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Über das Buch

Hilfe! Zum Ferienende erfahren Zohra und ihre beste Freundin Elli, dass ihre geliebte Grundschule geschlossen wurde. Ab nun sollen sie und ihre acht Mitschüler in die 4 a der Nordschule gehen. Dort hat ausgerechnet Leon das Sagen, den Zora nicht ausstehen kann. Es braucht erst einen tüchtigen Streit und einen klugen Rat der Hühneroma, bevor sich eine gerechte Lösung findet: ein Klassensprecher-Team bestehend aus Zora und Leon. Na, ob das wohl lange gut geht?

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Zora macht Dampf

Endlich Elli und eine böse Überraschung

Die geklaute Schule

Die Sonnenkinder machen Rabatz

Die Nordstadt-Schüler kriegen Wind

Nur ein doofes Sommerloch

Tschüss, Sonne!

Hallo, Nordstadt-Schule!

Feinde unter sich

Jede Menge Sturm und Donner

Delfin-Träume

Ganz schön verzwickt

Ein echter Knaller

Zora und Leon

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Es war die letzte Woche vor den Sommerferien. Die Sonne strahlte wie verrückt, damit die Kinder schnell noch baden gehen und ihre freien Tage richtig genießen konnten. Denn bald hieß es schon wieder: Schulrucksack raus und den ganzen Vormittag still sitzen und lernen.

Die Katzen lagen faul im hohen Gras und selbst die Kaninchen im Park hielten Mittagsschläfchen. Die Südstädter bewegten sich im Schneckentempo durch die Straßen oder saßen im schattigen Café vor riesigen Eisbechern. So warm war es überall!

Nur Zora hatte es furchtbar eilig. Bis eben hatte sie noch auf ihre Brüder Ben und Marius aufgepasst, das neue Legehuhn Daisy eingefangen und mit Omas Hilfe ihr Fahrrad geflickt, das ausgerechnet heute einen Platten hatte. Rasch war sie in ihr neues T-Shirt geschlüpft, das sie mit Stofffarbe selber bemalt hatte. Erst dann war sie auf ihrer regenbogenfarbenen Fahrradmöhre losgekurvt.

Gerade noch rechtzeitig. Sie durfte auf keinen Fall zu spät kommen, wenn ihre beste Freundin Elli am Bahnhof eintraf. Elli hatte die letzten drei Wochen bei ihrer Tante Almut auf einer Insel an der Nordsee verbracht. Dorthin war sie ganz alleine mit dem Zug gereist.

Zora hatte Elli ganz schrecklich vermisst. Die beiden Freundinnen wohnten Haustür an Haustür und waren sonst unzertrennlich.

Zora lebte mit ihren drei kleinen Geschwistern Ben, Marius, Viktoria und ihren Eltern in dem Haus der Hühneroma. Die Hühneroma war früher Briefträgerin gewesen, genau wie Zoras Papa jetzt. Aber nun kümmerte die Hühneroma sich nur noch um ihre Hühner und natürlich um Zoras Familie.

Ben kam in die Vorschule, Marius in den Kindergarten und Viktoria war erst vor einem halben Jahr geboren und ein total knuddeliges Baby. Zoras Mama arbeitete als Kindergärtnerin, aber weil Viktoria noch so klein war, leitete sie nur die Baby-Schwimmgruppe und turnte mit den Kleinen.

Der Weg zum Bahnhof war ziemlich weit. Zora trat heftig in die Pedale. Sie musste von der Südstadt in die Nordstadt. Das dauerte eine gute Viertelstunde.

Jetzt sauste sie an ihrer geliebten Sonnen-Grundschule vorbei. Die Sonnenschule war schon ziemlich alt und leider ein wenig baufällig, aber total gemütlich, mit einem schattigen Garten und einem grünen Klassenzimmer. In der Woche vor den Zeugnissen war nach einem heftigen Gewitter das Dach kaputt gegangen und Dachziegel waren auf den Schulhof gerutscht. Zum Glück wurde niemand dabei verletzt. Sogar ein Reporter von der Zeitung tauchte auf und die Sonnenschule war ein paar Tage Stadtgespräch. Der Schulhof wurde mit Flatterband abgesperrt und die Schüler kriegten eine ganze Woche früher Sommerferien. Sehr cool! Bisher war das Dach nicht repariert worden und niemand hatte ein Baugerüst aufgestellt. Seltsam. Schließlich fing der Unterricht bald schon wieder an.

