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Alles wird gut mit 50 Kilogramm

Lara Brockhage, geb. 1993, war 2013 in einer Klinik für psychosomatische Erkrankungen und wird seitdem mit jedem Jahr glücklicher. Sie studiert Biologie und Mathematik auf Lehramt.

Lara Brockhage

Alles wird gut mit 50 Kilogramm

Bulimie und das, was ich lernte

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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Lektorat: Katharina Budych, Springe

Es ist schön zu wissen, dass ab und an
doch noch jemand vorbeischaut
und das Licht anknipst! :)

Inhalt

Vorab ein Dankeschön!

Was ist schon real …

50 Kilo

Spieglein, Spieglein …

Das Glas ohne Boden

Der Tutor

Déjà-vu!?

In Mia

„Schöne Ferien“ – makaber …

Ein gesundes Ego

One-Way-Ticket

Marienkäfer auf ihrer Jacke

Büchse der Pandora

In meiner Welt

Wessen Wert und wessen Moral?

Ich liebe das Leben oder bin hypomanisch

Lebensmüde

In jeder Krise liegt eine Gefahr und eine Chance

Weiß wie Schnee – Rot wie Blut – Braun wie Zedernholz

Und was ist heute?

Vorab ein Dankeschön!

Ich danke allen lieben Menschen, die sich meiner angenommen und mich zu dem Menschen gemacht haben, der ich heute bin! Dank euch allen durfte ich groß werden.

Ich danke meinem Tutor. Eigentlich habe ich ihm das auch schon oft genug gesagt, möchte mich an dieser Stelle allerdings gerne selbst zitieren, da dieser Satz im Mai 2013 doch wieder zu einer Diskussion führte: „Ich danke Ihnen dafür, dass Sie so viel für mich getan haben!“

Wenn ich das gesagt habe, hat er immer nur schräg geguckt, über beide Ohren gegrinst und gefragt, was er denn so Großes getan habe und dass ich 98 Prozent davon eigentlich selbst fabriziert hätte. An dieser Stelle möchte ich meine Aussage berichtigen:

Ich danke Ihnen für die Zeit, die Sie sich genommen und die ich so gebraucht habe. Das, was für Sie so selbstverständlich ist, war es für mich nicht. Danke dafür, dass ich von Ihnen lernen durfte, es war mir eine Ehre. Danke für den Anstoß in die richtige Richtung oder wie Sie es oft ausgedrückt haben: „Ich kann höchstens das Sprungbrett sein.“ Das waren Sie!

Was ist schon real …

Die Menschen sehen nur das, was sie sehen wollen. Immer wenn ich mit meinem Papa unterwegs war, hieß es: „Wenn ich Ihre Tochter so sehe … Ganz der Papa!“ Dabei sind wir biologisch überhaupt nicht miteinander verwandt. Ich bin nicht die Tochter meiner Eltern.

Ich wurde von Altruisten großgezogen. Von Menschen, die sich für andere Menschen interessieren. Leute, die eigentlich eine eigene Familie haben und dennoch nicht davor zurückschrecken, sich um Aussätzige, wie mich, zu sorgen und zu kümmern. Und im Nachhinein betrachtet, habe ich mehr Glück erlebt als manch ein Kind zu Hause, bei seinen leiblichen Eltern. Aber fangen wir von vorne an.

Am 11. September 1993 erblickte ich das Licht der Welt. Mein leiblicher Vater war ein paar Jahre zuvor aus der DDR geflüchtet und traf, wie der Zufall es so wollte, auf meine Mutter. Wie das dann so ist, mit den Bienen und Blümchen, wurde sie mit mir schwanger. Die genauen Gründe, warum mein leiblicher Vater noch vor meiner Geburt zurück in den Osten wollte, kenne ich nicht. Fakt ist nur, dass er bis heute sagt, dass ich damals von seiner Seite aus ein Fehler gewesen sei. Keine Frage, es sei schön, dass es mich gibt. Aber er wollte kein Kind und wies nach meiner Geburt auch alle Verantwortung von sich.

Mit zwei Jahren, also Ende 1995, lernte ich dann meinen Papa kennen. Es hat von Anfang an einfach alles zwischen uns gepasst! Da mein Papa die Rolle meines Vaters ohne weiteres annahm, stellte sich für mich auch nie die Frage, wer oder was mein „echter“ Vater ist.

Ab dem 22. Mai 2000 waren wir dann zu viert, meine Schwester Mini wurde geboren. Das müsste auch der Zeitraum sein, an dem ich meinen leiblichen Vater das erste Mal bewusst kennengelernt habe. Im August 2002 versuchte mein Mutter Suizid zu begehen. Aus dieser Zeit habe ich leider nur wenige echte Informationen und meine eigenen Erinnerungen sind sehr lückenhaft. Mir ist nicht bekannt, was (noch) vorgefallen ist, jedenfalls ist meine Mutter danach nicht zu uns dreien zurückgekommen. Aus Erzählungen weiß ich, dass Mini und ich meine Mutter in halbwegs regelmäßigen Abständen besucht haben, aber auch daran kann ich mich nicht erinnern.

Die erste Erinnerung danach ist die an ein Richterzimmer. Es war bereits der zweite Prozess, der des Oberlandesgerichts. Es ging um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für meine Schwester und mich. Meine Mutter ist irgendwann nach ihrem Verschwinden auf die Idee gekommen, dass ich bei ihr leben solle. Mini war gar kein Gegenstand des Streitwerts, im ersten Prozess. Ich nehme an, dass mein Papa und ich auch aus diesem Grund den ersten Prozess gewonnen hatten. Wie auch immer, meine Mutter hat dann zur nächsthöheren Instanz gewechselt. Keine Ahnung, was diese Richter damals geraucht hatten, aber in dem Urteil steht, dass das Kindeswohl bei der Antragstellerin überhaupt nicht gefährdet sei und dass es auch keine Anhaltspunkte dafür gäbe. Den Suizid einfach einmal außer Acht gelassen …

Nach dem Richterzimmer ist die nächste Erinnerung an diese Zeit die Nachricht, dass meine Schwester und ich in den nächsten Sommerferien den Wohnort zu unserer Mutter wechseln würden. Ich habe meinen Vater noch nie so traurig gesehen. Es war der schwerste Abschied meines Lebens! In den Ferien zogen wir dann also von einem Fachwerkhaus mit fünf Zimmern, eigenem Spielplatz im Garten und Spielwiese im Wohnzimmer in eine kleine Zweizimmerwohnung im dritten Stock, wo wir uns alle ein Schlafzimmer teilten und der Fahrstuhl andauernd ausfiel. Ich war damals neun Jahre alt und schon damals hatte ich so viel Angst vor ihr. Sie war für mich einfach so ungreifbar und unberechenbar. Nachdem wir zu ihr gezogen waren, hatte sie mir bis zu meiner Volljährigkeit oft damit gedroht, mich von meinem Papa fern zu halten, die Besuchswochenenden zu verbieten. Im Nachhinein ist das natürlich lächerlich, aber habe ich ihren Worten als Kind Glauben geschenkt und fürchtete jede Woche wieder, meinen Papa nicht mehr sehen zu dürfen. Und in diesem „Zuhause“ habe ich ganz schön lange ausgehalten …

Aber was ist eigentlich ein Zuhause? Ich habe diesen Begriff als sehr variabel kennengelernt. Im Kleinkindalter habe ich zu jedem gesagt, dass ich ihn lieb habe, bin mit jedem mitgegangen. Der Albtraum aller Eltern. Doch sind meine leiblichen Eltern dafür verantwortlich, dass ich in dem Alter nichts Besseres gelernt hatte. Gesunde Distanz und Offenheit habe ich erst von meinem Papa gelernt. Von dem Mann, der mich als sein eigenes Kind aufgenommen hat. Als sich meine leibliche Mutter von ihm getrennt hat und meine Schwester und ich zu ihr ziehen mussten, ist vieles schief gelaufen. Aber auch hier hatte ich wieder Glück im Unglück, ich fand ein neues „Zuhause“: die Schule.

