Diana Grünberg

1 x Chemo mit Esprit, bitte!

Diana Grünberg

1 x Chemo
mit Esprit, bitte!

Wichtige Information für die Leser und Leserinnen der E-Book-Ausgabe:

Das gebunden Buch „1 x Chemo mit Esprit, bitte!“ von Diana Grünberg enthält zahlreiche s/w-Illustrationen von Kim Partheymüller. Darauf wurde in diesem E-Book aufgrund der besseren Darstellung und Lesbarkeit größtenteils verzichtet.

Ich war ein Suchender und bin es immer noch,
aber ich habe aufgehört,
die Bücher zu fragen und die Sterne –
und angefangen,
auf die Lehren meiner Seele zu hören.

– Rumi –

INHALT

Begleitwort von Cornelia Linder

Intro

Der Wendepunkt

Aus Ungewissheit wird Gewissheit

Die endgültige Diagnose

Mein spirituelles Erwachen

Geburt der silbernen Ritter

Die Aussöhnung mit der Schulmedizin

Der Engel an meiner Seite

Das großartige Gefühl des Annehmens

Seelen können ungeduldig sein

„Denn sie wissen nicht, was sie tun“

Von Engeln umgeben

Versteckte Geschenke

Mein magischer Spaziergang im Wald

Im Dienst der Menschen

Unterwegs auf kosmischen Reisen

Eintritt in meine Herzenskammer

Mein Krebs bekommt einen Namen: Aaron

Aaron – der Krieger

Der erste chemotherapeutische Zyklus

Die silbernen Ritter

Science-Fiction

Die Sache mit den Haaren

Meine Sternenfamilie

Der Beginn meiner Wechseljahre

Der zweite chemotherapeutische Zyklus

Heilende Unterstützung aus der geistigen Welt

Bekanntschaft mit meinem Seelenselbst

Der Denker in mir

Mir geht es unerwartet gut

Die Illusion der Gedanken

Der dritte chemotherapeutische Zyklus

Alles darf gleich-gültig sein

Einladung an den Tod

Mutter Erde schickt mir einen neuen Bauplan

Abschied von Aaron

Der vierte chemotherapeutische Zyklus

Das Ergebnis der Untersuchungen

Meine Operation

Der fünfte chemotherapeutische Zyklus

Der sechste und letzte chemotherapeutische Zyklus

Die Zeit danach

Weihnachten 2015 und das neue Jahr

Was bedeutet Heilung für mich

Das Ende aller Bewertungen

Der Krebs – mein größtes Geschenk

Anhang:

Nachwort von PD. Dr. med. Nikos Fersis: Die Sicht des Arztes

Der Drei-Säulen-Therapieplan

Danke

Vita

BEGLEITWORT

Eine mehrfache Meisterin in BodyBuilding und Fitness/Aerobic hatte ich mir ganz anders vorgestellt … Als wir uns das erste Mal begegneten, konnte ich nicht glauben, dass das ein und dieselbe Person sein soll – ich hatte Bilder von ihr gesehen, 1999 bei der Weltmeisterschaft in Griechenland. Jetzt sitzt eine zierliche Frau vor mir, die mich mit strahlenden Augen anblickt, während sie mir „ihre Geschichte“ erzählt.

Ja, sie war Leistungssportlerin: diszipliniert, ehrgeizig, muskelbepackt – und sehr erfolgreich. Nach den Meisterschaften arbeitete sie weiter in der Fitnessbranche, betrieb ein eigenes Studio, hatte zahlreiche Werbeaufträge bei renommierten Firmen, gründete ein eigenes Label und leitete Seminare zu den Themen „Gesundheit – Bewegung – Ernährung“. Zeitgleich beschäftigte sie sich mit alternativen Heilmethoden und Spiritualität.

