cover

Thomas N. Bulkowski

Enzyklopädie der Chartmuster

Thomas N. Bulkowski

Enzyklopädie der Chartmuster

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

info@finanzbuchverlag.de

6. Auflage 2022

© 2015 by Finanzbuch Verlag,

ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

© 2000 der Originalausgabe by Thomas N. Bulkowski. All rights reserved. Die Originalausgabe erschien 2000 bei John Wiley & Sons unter den Titel »Encyclopedia of Chart Patterns«

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Die im Buch veröffentlichten Ratschläge wurden von Verfasser und Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung des Verfassers beziehungsweise des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ausgeschlossen.

Übersetzung: Horst Fugger

Redaktion: Alexander Endemann

Lektorat: Dr. Renate Oettinger

Umschlaggestaltung: Judith Wittmann

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-89879-451-0

ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-860-5

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-861-2

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter

www.m-vg.de

Vorwort

Als junger Bursche war ich davon überzeugt, dass der einfachste Weg zum Reichtum über die Börse führt. Schließlich war das eine faire Sache, ein Nullsummenspiel, bei dem der eine gewinnt und der andere verliert (Tipp: Der Gewinner ist immer der Broker). Man musste nur die Aktien kaufen, die stiegen, und diejenigen links liegen lassen, die fielen. Kein Problem.

Ich dachte immer noch so, als ich die Syracuse University mit einem Ingenieursdiplom verließ und meinen ersten Job antrat. Jeden Morgen schlug ich die Zeitung auf, suchte meine Aktien aus und schrieb das Ergebnis auf ein Stück Papier, das ich an die Wand klebte. Mein Bürokollege Bob benutzte dieselbe Zeitung, um seine Aktien auszusuchen. Meine Auswahl beruhte auf strengen und erschöpfenden fundamentalen Untersuchungen. Bob hingegen schloss einfach die Augen, schwenkte seine Hand ein wenig herum und tippte mit dem Finger in die Zeitung. Dann öffnete er die Augen und verkündete das Ergebnis seiner Auswahl.

Nach ein paar Monaten machte ich eine bestürzende Entdeckung: Bob hängte mich ab. Seine Zufallstreffer zogen meinen sorgfältig ausgewählten Aktien das Fell über die Ohren. Und ich entdeckte noch etwas: Ich lernte viel aus meinen Papier-Trades.

Mit der Zögerlichkeit und dem Misstrauen, das ich von meinen Eltern geerbt habe, studierte ich zwei Dutzend Unternehmen, bevor ich eine Entscheidung traf und mein erstes echtes Investment einging: Ich eröffnete ein Geldmarktkonto. Das Timing war hervorragend, ich erzielte eine Rendite von mehr als 17 Prozent. Das klingt nach einem sehr riskanten Investment, doch das war es nicht. Schließlich lag der US-Leitzins, die Prime Rate, damals bei 21 Prozent.

Vom Erfolg überwältigt, nahm ich all meinen Mut zusammen, eröffnete ein Konto bei einem Broker und begann meine mageren Ersparnisse in Aktien zu investieren. Wieder war das Timing hervorragend, weil ich den Beginn einer gewaltigen Hausse erwischt hatte. Ich kaufte eine Aktie zu 3 ½ und sah zu, wie sie auf 46 ½ stieg – mein erster 1000-Prozent-Gewinn.

Bevor Sie nun denken, alles sei wunderbar gelaufen, hören Sie sich an, was später passierte. Mein Aktiendepot entwickelte sich prächtig, aber mit meiner beruflichen Karriere ging es eher bergab. Nachdem ich öfter die Stellung gewechselt hatte, als ich es manchmal gern zugebe, landete ich endlich bei einer Firma, wo ich mich zu Hause fühlte; ein Job fürs Leben – so dachte ich jedenfalls. Knapp sechs Monate nach meinem zehnjährigen Jubiläum bei dieser Firma erhielt ich einen Brief vom Vorstand. Er gratulierte mir zu den zehn Jahren in seinem Unternehmen und freute sich schon auf eine weitere erfolgreiche Zusammenarbeit in den kommenden Jahren. Sechs Wochen später wurde ich entlassen.

Ich machte das Beste aus der Situation und beschloss, dass ich jetzt, mit 36 Jahren, die Nase voll hatte. Die Zeitungen nennen Leute wie mich die fehlende Million. Wir sind diejenigen, die, aus welchen Gründen auch immer, beschlossen haben, unsere Jobs zu verlassen und nicht mehr ins Arbeitsleben zurückzukehren. Wir setzen uns zur Ruhe. Jeder, und ich meine: jeder (mit der lobenswerten Ausnahme meiner Cousine Mary Ann – Gott segne sie!) hält uns für Idioten. Natürlich haben die Leute Recht.

Die technische Aktienanalyse fasziniert mich schon seit langer Zeit. Früher hielt ich sie für eine Art von Voodoo, wollte aber trotzdem wissen, warum große Brokerhäuser so viele technische Analysten beschäftigen. Trotzdem konzentrierte ich mich weiter auf die fundamentalen Daten, einfach weil ich von technischer Analyse nichts verstand. Dann entdeckte ich die Fachzeitschrift Technical Analysis of Stocks and Commodities. Ich verbrachte meine Mittagspausen in der Bibliothek, um frühere Ausgaben dieser Zeitschrift zu lesen. Natürlich waren mir bei den Aktien, die ich kaufte, auch früher schon bestimmte Chartmuster aufgefallen, aber ich hatte ihnen nie große Bedeutung beigemessen. Nachdem sich einige meiner Aktienengagements als böse Pleiten erwiesen hatten, begegnete ich den Chartmustern mit mehr Respekt. Die Fundamentaldaten sahen immer gut aus, aber die Technik gab ein Warnsignal, als ich gerade kaufen wollte. Mit meinen Aktien verlor ich entweder Geld oder ich verkaufte sie zu früh und verpasste einen großen Teil der möglichen Gewinne.

Vielleicht ist das auch Ihnen schon passiert: Man prüft alle Fundamentaldaten einer Aktie, dann kauft man sie, und sie bewegt sich ein Jahr lang oder noch länger kaum von der Stelle. Oder, noch schlechter, der Kurs beginnt gleich nach dem Kauf zu sinken. Ein Blick auf den Chart hätte für Klarheit gesorgt: Der Kurs hatte eine Trendlinie durchbrochen, aus heiterem Himmel hatte sich ein Kopf-Schulter-Top gebildet, oder der Index der relativen Stärke hatte eine überkaufte Situation signalisiert. Kurz: Alle technischen Indikatoren hatten ein knallrotes Warnsignal geliefert, dass Sie mit einem Kauf zu diesem Zeitpunkt Ihr letztes Hemd verlieren würden. Aber Sie sahen die Warnsignale nicht, weil Sie die Augen fest geschlossen hatten.

