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Originalausgabe
1. Auflage 2020
 
© 2017 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,
Nymphenburger Straße 86
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Redaktion: Claudia Fregiehn
Umschlaggestaltung: Manuela Amode und Isabella Dorsch
Umschlagabbildung: dpa – Fotoreport/Kel-Life GmbH Julio Donoso;
Shutterstock/photolind, Shutterstock/white snow
Satz und E-Book: Daniel Förster, Belgern
 
ISBN Print: 978-3-7423-1156-6
ISBN E-Book (PDF): 978-3-95971-920-9
ISBN E-Book (EPUB, Mobi): 978-3-95971-921-6
 
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Inhalt

Vorwort
Ein steiniger Weg
Der Raub, der alles verändern sollte
Neue Höhen vor bodenloser Trauer
Noch einmal von vorn
Comeback 1.0 – Sie sind wieder da
Über den Berg mit Over the Hump
Ohne Mauer geht es nicht mehr
Skandale oder der Versuch, Skandale herbeizureden
Bildteil
Erst Bus, dann Boot, dann Schloss
Gerüchte und Wahrheiten
Im Wandel der Zeit
Tod eines Patriarchen
Neuanfang zwischen Erfolg und Misserfolg
Schweigen voller Bekenntnisse
Eine triumphale Rückkehr
Schlusswort
Viele Namen, eine Familie – die Kelly Family
Anmerkungen
Bildnachweise Bildteil
 
 
 
 

Vorwort

Geht es um die Kelly Family, dann lässt sich deren bis heute ungebrochene Anziehungskraft im Grunde mit einem einzigen Begriff verdeutlichen: »An Angel«. Nahezu jeder Mensch von mehr als zwanzig Jahren dürfte, wenn der Name Kelly Family und das Wort »Angel« genannt werden, sofort eine Melodie im Kopf und vor allem einen Refrain im Ohr haben. Dies ist außerdem mit der Erinnerung an eine Stimme und womöglich auch an das Gesicht eines langhaarigen und damals gerade zwölfjährigen Jungen verbunden. Dieser Junge war Angelo Kelly, der dem Lied gemeinsam mit seinem älteren Bruder Paddy eine Stimme verlieh. Veröffentlicht wurde der Song »An Angel« auf dem Album Over the Hump. Am 28. Juni 1994 erschien er auch als Single, die in Deutschland den zweiten Platz der Charts erreichte.

Gut zwanzig Jahre später schien die Erinnerung daran zwar immer noch recht frisch, die Kelly Family an sich allerdings war inzwischen Vergangenheit. Nach rund zwanzig Millionen verkauften Tonträgern gingen die Geschwister spätestens seit dem Tod des Vaters Dan Kelly im Jahr 2002 überwiegend ihre eigenen Wege. Zwar gab es immer wieder gemeinsame Auftritte einiger Kellys und im Jahr 2011 gingen sie auf eine gemeinsame Weihnachtskonzerttournee – an eine wirkliche Reunion der Kelly Family allerdings glaubte inzwischen kaum mehr jemand. Die Kellys – das war im Grunde eine Geschichte aus den Neunzigerjahren. In den Köpfen der Menschen waren nur noch Maite und Joey Kelly präsent. Allerdings längst nicht mehr als Mitglieder der Familienband, sondern vor allem als Individuen, die sich durch regelmäßige Medienpräsenz im kollektiven Gedächtnis festsetzten. Maite etwa nahm im Jahr 2011 an der RTL-Tanzshow Let’s Dance teil und gewann sie auch. Außerdem stand sie gemeinsam mit Uwe Ochsenknecht in dem Musical Hairspray auf der Bühne und war in einem Prominenten-Special von Wer wird Millionär dabei. Joey Kelly wiederum machte sich einen Namen als Extremsportler. Er absolvierte etwa begleitet von Fernsehkameras im Jahr 2010 einen knapp 18-tägigen und 900 Kilometer langen Fußmarsch von Wilhelmshaven an der Nordsee bis zur Zugspitze, bei dem er sich ausschließlich von dem ernährte, was die Natur ihm bot. Sicher eine respektable Leistung, aber eben nichts, was irgendetwas mit den musikalischen Wurzeln in der Kelly Family zu tun hatte.