Diana Grünberg ist eine erstaunliche und außergewöhnliche Frau, bei der man das, was dann passierte, am allerwenigsten vermutet hätte, und was ich hier in Stichworten wiedergebe:
31.07.2015: Verdacht auf Brustkrebs

05.08.2015: Diagnose „Brustkrebs“ mit dem Befund: Veränderungen in der Lunge, der Leber und der Wirbelsäule

18.08.2015: 1. Chemotherpie, 08.09.2015: 2. Chemotherpie, 29.09.2015: 3. Chemotherpie, 20.10.2015 4. Chemotherpie

02.11.2015: Operation (Entfernung Resttumor und Eierstöcke)

23.11.2015: 5. Chemotherpie, 14.12.2015: 6. Chemotherpie Daraufhin alle vier Wochen Antikörper, die letzte Gabe am 18.10.2016

Soweit der „normale“ Ablauf der schulmedizinischen Therapie, dem Diana, wie sie erzählt, eine etwas „persönliche“ Note beifügte: Gemäß ihres Grundsatzes, dass alles zuerst im Geist entsteht, unternahm sie Reisen in ihr Unterbewusstsein, übte sich in Gedankenstille und mixte das alles mit komplementären Behandlungsmethoden. Das Ergebnis erstaunte nicht nur ihren behandelnden Arzt, der im Anhang dieses Buches darüber schreibt.

Diana ging intuitiv ihren ganz eigenen Weg, der Mut macht und zur Selbstverantwortung auffordert. Die Diagnose empfand Diana als ein kostbares Geschenk, das ihr den Sprung in ein neues Leben eröffnete. Ein Leben, das sie zu der Frau machte, die sie heute ist: zart, weiblich, sanft, vital, strahlend, erfrischend anders und voller Esprit!

Aber lesen Sie selbst!

Cornelia Linder

im Frühjahr 2017

INTRO

Jeder Mensch sieht das Leben durch die Filter seiner Überzeugungen. Durch Erziehung, Bildung, unser Umfeld, die Medien und die gesellschaftlichen Werte haben sich diese Überzeugungen im Laufe unseres Lebens herausgebildet. Die meisten Menschen stellen ihre Überzeugungen erst dann infrage, wenn ein Schicksalsschlag ihr Leben berührt oder sie eine Diagnose erhalten, die ganz plötzlich das gesamte Leben auf den Kopf stellt.

Wenn all die Dinge, die vorher so wichtig erschienen, von dir abfallen – der Job, der Partner, das Geld oder die Gesundheit – dann tauchen plötzlich Fragen auf. Fragen, die im Alltag oft übergangen werden.

Was ist wirklich wichtig?

Wer bin ich wirklich?

Was bin ich?

So erging es mir jedenfalls. Und je tiefer ich es wagte, in diese Fragen einzutauchen, umso erstaunlicher wurden die Antworten. Vieles, was vorher schwer erschien, wurde einfach.

Meine Geschichte ist kein Masterplan für deine Gesundung oder die Lösung deines Problems. Doch meine Erzählung kann einen Funken in dir entfachen, der dir zeigt, wie kraftvoll du in Wirklichkeit bist. Wenn du diese Kraft in dir entdeckst, scheint Licht in jede Art von Krankheit und jede Herausforderung. Das Drama ist beendet und du kannst deine gesamte Kraft zur Gesundung und Heilung einsetzen.

In diesem Buch lasse ich dich an meinen Gefühlen, Erlebnissen und Gedanken teilhaben. Es ist ein sehr persönliches Buch, sodass es für mich stimmiger ist, dich in der Du-Form anzusprechen. Ich hoffe, das ist in Ordnung für dich.

Nun wünsche ich dir eine bewegende Lesezeit. Tauche ein in meine Erzählung und vielleicht entdeckst du, so wie auch ich entdecken durfte, dass weit mehr möglich ist, als wir oft glauben.

