Einleitung

Dieses Buch bricht mit einer Konvention. Indem es sich in Bildern und Texten die stoffliche Beschaffenheit von psychoanalytischen Behandlungsräumen zum Thema macht, berührt es eines der größten Tabus in der Psychoanalyse.

Die rational vorgetragenen Gründe für die Geheimhaltung des psychoanalytischen Settings sind bei genauer Überprüfung von zweifelhafter Statik. "Dies ist ein intimer Raum, über den keine Informationen an die Öffentlichkeit gelangen sollten", lautet einer der häufig vorgetragenen Sätze von betroffenen Psychoanalytikern. Ein wenig überzeugendes Argument im Munde von Vertretern einer Wissenschaft, die jeden Winkel menschlichen Wollens, bewussten wie unbewussten, zum Gegenstand ihrer Nachforschungen gemacht hat, und dabei die Erforschung des intimsten menschlichen Raumes, seiner Seele, in den Mittelpunkt der Arbeit stellt. "Die Patienten, die selbst auf dieser Couch gelegen haben, könnten beim Anblick der Photographie ihres Raumes erschrecken", lautet ein weiteres Argument.

Dieses "Erschrecken" findet tatsächlich statt.

Wenn die Dyade aus Analysand und Analytiker im stofflich verfügbaren Bild plötzlich eine Triangulierung erfährt, bleibt es nicht ohne Einfluss auf den analytischen Prozess. Wer seine eigene Analysecouch in diesem Buch wiedersieht, ist häufig unerklärlich berührt und erfährt, welche Turbulenzen der bloße Anblick seiner Couch im nichtsprachlichen Bereich anrichtet. Ist es das Gewahrwerden, die vermeintliche exklusive Intimität im Setting nur "geleast" zu haben? Ist es das schiere Verwundern, ein Bild, das man als exquisit eigenes mit sich herumzutragen dachte, nun aus dem Blick fremder Augen reproduziert zu bekommen? Ist es das Unerhörte, sprachlos Machende, beim Anblick eines noch nie Gesehenen? Ist es die Wut auf die Anmaßung der Photographin, die etwas, das man eigen und einzigartig wähnte, "schamlos" reproduziert? Oder mischen sich in diese Gefühle neue Übertragungen, die auch der Psychoanalyse selbst neue Impulse geben könnten? Wenn dieses Erschrecken stattfindet, gehört es auch in den analytischen Prozess. Er wird es gewiss überstehen.

Der analytische Raum ist mehr als ein Raum

Die Auseinandersetzung der Psychoanalyse mit dem real Sichtbaren in der Psychoanalyse sowie mit den Möglichkeiten einer allgemein akzeptablen Einbeziehung optischer Elemente steht in unserer visuell dominierten Welt noch auf einer erstaunlich archaischen Stufe.

Seit Jahrtausenden verbietet die jüdische und die islamische Sakralkultur die Abbildung von Gott als Menschen, ja: von Gott und Mensch. Gott ist heilig, Gott ist größer als menschliche Vorstellungskraft, und mithin menschliche Bildmetaphern, ermessen können. Dieses Gebot gilt noch heute, und hat auch im Christentum und der Psychoanalyse seine Spuren hinterlassen. Denn dem, was heilig ist und größer als das eigene Begreifen, kann folglich auch nicht mit dem einfachen Bild Genüge getan werden. Nun ist der analytische Raum nicht der Analytiker selbst und dieser nicht Gott. Und auch das menschliche Unbewusste ist nicht identisch mit dem, was jüdischchristliche Religionen als das Göttliche bestimmen. Aber an den Randbereichen verwischen sich dennoch die Grenzen. Im ebenfalls archaischen Erleben während des psychoanalytischen Prozesses verschwimmen die Grenzen zwischen analytischem Raum und Analytiker selbst (Guderian 2004), und der Analyseraum, ja sogar die Couch selbst, kann quasi zum intrauterinen Lebensraum des Analysanden werden, für den – während des analytischen Prozesses – keine Differenzierung möglich ist. Insofern werden Raum und Analytiker subjektiv doch identisch. Und auch das Überspringen des göttlichen Funkens, das Einhauchen des Seelenlebens, das zum-Leben-Erwecken, für das Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle mit seinem Fresko von der Erschaffung Adams eine prägende Bildsprache erfunden hat, findet im psychoanalytischen Prozess statt wie die Berührung Adams durch Gott, der aus dem verstörten, seelenlosen Kerl einen Menschen schafft, den Menschen schlechthin, adam, wie das hebräische Wort für Mensch lautet. Dieses Motiv Michelangelos wirkt als vermeintlich neue Bildmetapher für die göttlichen Berührung bis in unsere Tage fort, etwa als Zentralbild des Außerirdischen E.T., den sich der Regisseur Stephen Spielberg 1984 erdachte, und bis in seine mannigfaltige Reproduktion als Startsymbol auf dem Display von Nokia-Mobiltelefonen.