Ich bin der lebende Beweis dafür, dass Schule mehr ist, als nur lesen, schreiben und rechnen. Mehr als nur PQ-Formel, Goethe-Schiller GmbH und Co KG und simple present. Zwischen Zellteilung, Knallgas und Elektromagnetismus finden sich tatsächlich Menschen. Die genauere Berufsbezeichnung ist: Lehrer. Doch was machen diese Lehrer? Einige Exemplare laufen, eins, zwei tapp, eins, zwei tapp, 90 Minuten lang neben dem Pult auf und ab. Andere sieht man nur ganz am Anfang der Stunde, sie klatschen uns das Arbeitsmaterial auf den Tisch und verschwinden. Es gibt aber auch noch eine weitere Art Lehrer. Lehrer, die handeln. Lehrer, die ein Leben verändern können. Es braucht nur einen oder zwei von ihnen an jeder Schule. Ich hatte das Glück, an jeder Schule so einen gefunden zu haben.

Ich wollte immer nur eine Chance. Meine biologischen Eltern haben mir diese Chance nicht geben wollen. Meine Mutter vermutlich aus Desinteresse und Überforderung, und mein leiblicher Vater wollte mich schon vor meiner Geburt gar nicht erst kennenlernen. Ich habe mein Abi auch ohne die vermeintlich wichtigsten Menschen in meinem Leben geschafft. Denn wie gesagt, es gibt immer noch die Altruisten. Sei es der Mann, den ich Papa nenne, oder sei es der Mann, den ich als Tutor hatte. Sie haben eins gemeinsam. Sie gaben mir eine Chance. Und wenn man eine Pflanze hegt und pflegt, wird sie irgendwann wachsen. Trotz Frost, Asphalt oder was auch immer.

Zwischendurch kann man sich mal verirren … Falsche Vorstellungen vom Leben haben, Illusionen hinterherträumen … Was ist schon real, wenn man den Bezug zu Realität nicht von zu Hause lernt? Es gibt Wege, die Realität wiederzufinden. Manchmal muss man nur die richtigen Fragen stellen, im passenden Augenblick. Und manchmal braucht man Hilfe dabei.

Jeder, der glaubt, dass es bei Essstörungen nur ums Essen geht, liegt falsch, denn es geht um so viel mehr. Von außen mag es tatsächlich ums Essen gehen, aber tief innen drin ist das stille Wasser laut. Es geht um Persönlichkeit, Selbstbewusstsein, Liebe, Intelligenz und Ehrlichkeit und noch vieles mehr.

50 Kilo

Seit Wochen immer wieder dasselbe: jeden Tag zur Schule, jeden Tag nach Hause, jeden Tag dasselbe Grau. Ich hasse es. Es ist schon einige Zeit her, dass ich einmal froh war, es ist schon länger her, dass ich einen Tag nicht geheult habe. Aber ich liebe es, zur Schule zu gehen! Sie ist einfach alles für mich. Ich komme mit dem Gedanken nicht klar, dass es nächstes Jahr schon zu Ende sein soll.

Mein Name ist Lara, ich bin süße 18 und gehe in den zwölften Jahrgang unserer Gesamtschule. Tja, keiner von all diesen Narren hätte mir das zugetraut, eigentlich.

„Aus dir wird sowieso nichts! Wer zu blöd ist, ein paar Vokabeln zu lernen …“

„So viel Dummheit auf einem Haufen kann doch echt nicht möglich sein.“

„Das kann nicht sein, du wurdest mit Sicherheit bei der Geburt vertauscht. Du bist mit Sicherheit nicht meine Tochter!“

Leute, ich widerspreche nur ungern, aber ich hab’ es bis hierher geschafft. Ganz allein! Aber so ist das mit der Familie, man kann sie sich halt nicht aussuchen. Und vor allem, die haben immer Recht. Und wenn die Unrecht haben, wird einfach so lange weiter tiradiert, bis sie Recht haben. Anscheinend brauchen die das für ihr Ego.

Wie auch immer, was lange währt, wird irgendwann auch gut, hoffe ich zumindest. Wenigstens eins kann mir niemand mies machen und das sind die Naturwissenschaften. Ich liebe Physik, ich kann mir nichts Schöneres vorstellen. Und Bio ist auch etwas Besonderes. Ich lebe dafür. Habe beide Fächer als Leistungskurse gewählt. In Physik stehe ich im Moment leider nur bei drei Punkten, aber das wird schon … Angeblich hatte Einstein ja in Mathe auch nur eine Vier. Und abgesehen davon ist ein Physikstudium auch nicht mit dem Schrott zu vergleichen, den wir in der Schule machen. Mein größter Wunsch ist ein Physikstudium. Es gibt einfach nichts Besseres, nichts Wertvolleres für mich.

Ihr werdet sehen, was in mir steckt. Irgendwann werdet ihr alle begreifen, zu was ich in der Lage bin. Ihr werdet mich noch kennenlernen und dann wird es euch endlich leidtun, je an mir gezweifelt zu haben!

Ich öffne die Eingangstür der Schule. Die Schule hat schon vor zwei Monaten oder so wieder angefangen. Es ist menschenleer. Aber wozu abhetzen … Ist eh alles egal. Ich kann auch das Getuschel der anderen Schüler nicht ab, wenn ich jetzt einfach so hereinplatze. Ist auch schon halb neun. Ich habe mir heute wieder keine Mühe gemacht, mehr als eine Jogginghose anzuziehen und irgendein Oberteil … Meine langen braunen Haare irgendwie schlampig zusammengebunden. Wie ich sonst aussehe, weiß ich nicht. Ich habe heute noch nicht in den Spiegel geschaut, die letzten Tage auch nicht. Ich könnte es nicht ertragen. Keine Ahnung … Ich nehme mir ein paar Sachen aus meinem Fach und setze mich in den Raum für Freistunden, der ist um diese Zeit leer. Ich mag keine Menschen. Sie lenken vom Ziel ab.

Heute Morgen stand ich wieder auf der Waage, 57,4 Kilo. Gestern waren es gerade mal 57 und kaum einen Tag später so etwas … Immerhin besser als in der Elften, da hatte ich oft über 60.

