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Adam im Paradies


Adam im Paradies

Erzählungen
1. Auflage

von: Volker Ebersbach

8,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 30.11.2021
ISBN/EAN: 9783965215757
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 349

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Schon das Vorspiel zu diesem Band mit insgesamt acht Erzählungen macht neugierig. Darin berichtet Volker Ebersbach von „Don Quijotes Memoiren“, die allerdings rasch in Vergessenheit gerieten, als ein gewisser Miguel de Cervantes Saavedra einen ebenso meisterhaften wie weltberühmt gewordenen Roman über Don Quijote geschrieben. Das Erstaunliche an Don Quijotes eigenen Memoiren jedoch ist, dass er darin den wahren Grund für sein Leben und Kämpfen als Ritter von der traurigen Gestalt bekennt und dennoch bis an sein Lebensende über zu viel Unverständnis und falsche Interpretationen seines Handelns klagt.
In den weiteren Texten mit Begebenheiten aus zwei Jahrtausenden geht es unter anderem um eine Legende aus dem alten Peru, um den Eid eines Sehers im Römischen Reich, um den Sohn des Kaziken, dem wir zuerst am 28. März 1573 begegnen und den wir am 28. Juni 1573 verlassen sowie um Adam im Paradies. Adam hat offenbar als einziger eine Schiffskatastrophe überstanden und genießt zunächst die vollkommene Einsamkeit, die er sich immer gewünscht hatte. Aber am anderen Morgen sieht er Lilith …
Volker Ebersbach nimmt die jüdische Legende von Lilith, Adams erster Frau, auf und lässt vor dem Auge des Lesers mit spielerischer Leichtigkeit ein phantastisches Gebilde entstehen, in dem sich Realität und Wahn mischen. Menschheitsgeschichte als Kulturgeschichte, Bewusstseinsgeschichte, Geschichte des menschlichen Gewissens: In den teils mit bohrendem Ernst, teils mit listiger Ironie, stets kenntnisreich und einfühlsam erzählten Begebenheiten aus zwei Jahrtausenden erkundet der Autor für heute und morgen die Dimension der Humanität.
VORSPIEL
DER GERUFENE
DER EID DES SEHERS
HANANIAS UND SAPHIRA
DAS WUNDER IM PANTHEON
MEISTER FELIX UND DIE MÖNCHE
DER SOHN DES KAZIKEN
ADAM IM PARADIES
SELBSTVERHÖR
Volker Ebersbach ist am 6. September 1942 in Bernburg/Saale geboren und dort aufgewachsen. Nach Abitur und Schlosserlehre studierte er von 1961 bis 1966 Klassische Philologie und Germanistik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. 1967 promovierte er über den römischen Satiriker Titus Petronius. Danach lehrte er Deutsch als Fremdsprache ab 1967 in Leipzig, 1968 in Bagdad, 1971 bis 1974 an der Universität Budapest, wo er auch mit seiner Familie lebte.
Seit 1976 ist er freier Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber. Er schreibt Erzählungen und Romane, Kurzprosa, Gedichte, Essays, Kinderbücher, Biografien und Anekdoten. Er übersetzte aus dem Lateinischen ausgewählte Werke von Catull, Vergil, Ovid, Petronius, das Waltharilied, Janus Pannonius und Jan Kochanowski. Einzelne Werke wurden ins Slowenische und Koreanische übersetzt.
Von 1997 bis 2002 war er Stadtschreiber in Bernburg. Danach lehrte er bis 2004 an der Universität Leipzig.
Preise und Auszeichnungen
Lion-Feuchtwanger-Preis, 1985
Stipendiat des Künstlerhauses Wiepersdorf und des Stuttgarter Schriftstellerhauses, 1993
Die Sonne ist hinter der Turmecke verschwunden. Das Fenster liegt im Schatten, der die im Gemäuer aufgespeicherte Wärme einsaugt und wenig Kühlung bringt. Die Landser springen auf; über die Holzstufen stampfen wieder Stiefel.