Namaste*,

Diana

im Frühjahr 2017

*Namaste ist eine im indischen Kulturraum häufig gebrauchte Grußform: Die Handflächen werden in Herznähe aneinander gelegt und der Kopf wird leicht nach vorne gebeugt. Es heißt, dass Mahatma Gandhi auf eine Frage Albert Einsteins, was Namaste bedeute, geantwortet habe: „Ich ehre den Platz in dir, in dem das gesamte Universum wohnt. Ich ehre den Platz des Lichts, der Liebe, der Wahrheit, des Friedens und der Weisheit in dir. Ich ehre den Platz in dir, wo, wenn du dort bist und auch ich dort bin, wir beide eins sind.“

DER WENDEPUNKT

Aus Ungewissheit wird Gewissheit

„Frau Grünberg, ich muss Ihnen leider sagen, dass das wie Brustkrebs aussieht.“

Mir blieben die Worte im Hals stecken und Tränen schossen in meine Augen. „Lassen Sie das genauer untersuchen und warten Sie nicht mehr länger“, bat mich die Ärztin eindringlich. Hilflos fragte ich sie, was ich jetzt tun solle und wo ich hingehen könne. Sie gab mir zwei Adressen, die sie mir aus dem Internet heraussuchte. Dann wünschte sie mir alles Gute und verabschiedete mich.

An einem sonnigen Tag im Juli 2015 erhielt ich die sehr wahrscheinliche Diagnose „Brustkrebs“. Ich war 260 km nach München gefahren, da ich aufgrund meiner Ablehnung gegenüber der Schulmedizin nicht zu einem „normalen“ Gynäkologen gehen wollte. In der Hoffnung, dass mir mit ein paar Kügelchen geholfen werden könnte, da ja nicht nur das Symptom behandelt, sondern ganzheitlich vorgegangen wird, suchte ich mir eine Frauenärztin, die homöopathisch arbeitete. Ich fand sie in München, doch anstatt Kügelchen zu verordnen, empfahl sie mir schnellstmöglich eine genaue Diagnose in einem Brustzentrum stellen zu lassen.

Auf dem Heimweg telefonierte ich mit meinem Mann, um ihm die ernüchternde Neuigkeit mitzuteilen. Er sagte nur zu mir: „Im Prinzip wusstest du es doch, oder?“ Und er hatte recht. Ja, ich wusste es schon lange. Und jetzt, genau jetzt, nicht gestern, nicht morgen, sondern jetzt war der Zeitpunkt, um zu handeln.

Bereits im Mai 2013 zeigte sich ein erster Hinweis auf das, was an diesem Tag in München Wirklichkeit zu werden begann. Eine Brustentzündung, die so heftig war, dass sie mit Antibiotika behandelt werden musste. Zwar blieb mir Dank der Antibiotika ein Schnitt in meine Brust erspart, aber bei der Nachuntersuchung war ein großer Knubbel im Ultraschall zu erkennen. Es handele sich um eine Verkapselung der Entzündung, hieß es, die ich sicherheitshalber nochmals durch eine Mammographie und Biopsie untersuchen lassen solle. Ich bekam Angst. Eine Mammographie und Biopsie? Nein, auf keinen Fall! Davon bekommt man ja erst recht Krebs. Viele Artikel berichten über die Schädlichkeit dieser Diagnoseverfahren.

Ich ging zum Heilpraktiker, um mir Klarheit und Ruhe zu verschaffen. Er meinte sofort, dass ich mir keine Sorgen machen müsse, ich hätte keinen Krebs. Der Knoten könne auf die Einnahme von Antibiotika zurückgeführt werden und löse sich mit der Zeit wieder auf. Diese Aussage kam mir sehr entgegen und beruhigte mich eine Weile. Zudem machte es mir mein gefüllter Alltag einfach, den Knoten in meiner Brust zu ignorieren und das leise Gefühl von Sorge beiseite zu schieben. So wie ich es stets gemacht hatte, lenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder verstärkt in das Tun, anstatt in das Fühlen, getreu meiner Maxime „Wenn ich erfolgreich bin und viel verdiene, bin ich was wert und alle haben mich lieb.“ Wie sehr mich dieser destruktive Glaubenssatz prägte und welche Auswirkungen er auf mein gesamtes Leben hatte, werde ich später noch erläutern. Erst einmal versuchte ich also zu verdrängen, doch es half nichts. Knapp eineinhalb Jahre später, im September 2014, verstärkten sich die Anzeichen drastisch. Es begann mit sanften Schulterschmerzen, die immer heftiger wurden, sodass es mir nur unter starken Schmerzen möglich war den Teilnehmern meiner Gesundheitskurse bestimmte Übungen zu zeigen. Gleichzeitig spürte ich, wie sich eine innere Unlust am Unterrichten ausbreitete. Meine Schulterschmerzen plagten mich zusehends und dieses ungute Gefühl bezüglich meiner Brust machte sich nun häufiger bemerkbar. Doch noch immer war ich nicht bereit zu einem Arzt zu gehen, weder wegen der Schulterschmerzen noch wegen des Knotens in der Brust. Als sich nach einer der Unterrichtspausen während der Weihnachtszeit noch immer keine Verbesserung in der Schulter zeigte, ließ ich mich physiotherapeutisch und osteopathisch behandeln.