Bald ist Pause, erst einmal eine rauchen gehen, in der Rauchergasse, da bin ich auch ungestört. Und danach irgendein Unterricht. Auf dem Weg nach draußen begegne ich keiner Menschenseele, wie immer. Auf dem Rückweg in den Klassenraum auch nicht, aber der Raum selbst ist bis oben hin mit Schülern gefüllt. Ich setze mich auf meinen Platz, da wo sonst keiner sitzen will. In jedem Kurs ist es gleich, entweder sitze ich neben der Tür am Rand, vorne beim Lehrer am Rand oder natürlich sonst wo am Rand. Ich fühle mich unwohl in der Masse.

Die meisten von denen finden mich, glaube ich, komisch. Ich komme morgens immer zu spät oder komme erst zur Dritten, trage für ein Mädchen viel zu oft Jogginghosen, und auch mein Gesicht … Nicht hübsch genug, nicht schnell genug, nicht fleißig genug. Die Liste ist lang. Ich bin halt nicht die Vorzeigeschülerin, die immer top aussieht, mit den Maßen 90-60-90 bei einer Größe von 1,75 und einem BMI von 18,0. Nein, sorry, da werde ich auch niemals hinkommen, dafür reicht es einfach nicht.

Wieder zu Hause schleppe ich mich die schmale Treppe rauf, erst einmal aufs Sofa und Glotze an. Die Mühe, meine Jacke auszuziehen, mache ich mir gar nicht erst. Ich bin einfach übelst kaputt, kaputt vom Nichtstun. Grau in grau, wie jeden Tag. Ich setze mich vor die Heizung, wie jeden Tag, und heule, auch wie jeden Tag. Ich nehme mir ein Schulbuch und fange an zu lesen, ich muss mich vorbereiten. Die Klausurphase fängt bald an und von nichts kommt bekanntlich auch nichts, was auch irgendwie meine miserablen Noten erklärt. Das ist halt so, von klein auf lernt man doch „ohne Fleiß kein Preis“ … Und wer darauf nicht hören will, muss fühlen …

20 Uhr, es wird Zeit, was anderes zu machen. Ich gehe runter, wo Lennis Auto gleich stehen müsste, um mich abzuholen. Auch so wie jeden Abend … Lenni und ich kennen uns von der Feuerwehr und mittlerweile ist er mein bester Freund geworden. Er ist auch eher der zurückhaltende Typ. Dass er so viel älter ist als ich, stört uns nicht. Wir können uns einfach gut unterhalten, fast egal, worum es geht. Er gehört zu den Menschen, auf die man sich 110-prozentig verlassen kann. Besonders schätze ich, dass er nie einfach so seinen Senf dazu gibt. Vor allem hält er sich dann zurück, wenn es mir nicht besonders geht. Ich muss mich bei ihm auch nicht verbiegen. Er kann mich ertragen, wie ich bin. Er fragt, wie mein Tag so gelaufen sei. Ich antworte dasselbe wie sonst auch: „Eigentlich wie immer.“ Gähnende Leere erfüllt meinen Tag. Es ist immer alles wie immer. Und das hasse ich.

Bei ihm angekommen, hocke ich mich aufs Sofa in die letzte Ecke, wie immer. Kapuze auf, wie immer. Fernseher an, wie immer. Müsste auch mal wieder was essen, wie immer … Hab’ das irgendwie vergessen, auch wie immer! So die letzten vier Tage, was soll’s. Nicht so schlimm, kann mir ja nur zugutekommen. Will doch eh abnehmen. Ich trinke einen Schluck Cola light, damit ich meine 0-Diät fortführen kann.

Lenni hat sich was zu essen gemacht und stellt das Ganze auf den Wohnzimmertisch und meint, dass er etwas mehr gemacht hätte, nur für den Fall, dass ich doch etwas möchte. Hmm, ich kann mich dann doch nicht beherrschen, es ist einfach zu verlockend und der Geruch treibt mir den Hunger wieder zurück … Auch wenn ich vorher keinen Hunger hatte. Das ist wirklich so eine witzige Sache mit dem Hunger. Den ersten Tag nichts essen geht eigentlich, wenn man die nötige Disziplin hat. Am zweiten Tag finde ich das alles doch etwas problematisch. Mein Magen krampft sich bei jedem Geruch zusammen und es schmerzt fürchterlich. Ich bitte Lenni dann immer, zu essen, bevor er mich abholt. Aber nach dem dritten Tag bin ich endlich frei. Frei von allem. Es ist zwar flau, aber es gibt keinen Hunger mehr, er ist einfach verschwunden, hat sich in Luft aufgelöst. Ich bin enttäuscht von mir, dass ich das alles schon wieder für ein Stückchen überbackenes Brot mit Tomate und Mozzarella aufgegeben habe. Jetzt muss ich von vorne anfangen.

Die Waage sagt 54,2 Kilo. Noch 4,2 Kilo, dann habe ich es endlich geschafft. Mein Traumgewicht. Dann sehe ich endlich gut aus.

Das letzte Mal, als ich probiert habe, 50 Kilo zu erreichen, liegt zwei Jahre zurück. Zu der Zeit habe ich noch mit meiner Mutter und meiner Schwester Mini zusammengelebt. Meine Mutter sagte immer, dass ich zu dick sei, und das nicht nur vor zwei Jahren, sondern bestimmt schon seitdem ich zwölf war. Und sie hatte Recht. In kaum einem Klamottenladen gab es etwas für mich, von dem ich hätte sagen können, dass es mir stünde. Abgesehen davon ging es eiskalt auf den Abschluss nach der Zehnten zu – und den Abschlussball.

Mit anderen Mädchen aus meiner Klasse hatte ich mich vergeblich zu messen versucht. Die hatten einfach bessere Maße. Meine Mutter hat immer gesagt, wie hübsch Kathlin ist, wenn sie bei uns war. Wobei ich meistens bei ihr war, damit ich einfach mal rauskam, für kurze Zeit meine Ruhe vor meiner Mutter hatte. However, wir wollten gemeinsam eine gute Figur auf dem Abschlussball machen und beschlossen daher abzunehmen. Ich dachte mir: Okay, Kathlin würde ich wahrscheinlich nicht einholen, aber vielleicht bin ich dann endlich hübsch genug für ein schönes Kleid, hübsch genug für meine Mama. Kathlin hatte mehr Geld und kaufte sich Tabletten, die ihr beim Abnehmen helfen sollten, und die Dinger waren echt teuer. Selbst wenn ich alles zusammenkratzen würde, ich bekäme nie genug zusammen.

50 Kilo, das war unser Ziel. Ich erinnere mich daran, als hätte sie erst gestern zu mir gesagt: „50 Kilo, und alles ist perfekt.“

Perfekt. Dann bin ich endlich perfekt.