Sie sind nicht allein. Mir ist es jahrelang genauso ergangen. Am Ende war ich über die Performance meiner Aktien so frustriert, dass ich mich dazu entschloss, mich über technische Analyse zu informieren. Ich ging in die Bibliothek und las in vielen Büchern immer dasselbe: Eine Kopf-Schulter-Formation funktioniert in den meisten Fällen. Was bedeutet das? Soll das heißen, dass diese Formation in 51 oder in 90 Prozent der Fälle zum Erfolg führt? Eine Antwort auf diese Frage fand ich nirgends. Und ich wollte mein sauer verdientes Geld nicht auf der Basis irgendwelcher Binsenweisheiten aufs Spiel setzen. Ich bin Ingenieur, und deshalb will ich harte, kalte Fakten, keine schwammigen Plattitüden. Genau aus diesem Grund habe ich dieses Buch geschrieben.

Am Ende des Buchs finden Sie ein Verzeichnis der Chartformationen. Wenn Sie den Verdacht hegen, eine Aktie bilde gerade ein bestimmtes Chartmuster aus, sollten Sie zunächst dort nachsehen. Die Seitenzahlen neben den Formationen führen Sie direkt zum betreffenden Kapitel.

In jedem Kapitel finden Sie zunächst „Die Ergebnisse auf einen Blick“, also die wichtigsten Fakten über die Formation, gefolgt von einer kurzen Erläuterung. Dann, im Abschnitt „Tour“, wird das Chartmuster genau beschrieben. Die „Erkennungsmerkmale“, in Form einer Tabelle und einer eingehenden Erläuterung, erleichtern die Identifikation der Formation und die Unterscheidung von ähnlichen Chartmustern. Bei den einfacheren Formationen habe ich „Tour“ und „Erkennungsmerkmale“ zu einem Abschnitt zusammengefasst.

Kein solches Werk wäre vollständig ohne die Erforschung von Fehlerrisiken. Der Abschnitt „Mögliche Fehler“ erläutert die Gründe verschiedener Arten von Fehlsignalen. Darauf folgt der wohl wichtigste Abschnitt „Statistik“. Wenn Sie eine Chartformation identifizieren können, die wahrscheinliche Performance und die Ursachen möglicher Fehler kennen, wie können Sie sie dann am besten traden? Die Abschnitte „Trading-Taktik“ und „Ein Beispiel-Trade“ beantworten diese Frage für jede einzelne Formation.

Wenn Sie schon einmal ein Auto repariert oder Schreinerarbeiten durchgeführt haben, dann wissen Sie, wie wichtig es ist, für jede Arbeit das richtige Werkzeug zu wählen. Sie würden keinen Flachkopf-Schraubendreher verwenden, wenn ein Senkkopf-Modell besser geeignet ist. Zur Not funktionieren beide, aber das eine Modell kann das andere nicht vollständig ersetzen. Für andere Arbeiten braucht man wiederum keinen Schraubendreher, sondern einen Meißel. Wenn man die Auswahl der geeigneten Werkzeuge beherrscht und weiß, wie man sie einsetzen muss, ist die Arbeit schon halb erledigt. Dieses Buch zielt in genau diese Richtung und soll Ihnen dabei helfen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Manchmal sieht eine Chartformation so erschreckend aus, dass man seine Gewinne schnellstens realisieren sollte. Und manchmal ist es die beste Entscheidung, gar nicht zu traden.

Die nötige Erfahrung, um anhand von Chartformationen Geld an der Börse zu verdienen, kann ich Ihnen nicht vermitteln. Ich kann Ihnen nur die Werkzeuge in die Hand geben und Ihnen raten, zunächst einmal mit Trades zu üben, die Sie nur auf dem Papier ausführen, ohne echtes Geld einzusetzen. Dies ist der erste Schritt bei der Entwicklung eines Investmentstils, der für Sie funktioniert, mit dem Sie sich wohlfühlen und den Sie im Lauf der Zeit immer weiter verfeinern und verbessern werden. Wenn Sie später einmal Ihre Papier-Trades Revue passieren lassen, werden Sie verstehen, warum ein Stoppkurs mehr ist als ein notwendiges Übel: Er ist ein nützliches Werkzeug. Sie werden Ihre Fähigkeit verbessern, Unterstützungs- und Widerstandszonen zu erkennen. Das wiederum wird Sie in die Lage versetzen, Ihre Stopps nachzuziehen, nahe am Kurshoch zu verkaufen, Ihre Verluste zu begrenzen und Ihre Gewinne wachsen zu lassen. Ganz einfach.

Sie werden verstehen, warum die Messregel so wichtig ist – vor allem in turbulenten Börsensituationen. Wenn Sie nicht bereit sind, einen Verlust von 20 Prozent zu akzeptieren, werden Sie auch verstehen, warum der Durchschnittsgewinn, von dem in diesem Buch so oft die Rede ist, manchmal das Maximum dessen ist, was man erwarten kann. Und Sie werden auch verstehen, warum es oft recht schwierig ist, ein besseres Ergebnis als den „wahrscheinlichsten Gewinn“ zu erzielen. Vielleicht werden Sie bemerken, dass Ihre Freundin Diamanten liebt, dass Sie aber die gleichnamige Formation im Chart einer Ihrer Aktien gar nicht gerne sehen. Am Ende zählt nur eines: Erfahrung.

Viel Glück

Thomas N. Bulkowski

Inhalt

Vorwort

Einführung

Kapitel 1:

Sich verbreiternde Bodenbildungen (Broadening Bottoms)

Kapitel 2:

Rechtwinklige, steigende, sich verbreiternde Formationen

Kapitel 3:

Rechtwinklige, fallende, sich verbreiternde Formationen

Kapitel 4:

Sich verbreiternde Tops (Broadening Tops)

Kapitel 5:

Steigende umgekehrte Keil-Formationen

Kapitel 6:

Fallende umgekehrte Keil-Formationen

Kapitel 7:

Bump-and-Run Reversal Bottoms (BARR-Bottoms)

Kapitel 8:

Bump-and-Run Reversal Tops (BARR-Tops)

Kapitel 9:

Tasse mit Henkel

Kapitel 10:

Dead Cat Bounce

Kapitel 11:

Diamanten-Tops und Diamanten-Bodenbildungen

Kapitel 12:

Doppelböden

Kapitel 13:

Doppel-Tops

Kapitel 14:

Flaggen und Wimpel

Kapitel 15:

Hohe und enge Flaggen

Kapitel 16:

Kurslücken (Gaps)

Kapitel 17:

Hanging Man

Kapitel 18:

Kopf-Schulter-Böden

Kapitel 19:

Komplexe Kopf-Schulter-Böden

Kapitel 20:

Kopf-Schulter-Tops

Kapitel 21:

Komplexe Kopf-Schulter-Tops

Kapitel 22:

Horn-Böden (Horn Bottoms)

Kapitel 23:

Horn-Tops (Horn Tops)

Kapitel 24:

Inside-Tage

Kapitel 25:

Insel-Formationen

Kapitel 26:

Gemessene Abwärtsbewegungen (Measured Move Down)

Kapitel 27:

Gemessene Aufwärtsbewegungen (Measured Move Up)

Kapitel 28:

One Day Reversals

Kapitel 29:

Outside-Tage

Kapitel 30:

Rohr-Böden (Pipe Bottoms)

Kapitel 31:

Rohr-Tops (Pipe Tops)

Kapitel 32:

Rechteck-Böden

Kapitel 33:

Rechteck-Tops

Kapitel 34:

Runde Böden (Untertassen-Böden, Rounding Bottoms)

