegolten. Damit ist er eigentlich nicht verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Wenn der Steuerpflichtige allerdings eine Erstattung erwartet, erfolgt die Veranlagung zur Einkommensteuer auf Antrag von ihm. Bei einem Arbeitnehmer kann sich einen Erstattung durch den Ansatz der Werbungskostenpauschale in Höhe von EUR 1.000,00 oder von Sonderausgaben, bzw. außergewöhnlichen Belastungen errechnen.

Dieser Antrag muss nicht ausdrücklich in einem gesonderten Schreiben an das Finanzamt erfolgen. Die Abgabe der Einkommensteuererklärung durch den Steuerpflichtigen wird inzident als Antrag gewertet.

14Verwendung der amtlichen Vordrucke

Die Einkommensteuererklärung hat verbindlich auf den amtlichen Vordrucken zu erfolgen, handschriftliche Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen werden nicht angenommen. Die Formulare werden entweder einmal im Jahr zu geschickt oder können bei den Finanzämtern online abgefragt werden.

Daneben ist es auch möglich, die Steuererklärung elektronisch abzugeben. Auf dem Portal www.elsterformulare.de kann eine kostenlose Software der Finanzverwaltung herunter geladen werden. Darin finden sich die auszufüllenden Formulare, Hilfestellungen fürs Ausfüllen, außerdem wird die zu erwartende Einkommensteuer berechnet.

Mit Hilfe dieses Programms wird die am PC ausgefüllte Steuererklärung an das Finanzamt übermittelt, die komprimierte Erklärung ausgedruckt, unterschrieben und an das zuständige Finanzamt übersandt. Notwendige Belege, auf welche das Programm ebenfalls aufmerksam macht, sollten mitgeschickt werden.

Wer sich unter www.elsteronline.de registrieren lässt, kann seine Erklärung mit einem Zertifikat an das Finanzamt elektronisch übermitteln, ein Ausdruck der Erklärung und Versand per Post ist dann nicht mehr notwendig.

Der Antrag muss innerhalb der vierjährigen Festsetzungsverjährungsfrist durch den Steuerpflichtigen erfolgen. Danach kann der Antrag nicht mehr gestellt werden, ein etwaiges Guthaben kommt nicht zur Auszahlung.

Die Veranlagung der Einkommensteuer 2010 wird auf Antrag beim Finanzamt bis zum 31.12.2014 erfolgen. Ab dem 1.1.2015 kann der Antrag nicht mehr gestellt werden.

b) Arbeitnehmer mit weiteren Einkünften

Erzielt der Arbeitnehmer weitere Einkünfte aus anderen Einkunftsarten, besteht für ihn eine Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung.

15Dies ist der Fall, wenn er Einkünfte in Höhe von über EUR 410,00 pro Kalenderjahr erzielt, welche nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen. Dann muss er eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt einreichen. Dabei kann es sich beispielweise um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung handeln. Auf diese wird nicht automatisch im laufenden Kalenderjahr eine Steuer abgeführt. Die Besteuerung erfolgt über die Einkommensteuererklärung und anschließende Veranlagung.

Arbeitnehmer sind außerdem verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, wenn sie im laufenden Kalenderjahr Lohnersatzleistungen wie beispielsweise Arbeitslosengeld oder Elterngeld von über EUR 410,00 bezogen haben.

Verheiratete Arbeitnehmer, welche in die Steuerklasse III und V eingeordnet sind oder bei Steuerklasse IV einen Faktor eingetragen haben, haben ebenfalls eine Steuererklärung abzugeben.

Ebenso ein Arbeitnehmer, welcher gleichzeitig Arbeitslohn von mehreren Arbeitgebern bezogen hat.