Da Kathlin ihren Diätplan schon fertig hatte und sowieso weiter unten anfing, musste ich mir wirklich überlegen, wie ich dagegen ankommen sollte. Sie wog bereits 56 Kilo und ich 65. Sie ging die ganze Sache also relativ gechillt an, während ich mir den Kopf darüber zerbrach, wie ich alles schaffen sollte. Ja, okay, viel für die Abschlussarbeiten lernen musste ich nicht, aber das Nötigste musste ich schon machen. Sport war fast unmöglich, aufgrund meines ständigen Hausarrests. Und da meine Mutter mich keine Minute in Ruhe ließ, konnte ich höchstens ein paar Übungen am Abend machen.

Also habe ich meinen Joggingplan vor die Schulzeit gelegt, da Mama morgens muffelig unterwegs war und sowieso nicht mitbekam, wenn ich rein und raus huschte. Abgesehen davon sahen wir uns morgens eh nie, da das Bad meiner Schwester und ihr gehörte. Ich stand für gewöhnlich erst auf, wenn die beiden schon quasi aus der Tür waren. Übrigens gab es in der Wohnung kaum Anzeichen, dass ich überhaupt mit den beiden zusammenwohnte, da ich alles, was mir gehörte oder was ich benutzte, auch in meinem Zimmer aufbewahrte, so mein eigenes Duschzeug, Zahnbürste und so weiter. Das Klopapier konnte ich mitbenutzen, aber meine Schwester und ich sollten nicht mehr als drei Blatt pro Toilettengang abziehen … Ob Mini diese Regel befolgt hat, weiß ich nicht, aber ich hab’ es getan. Denn hätte meine Mutter herausgefunden, dass ich mich nicht daran hielt, dann hätte ich nicht wissen können, was passiert wäre.

Also morgens drei Kilometer laufen. Jeden Morgen stand ich um fünf Uhr auf. Ich hatte mich doch dazu entschieden, über meinen Balkon rein und raus zu gehen. Ich hatte einfach zu viel Angst davor, dass Mama etwas Neues fand, was sie mir wegnehmen konnte. Außerdem ging ich den mit Hin- und Rückweg drei Kilometer langen Schulweg jeden Tag zu Fuß. Und ich hatte mir überlegt, da ich eh schon seit einem Jahr Vegetarierin war, die erste Zeit nur von Eisbergsalat mit Tomate zu leben. Waren ja viele Vitamine drin, Salat ist bekanntlich gesund und so, eine gute Idee. Käse konnte ich leider nicht nehmen, weil Mama irgendwie ausschließlich Sahnekäse oder Käsesahne kaufte.

Ich musste mich also nur noch dazu bekommen, nachmittags die Finger vom Essen zu lassen. Auch dazu hatte ich schon eine Idee. Ich stellte mir die Frage, wann ich eigentlich am unliebsten aß. Und das war nicht schwer zu beantworten. Ganz einfach, wenn ich zur Sau gemacht wurde oder mir übel war. Liebe geht bekanntlich durch den Magen, dachte ich. Stress aber auch. Okay, zur Sau hätte ich mich selbst nicht machen können, aber alles andere war meine Entscheidung.

Mein Tagesablauf sah jetzt so aus: Morgens um fünf Uhr laufen, einen Liter Wasser und einen Liter Milch für die Schule einpacken, 1,5 Kilometer zu Fuß zur Schule gehen, danach 1,5 Kilometer nach Hause, auf dem Rückweg einen kleinen Zwischenstopp einlegen, um den Liter Milch zu exen und wieder auszukotzen, zu Hause elend fühlen, bis abends dann irgendwas machen, Salat essen und mir anhören, was ich alles vergessen hatte über den Tag, weil ich ja so dumm, scheiße und dumm bin, kurze Trainingseinheit in meinem Zimmer einlegen und dann ins Bett.

Das Einzige, was nicht ganz geklappt hat, war das mit dem Salat … Mama hatte nämlich keinen gekauft. Sie war der Ansicht, dass mein Salatverschleiß viel zu hoch sei und dass ich viel zu teuer wäre in Bezug aufs Essen. Dass ich aber sonst nichts anderes mehr gegessen habe, hat sie irgendwie nicht mitbekommen. Ich strich also den Salat von meiner Tagesliste und übrig blieb dies:

Morgens um fünf Uhr laufen gehen,

einen Liter Wasser und einen Liter Milch für die Schule einpacken,

1,5 Kilometer zu Fuß zur Schule,

1,5 Kilometer nach Hause,

den Liter Milch exen und wieder auskotzen,

zu Hause elend fühlen,

bis abends dann irgendetwas machen,

eine Trainingseinheit

und ins Bett.

Nach zwei Wochen wog ich 53 Kilo und war im ersten Augenblick richtig stolz auf mich. Das Hungern jedoch forderte seinen Tribut. Die drei Kilometer morgens habe ich nicht mehr einfach so laufen können, ich war fix und alle. Allein mich abends aus meinen Klamotten zu schälen, war unglaublich anstrengend. Jeden Nachmittag bin ich schlafen gegangen und im Schulsport hab ich gar nichts mehr hinbekommen

Aber, ohne Flachs, ich kann mich heute noch an jedes einzelne Wort meiner Mutter erinnern. Sie weiß allerdings bis heute nicht, dass ich oben an der Treppe stand und jedes Wort gehört habe. Ihre Freundin war da und meinte zu ihr, dass ich echt dünn geworden sei und ob es mir nicht gut ginge in letzter Zeit. Meine Mama meinte darauf hin nur: „Nein, wieso? Nicht dass ich wüsste. Warum? Sie sieht doch endlich einmal gut aus, endlich ist sie mal schlank!“ Aber hey, ich hatte es endlich geschafft, meine Mutter fand mich schlank, meine Mutter fand, dass ich gut aussah. Ich dachte mir, vielleicht mag sie mich ja jetzt. Ich dachte mir, jetzt erst recht!

Meine Freude hielt aber nicht lange an. Denn nach zwei Wochen kam der Wiegetest mit Kathlin. Bei mir waren es nach dieser Zeit 53,2 Kilo. Bei ihr 52,6. Ich hatte mal wieder versagt, dabei war ich mir diesmal wirklich sicher, dass ich besser war als sie … Fast zwölf Kilo in zwei Wochen, das muss mir erst mal jemand nachmachen. Bei mir hatte sich so viel verändert, und bei ihr kaum, und es ist immer leichter geworden, während sie die ganze Zeit mühevoll kämpfen musste. Aber unterm Strich hatte sie das bessere Endergebnis und ich war einfach nur enttäuscht. Wie immer der zweite Platz.

Mein Jugendwart von der Feuerwehr, Floh, hatte mein Hungern schon länger beobachtet. Als ich mich, trotz meiner Niederlage gegen Kathlin, voller Stolz in einem hautengen Oberteil zeigte, war ich über seine Reaktion etwas verwirrt. Überall hatte ich Applaus für diese Leistung geerntet, aber sein Blick war voller Skepsis und er meinte, er sei froh, dass ich jetzt wieder esse. Zu der Zeit habe ich nicht verstanden, warum er mir nicht gratulierte.

