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Originalausgabe
1. Auflage 2017
© 2017 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,
Nymphenburger Straße 86
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Redaktion: Sabine Franke
Umschlaggestaltung: Pamela Machleidt
Umschlagabbildung: shutterstock/Christopher Meder, shutterstock/Filip Fuxa, shutterstock/Iryna Savina, Ka Sundance
Fotos: Ka Sundance
Satz und E-Book: Daniel Förster, Belgern
 
ISBN Print: 978-3-7423-0105-5
ISBN E-Book (PDF): 978-3-95971-518-8
ISBN E-Book (EPUB, Mobi): 978-3-95971-517-1
 
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Inhalt

Vorwort
Kapitel 1: So fing alles an
Kapitel 2: Zusammen auf großer Reise
Kapitel 3: Wo ist der Spaten?
Kapitel 4: Der Sprung ins kalte Wasser
Kapitel 5: Down under with empty pockets - das Experiment
Kapitel 6: Arbeit in Neuseeland
Kapitel 7: Mit dem Laster durch Europa
Kapitel 8: Eine Finca auf La Palma, Auto und Geld
Kapitel 9: Von England nach Thailand
Kapitel 10: Wie wir am Airport London Heathrow feststeckten
Kapitel 11: Permakultur in Costa Rica
Kapitel 12: Südostasien mit vier Kindern
Kapitel 13: Mit fünf Kindern in Costa Rica und in den USA
Kapitel 14: Auf der Bühne in Thailand
Kapitel 15: Endlich zu Hause
Kapitel 16: Safari in Afrika
Kapitel 17: Mit elf Kindern auf Kamelen durch die Sahara
Kapitel 18: Wir kaufen Land
Kapitel 19: Unser Traum wird wahr
Zusatzinfos
 
 
 
 

Vorwort

Hallöchen ihr Lieben!

 

Wisst ihr, wir waren schon immer anders als andere Familien. Wir, das sind Katie, meine Frau, unsere sechs gemeinsamen Kinder Benny, Jaro, Ronja, Joa, Luna und Sofia – und ich, der Ka. Der Buchtitel legt nahe, dass wir Deutschland den Rücken gekehrt haben, um eine Weltreise zu machen. Aber eigentlich stimmt das so gar nicht. Denn wir waren als Familie schon immer auf Reisen, wir kennen das gar nicht anders. Es gab nie wirklich einen Zeitpunkt, an dem wir gesagt hätten: »So, jetzt gehen wir dann mal.« Wir waren nämlich schon immer weg. Das war schon so, als wir noch gar keine Familie waren, ja selbst bevor Katie und ich uns kennengelernt haben. Selbst das Fundament unserer Beziehung – die sich dann zur Familie entwickelte – wurde auf Reisen gelegt.

Katie und ich haben uns schon 1997 in Neuseeland kennengelernt. Da war sie gerade mal 18 und ich 21 Jahre alt. Damals waren wir aber eben (nur) auf Reisen, mit festem Zuhause in Deutschland. Und so ist das immer noch was anderes, als wenn man wirklich alle Zelte abbricht und keinen Platz mehr zum Zurückkommen hat. Unser Zuhause, einen festen Platz, an den wir zurückkehren konnten, einen Ort in Europa, haben wir erst 2010 aufgegeben. Bis dahin waren wir immer, mit einer Beziehung zu und einer Basis in Europa auf Reisen. Erst seit diesem Zeitpunkt sind wir höchstoffiziell (Trommelwirbel!) Auslandsdeutsche beziehungsweise Auswanderer, da wir unseren Lebensmittelpunkt nach Costa Rica verlagert haben. Auch wenn das nicht gerade viel bedeutet, denn wir sind in Wahrheit (digitale) Nomaden, ohne festen Wohnsitz und Besitztümer. Anfangs – als wir noch weniger Kinder hatten – sind wir mit einem Reiserucksack losgezogen, dann auch mal für eineinhalb Jahre mit einem schönen, geräumigen und selbst mit Holz ausgebauten Lastwagen. Wir waren Haussitten auf den Kanarischen Inseln, haben auf einer Permakulturfarm und in einer Lebensgemeinschaft in Costa Rica, campend am Strand in Australien, in Resorts in Südostasien, in Zelten in der Savanne Afrikas oder Ferienhäusern in Kanada gelebt. Wir sind sowohl mit Bus und Bahn unterwegs gewesen, getrampt, gelaufen, mit dem Fahrrad und Kinderanhänger gefahren als auch mit Schiffen und Flugzeugen gereist. Ein Auto haben wir in den über 15 Jahren, seit es uns als Familie gibt, nur für ganz kurze Zeit besessen. Die einzige wirkliche Verbindung, die einzige Konstante auf all unseren Reisen war immer das gemeinsame Erleben. Wir machen das alles immer zusammen als Familie. Immer.