Daraus wird deutlich: Der analytische Raum ist mehr als nur ein neutraler Behälter. Was aber macht seine besondere Qualität aus? Das ist sein Geheimnis. Ihm haften Elemente an, die mit unserem herkömmlichen Wissenschaftsverständnis nicht unstrittig zu benennen sind. Er ist auf eine rätselhafte Weise identisch mit dem Analytiker selbst. Diese Identität verstößt gegen ein logisches Gesetz: denn der Raum ist zugleich identisch und nicht identisch mit dem Analytiker. Er wird in unterschiedlichen Bewusstseinsstadien erlebt und ist in den unterschiedlichen Bewusstseinsstadien auch ein anderer; dieses Erleben jedoch ist real und Grundlage des analytischen Prozesses.

Der Raum ist auch ein göttlicher Raum. Denn der Mensch, der ihn in der Hoffnung auf Veränderung seines ihm selbst unzugänglichen Inneren betritt, hat den Kontakt zu seiner göttlichen Funktion, wie die Stoiker sagen würden, verloren. Es ist die Aufgabe des Psychoanalytikers, die innere Lebendigkeit und das Gewahrwerden einer eigenen produktiven und verantwortungsvoll genutzten Ich-Funktion beim Analysanden hervorzurufen und so zu stärken, dass sie letztendlich keiner externen Bestätigung mehr bedarf. Insofern wird der tierhafte, triebhafte, von einem ihm selbst rätselhaften Wollen umgetriebene Mensch im Analyseraum gleichsam zum göttlichen Menschen, der in einer lebendigen Verbindung zur gesamten Schöpfung steht.

Darf es angesichts einer solchen Bedeutung noch verwundern, wenn die Konfrontation mit dem Bildnis des eigenen Analyseraums verstörend wirkt?

Die präödipale Bildästhetik des Möbelkatalogs

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Wilhelm Grimms Arbeitszimmer 1869. Aquarellierte Zeichnung von Moritz Hoffman.

Doch ist es möglich, aus dem verstörenden auch ein bereicherndes Erlebnis zu gestalten. Dazu ist die Entwicklung einer psychoanalytischen Ästhetik notwendig.

Die gesellschaftlich dominante Ästhetik ist eine ins Präverbale, archaisch-Bildliche gedrängte Form oral-gieriger Enteignungswünsche. Der Voyeur schaut nur, um dem Betrachteten etwas wegzunehmen. Er besieht die Blöße des anderen. Das mag eine ökonomische Blöße sein – dann vermag sich der Voyeur seines eigenen vermeintlichen Reichtums zu freuen, am Glanz des Betrachteten verschmelzend teilzunehmen oder den Fall eines ehemals Bewunderten schadenfroh zu begleiten. Es mag eine gesellschaftliche Blöße sein – dann dominiert die Häme über die entdeckte Ungeschicklichkeit und der Triumph über die vorteilhafte eigene Position –, oder es mag eine körperliche Blöße sein – dann verschafft er sich selbst Lust in der Aneignung eines als privat und intim geglaubten Ereignisses, das er verschmelzend betrachtet ohne das Risiko eines persönlichen Scheiterns beim Versuch, eine individuelle Befriedigungslösung zu erarbeiten. Diese Ästhetik dominiert in den als Informationsleistung angebotenen Handelsprodukten, in Zeitungs- und Fernsehbildern, elektronischen und Printmedien. Auch ein Möbelkatalog wird mit der impliziten ästhetischen Theorie erstellt und vertrieben, dass hier eine Ware erspäht worden sei, die für den eigenen Raum eine unschätzbare Bereicherung darstellen würde, besäße man sie nur. Die Möbel werden folglich so geformt, aufgebaut und photographiert, dass sie einem weitgehend standardisierten Konsens über das, was "schön" sei, entsprechen, und so weit entpersönlicht, dass eine möglichst große Zahl von Betrachtern ihre Ich-Funktion eines potentiellen Besitzers aktivieren kann. Dass es sich um die Vorstellung toter Räume handelt, die niemals belebt waren und niemals belebt werden sollten, Betten, in denen nie jemand geschlafen hat, Tische, an denen niemand eine Mahlzeit eingenommen hat, Küchen, in denen niemals eine einzige Kartoffel geschält wurde – was man schon den häufig absurden bereitgestellten Utensilien ansehen kann –, und Schreibtische, an denen nicht ein einziger Gedanke zu Papier gebracht wurde, diese Tatsache wird geflissentlich ausgeblendet im Hinblick auf den höheren Zweck, dass es sich ja um die Abbildung allgemein verwendbarer Möbel handele, denen man gegebenenfalls das eigene Leben einhauchen werde. Und noch ein anderes Wissen wird dabei verdrängt: dass diese Ware ihren vordringlichen Daseinszweck, nämlich ihre Verwandlung in ein Objekt von Wert, der höher ist als der Wert seiner Beschaffung, tunlichst zu verbergen sucht. So gleicht der Möbelkatalog einer Inszenierung, in der ein hoher Gebrauchswert von Möbeln suggeriert wird, inklusive eines damit verbundenen höheren Sozialstatus, der real nicht existiert. Von dieser präödipalen Ästhetik sind wir alle geprägt, auch wenn das Verhalten im Einzelnen zumeist reifer ist. Das Abbild eines Raumes dient also dazu, ihn den oral-optisch vernichtenden Blicken einer gierigen Betrachtermeute auszusetzen, die ihrerseits bestenfalls einen Obolus entrichtet und mit diesem conscience money die Entfesselung und Befriedigung ihrer triebhaften Wünsche für angemessen und gesamtgesellschaftlich ausgeglichen hält.