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Gleich in der Nähe des Bahnhofs stand die Nordschule, die Grundschule, die nur die Nordstadt-Kinder besuchten. Das Gebäude war nagelneu – erst vor vier Jahren war es eingeweiht worden. Die Nordschule hatte zwar einen riesigen Schulhof mit tollen Klettergerüsten, einem Baumhaus und ein eigenes Schwimmbad, aber Zora fand den grauen Betonklotz potthässlich. Das Einzige, was Zora an der Nordschule gut gefiel, war der Schülerkiosk. Der hatte sogar in den Sommerferien geöffnet. Deshalb steuerte ihn Zora jetzt an.

Ihre Freundin Elli liebte die rotgelben Gummischlangen mit Zucker, die so sauer schmeckten, dass es einem die Backen zusammenzog. Damit wollte Zora Elli überraschen.

Zora raste den Bahnhofsweg entlang und bog in die Schillerstraße ab. Direkt vor dem Kiosk bremste sie scharf und sprang aus dem Sattel. Links neben der großen Glasscheibe gab es eine rote Klingel. Durch die Scheibe konnte man die vielen Gläser mit den Süßigkeiten sehen. Sogleich lief Zora das Wasser im Mund zusammen. Sie liebte Lakritzschnecken.

Zora klingelte. Nichts rührte sich. Sie schaute auf ihre Armbanduhr.

Noch zehn Minuten, dann kam der Zug an! Zora klingelte noch mal. Und noch mal. Sie drückte ihre Nase gegen die Scheibe und lugte in das Innere. Die hintere Tür des Kiosks stand offen. Zora konnte in den Garten sehen. Dort entdeckte sie Timo in einer Hängematte. Seine Katze Kleopatra schlummerte auf seinem Bauch. Sah aus, als würde Timo auch schlafen.

Timo war so alt wie Zora und Elli. Sie kannten sich aus dem Kindergarten, dann war Timo von der Südstadt in die Nordstadt gezogen. Timos Papa war nämlich der Hausmeister der Nordschule.

Seit Timo in die Nordschule ging, hatten Elli und sie wenig mit Timo zu tun. Überhaupt herrschte zwischen den beiden Schulen eine unausgesprochene Feindschaft.

Oh Mann. Der Junge pennte.

Zora läutete Sturm und klopfte gegen die Scheibe. »Timo!«, brüllte sie. »Wach auf, du Schnarchnase!«

Kleopatra suchte das Weite und Timo schreckte hoch. Er rollte aus der Hängematte und trabte zur Glasscheibe. »Hey, Zora!«, sagte er und lächelte sie erfreut an.

»Fünf Schlangen für Elli, aber dalli … bitte«, forderte Zora. »Ihr Zug kommt gleich.«

»Ach ja. Elli war bei ihrer Tante Almut am Meer. Die Glückliche …«, sagte Timo.

Zora war wirklich nicht nach Quatschen zumute. »Timo!«, machte sie ihm Dampf. »Ich hab es eilig. Gib mir noch zwei Lakritzschnecken.« Sie nahm Geld aus ihrem Brustbeutel und zählte die Münzen ab.

Timo füllte eine Papierspitztüte mit den Schlangen und Schnecken. Außerdem steckte er noch zwei weiße Mäuse dazu. »Die mag Elli auch gerne«, sagte er. »Geschenk des Hauses.«

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Zora nickte ungeduldig. »Alles klar.« Sie riss ihm die Tüte aus der Hand und schwang sich wieder auf ihr Fahrrad.

»Schöne Grüße an Elli!«, rief Timo ihr hinterher, als Zora davonstrampelte. Jetzt musste sie sich aber wirklich beeilen.

Sie lehnte ihr Fahrrad einfach an den Zaun vor dem Bahnhofsgebäude und raste in den Bahnhof. Rumms!

Zora stieß unsanft mit jemandem zusammen. Im selben Moment matschte etwas ihr Gesicht zu. Es roch unangenehm süßlich. »Ihhh!«, kreischte sie und öffnete dummerweise ihren Mund. Das Zeug schmeckte nach … »Vanille! Pfui!« Sie blinzelte heftig und entdeckte einen blonden Jungen in ihrem Alter, der sie verdutzt anstarrte.