Und das wirft natürlich die Frage auf, die wir hier in diesem Buch beantworten wollen: Warum machen wir das Ganze? Was treibt uns an, als so große Familie ohne Zuhause, ohne festen Wohnsitz oder wirklichen Anker ortsunabhängig durch diese wunderschöne Welt zu reisen, so fernab von den gesellschaftlichen Normen und Vorgaben?

Was man dabei verstehen muss: Katie und ich waren schon immer beseelt davon, Erfüllung, Zufriedenheit und Glück für uns und unsere Kinder zu finden. Dabei wurde uns schnell klar, dass wir sämtliche Normen und Konventionen zu hinterfragen hatten, da die Vorschläge, die das System und die Gesellschaft für uns bereithielten, für uns einfach keinen Sinn machten. Glaubt mir: Wir haben versucht, normal zu sein, reinzupassen und einfach einem Job nachzugehen, RTL2 zu schauen und eine gute, brave, bürgerliche Familie zu sein. Und wir hätten es so gern geschafft! Es ist nämlich nicht immer so leicht, gegen den Strom zu schwimmen und zu merken: »He, das bringt’s einfach nicht!« Der Versuch, normal zu sein, mündete in die wohl anstrengendsten und auch unglücklichsten sechs Monate unseres Lebens. Wir strengten uns so sehr an, in die Schablone zu passen. Aber so sehr wir uns auch verbogen hatten, Glück und Freude fanden wir nicht.

Im Schwabenland, wo wir aufgewachsen sind, heißt es immer gern: »Des gheert so!« – auf Hochdeutsch: »Das gehört eben so!«. Da wird einem doch tatsächlich auf allen Kanälen eingetrichtert, dass man nicht allzu viel Glück im Leben erwarten sollte. Wirkliche Lebensfreude und Zufriedenheit soll anscheinend nur einigen wenigen Glücklichen und Reichen vorbehalten sein. Hä? Warum denn, bitte schön?

Katie und ich haben uns eigentlich von Anfang an geweigert, diese Pille zu schlucken. Wir dachten schon immer: Es muss doch Alternativen zu diesem Wahnsinn geben. Es muss doch Alternativen dazu geben, einen Job zu machen, den man nicht mag, um komische Sachen zu kaufen, die man nicht mal haben will, um die dann wiederum Menschen zu zeigen, die man nicht wirklich leiden kann. Und dieses Spiel soll dann vierzig, fünfzig Jahre so gehen? Um bei diesem doofen Gesellschaftsspiel überhaupt mitspielen zu dürfen, müssen unsere Kinder in irgendwelche Institutionen gezwungen werden, in denen wir uns damals zu unserer Kinder- und Jugendzeit schon nicht wahrgenommen und wertgeschätzt gefühlt hatten. Also, nee! Da dachten wir uns: »Die Regeln sind doof. Das macht keinen Spaß. Tja, dann spielen wir dieses Spiel halt einfach mal nicht mit. Wir setzen gerade mal aus.«

Wir wollten noch nie Allerweltsmenschen sein, die das Leben halt aushalten und alles irgendwie hinnehmen, immer in Erwartung des Feierabends, des Wochenendes, des Urlaubs, der Rente … des Paradieses nach dem Leben. Uns war schon immer bewusst, dass wir ein Anrecht darauf haben, unser Glück zu finden, ein außergewöhnliches, aufregendes Leben mit Bedeutung zu kreieren, zusammen als Familie die Wunder der Welt in all ihren bunten Farben zu erforschen, während wir gleichzeitig anderen Menschen helfen und andere inspirieren dürfen. Ich weiß, ich weiß: Das klingt für den ein oder anderen geradezu abenteuerlich fantastisch und unerreichbar. Aber was soll man machen? Wenn du glücklich sein willst, musst du eben bereit sein, nach den Sternen zu greifen, auch wenn es sonst keiner wagt und die meisten Menschen denken, dass du spinnst.