Ist es nun noch erstaunlich, wenn verantwortungsvolle Psychoanalytiker ohne weitere Begründung die Ausstellung ihres Raumes in einem katalogähnlichen Werk nicht wünschen? Wohl kaum.

Psychoanalytische Bildästhetik

Doch mag dies ein Anlass sein, sich auf eine andere und psychoanalytischer Gedankenwelt würdigere Ästhetik zu besinnen. 1869, beim Tode von Wilhelm Grimm, der mit seinem Bruder Jacob in der Begründung der germanistischen Wissenschaft die Anfänge der deutschen Sprache dem unwiederbringlichen Vergessen entriss, empfanden seine Frau, sein Bruder und seine Schwägerin solchen Schmerz darüber, dass Wilhelms Arbeitsraum nun nicht mehr von der tätigen Hand des unermüdlichen Wissenschaftlers und geliebten Familienmitgliedes belebt werden würde, dass sie von dem Landschaftsmaler Moritz Hoffman eine aquarellierte Zeichnung herstellen ließen, bei deren Betrachtung noch einmal die Illusion entstehen konnte, Wilhelm werde gleich sein Studierzimmer betreten und die zuletzt bearbeiteten Papiere wieder zur Hand nehmen. Es zeigt einen flachen Kirschbaumschreibtisch aus dem späten Biedermeier, um 1840, hinter dem ein Nussbaumstuhl mit geflochtenem Rücken steht. Der Stuhl ist dem Fenster zugewandt, welches den Raum mit starkem, gleichmäßig verteilten Licht erfüllt, selbst aber nicht in Erscheinung tritt. Rings um diesen Schreibtisch sind Regale aufgestellt, die mit Büchern bestückt sind. Das Bewegende des Bildes ist das Detail. Mit einem Haarpinsel hat Hoffmann jedes liebgewordene Utensil auf dem Schreibtisch, den Regalen und an den Wänden festgehalten, von dem Becher mit Schreibfedern über Tintenfass und zusammengefaltete Brille bis zu den vielen in Arbeit befindlichen Papieren, die in diversen Aktenkartons provisorisch aufeinandergestapelt in Reichweiche um den Stuhl herum abgelegt sind. Aber auch die Kunstwerke an den Wänden – eine Marmorbüste Pallas Athenes, ein gerahmter Kupferstich der Sixtinischen Madonna, ein Bildnis seiner Frau Dorothea und viele kleinere Memorabilia – bis hin zu dem Bohlenfußboden, wo ein mit Kreuzstich besticktes Fußkissen liegt, auf dem Wilhelms Füße während der Arbeit geruht hatten, um es vor Kälte zu schützen: alles ist genau abgebildet, voller Wärme und mit größter Genauigkeit. Dazu erfüllt den Raum die zarte, warme Sonne eines Winternachmittags, lässt Tisch, Stuhl und Regal einen feinen Schatten werfen und versieht das Gold der Rahmen mit Spitzenlichtern. Doch nicht Prunken oder Protzen mit dem ungeheuren geistigen Reichtum, den dieser Raum so lange beherbergt hat, ist die hinter diesem Bild durchschimmernde implizierte Mal- und Darstellungsabsicht, sondern die Trauer um die Vergänglichkeit dieses einmaligen Raumes, der nur durch Wilhelm Grimms täglichen Umgang, sein Wollen und sein in Tagesarbeit umgesetztes Lebensziel, zu dem wurde, was uns die Zeichnung von Moritz Hoffmann noch heute übermittelt.

Ein Raumbildnis also auch hier, aber eine Ästhetik ganz anderer Art als in den scheinanimierten Szenen eines Möbelkatalogs. Hier ist der Betrachter nicht zu oral vernichtender Gier angehalten, die das einzelne Möbelstück aus seinem Zusammenhang herauslösen und sich dem eigenen Besitz einverleiben soll, sondern er darf die Harmonie aller in dem Raum befindlichen Elemente, den Kubus der Wände – auch wenn nur vier Raumseiten sichtbar sind – und den Akkord aller miteinander klingenden Elemente dankbar miterleben. Er soll sich nichts aneignen, sondern die Freude an der gewesenen Existenz seines Bewohners und die Trauer um ihren Verlust teilen können. Er wird zum Freund, zum Bewunderer dieser einmaligen Individualität und Bereicherung der menschlichen Gesellschaft.