Noch 4,2 Kilo, dann hab ich das geschafft, was ich das letzte Mal nicht erreicht habe, denn vor zwei Jahren nahm ich wieder zu. Wenn ich jetzt 50 Kilo erreiche, wird es leichter, ich sehe besser aus und die anderen bewundern mich dafür. Ich werde mich stolz und stark und groß fühlen. Wie ich dann durch die Gänge schreiten werde, Bauch rein und Brust raus. Ich werde so aussehen, wie gute Schüler, wie angehende Abiturienten auszusehen haben, und mir steht nichts mehr im Weg. Zur Selbstüberprüfung schreibe ich mir alles, was ich esse, auf und rechne es aus, nur um zu sehen, was alles noch überflüssig ist und was ich streichen kann.

Die Zeit ist wieder viel zu schnell vergangen und die Klausurphase beginnt jetzt wirklich. Ich hoffe nur, dass ich gut genug vorbereitet bin. Ich lerne und lerne, jeden Abend bis spät in die Nacht, und nehme unzählige Nachhilfestunden, gerade für Physik.

Nur wenn ich bei Papa bin, ist alles anders. Vor allem, wenn ich esse. Wenn ich bei ihm bin, komme ich zur Ruhe und kann nachts auch schlafen, ohne gelernt zu haben. Es ist so, als würde ich eine andere Welt betreten. Ich kann alles essen, ohne Angst davor haben zu müssen, hässlicher zu werden. Ich esse dort so wie jeder andere auch, morgens, mittags und abends. Und ich esse die Sachen, auf die ich Lust habe. Vor allem hab’ ich es mit Schokolade. Eiskonfekt, M&Ms und diesen Spielereien. Und wenn ich mal ein bisschen zu viel gegessen habe, ist das auch nicht schlimm. Man sagt, dass die Sättigung erst nach 20 Minuten einsetzt und 20 Minuten sind eine echt lange Zeit, in der man essen kann. In der Zeit kann ich weitaus mehr schaffen, als es für meinen Magen angemessen ist. Und ich stehe voll auf Kekse. Und wenn die noch mit Schokolade sind, dann raste ich vollkommen aus, ich bin einfach nicht mehr zu halten.

Bei Papa ist das aber nicht so schlimm. Es ist einfach das Feeling, das stimmt, glaube ich. Mir geht es bei ihm gut. Ich komme endlich mal zur Ruhe. Sonst habe ich immer das Gefühl, zu spät zu sein. Keine Ahnung für was, aber egal, wie schnell ich laufe, egal, wie groß meine Schritte sind, ich bin immer ein kleines Stück zu langsam. Ich wünsche mir, dass dieses Gefühl von Ruhe ewig hält und gehe aufs Klo und kotze alles wieder aus, um danach fröhlich weiteressen zu können. Hauptsache ich kann diesen Augenblick für mich behalten und er geht nicht wieder verloren. Ja, okay, irgendwann fahre ich wieder zurück und dann hat es sich eh erledigt, ich muss auch zur Schule und so weiter. Aber ich kann diesen Augenblick wenigstens ein klein bisschen ausdehnen.

Spieglein, Spieglein …

Es ist schon wieder so spät. Ich habe wieder verpennt. Jeden Morgen dasselbe. Und was ziehe ich heute nur an? Ich rappe eine Klamotte nach der anderen aus dem Schrank. Noch drei Kilo lang bin ich hässlich … Es sieht alles einfach scheiße aus. Alles betont meinen viel zu dicken Bauch, meine viel zu dicke Taille, meine viel zu dicken Beine und meinen viel zu dicken Arsch. Obwohl ich mir gestern Abend und heute Morgen ausgiebig die Zähne mehrfach geputzt habe, geht der Kotzgeschmack nicht weg. Neues Outfit, neues Glück, denke ich nur. Letzten Endes läuft es wieder auf die gleiche, weite Jogginghose und den lockeren Pullover hinaus. Billig von New Yorker, meine Adidas- und Nikesachen bleiben im Schrank, wie immer, denn ich bin es nicht wert, sie zu tragen. New Yorker passt viel besser zu mir. Die Sachen sind genauso hässlich wie ich.

Ich atme tief ein und mein Atem stockt, ich bekomme kaum Luft. Ich setze mich vor den Spiegel, zusammengekauert. „Kleines Pechmariechen“, flüstere ich meinem Spiegelbild zu. Tränen laufen mir übers Gesicht. Tränen, die ich nicht wert bin. Um wen weine ich denn? Um das Rabenkind, das scheiße aussieht. Als ich dann los will, zur Schule, sehe ich so grau aus wie immer und ich weiß, dass sowieso niemand merken wird, dass ich heute Morgen mal wieder geweint habe. Wie gesagt, alles ist wie immer.

Pünktlich, zur dritten Stunde, bin ich dann da, sogar überpünktlich. Ich habe noch 20 Minuten. Kein Lächeln, keine schönen Augen. Sie sind immer noch nass, aber wenn ich niemanden anschaue, dann schaut mich auch niemand an. Die Leute sehen nur, was sie sehen wollen, und nur, was ich sie sehen lasse. Wie sehen mich die anderen? Ich hoffe gar nicht. Bis zum Ende der sechsten Stunde komme ich durch, ohne ein Wort gesagt zu haben. Lippen kleben leicht zusammen, wenn man lange nichts sagt. Der Kotzgeschmack im Hals ist immer noch nicht weg und ich habe leichtes Halskratzen, ist aber nichts Ungewöhnliches, ich kenne das schon.

Nach dem Unterricht setze ich mich in unseren Raum für Freistunden, eine Art Minibibliothek mit Computern und so für uns Schüler. Ich google einfach sinnloses Zeugs, damit ich so aussehe, als würde ich arbeiten, und nicht nach Hause muss, weil ich weiß, was mich dort erwartet. Meine Hausaufgaben habe ich auch schon seit einer Stunde fertig, keine große Sache. Ich wage es aber nicht aus dem Fenster zu schauen und vor mich hin zu träumen, weil ich sonst, durch die Spiegelung im Fenster, mein Gesicht sehen könnte. Ich will mich nicht sehen, es reicht schon, dass ich mich morgens ertragen muss. Wenn ich in der Schule aufs Klo gehe, dann schaue ich beim Händewaschen auch nie in den Spiegel. Ich benutze allgemein keine Aufzüge, weil die meisten ebenfalls einen Spiegel haben. Ich hasse das einfach.

Ich google also sinnloses Zeugs. Mittlerweile war ich auf unzähligen Seiten mit Tipps zum Abnehmen und versuche herauszufinden, wie ich diese drei Kilo loswerde. Ab und an ist auch eine Pro-Ana-Seite1 mit dabei. Wenigstens scheinen die mich zu verstehen. Meistens finde ich dort genau das, was ich wissen will. Ich lese gerade ein hundert Punkte umfassendes Regelwerk. Es ist schon erstaunlich, wie ähnlich wir uns sind. Ich habe bei meiner Mutter auch immer nach Regeln gelebt. Die habe ich selbst aus Erfahrungen mit ihr aufgestellt, sie sollten mir das Leben vereinfachen. Und wenn ich mich mal nicht daran gehalten habe, dann konnte ich sicher sein, dass meine Mutter etwas an mir auszusetzen hatte. Von daher musste ich mich wenigstens nie groß unfair behandelt oder verletzt fühlen. Denn hätte ich meinen eigenen Anweisungen genauer Folge geleistet, hätte sie nichts gefunden, für das sie mich hätte anbrüllen oder bestrafen können. Es geschah also alles mit rechten Dingen. Regeln sind wie Mathe. Berechenbar und logisch. Wo die Gesetzmäßigkeiten herkommen, weiß keine Sau, aber wenn man sie im Kopf hat, anwendet, hat man die absolute Kontrolle. Für jede Rechnung eine Regel und das in jeder Lebenslage. Ich bin ein riesen Fan von Regeln.