Der Hauptgrund, warum wir diesen Weg für uns gewählt haben, sind unsere Kinder. Wir wollen diese abgedroschene Phrase »Du kannst alles werden, was du willst … Blabla …«, die zu oft von zu vielen anscheinend gebildeten, aber unglücklichen Menschen in Deutschland bemüht wird, mit Leben füllen und eben nicht nur mit fahlen, leeren Worten. Wir sind als Familie gemeinsam auf der Reise, weil wir es wichtig finden zu leben, andere Kulturen kennenzulernen und eben nicht nur aus Büchern oder der Glotze passiv zu konsumieren, sondern mit seinen eigenen fünf Sinnen alles aktiv zu erfahren und in sich aufzusaugen, ungefiltert, unkommentiert und roh. Es ermöglicht uns, uns nicht als lokale Nordeuropäer zu fühlen, sondern als wahre Weltbürger eine kritische Draufsicht auf unsere sehr einseitige deutsche Prägung zu erlangen und neue, frische Perspektiven wahrzunehmen. Unsere Kinder können so selbst erfahren, ob es für sie mehr Sinn macht, eben deutsch-genau-zuverlässig, aber immer latent gestresst zu sein, oder doch lieber gemütlich-langsam-tropisch-entspannt – oder etwas ganz anderes für sich als passend zu erleben. Das viele Sich-Auseinandersetzen mit fremden Kulturen auf Reisen bildet einen auf so vielen Ebenen und hilft einem, die für einen selbst passende Mischung und Seelenkomposition zu finden, die sitzt, passt, ’n bisschen wackelt und Luft für zukünftige Veränderungen hat. So verstehen wir uns nicht als Dauerurlauber (die wir ja irgendwie auch sind), sondern hauptsächlich als Familie, die mit ihren Kindern gemeinsam andauernd Bildungsreisen unternimmt. Für uns ist die Welt der Spielplatz und das Klassenzimmer – und das Leben der Lehrer.

Unsere Kinder sind begeisterte Schüler des Lebens. Sie lieben es, Wissen und neue Erfahrungen in sich aufzusaugen, sich weiterzuentwickeln und neue Fähigkeiten zu erlernen. Sie sprechen drei Sprachen, haben Freunde in mehr Ländern, als der Durchschnittsdeutsche jemals in seinem Leben zu Gesicht bekommen wird, und haben sich Lesen, Schreiben und Rechnen genauso wie das Laufen und Reden komplett allein beigebracht. Wenn sie sich für spezielle Themen begeistern, über die Katie und ich nicht genug wissen und zu denen sie in Eigenregie nicht genug Informationen zusammenklauben können, dann finden wir immer die passenden Lehrer, die leidenschaftlich ihr Wissen teilen und unseren Kindern helfen.

Wir als Familie lieben das Abenteuer, das Neue und Unerforschte, die Aufregung, in einem komplett fremden Land anzukommen und gemeinsam als Familie im wahrsten Sinn des Wortes Neuland zu betreten. Unsere Reisen bringen uns als Familie immer wieder so dicht zusammen – ach, wie schön das ist! Dazu kommt unsere Liebe für den Strand, das warme Meer und die freundliche südländische Mentalität. Auch wenn der deutsche Wald im Sommer nach einem warmen Gewitter wunderbar duftet und wir sehr gern im Winter in Kanada für zwei Wochen Schlitten fahren gehen, freuen wir uns auch nach so vielen Jahren in den Tropen nach wie vor über jeden einzelnen Tag, an dem wir unter Kokospalmen die Zehen im Sand vergraben können. Das Leben ist schön. Und auf dieser gemeinsamen (Lebens-)Reise als Familie gibt es auch kein wirkliches Ziel mehr. Wir müssen nirgendwo ankommen. Wir sind schon da.

Tja, und mit diesem Buch wollen wir dich einladen, mit uns zu träumen, zu lachen, deine eigenen Grenzen zu erforschen und sie – wenn du magst – hinter dir zu lassen, um in den aufregenden Raum der Ausdehnung und des Wachstums einzutreten und WIRKLICH zu leben. Das Leben ist aufregend und kostbar und soll gelebt werden – frei, ungebunden und ohne Grenzen. Bist du dabei?

Bedenke: Wenn wir als kleine Menschen ohne finanzielle oder emotionale Unterstützung, ohne Ausbildung, Wissen, Ersparnisse oder irgendeine andere Sicherheit es mit mittlerweile sechs Kindern schaffen konnten, zwei Jahrzehnte um die Welt zu reisen und es uns schön zu machen, was kannst du dann erst erreichen?

 
 
 
 

Kapitel 1

So fing alles an

Schon als kleiner Junge fand ich die Sommerferien am allerschönsten. Diese Zeit im Hochsommer hatte etwas Magisches an sich. Es war die wundervollste Zeit im Jahr. Meine Mutter war Lehrerin und hatte deshalb wochenlang frei. Sie hatte mehr Zeit für mich, war weniger gestresst, und wir konnten gemeinsam spannende Dinge erleben. Am allertollsten fand ich, wenn wir in den Urlaub gefahren sind. Zusammen mit meiner kleinen Schwester und meinem Papa haben wir wunderschöne Zeiten in Südeuropa verbracht. Eigentlich waren wir jeden Sommer irgendwo im Urlaub und haben den Rest des Jahres die nächsten Sommerferien herbeigesehnt.