Dieses Aquarell aus dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg – wo übrigens auch der dargestellte Schreibtisch aufbewahrt wird – wurde zum gedanklichen Leitbild für die hier abgebildeten psychoanalytischen Praxisräume, und es könnte zum Leitbild einer psychoanalytischen Bildästhetik werden. Diese sieht in den Praxisräumen nicht einen Steinbruch stofflicher Elemente, den man beliebig zum Vorteil der eigenen Raumgestaltung plündern darf. So ist auch dieses Buch kein Handbuch für Innenausstatter psychoanalytischer Räume, es ist kein Lieferantenkatalog, wenngleich viele Objekte detailliert inventarisiert sind. Es ist vielmehr der Versuch, ein kleines Bild von der phänomenalen Vielfalt individueller Raumgestaltung unter Psychoanalytikern zu vermitteln, deren jeder Raum Ausdruck einer unverwechselbaren Persönlichkeit ist. Es ist zugleich auch ein Ausdruck des Bewusstseins, dass Räume vergänglich sind und der täglichen tätigen Erneuerung ihres Gesichts bedürfen, so alltäglich sie während der Jahrzehnte der Berufstätigkeit auch sein mögen. Und es ist zugleich der Dank an alle diejenigen, die, getragen von ähnlichen Beweggründen, ihre Räume für diesen Band zur Verfügung stellten und sie erstmals einer großen Öffentlichkeit darbieten. Dass der Umgang mit dem Bildnis der Praxen von äußerstem Respekt getragen sein sollte, versteht sich von selbst. Die darin liegende bedeutende Kulturleistung erkennbar zu machen ist das oberste Anliegen dieses Werkes.

Zur Bedeutung des Settings in der Psychoanalyse

Wie viele Psychoanalytiker arbeiten heute mit einem Couch-Sessel-Arrangement? Das ist schwer zu bestimmen. Allein die größte psychoanalytische Fachgesellschaft der Welt, die IPA, hat elftausend Mitglieder in drei weltweiten Regionen und 67 konstituierenden Gesellschaften. Mindestens doppelt so viele Analytiker sind in weiteren Fachgesellschaften organisiert.

Möglicherweise gibt es fünfzigtausend Analytiker weltweit, vielleicht aber auch einhunderttausend – das hängt davon ab, wen man als Psychoanalytiker gelten lässt.

Über die Jahrzehnte und das erste vollendete Jahrhundert der Psychoanalyse gesehen sind es gewiss Hunderttausende, die ein Berufsleben lang in ihrem Sessel hinter der Couch gesessen haben und ihren Patienten aufmerksame Zuhörer waren. In welchen Möbeln haben sie gearbeitet? Wir kennen sie nicht.

Wir kennen selbst von Freud nur zwei Settings: das von Engelman (1998: 38–43) so stimmungsvoll, in schlichter Eleganz und Unterordnung unter das Motiv photographierte Setting in den dunkel bespannten Räumen der Berggasse 19, noch ganz ein Ambiente des ausgehenden 19. Jahrhunderts (drei Monate vor der Emigration; als Erinnerung an und Trauerarbeit über eine Welt, die es bald nicht mehr geben würde), und dieselben Möbel in dem sonnendurchfluteten Verandazimmer von 20 Maresfield Gardens vor weißen Wänden, in der Anmutung der Dreißiger Jahre. Wie aber sah es in Grinzing in der Strassergasse 47 aus? Wie in Freuds Villa bei Berchtesgaden, wo er 1929 praktizierte? Das Zimmer sei sehr schlicht gewesen, schreibt sein "Lehranalysand" – der Terminus war noch nicht erfunden – Smiley Blanton. "Auf dem Fußboden nur ein kleiner Läufer. Ein Schreibtisch vor dem Fenster. Zur Rechten des Schreibtischs an der Wand eine bequeme Couch, auf welcher Decken lagen, und auf deren Kopfende entweder ein Schal oder eine weiche zusammengefaltete Wolldecke sich befand. Hinter der Couch stand ein mit Leder bezogener Stuhl mit gerader Rückenlehne." (Blanton 1971:18)

Wie sah es in Tegel im Juni 1930 aus? Wie im Hotel Esplanade in London, wo Freud im September 1938 Analysanden empfing? Wie in Elsworthy Road? All diese Couch-Settings sind nicht erhalten. Niemand maß ihnen Wichtigkeit bei.

Der Analytiker erkennt seine Couch

Und doch haben die Möbel des Analytikers eine tiefe Bedeutung. Jeder Analytiker wird sich lebenslang an den Tag, den Moment, den Augenblick erinnern, an dem er seiner Couch begegnete. Aber auch für den Sessel, die Lampe, den Tisch, den Teppich und den Überwurf, den Wandteppich und die Kissen im Behandlungsraum gilt dieser besondere Impuls: irgendwann sieht der Analytiker (geschlechtsübergreifendes Maskulin!) dieses Möbel, es durchzuckt ihn regelrecht, und er weiß: Das ist meine Couch. Das ist mein Sessel.