Schlussendlich ist jeder Arbeitnehmer, welcher auf seiner Lohnsteuerkarte einen Freibetrag eingetragen hat, zur Abgabe verpflichtet. Bei diesen Arbeitnehmern überprüft das Finanzamt, ob die Gewährung des Freibetrages an sich und der Höhe nach im laufenden Kalenderjahr noch korrekt war, der Arbeitnehmer Lohnsteuer in richtiger Höhe in Abzug gebracht hat. Diese Verpflichtung trifft damit jeden Elternteil, welcher einen Kinderfreibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen hat.

c) Andere Steuerpflichtige

Alle anderen Steuerpflichtigen, welche nicht nichtselbständig beschäftigt sind, müssen verpflichtend eine Einkommensteuererklärung abgeben, wenn ihre Einkünfte über EUR 8.130,00 pro Kalenderjahr, ab dem Jahr 2014 über EUR 8.354,00 pro Kalenderjahr liegen. Dies betrifft vorrangig jeden selbständig Tätigen. Aber auch Steuerpflichtige, welche nur noch Renteneinkünfte beziehen oder von ihren Einkünften aus der Vermietung und Verpachtung leben, fallen hierunter.

165. Erhebung der Einkommensteuer

Die Erhebung der Einkommensteuer erfolgt auf drei verschiedene Arten:

a) Lohnsteuerabzug

Bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit, also Löhnen und Gehältern, wird durch den Arbeitgeber die monatliche Lohnsteuer berechnet, einbehalten und direkt an das zuständige Finanzamt abgeführt.

Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer wird die abgeführte Lohnsteuer auf die festgesetzte Einkommensteuer angerechnet, ein Guthaben wird ausbezahlt, eine Nachzahlung eingefordert.

Nettolohn

Die Höhe des monatlichen Nettolohns wird größtenteils durch die Wahl der Lohnsteuerklassen bestimmt, s. dort.

Es sollte aber auch daran gedacht werden, weitere Freibeträge geltend zu machen, um das monatliche Netto zu erhöhen. Dabei handelt es sich vor allem um den Kinderfreibetrag. Dieser wirkt sich aber nur bei den monatlichen Abzügen für Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer reduzierend aus, die einkommensteuerliche Entlastung erfolgt über die monatliche Auszahlung des Kindergeldes. Aber auch hohe monatliche Fahrtkosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte können die Eintragung eines Freibetrages möglich machen. Ab Fahrtkosten von über EUR 1.600,00 pro Jahr wird der Freibetrag eingetragen.

17b) Abgeltungssteuer

Zur Abgeltung der Einkommensteuer auf Kapitalerträge wird auf diese seitens der Kreditinstitute ein einheitlicher Steuersatz von 25% einbehalten und an das zuständige Finanzamt abgeführt. Die Einkünfte aus Kapital müssen damit in der Einkommensteuererklärung grundsätzlich nicht mehr erklärt werden.

Expertentipp: Persönlicher Steuersatz unter 25%

Sollte der persönliche Steuersatz eines Steuerpflichtigen unter 25% liegen, muss dieser die Einbeziehung der Kapitalerträge in die Einkommensteuerveranlagung beantragen. Die Einkünfte aus Kapital werden dann mit dem persönlichen, niedrigen Steuertarif besteuert. Dem Steuerpflichtigen entsteht ein Guthaben.

Das Finanzamt überprüft dies nicht. Beantragt der Steuerpflichtige die Einbeziehung nicht, verbleibt es bei der pauschalen Besteuerung der Kapitaleinkünfte.

Für Einkünfte aus Kapitalvermögen steht dem alleinstehenden Steuerpflichtigen ein Freibetrag in Höhe von EUR 801,00 pro Kalenderjahr zu. Für Ehegatten beläuft sich der Freibetrag auf EUR 1.602,00. Nur die darüber hinausgehenden Einkünfte werden der Einkommensteuer unterworfen. Die Freistellung der Kapitaleinkünfte muss bei jedem Kreditinstitut gesondert beantragt werden, Ehegatten müssen die Anträge gemeinsam abgeben und unterschreiben; sie können über den Freibetrag nur einheitlich verfügen.

Expertentipp: Freibeträge nach Eheschließung

Nach der Eheschließung müssen daher alle Freibeträge neu erteilt werden.

c) Veranlagung

Die so genannte Veranlagung zur Einkommensteuer ist die grundsätzliche Form der Erhebung der Einkommensteuer. Der Steuerpflichtige 18hat eine Einkommensteuererklärung selbständig oder mit Hilfe eines Steuerberaters zu erstellen und an das für ihn zuständige Veranlagungsfinanzamt zu übersenden. Vom Finanzamt wird auf Basis der Erklärung und der elektronisch an das Finanzamt übermittelten Daten das zu versteuernde Einkommen ermittelt und die zu zahlende Einkommensteuer festgesetzt. Über die Ermittlung und die Höhe der Einkommensteuer ergeht der Einkommensteuerbescheid.

