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Eine kulinarische Liebeserklärung

Csaba dalla Zorza

Fotografiert von Stefano Scatà

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Auf dem Land aufzuwachen

ist eines der schönsten Dinge, die das Leben zu bieten hat: Die von den Hügeln herströmende Luft einzuatmen und mich am Anblick der von ersten Sonnenstrahlen beschienenen Felder zu berauschen, hat eine ganz eigene Magie, die mich Zeit meines Lebens begleitet hat. Es muss an dem toskanischen Blut liegen, das durch meine Adern fließt (wenn auch nur zur Hälfte), und an den Eindrücken meiner Kindheit – diese endlosen Tage, die ich im Haus meiner Großeltern verbrachte, umgeben von einer majestätischen Eleganz, die sich in Einfachheit und Leidenschaft gründete. Nach unbeschwerten Tagen schloss ich abends glücklich die Augen, mit dem warmen Geschmack von Brombeeren noch auf der Zunge. Auch das scharfe Aroma des Olivenöls, das Großvater auf das Brot geträufelt hatte, begleitete mich oft bis in meine Träume …

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Inhalt

EINLEITUNG: Mein Leben in der Toskana

1.DIE SPEISEKAMMER sinnvoll ausstatten

2.ANTIPASTI, die italienische Lebensart

3.GNOCCHI UND PASTA: Paradies auf dem Teller

4.HEISSE SUPPEN für graue Regentage

5.FLEISCH UND WEIN für besondere Anlässe

6.FISCH für ein Mittagessen im Sommer

7.GEMÜSE als Beilage

8.SNACKS für Groß und Klein

9.SÜSSES, OBST UND KAFFEE zum Abschluss

Register

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EINLEITUNG

Mein Leben in der Toskana

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DAS GLÜCK DES LANDLEBENS MIT MEINER FAMILIE

Immer wenn ich mit meinem Mann und meinen Kindern einige Tage in der Toskana verbringe, fühlt es sich an, als würde ich aus einer magischen Kraftquelle trinken. Schon wenn ich mit dem Zug in Florenz einfahre oder im Auto die Apenninen überquere, spüre ich, wie sich die Leidenschaft für diese Region von Neuem in mir entzündet. Das Lebensgefühl dieser Region ist mir ins Blut übergegangen, wie Rotwein lange in einem Fass reift, um schließlich jeden mit seinem Aroma zu verführen, der von ihm trinken möchte. Es ist die intensive Farbe des Brunello di Montalcino, das Aroma der selbst gesammelten Steinpilze, die Wärme des Holzes, das im Kamin brennt, das sonntägliche Plaudern der Frauen draußen vor der Kirche.

Ich wuchs in einer von Frauen geprägten toskanischen Familie auf. Mein Großvater Alessandro lugte immer nur dann um die Ecke, wenn eine Mahlzeit anstand oder er mit uns spazieren gehen wollte. Mein Vater hatte uns einige Jahre zuvor verlassen, angezogen von anderen Dingen, die nichts mit uns zu tun hatten. Damals kümmerte mich das jedoch eigentlich wenig. In meiner Welt spielten Frauen die wichtigste Rolle. In diesem weiblichen Universum gab es nicht viel Platz für die Eleganz und Feinheit, mit denen ich mein Leben gerne gefüllt hätte. Natürlich erfuhr ich Liebe – aber eine Art Liebe, die eher aus salzlosem Brot und Kastanienkuchen mit Pinienkernen bestand als aus cremegefüllten Süßigkeiten. Mich umgab eine große Weisheit – das bäuerliche Wissen, das meine Großmutter von Geburt an gelernt hatte und ihr sehr dabei geholfen hatte, ihre zwei Kinder während der Kriegszeit aufzuziehen. Und dann war da das Essen: Es war einfach und gut und gliederte unseren Alltag in Mahlzeiten vom Frühstück bis zum Abendbrot. Es wurde immer alles selbst zubereitet und das Kochen war stets verbunden mit endlosen Gesprächen in dem mir so vertrauten toskanischen Akzent.

