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Die Bibelstellen sind nach der im gleichen Verlag erschienenen „Elberfelder Übersetzung“ (Edition CSV Hückeswagen) angeführt.

1. Auflage 2017

© Christliche Schriftenverbreitung, Hückeswagen, 2017
Umschlaggestaltung: ideegrafik, Jürgen Benner
Satz und Layout: Christliche Schriftenverbreitung
E-Book: www.vvcg.de, Wiehl


www.csv-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Geistliche Leitung wird in den örtlichen Versammlungen (Gemeinden) unterschiedlich gehandhabt. Ein Grund dafür wird sein, dass wir nicht mehr in der Zeit der Apostel leben. Denn bei den ersten Christen war die Anwesenheit und Autorität der Apostel ein wesentlicher Bestandteil der Leitung des Volkes Gottes. Dennoch hat Gott uns in seinem Wort Anweisungen gegeben, damit die Herde Gottes in seinem Sinn gehütet wird. Daran wollen wir uns halten. Es ist uns wichtig, bei allen Aspekten dieses Themas das Wort Gottes reden und wirken zu lassen und nicht Gewohnheiten und Traditionen in das Wort Gottes „hineinzulesen“.

Wir sind uns bewusst, dass manche Brüder über viel mehr Erfahrung im Hirten- und Aufseherdienst verfügen als wir. Vielleicht können die zusammengetragenen Gedanken dennoch dazu beitragen, das geistliche Wohlergehen der Herde Gottes zu fördern. Der „große Hirte der Schafe“, unser Herr Jesus Christus, würde dadurch geehrt werden.

Einleitung

Gott hat es gefallen, dem Menschen Verantwortung zu übertragen. Das fing im Garten Enden an und hat im Lauf der Jahrtausende unterschiedliche Formen angenommen: von der Bebauung eines Gartens bis hin zur Ausübung von Regierungsgewalt. Seit der Entstehung der Versammlung (Gemeinde) Gottes zu Pfingsten sind ganz neue Verwaltungsaufgaben entstanden, die Gott den Gläubigen anvertraut hat. Dabei wurde den Aposteln eine einmalige Verantwortung in der Verwaltung der Gnade und der Geheimnisse Gottes anvertraut (Eph 3,2.9; 1. Kor 4,1). Doch bis heute werden treue Verwalter gesucht (1. Kor 4,2), die das Werk Gottes an und in Menschen fördern. Dazu gehört auch das Hüten der Herde Gottes. Für diese Aufgabe hat Gott Führer, Aufseher, Älteste gegeben – solche, die der Herde vorstehen und auf sie achthaben (Apg 20,28). Ihnen liegt das geistliche Wohlergehen der Gläubigen am Herzen, und sie sind für die Herde besorgt, indem sie das Wort Gottes weitergeben und über die Seelen der Gläubigen wachen (Heb 13,7.17).

Wenn Gott Menschen benutzt, um die Seinen zu leiten, dann überträgt Er diese Aufgabe nie einem Einzelnen. Im Neuen Testament ist nie von einem Führer die Rede, sondern von Führern in der Mehrzahl. Dasselbe gilt für die Ältesten bzw. Aufseher[1]. Auch sie werden immer in der Mehrzahl genannt. Der alleinige „Vorsitz“ ist dem Haupt des Leibes vorbehalten: unserem Herrn Jesus Christus. Nur Er ist der Erste, nur Er ist der Führer und der Anführer, der in einer Sache den ersten Schritt tut und vorangeht (Apg 5,31; Heb 12,2). Nur Er ist der „Erzhirte“, das heißt der Oberhirte (1. Pet 5,4), der keinen neben sich hat, der alleine in sich selbst Autorität besitzt. Alle anderen sind Ihm „unterstellt“. Alle anderen haben lediglich eine vom Erzhirten abgeleitete Autorität. Ihre Autorität besteht vor allem darin, dass sie dem Wort Gottes gehorchen und es als Maßstab für alle Lebensbereiche anlegen.

Doch wer von den Gläubigen ist berechtigt, die Herde Gottes zu hüten? Wer darf im Volk Gottes Leitungsaufgaben übernehmen? Und wie geschieht diese Leitung in der örtlichen Versammlung? – Diese und andere Fragen sollen im Folgenden anhand der Bibel beantwortet werden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Aufseherdienst in der örtlichen Versammlung, obwohl auch andere Leitungsfunktionen gottgewollt sind.


Fußnoten

[1] Älteste und Aufseher beschreiben dieselbe Personengruppe. Der Begriff „Älteste“ legt nahe, dass es sich um reife, erfahrene Personen handelt. Dabei steht die Würde des Dienstes im Vordergrund. Der Begriff „Aufseher“ weist dagegen auf die Tätigkeit hin, der diese Personen nachgehen.