Der Steuerpflichtige ist verpflichtet, jährlich bis zum 31.05. des auf das zu besteuernde Jahr folgenden Kalenderjahres eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Einkommensteuererklärungen für das Kalenderjahr 2013 sind daher bis zum 31.05.2014 beim Finanzamt einzureichen. Auf Antrag kann eine Verlängerung der Abgabefrist erfolgen, welche das Finanzamt grundsätzlich bis zum Ende des Jahres, also bis zum 31.12. gewähren wird. Eine weitere Verlängerung über dieses Datum hinaus bedarf einer besonderen Begründung, wird dann aber zumeist bis zum 28.2. des Folgejahres (für 2013 also der 28.2.2015) gewährt.

Im laufenden Kalenderjahr kann das Finanzamt auf die für das nächste Jahr zu erwartende Einkommensteuerschuld vierteljährlich Vorauszahlungen in Höhe von mindestens EUR 400,00 pro Kalenderjahr, bzw. EUR 100,00 pro Vierteljahr auf die Einkommensteuer vom Steuerpflichtigen verlangen, § 37 EStG. Setzt das Finanzamt beispielsweise bei einem selbständig Tätigen in einem Jahr eine hohe Steuernachzahlung fest, wird es für das darauf folgende Kalenderjahr Vorauszahlungen vom Steuerpflichtigen auf Basis des letzten Einkommensteuerbescheids einfordern. Diese sind zum 10.3. / 10.6. / 10.9. / 10.12. eines Kalenderjahres fällig. Diese Vorauszahlungen werden bei der Veranlagung zur Einkommensteuer auf die tatsächlich festgesetzte Einkommensteuer angerechnet, reichen sie nicht aus, wird eine weitere Nachzahlung festgesetzt, liegt die tatsächlich festgesetzte Einkommensteuer unter den geleisteten Vorauszahlungen, wird das Guthaben erstattet.

Nichtselbständig Tätige leisten diese Vorauszahlungen in Form der automatisch seitens des Arbeitgebers einbehaltenen und abgeführten Lohnsteuer. Auch hier wird bei der Veranlagung die Lohnsteuer 19auf die festgesetzte Einkommensteuer angerechnet und entsprechend eine Nachzahlung oder ein Guthaben ermittelt.

6. Veranlagung von Ehegatten

a) Allgemeine Voraussetzungen

Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurden die möglichen Veranlagungsformen für Ehegatten ab dem Veranlagungszeitraum 2013 neu geordnet.

Weiterhin möglich ist die Zusammenveranlagung. Weggefallen ist unter anderem die getrennte Veranlagung zum Grundtarif. An ihre Stelle rückt die Einzelveranlagung zum Grundtarif mit Änderungen zur getrennten Veranlagung zum Nachteil des Steuerpflichtigen.

Ehegatten haben nach § 26 Abs. 1 EStG ein Wahlrecht, ob sie gemeinsam und damit zusammen, oder einzeln veranlagt werden. Dieses Wahlrecht steht ihnen jedes Kalenderjahr zu. Die Wahl einer Veranlagungsart bedeutet also nicht, dass die Ehegatten für immer an diese Wahl gebunden sind. Ändern sich die persönlichen oder finanziellen Verhältnisse kann eine andere Veranlagungsart gewählt werden. Auch die Einzelveranlagung kann unter bestimmten Umständen für die Ehegatten insgesamt einmal die günstigere Variante darstellen.

Das Wahlrecht besteht, wenn die Ehegatten zwei Voraussetzungen erfüllen, die zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind.

Sie müssen beide nach § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sein, sie müssen also beide in Deutschland ihren Wohnsitz, zumindest aber ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Haben Sie weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, werden sie auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, wenn die Einkünfte beider Ehegatten zusammen zu mindestens 90% der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkommen einen Betrag in Höhe von EUR 15.328,00 nicht übersteigen.20 Dieser Betrag errechnet sich aus dem doppelten steuerlichen Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 EStG. Die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte müssen durch eine Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen werden.