Sommer bedeutete Freibad, lange, warme Nächte und ein Stück Freiheit. Ich glaube, dass es hauptsächlich um Freiheit ging. Den täglich wiederkehrenden Stress vergessen, um etwas Neues und Aufregendes zu erleben, befreit von den Begrenzungen des Alltäglichen und Normalen. Das Leben in einem neuen Licht zu betrachten, um Alternativen und Verbesserungen zu erkennen, und die Zeit und Energie zu haben, diese umzusetzen – das sind die Sätze, die mir in den Sinn kommen, wenn ich an die Gefühle meiner Kindheit denke, wenn es um Urlaub und Reisen geht. Und ich fühle heute noch genauso.

Ein weiterer Grundstein meines Lebens wurde schon gelegt, als ich noch ein kleiner Junge von nur sieben Jahren war: als ich mit leuchtenden Augen die alte, verstaubte Super-8-Kamera von meinem schon damals verstorbenen Opa erhalten habe, weil sie sonst keiner in der Familie haben wollte. Da tat sich für mich eine neue Welt auf. Seit ich diese Kamera das erste Mal in meinen Händen gehalten habe, war mir klar: Ich liebe das! Ich werde ein Filmemacher. Diese Leidenschaft hat mich mein gesamtes Leben hindurch bis zum heutigen Tag begleitet.

Die erste Videokamera hielt ich 1989 in den Händen, und das revolutionierte alles: Von da an konnte ich viel mehr Videos produzieren, da vorher die Filmrollen und deren Entwickeln teuer gewesen waren. Ab den Neunzigerjahren wurden Videokassetten eingeführt, die man überspielen und wiederverwenden konnte. Ach, wie toll! Mich juckte es überhaupt nicht, dass mich die anderen Kinder in der Schule immer auslachten, wenn ich mit meiner koffergroßen Videokamera ankam und eine Art Vlogs produziert habe, Jahre bevor es das überhaupt gab.

Und zum Glück haben dann zwei Kids in Kalifornien Mitte der Nullerjahre endlich mal YouTube erfunden, damit ich diese Leidenschaft fürs Filmemachen viel einfacher und direkter ausleben konnte. Ich bin froh und stolz, dieses soziale Netzwerk von Kreativköpfen seit den Anfangstagen aktiv bis zum heutigen Tag mitgestalten zu dürfen und dabei permanent Neuland zu entdecken und für uns als medienschaffende Künstler neu zu beanspruchen.

Mit neunzehn bin ich dann zum ersten Mal ganz allein mit dem Interrail-Ticket – also per Zug – durch Österreich, Italien und Griechenland gefahren. Ich bin in Mailand aufs Geratewohl in einen Zug eingestiegen und wollte eigentlich Richtung Süden, nach Rom. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, stand der Zug in Venedig. Das war auch in Ordnung so, denn ich hatte ja keine einzuhaltenden Termine in Süditalien. Lachend entstieg ich dem Zug und hatte eine wunderschöne Zeit dort. So verbrachte ich diesen Urlaub im Fluss der Ereignisse, ohne Plan und feste Vorstellungen. Ich ließ mich treiben. Es war ein wundervolles Gefühl. Der Duft der Freiheit strich mir liebkosend um die Nase und betörte meine Sinne.

Ich bin fast die gesamten Sommerferien gereist, und diese Reise hat mich verändert. Es war wie eine Befreiung. Eine Befreiung von den empfundenen Fesseln der Vorstellung, wie alles eigentlich zu sein hätte. Ich konnte Luft holen, atmen und einfach sein. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, wirklich anders auf meine Realität, die damals aus der Schule mit all ihren Anforderungen bestand, blicken zu können. Ich fühlte mich meinem wirklichen Wesenskern näher als jemals während meiner Schulzeit. Es war wie nach Hause zu kommen, und das, obwohl ich ganz allein und weit entfernt von meinem weltlichen Zuhause war. Wahrscheinlich fühlte ich genau deshalb so.

Beflügelt und inspiriert von dieser Erfahrung, plante ich meine nächste Reise. Direkt im Anschluss an mein Abitur, das ich inständig zu bestehen hoffte – allein schon wegen meiner aufregenden Reisepläne. Ich machte es mir selbst denkbar spannend mit dem Schulabschluss. Von der siebten Klasse an war ich nicht mehr gut in der Schule gewesen und immer schlechter geworden, je näher es ans Abitur ging. Ich habe mich dort immer irgendwie deplatziert gefühlt und dachte die ganzen Jahre, dass entweder irgendetwas mit dem System nicht stimmte oder dass es an mir liegen müsse. Wahrscheinlich traf beides zu. Um meine Freunde zu treffen, war ich eigentlich ganz gern dort. Aber das hätte man ja auch irgendwie anders organisieren können. Ohne das frühe Aufstehen, den Leistungsdruck mit den Noten und ohne die vielen desillusionierten und unmotivierten Lehrer.