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In jenen Jahren plätscherte das Leben langsam und vergnüglich dahin und alles schien zu sein, wie es sein sollte. Meine Großmutter schrieb nichts auf, sondern wusste alles auswendig: von der Art und Weise, wie man ein Kaninchen mit Oliven zubereitet, bis hin zur Kochdauer der Einmachgläser mit geschälten Tomaten aus ihrem Gemüsegarten. Das schlimmste Unglück war für sie ein Hagelschauer, der die zarten Früchte ihres Gartens zerstörte. Erholung fand sie in der Zeit zwischen Mittagessen und Abendbrot, die sie oft beim Eingang unseres Hauses verbrachte, wo sie mit anderen Frauen aus der Straße Erbsen enthülste, etwas flickte oder Topflappen häkelte. Die Jahreszeiten bestimmten mein Leben. Wenn es Juni wurde, zeigte sich meine Umgebung in der für die Toskana so typischen und besonders bezaubernden Weise: mit Heuballen übersäte Hügel, gesäumt von langen grünen Reihen von Zypressen und mediterranen Pinien.

Um das Haus meiner Großeltern zu erreichen, brauchte man von Mailand aus etwa vier Stunden mit dem Auto. Großmutter Irma erwartete uns immer schon am Küchenfenster: Egal wann wir ankamen, sie war stets dort. Ein Auge auf die Treppe und eines auf die Straße gerichtet, lief sie uns immer gleich in ihren Hausschuhen auf dem Kies entgegen. Sie war der Mittelpunkt des ganzen Geschehens, ob nun bei den Mahlzeiten oder unseren Spielen. In meiner von Frauen geprägten Welt war sie immer als Erste auf den Beinen. Ich kann mich an keinen Morgen erinnern, an dem sie nicht bereits in ihrer Schürze mit Tellern und Töpfen hantierte, wenn ich mit verschlafenen Augen in die Küche kam.

Die Häuslichkeit und die Liebe zum Kochen – diese Dinge habe ich von ihr geerbt und ich hoffe, sie eines Tages an meine Tochter weitergeben zu können, genau wie die Rezepte dieses Buches, die eine innige Hommage an die authentische toskanische Küche meiner Oma sind. Wenn ich die Augen schließe, meine ich noch immer ihre Stimme durchs Haus schallen zu hören: „Zu Tisch, das Essen ist fertig!“

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KAPITEL 1

Die Speisekammer sinnvoll ausstatten

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EINE SPEISEKAMMER AUSSTATTEN

und lernen, jeden Tag gut zu essen

Kochen war für mich immer eine Möglichkeit, Liebe und Fürsorge gegenüber den Menschen auszudrücken, die mir am Herzen liegen. Die optimale Verwaltung der Speisekammer gehört zu den Dingen, auf die ich besonders stolz bin. Das Ziel ist, es an nichts fehlen zu lassen, aber auch nichts zu verschwenden – dazu bedarf es jedoch einer sorgfältigen Planung der Bestände und eines Vorrats an Grundzutaten. Das ist eine Kunst für sich, die sich durch Übung aber verfeinern lässt und von jedem erlernt werden kann. Eine gut ausgestattete Speisekammer ist das eigentliche Geheimnis einer schnellen, elementaren und gesunden Küche. Man sollte nicht denken, dass Vorräte in irgendeiner Weise schlechter sind als frische Produkte, um eine Mahlzeit zuzubereiten.

Ich glaube, in meinem Alter endlich zu verstehen, wie man eine Speisekammer ordentlich führt. Obwohl es in meinem Leben keinen Tag gibt, an dem ich überhaupt nicht kochen mag, so gibt es durchaus Tage, an denen ich den kürzesten Weg zum Ziel nehmen möchte. Deswegen habe ich über die Jahre hinweg gelernt, Zutaten vorrätig zu haben, die ich zum Kochen brauchen könnte, wenn ich einmal wenig Zeit habe oder gerade von einer Reise zurückkomme. Meine Speisekammer ist nie wirklich leer, denn auch mit einer Packung Spaghetti, zwei Blättern Basilikum und ein wenig Olivenöl extra vergine kann man ein Gericht zubereiten, das Körper und Geist gleichermaßen zu sättigen vermag.