Eine weitere Sonderregelung sieht das Gesetz für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf welchen das Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum (EWR) anwendbar ist, vor. Diesen steht das Wahlrecht auch dann zu, wenn einer der beiden Ehegatten seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland hat.

Die Ehegatten dürfen des Weiteren nicht dauernd getrennt gelebt haben im betreffenden Kalenderjahr. Dies ist nicht der Fall, wenn die Ehegatten in dem betreffenden Veranlagungszeitraum eine eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft geführt haben.

Das Finanzgericht Köln hatte in einem Verfahren aus dem Jahre 2011 zu entscheiden, ob ein Ehegatte gleichzeitig zwei Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaften mit zwei Frauen führen kann, FG Köln, Urteil vom 16.6.2011, 10 K 4736/07. Folgender Sachverhalt lag dem Urteil zu Grunde:

Ein Ehemann begehrte die Zusammenveranlagung mit seiner im Wachkoma liegenden Ehefrau, welche in einem Pflegeheim untergebracht war. Zur Versorgung der ehelichen Kinder und zur Führung des Haushaltes stellte der Ehemann eine Haushaltshilfe an. Mit dieser bekam der Ehemann im streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum ein gemeinsames Kind.

Spätestens mit der Geburt des Kindes sah das Finanzamt und auch das Finanzgericht Köln es als erwiesen an, dass der Ehemann mit der neuen Frau eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft aufgenommen hat, damit die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft mit der Ehefrau nicht mehr besteht.

Die Tatsache, dass die Ehefrau nicht mit dem Ehemann zusammen gelebt hat, da die äußeren Umstände dies nicht zuließen, hätte nach Ansicht des FG Köln alleine nicht gegen eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gesprochen. Auch dann, wenn die Ehegatten 21durch zwingende äußere Umstände auch für unabsehbare Zeit getrennt leben, kann die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft trotzdem weiter bestehen, wenn die Ehegatten die Absicht haben, diese Gemeinschaft aufrecht zu erhalten und nach Wegfall des Hindernisses wieder aufzunehmen. Es kann aber niemand nach Ansicht des FG zwei Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaften gleichzeitig führen.

Gegen das Urteil des FG Köln wurde Revision zum BFH unter dem Aktenzeichen III R 49/11 eingelegt. Eine Entscheidung liegt derzeit noch nicht vor.

Grundsätzlich reichen bereits einige Tage im Jahr, an welchen die Ehegatten zusammen gelebt haben, um für das gesamte Kalenderjahr das Wahlrecht ausnutzen zu können. Heiratet ein Ehepaar am 30.12.2010, kann es bereits für das gesamte Kalenderjahr 2010 das Ehegattenwahlrecht in Anspruch nehmen. Diese steuerliche Vergünstigung stellt oftmals die Motivation dar, am Ende eines Jahrs noch schnell die standesamtliche Eheschließung erfolgen zu lassen.

Kosten der Hochzeit

Die Kosten der Hochzeit können steuerlich nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden.

Auch Ehegatten, die sich am 3.1. eines Kalenderjahres trennen, werden noch für das gesamte Jahr als Ehegatten veranlagt, können das Wahlrecht also noch ausüben.

Wenn beide Ehegatten die Voraussetzungen erfüllen, können sie zwischen der Zusammenveranlagung und der Einzelveranlagung wählen. Dabei schreibt das Gesetz vor, dass die Zusammenveranlagung nur durch beide Ehegatten gemeinsam beantragt werden kann, während für die Durchführung der Einzelveranlagung der Antrag eines Ehegatten ausreicht.

Dieser Antrag muss nicht ausdrücklich erfolgen. Die Abgabe der Einkommensteuererklärung durch beide Ehegatten gemeinsam wird als Antrag auf Zusammenveranlagung ausgelegt.

Möchte ein Ehepaar einzeln veranlagt werden, muss hierauf ein Hinweis an das Finanzamt erfolgen. Wird eine solche Erklärung 22nicht abgegeben, unterstellt das Finanzamt immer die Zusammenveranlagung als gewählte Art der Veranlagung.