Ich hatte zu dieser Zeit keine wirkliche Vision, was ich in meinem Leben erreichen wollte. Ich wurde zum Rebell, färbte mir die Haare in allen möglichen Regenbogenfarben, trug Nietengürtel und Doc Martens und bezeichnete mich als Punk. Keine Perspektive, und auf jeden Fall mal »no future«. Das war, glaube ich, auf der anderen Seite der einzige Grund, warum ich es auf der Schule überhaupt dreizehn Jahre lang ausgehalten habe: quasi »Abi mangels Alternative«.

Zum Schluss pokerte ich aber wirklich sehr hoch. Ich versuchte, das Abitur mit einem minimalen Arbeitseinsatz zu ergattern, ohne Lernaufwand und mit vielen Fehlzeiten. Zum Glück war mir mein Leistungskurslehrer, der über mein Bestehen zu entscheiden hatte, wohlgesonnen und gab mir zumindest so gute schlechte Noten, dass ich gerade so bestand. Vielleicht wollte er auch verhindern, mich noch einmal ein Jahr als Schüler erleben zu müssen. Ich war wirklich nicht das leuchtende Beispiel eines Musterschülers. Ich weiß es nicht genau, möchte an dieser Stelle aber noch mal meine aufrichtige Dankbarkeit für seine Kulanz aussprechen. Wer weiß, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich eine Ehrenrunde hätte drehen müssen. Aber: Ende gut, alles gut.

Im Sommer 1995 bin ich, nachdem ich einige Wochen gejobbt hatte, allein nach Mittelamerika, genauer nach Costa Rica geflogen. Das war damals noch ein richtiges Abenteuer. 1995 steckte das Internet noch in den Kinderschuhen, ich wusste gar nicht, was das ist. Selbst Telefonate über große Entfernungen hinweg waren nicht so selbstverständlich wie heute. Man musste mit einer Wählscheibe Funken erzeugen, um mit jemandem verbunden zu werden, hörte den anderen immer einige Sekunden zeitversetzt sprechen, und die Verbindung rauschte und knisterte oft oder brach mitunter auch ganz ab, je nachdem, von wo aus man telefonierte. Es war damals unglaublich teuer, über große Distanzen zu telefonieren, sodass man kommunikationstechnisch von der Heimat wirklich abgeschnitten war – vor allen Dingen im Vergleich zu heute. Aber genau das machte auch den Reiz aus. Die Welt war noch größer und weiter.

Costa Rica – dieses kleine, wilde Land im Herzen Mittelamerikas – besteht zu großen Teilen aus geschützten, einsamen Naturgebieten. Es gab fast keine asphaltierten Straßen, Telefon nur in den größeren Städten, und der Strom wurde vielerorts abends um zehn abgeschaltet.

Ich genoss also genau diese Einsamkeit mit mir allein auf der anderen Seite des Globus. Nachdem ich einige Zeit am Strand ausgespannt hatte, entschloss ich mich, eine große Bergtour zu unternehmen. Der höchste Berg Zentralamerikas – der Cerro Chirripó, fast 4000 Meter hoch – sollte es sein. Und so bin ich also ziemlich blauäugig und ganz allein auf diese Bergtour gegangen, ohne richtige Wanderstiefel oder Ersatzkleidung.

Eine Stunde vor der Schutzhütte im Gipfelbereich fing es dann natürlich an zu regnen, sodass meine gesamten Kleider durchnässt waren. In der Hütte gab es kein Feuer, niemanden, den ich um Hilfe hätte fragen können, und über Nacht fiel die Temperatur unter den Gefrierpunkt. Ein Umstand, mit dem ich nicht gerechnet hatte, so nahe am Äquator. Ich lag also die gesamte Nacht unter meiner zu dünnen Decke und fror erbärmlich. Zum Glück hatte ich eine Handvoll Teelichter dabei, mit denen ich unter der Decke versuchte, meine Kleider und mich selbst vor dem Frost zu bewahren. Als ich es um halb fünf Uhr morgens vor Kälte nicht mehr aushielt, weil meine Teelichter ausgebrannt waren, schlug ich auf meine nun doch gefrorenen Kleider ein, um sie weich zu bekommen, damit ich sie anziehen konnte. Ich bin gerannt, um nicht zu erfrieren. Trotz der Umstände erreichte ich gegen sieben Uhr morgens den Gipfel. Mir kam nicht in den Sinn, die Gipfelbesteigung aufzugeben.

Diese Erfahrung, die mich bis an den Rand meines Leistungsvermögens gebracht hat, hat mir gezeigt, dass eine gewisse planende Vorbereitung, bei aller Liebe zur Spontaneität, manchmal durchaus angebracht ist.

In Costa Rica warteten noch weitere wundervolle Erlebnisse auf mich, die mir sehr geholfen haben, unter anderem das Trauma der 13 Jahre Schule, die ich nie gern besucht hatte, hinter mir zu lassen.