Bis Januar hatte ich das unterschwellige Gefühl der Sorge ganz gut im Griff, doch dann bekam ich, wie aus dem Nichts, eine Panikattacke. Der Knoten in der Brust war noch immer vorhanden, doch ich weigerte mich nach wie vor, einen Facharzt aufzusuchen. Ich wollte einfach glauben, dass er von alleine weggehen würde. Dem einzigen Arzt, dem ich die Veränderung zeigte, war der Osteopath. Dieser war der Überzeugung, dass er den Knoten heilen könne, was mich sehr beruhigte. Er musste ja schließlich wissen, wovon er sprach.

Doch irgendetwas veränderte sich in mir. Das Unterrichten missfiel mir immer mehr und ich musste sehr viel Energie aufwenden, um zu arbeiten. Ich empfand die Menschen in meinen Kursen plötzlich als kraft- und energieraubend, denn sie suchten bei mir Motivation und Zuspruch, obwohl ich das zu diesem Zeitpunkt selbst gebraucht hätte. Das, was mir zuvor so viel Freude bereitet hatte, verwandelte sich in Unlust und Widerwillen.

Ich betrachtete mein Leben und fand kein Ende in diesem Kreislauf. Immer wieder dieser Kampf um Wertschätzung, Lob und Liebe. Es war ein Fass ohne Boden, so erschien es mir damals. Ich verlor den Halt und in mir tat sich ein großes Loch auf. Der Lebenssaft schien aus mir hinauszufließen.

Wie in Trance verrichtete ich meine Arbeit und unterrichtete kraftlos meine Kurse. Meine Lebensfreude sank auf ein Minimum. Doch obwohl ich wusste, dass ich etwas an meiner Situation ändern musste, blieb ich starr. Die scheinbare Sicherheit war mir immer noch lieber, als der Sprung ins Ungewisse. Ich hatte schon vor Jahren angefangen mich mit Spiritualität zu beschäftigen, doch auch die daraus erworbenen Einsichten nutzten mir in dieser Zeit wenig. Im Gegenteil, ich legte mir all mein spirituelles Wissen so zurecht, dass es mir als Rechtfertigung diente, nichts zu unternehmen. Das Schönreden von Dingen klappte tatsächlich ganz gut. Meine Unlust am Unterrichten rechtfertigte ich beispielsweise mit den Gedanken: „Hey, das ist so leicht verdientes Geld, und die Bewegung schadet dir auch nicht. Und wenn es soweit ist, kommt schon das Richtige. Bis dahin schaffst du das schon.“ Und es sollte sich herausstellen, dass das Leben das Richtige für mich fand.

Während dieser Zeit veränderte sich der Knoten in meiner Brust: Er wurde härter, jedoch nicht größer. Trotz dieser Veränderung war der Osteopath immer noch der Meinung, er könne den Knoten heilen. Selbst auf meine Frage hin, ob er glaube, es könnte etwas Bösartiges sein, schüttelte er den Kopf und meinte, dass so etwas einfach eine lange Zeit bräuchte, bis es wegginge. Was soll ich heute dazu sagen? Tatsächlich geht mir manches Mal noch der Gedanke durch den Kopf, ob ich ihn nicht verklagen sollte. Irgendwann werde ich bestimmt noch ein Gespräch mit ihm führen. Doch letztendlich – und das ist die wichtigste Erkenntnis – hatte ich auch an dieser Stelle, wie an den Stationen zuvor, meine Selbstverantwortung an jemanden anderen abgegeben. Mit der Absicht „Mach mich heil, mach mich gesund“ wandte ich mich an eine äußere Autorität, die mir dann im Endeffekt nur das bestätigte, was ich hören wollte. Nämlich, dass es nichts Schlimmes sei. Hätte ich damals schon auf meine innere Stimme gehört, wäre mir bewusst geworden, dass ich schon längst voller Angst gewesen war.