Expertentipp: Richtige Veranlagungsart

Das Finanzamt überprüft nicht, welche Veranlagungsart für die Ehegatten die steuerlich günstigere darstellt, dies ist Aufgabe der Ehegatten. Ein Steuerberater wird dies grundsätzlich ohne Weiteres berechnen können. Sollte sich die Einzelveranlagung als die günstigere Variante für die Ehegatten herausstellen, muss diese in der Einkommensteuererklärung explizit beantragt werden.

Auf der anderen Seite kann ein Ehegatte durch die Abgabe seiner Einkommensteuererklärung alleine die Wahl zur Einzelveranlagung vornehmen; der andere Ehegatte ist an diese Wahl gebunden.

Gemeinsame Veranlagung

Das Finanzamt wird die Veranlagung einzeln vornehmen, wenn nicht beide Ehegatten schlussendlich die gemeinsame Veranlagung vor der endgültigen Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide beantragen.

Es gibt keinen Anspruch eines Ehegatten gegenüber dem anderen auf Zusammenveranlagung aus steuerlicher Sicht. Lediglich an einen solchen Anspruch wäre das Finanzamt gebunden.

Die beiden Ehegatten können aber aus familienrechtlichen Gesichtspunkten verpflichtet sein, sich zur Einkommensteuer zusammen veranlagen zu lassen. Die Frage der zu wählenden Veranlagungsart stellt sich zumeist bei getrennt lebenden Ehegatten. Im Jahr der Trennung wird die Wahl der Lohnsteuerklassen III/V beibehalten. Für den Ehegatten, welcher im Jahr der Trennung noch in Lohnsteuerklasse V eingeordnet war, wäre es einzeln betrachtet finanziell deutlich günstiger, eine Einzelveranlagung auch für das Trennungsjahr zu beantragen. Er könnte eine hohe Steuerrückerstattung erwarten. Der andere Ehegatte würde in diesem Fall aber mit einer hohen Steuernachzahlung rechnen müssen.

23Max und Johanna sind verheiratet. Max erhält ein jährliches Bruttoeinkommen in Höhe von EUR 60.000,00, hat Steuerklasse III, Johanna erzielt ein Einkommen in Höhe von EUR 30.000,00, Steuerklasse V.

Max zahlt Lohnsteuer in Höhe von EUR 8.700,00, Johanna in Höhe von EUR 7.200,00. Bei einer Einzelveranlagung würde sich zu Lasten von Max eine Einkommensteuer in Höhe von EUR 10.000,00, bei Johanna in Höhe von EUR 5.600,00 errechnen.

Max und Johanna trennen sich. Da Johanna eine Erstattung in Höhe von EUR 1.600,00 zu erwarten hat, beantragt sie die Einzelveranlagung, die Zusammenveranlagung lehnt sie ab.

Das Finanzamt wird Max nicht helfen und sich auf den Standpunkt zurückziehen, dass die Zustimmung der Johanna zur Zusammenveranlagung fehlt. Ein steuerlicher Anspruch auf Zusammenveranlagung existiert nicht, so dass Max gegenüber dem Finanzamt keine Rechte geltend machen kann.

Allerdings hat ein Ehegatte nach der zivilrechtlichen Rechtsprechung des BGH einen Anspruch auf die Zustimmung zur Zusammenveranlagung, wenn diese für beide Ehegatten insgesamt die finanziell günstigere Variante darstellt und keiner der beiden Ehegatten unzumutbar benachteiligt wird. Verstößt ein Ehegatte gegen diese familienrechtliche Verpflichtung, macht er sich dem anderen gegenüber schadensersatzpflichtig.

Würden Max und Johanna in dem obigen Beispiel zusammen veranlagt werden, würde sich die Einkommensteuer für beide zusammen reduzieren, diese Variante wäre unterm Strich aus beider Sicht zusammen günstiger.

Steuerlich sind Max gegen Johanna zwar die Hände gebunden, aus familienrechtlicher Sicht kann er aber gegen Johanna vorgehen. Er kann vor einem Zivilgericht (Familiengericht) Johanna auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung verklagen, soweit die Zusammenveranlagung die für beide Seiten unterm Strich günstigere Variante der Ehegattenveranlagung darstellt.