Bestärkt und verändert begann ich im Herbst 1996 meinen Zivildienst, den ich mit der Pflege von schwerkranken Menschen verbracht habe. Diese Zeit bescherte mir weitere tief greifende Einsichten über das Leben – mal abgesehen von den wilden Partys während des Zivildiensts. Die Menschen, um die ich mich kümmerte und die wussten, dass sie bald gehen werden, zeigten mir, was es heißt, das Leben wirklich zu schätzen.

Einmal saß ich mit einem der Patienten im Abendsonnenlicht da und spürte seine warme Dankbarkeit dafür, einfach nur die Sonne auf der Haut zu fühlen. Ich bemerkte die tiefe Zufriedenheit dieses Menschen, die wärmenden Sonnenstrahlen wahrzunehmen, während er eigentlich tagtäglich dem Tod ins Antlitz blickte, da er nicht mehr lange zu leben hatte. Das lehrte mich Demut vor der Schönheit des Lebens. Ganz simple, scheinbar bedeutungslose Dinge gewinnen an Wert im Angesicht der Vergänglichkeit des Lebens.

Nach meinem Zivildienst arbeitete ich für einige Monate als Bandarbeiter im Schichtdienst und verdiente mit dieser Arbeit gutes Geld, welches ich größtenteils sparte, da ich noch bei meinen Eltern wohnte.

Denn ich hatte ein klares Ziel vor Augen: ein halbes Jahr nach Neuseeland, Australien und Thailand! Und so bin ich im Frühjahr 1997 zusammen mit einem sehr guten Freund und meinem ersparten Geld losgeflogen. Und nach nicht mal einer Woche in Neuseeland lernte ich eines Abends ein zauberhaftes, wunderschönes Wesen kennen, welches mich sogleich fasziniert hat.

Wir waren in einer Karaoke-Bar im Norden von Neuseeland, und es war ein warmer Sommerabend. Die Musik war viel zu laut, aber mich störte das nicht. Ich hatte nur Augen für diese wunderbare Frau, die, wie der Zufall es eben wollte, auch noch aus Stuttgart kam, in dessen Nähe ich aufgewachsen war und wohnte. Wir unterhielten uns den ganzen Abend. Sie erzählte mir aus ihrer Vergangenheit und dass sie mit ihrer Mutter früher in einer spirituell ausgerichteten Kommune gelebt hatte. Das faszinierte mich sehr, weil ich vorher noch niemanden kennengelernt hatte, der Teil einer solchen Gemeinschaft war. Wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut, als ob wir uns schon lange kennen würden.

Später am Abend gingen wir beide allein am Strand spazieren, während das Meer zu unseren Füßen brandete und über uns der Sternenhimmel funkelte. Sie hatte einen Rock an und sagte, dass ihr kalt sei. Also habe ich ihr meine Hose gegeben und mich in ihren Rock gezwängt. An diesem wundervollen Abend, im Angesicht des brandenden Ozeans und der glitzernden Sterne über uns, gaben wir uns dann vorsichtig und zärtlich unseren ersten Kuss, während ich einen Rock trug, der mir viel zu klein war.

Die Frau hieß Katie und sollte meine zukünftige Lebensgefährtin und Mutter unserer sechs gemeinsamen Kinder werden. Wir hatten eine Woche zusammen in Neuseeland. Am dritten Tag gingen wir in ein Tattoo-Studio in Auckland und ließen uns beide unser erstes Tattoo machen.

Jeden Tag dachten wir, es wäre unser letzter gemeinsamer. Einmal verpasste ich den Bus, ein anderes Mal fuhr er nicht so, wie es im Fahrplan stand. So lebten wir unbeschwert im Augenblick und erfreuten uns an unserer Gesellschaft – Moment für Moment. Es war schön, leicht – und irgendwie waren wir uns nahe und vertraut, obwohl wir uns ja gerade erst kennengelernt hatten. Bevor ich sie dann wirklich verließ und in meinen Bus Richtung Süden einstieg, sagte ich noch zu ihr: »Jetzt wird es Zeit, dass ich endlich loskomme, sonst verliebe ich mich noch ernsthaft in dich!« Aber obwohl ich in diesen Bus eingestiegen bin, konnte ich unserer Liebe nicht ent­fliehen.

Wir sahen uns dann ein halbes Jahr nicht mehr, da meine Reise durch die Welt (in diesem Fall Australien und Thailand) noch so lange andauern sollte. Ich versprach Katie aber, dass ich sie in Deutschland besuchen würde.