Viele Fremde, die etwas Zeit in Italien verbracht haben, verlieben sich in unsere Küche, sagen jedoch, sie würden sicher zunehmen, wenn sie das ganze Jahr über in deren Genuss kämen. Tatsächlich funktioniert es in der Toskana wunderbar, und die Menschen halten sich ziemlich gut in Form. Das liegt an einer Ernährungsweise, die im Schnitt sicher gesünder ist als viele andere. In der Toskana werden hochqualitative Produkte hergestellt und durch Marken wie IGP, DOP und DOC repräsentiert, die in aller Welt geschätzt werden. Die außergewöhnliche und weithin bekannte Qualität der italienischen Produkte gibt privaten Köchen einen weiteren Vorteil: Man kann innerhalb kurzer Zeit mit ganz wenigen Zutaten etwas Gutes zubereiten.

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Am besten gefällt mir an der italienischen Küche die große Kunstfertigkeit, aus Grundzutaten ein komplettes Menü zuzubereiten. Traditionell kochen wir gerne experimentierfreudig und fast ohne feste Regeln. Zwei Dreh- und Angelpunkte unserer Kultur sind Essen und Wein – nicht nur gastronomisch, sondern auch sozial. Die italienische Küche entstand aus der rustikalen, regionalen Küche der ärmeren Leute. Sie steht für lokale Produzenten, die die Vorzüge von Klima und Boden nutzen, um Obst und Gemüse anzubauen, Vieh heranzuzüchten und einzigartige Produkte zu schaffen, die in allen Ecken der Welt geschätzt werden. Die toskanische Küche ist nicht nur die meiner Familie, sie gilt auch als eine der beliebtesten regionalen Küchen der Welt. Sie ist vor allem zu Hause leicht umsetzbar und sehr gesund, weil sie wenig und vorwiegend pflanzliches Fett verwendet. Frische Zutaten von hoher Qualität und Liebe zu gutem Essen ist alles, was man für die Zubereitung eines authentisch toskanischen Gerichts braucht. Ich habe gelernt, so zu kochen, als ich meiner Mutter und Oma dabei zusah, wie sie plaudernd und ohne viel Aufwand mit den Töpfen jonglierten. Sie verwendeten unverarbeitete Zutaten, die auf kürzestem Weg vom Bauern auf den Teller gelangten. Heute muss man sehr viel mehr auf die Auswahl von Lebensmitteln achten. Hinter dem großen Angebot, das wir in den heutigen Supermärkten vorfinden, verbergen sich häufig Produkte, deren Qualität eine andere ist, als die Verpackungen vorgeben. Ich werde nie aufhören zu betonen, wie wichtig es ist, die Produzenten zu kennen, die Packungsangaben zu lesen und zwischen qualitativ hochwertigen Produkten und jenen, die nur als solche beworben werden, zu unterscheiden. Um Fehlgriffe zu vermeiden, hält man sich am besten an einfache Zutaten mit möglichst wenigen Inhaltsstoffen. In diesem Kapitel zeige ich die Grundausstattung meiner Speisekammer, die es mir im Alltag sehr leicht macht, meine Familie jeden Tag mit leckerem und gesundem Essen zu versorgen.

PASTA, PARMESAN UND OLIVENÖL

Was tun, wenn man eigentlich wenig Zeit zum Kochen und noch weniger Zeit zum Einkaufen hat? Mit einer Packung hochwertiger Nudeln, etwas Parmesankäse und gutem Olivenöl kann man bereits eine wunderbare Mahlzeit auftischen. Dazu kommt noch das Aroma von Knoblauch und einem Stück frischer Chilischote (in der Toskana eine magische Zutat) plus ein Glas Wein – fertig ist ein leckeres Blitz-Abendessen.

