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ZWERGGARNELEN

DIE GATTUNGEN CARIDINA
UND NEOCARIDINA

Michael Wolfinger & Jürgen Schmidt

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Titelbild:Kardinalsgarnele (oben) und Harlekin-Garnele (unten),

Fotos: M. Wolfinger, M. Reif

Rückseite:Blaue Tiger-Garnele Foto: B. Kahl

Bild Seite 1: Macrobrachium kulsiense Foto: M. Wolfinger

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eISBN: 978-3-86659-373-2

© 2009 Natur und Tier - Verlag GmbH

An der Kleimannbrücke 39/41

48157 Münster

www.ms-verlag.de

Geschäftsführung: Matthias Schmidt

Lektorat: Kriton Kunz

Layout: Ludger Hogeback - hohe birken

Inhalt

Vorwort

Beschreibung und Merkmale

Verbreitung und Lebensraum

Das Zwerggarnelenaquarium

Technik und Zubehör

Futter

Eingewöhnung

Vergesellschaftung

Vermehrung

Fortpflanzungstypen

Krankheiten

Innere Infektionen

Äußere Infektionen

Infektionen der Organe

Septikämie (Blutvergiftung)

Behandlungsmöglichkeiten

Weitere wichtige Krankheiten

Artenteil

Gattung Caridina

Gattung Desmocaris

Gattung Neocaridina

Vorwort

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Rote Nashorngarnele (Caridina gracilirostris)
Foto: J. Schmidt

Wurden Garnelen früher höchstens als interessante Ergänzung zum Fischbesatz gepflegt, so haben sie heute schon viele Aquarianer in ihren Bann gezogen. Beim derzeitigen Boom wird zwar leicht übersehen, dass diese Krebstiere bereits seit Jahrzehnten regelmäßig in Süßwasseraquarien gehalten werden, allerdings waren dies meist Vertreter größerer Arten, die nicht so leicht in Gefahr gerieten, auf dem Speiseplan der Fische zu landen. Die winzigen Zwerggarnelen, die obendrein noch in Spezialaquarien untergebracht werden, sind eine aktuelle und erfreuliche Erscheinung der Aquaristik. Ihren Ansprüchen entsprechend gepflegt, sind Zwerggarnelen der Gattungen Caridina und Neocaridina sehr dankbare Aquarientiere.

Ursprung dieses Trends war vor allem die Tatsache, dass die Tierchen mit großem Eifer Algen von den Wasserpflanzen und der Dekoration abweiden. Spätestens seitdem sich diese Tatsache herumgesprochen hat, steht der zunehmenden Verbreitung der faszinierenden Zwerggarnelen in unseren Aquarien nichts mehr im Wege.

Aquarianer zählen übrigens auch jene Arten zu den Süßwassergarnelen, die als Jugendstadien im Meer oder Brackwasser leben. Später wandern sie beispielsweise die Flüsse aufwärts, wo sie sich dauerhaft aufhalten und auch fortpflanzen. Die Larven gelangen dann mit der Strömung zurück, und der Lebenskreislauf schließt sich.

Viele Neuimporte prächtiger Zwerggarnelen bereichern die Aquaristik ständig, und sicherlich wird die Zukunft noch viele Überraschungen bereithalten. Hoffen wir auf weitere neu und wiederentdeckte Zwerggarnelen aus aller Welt!

Michael Wolfinger & Jürgen Schmidt
Nürnberg & Ruhmannsfelden,
im Herbst 2009

Beschreibung und Merkmale

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Tigergarnele (Caridina sp. „Tiger“)
Foto: J. Schmidt

Garnelen und somit auch die Zwerggarnelen der Gattungen Caridina und Neocaridina gehören zum Unterstamm der Krebstiere (Crustacea; Stamm: Arthropoda, Gliederfüßer) und hier wiederum zur Ordnung der Zehnfußkrebse (Decapoda) – zumindest die aquaristisch relevanten Arten.

Wussten Sie schon?

Mit dem Begriff Garnelen werden unterschiedliche Gruppen bodenbewohnender oder frei schwimmender Krebstiere zusammengefasst, die keine natürliche Abstammungsgemeinschaft bilden. Garnelen sind sowohl als Räuber wie auch als Beutetiere wichtige ökologische Schlüsselgruppen.

Kennzeichnend für Garnelen, die allerdings keine natürliche Abstammungsgemeinschaft bilden, ist beispielsweise, dass die Schwimmbeinpaare am Hinterleib zurückgebildet sind.

Der Körper der Garnelen lässt sich in Kopfbereich (Cephalon), Vorderleib (Thorax) und Hinterleib (Pleon oder Abdomen) unterteilen. Die einzelnen Körperabschnitte sowie deren Segmente sind äußerlich durch eine elastische Membran verbunden. Der Vorderleib besteht aus mehreren miteinander verschmolzenen Segmenten.

Das Außenskelett dieser Wirbellosen besteht aus Chitin. Die ausschließlich das Wasser bewohnenden Zwerggarnelen atmen mit Hilfe von Kiemen. Alle Krebsverwandten zeichnen sich durch ihr Gleichgewichtsorgan aus, die Statozyste, eine mit Flüssigkeit gefüllte Blase, in der ein Kalk- oder Sandkorn liegt, der Statolith. Bei Bewegungen berührt das Körnchen Sinneshärchen an seiner Hülle und reizt sie. Der Reiz wird an das Nervensystem weitergeleitet, ermöglicht auf diese Weise die Feststellung der Schwerkraftrichtung und somit die Orientierung im Raum. Auf diese Weise ist auch die Ermittlung der eingenommenen Position möglich. Die Statolithen werden jeweils nach den Häutungen ersetzt.