Hundert Regeln von Ana, natürlich muss ich alle auswendig können, um sie auch alle anwenden zu können. Von einer bin ich dabei ganz besonders angetan. Sie besagt, dass ich alles, was ich esse, vor dem Spiegel essen soll, damit ich meine Entscheidung, es wirklich zu essen, noch einmal überdenke. Natürlich ist Ana nur eine Fiktion, aber das, wofür sie steht, ist mehr als beeindruckend. Ich glaube, dass Ana von niemandem wirklich verstanden werden kann, der sie nicht wirklich lebt und liebt. Sie bietet einfach so viel mehr, als alle denken. Ich habe schon mehrfach versucht, mich einer Gruppe von Mädels anzuschließen, also im Netz, aber das ist gar nicht so einfach. Diese Mädchen wollen nicht gefunden werden. Ständig taucht ein neuer Link auf, bei dem steht: „Hallo liebe Anas, unser Forum ist leider schon wieder umgezogen … Unser Team hofft, dass es möglichst schnell alle Userinnen mitbekommen haben und wir euch natürlich auf unserer neuen Seite wiedersehen! Liebe Grüße, euer Team <3“

Ich wurde außerdem schon mehrfach abgelehnt, mit der Begründung, dass ich einfach nicht Ana genug sei. Nicht Ana genug?! Ich verstehe das nicht. Was soll ich denn noch machen? Ich befolge ihren Sportplan, ich koche ihre Rezepte und ich halte mich an ihre Pläne. Okay, außer ich bin bei Papa … Ich weiß auch nicht … Ja, okay, manchmal habe ich meine Fressflashs, aber ich kotze immer alles wieder aus. Oder zumindest fast immer. Habe auch leider wieder zugenommen, wiege jetzt wieder 54 Kilo. Ich konnte das irgendwie nicht vermeiden. Anas wollen mich nicht … Aber wo gehöre ich hin? Wenn nicht zu Ana, zu wem dann?

Ich meine, okay, ich muss keine Ana sein. Dennoch ist Ana die einzige, die mich irgendwie versteht. Ana heißt nicht hungern. Ana heißt auch, sich selbst nicht zu schaden. Sie gibt Liebe und Güte. Sie spricht von Größe und Stolz. Sie sagt Mut, Stärke, Freude zu. Und das ist doch alles, was man im Leben braucht. Ich wäre so gerne eine Ana, auch wenn ich weiß, dass ich niemals so gut sein werde wie all die anderen Mädchen. Ich überstehe die Probezeit nicht … Jedes Mal wieder diese Fressanfälle. Dabei kann mich Ana zu einer guten Abiturientin machen, ich weiß es einfach. So wie eine gute Abiturientin aussieht. Größe, Mut und Stärke. Ich meine, wie sonst hätte ich die Zeit bei meiner Mutter überlebt?

Eine stärkende Hand im Rücken.

Jemand, der deine Schultern hoch hält, wenn du es nicht mehr kannst.

Jemand, der deinen Kopf stützt, wenn er dir längst zu schwer geworden ist und du zum Boden starren musst.

Wenn nicht Ana, wer dann?

Wenn du sonst niemanden hast, ist wenigstens Ana da.

Wenn du Trost suchst, weicht Ana dir nicht von der Seite.

Wenn du dich allein fühlst, kannst du dich wenigstens auf Ana verlassen.

Aber ich bin keine richtige Ana. Ich weiß nicht weiter.

Mir ist schlecht, heute Abend muss ich mich nicht vor den Spiegel stellen, um nicht zu essen. Heute wird mir übel genug sein, um nicht zu kotzen. Wenn die Mädchen sehen, dass ich das wirklich will, werden sie einsehen, dass ich dazu gehöre. Ich will doch nur reden. Ich will doch nur glänzen. Ich will sein wie alle anderen auch.

Einfallwinkel gleich Ausfallwinkel, mein Spiegelbild ist simple Physik. Ich kann es berechnen, ich kann es sehen. Ich kann es sehen. Sehen. Ich stehe wieder vor dem Spiegel, mit derselben Hose wie immer, und traue mich nicht, die Augen zu öffnen. Ich weiß, dass sie voller Tränen sein werden. Ich weiß, dass ich sie wieder leer heulen werde. Meine Augen – Fenster zur Seele. Leere, das zeigen mir meine großen, braunen Augen. Ich drehe mich um und gehe vom Spiegel weg, weil ich weiß, was passieren wird, und ich kann es nicht ertragen.

Ana, bitte, bitte, bleib bei mir.

Mein Spiegelbild. Ich gehe nicht mehr ins Schwimmbad, weil ich Angst habe, dass die anderen Leute sehen, was ich sehe. Ich schaue niemanden an, da ich Angst habe, dass er sieht, was ich sehe. Ich trage nur noch Kleidung, die kaschiert, weil ich nicht sehen lassen will. Ich melde mich nicht mehr im Unterricht, weil ich Angst habe, dass die anderen glauben, dass ich zu dumm bin, um die richtige Lösung zu sagen. Ich habe Angst, dass sie mich anschauen und über mich spotten. Ich höre, sehe, rieche und spüre alles, was um mich passiert. Wenn ich in einem Café bin, setze ich mich irgendwo hin und weiß dennoch immer, wie viele Leute hinter mir sind. Ohne dass ich mich umdrehen muss, um zu zählen. Vorausgesetzt ich gehe überhaupt noch ins Café. Ich glaube, das aufzuzählen, was ich überhaupt noch mache, ist wesentlich einfacher als das zu nennen, was ich nicht mehr mache.

„Verlasse dich nie auf andere, sondern vertraue nur dir selbst. Dann kannst du dir auch sicher sein, dass es wirklich hundertprozentig ist.“ Regel zwei. Also von meinen eigenen Regeln. Nur dann, wenn mir meine Augen zeigen, dass es so ist, wie ich es haben will, kann ich mir sicher sein, dass ich es endlich geschafft habe. Nur dann, wenn ich selbst sicher bin, dass die Arbeit gut ist, kann ich wirklich darauf vertrauen. Nur wenn ich die Gruppenleitung habe, weiß ich, dass auch gute Arbeit abgeliefert wird.

Das ist auch das, was mir meine Mutter immer gepredigt und eingeprügelt hat. Ich erinnere mich daran, dass sie gesagt hat, dass es egal sei, wie gut oder schlecht der Rest aus meiner Klasse wäre, es käme nur auf mich an. Dass alle anderen in der Arbeit viel schlechter als ich abgeschnitten hatten, war nicht relevant. Fakt war, dass ich nur eine Zwei minus geschrieben hatte. Unterm Strich nicht gut genug.