Kapitel 35:

Runde Tops (Rounding Turns)

Kapitel 36:

Steigende und fallende Muschel-Formationen

Kapitel 37:

Shark-32

Kapitel 38:

Steigende Dreiecke

Kapitel 39:

Fallende Dreiecke

Kapitel 40:

Symmetrische Dreieck-Böden

Kapitel 41:

Symmetrische Dreieck-Tops

Kapitel 42:

Dreifach-Böden

Kapitel 43:

Dreifach-Tops

Kapitel 44:

Fallende Keil-Formationen

Kapitel 45:

Ansteigende Keil-Formationen

Kapitel 46:

Trendumkehr nach unten auf Wochenbasis

Kapitel 47:

Trendumkehr nach oben auf Wochenbasis

Zusammenfassung der statistischen Daten

Einführung

Jim hat Probleme. Er ist Eigentümer von JCB Superstores, und sein lokaler Konkurrent versetzt ihm einen Schlag nach dem anderen. Jims Bilanz sieht furchtbar aus. Er entschließt sich, jetzt zum Angriff überzugehen, und bringt JCB an die Börse. Mit dem Geld aus dem Börsengang kauft Jim seinen Konkurrenten auf und eröffnet einige weitere Filialen in der Stadt.

Die Umsätze steigen, und Jim kann jetzt für die Büroeinrichtungen, die er verkauft, günstigere Einkaufspreise aushandeln. Einen Teil dieser Einsparungen gibt er an die Kunden weiter. Dennoch steigen seine Gewinnmargen, und er investiert seine Profite in den Bau weiterer Filialen.

Jim ruft seinen Freund Tom an und erzählt ihm von seinen Plänen, landesweit zu expandieren. Sie unterhalten sich eine Weile und sprechen über Geschäftsstrategien, mit denen sich die Expansion am besten managen ließe. Als Tom den Hörer auflegt, beschließt er, eigene Nachforschungen über JCB anzustellen. Er besucht einige Filialen und sieht überall dasselbe: überfüllte Parkplätze, Menschen mit bis zum Bersten gefüllten Einkaufswagen und lange Schlangen an den Kassen. Er befragt einige Kunden, um sich ein Bild zu machen, und in einigen Filialen spricht er sogar mit Lieferanten, die gerade ihre Waren anliefern.

Zurück im Büro, führt er eine gründliche Analyse der Finanzlage des Unternehmens durch und sieht sich die Wettbewerber an. Was er sieht, gefällt ihm gut, und daher beauftragt er seine Handelspartner, die Aktie zu kaufen; allerdings zu keinem höheren Kurs als zehn Dollar.

Als die Expansionspläne bekannt werden, gerät man an der Börse in Panik. Schließlich ist die Wirtschaftslage schwach, und angesichts einer drohenden Rezession wie verrückt zu expandieren ist geradezu dumm, wenn nicht gar kriminell. Das meinen jedenfalls die Aktionäre. Die Aktie fällt unter zehn Dollar, und Toms Team kauft. In aller Stille kaufen Toms Leute so viele Aktien, wie sie bekommen können, ohne Verdacht zu erregen. Die Aktie steigt jedenfalls. Sie erreicht wieder elf Dollar, dann zwölf, und bei etwa 13 Dollar fällt sie wieder ein wenig zurück.

Einige Monate vergehen, und die Konjunkturaussichten haben sich nicht im Geringsten verbessert. Die Aktie sinkt auf neun Dollar. Nachdem Tom sich bei Jim über die aktuelle Unternehmenssituation erkundigt hat, kauft sein Team weitere JCB-Aktien. Das fällt nicht schwer, denn die Investoren sind bereit, die Aktie billig abzugeben; vor allem aus steuerlichen Gründen, weil das Jahresende naht.

Sechs Wochen später veröffentlicht JCB seine Umsatzzahlen. Sie sind besser als erwartet. Innerhalb weniger Minuten steigt die Aktie um 15 Prozent und schließt bei 10,75 Dollar. Das ist nur der Anfang. Sechs Monate später ist klar, dass nie eine wirkliche Rezessionsgefahr bestanden hat, und jeder erwartet nun eine boomende Wirtschaftsentwicklung. Die Aktie steigt auf 20 Dollar.

Jahre vergehen, es kommt zu einigen Aktiensplits, und die Urlaubszeit steht vor der Tür. Tom befragt einige Kunden, die gerade aus JCB Superstores-Läden herauskommen, und stellt fest, dass sie alle aus einem bestimmten Grund unzufrieden sind: Die in der Werbung herausgestellten Waren sind nicht erhältlich. Tom forscht weiter nach und stößt auf ein massives Vertriebsproblem, mitten in der besten Verkaufssaison. JCB ist zu schnell gewachsen und hat nicht die erforderliche Infrastruktur, um die Eröffnung einer neuen Filiale pro Woche zu managen.

Tom stellt fest, dass es Zeit ist zu verkaufen. Er weist seine Handelsabteilung an, die Aktie sofort abzustoßen, aber zu keinem niedrigeren Kurs als 28,25 Dollar. Die Händler verkaufen etwa ein Drittel der Bestände, bevor die Aktie unter diese Minimalgrenze fällt.

Wegen der Urlaubszeit scheint alle Welt in Kauflaune zu sein. Unerfahrene Anleger halten den Kurs für günstig und steigen ein. Die großen Brokerhäuser teilen diese Meinung und veröffentlichen positive Analysen, aber Tom weiß es besser. Als die Aktie ihr altes Hoch wieder erreicht, verkaufen seine Händler den Rest der Bestände. Die Aktie bildet ein Top und dreht nach unten. In den folgenden sechs Wochen tendiert sie nach unten, langsam, wie zufällig. Man hat nicht den Eindruck, alle Anleger wollten JCB um jeden Preis loswerden. Es ist nur ein ganz langsames Abdriften nach unten, während sich die cleveren Investoren allmählich von der Aktie verabschieden.

Dann wird bekannt, dass die Umsätze während der Urlaubszeit schwach waren. Es gibt Gerüchte über Distributionsprobleme, Fehler im Vertrieb und Probleme beim Cashflow. Die Brokerfirmen, die sich noch vor Wochen so optimistisch geäußert hatten, raten ihren Kunden nun zum Verkauf. Die Aktie fällt über Nacht um 39 Prozent.

Ein, zwei Analysten schreiben, die Aktie sei überverkauft. Sie sei ein Schnäppchen, und Anleger sollten ihre Bestände aufstocken. Viele Schnäppchenjäger folgen diesem Rat und kaufen die Aktie. Ein grober Fehler. Die Kauflaune verhilft dem Aktienkurs zu einem kurzen Anstieg, bevor eine neue Verkaufswelle einsetzt. Jeden Tag fällt die Aktie ein wenig tiefer, so wie die Wellen am Strand an einer Sandburg nagen. Nach zwei Monaten ist die Aktie um weitere 30 Prozent gefallen.

Im folgenden Quartal meldet JCB Superstores, die Gewinne würden wahrscheinlich weit unter den Schätzungen liegen. Die Aktie fällt noch einmal um 15 Prozent. Das Unternehmen arbeitet daran, sein Distributionsproblem zu lösen, aber das ist keine leichte Aufgabe. Man beschließt, die Expansion zu stoppen und sich auf die Profitabilität der vorhandenen Filialen zu konzentrieren.