Garnelen besitzen drei unterschiedliche Beinarten. Am Hinterleib befinden sich fünf Schwimmbeinpaare, die überwiegend zum Schwimmen eingesetzt werden, wie es ihr Name schon impliziert. Diese Beine können sehr schnell bewegt werden, um einen ausreichenden Antrieb zu gewährleisten. An der Brust sitzen drei Schreitbeinpaare, die zur Fortbewegung am Boden oder zum Klettern dienen. Zwei weitere, umgestaltete Beinpaare unterhalb des Kopfs werden vorwiegend als Fresswerkzeuge genutzt.

Die Garnelen werden einer bestimmten systematischen Auffassung zufolge in zwei Großgruppen unterteilt, sogenannte Unterordnungen, die Geißelgarnelen (Penaeoidea) und die Eigentlichen Garnelen (Caridinea) – hierher gehören mit immerhin gut 3.000 Arten die meisten Süßwassergarnelen. Aquaristisch bekannt sind vor allem unsere Zwerggarnelen der Gattungen Caridina und Neocaridina sowie die Fächergarnelen der Gattung Atya aus der Familie Atyidae. Die recht große Gattung Caridina enthält bisher über 260 Arten, die Gattung Neocaridina gerade einmal 20.

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Sumatra-Color-Garnele (Caridina brevicarpalis)
Foto: J. Schmidt

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Die Red-cherry-Garnele ist eine Zuchtform von Neocaridina heteropoda.
Foto: M. Wolfinger

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Die Großarmgarnele Macrobrachium sp. „white claw“ ist eine von Aqua-Tropica Nürnberg erst kürzlich neu eingeführte Art.
Foto: Aqua-Tropica

Die Felsengarnelen gehören mit rund neun Gattungen und ca. 230 Arten zur Familie Palaemonidae. Allein 180 Arten davon entfallen auf die Großarmgarnelen der Gattung Macrobrachium. Ein wesentliches Merkmal der Großarmgarnelen im Gegensatz zu den Caridina- und Neocaridina-Arten sind ihre langen, dünnen Scherenbeine. Macrobrachien werden meist auch deutlich größer als Zwerggarnelen. Letztere zeichnen sich durch ihre winzig kleinen Scheren aus, die bei den meisten völlig harmlos sind. Mit ihrer Hilfe grasen sie unermüdlich Algen und andere Mikroorganismen von Pflanzen und Gegenständen, ja sogar von Artgenossen ab. Die Unterscheidung von Caridina und Neocaridina mit bloßem Auge ist wesentlich schwieriger. Ursprünglich – und leider falsch – wurde gelegentlich behauptet, dass jene Zwerggarnelen mit großen Eiern, deren Larven gleich nach dem Entlassen zum Bodenleben übergehen, zu Neocaridina gehörten, während jene mit winzigen, stecknadelkopfgroßen Eiern Caridina seien. Zudem bringe Neocaridina auch fertig entwickelte Jungtiere zur Welt, während alle Caridina zum primitiven Fortpflanzungstyp gehörten. Diese Aussagen lassen sich so aber nicht aufrechterhalten. Da sich die Gattungen äußerlich nur schwierig differenzieren lassen, sind ein gutes Mikroskop oder besser eine gute Stereolupe sowie Kenntnisse der speziellen Garnelenanatomie nötig.

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Atyopsis moluccensis wird ca. 8–10 cm groß und gehört zu den Fächergarnelen.
Foto: M. Wolfinger

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Die Crystal-red-Garnele ist eine Zuchtform der Bienengarnele und kommt nicht in der Natur vor.
Foto: B. Kahl

Männliche Neocaridina besitzen meist ein rundliches Endopod an den ersten Schwimmbeinen, den Pleopoden. Endopoden sind Körperanhänge an den Gliedmaßen, die als Begattungsorgan fungieren und artspezifisch sind. Weiterhin zeigen viele Neocaridina einen winzigen Dorn, den Pterygostominalwinkel, an der Vorderseite des Rükkenpanzers. Ein weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal sind Anhänge der Mundwerkzeuge (Maxillipeden).

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Fernandos Rückenstrichgarnele (Caridina fernandoi) ist eine von über 260 Arten ihrer Gattung.
Foto: M. Wolfinger

Verbreitung und Lebensraum

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Foto: J. Kühne

Süßwassergarnelen sind weltweit verbreitet. Die Zwerggarnelen stammen zwar vor allem aus Asien, es gibt jedoch auch in Europa, Afrika und Amerika sehr ähnliche Formen. Lediglich in Australien und den Polarregionen fehlen sie ganz.

Die meisten Zwerggarnelen bewohnen Pflanzendickichte in langsam fließenden Gewässern. Auch von ihnen besiedelte Seen verfügen über Zu- und Abfluss. Zwerggarnelen leben in größeren Gruppen, auch wenn direkte soziale Kontakte selten sind.

Die Caridina- und NeocaridinaCaridina multidentataC. japonica