Dann jedoch kam der 4. November 2016. Dieser Tag war ein Freitag, und im Fernsehen lief eine neue Ausgabe der NDR Talk Show. Einer der Gäste war Angelo Kelly, jüngstes Mitglied der Kelly Family und die Stimme des Megaerfolges »An Angel«.1 Der war inzwischen natürlich längst kein Kind mehr, sondern stand zum Zeitpunkt der Sendung einen guten Monat vor seinem 35. Geburtstag. Moderatorin Barbara Schöneberger begrüßte den Musiker mit dem Hinweis, er sei vor wenigen Monaten schon einmal in der Sendung zu Gast gewesen. Damals habe man mit ihm über sein außergewöhnliches Leben und seine Musik gesprochen. Angelo habe erzählt, er sei seit 2007 als Solokünstler unterwegs, und man habe ihn gefragt, ob die Familienmitglieder nicht vielleicht einmal wieder gemeinsam Musik machen wollten. Schöneberger sagte nun, Angelo Kelly habe inzwischen wohl genau darüber nachgedacht. Angelo habe sicher in der Vergangenheit sehr intensive Zeiten mit der Familie erlebt; dann sei vermutlich eine Phase gekommen, in der er vielleicht ganz froh gewesen sei, von den Geschwistern nichts oder weniger zu hören. Danach sei die Familienband eventuell an einen Punkt gelangt, den auch andere Bands kennen, wie etwa die legendäre schwedische Erfolgsgruppe ABBA. An den Punkt nämlich, an dem immer wieder einmal die Frage gestellt wird, ob es vielleicht doch noch einmal eine Reunion geben könnte – zumindest nur für ein Konzert. Angelo antwortete, dass diese Frage tatsächlich häufig gestellt werde. Als er sein erstes Soloalbum veröffentlicht habe, sei etwa die erste Frage nicht die gewesen, wie die Musik darauf klinge, sondern wann er wieder mit der Kelly Family auf Tour gehe. Anfangs sei das sehr störend gewesen, weil es ihm ja um das eigene Werk und die eigene Musik gegangen sei, doch nach einer Weile habe er verstanden, warum diese Fragen immer wieder gestellt wurden. Er habe begriffen, dass die Kelly Family speziell in den Neunzigerjahren sehr viele Menschen berührt hatte und dass Leistungen als Solokünstler dieses Gefühl in den Menschen nicht ersetzen könnten.

Zur Erinnerung an die großen Zeiten der Familienband wurden in der Sendung nun Filmausschnitte aus den Neunzigerjahren und der Zeit davor eingespielt. Zu sehen waren begeisterte Menschen in ausverkauften Stadien, in denen die Kellys damals spielten. Gezeigt wurde auch der Doppeldeckerbus, mit dem die Kellys unzählige Kilometer unterwegs waren und der als eine Kombination aus mobiler Wohnung und Bandbus diente. Und natürlich gab es noch einmal das Video zu »An Angel« mit dem jungen Angelo Kelly zu sehen.

Im Anschluss an die Einspieler setzte Barbara Schöneberger erneut an: Ein Vöglein habe ihr gezwitschert, es gebe eine neue Nachricht zu verkünden. Woraufhin Angelo das bekannt gab, woran Millionen Fans längst nicht mehr zu glauben wagten: Seit 2014 hätten die Geschwister darüber gesprochen, ob man nicht wenigstens noch einmal für ein Konzert zusammenkommen könnte. Im Jahr 1994, exakt zwanzig Jahre zuvor, hatten sie erstmals in der ausverkauften Westfalenhalle in Dortmund gespielt, die sie damals noch selbst buchen mussten. Damit waren sie seinerzeit durchaus ein Risiko eingegangen, konnten die Halle aber mit 17 000 Tickets ausverkaufen. Erst nach diesem Konzert kam der eigentliche Durchbruch in den Charts.

Der Prozess der Gespräche über die Reunion für ein Konzert zog sich dann aber doch noch eine Weile hin, so dass es bekanntlich nicht zu einem Jubiläumskonzert kam. Inzwischen aber waren sich die einstigen Bandmitglieder einig: Am 19. Mai 2017 wollte die Kelly Family wieder gemeinsam in der Dortmunder Westfalenhalle auf der Bühne stehen. Damit war die Sensation perfekt und es ging fast schon unter, was Angelo noch ergänzend sagte: Es würden zwar fast alle, aber eben nicht sämtliche ehemaligen Mitglieder wieder gemeinsam auf der Bühne stehen.

Natürlich widmete sich auch die restliche Medienwelt in den Tagen nach der TV-Sendung der Comeback-Ankündigung. Dabei wurde außerdem das erklärt, was in der NDR Talk Show fast untergegangen war: Maite und Paddy Kelly nämlich hätten noch nicht für die Reunion zugesagt, sondern wollten sich weiter auf ihre Solokarrieren konzentrieren.