Zwei Jahre später sieht sich Tom den Aktienchart wieder einmal an. JCB hat sich lange Zeit kaum bewegt, so, als läge die Aktie im Koma. Er ruft Jim an und spricht mit ihm über die Aussichten von JCB Superstores. Jim zeigt sich ganz begeistert über ein neues Vertriebskonzept namens Internet und über die Möglichkeit, Büromöbel online zu verkaufen, ohne neue Filialen bauen zu müssen. Die Sache ist riskant, weil die Internetgemeinde noch in den Kinderschuhen steckt, aber Jim prognostiziert schnelles Wachstum. Tom ist beeindruckt. Er analysiert das Unternehmen von neuem, und bald darauf kauft er auch wieder JCB-Aktien.

Die Fußspuren der Investoren

Wenn Sie sich die Kursentwicklung von JCB Superstores noch einmal vor Augen führen, sollten Sie drei Chartmuster erkennen: einen Doppelboden, ein Doppel-Top und einen Dead Cat Bounce. Für erfahrene Anleger sind solche Muster keine zufälligen Schnörkel im Chart. Es sind die Fußspuren der cleveren Investoren. Erfahrene Anleger brauchen nichts weiter als diese Fußspuren, um immer größere Reichtümer anzuhäufen. Andere, wie zum Beispiel Tom, müssen hart arbeiten und aufwändiges Research betreiben, bevor sie es wagen, eine Aktie zu kaufen. Die erfahrenen Anleger hinterlassen diese Fußspuren. Sie sind die Vertreter des Smart Money, und sie bestimmen die Spielregeln. Jeder kann sich an diesem Spiel beteiligen. Man nennt es Investieren.

Ob man nun technische oder fundamentale Kriterien anwendet, es zahlt sich immer aus, wenn man weiß, was der Markt denkt. Es lohnt sich, nach diesen Fußspuren zu suchen. Sie können dabei helfen, einen Schiffbruch zu vermeiden und eine Aktie rechtzeitig zu verkaufen. Und die Füße, die diese Spuren hinterlassen, können Sie auch in den Hintern treten, um sie auf eine viel versprechende Investmentchance aufmerksam zu machen.

Dieses Buch vermittelt Ihnen das Werkzeug, solche Fußabdrücke zu erkennen, zu beurteilen, in welche Richtung eine Aktie tendieren wird, wie weit die Kursbewegung gehen wird, und wie verlässlich die Prognose in Wirklichkeit ist. Das Werkzeug allein wird Sie nicht reich machen, aber es ist ein wichtiges Hilfsmittel, um Ihren Wohlstand zu mehren. Verwenden Sie es weise.

Die Datenbasis

Wenn Sie erfahren wollen, was Sie über eine bestimme Chartformation alles nicht wissen, dann versuchen Sie, einem Computer beizubringen, eine solche Formation zu entdecken. Bei den Vorarbeiten für dieses Buch habe ich einige Monate mit dieser Aufgabe verbracht. Das Programm half mir, weit mehr als 15 000 Formationen zu lokalisieren, zu analysieren und zu dokumentieren. Es ist kein Ersatz für meine Augen oder mein Gehirn, aber ein brauchbares Instrument zur Steigerung meiner Fähigkeiten. Betrachten Sie das Programm als ein Paar zusätzliche Augen, als einen Freund, der Sie in die Rippen stößt und sagt: „Schau mal da hin. Das ist eine gewaltige Trendwende!“

Zu Beginn wählte ich 500 Aktien aus, jeweils mit einem Betrachtungszeitraum von fünf Jahren (Mitte 1991 bis Mitte 1996), um anhand der täglichen Kursveränderungen statistische Daten zu erhalten. Zu diesen Aktien gehörten die 30 Titel aus dem Dow Jones Industrial Average und andere bekannte Aktien, die sich hinsichtlich der Marktkapitalisierung deutlich unterschieden. Es kamen nur Titel in Frage, die deutliche Kursbewegungen zeigten, also nicht fünf Jahre lang am Boden lagen, und auch keine außergewöhnlich hohen Kursveränderungen von einem Tag auf den anderen aufwiesen, also zu illiquide oder zu volatil waren.

In der Regel entfernte ich solche Aktien aus der Datenbank, deren Kurs unter einen Dollar sank, denn hier stand womöglich der Konkurs kurz bevor. Die meisten Aktien in der Datenbank stammen von amerikanischen Unternehmen mit hohem Bekanntheitsgrad, und sie werden an der NYSE, der AMEX oder der NASDAQ gehandelt. Die zahlreichen Illustrationen in den einzelnen Kapiteln bieten eine repräsentative Auswahl der Aktien in der Datenbank.

Manchmal kam es zu einer Chartformation, die ein Problem darstellte. Das war so selten, dass 2500 Jahre (500 Aktien mal fünf Jahre) nicht ausreichten. Hier zog ich meine auf Tagesbasis berechnete Datenbank heran. Sie enthält etwa 300 Aktien und setzt dort an, wo die andere Datenbank endet.

Aktienkursentwicklung zwischen 1991 und 1996

Bevor wir uns mit den verschiedenen Chartmustern in diesem Buch beschäftigen, sollten wir uns die allgemeine Aktienkursentwicklung während des Betrachtungszeitraums vor Augen führen. Abbildung 0.1 zeigt den Chart des S&P-500-Index auf Monatsbasis. Von Mitte 1991 bis Januar 1992 zeigte sich der Markt zögerlich. Dann gab es einen scharfen Ausbruch nach oben, vielleicht eine Folge des Januar-Effekts, auf den dennoch ein Abwärtstrend bis Mai folgte. Falls Sie den Januar-Effekt nicht kennen: Man führt ihn allgemein darauf zurück, dass Anleger aus steuerlichen Gründen ihre Aktien kurz vor Jahresende verkaufen und sie dann im Januar wieder zurückkaufen. Die Verkäufe können die Kurse drücken oder auch nicht, während der Januar-Effekt zu einem vorübergehenden Anstieg führt. Ende 1992 sah es nach einem verfrühten Januar-Effekt aus, denn die Kurse befreiten sich schon im Dezember aus einer Konsolidierungsphase und erreichten neue Höchststände. Danach ging es erst richtig los, und die Kurse stiegen beständig bis März 1994. Dann geriet der Markt ins Stolpern; er sank zunächst fünf Monate lang und stieg dann vier Monate lang an. Ab 1995 setzte die Aufwärtsbewegung wieder ein, und zwar mit erhöhtem Tempo. Der Trend gewann an Dynamik, ehe er Anfang 1996 in Turbulenzen geriet.

Was bedeutet dies alles? Alles in allem war der Markt in den fünf Jahren des Untersuchungszeitraums und in den zwei, drei Jahren davor und danach, die in Abbildung 0.1 nicht gezeigt werden, deutlich nach oben gerichtet. Während der Markt stark anstieg, konnten aber viele Einzelaktien nicht ganz mithalten. Einige wiesen sogar stabile Abwärtstrends auf. Andere zogen rasant an, dann drehten die Kurse und fielen ins Bodenlose (denken Sie an die Halbleiter- und Halbleiterausrüstungs-Aktien im Jahr 1995).