Es sind zahllose Pastasorten erhältlich und oft werde ich gefragt, welche Marke ich bevorzuge. Ich habe mich nicht auf einen Hersteller festgelegt. Jedoch haben alle Nudeln, die ich verwende, grundlegende Gemeinsamkeiten: Sie werden lediglich aus heimischem Hartweizengrieß und Quellwasser hergestellt und bei niedriger Temperatur getrocknet. Theoretisch müsste jede Pasta auf diese Weise hergestellt werden, die Wirklichkeit sieht allerdings häufig anders aus. So produziert ist Pasta nämlich deutlich teurer als die Supermarkt-Massenware der Nahrungsmittelindustrie. Das liegt schon allein daran, dass sie auf traditionelle Art und Weise und mit italienischem Hartweizen hergestellt wird statt mit importiertem. Für mich ist das jedoch eine Garantie für bessere Qualität.

Was unterscheidet Hart- und Weichweizen? Es sind zwei völlig verschiedene Produkte, auch genetisch. Hartweizen ist resistenter gegen Fäule, schwer zu brechen und ergibt einen hellen, körnigen Gries. Weichweizen hingegen ist weniger resistent und ergibt ein weißes und sehr feines Mehl, das sich besser für Brot und süße Backwaren eignet als für Pasta. Wenn der Grieß durch Bronzeformen gepresst wird, bleibt die Pasta hell und rau – sie kann die Sauce besser aufnehmen, hat einen weniger süßen, authentischeren Geschmack und lässt sich hervorragend „al dente“, also bissfest, kochen.

Ich verwende oft Vollkornpasta, vor allem in den diversen kurzen Sorten, nicht nur, weil sie gesünder ist (sie enthält sowohl Keim als auch Kleie und somit mehr Ballaststoffe), sondern weil ich den leicht nussigen Geschmack und die dunkle Farbe schätze. Um die Ernährung meiner Familie noch ausgewogener zu gestalten, habe ich in meiner Speisekammer zudem noch kurze Pastasorten aus 100 % biologischem italienischem Dinkel. Vor allem Fusilli und Penne nehmen die Sauce wunderbar auf. Dinkelnudeln haben außerdem einen etwas süßlicheren Geschmack und eine weichere Konsistenz als die sonst übliche Hartweizen-Vollkornpasta.

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Ein weiteres klassisches Element italienischer Speisen ist der Käse auf der Pasta. Ich persönlich verwende zwei Sorten: Parmesan Reggiano und alten toskanischen Pecorino. Der Parmesan Reggiano ist ein hochqualitatives Produkt, dessen präzise Herstellungsweise sich in den 900 Jahren seiner Geschichte kaum verändert hat. Es wird ausschließlich Kuhmilch aus der Region um Parma, Reggio Emilia, Modena und Teilen der Provinz um Mantua und Bologna verwendet. In seinem körnigen Aroma steckt die ganze Sonne der Ebenen und Hügel zwischen Po und Reno – dem Gebiet des authentischen Parmesan Reggiano. Unter den toskanischen Pecorinos ist der lang gereifte Käse am besten für Pastasaucen geeignet, vor allem für solche mit Gemüse. Der Schafskäse ist ein Produkt geschützter Herkunft (Denominazione Origine Protetta, DOP), wird lediglich mit Milch von toskanischen Schafen hergestellt und hat einen intensiven, aber nicht aufdringlichen Geschmack. Dadurch ist er der perfekte Begleiter zu Nudelgerichten, aber auch zu einem guten Wein als Aperitif.