Meiner Weigerung zu einem Arzt zu gehen, lag die Überzeugung zugrunde, dass Ärzte mehr krank machen als heilen und sie sowieso nur der Pharmaindustrie unterliegen. Überall war dies doch zu lesen und spirituell ausgerichtete Menschen können doch ihre Selbstheilungskräfte aktivieren, oder? Also, warum sollte ich einen Arzt aufsuchen? Mir fiel in dieser Zeit das Buch „The Journey“ von Brandon Bays, die ihren melonengroßen Gebärmuttertumor alleine heilte, in die Hände. Fasziniert von dieser Geschichte, dachte ich, ich könne es ihr gleichtun. Ich meldete mich also bei einem Seminar an, um meinen Knoten in der Brust zu eliminieren und fuhr voller Erwartung auf Heilung nach Berlin. Doch schon am ersten Tag dieses Seminars wurde mir klar, dass ich mich auf diese Weise nicht heilen kann. Denn ich bin nicht Brandon, sondern Diana. Aus einer Erwartung heraus, kann nur eine Enttäuschung entstehen. Und erneut erkannte ich, dass ich wieder einmal meine schöpferische Macht an etwas im Außen abgegeben hatte. Es scheint immer einfacher zu sein, die Verantwortung für sich selbst an andere abzugeben. Etwas enttäuscht und ernüchtert über diese Erkenntnis fuhr ich nach Hause.

Die Wochen vergingen und meine körperlichen Kräfte schwanden zusehends. Immer weniger konnte ich mich in dieses System aus Erfolg und Ruhm einbringen. Ich hatte genug gekämpft in meinem Leben und mein Akku war leer. Ich wollte einfach nur Ruhe und Frieden.

„Es kommt immer anders, als man sich es vorstellt.“

Eckhardt Tolle

Tatsächlich war ich davon aber meilenweit entfernt, denn meine Gedanken kreisten nur noch um meine Gesundheit bzw. Krankheit. Abends schlief ich mit den lähmenden Gedanken ein und morgens wachte ich mit ihnen auf. Die Angst war mein ständiger Begleiter. Ich versuchte sie zu betäuben, indem ich mich mit Arbeit ablenkte und trank am Abend zusehends mehr Alkohol, um nicht mehr denken zu müssen. Meine Weinanfälle tagsüber durfte niemand mitbekommen. Kein Mensch sollte sehen, welch große Angst ich hatte.

Dann hielt ich es nicht mehr aus und beschloss, mir dieses Ding aus meiner Brust entfernen zu lassen und vereinbarte kurzerhand einen Termin bei einem Brustchirurgen. Dieser ermahnte mich, während er meine Brust abtastete, mich unbedingt von einem Spezialisten untersuchen zu lassen, da es nicht gut aussähe und er ohne spezielle Untersuchungen nichts machen könne. Zwar verließ ich wieder enttäuscht und in Panik versetzt die Praxis, aber dennoch brachte dieser Besuch den Wendepunkt. Ich hielt diese Ungewissheit nicht mehr aus. Und so landete ich schließlich in München.

Vielleicht fragst du dich jetzt, warum ich nicht schon früher zum Arzt gegangen bin. Nun, ich kann dir nur sagen, dass bis dahin einfach noch nicht der richtige Moment gewesen war. Ich war noch nicht bereit gewesen. Meine Angst vor dem, was vor mir liegen könnte, war weit größer als mein Wunsch nach Klarheit. Erst hier und jetzt, als ich die Unsicherheit nicht mehr aushielt, war ich bereit meiner Angst in die Augen zu schauen. Nicht früher und nicht später. Und ich glaube, dass es mir nur so möglich war, diesen Prozess mit einem guten Gefühl zu durchlaufen. Es kam aus meinem Innersten. Ich war vorbereitet.