Img

© www.tradesignal.com

Abbildung 0.1: Der Standard & Poor‘s-Index von 1991 bis 1996.

Während einer starken Hausse sind bullische Chartmuster erfolgreicher als sonst, denn es kommt zu weniger Fehlsignalen und zu längeren Kursanstiegen. Sie zeigen eine bessere Performance, denn eine steigende Flut hebt bekanntlich alle Boote.

Logischerweise sollten bärische Formationen in einem allgemein nach oben gerichteten Börsenumfeld öfter zu Fehlsignalen führen als sonst. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass solche Chartmuster einfach verschwinden. Sie treten einfach nicht auf. Man könnte meinen, dass nach oben tendierende Aktien irgendwann Trendumkehrformationen ausbilden. In einem solchen Umfeld steigen sie aber einfach weiter, legen ab und zu eine Pause ein, um Atem zu schöpfen, und setzen dann ihren Anstieg fort.

Man erkennt diesen Trend in der Statistik. Bullische Formationen, solche also, die typischerweise nach einem Abwärtstrend auftreten und eine Trendumkehr anzeigen, treten öfter auf als bärische. Symmetrische Dreiecke sind ein gutes Beispiel. Dreiecke mit Kursausbruch nach oben traten 225-mal auf, während es in nur 176 Fällen zu einem Ausbruch nach unten kam. Der allgemeine Aufwärtstrend zeigte sich auch bei den Paarformationen: Es kam zu 542 Doppelböden (bullisch) und nur zu 454 Doppel-Tops (bärisch).

Sogar die Statistik spricht für die Hausse. Eine steigende Aktie kann 50, 100 oder sogar 1000 Prozent gewinnen. Die Gewinne können unbegrenzt sein, aber wie sieht es mit den Verlusten aus? Eine Aktie kann nur 100 Prozent, also ihren gesamten Kurswert verlieren, aber nicht mehr.

Durchschnitte und die Häufigkeitsverteilung

Die in diesem Buch so oft erwähnte Häufigkeitsverteilung verdient besondere Beachtung. Zuvor müssen wir aber den Begriff des Durchschnitts klären. Der Durchschnitt ist eine Summe, dividiert durch die Zahl der Einzelbeispiele. Wenn wir die Erträge aus fünf Chartmustern messen, die im Einzelnen 30, 40, 50, 60 und 120 Prozent betragen, dann liegt der Durchschnitt bei 60 Prozent. Er entspricht der Summe der Prozentwerte (300), geteilt durch die fünf Muster.

Dieses Beispiel zeigt, wie sich große Zahlen auf den Durchschnitt auswirken. Ohne den Einzelgewinn von 120 Prozent sinkt der Durchschnitt auf 180/4 oder 45 Prozent. Der große Einzelgewinn zieht den Durchschnitt nach oben und verzerrt das Ergebnis. Dieser Umstand ist bei der Erörterung bullischer Formationen von Bedeutung. Ein Gewinn von 600 Prozent bei einer bestimmten Formation kann ein Chartmuster besser aussehen lassen, als es in Wirklichkeit ist. Anstatt solche Einzelfälle wegzulassen (durch Entfernung der hohen Gewinne aus der Rechnung), verwende ich lieber eine Häufigkeitsverteilung.

Die esoterische Bezeichnung Häufigkeitsverteilung ist angemessen. Zu ihrer Berechnung verwendet man den höchsten und den niedrigsten Wert, um den Betrachtungsrahmen abzugrenzen. Dann teilt man den Rahmen durch zehn, um zehn Einzelbereiche zu bestimmen (diese Zahl ist willkürlich gewählt, wird aber meist verwendet). Dann ordnet man die Einzelwerte diesen Bereichen zu. Zum Schluss wird gezählt, wie viele Einzelwerte in jeden Bereich fallen (die Häufigkeit). Beachten Sie, dass die Werte nicht addiert werden. Es wird nur gezählt, wie oft sie auftauchen. Das ist in etwa so, wie wenn man eine Armee auf einem Schlachtfeld sieht. Es zählt nicht, wie groß jeder einzelne Soldat ist, sondern dass einem die Soldaten zahlenmäßig überlegen sind. Das Resultat ist das gleiche: Man macht sich in die Hose und läuft davon!

Tabelle 0.1 zeigt ein Berechnungsbeispiel. Nehmen wir an, ich studiere eine Chartformation und habe die Einzelwerte für 50 Chartmuster vor mir. Nehmen wir der Einfachheit halber an, dass die Spanne von fünf bis 95 Prozent Gewinn reicht. Die erste Spalte der Tabelle enthält Gewinne bis zehn, die letzte von mehr als 90 Prozent. Sie werden in der Tabelle nicht alle gezeigt; die ersten zehn Einträge in den entsprechenden Spalten betragen 8, 35, 70, 13, 95, 9, 6, 33, 3 und 63 Prozent (siehe Tabelle 0.1). Wenn alle 50 Einzelwerte eingetragen sind, wird ersichtlich, in welcher Spalte der höchste Häufigkeitswert liegt. Die Summe der Werte bildet die letzte Zeile der Tabelle, unter der Annahme, dass alle 50 Werte eingetragen worden sind.

Tabelle 0.1: Einige Einträge in eine Häufigkeitsverteilungstabelle für ein Chartmuster

<10%

11–20%

21–30%

31–40%

41–50%

51–60%

61–70%

71–80%

81–90%

>90%

1

1

1

1

1

1

1

1

1

1

20

8

6

5

5

1

2

0

0

3

Img

Beachten Sie: Die Summe der Werte bildet die letzte Zeile der Tabelle, unter der Annahme, dass alle 50 Werte eingetragen worden sind.

Aus den Zahlen in der letzten Zeile erkennen wir, dass die erste Spalte die höchste Häufigkeit aufweist und die Gewinne von weniger als zehn Prozent enthält. Man könnte daraus schließen, dass der Gewinn einer Investition anlässlich einer solchen Formation wahrscheinlich zwischen null und zehn Prozent liegt, weil die meisten (40 Prozent) der Einzelwerte in diesen Bereich fallen. Der Durchschnitt der 50 Einzelgewinne wird aber wahrscheinlich höher als zehn Prozent sein, vor allem, wenn die höheren Bereiche entweder viele oder besonders hohe Einzelgewinne enthalten.

Die Spalte mit den meisten Einzelwerten nenne ich „den wahrscheinlichsten Gewinn“. Manchmal ist der Unterschied in der Summe verschiedener Spalten nur gering, und der wahrscheinlichste Gewinn liegt in einem Bereich zwischen zehn und 20 Prozent. Wenn ein Chartmuster einen wahrscheinlichsten Gewinn von zehn Prozent aufweist, bedeutet das nicht, dass Sie zehn Prozent gewinnen, wenn Sie dieses Muster traden. Wenn Sie es aber gut und oft genug tun, wird sich das Durchschnittsergebnis diesem Wert annähern. Trotzdem denke ich, dass der wahrscheinlichste Gewinn dem Investor ein besseres Verständnis der Performance oder der Zuverlässigkeit eines Chartmusters vermittelt.

