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Dorado oder Unbekanntes Südland


Dorado oder Unbekanntes Südland


1. Auflage

von: Herbert Friedrich

9,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 26.10.2021
ISBN/EAN: 9783965215436
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 520

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Der junge Holländer Daniel Hillebrant arbeitet bei der Handelscompagnie seines Landes in der kambodschanischen Königsstadt Lauweck. Gefesselt von der Schönheit Südostasiens, der Exotik seiner Natur, der Anmut seiner Menschen, erkennt er aber bald die Intrigen, die unsauberen Geschäfte am Königshof und innerhalb der niederländischen Faktorei. Auf dem Meer und an Land wütet eine erbarmungslose Konkurrenz, der auch der mutige, lebensbejahende Abel Janszoon Tasman, ein erfahrener Schiffsmann, durch dessen Fähigkeiten und dessen Ehrgeiz sich die holländischen Kaufleute reiche Landstriche und neue Seewege erhoffen, zum Opfer fällt. Seine Expeditionen, die unter schweren Bedingungen verlaufen, haben nicht den erwarteten Erfolg. Daniel Hillebrant weiß, dass Tasman, dessen Tochter er geheiratet hat, ein unglücklicher Mensch ist, der rastlos und schließlich auch rücksichtslos nach Glück und persönlichem Erfolg sucht.
Geboren am 7. August 1926 in Zschachwitz.
Volksschule in Dresden, Lehrerbildungsanstalt in Frankenberg. Ab 1944 Wehrmachtssoldat, von 1945 bis 1949 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft in Mittelasien.
1950 war er zunächst Hilfsarbeiter, dann Lehrer in Lohmen/Pirna und in Dresden. 1957 legte er das Staatsexamen ab und studierte von 1958 bis 1961 am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ in Leipzig. Seit 1961 freischaffender Schriftsteller in Dresden.
Auszeichnungen
Martin-Andersen-Nexö-Kunstpreis der Stadt Dresden 1966
Alex-Wedding-Preis 1973
In der Nacht, die ihn an die Reling trieb, gewahrte er Feuer am Strand. Und in der Morgensonne segelten Prauwen auf sie zu, während er die Leute mit Musketen hinter der Bordwand liegen hatte. Kokosnüsse, ein quiekendes Schwein – er brauchte dies alles nicht. Die Eingeborenen trugen Lendenschurze, hatten Perlen um den Hals hängen; Gold sah er nicht. Aus schmalen Augen beobachtete er sie. Der Hochbootsmann reichte Spiegelchen an einer Stange hinunter und angelte Bananen herauf.
„Ein Boot hinunter!“, rief er, saß dann in seinem Kahn inmitten der Prauwen, überstäubt vom Wasser, hatte ihre gefärbten, schwatzenden Gesichter dicht vor sich und Fischgeruch in der Nase. Gestikulierende Gestalten, mit Pfeilen und Bogen; sie ahnten nicht die Musketen über sich, die den Schiffer schützten. Der Dolmetscher fand wirklich einen, der malaiisch verstand und dem er das Anliegen des Kommandeurs deutlich machen konnte. Nach Batavia mitgehen, in große Siedlung, fremdes, fernes Land, zu den weißen, bleichen Menschen, die Bärte trugen und Kleider. Nein nein nein! Erschrockene Ablehnung, Entsetzen, Widerwillen auf den Gesichtern.
Euch krieg ich schon, dachte Tasman. Er zeigte Gold, das schienen sie zu kennen. Diamanten, wer weiß. Unerschöpfliche Diamantengruben. „Halt!“, brüllte der Hochbootsmann. Tasman fuhr herum. „Verdammter Teufel!“ Ein winziges Boot, mit nur zwei Mann besetzt, hieb sich durch den Pulk der Prauwen. Tasman begriff erst diese Flucht, als der Hochbootsmann rief: „Sie haben sich ’nen Spieß aus unserem Boot gelangt!“ Im Nu war ein Abstand da zwischen Schiff und Eingeborenen. Wie Fische auf einen Köder, so stürzten sich die Prauwen auf das kleine flüchtende Boot, als wolle jeder ein Stück dieses fremden Spießes haben.
Es war anders. Die braunen Männer griffen die Diebe, rissen sie aus ihrem Boot und schlugen sie zusammen.
Eine Prauwe brachte den gestohlenen Spieß zurück. Tasman nahm ihn eigenhändig entgegen und fragte den Mann noch einmal durch den Dolmetscher: „Du kommst mit nach Batavia?“
Nein nein nein!
Am Abend kam de Ratte mit dem Würfelbecher. Tasman schickte ihn fort und stellte sich auf die Galerie. Ich kriege euch schon. Tasman gehört nicht mehr zu den Leuten, die einen Auftrag unerfüllt lassen!
Sechs Tage lag er ergebnislos unter der Insel. Dann würfelte er doch mit de Ratte.
„De Ratte, da, trink.“ De Ratte hatte schon mehr als genug und wankte und sang.
De Ratte, du hast mir schwimmend Land erreicht. Aber alles erreichst du auch nicht. De Ratte erreichte alles in seinem Suff.
„Dass dein Boot schneller ist als eines der Eingeborenen?“
„Ich schaff’s.“
„Dass du ’nen Eingeborenen hier tanzen lässt, oben an Deck, oder ’ne ganze Familie oder zwölf Mann?“
„Zwanzig“, sagte de Ratte. Zwanzig Mann an Deck des Schiffes „Frederick Hendrick“ wolle er tanzen lassen! Er schwor es beim großen Brand zu Maastricht. „Ich wett um ’nen Monatslohn!“
„Da steig in den Kahn!“
Zwei Glasen später, in der Nachmittagssonne, kam de Ratte lachend mit dem Boot zurück. Es steckte voller Leute, legte an. Die Männer und Frauen darin lachten über den lustigen de Ratte, der seine Späße trieb. „Na, war gut, Bootsfahrt, war gut?“ Den nächsten Braunen stieß er an, dieser lachte, hatte eine kleine Trommel dabei, trommelte los. Tasman schaute vom Schiff herunter.
Den ersten drängte de Ratte zum Tau. Da, schwing dich hinauf. Er zeigte ihm, wie man es machen müsse, half nach, winkte leise wie unterstützend, na, na! Der Eingeborene kletterte wirklich. Oben tanzen! Die Trommel schlug. De Ratte stand aufrecht im Bug des Bootes. Rasch, rasch; mit Sonnenuntergang seid ihr zurück am Strand, könnt erzählen von dem großen Tanz auf der „Frederick Hendrick“ und davon, wie de Ratte eine Wette gewonnen hat. Hundert Gulden! Einmal entlohnt wie ein Kommandeur …
Wieder tümpelten Prauwen dicht gedrängt in dem wogenden Wasser. Die Leute darin verfolgten, wie sich das große Boot leerte, wie ein muskulöser brauner Rücken nach dem anderen das Tau zum Schiff hinaufrutschte.
Als de Ratte das Deck betrat, legte ihm Tasman lächelnd die Hand auf die Schulter. Dann winkte er, ging weg, alles leise, als wolle er die Eingeborenen nicht stören, die neugierig Deck, Masten, Tauwerk betrachteten und berührten.
„Na, Abel Janszoon …?“ Glücklich lehnte de Ratte an der Tür der „Hütte“.
„Hast die Wette gewonnen.“
„Hab mich auch genug geschunden.“
„Komm rein. Ich werde dir dein Geld hinzählen. Hundert Gulden wie ein Kommandeur.“