Nachdem ich drei Brustzentren in Erwägung gezogen hatte – die beiden, die mir die Ärztin empfohlen hatte, und eines, das ich selbst recherchiert hatte –, entschied ich mich aus dem Bauch heraus die weiteren Untersuchungen in Bayreuth durchführen zu lassen. Die Klinik in meinem Wohnort wollte ich nicht aufsuchen, denn dort kannten mich zu viele Menschen. Was sollte ich darauf antworten, wenn sie mich nach dem Warum fragten. Ich wollte nicht, dass jemand davon wusste, auch, weil sich mit dem Gedanken an Brustkrebs erkrankt zu sein das Gefühl von Versagen einschlich. Ich, die doch spirituell alles wusste und vermeintlich auch danach lebte, sollte jetzt Krebs haben? Das passte so gar nicht in das Bild, das ich den Menschen vermittelt hatte. Ich, die ehemaligen Fitness-Aerobic-Weltmeisterin, die stets auf Ernährung und gesundheitsbewusstes Verhalten geachtet hatte und erfolgreich Kurse und Vorträge im Gesundheitsmanagement durchführte? Die ihre Kursteilnehmer immer wieder darauf hingewiesen hatte, wie wichtig es sei auf sein Herz zu hören und das zu machen, was Freude bereitet, gerade auch um Krankheiten vorzubeugen? Ich hatte das alles erzählt und mich dabei selbst vergessen. Schon lange hatte ich keine Freude mehr an meinem Tun. Nach außen hin hatte ich es geschafft die Fassade aufrecht zu erhalten, sodass niemand etwas von meiner Unlust bemerkte. Die Rolle der strahlenden, leuchtenden Diana beherrschte ich perfekt. Wie im Theater, wenn der Vorhang aufgeht, lachte, tanzte und motivierte ich und ging dabei auch mal an meine körperlichen Grenzen, obwohl mein Körper das gar nicht mehr wollte. Damit sollte jetzt Schluss sein. Ich hatte dieses Spiel bis auf die Spitze getrieben und das Leben hatte geantwortet.

Die endgültige Diagnose

Mein Mann hatte für den 5. August im Brustzentrum Bayreuth einen Termin vereinbart, gerade mal fünf Tage nach dem Besuch bei der Frauenärztin in München. Die Tage bis zum vereinbarten Termin zogen sich endlos in die Länge. Die scheinbare Ungewissheit und meine kreisenden Gedanken um eine Brustkrebserkrankung raubten mir fast den Verstand. Meine Ängste hatten das Ruder übernommen. Die Frage nach dem Warum stellte sich mir gar nicht, denn ich kannte die Antwort: Mein Leben sollte so nicht mehr weitergehen … Ich ergab mich meinem Schicksal.

Auf der Fahrt nach Bayreuth sprachen mein Mann und ich kein Wort, so sehr lähmten uns die Anspannung und die Angst vor der bevorstehenden Untersuchung. Im Brustzentrum wurde ich dann zunächst von einer Ärztin untersucht, die meine Brust wieder abtastete und einen Ultraschall machte. Small Talk begleitete die Untersuchung, um mich abzulenken, doch es fiel mir schwer, ein Gespräch zu führen. Als sie mich aufforderte zur Mammographie zu gehen, überkam mich erneut eine Welle der Angst und mir wurde übel. „Oh nein“, dachte ich, „jetzt wird meine Brust zerquetscht und dabei wird noch mehr kaputt gemacht.“ Ich zitterte. Die Assistentinnen bei der Mammographie waren sehr nett und ruhig, ich spürte ihre Routine. Sie positionierten mich und legten meine Brust in dieses Gerät. Als ich noch auf den Schmerz wartete, von dem so viel berichtet wurde, war es dann aber schon vorbei. Weder Schmerz noch Gequetsche. Wieder einmal durfte ich erfahren, dass ich mich von den Erfahrungen anderer hatte beeinflussen lassen, ohne mir vorher selbst ein Bild zu machen. Mir wurde bewusst, wie normal dieses Verhalten für uns geworden ist. Wir hören oder lesen etwas und versehen es augenblicklich mit einer Bewertung. Entweder etwas ist gut oder eben schlecht. Daraufhin glauben wir etwas zu wissen, werden Verfechter dieser Meinung und treten in Konflikt mit anderen Menschen, die dann unserer Meinung nach unwissentlich denken oder handeln. Mehr und mehr begann ich zu verstehen.