Ich verwende die Häufigkeitsverteilung immer dann, wenn ich sehen will, welcher Bereich am häufigsten auftaucht, oder wenn ich meine, dass „Ausreißer“ den Durchschnitt verfälscht haben. Sie bietet eine interessante Perspektive und ist ein nützliches Werkzeug in der Hand des Investors.

Investieren anhand von Chartformationen

Ich könnte jedem Passanten einen Zahnarztbohrer in die Hand drücken, aber an meine Zähne würde ich ihn nicht heranlassen. Mit diesem Buch ist es ähnlich. Es gibt ihnen das Werkzeug zum erfolgreichen Investieren in die Hand. Es zeigt, welche Chartmuster am besten funktionieren und welche man besser meiden sollte. Ob Sie mit diesem Wissen Geld verdienen werden, liegt aber allein an Ihnen.

Ich nenne dieses Buch eine Enzyklopädie, denn ich verwende es wie ein Lexikon. Wenn eine Aktie in meinem Depot ein Chartmuster ausbildet oder wenn ich eine bestimmte Aktie kaufen will, lese ich das entsprechende Kapitel. Diese Information frischt mein Wissen auf über die Kniffe bei der Identifikation, die Performance und über Tipps, wie ich schneller oder profitabler handeln kann. Dann suche ich nach ähnlichen Mustern im Chart dieser Aktie, wobei ich verschiedene Zeitskalen verwende. Wenn das nichts bringt, suche ich nach ähnlichen Mustern bei Aktien derselben Branche. Ich untersuche sie genau, um zu erfahren, ob ihre Geheimnisse auf die aktuelle Situation anwendbar sind. Ich versuche, aus Fehlern zu lernen.

Außerdem führe ich Trades nur auf dem Papier anhand von Chartmustern bei den etwa 250 Aktien durch, die ich auf täglicher Basis verfolge (die Untersuchung dauert nur eine Stunde). Obwohl ich mich für einen erfahrenen Investor halte (oder was würden Sie nach fast 20 Jahren erwarten?), erhalten diese Papier-Trades meine Aufmerksamkeit aufrecht. Sie haben dazu geführt, dass die Aktion (Kauf oder Verkauf einer Aktie) von einer bewussten Handlung zu einem reinen Reflex geworden ist. Die ständige Prüfung der Performance eines Chartmusters zwingt mich dazu, ein intuitives Gespür für die Formation, die Aktie und den Markt zu entwickeln.

Die Entwicklung eines Investmentstils

Die Frage, die mir am häufigsten gestellt wird, lautet: Wie entwickle ich einen eigenen Investmentstil? Meist wird sie aber anders formuliert. Manche wählen den direkten Weg: Wie kann ich mit Aktien Geld verdienen? Als man mich das zum ersten Mal fragte, hatte ich Probleme mit der Antwort. Es ist etwa so, wie wenn man vier Leuten die Farbe Blau zeigt und sie dann bittet, sie zu beschreiben. Eine Person ist farbenblind, und man übergeht automatisch, was sie sagt. Eine sagt, es handle sich um ein tiefes, klares Blau. Die dritte meint, die Farbe sei nicht Blau, sondern Grün. Und die letzte sagt, es handle sich um eine Mischung aus Blau und Grün. Blau sieht für jeden blau aus – man sollte nur nicht versuchen, die Antworten zu vergleichen.

Die Entwicklung eines Investmentstils verläuft ganz ähnlich. Sie ist eine individuelle Bemühung, die viel mit Erfahrung zu tun hat. Erfahrung kann ich Ihnen nicht vermitteln; ich kann Ihnen nur Möglichkeiten aufzeigen, eigene Erfahrungen zu sammeln.

Wenn Sie ein Kapitel über ein Chartmuster lesen und Ihre erste Aktie kaufen, die dieses Muster aufweist, haben Sie wahrscheinlich Erfolg. Der erste Trade eines Anfängers klappt fast immer, vielleicht sogar auch der zweite und der dritte. Irgendwann aber wird Ihnen jemand den Teppich unter den Füßen wegziehen (wer weiß, vielleicht auch gleich beim ersten Trade). Sie werden aufgrund eines Chartmusters ein Investment tätigen, das dann schief geht. Vielleicht werden Sie auch von einer ganzen Herde schlechter Trades niedergetrampelt. Sie werden an Ihrem Verstand und vielleicht sogar an Gott zweifeln, aber eines ist sicher: Es funktioniert nicht.

Die meisten Leute kaufen Aktien so, wie sie Obst kaufen. Sie schauen es an, schnuppern vielleicht noch daran, und dann legen sie ihr Geld auf den Tisch. Wir reden hier aber nicht über 1,59 Dollar. Wir reden über Tausende von Dollars, die in Anteilscheine eines Unternehmens investiert werden.

Wenn Sie schon einmal Mitglied eines Aufsichtsgremiums waren, werden Sie verstehen, was ich meine. Sie tragen rechtliche Verantwortung für die Leute, die Sie in diese Position gewählt oder ernannt haben. Sie müssen nicht nur alle Unterlagen studieren, die Ihnen vom Personal überreicht werden, sondern sie müssen aktiv werden und Entscheidungen treffen. Sie dürfen nicht annehmen, dass die Aussagen des Personals immer korrekt sind oder die beste Lösung darstellen. Stellen Sie alles in Frage und lernen Sie dabei, Hilfestellung zu geben, ohne ein Plagegeist zu sein (ich falle allerdings offenbar immer in die Plagegeist-Kategorie). Als Aktionär – als Miteigentümer eines Unternehmens – sollten Sie sich ebenso verhalten.

Vor kurzem dachte ich darüber nach, eine Aktie zu kaufen, die aus einer symmetrischen Dreiecksformation nach oben ausgebrochen war. Mein Computerprogramm sagte mir, dass das Unternehmen zur Investitionsgüterbranche gehört und Feuerfest-Produkte herstellt. Ich stellte weitere Nachforschungen an, bis mir etwas schmerzlich klar wurde: Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, was ein Feuerfest-Produkt überhaupt ist. Trotz meiner Suche nach einer Antwort wollte sich dieses angenehm warme Gefühl nicht einstellen, das mich sonst immer überkommt, wenn ich über ein mögliches Investment recherchiere. Also ließ ich es sein. Ich handelte die Aktie natürlich, aber nur auf dem Papier, nicht an der Börse. Nennen Sie es das Peter-Lynch-Syndrom: Investieren Sie nie in etwas, das Sie nicht verstehen oder in einem einzigen Satz erklären können. Ein guter Rat.

Aber angenommen, Sie investieren blindlings in bestimmte Chartmuster, und es funktioniert: Wie kann ich mir dann anmaßen, Ihnen zu sagen, dass Sie einen Fehler machen? Tatsache ist: Sie machen keinen. Wenn Sie beständig Gewinne machen und einen Investmentstil entwickelt haben, der zu Ihrer Persönlichkeit passt: Gut für Sie!