Leitung im Volk Gottes

Wenn wir das Neue Testament im Blick auf Leitung oder Führung im Volk Gottes untersuchen, merken wir schnell, dass es nicht in erster Linie darum geht, Entscheidungen für andere zu treffen. Leitung geschieht im weitesten Sinn da, wo man um das geistliche Wohlergehen der Gläubigen besorgt ist und wo die Liebe tätig wird, um die Herzen zu Christus zu lenken. Das beinhaltet, aufeinander Acht zu haben (Heb 10,24), einander „die Füße zu waschen“ (Joh 13,1–20), „einander zu ermahnen“ (Röm 15,14) und vieles andere mehr. Mit Herrschaft hat Führung im Volk Gottes gar nichts zu tun. Wollten wir ein Bild gebrauchen, das das Thema der geistlichen Leitung am besten illustriert, dann ist es sicherlich das Bild eines Hirten. Er geht voran, steht der Herde vor. Mehrmals liest man von solchen, die vorstehen (Röm 12,8; 1. Thes 5,12; 1. Tim 5,17). Das im Grundtext verwendete Wort proistemi hat die Bedeutung von

Dieses Bedeutungsspektrum entspricht dem vielfältigen Dienst der Leitung und Fürsorge, der im Volk Gottes ausgeübt werden soll.


Fußnoten

[1] Christian Briem: Wörterbuch zum Neuen Testament, S. 764, Christliche Schriftenverbreitung 1998.

Wer nimmt Leitungsaufgaben wahr?

3.1 Jeder Gläubige hat eine Verantwortung

Die Gläubigen, die heute das Volk Gottes bilden, werden im Neuen Testament in unterschiedlichen Beziehungen zueinander gesehen. Eine dieser Beziehungen besteht darin, dass wir „Glieder voneinander“ sind (Röm 12,5; Eph 4,25). Als Glieder haben wir alle eine gewisse Verantwortung füreinander und damit verbunden auch eine entsprechende Aufgabe. Deshalb sagt der Apostel Paulus in 1. Korinther 12, dass „Gott den Leib zusammengefügt hat, indem er dem Mangelhafteren reichlichere Ehre gegeben hat, damit keine Spaltung in dem Leib sei, sondern die Glieder dieselbe Sorge füreinander hätten“ (V.24.25).

Wir dürfen und sollen also füreinander sorgen. Das beinhaltet zu ermutigen, zu trösten und zu ermahnen. Wenngleich jedes Glied des Leibes eine andere Aufgabe hat – letztlich sind alle Glieder gefordert, zum Nutzen anderer tätig zu werden (1. Kor 12,7). In diesem Sinn obliegt allen Gläubigen eine gewisse Verantwortung für andere. Und es ist wichtig, dass diese auch wahrgenommen wird, damit auf diese Weise das Wachstum des Leibes sowie die „Selbstauferbauung in Liebe“ gefördert werden (Eph 4,16).

In diesen Zusammenhang gehört auch der Dienst der „Fußwaschung“, den der Herr Jesus seinen Jüngern übertragen hat (Joh 13,4–17). Er bedeutet, eine Seele in die praktische Gemeinschaft mit dem verherrlichten Christus zurückzubringen. Denn es kann vorkommen, dass sich unsere „Füße“ beschmutzt worden sind, das heißt, dass aus unseren Herzen schlechte Gedanken hervorgekommen sind und vielleicht auch unsere Worte und Taten beeinflusst haben (vgl. Mk 7,20–23). Wenn wir uns verunreinigt haben, dann ist die Gemeinschaft mit unserem Herrn beeinträchtigt bzw. unterbrochen. Wenn Sünde bzw. Verunreinigung uns daran hindert, Teil mit Ihm zu haben (Joh 13,8), ist es sein Ziel, diese Gemeinschaft wiederherzustellen. Von den Bemühungen unseres Herrn wird in den meisten Fällen kein Dritter etwas erfahren. Er redet durch sein Wort zu uns, weil Ihm überaus wichtig ist, dass wir in glücklicher Gemeinschaft mit Ihm leben. Manchmal sendet der Herr aber auch einen seiner Diener, um uns die „Füße“ zu waschen. Das mag zuerst unangenehm sein, aber es ist ein wichtiger Dienst der Liebe. Der Herr legt größten Wert darauf, dass die Jünger sich gegenseitig die „Füße“ waschen: „Wenn nun ich, der Herr und der Lehrer, euch die Füße gewaschen habe, so seid auch ihr schuldig, einander die Füße zu waschen. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit, wie ich euch getan habe, auch ihr tut“ (Joh 13,14.15).

Wir erkennen also, dass die Fürsorge füreinander alle angeht. Sie hat immer das Ziel, in die Gemeinschaft mit unserem Herrn zu führen bzw. diese Gemeinschaft zu stärken. Diesen Punkt wollen wir ernst nehmen, und wir wollen nicht jegliche geistliche Verantwortung auf andere abwälzen, vor allem auf solche, die eine Leitungsaufgabe wahrnehmen.

3.2 Männer haben eine besondere Verantwortung