Also habe ich mich nur noch auf mich selbst verlassen und bin damit gut gefahren. Ich habe den erweiterten Realschul-Abschluss geschafft und die elfte Klasse überstanden. Und jetzt, in der Zwölften, werde ich richtig Gas geben. Wenn ich erst das Abi habe, ist alles egal! Auf Physik gibt es schließlich keinen NC. Und dann wird endlich alles anders, dann wird alles besser. Ich werde groß sein und strahlen. Und bis dahin werde ich mich schon irgendwie durchbeißen. Ich muss!

Die Klausuren stehen nun auch vor der Tür und ich muss lernen.

Wer nicht lernt, ist selber schuld.

Wer nicht lernt, bekommt keine guten Noten.

Wer nicht lernt, muss sich nicht wundern.

Wenn ich lerne, komme ich auch endlich weg von meinem Spiegelbild, weg von mir. Ich lerne so unglaublich gerne. Also nehme ich mir meine Physik-Bücher, setze mich hin und fange an zu lesen und Notizen zu machen. Um 19.30 Uhr holt Lenni mich ab und ich habe wieder den ganzen Tag nichts gegessen.

1 Die Anhänger von Ana (Anorexia), fast ausschließlich junge Frauen, idealisieren die Magersucht und leiden meist selbst an dieser Krankheit. Dabei sind sie sich ihrer Erkrankung bewusst. Statt dagegen zu kämpfen, versuchen sie, weiter abzunehmen.

Das Glas ohne Boden

Ich habe gelernt, geheult und gelernt und geschlafen. Immer und immer wieder, Tag für Tag, und Nacht für Nacht. Ich kann einfach nicht schlafen, wenn ich weiß, dass ich noch Lücken habe. Und meine letzten Klausurergebnisse waren nicht gut genug. Wer keine guten Noten bekommt, ist zu faul gewesen, so einfach. Wer gute Leistung will, der muss auch gute Leistung bringen. Ist doch ganz einfach.

Morgen ist es so weit, Physik. Ich habe gelernt und gelernt. Das muss jetzt sitzen. Abends hat mir Lenni mehrfach bis 23 oder 24 Uhr Nachhilfe gegeben. Es ist irgendwie so schwer, ich habe immer den Eindruck, dass ich das alles nicht verstehe. Mathe genauso. Manchmal musste er mir die Sachen vier oder fünf Mal erklären, bevor ich sie ansatzweise begreifen konnte. Und immer dieser Kloß im Hals. Ich gebe mir so viel Mühe und verstehe gar nichts. Und heute Abend ist bei Lenni schon die Generalprobe.

Ich glaube, dass ich den Lernstoff inzwischen voll drauf habe, auch wenn es im Unterricht nicht so aussieht. Ich melde mich so ungern, obwohl ich die richtige Antwort geben könnte. Mein Physiklehrer nimmt mich auch mittlerweile nicht mehr dran. Er hält mich wahrscheinlich für zu dumm. So wie alle anderen Schüler im Leistungskurs auch. Mit Recht. Ich frage manchmal Sachen, die eigentlich zum kleinen Einmaleins gehören. Ich frage so leise, dass es nur meine Sitznachbarin versteht, und es ist mir so mega peinlich, immer. Wir haben einen Schüler im Kurs, der weiß einfach alles. Und genau so oder besser will ich sein, nicht immer nur die Zweitbeste. Ich bekomme das leider nicht so wie er geschenkt, aber dafür habe ich eiserne Disziplin. Und damit kann ich etwas, was er nicht kann, und genau das wird mich zum Erfolg bringen. Morgen werde ich es allen zeigen! Es klingelt an der Tür und Lenni wartet unten auf mich. Ich schnappe mir meine Schulbücher und meinen Taschenrechner und laufe die Treppe herunter.

Nach anstrengenden Stunden bei Lenni bin ich wieder zu Hause. Es ist halb zwei. Wir sind jedes Thema noch einmal durchgegangen und ich krieg’s hin. Auch wenn es nicht perfekt ist und ich manchmal etwas länger brauche, um zu verstehen, was ich in der Aufgabe machen soll. Ich bekomme alles so weit hin. Alles ist gut, alles wird gut. Ab morgen geht’s wieder bergauf. Ich will aber trotzdem noch einmal meine Lernzettel durchgehen. Nur noch ein einziges Mal. Ich denke mir immer, sicher kannst du dir nur sein, wenn du es wirklich bist. Mittlerweile ist es kurz vor drei. Ab ins Bett, morgen früh muss ich pünktlich sein.

Ich mache die ganze Nacht kein Auge zu und wälze mich von links nach rechts. Die ganze Zeit schwirrt mir Physik im Kopf herum. Ich denke noch einmal an jede einzelne Rechnung, an jede einzelne Erklärung, jedes Bild im Buch. Ich denke an die Taschenrechner-Befehle, ich denke an Papa, an Fetttröpfchen, die im elektrischen Feld schweben, an meine Schwester, an die Lorentz-2 und Zentripetalkraft3, an meine finanzielle Lage, an das, was ich morgen anziehen könnte, an jede Erklärung und jedes Bild, jeden Text. Schon halb fünf. Hmm, supertoll gepennt, wie so oft in letzter Zeit. Da es nun eh schon egal ist, stehe ich auf, nehme mir meine Lernzettel und fange an zu lesen. Ich überprüfe noch einmal jede Rechnung und Herleitung, ich habe an alles gedacht. Es kann gar nicht anders sein. Halb sieben, ob ich Lenni noch einmal anrufen kann? Ach, egal, was ich jetzt nicht kann, lerne ich auch nicht mehr in fünf Minuten.

Ich bin viel zu früh in der Schule. Erst mal eine rauchen oder zwei. Die Zeit reicht sogar für drei, dann los. Neunzig Minuten später ist es geschehen. Es ist vorbei. Ich habe keine Ahnung, wie ich abgeschnitten habe, wie immer. Ich glaube, ich will es auch gar nicht wirklich wissen, aber vielleicht reicht es ja aus. Ich habe so viel gelernt, seit Wochen, ich habe es einfach verdient. Keiner lernt so viel wie Lara, keine lebt so dafür wie Lara. Jetzt heißt es abwarten und bibbern. Tee erlaube ich mir erst, wenn es geschafft ist. Zumindest gilt dies für Physik. Kommen ja noch die anderen Klausuren dran. Bio, Deutsch, Mathe, Geschichte und halt die Nebenfächer.

Lernen, lernen, lernen. Das ist das einzige, was mich zum Abi bringen wird. Ich werde irgendwann eine gute Abiturientin sein, mein Papa wird stolz auf mich sein. Ich möchte ihn stolz machen. Er ist ein so besonderer Mensch für mich, ich würde einfach alles tun. Ich will ihm eine gute Tochter sein. Ich will das Mädchen sein, das er sich gewünscht hätte, gehabt zu haben. Ich liebe ihn so sehr, dass jeder leibliche Vater neidisch werden könnte. Wir sind der Beweis dafür, dass es noch etwas anderes als Blut und Wasser geben muss. Ich bin seine Tochter, ich bin sein Mädchen. Wir haben uns gefunden und gesucht. Er, tochterlos, und ich, vaterlos. Ich will ihn stolz machen. Ich will ihm nahe sein, so nah wie es auf einer Distanz von 35 Kilometern möglich ist. Konzentration und Disziplin sind der Schlüssel.