Meine Oma Irma verwendete nur Olivenöl und keine Butter, die sie nicht mochte und nur gelegentlich kaufte. Olivenöl ist in aller Welt ein Synonym für die Toskana, obwohl auch andere Regionen Italiens qualitativ hochwertiges Olivenöl produzieren. Im Vergleich zu anderen Ölen hat das toskanische eine intensiv grüne Farbe und eine merkliche Schärfe. Ich benutze gerne besonders reines Olivenöl, also ein sehr natürliches und gänzlich unverändertes Öl. Obwohl es ein teureres Produkt ist (und ich rate zu großem Misstrauen gegenüber zu günstigen extra reinen Ölen), tätige ich diese Investition gerne. Es geht schließlich um meine Gesundheit und die meiner Familie. Das durch die Marke IGP (Indicazione Geografica Protetta, geschützte geografische Angabe) geschützte toskanische Olivenöl wird nur aus Oliven von toskanischen Bäumen hergestellt, die nach alter Tradition geerntet und mechanisch gepresst werden, um einen Verlust der wertvollen Inhaltsstoffe zu verhindern. Sein charakteristischer intensiver Geschmack passt ideal zu Pasta und anderen Gerichten – von der klassischen Mischung aus Öl, Pfeffer und Salz für Gemüsebruschetta, über Suppen geträufelt, zu rotem und hellem Fleisch bis hin zu Süßem. Doch welches Öl kaufen? Man sollte einen Kompromiss zwischen Preis und Qualität machen und lieber direkt bei den Erzeugern oder kleineren Betrieben kaufen statt im Großhandel, denn die Qualität eines besonders reinen Öls verträgt sich schlecht mit Quantität. Vor allem sollte das Öl zum Schutz seiner wertvollen Inhaltsstoffe korrekt, nämlich kühl und dunkel, aufbewahrt und nicht zu lange offen gelassen werden.

TOMATEN

Ohne Tomaten wäre die toskanische Küche undenkbar! Frisch sollten sie sein und nur im Sommer direkt von der Pflanze gepflückt werden. Auf dem Höhepunkt der Saison konserviert, ganz oder in Form von Passata, hat man sie dann das ganze restliche Jahr in der Speisekammer zur Verfügung. Die beliebteste Version meiner Mutter war übrigens Tomatenmark aus der Tube. Damit pflegte sie den Tomaten Geschmack und Farbe zu geben, die leider nicht bis zur letzten Minute in der Sonne reifen konnten …

Im Handel sind zahlreiche Sorten von Passata erhältlich. Vor dem Kauf ist es sinnvoll, die Zutaten zu prüfen. Lediglich zwei sollten aufgeführt sein: italienische Tomaten und Salz (und Letzteres sollte weniger als ein Prozent der Passata ausmachen). Produkten mit Zucker oder verschiedenen Aromastoffen sollte man misstrauen. Am besten ist und bleibt es aber, im Sommer einfach selbst Tomaten zu konservieren. Man sollte bei Bauern kaufen, die keine chemischen Spritzmittel verwenden und die Tomaten vor dem Einkochen sehr gründlich waschen.

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GESCHÄLTE TOMATEN (PELATI) SELBST EINMACHEN

Mein Opa konservierte jedes Jahr mindestens 50 kg Birnentomaten und verwandelte die Küche in ein wahres Lebensmittel-Laboratorium. Außer Pelati machten wir auch passierte Tomaten ein, die wir von Hand durch eine Maschine drehten, die einen Großteil der Samen und Schalen entfernte. Das Ergebnis waren lange Reihen roter Konserven, die – ordentlich auf Metallregalen aufgereiht und durch einen blumengemusterten Vorhang geschützt – wie Soldaten das ganze Jahr für die Küche zur Verfügung standen, bis man im Sommer wieder von vorne beginnen musste.

Für etwa 4 Einweckgläser

benötigt man 3 kg Birnentomaten, reif und makellos

Die Gläser zum Sterilisieren in einen großen Topf stellen und ein Küchentuch dazwischenlegen. Mit kaltem Wasser bedecken, zum Kochen bringen und 30 Minuten sieden lassen. Sind die Gläser nur noch lauwarm, mit einer Greifzange herausnehmen und zum Trocknen mit der Öffnung nach unten auf ein sauberes Geschirrtuch stellen. Grundsätzlich neue Verschlüsse verwenden.

Jede Tomate an der Spitze kreuzweise einschneiden und für 2 Minuten in kochendes Wasser geben. Die Tomaten herausholen, abkühlen lassen und die Haut mit einem kleinen Messer abziehen. Die geschälten Tomaten auf die Gläser verteilen. Dabei ruhig stopfen, nach oben hin jedoch 2–3 cm Platz lassen. Die Gläser verschließen und in einen großen Topf stellen. Ein Küchentuch dazwischenlegen und mit kaltem Wasser bedecken, erhitzen und 30 Minuten kochen, dann etwas abkühlen lassen. Das Kochen erzeugt einen Unterdruck (um zu prüfen, ob die Gläser richtig verschlossen sind, auf den Deckel drücken). Die selbst eingemachten Tomaten halten sich bei trockener und schattiger Lagerung etwa 1 Jahr lang. Geöffnet sollten sie im Kühlschrank aufbewahrt und innerhalb von 2–3 Tagen verbraucht werden.