Die Zeitschrift Gala auf der anderen Seite wusste zu berichten, Patricia Kelly habe der Bild erzählt, sie habe seit Jahren gehofft und gebetet, wieder mit ihren Geschwistern Musik machen zu können. Jimmy Kelly habe zudem erklärt, man wolle gemeinsam mit den Fans die Karriere der Gruppe »noch einmal Revue passieren lassen«2. Auch Joey, Kathy und John sowie Gründungsmitglied Paul Kelly würden bei der Liveshow dabei sein.

Doch die Neuigkeit machte nicht nur in den Redaktionen die Runde, die ehemaligen und oft immer noch treuen Fans waren regelrecht elektrisiert. Bald schon zeigte sich, dass es nicht bei dem einen geplanten Konzert bleiben konnte. Es wurde ein zweites Konzert am Folgetag der geplanten Reunion angekündigt, bald wurde noch ein dritter Termin angehängt. Alle Auftritte in der rund 17 000 Menschen fassenden Halle waren binnen kürzester Zeit ausverkauft. Wenige Tage nach der Ankündigung gab es kein einziges Ticket mehr.

Aber das war noch nicht alles. Vorerst konnten sich die Fans auf ein Konzert freuen, bei dem die bekannten Titel und großen Hits der Vergangenheit gespielt würden. Wenig später schon wurde allerdings klar, dass es dabei nicht bleiben sollte. Denn am 24. Januar meldete sich die Familie erneut, dieses Mal über Facebook. »Hallo ihr Lieben, wir sind nach so vielen Jahren endlich wieder zusammen im Studio und nehmen gemeinsam ein Neues Album auf«, hieß es dort.3 Als die drei für Mai geplanten Konzerte in der Dortmunder Westfalenhalle so schnell ausverkauft waren, habe das die Bandmitglieder regelrecht umgehauen. Erst dadurch habe man wirklich begriffen, wie wichtig es für so viele Menschen sei, dass die Familienmitglieder wieder zusammen Musik machten. Deshalb stehe man wieder im Studio und tue genau das. Es sei tatsächlich ein »Wahnsinnsgefühl«, wieder miteinander zu singen und zu musizieren. Das neue Album werde den Titel We Got Love tragen. Neben vielen Neuaufnahmen der größten Kelly-Hits seien darauf außerdem neue Songs sowie einige Überraschungen zu hören. »Aber jetzt wollen wir noch nicht zu viel verraten und uns wieder an die Musik machen. Wir danken euch für die bisher überwältigende Resonanz und freuen uns auf euch«,4 schloss die Gruppe ihre Ankündigung.

Das neue Album wurde schließlich am 17. März veröffentlicht. Und wer bis dahin immer noch nicht so recht an eine erfolgreiche Rückkehr der einstigen Supergruppe glaubte, wurde spätestens jetzt eines Besseren belehrt. Am 31. März meldeten die Kellys sich wieder über Facebook. Um 12.39 Uhr hieß es dort, das Video mit dem Remake des 1996er Titels »Nanana« sei bereits mehr als eine Million Mal aufgerufen worden. Nur Stunden später, um 14.47 Uhr, folgte die nächste Erfolgsmeldung: »›We Got Love‹ ist seit 20 Jahren das erste Album der Kelly Family, das auf Platz 1 der Offiziellen Deutschen Charts einsteigt!«5, wurde nun gepostet. Alle seien von der Nachricht überwältigt und wollten sich bei dem »unglaublich treuen« Publikum bedanken. »Dass wir nach all den Jahren wieder auf Platz 1 der Charts einsteigen, hätten wir nicht gedacht.«6 Die Fans jedoch hätten genau das möglich gemacht und dies gebe der Familie den Mut, diesen Weg weiter gemeinsam zu gehen.

Das quasi Unmögliche also war wahr geworden: Eine zumindest im öffentlichen Gedächtnis fast vergessene Pop- und Folkgruppe war zurück und konnte nahtlos an Erfolge anknüpfen, die schon fast zwanzig Jahre zurücklagen. Sie konnte damit eine Geschichte weitererzählen, die ihren Anfang im Jahr 1974 nahm, als man gemeinsam auf der Plaza Mayor in Madrid erstmals als Kelly Kids ein Straßenkonzert gab. Eine Geschichte, an der auch ein bis heute unbekannter Krimineller maßgeblichen Anteil hat, der einst den VW-Bus der Familie ausraubte, Geld und Wertgegenstände mitnahm und wenig mehr zurückließ als ein paar Musikinstrumente, für die er keine Verwendung hatte.