Wie Sie sich vielleicht schon denken können, umfasst mein Investmentstil Fundamentalanalyse, technische Analyse, Emotionsanalyse und Money Management. Ich vertraue zwar auf die technische Analyse, aber das bedeutet nicht, dass ich das Kurs-Gewinn-Verhältnis, das Kurs-Umsatz-Verhältnis und andere, esoterischere Kennzahlen nicht beachte. Dann ist da noch das emotionale Element. Nach Monaten ohne einen einzigen Trade erscheint plötzlich eine viel versprechende Möglichkeit, und ich nutze sie. Drei Tage später möchte ich wieder traden. Warum? Tue ich das nur, weil es sich gut anfühlt, wieder mitten im Geschehen zu sein? Trade ich nur, weil die hübsche, alleinstehende Frau in meiner Nachbarschaft gar nicht weiß, dass ich existiere, lebe ich meine Frustrationen aus, oder versuche ich, ihr mit dem Umfang meiner Brieftasche zu imponieren? In solchen Fällen ist es gut, nur auf dem Papier zu traden. Ich kann mit neuen Techniken experimentieren und riskiere dabei nicht, mir die Finger zu verbrennen. Ich führe die Simulation ganz exakt durch, mein Unterbewusstsein merkt keinen Unterschied, und ich lerne eine Menge dabei.

Wenn der emotionale Aspekt geklärt ist, beschäftige ich mich mit dem Money Management. Welchen Gewinn kann ich realistischerweise erwarten, und wie viel könnte ich verlieren? Wie groß sollte die Position sein? Wann sollte ich sie aufstocken? Wie lange wird die Aktie brauchen, um mein Kursziel zu erreichen, und sollte ich vielleicht lieber in eine weniger attraktive, aber schnellere Aktie investieren?

Die Investition anhand von Chartmustern ist eine Übung auf der Grundlage der Wahrscheinlichkeit. Wenn man es lange genug macht, wird es funktionieren. Natürlich werden einige Investments scheitern, und Sie müssen lernen, Ihre Verluste zu begrenzen, bevor sie außer Kontrolle geraten. Aber die Gewinneraktien werden Ihnen gute Dienste leisten, wenn Sie die Gewinne wachsen lassen. Machen Sie nur niemals den Fehler, tatenlos zuzuschauen, wie sich der Kurs Ihrer Aktien verdoppelt oder verdreifacht, um danach zu drehen und auf das Ausgangsniveau zurückzufallen. Oder noch tiefer.

Day Trader, Positions-Trader und Langfristinvestoren

Beim Schreiben dieses Buches fragte ich mich ständig: Welcher Zeithorizont ist bei Chartmustern der richtige? Eignen sie sich am besten für Day Trader, für Positions-Trader oder für Langfristanleger? Die Antwort lautete immer: Ja! Chartformationen können für Day Trader profitabel sein – also für Leute, die einen Trade eingehen und ihn noch am selben Tag beenden. Viele Day Trader haben einen Trading-Stil, der von Chartformationen, Unterstützung und Widerstand abhängt. Sie konzentrieren sich auf zuverlässige Formationen, die zu schnellen, gut prognostizierbaren Kursbewegungen führen.

Für Positions-Trader, die sich zwar länger als einen Tag, aber doch eher kurzfristig engagieren, bieten Chartmuster brauchbare Anhaltspunkte für Ein- und Ausstieg. Ich gehöre selbst zu dieser Kategorie. Wenn ein Trade nicht gut läuft, bin ich schnell wieder draußen. Wenn er aber profitabel ist, sehe ich keinen Grund, meine Gewinne zu begrenzen. Wenn der Kursanstieg ins Stocken gerät oder wenn die Aktie sich meinem Kursziel nähert, denke ich daran zu verkaufen. Ähnlich wie ein Day Trader versuche ich meine Gewinne zu maximieren, indem ich bei Chartformationen kaufe, die zuverlässige Renditen versprechen und schnell zum Ziel führen.

Auch dem Langfristanleger liefern Chartmuster gute Ein- und Ausstiegspunkte. Kürzlich kaufte ich Aktien eines Öldienstleisters und wusste, dass dieses Investment zwei, drei Jahre lang keine nennenswerte Rendite abwerfen würde. (Ich täuschte mich: Die Aktie verdoppelte sich innerhalb von drei Wochen.) Ich glaube fest, dass die Aktie in drei Jahren mehr als 30 Dollar kosten würde, was gegenüber dem Kurstief eine Versechsfachung bedeutete. Verzehnfachen wird sich der Kurs wohl nicht, aber dennoch reden wir hier nicht von Kleingeld. Kurzfristig wird es ein steiniger Weg sein, und ich habe einen Kursrückgang dazu genutzt, meine Position aufzustocken. Weil ich hier langfristig investiert bleiben will, habe ich noch ein Kauflimit gesetzt, um noch mehr Aktien zu erwerben. Falls sich die Aktie nicht bewegen sollte, war meine Analyse der Markttrends falsch, und ich werde eine wertvolle Lektion gelernt haben.

Der Beispiel-Trade

Die Beispiel-Trades in vielen der folgenden Kapitel sind fiktiv, mit einer Ausnahme: dem Trade, den ich nach einem symmetrischen Dreiecksboden durchgeführt habe. Jedes Beispiel zeigt Techniken, die ich erklären will; mit fiktiven Personen in manchmal ungewöhnlichen Situationen. Nennen Sie es dichterische Freiheit, aber ich hoffe, die Beispiele werden Ihnen einige Ideen vermitteln, wie man Gewinne maximiert oder Verluste begrenzt.

Wenn Ihnen dieses Buch gefällt …

Wenn ich mein sauer verdientes Geld für ein Buch ausgebe, möchte ich einen vernünftigen Gegenwert erhalten. Ich hatte schon oft Grund zur Klage, dass ich aus einem Buch nichts Neues gelernt habe. Andere Bücher enthielten neue, aufregende Informationen, aber ich konnte sie nicht nutzen, weil mir die vom Autor vorgestellten Werkzeuge zu esoterisch oder zu teuer waren.

Ich habe mir geschworen, dem Leser in diesem Buch einen wirklichen Wert und Nutzen zu liefern. Die Informationen sind leicht zu finden, dank der Anordnung der Kapitel, der statistischen Daten am Beginn jedes Kapitels und der Ratschläge, die in einfach zu verstehenden Tabellen zusammengefasst sind. Die Kapitel enthalten in reichem Maß sachdienliche Illustrationen. Ich rate aber davon ab, dieses Buch ohne Pause vom Anfang bis zum Ende durchzulesen. Sie würden dabei einschlummern, selbst wenn Sie unter schwerster Schlaflosigkeit leiden. Verwenden Sie dieses Buch als Nachschlagewerk und konsultieren Sie es, bevor Sie einen Trade eingehen.

Wenn Ihnen dieses Buch dabei hilft, Geld zu sparen, Trades mit ein wenig mehr Selbstvertrauen zu wagen oder einen großen Gewinn zu erzielen, habe ich meine Aufgabe erledigt.

Kapitel 1

Sich verbreiternde Bodenbildungen (Broadening Bottoms)

Img

Die Ergebnisse auf einen Blick

Ausbrüche nach oben

Erscheinungsbild

Der Kurstrend weist nach unten und führt zur Ausbildung der Formation. Sie sieht aus wie ein Megaphon: höhere Hochs und tiefere Tiefs, deren Abstand sich ausweitet. Der Ausbruch erfolgt nach oben.