24Einspruch

Ein Einspruch gegen einen Einkommensteuerbescheid – Einzelveranlagung – kann Max nicht mit dem laufenden zivilrechtlichen Verfahren gegen Johanna begründen, dieser Einspruch würde als unbegründet abgewiesen werden.

Sollte der Einkommensteuerbescheid bis zum Ergehen des Urteils des Familiengerichts rechtskräftig geworden sein, kann und wird die Zusammenveranlagung durch das Finanzamt nicht mehr durchgeführt werden. Die Einzelveranlagung bleibt bestehen. Max kann in diesem Fall aber seinen finanziellen Schaden gegenüber Johanna im Wege eines Schadensersatzanspruchs geltend machen.

b) Einzelveranlagung

Im Rahmen der Einzelveranlagung werden jedem Ehegatten die von ihm bezogenen und erwirtschafteten Einkünfte alleine zugerechnet und nach der Grundtabelle und nicht der Splittingtabelle der Besteuerung unterworfen. Sonderausgaben wie beispielsweise Kinderbetreuungskosten, außergewöhnliche Belastungen oder Abzugsbeträge bei haushaltsnahen Dienstleistungen werden dem Ehegatten zugerechnet, welcher sie wirtschaftlich getragen hat. Auf übereinstimmenden Antrag beider Ehegatten werden sie beiden Ehegatten zu jeweils ½ zugerechnet.

Grundsätzlich führt die Anwendung der Grundtabelle, also die Einzelveranlagung, zu einer höheren Steuerbelastung der Ehegatten. In Ausnahmefällen gibt es allerdings auch bei Ehegatten Konstellationen, in welchen die Einzelveranlagung günstiger ist.

Dies ist zumeist der Fall, wenn beide Ehegatten ungefähr in gleicher Höhe verdienen.

Eine Überprüfung, welche Veranlagungsart gewählt wird, sollte auch vorgenommen werden, wenn ein Ehegatte lediglich negative Einkünfte erzielt, während der andere lediglich über geringe positive Einkünfte verfügt.

25Ebenfalls kann ein Vorteil bestehen, wenn ein Ehegatte im betreffenden Kalenderjahr lediglich Einkünfte bezogen hat, welche dem Progressionsvorbehalt unterliegen. Hierzu gehören das Arbeitslosengeld, das Elterngeld, das Mutterschaftsgeld, das Insolvenzgeld oder auch das Kurzarbeitergeld.

Individuelle Überprüfung

Es soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass die vorgenannten Fälle lediglich Beispiele darstellen, in welchen die Einzelveranlagung die günstigere Variante für die Besteuerung der Ehegatten sein kann. Dies muss im Einzelfall von den Steuerpflichtigen mit Hilfe eines Steuerberaters überprüft werden.

c) Zusammenveranlagung

Bei der Zusammenveranlagung werden die Einkünfte der Ehegatten in einem ersten Schritt gesondert ermittelt, für jeden Ehegatten also einzeln. Das so ermittelte zu versteuernde Einkommen wird zusammen gerechnet und den Ehegatten gemeinsam zugerechnet. Davon werden dann die Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen, etc. in Abzug gebracht. Die Ehegatten werden ab diesem Schritt gemeinsam als Steuerpflichtige behandelt. Auf dieses Einkommen wird die Splittingtabelle angewandt.

Der Splittingtabelle liegt folgende Berechnung zu Grunde: Das zu versteuernde Einkommen der Ehegatten wird addiert und anschließend durch zwei geteilt. Der so ermittelte Wert bildet die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes. Die sich hieraus ergebende Einkommensteuerlast wird wieder mit zwei multipliziert und ergibt die Gesamtsteuerlast der Ehegatten.

Das deutsche Einkommensteuersystem ist durch die so genannte Progressionsbesteuerung gekennzeichnet. Bei steigendem Einkommen steigt die Steuerlast. Durch die Aufteilung der zwei Einkommen der Ehegatten zu gleichen Teilen auf beide Ehegatten wird die Steuerlast zumeist reduziert.