Auf die Mammographie folgte die Biopsie, die wieder von der Ärztin durchgeführt wurde. Bei der lokalen Betäubung meiner Brust zuckten Schmerzen durch meinen Körper und Tränen liefen über meine Wangen. Nach der eintretenden Wirkung des Narkosemittels begann sie, in meine Brust zu stanzen und ich sah das Blut fließen. Wer schon einmal eine Biopsie hat machen lassen, weiß, wovon ich hier berichte. Ich spürte das Mitgefühl und die Hilflosigkeit meines Mannes, der bei dem gesamten Prozedere wortlos mit Tränen gefüllten Augen zuschaute. Und während ich mich in meinen Schmerz verlor und am liebsten ohnmächtig geworden wäre, drängte sich mir das Bild einer Schlachtbank auf: Und rums, wieder wird in die Brust gestanzt, und wieder und wieder … Als ich mich endlich dem Geschehen ergeben und mich fallen lassen konnte, entspannte sich mein Körper. Ich erinnere mich heute noch gut an den Moment, als sich meine Atmung vertiefte und ich wieder in Kontakt mit meiner inneren Stärke kam. Es war wie ein helles Leuchten in dieser vermeintlichen Dunkelheit.

„Dem entnommenen Gewebe nach zu urteilen, ist es ein Krebstumor – Mammakarzinom“, schlussfolgerte die Ärztin. Für noch genauere Fakten müsse das Gewebe untersucht werden. Bevor die Bedeutung ihrer Aussage auch nur ansatzweise in mein Bewusstsein dringen konnte, holte die Ärztin den Chefarzt hinzu, der mir weitere Einzelheiten erläutern sollte.

Herein kam ein leicht untersetzter Mann, der ganz ruhig mit mir und meinem Mann redete. Behutsam erklärte er uns eventuelle Maßnahmen, wie eine anstehende Chemotherapie, und streichelte mir dabei sanft über die Wange. Ich mochte ihn sofort. Er strahlte ein großes Maß an Vertrauen aus und ich fühlte mich bei ihm gut aufgehoben. Ab diesem Zeitpunkt war er für mich mein „Teddybär-Arzt“.

Nach Beendigung des Gesprächs realisierte ich langsam das Ausmaß des eben Besprochenen und ließ meinen Gefühlen freien Lauf. Als ich mich etwas beruhigt hatte, fuhren wir nach Hause. War das wirklich alles wahr? Es fühlte sich so irreal an.

Ich saß im Auto und mir war klar: Dies war nicht eines der üblichen Probleme des alltäglichen Lebens, wie Liebeskummer,

Wir identifizieren uns in unserem Leben mit dem Kind-, Erwachsen-, Mann- oder Frausein. Wir identifizieren uns mit unserem Job, mit Geld und materiellen Dingen und nicht zuletzt identifizieren wir uns mit unserem Körper und mit dessen Gefühlen. Das alles glauben wir zu sein. Und so habe auch ich mich mit den verschiedensten Rollen, aber auch Gefühlen wie Angst identifiziert. Ich war gefangen in einer Matrix aus selbst kreierten Gitterstäben. Als mir das bewusst wurde, sah ich mich vor einem großen Abgrund stehen, dessen Tiefe nicht zu erkennen war. Sollte ich etwa einfach springen?

Ich sprang.

Und damit begann mein Aufbruch in die Wahrheit, der mich erleben ließ, wer und was ich wirklich bin.