Ich reiste quer durch Neuseeland, zusammen mit meinem Freund. Wir kauften uns auf der Südinsel mit einem anderen Deutschen ein Auto und genossen unsere Freiheit in tiefen Zügen. Mit den Autopapieren gingen wir einfach in das nächste Postamt, zahlten ein paar »Kiwi-Dollars« für die Zulassung bei einer total freundlichen Dame, versicherten das Auto auch gleich noch dort und waren innerhalb von fünf Minuten legal registrierte und versicherte Autobesitzer. Wir konnten nicht fassen, wie leicht, unbürokratisch und freundlich dies vor sich ging, zumal wir ja Ausländer ohne feste Adresse im Land waren. Wir hatten ein DIN-A4-Blatt Papier als Beweis für die Zulassung und ein anderes als Versicherungsbescheinigung. »Da könnten sich die deutschen Kfz-Zulassungsstellen echt eine Scheibe von abschneiden«, dachte ich, als ich mir die vielen Besuche und langen Warteschlangen auf den lahmen, total überbürokratisierten Ämtern ins Gedächtnis rief, bei denen missmutige und unfreundliche Damen am Schalter Papiere entgegengenommen hatten und dabei schnaubend mit den Augen rollten und mit wichtiger Miene gebieterisch den Kopf schüttelten.

In unserem neu erworbenen, blechernen Stück fahrbarer Freiheit ging es los, über den Arthur’s Pass von Ost nach West über die Berge. Die Südinsel Neuseelands ist voller wilder, unberührter Natur, wechselhaft und bezaubernd schön. Man ist gespannt auf jede nächste Wegbiegung, weil dort ein komplett verändertes Bild auf einen warten kann. Ein weit gereister Mensch hat einmal sinngemäß über Neuseeland geschrieben: »Gott hat die gesamte vorhandene Natur des Globus zusammengenommen und daraus Neuseeland erschaffen.« Er hatte recht! So viel unterschiedliche Natur auf so kleinem Raum! Wir lagen einmal am Strand der Südinsel und betrachteten die schneebedeckten Berggipfel im Inland. Gleichzeitig waren wir im Begriff unsere Pullover auszuziehen, weil es uns am Strand zu heiß war. Da zog plötzlich eine Wolke vor die Sonne und der Wind frischte auf. Wir zogen den Pullover sofort wieder an und noch eine Jacke dazu. So ist Neuseeland.

Von Neuseeland aus ging es weiter nach Australien, wo wir ebenfalls mehr als zwei Monate zubrachten. Wir kauften uns in Sydney einen alten, großen Ford Falcon station wagon – quasi ein überdimensionierter Kombi American Style. Mit ihm ging es runter in den Süden, Richtung Melbourne. Von dort aus sind wir dann über Adelaide direkt ins Outback gefahren, natürlich nicht ohne zuvor noch an einem Grenzposten vor der großen roten Wüste von einem Ranger kontrolliert worden zu sein. Er untersuchte unser Auto auf Wasser- und Essensvorräte und ermahnte uns, nächtens aus Sicherheitsgründen nur im Konvoi hinter einem großen road train herzufahren. Es war ja das Jahr 1997, als wir durch das Outback fuhren, und die Tausende Kilometer lange Straße war damals erst vor nicht allzu vielen Jahren fertigasphaltiert worden. Wie gesagt: Es gibt einige Gefahren auf solch einer langen Reise, denen man durch gute Vorbereitung vorbeugen kann. Ein ausreichend großer Wasservorrat gehört dazu.

Die Erfahrungen im Outback, welches wir von Süden nach Norden durchfahren haben, kann ich nur als mystisch beschreiben. Das Outback ist so unvorstellbar groß und rot – und irgendwie unsagbar alt. Die Straße geht viele Tausend Kilometer immer nur geradeaus. Es gibt dort fast keine Zivilisation und Städte, manchmal nur alle paar hundert Kilometer eine Tankstelle. Nachts, wenn wir im Auto lagen, glitzerten und flimmerten die Sterne, wie ich es niemals zuvor in meinem Leben gesehen hatte. Die Sterne leuchten dort nicht einfach nur weiß und hell. Im Outback, viele Hunderte Kilometer vom nächsten künstlichen Licht entfernt, welches die Schönheit der Nacht mit seiner Leuchtkraft zudeckt, darf man den Himmel sehen, wie er ist: ein Lichtermeer aus funkelnden, sprühenden Farben. Alle Farben, die man sich nur vorstellen kann, vereint am Firmament. Die ganze Zeit gehen irgendwo Sternschnuppen hernieder, alles ist in Bewegung und trotzdem ist es still. Wunderschön.

Im Zentrum von Australien, am Ayers Rock – von den Aborigines Uluru genannt –, hatte ich so eine starke Verbindung zu Katie, dass ich ihr von dort aus einen langen Brief geschrieben habe, weil ich einfach ständig an sie denken musste. Denn während ich im Zentrum Australiens saß, war sie wieder nach Deutschland zurückgekehrt und hatte ihre mehrmonatige Neuseelandreise beendet.