Trendwende oder Konsolidierung

Kurzfristige (weniger als drei Monate) Trendwende nach oben

Fehlerquote

Zwei Prozent

Durchschnittlicher Kursanstieg

25 Prozent; wahrscheinlichster Gewinn bei weniger als zehn Prozent

Prozentsatz, zu dem das vorhergesagte Kursziel erreicht wird

59 Prozent

Überraschende Erkenntnis

Ein teilweiser Anstieg am Ende der Formation geht in 67 Prozent der Fälle einem Ausbruch nach unten, ein teilweiser Kursverlust in 80 Prozent der Fälle einem Ausbruch nach oben voraus.

Siehe auch

Sich verbreiternde Formationen, rechtwinklig und ansteigend; Sich verbreiternde Formationen, rechtwinklig und absinkend; Sich verbreiternde Tops; Ansteigende umgekehrte Keil-Formationen; Absinkende umgekehrte Keil-Formationen

Ausbrüche nach unten

Erscheinungsbild

Der Kurstrend weist nach unten und führt zur Ausbildung der Formation. Sie sieht aus wie ein Megaphon: höhere Hochs und tiefere Tiefs, deren Abstand sich ausweitet. Der Ausbruch erfolgt nach unten.

Trendwende oder Konsolidierung

Kurzfristige (weniger als drei Monate) Trendwende nach unten

Fehlerquote

Sechs Prozent

Durchschnittlicher Kursverlust

27 Prozent; wahrscheinlichster Kursverlust zwischen 15 und 20 Prozent

Prozentsatz, zu dem das vorhergesagte Kursziel erreicht wird

70 Prozent

Siehe auch

Sich verbreiternde Formationen, rechtwinklig und ansteigend; Sich verbreiternde Formationen, rechtwinklig und absinkend; Sich verbreiternde Tops; Ansteigende umgekehrte Keil-Formationen; Absinkende umgekehrte Keil-Formationen

Als ich die statistischen Daten für sich verbreiternde Bodenbildungen zusammenstellte, musste ich die Resultate ein zweites Mal prüfen, denn sie waren ungewöhnlich. Sich verbreiternde Bodenbildungen mit Ausbruch nach unten bringen größere Kursbewegungen als solche mit Ausbruch nach oben. Bullische Chartformationen weisen durchschnittliche Kursgewinne von etwa 40 Prozent auf; bei sich verbreiternden Bodenbildungen sind es nur 25 Prozent. Nach bärischen Formationen sinken die Kurse im Schnitt um etwa 20 Prozent; bei sich verbreiternden Bodenbildungen mit Ausbruch nach unten sind es 27 Prozent. Das bedeutet: Das Chartmuster deutet prinzipiell auf sinkende Kurse hin, obwohl es auch zu einem Ausbruch nach oben kommen kann. Selbst in diesem Fall steigen die Kurse nicht allzu stark, doch wenn es zu einem Ausbruch nach unten kommt, muss man mit stärkeren Verlusten rechnen.

Die wahrscheinlichsten Gewinne – berechnet anhand einer Häufigkeitsverteilung der Renditen – liegen in etwa auf dem Niveau, das man erwarten würde: zehn Prozent bei einem Ausbruch nach oben und relativ stolze 15 bis 20 Prozent bei einem Ausbruch nach unten.

Die Fehlerquoten sind ebenfalls bemerkenswert gering: nur zwei Prozent bei Ausbrüchen nach oben und sechs Prozent, wenn es nach unten geht. Ich halte alle Werte unter 20 Prozent für akzeptabel.

Eine überraschende Erkenntnis betrifft die teilweisen Anstiege und Verluste. In diesen Fällen bewegt sich der Kurs quer durch die Formation auf die gegenüberliegende Seite, dreht sich dann und setzt zu einem Ausbruch an. Wenn sich die Kurse von oben nach unten bewegen und anschließend die Richtung ändern, kommt es in 80 Prozent der Fälle zu einem Ausbruch nach oben. Bei Ausbrüchen nach unten sind es respektable 67 Prozent (die Entwicklung tritt in zwei von drei Fällen ein).

Tour

Sie fragen sich vielleicht, was eine sich verbreiternde Bodenbildung von einer entsprechenden Top-Bildung unterscheidet. Bei der Bodenbildung gibt es einen Kurstrend nach unten, der zur Ausformung der Formation führt. Bei der Top-Bildung tendieren die Kurse zunächst nach oben. Diese Unterscheidung ist eine willkürliche Bestimmung, die ich vorgenommen habe, um beide Formationstypen voneinander zu unterscheiden. Man könnte zur Bestimmung auch die Position in einem Zwölf-Monats-Chart verwenden: Formationen in der oberen Hälfte des Chartspektrums sind Tops, die anderen sind Bodenbildungen. Diese Vorgehensweise führt jedoch zu einem Problem, wenn die Formation in der Mitte des jährlichen Kursspektrums liegt: Zeigt sie dann einen Boden oder ein Top an?

Auch der Kurstrend, der die Formation einleitet, gibt keine klare Antwort. Wenn er fast horizontal verläuft oder sich kurz vor Beginn der Formation abrupt ändert, betrachte ich den Gleitenden Durchschnitt. Verläuft der 90-Tage-Durchschnitt nach oben oder nach unten? Wenn man den Trend kennt, weiß man auch, ob es sich bei einem umgekehrten Dreieck um ein Top oder um eine Bodenbildung handelt.

Manche behaupten, eine sich verbreiternde Bodenbildung existiere gar nicht. Sie betrachten einfach jedes umgekehrte Dreieck als Top-Chartmuster. Ich habe mich entschlossen, hier zu unterscheiden, denn es kann sein, dass sich die späteren Kursverläufe voneinander unterscheiden. Sie können hierzu die statistischen Zahlen heranziehen oder eigene Nachforschungen betreiben.

Abbildung 1.1 zeigt ein Beispiel einer sich verbreiternden Bodenbildung. Dieses spezielle Chartmuster nennt man Five-Point-Reversal, denn es gibt abwechselnd fünf Berührungspunkte mit der Trendlinie: zwei kleinere Tiefpunkte und drei kleinere Hochs. Ein Five-Point-Reversal ist selten: Bei den 77 sich verbreiternden Bodenbildungen, die ich untersucht habe, traten nur fünf davon auf. Der Kurs beginnt Ende August zu sinken und erreicht zwei Tage vor der Ausbildung der Formation ein Tief. Danach steigt der Kurs zwar für ein paar Tage und berührt erstmals die obere Trendlinie, aber dennoch gehe ich bei einer solchen Formation allgemein von sinkenden Kursen aus.

Img

© www.tradesignal.com

Abbildung 1.1: Eine sich verbreiternde Bodenbildung, speziell ein Five-Point-Reversal, so benannt wegen der zwei kleineren Tiefs (die geraden Zahlen) und der drei kleineren Hochs (die ungeraden Zahlen).

Dieses spezielle Chartmuster zeigt den teilweisen Kursrückgang, den ich bereits erwähnt habe. Der Kurs sinkt von 26 auf 24½, dreht danach und durchbricht die obere Trendlinie. Nach gut einem Jahr erreichte die Aktie ein Kurshoch von 38 ½.

Erkennungsmerkmale