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[1]Rotes Heft 97

Sven Janetschek

Feuerwehreinsätze an Aufzugsanlagen

von

Berufsfeuerwehr Essen

Verlag W. Kohlhammer

[7]1    Einleitung

Aufzüge sind weltweit die meist genutzten Personentransportmittel in Gebäuden. In Deutschland gibt es ungefähr 650 000 Aufzugsanlagen, welche täglich mehrere Millionen Menschen transportieren. Schwere Unfälle sind aufgrund der Bauweise von Aufzügen, der mehr als ein Jahrhundert langen Erfahrung und den umfangreichen Sicherheitseinrichtungen eher selten. Trotzdem kommt es wegen der Vielzahl von Aufzugsanlagen und der häufigen Nutzung immer wieder zu Einsätzen für die Feuerwehr. Die vorgefundenen Einsatzlagen und auch die Technik der betroffenen Aufzüge können dabei sehr unterschiedlich sein. Das richtige Handeln der Einsatzkräfte ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Bewältigung der Gefahrenlage oder gar der Menschenrettung.

Obwohl es mittlerweile einheitliche Normungen und Technische Regeln gibt, bestehen enorme technische Unterschiede zwischen den Aufzugsanlagen. Dies ist der großen Anzahl an Aufzügen, der vielen Hersteller und dem vom Baujahr abhängigen Stand der Technik geschuldet. Das Grundprinzip und viele technische Gegebenheiten sind jedoch bei allen Aufzugsanlagen annähernd gleich. Daher lässt sich das hier erlernte Wissen durchaus auf die im Einsatz vorgefundene Aufzugsanlage übertragen. Dazu werden im ersten Teil des Buches die wesentlichen technischen Bauteile und Baugruppen beschrieben. Das im weiteren Verlauf beschriebene feuerwehrtechnische und taktische Vorgehen im Einsatz ergibt sich aus dem Selbstverständnis und dem Verstehen einer Aufzugsanlage. [8]Dabei kann dieses Rote Heft ein Leitfaden für das Handeln bei Einsätzen mit Aufzugsanlagen sein. Es soll das Wissen über Aufzugsanlagen insoweit vermittelt werden, dass die Feuerwehrkräfte die Einsätze fachgerecht bewältigen können. Daher wurde in einigen Kapiteln bewusst auf tiefergehende und detailliertere Beschreibungen verzichtet. Mannschaftsdienstgrade wie auch Führungskräfte sollen sich durch dieses Rote Heft gleichermaßen angesprochen fühlen. Das eigenverantwortliche Handeln aufgrund einer fundierten feuerwehrtechnischen Ausbildung sowie die einschlägigen Regelwerke, wie die Feuerschutzgesetze der Länder, die Feuerwehr-Dienstvorschriften (FwDV), die Unfallverhütungsvorschriften (UVV), die Technischen Regelwerke über Aufzugsanlagen sowie die Hinweise der Hersteller, sind bei Einsätzen an Aufzügen zu berücksichtigen.

[9]2    Aufzugsarten

Die Aufzugsart beschreibt den jeweiligen Verwendungszweck beziehungsweise den Einsatzbereich einer Aufzugsanlage. Die technischen Ausführungen eines Aufzuges einschließlich der Sicherheitseinrichtungen hängen von der geplanten Nutzung ab. Die Aufzugsarten lassen sich, bezogen auf den Einsatzbereich, in verschiedene Gruppen einteilen.

Am häufigsten ist der Personenaufzug anzutreffen. Dieser ist grundsätzlich zur Personenbeförderung gedacht. Mit ihm werden aber auch kleine alltägliche Güter, wie zum Beispiel Einkäufe und Gegenstände des täglichen Lebens, transportiert. Das geht bis hin zum Möbeltransport bei einem Umzug. Bei allen Transportfahrten ist jedoch immer von einer Personenbegleitung auszugehen. Der Personenaufzug ist von der Beschaffenheit am bedienerfreundlichsten und am sichersten ausgelegt. Er hat immer einen Fahrkorb mit Fahrkorbtüren, ein innenliegendes Bedientableau und eine Notrufeinrichtung. Vornehmlich ist der Personenaufzug in Wohn- und Geschäftshäusern anzutreffen.

Als weitere Aufzugsart gibt es den Lastenaufzug. Dieser dient hauptsächlich zum Transport von Gütern. Eine Personenbeförderung ist möglich. Dabei handelt es sich oft um ortskundige Mitarbeiter eines Betriebes. Der Lastenaufzug ähnelt dem Personenaufzug, ist jedoch von der optischen Ausführung eher rustikaler und funktionell ausgestattet. Durch die Möglichkeit der Personenbeförderung ist ebenfalls ein hoher Sicherheitsstandard vorgeschrieben. Bei Lastenaufzügen gab es [10]früher hinsichtlich der Bauweise vereinfachte Ausführungen. So konnte z. B. auf Fahrkorbtüren verzichtet werden. Sollten bei älteren Lastenaufzügen die Fahrkorbtüren fehlen, ist der Fahrkorb im Bereich der Fahrschachtwand normalerweise mit einem Lichtschrankenvorhang versehen. Man findet diese Aufzugsart hauptsächlich in Gewerbe- und Industriegebäuden. Es gibt aber auch spezielle Einbauorte, wie zum Beispiel Baustellenaufzüge (teilweise nur temporär eingebaut), Autoaufzüge in Parkhäusern/Wohnanlagen oder Bettenaufzüge in Krankenhäusern.

Eine besondere Art des Personenaufzuges ist der Feuerwehraufzug. Er wird im alltäglichen Betrieb als Personenaufzug genutzt. Durch bestimmte Modifizierungen eignet sich der Feuerwehraufzug zur Benutzung durch die Feuerwehr bei einem Brandfall. Alle anderen Aufzüge dürfen bei einem Brandereignis generell nicht benutzt werden. Bei einem normalen Aufzug besteht die Gefahr, dass Personen in eine [11]verrauchte Etage fahren oder die gesamte Aufzugstechnik durch das Schadenereignis ausfällt. Der Feuerwehraufzug darf im Brandfall nicht von Zivilisten benutzt werden. Die Benutzung ist ausschließlich den Feuerwehrkräften vorbehalten. Ein Feuerwehraufzug kann in Hochhäusern vorhanden sein, aber auch in anderen Sonderbauten wie großen Einkaufszentren, Krankenhäusern usw. Dabei hängt es vom Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes und der jeweiligen Fassung des Sonderbaugesetzes ab, ob ein Feuerwehraufzug eingebaut ist oder nicht. Auch der Stand der Technik und die Bedienung sind sehr stark vom Zeitpunkt der Errichtung abhängig.