Sensibilisierung für Möbel

Auch der Ort, an dem ihn dieser Funke einer schicksalhaften Begegnung trifft, ist nicht ohne Bedeutung. Im Verlauf der Weiterbildung rückt der Moment näher, an dem der Kandidat sich eine Couch kaufen muss, weil er nach dem Vorkolloquium erstmals eigene Patienten behandeln wird. Und nun wird er empfänglich. Er sieht überall Couchen und Sessel. Er findet sich plötzlich in Möbelhäusern, auf Flohmärkten, in Möbelmuseen und bei Auktionen. In der Abflughalle des Flughafens entdeckt er kurz vor dem Boarden, dass er auf dem Barcelona-Sessel von Mies van der Rohe gewartet hat; bei Fernsehinterviews hat er nur Augen für den Ohrensessel, der rechts und links neben dem Interviewten hervorlugt. Die ganze Welt besteht aus Sesseln und Couchen. Zu allem, was er sieht, schüttelt er den Kopf.

Die Errettung der eigenen Couch

Und dann erkennt er sie plötzlich. Die Begegnung ist nicht willentlich herbeigeführt, sondern sie ist der Kairos, der richtige Moment, und nun weiß der Kandidat: Das ist – oder das wird – meine Couch, mein Sessel. Die Psychoanalytikerin Beate Unruh machte sonntags nachmittags einen Stadtbummel und sah im Schaufenster ihre Couch, die nur noch geringer Änderungen bedurfte. Georg Richard Gfäller fuhr sonntags über Land spazieren und rettete seine Couch vor dem Sperrmüll, indem er sie sofort auflud und mit ihr davonfuhr. Renate Kohlheimer durchstreifte ein Antiquitätengeschäft und entdeckte ihren völlig vernachlässigten Sessel. Ursula Wienberg ging in Cambridge spazieren und stieß dabei auf ihren Wandbehang. Torsten Maul schlenderte wie zufällig durch ein Möbelhaus – "um nichts zu suchen, das war mein Sinn" – und erkannte seine Bauhaus-Couch.

Helmuth Figdor fand seinen Bauhaus-Schreibtisch beim Antiquitätenhändler in bejammernswertem Zustand. Monika Huber fand ihren Wiener-Werkstätten-Tisch im Lagerhaus eines Trödlers verstaubt, wackelig und mit abgeblätterter Farbe. Gisela Groenewold sah ins Schaufenster eines Trödlers und wusste sofort: das wird meine Couch. Veronika Dalheimer fand ihre noch völlig zerschlissene Couch bei einem Kollegen. Rudolf Walter entdeckte seine Couch im Auktionskatalog, spielte Schicksal und ersteigerte sie. "Sie sollte wohl zu mir", sagt er augenzwinkernd, aber durchaus ernst.

Das ist der Anfang einer "berufslebenslangen" (Junker) Liaison. Nun wird der Findling abgestaubt, aufgemöbelt, eingepasst. Der Analytiker päppelt ihn auf wie einen neuen Patienten, dessen Potential er trotz des irritierenden Äußeren erkennt; er hat als erster die verborgene Schönheit und Qualität des Objekts erspäht, muss sie jedoch erst mühselig erarbeiten, damit sie offenkundig hervortreten. Doch er weiß: die Dinge (und Zustände) sind nicht sofort fertig vorhanden, sondern ihre Schönheit ist mitunter noch unter der Oberfläche verborgen. Man muss sie erst hervorholen. Dann sucht er den richtigen Raum für das Möbel und darin die richtige Stelle. Er sucht das Partnermöbelstück, mit dem er harmoniert. Er bereitet ihm den richtigen Boden, setzt ihn ins rechte Licht – sucht monatelang nach der richtigen Lampe – und umgibt es mit all den Dingen, von denen er schon lange weiß, dass sie die richtigen sind – er hatte sie bisher nur noch nicht gefunden.

Eigenes Design

Andere wissen von vorn herein: meine Couch gibt es nicht, die muss ich mir selbst herstellen. Sie studieren Vorlagen, die ihrer Idee vom richtigen Möbel nahekommen, und beginnen dann ein geschäftiges Messen und Zeichnen, das von der freudigen Gewissheit getragen ist, genau die Couch zu bekommen, die zu ihnen passt. Uta Gregor beauftragte einen Schreiner; Ursula Wienberg ließ nur das Gestell mit einem Klappmechanismus vom Schreiner anfertigen, das ihr Ehemann sorgfältig aufpolsterte. George Brownstone schwebte eine rotbraune Ledercouch mit gehefteten Knöpfen vor, eine Chesterfield-Couch, die in ganz Wien nicht zu haben war. Also gab er sie bei einem "Tapezierer", wie die Polsterer in Wien heißen, in Auftrag, samt passendem Fußbänkchen.