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IMMER FRISCH

Eier, Gemüse und Fleisch

In meiner Kindheit gab es zum Frühstück immer ein frisches Ei mit Zucker in einem Glas verrührt. Wir schlugen es mit dem Schneebesen auf und löffelten es, wobei uns nichts weiter kümmerte als der großartige Geschmack. Die Eier kamen vom nächstgelegenen Hühnerhof einer Nachbarin oder von meiner Tante Dina, deren Hof auch nur einige hundert Meter von unserem Haus entfernt war.

Damals war mir nicht klar, was für ein großer Luxus dies für meinen Gaumen war, und ich hasste das Krähen des Hahns, das mich an jedem Sommermorgen pünktlich bei Morgengrauen weckte. Heute betrachte ich diese ländliche Welt als Sehnsuchtsort. Denn unsere Ernährung wird heutzutage immer künstlicher und Frische wird immer seltener. Ich finde die heutigen Supermarkteier eher langweilig im Geschmack und bringe Leute zum nachdenken, die in Geschäften meine Bemerkungen mitbekommen. Ich überprüfe oft die Stempel auf Eiern, die ohne Verpackung verkauft werden und die leider oft weder wirklich frisch noch gesund sind.

Ich verwende Eier nicht nur als Basis für Frittiertes, Süßigkeiten und Cremes, sondern auch für frische Pasta und Saucen. Für Letztere werden rohe Eier verwendet, die deshalb von bester Qualität sein müssen. Darüber hinaus lehne ich die Massentierhaltung von Hühnern ab und kaufe nur Eier von Tieren, die ein artgerechtes Leben haben, mit viel Auslauf aufgezogen werden und nach Lust und Laune scharren können. Wann immer es mir möglich ist, kaufe ich die weißen Eier von Paolo Parisi – er ist mehr ein Künstler (wie er sich selbst zu bezeichnen pflegt) als ein Hühnerzüchter. Er hat in der Toskana eine Zucht livornesischer Hühner aufgebaut und die Tiere können in freier Wildbahn scharren und müssen nicht eine bestimmte Menge Eier täglich legen. Parisi ernährt sie unter anderem mit einer Körnermischung und frischer Ziegenmilch, was den Hühnern offenbar gefällt, denn sie legen bekömmliche Eier mit festem, fettem Eigelb, die meinen Kuchen eine beispiellose Luftigkeit verleihen. Kann ich keine von ihm bekommen, kaufe ich Bio-Eier und stelle sicher, dass die Hühner Auslauf im Freien haben und nicht auf engstem Raum gequetscht leben müssen. Massenprodukte zu kaufen birgt letztlich auch immer die Gefahr von Salmonellen, die man sich beim Verzehr roher oder nicht ganz durcherhitzter Eier schnell einfangen kann.

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Die toskanische Küche basiert stark auf Gemüse, das den Gerichten den typischen Geschmack des Bodens verleiht. Da wäre zum Beispiel der Schwarzkohl, eine Grundzutat vieler Suppen; oder Schwarzwurzeln, leicht bittere Stangen, die als Beilage in der Pfanne gegart werden; oder Bohnen, die man direkt am Tisch enthülst, indem man mit dem Daumen durch die samtweiche Hülle fährt. Dazu kommen noch viele weitere Gemüsesorten. Einen Gemüsegarten zu besitzen ist ein wertvolles Geschenk, und ihm eine gute Ernte zu entlocken ist eine Kunst, die nicht jeder beherrscht. Mein Opa Alessandro hatte den nötigen grünen Daumen und auf seinem kleinen Stück Land neben dem Haus versuchte er sich an verschiedensten Sorten: Trauben und Tomaten, Salate und Wurzelgemüse, Radieschen, Sellerie, Fenchel, Bohnen und Schwarzkohl. Und natürlich gab es auch Obstbäume, deren Aprikosen und Pfirsiche die besten waren, die ich jemals gegessen habe. Mein Opa lockerte den Boden selbst, goss täglich und zupfte Unkraut mit derselben Fingerfertigkeit und Vertrautheit, mit der ich eine Zeitschrift durchblättere. Heute, mit 93 Jahren, geht er diesen Aufgaben etwas weniger emsig nach, doch sobald Regen die Erde durchnässt hat, bricht er noch immer zu einem Spaziergang auf und sucht nach Wildspargel und Steinpilzen.