Die nächsten Wochen sind hart und qualvoll. Wie immer wenn wir Klausuren schreiben, aber jetzt habe ich es geschafft. Täglich Checks auf der Waage, mittlerweile habe ich 52,1 Kilo. Nicht mehr lange, dann ist es vollbracht. Nächste Woche gibt es die ersten Arbeiten zurück. Jede Stunde warte ich bereits darauf und in jeder Stunde, in der wir sie nicht bekommen, werden meine Schweißausbrüche schlimmer. Es ist mir mega unangenehm, weil ich den Eindruck habe, dass die anderen meine Angst riechen. Ich habe das Gefühl, dass ich vor mich hin stinke. Demnächst kommen auch noch die Feedbacks der Lehrer dazu, zum aktuellem Notenstand und so. Vor Physik gruselt es mich am meisten. Ja, okay, ist nicht so, dass ich in irgendeinem anderen Fach mehr sagen würde, aber ich glaube, mein Physiklehrer versteht mich am wenigsten von allen.

Schon wieder Wochenende, schon wieder trostlos alleine. Nach der Schule komme ich heim, werfe mich gegen die Tür, weil sie verzogen ist. Stapfe die ellenlange Treppe hoch. Alles ist einfach zu groß, zu lang, zu … Mir ist schon wieder schlecht, sodass mir der Magensaft hochkommt. Lenni habe ich abgesagt dieses Wochenende. Mit der Begründung, dass ich allein sein will. Er war etwas irritiert, weil ich ja eigentlich jeden Abend bei ihm bin. Ich will aber wirklich alleine sein, niemanden sehen, niemanden hören, niemanden spüren. Weg von allen, weg von mir.

Ich gehe eine rauchen, auch wenn mir übelst kotzig ist. Ich werde nicht kotzen, ich kann nicht kotzen, ich darf nicht kotzen. Ich habe auch nichts gegessen, seit drei Tagen. Mir brennen die Beine nach der Treppe, ist auch noch vom Sport der letzten Tage. Ich habe meine Strecke erweitert, mittlerweile laufe ich locker zehn Kilometer. So lange bis mir die Beine versagen und ich eine Zeit lang sitzen muss oder bis ich mich übergebe, wegen der Anstrengung. Manchmal stürze ich auch schon vor dem Laufen schnell einen Liter Wasser hinunter, um mich nicht ganz so lange quälen zu müssen. Meistens schäme ich mich dann, weil ich mich selbst verarscht habe. Meinem Körper ist das egal. Es zählt nur die Leistung. So wie immer.

Aber ich kann nicht mehr, ich bin so müde und erschöpft. Wofür all meine Mühen, wenn ich kein Ergebnis kriege? Weder in der Schule noch auf der Waage? Ich tue für beides so unglaublich viel und der Fortschritt kommt mega langsam oder gar nicht.

Ich setzte mich auf den Boden, es gibt immer etwas zu lernen. Ich versuche mich zu konzentrieren, doch mir geht es schlecht. Ich verstehe kein Wort von dem, was ich lese, es geht alles nur links rein und rechts wieder heraus. Ich kann mir nicht erklären wieso, aber ich bin furchtbar traurig und frustriert. Aber ich will die Bücher nicht weglegen, denn wenn ich das tue, wird es nur noch schlimmer. Also stehe ich auf, um noch eine zu rauchen, auf meinem Pseudobalkon, der eigentlich nur aus einem umklappbaren Fenster besteht. Ich hänge über dem Abgrund und schaue abwechselnd in die Tiefe und dann wieder in die große Leere direkt vor mir. Der Gedanke kommt von ganz allein, was wäre, wenn ich falle? Wobei, eigentlich falle ich ja schon. Nur da, wo ich jetzt falle, ist kein Boden. Wie in einem Glas ohne Boden. Und alle schauen dabei zu.

Ich hole mich zurück ins Jetzt, ich kann diese Gedanken nicht ertragen. Ich denke in letzter Zeit oft daran, einfach alles zu beenden. Es ist unkontrollierbar. Manchmal habe ich das auch in der Schule, ich bekomme nichts mit und schaue den Großteil der Stunden einfach in die Ecke und träume vor mich hin. Früher habe ich an nichts gedacht, die Zeit einfach eingefroren. Doch jetzt ist das irgendwie anders. Ich träume oft vom Aufschlag nach dem endlosen Fall. Wie erleichternd das sein könnte.

Aber auch wenn der Wunsch, etwas zu beenden, da ist, will ich das nicht. Ich gehe an meinen Schreibtisch, ich muss noch Hausaufgaben machen. Kurze Zeit später fällt mir der Stift aus der Hand, weil er zu schwer geworden ist und ich ihn nicht mehr halten kann. Also rolle ich mit dem Stuhl zurück und will ihn aufheben, lasse mich dann aber doch dazu hinreißen, auf die Knie zu sinken. Die Hände im Gesicht, sie verdecken meine Tränen. Mein ganzer Körper zittert und bebt. Ich habe das Gefühl, auf einem hohen Turm zu stehen, gebaut aus rotem Ziegelstein. Die Fläche gerade breit genug, um beide Füße nebeneinander zu stellen. Ich bin so weit oben, dass der Wind den Turm hin und her schaukelt und ich Angst habe zu fallen.

Geistesabwesend sucht meine Hand die Wand unterm Schreibtisch, um diese Grausamkeit zu beenden, weil es keine Sicherung gibt und nichts, was mich halten könnte. Meine nasse Hand ertastet die Wand, ich raffe mich auf und krabble unter den Tisch und lehne mich in die Ecke. Es ist schon vorbei, es ist zu Ende. Ich höre auf zu weinen und sitze einfach nur da und starre ins Leere. Keine Regung, keine Emotion. Wenn ich mich dazu irgendetwas fragen würde, wäre das mein Ende.

So sitze ich da, das ganze Wochenende, unterm Schreibtisch. Manchmal mehr heulend, manchmal weniger. Nicht einmal auf die Toilette muss ich, und wenn doch, nutze ich die Gelegenheit, um eine zu rauchen. Das ganze Wochenende habe ich mir insgesamt vielleicht zwei oder drei Gläser Leitungswasser reingezwungen. Am Sonntagabend kommt Lenni und überredet mich rauszukommen und mit ihm zu fahren. Bei ihm sitze ich dann in meiner Ecke auf dem Sofa. Nicht neben Lenni, ich will einfach nur Ruhe. Die Kapuze über den Kopf gezogen, starre ich auf den Fernseher. „Ich kann nicht mehr. Ich meine, das ist doch kein Leben, das kann doch kein Zustand sein?“ Lenni sagt nichts, er weiß anscheinend nicht, was er sagen soll.