Familienerbstücke

Wieder andere erkennen in jenen empfänglichen Monaten den praktischen und symbolischen Wert von Möbeln aus dem Familienbesitz. Auch diese Begegnungen sind bewegend. Fünfzig Jahre lang hielt Renate Kohlheimers Großvater seinen Mittagsschlaf auf dem Sofa. Wie oft mag sie ihn dort gesehen haben, wie er entspannt in seine Welt versank! Dann begann sie ihre analytische Arbeit und suchte nach einer Couch. Sie ließ dem vertrauten, inzwischen ererbten Möbel eine neue Husse anmessen und stattete es mit Kopf- und Fußschutz aus. So wurde es die perfekte Analysecouch. Thekla Pestas Patienten liegen ebenfalls auf der Couch des Großvaters. Die war 1905 als Teil eines umfassenden Raumdesigns vom Münchener Kunstgewerbeschul-Direktor Riemerschmid als Ruhemöbel entworfen und in Dresden angefertigt worden. Auf alten Photos, sogar im Ausstellungskatalog des Museums Ludwig in Köln, ist noch das gesamte Zimmer zu sehen, komplett mit Kassettendecken, Esszimmertisch und -stühlen, Jugendstillampen und Holzvertäfelung an den Wänden. Nun steht die Couch im Originalzustand im Analysezimmer. Veronika Dalheimer wechselte als Kind im Elternhaus oft die Etage, um ihrer kranken Großmutter als aufmerksame Zuhörerin Gesellschaft zu leisten. Während diese ihr liegend alte Familiengeschichten mitteilte, saß sie selbst in Großmutters Ohrensessel. Darin sitzt sie noch heute und hört die Familiengeschichten ihrer Patienten. Auch Heinz Ferstl sitzt im Sessel der Großmutter aus der Jahrhundertwende, George Rodwell im Edwardian Chair seines Vaters, aus der gleichen Zeit. Bernd Ahrbeck erbte den Bauhaus-Stuhl seines Vaters, auf den der Satz des dänischen Architekten Poul Henningsen über den Bugholzklassiker Wiener Stuhl von Thonet aus dem Jahr 1905 passt: "Wenn ein Architekt diesen Stuhl fünfmal so teuer, dreimal so schwer, halb so bequem und ein Viertel so schön machte, könnte er sich damit einen Namen machen." Helmuth Figdor stellte während des Praxisbesuchs für diesen Band fest, daß er für sein Couch-Kissen zu einer Hülle gegriffen hatte, die seine Mutter gehäkelt hatte. Ursula Wienberg hat von der Schwester das Kissen, vom Gatten die Couchpolsterung und anlässlich des Besuchs bei ihrem Sohn den Wandbehang erhalten. Helmut Junker bekam vom Vater den zweiten Sessel für seinen Behandlungsraum. Patrizia Giampieri-Deutsch hängte sich ein historisches Photo ihrer Vaterstadt hinter den Sessel. Monika und Franz Hubers Patienten liegen auf einer Couch aus der Familie von Franz Huber. So entstehen vielfältige transgenerationale Bezüge im Praxisinterieur, die im Alltag das Geheimnis des Analytikers bleiben und ihm dennoch bei seiner einsamen Tätigkeit die diskrete Kraft familiärer Unterstützung zukommen lassen.

Wie viele Möglichkeiten eröffnen sich, das Abstinenzgebot einzuhalten und doch die Lieben um sich zu scharen, mit dem Blick auf das Ölgemälde der Gattin, auf den Stirnspiegel aus Vaters Arztpraxis, auf das Aquarell der Freundin oder die gefilzte Vase einer alten Wohngemeinschaftsgefährtin? Hatte doch auch Sigmund Freud während seiner Analysen in London das kecke signierte Bildnis der Diseuse Madame Yvette Guilbert ("Siegmund Freud" gewidmet) gegenüber im Blickfeld, während der Analysand, hätte er die Augen geöffnet, auf die frühchristliche Mumienmaske zu seinen Füßen geschaut hätte.

Entscheidungsschwierigkeiten

Aber nicht immer fallen einem die Dinge zu. Davon wissen die Möbelhändler ein Lied zu singen. "Eine schwierige Klientel", klagt der Inhaber eines großen Münchner Möbelgeschäfts. "Zu uns kommen viele Psychotherapeuten. Sie wollen einen Sessel für ihr Behandlungszimmer und können sich auch nach fünf Besuchen nicht entscheiden." Ein Stuhl ist eben auch ein Sitz, ein Herrschersitz gar, ein Thron; er ist der Ort, an dem der griechische Gott im Tempel zu sehen ist, wenn morgens um Sechs der erste Sonnenstrahl in das fensterlose Innere fällt und die vergoldete Skulptur aufblitzen lässt. Darauf setzt man sich nicht en passant; das will wohl erwählt sein. Außerdem ist es vielleicht eine Anmaßung, sich nun selbst als Nummer Eins auf den Sitz zu begeben, nachdem man jahrelang der liegende Zweite war? Mit all diesen Überlegungen ist der Kandidat allein, denn nun heißt es endgültig Ich sagen zu dem selbstgewählten Beruf. Und das nimmt einem keiner ab.