Das Obst und Gemüse, das jede Woche meine Speisekammer bereichert, ist verschiedener Herkunft, doch ich versuche, nur frische und vorwiegend italienische Produkte zu kaufen, die (soweit möglich) nicht konserviert sind. Ich gehe zwei oder drei Mal die Woche zum Einkaufen, um nichts zu verschwenden. Es wäre wünschenswert, ein Gesetz würde Produzenten von Obst und Gemüse dazu verpflichten, ihre Waren mit ehrlichen Etiketten zu versehen, auf denen ersichtlich wird, ob die Produkte mit chemischen Substanzen gedüngt oder nach dem Pflücken mit Konservierungsmitteln behandelt wurden. Ich denke, dann würde sich eine bittere Realität offenbaren. Ich kann nur raten, darauf zu achten, was man kauft, und Herkunft und Zustand genau zu prüfen. Salate und Gemüse mit Blattgrün sollten frisch sein, voller Saft, prall und lebendig und nicht in sich selbst zusammenfallen. Obst sollte fest aber gleichzeitig reif sein und dem Druck der Finger ganz leicht nachgeben. Indem man frische Produkte kauft, die nicht schon ewig in den Supermarktregalen liegen, stellt man am einfachsten sicher, dass sie länger haltbar sind. Ich persönlich lagere Gemüse in Papier gewickelt im Kühlschrank und Obst ungekühlt (außer es ist zu heiß). Die Verschwendung hochwertiger Zutaten kann man mit etwas Übung vermeiden. Man sollte wissen, wie man einen Salat, eine Suppe oder einen Kuchen mit bereits vorhandenen Zutaten zubereitet, und sich angewöhnen, jeden Tag in der Speisekammer nach Lebensmitteln zu schauen, die zuerst gegessen werden sollten.

An unseren Feriennachmittagen besuchten wir auch die Kühe und Schweine der Bauern. Viele Nachbarn meiner Großeltern hielten sich einige Tiere, und die Kühe bewegten sich frei auf den Hügeln und ernährten sich vom Grün der Wiesen, bis sie bei Sonnenuntergang in ihre Ställe zurückkehrten. Der Anblick der Schweine war weniger erhaben, doch ich mochte sie trotzdem. Ich bin nicht zur Vegetarierin erzogen worden, und obwohl mir bewusst ist, dass eine Reduzierung tierischer Proteine zugunsten einer größtenteils pflanzlichen Ernährung sinnvoll ist, liebe ich Fleisch sehr und koche gerne, aber maßvoll damit. In meine Speisekammer kommt außerdem nur hochwertiges Fleisch. Rotes Fleisch und Wurst vom Schwein sind typisch für die toskanische Küche: In dieser Region entstehen tolle Produkte, die auf traditionelle Weise hergestellt werden, darunter Rindfleisch aus Chianina oder Produkte von Cinta-Senese-Schweinen. Speck, Fenchelwurst, Fiorentina-Steak – diese typisch toskanischen Zutaten bewahrt man nicht alle in der Speisekammer auf. Reife Wurst sollte zum Beispiel kühl hängen. Bei jedem Besuch in der Toskana nutze ich die Gelegenheit, um lokale Metzgereien zu besuchen. Dort gibt es noch Leute, die ihre Arbeit mit viel Leidenschaft ausüben.