Aber unsere Reise war noch nicht zu Ende. Nachdem mein Freund und ich gemütlich durch den Kakadu-Nationalpark bis nach Darwin gefahren waren, haben wir dort unser Auto auf dem Backpacker Car Market verkauft und sind über Singapur nach Thailand weitergeflogen. Dort machten wir – was ich jedem, der dorthin fliegt, raten würde – erst mal Strandurlaub. Die schwüle Hitze, das warme Meer und das gute Essen dort laden einen dazu ein, einen gemütlichen Bungalow mit Hängematte zu mieten, zu relaxen – und zu beobachten, was sich so tut.

Die Menschen in Thailand sind im Allgemeinen sehr entspannt und einfallsreich. Es braucht einen nicht zu wundern, wenn man eine ganze Familie sieht, die auf einer Vespa ihren Umzug ins neue Heim durchführt. Die schneidigen Motorroller dienen auch als Taxi, Tier- und Schwertransporter oder als Baustellenfahrzeuge. Es war immer wieder erstaunlich zu sehen, wie voll so ein Roller beladen werden kann, ohne dass er umfällt oder einfach zusammenbricht.

Nachdem wir also mehrere Wochen ausführlich und hingebungsvoll mit Nichtstun zugebracht und uns so angenehm langsam wie noch nie zuvor auf Reisen gefühlt hatten, entschlossen wir uns, uns um unsere spirituelle Weiterentwicklung zu kümmern. In Deutschland gingen die meisten seinerzeit zum Bund, um zu lernen, wie man tötet. In Thailand ist es hingegen Tradition, dass Männer mindestens einmal in ihrem Leben in eines der zahlreichen buddhistischen Klöster gehen, um dort für eine gewisse Zeit als Mönch zu leben und ihrer spirituellen Vervollkommnung näherzukommen. Ich weiß schon, warum ich Thailand so schön finde … Der Buddhismus ist dort allgegenwärtig und hat mich, ob seiner Friedfertigkeit und Toleranz gegenüber den anderen Weltreligionen, berührt.

Wir sind in die Nähe von Chaya bei Surat Thani gefahren, wo es eine große Klosteranlage gibt, die Retreats auch für westliche Besucher anbietet. In diesem Kloster darf man zehn Tage lang sein, ohne dass man redet und ohne dass irgendetwas von einem gefordert wird, außer dass man sich an den Tagesablauf hält. Der Tag ist von frühmorgens bis in den späten Abend genau durchstrukturiert, sodass man nicht darüber nachdenken muss, was man machen könnte. Die meiste Zeit verbringt man in stiller Meditation, bis auf eine halbe Stunde am Tag, in der gemeinsam mit den Mönchen heilige Lieder gesungen werden.

Es war eine unglaublich intensive Erfahrung, so abgeschnitten von der alltäglichen Ablenkung und dem Lärm der Zivilisation mit sich allein sein zu dürfen. So viele Gedanken, die endlich mal gedacht werden wollten, so viele Gefühle, die endlich mal gefühlt werden wollten – und alle kamen endlich zu meinem wachen Bewusstsein und sind über mich hinweggespült. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass viele davon gleichzeitig da waren. Bis diese reißende Flut nach sechs bis sieben Tagen zu einem kleineren Rinnsal wurde, hatte ich alle Gedanken und Gefühle des Universums erlebt – na ja, wahrscheinlich eher nur einen winzigen Teil davon, aber mir kam es zumindest so vor.

Ein Mönch verkündete einmal während eines Vortrags, dass es möglich ist, in einer Sekunde 28.000 Gedanken zu denken. Ich frage mich, wie er die so schnell gezählt hat, stimme ihm aber im Kern der Aussage vollkommen zu. Nach diesen zehn Tagen war ich von innen her gereinigt und verlangsamt. Ich verstand mich selbst mit all meinen Kreationen, Ängsten und Begierden wesentlich besser und hatte das Gefühl, einen guten, lang vermissten Freund gefunden zu haben. Nämlich mich! »Hi, schön, dass du da bist!«, dachte ich so bei und zu mir.

So geklärt und gereinigt bin ich dann wieder zurück nach Deutschland in ein normales Leben gereist, um meine Schreinerlehre zu beginnen. Nach einer Woche habe ich direkt bei Katie angerufen, um sie zu besuchen. Ich sah sie am Vorabend ihres neunzehnten Geburtstags, am 13. September 1997, wieder – zum ersten Mal nun in Deutschland. Als sie mir die Tür öffnete und mich anlächelte, war es mir, als ob ich nach Hause gekommen wäre. Wir nahmen uns gegenseitig in den Arm und haben uns seitdem nicht mehr losgelassen. Seit diesem Tag sind wir zusammen.

Gelernt

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Manchmal musst du gefühlt um die ganze Welt reisen, um das Glück zu finden, das bei dir vor der Haustür wohnt.