Neue Wege zur eigenen Couch

Interessant sind die individuellen Auswege aus dieser Zwickmühle, eine Couch kaufen zu müssen und nicht zu wissen wie anfangen. Franz Zimmermann veranstaltete bei der Suche nach seiner Couch ein Probeliegen quer durch die Münchner Möbelhäuser, was in einem Fall den verschreckten Geschäftsinhaber auf den Plan rief, der das Gebaren des seltsamen Kunden nicht zu deuten wusste. Die Episode endete mit einer Agitation für die Psychoanalyse, einem neuen Analysanden – dem Geschäftsinhaber – und einer genau passenden Couch für Herrn Dr. Zimmermann. Nils Schüle tat, was auch Bauherren tun, die ihr optimales, auf sie zugeschnittenes Gebäude wünschen: er beauftragte einen Innenarchitekten, schilderte ihm seine Wünsche und vertraute ihm. Im Gegenzug erhielt er eine Praxis, die ihm noch nach zwanzig Jahren passt wie ein Maßanzug. Aus der Bedrängnis dieser Situation ist eine Fülle von Lösungen hervorgegangen, und das gerade deshalb, weil man keinem Standardverfahren folgen kann.

Das komplette Interieur

Bis um Couch und Sessel ein komplettes Interieur entsteht, können Jahrzehnte vergehen. Mit Couch und Sessel ist quasi der Pflock eingeschlagen, und im Allgemeinen verändern Analytiker ihre Settings nicht ohne zwingenden Grund. Dann scharen sich die Accessoires darum: Lampen, Bilder, Pflanzen, Skulpturen, ein neues Sitz-Setting, ein neuer Tisch, Satztische, Regale, Schränke und Schränkchen, Bücher und Teppiche. Monika und Franz Huber, die denselben Raum benutzen, benötigten Jahrzehnte, all die Dinge zu finden, die nun darin sind, als seien sie alle füreinander entworfen worden. Jeder Blau-Ton, jedes dunkle Orange harmoniert mit dem anderen. In Pearl Kings Behandlungsraum changieren Türkis, ein leuchtendes Meerblau und Capri-Grün miteinander, kehren in Kissen, Teppichen, Vorhängen und Buchrücken wieder. Bei Sadie Gillespie dominieren Rosé-Töne, violett akzentuiert und mit einem Kirschbaumholz- oder Mahagonifarbenen Honigton abgesetzt. Es sind dieselben Farben, die sie auch in der Garderobe trägt und sich immer wieder zusammensucht. "Ich wünsche, ich könnte es bei den Patienten genauso machen", kommentierte sie die Entdeckung. Heidede Schneider greift ebenfalls zu Rosé-Tönen in unterschiedlicher Helligkeitsabstufung und bringt sie auf großzügigem weißen Umfeld zum Leuchten. Farbberater haben festgestellt, dass man für seine Garderobe am liebsten immer wieder zu einer bestimmten Farbpalette greift, bei der die eigene Persönlichkeit am besten zur Geltung kommt. Neu ist die Entdeckung, dass die Farben der eigenen Garderobe quasi in die favorisierten Farben des Raumes hinüberfließen, wodurch der Raum Ich-synton wird. Auch hier steht zu Beginn das Neinsagen. Nils Schüle schärfte seinem Einrichter ein, dass er auf keinen Fall Brauntöne haben wollte. Manchmal weiß man zunächst nur, was man nicht will, bevor man das findet, was man will.

Rückenschmerzen

Mitunter ändert ein Psychoanalytiker noch nach Jahren sein Setting, jedoch nicht ohne zwingenden Grund: die dominierende Berufskrankheit treibt ihn dazu. Von der psychosomatischen Ursache eines Leidens, das entstehen mag, wenn sich jemand zu viel auflädt, zu viel zu ertragen hat oder etwas nicht mehr ertragen kann, soll hier nicht die Rede sein. Tatsache ist: Psychoanalytiker verharren oft einen ganzen langen Arbeitstag in derselben Positur. Sie sitzen und hören dabei zu. Die Palette der dabei eingenommenen Haltungen deckt ein breites Spektrum ab. Freud saß in einer Art Clubsessel mit grünem Samtvelours, dessen Lehnen und Rücken auf Achselniveau gleich hoch um den Körper umliefen. Kein Schemel oder Kissen deutet darauf hin, dass er anders als rechtwinklig im Sessel saß, dabei gelegentlich ungeduldig mit der Linken auf die Couch pochend, wenn die Einfälle des Analysanden nicht schnell genug purzelten (Roazen 1999).