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Fleisch sollte nicht lange im Kühlschrank aufbewahrt werden, deswegen bereite ich es normalerweise innerhalb von 24 Stunden nach dem Kauf zu. Wenn es eingeschweißt ist (viele Metzgereien tun dies heutzutage), kann man es ein paar Tage länger aufbewahren. Ich friere Fleisch nicht gerne ein, denn meiner Meinung nach verändert sich dadurch der Geschmack, und da ich nur gelegentlich Fleisch esse, kaufe ich es dann einfach frisch. Eine Salami und ein Stück Schinken zum Aufschneiden sind jedoch eine gute Investition für die Speisekammer. Kommen Freunde zu Besuch, schiebt man noch eine Focaccia in den Ofen, holt eine Flasche Wein und ein Glas Oliven hervor und schon kann man einen schnellen Aperitif anbieten.

Wir müssen lernen,

gut zu essen, nicht besser zu kochen. Die traditionelle Küche zeitgenössischer zu gestalten bedeutet, die Zubereitung moderner und schneller zu machen, zugunsten von Geschmack und Ausgewogenheit, die für den toskanischen Lebensstil seit jeher grundlegend sind.

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STETS VORHANDEN IN MEINER SPEISEKAMMER

Dies ist meine Grundausstattung – die Mengen können aber variieren, je nachdem wie groß die Familie ist und was besonders gerne gegessen wird.

Pasta, Reis, Getreide und Mehl

Kurze Pastasorten (Vollkorn, Dinkel)

Spaghetti, eher rustikal und rau

Reis (Carnaroli)

Gerste aus biologischem Anbau

Dinkel

Couscous, Quinoa und Bulgur aus biologischem Anbau

1 kg Weißmehl, Type 405 ohne Zusätze

1 kg Mehl für Brot (Vollkornmehl)

1 kg Hartweizengrieß, für Eiernudeln

Getrocknete Kichererbsen

Gewürze und Würzmittel

1 Flasche Olivenöl zum Kochen

1 Flasche Olivenöl besonders rein zur kalten Verwendung

1 Flasche Pflanzenöl zum Frittieren

1 Flasche heller Essig (ich nehme Apfelessig)

1 Flasche weißer traditioneller Balsamico-Essig aus Modena

Meersalz (in Flocken, grob und sehr fein)

Pfefferkörner (schwarz, weiß und rot)

Knoblauch, Zwiebeln

Rote Chilischoten, frisch und getrocknet

Gewürzpulver (Ingwer, Paprika und Curry)

Getrocknete Kräuter: Thymian, Majoran, Oregano

Tomatenpassata

Geschälte Tomaten in der Dose

Tomatenmark

Gemüsebrühpulver (ich nehme eines aus dem Bioladen)

Senf und Mayonnaise hoher Qualität (für Notfälle)

1 Dose Thunfischfilets in Olivenöl

Nützlich, aber nicht unersetzlich

Getrocknete Weintrauben aus biologischem Anbau

Cashewkerne, Walnüsse, Haselnüsse, Mandeln als Zutat für Salate

Pinienkerne und geschälte Pistazien

Leinsamen (biologisch) als Zutat für Brot oder Salate

Für Frühstück und Süßes

1 Packung Bio-Müsli (ohne Zuckerzusatz)

Marmelade ohne Zucker

1 Glas reinen Honig, vorzugsweise biologisch

1 kg weißer Rohrzucker

1 kg feiner weißer Zucker, für Cremes und Süßes

1 Packung Kakaopulver

6 Bio-Eier oder Eier aus Freilandhaltung

Trockenhefe (für den Fall, dass ich gerade keine frische Hefe zur Hand habe)

Hefe für süße Backwaren

1 Packung natürlicher Vanilleextrakt

Und schließlich die Getränke

Rotwein und Weißwein

1 Flasche Roséwein für Tage, an denen man Lust auf Sommer hat

1 Flasche Prosecco, falls es etwas zu feiern gibt

1 Flasche süßen Wein für besondere Momente (ich liebe den „Muffato di Antinori“)

8 Flaschen Bier, für Freunde

Mineralwasser, mit und ohne Kohlensäure

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KAPITEL 2

Antipasti, die italienische Lebensart

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DIE KUNST, ZU IMPROVISIEREN

und alle am Tisch zusammenzubringen