»Mein Eis«, sagte er vorwurfsvoll und biss von dem übrig gebliebenen Hörnchen ab. »Kannst du nicht aufpassen, wo du langläufst?«

Das Vanilleeis tropfte auf Zoras kunstvoll bemaltes Shirt. Augenblicklich wurde sie furchtbar wütend. »Und kannst du nicht aufpassen, bevor du dein Eis fremden Leuten um die Ohren schmierst?«

Der Junge grinste. »Für deine Ohren hat es nicht gelangt. Aber das Shirt sieht jetzt cool aus. Moderne Kunst.«

Zora hätte seine knallblauen Augen gerne in Veilchenblau verwandelt. Aber dass Prügeln keine Lösung war, wusste sie selbst so stinkwütend. »Mir aus den Augen!«, rief sie theatralisch und schob ihn zur Seite. »Ich habe es eilig.«

Sie wischte sich mit den Händen das Gesicht sauber und raste weiter auf Bahnsteig 2. Dort entdeckte sie Ellis Papa, Herrn Schwalbe. Er trug trotz der Hitze einen Anzug und schwarze geschlossene Schuhe – wahrscheinlich, weil er der Bürgermeister war. Er konnte ja nicht in kurzen Hosen und Sandalen im Rathaus herumsitzen. Gerade holte er ein riesiges Stofftaschentuch hervor und wischte sich die Stirn.

Zora steuerte auf ihn zu. »Hallo, Herr Schwalbe!«, rief sie. »Ist das nicht toll, dass Elli endlich wieder nach Hause kommt?«

Herr Schwalbe begrüßte Zora freundlich. »Finde ich auch«, sagte er. »Ich habe Elli schrecklich vermisst. Es war so ruhig und leer in unserer Hütte.« Die Hütte der Schwalbes war viel größer als das Haus von Zoras Familie, mit einer riesigen Dachterrasse. Elli hatte keine Geschwister, da konnte sich Zora gut vorstellen, dass Herr Schwalbe sich gelangweilt hatte. Denn außer, dass mal Omas Hühner in Schwalbes Gemüsegarten flogen, passierte im Haus Schwalbe nicht sehr viel. Seit Elli bei ihrer Tante in den Ferien war, lag Frau Schwalbe auf der Gartenliege, bräunte sich und las einen Liebesroman nach dem anderen.

Er zeigte auf ihr Shirt. »Eis-Unfall?«, fragte er mitleidig. Er reichte ihr sein Taschentuch und Zora rubbelte ihr Shirt, so gut es ging, sauber.

Gerade als der Zug einfuhr, fiel Zora etwas sehr Wichtiges ein.

»Herr Schwalbe, wann wird denn unser Schuldach repariert?«, fragte sie. »Die Schule geht doch in einer Woche los.«

Bürgermeister Schwalbe guckte plötzlich verlegen und wischte sich über die feuchte Stirn. »Tja, Zora. Weißt du, in unserer Stadtkasse ist Ebbe. So wie bei euch Kindern, wenn ihr euer ganzes Taschengeld ausgegeben habt. Nur, dass wir im Rathaus niemanden haben, der uns dann einen Vorschuss gibt. Wir haben deshalb eine andere Lösung gefunden.« Er lächelte beruhigend. »Eine sehr gute Lösung.«

Zora runzelte die Stirn. Das hörte sich aber sehr seltsam an.

In diesem Augenblick hielt der Zug, die Türen gingen auf und Elli sprang aus dem Zug. Die Freundinnen fielen sich in die Arme, drückten sich doll und ließen sich gar nicht mehr los.

»Du riechst lecker nach Vanille«, rief Elli. »Und todschick, dein Shirt. Nur ’n bisschen klebrig.«

Zora nickte grimmig. »Erzähl ich dir später.«

Herr Schwalbe räusperte sich ungeduldig. »Krieg ich keinen Kuss von meiner Inselprinzessin?«, fragte er und hob Elli, die einen Kopf kleiner als Zora war, wie eine Feder hoch und wirbelte sie herum.

»Papa!«, kreischte Elli. »Mir wird schwindlig.«

Zora grinste. Herr Schwalbe war wirklich ganz verrückt nach seiner Tochter und verwöhnte sie nach Strich und Faden. Zum Glück benahm sich Elli überhaupt nicht wie ein verzogenes Einzelkind. Ganz im Gegenteil. Zora fand, Elli war die allerbeste Freundin, die man sich wünschen konnte.

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