„Der Alte!“ Sie setzen schon mit der Kehrtwendung die Stiefelhacken in eine günstige Position für zackiges Zusammenschlagen.
Die Hacken krachen, noch während die Tür quietscht, hoch und etwas tiefer, wie das Maunzen zweier einander fixierender Katzen.
Dem Major folgt ein Mann mittleren Alters in Zivil. Einer der Posten erstattet Meldung, der Major befiehlt „Rühren!“.
„Sagen Sie dem Gefangenen“, beginnt der Major, „ich brauche kein Verhör mehr und möchte mich nur mit ihm unterhalten.“
Den Kopf vorgeschoben und halb gesenkt, blinzelt der Zivilist. Seine Nasenflügel schnuppern, seine Augen tasten in die Runde, suchend und doch allem ausweichend. Der Kollaborateur will folgsam übersetzen; doch der Major durchschneidet die ersten Worte: „Der Herr Saboteur zeigen ja keinerlei Zerknirschung mehr?“ Sein Weinatem verbreitet sich langsam zwischen den unbeweglichen Gestalten.
Der Dolmetscher schaut fragend von der Seite an ihm herauf.
„Sind wir vielleicht zur Besinnung gekommen, mein Freund?“
Der Kollaborateur fängt sich und übersetzt vorsichtig, mit milder Stimme, ein Lächeln um die ledrigen Wangen, das um Verständnis bittet, aber die Überlegenheit des Mittlers nicht aufgeben möchte, jederzeit bereit, sich unterbrechen zu lassen.
„Man singt nicht mehr, man beschimpft niemanden mehr, man gebärdet sich nicht mehr wie ein junges Böckchen, sondern steht still an seinem Fenster, telefoniert mit der Ewigkeit und bekommt treue Augen!“
Jean sieht auf seine Füße und nimmt die Unterlippe zwischen die Zähne.
„Das gefällt mir schon besser, Monsier Adler, das gefällt mir ausgezeichnet. Warten Sie nur ruhig ein Weilchen mit dem Springen, so eilig haben wir es nicht. Die Kameraden hier müssen noch auf ihre Kosten kommen, und ich will es allerdings auch! Ich habe mir speziell Sie ausgesucht. Sie sind das Objekt, das ich brauche. Solch eine Gelegenheit kommt für meine Studie über das Heldische nicht gleich wieder! Fürchten Sie nichts von der Gestapo, die haben wir jetzt nicht in erreichbarer Nähe. Außerdem bin ich hier der Herr. Sie würden mir meine Studie nur verderben. Aber bilden Sie sich darauf nichts weiter ein. Niemand außer mir hat noch ein Interesse an Ihnen. Ohne mich sind Sie überflüssig in der Welt. Ihre kleine Rotznase hat uns genug vorgesungen. Schade, irgendjemand muss ihm eingeredet haben, dass wir ihn laufenlassen, und er hatte es ziemlich eilig, und meinen Leuten gefiel das nicht, die machen überhaupt so gern krumme Zeigefinger, wissen Sie.“ Der Major spielt mit dem Revolver. „Na gut, jedenfalls kenne ich Sie jetzt besser. Ich muss sagen, mein erster Eindruck hat mich nicht getäuscht. Sie werden bestimmt funktionieren.“
Jean hört das nur von weitem. Gustave lebt also auch nicht mehr. Er stiert den gemächlich dolmetschenden Kollaborateur an. Durch jeden Satz glaubt der sich ausgezeichnet: Ich habe nur ein Herrchen, und das ist das wahre Herrchen, und es braucht nur einen Hund, und der bin ich. Der Kollaborateur kaut seine Sätze, flink die Pausen des Majors nutzend, schaut irgenwohin, ohne den Angesprochenen zu beachten, denn das wäre unter seiner Würde.
Der Gefangene verfärbt sich. Diese schmutzige Brücke zum Feind erträgt er nicht. Sein Vater hat nur deutsch mit ihm gesprochen. Umso schlimmer, jetzt diese Sprache aus dem Mund dieses Majors zu hören und sie von einem solchen Schwein in die Sprache der Mutter übersetzen zu lassen. „Verschwinde, schnell, verschwinde! Wir brauchen dich hier nicht!“

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