Anna Freud saß in Wien noch ähnlich aufrecht. Der Anschnitt eines Engelman-Photos aus ihrer bezaubernden Praxis in der Berggasse (Engelman 1998: 72 f.) verrät uns den Sesseltyp. Es mag ein gepolsterter Armlehnstuhl, vielleicht sogar ein Ohrensessel gewesen sein.

In London, in ihrem letzten Setting, ruhte sie bis 1982 auf einem Stahlrohrsessel in zurückgelehnter Position.

Nun war Freud ein, hätte es das Wort schon gegeben, workoholic, verbrachte also, wenn er gesund war, mehr als zwölf Stunden täglich sitzend entweder am Schreibtisch oder im Analytikersessel. Für den Schreibtisch benutzte er den von dem Architekten Felix Augenfeld für ihn hergestellten Spezialstuhl, den Paul Hofmann nach Angaben der Familie entworfen hatte. Der erlaubte Freud, bei der Lektüre auch rechtwinklig darin zu sitzen und die Beine über die Lehne hängen zu lassen. Ansonsten ist dieser Sessel ein kurioses Möbelstück, und es nimmt wunder, dass die auf neue Gesichter erpichte Möbelindustrie diesen Typ nie in Serie genommen oder auch nur annähernd kopiert hat. Die Tatsache, dass ein Sessel häufig die stilisierte Gestalt einer haltenden Mutterfigur ist, auf deren Schoß, rechts und links von ihren Armen umschlossen, ein etwa einjähriges Kind bequem gepolstert die Welt erkunden kann, ist beim Anblick des Augenfeld-Stuhls kaum noch unterhalb der Bewusstseinsschwelle zu halten. Er sieht, für sich genommen, bereits wie eine Skulptur aus und symbolisiert eine strenge, hagere Mutter, deren lange Arme gleichwohl fest halten können, und das in zwei verschiedenen Grundpositionen. Als sei er eine Plastik von Henry Moore, so ragt der Sessel, den man noch heute in London sehen kann, hinter Freuds Schreibtisch auf. Auch das hat Engelman bei seinen Interieur-Photos meisterhaft festgehalten, als er im Mai 1938 mit Stativ, Rolleiflex und Leica durch die Wohnungen 5 und 6 in der Berggasse 19 zog. Das schmale, hochgezogene Rückenteil des Stuhls ist am Kopfende etwas verbreitert, und wie es hinter dem Schreibtisch hervorlugt, sieht es wahrhaftig aus wie ein stilisierter Mensch, eine lederne Puppe oder eine zeitgenössische Plastik, deren Haupt, Hals und Hände auf den Menschen warten, den er bei seiner Arbeit haltend berühren und unterstützen darf. (Engelman 1998: 59)

Freud saß also vermutlich die Hälfte des Tages auf Möbeln, in denen er seine Wirbelsäule rechtwinklig zum Oberschenkel hielt.

Dieser Tradition folgen noch heute einige Analytiker: Bernd Ahrbeck, Sigrid Damm, Renate Kohlheimer, Patrizia Giampieri-Deutsch, Helmuth Figdor, Heinz Ferstl, George Rodwell und Wolfgang Schmidbauer sitzen in Holzsesseln oder -stühlen, die eine aufrechte Sitzhaltung fordern, wenig gepolstert sind und aus dem 18. bis frühen 20. Jahrhundert stammen. Uta Gregor und Elizabeth Campbell benutzen geflochtene niedrige Korbsessel, wie man sie lange als Wintergartenmöbel oder bequeme Gartenmöbel fand. Dem Arzt George Brownstone verriet während seiner Weiterbildung zum Psychoanalytiker ein Kollege, der zuvor Orthopäde gewesen war, dass nur derjenige keine Rückenschmerzen bekäme, dessen Oberschenkel und Wirbelsäule stets rechtwinklig aufeinanderstießen. Der einzige Stuhl, der dies bei variabler Position immer ermögliche, sei der Schaukelstuhl. Auch nach fast einem Vierteljahrhundert im Schaukelstuhl hat George Brownstone keine Rückenbeschwerden.

Statussessel

Status ist eine andere Sache. Der typische amerikanische Psychoanalytiker ruht während der Arbeit mit hochgelegten Füßen in einer schwarzen Lederwolke von Charles und Ray Eames namens Lounge Chair, einem Designklassiker von 1956 – dem ersten industriell gefertigten Schichtholzsessel aus Kirschbaum –, der mit integrierter Kopfstütze und fünfsternigem drehbaren Untergestell die Aura des Kapitäns und des im Foyer eines großen Hotels lümmelnden Lebemanns in sich vereint. Nicht ohne Folgen für die Bandscheiben, wie zu hören ist. Die werden in dieser Lage nämlich um sechzig Grad zur Erdoberfläche geneigt, folglich asymmetrisch belastet und abgenutzt, und irgendwann liegen die Nerven dann blank. Der Psychoanalytiker hat seine Berufskrankheit bekommen: chronische Rückenschmerzen.

Gesundheitssessel