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Strategische Unternehmenskommunikation für Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen

 

Herausgegeben von Simone Hoffmann

Esther Alves

Dialogisches Internet für Krankenhäuser (Web 2.0)

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2017

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-030216-7

E-Book-Formate:

pdf:      ISBN 978-3-17-030217-4

epub:   ISBN 978-3-17-030218-1

mobi:   ISBN 978-3-17-030219-8

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Inhalt

  1. Vorwort zur Reihe
  2. 1 Web 2.0 für Krankenhäuser – Warum und warum lieber nicht
  3. 1.1 Wohin steuert das Netz?
  4. 1.2 Wo steht die Krankenhausbranche?
  5. 1.3 Dreh- und Angelpunkt: Der Patient
  6. 1.4 Eine falsche Formel und ihre Folgen: Patient = Kunde
  7. 1.5 Dennoch: Die Marke muss geführt werden, auch online
  8. 2 Web 1.5 für Krankenhäuser – Grenzen setzen
  9. 2.1 Wunderland Web – Was alles möglich ist
  10. 2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen
  11. 2.3 Die Klinik-Homepage
  12. 2.4 Social-Media-Kanäle – Eine Auswahl
  13. 2.4.1 Facebook
  14. 2.4.2 Google Plus
  15. 2.4.3 YouTube
  16. 2.4.4 Twitter
  17. 2.4.5 Instagram
  18. 2.4.6 Corporate Blogs
  19. 2.4.7 Instant Messaging
  20. 2.5 Am Anfang steht die Strategie – Und am Ende zählt der Content
  21. 3 Krankenhaus im Web – Belastungsprobe im Krankenhausalltag
  22. 3.1 Alles eine Frage des Budgets? – Warum Geschäftsführer Geld ausgeben müssen und wie Kommunikatoren auch mit weniger auskommen können
  23. 3.2 Für die Ausführenden: Presseabteilung, Marketingverantwortliche oder Einzelkämpfer – Wo fange ich mit Web 2.0-Aktivitäten an und wo höre ich besser auf?
  24. 3.3 Wie man ins Web hineinruft … Welche Botschaften zurückkommen können
  25. 4 Anhang
  26. Literatur
  27. Stichwortverzeichnis

Folgende Experteninterviews finden Sie in diesem Buch:

•  mit Martin Schleicher

•  mit Prof. Dr. Martin Schnell

•  mit Thomas Schwenke

•  mit Michael Schiffbänker

 

Vorwort zur Reihe

 

Die Themen »Kommunikation« und »Marketing« erleben in der Gesundheitsbranche seit geraumer Zeit einen Aufschwung. Schaut man in die Programme von Kongressen in der Gesundheitsbranche, so fällt auf: Noch vor zehn Jahren tauchten die Themen entweder kaum oder als letzter Programmpunkt auf. Mittlerweile gibt es eigene Kongresse, die sich nur mit Kommunikation in der Gesundheitswirtschaft beschäftigen – zu Recht. Kommunikation für Krankenhäuser ist wichtig und wird in ihrer Bedeutung eher zunehmen. Denn 42 % der Allgemeinkrankenhäuser haben 2013 Verluste geschrieben (DKI, Krankenhausbarometer 2014) und sind mittel- bis kurzfristig in ihrer Existenz bedroht. Eine Tatsache, die durch verschiedene politische Forderungen oder Rahmenbedingungen (Mindestmengenregelung, Investitionskostenfinanzierung, Mehrerlösausgleich, Zentrenbildung, sektorenübergreifende Qualitätskriterien, …) noch verschärft wird. »Die fetten Jahre sind [für Krankenhäuser] vorbei« (RWI-Institut, Krankenhaus Rating Report 2011), war der Krankenhaus Rating Report folgerichtig bereits 2011 überschrieben. Seither hat sich die Situation für Krankenhäuser noch verschärft.

Krankenhäuser, die zukunftsfähig sein und bleiben wollen, müssen nicht nur hervorragende Medizin und Pflege anbieten, sie müssen auch dafür sorgen, dass alle Zielgruppen (Patienten, Einweiser, lokale Politik, Kostenträger, Selbsthilfegruppen, …) davon wissen. Die damit verbundenen strategischen Kommunikationsaufgaben sind eine condition sine qua non für eine auf Leitungsebene konsentierte, strategisch medizinische Ausrichtung. Und diese strategischen Kommunikationsaufgaben gehören zur Kernkompetenz von Unternehmenskommunikation. Krankenhäuser sollten ihr Image oder die Anzahl der Patienten nicht nur dem Empfehlungsmanagement der Einweiser überlassen.

•  Zu Kommunikationsarbeit in einem Krankenhaus gehört auch Handwerk, jedoch eines, das von den Leitern und Lenkern eines Hauses als das wahrgenommen werden muss, was es ist: als ein Teil der Führungsaufgabe. Nur wenn die Leitungsebene eines Hauses erkannt hat, dass Kommunikationsarbeit einen wichtigen Teil ihrer Führungsaufgabe ausmacht und

•  jeder Fachfremde, sei er Qualitätsbeauftragter oder Sekretär, der »das bisschen Pressearbeit« mitmachen soll, zwangsläufig und unverschuldet an dieser Aufgabe scheitern muss,

nur dann kann gelingen, was professionelle Kommunikationsarbeit zu leisten im Stande ist: Sie kann das hauseigene Profil nach außen und innen schärfen, für unterschiedlichste Zielgruppen aufbereiten und sichtbar machen, Mitarbeitern Orientierung und damit Führung bieten. Und sie kann Krisen vor der öffentlichen Eskalation versachlichen und damit klein oder unschädlich halten.

Kurz gesagt: Sie kann den Führungskräften eines Hauses Durchsetzungs- und Gestaltungsfreiräume nach innen und außen eröffnen und damit Wettbewerbsvorteile generieren.

Es gibt Hunderte Bücher, die sich mit Kommunikation und Marketing beschäftigen, es gibt einige Bücher, die sich mit Kommunikation und Marketing in der Gesundheitsbranche beschäftigen. Aber es gibt sehr wenige, die dieses Themengebiet mit dem praktischen Wissen aus vielen Jahren Arbeit in einem Krankenhausunternehmen beleuchten.

Die vorliegende Reihe »Strategische Unternehmenskommunikation für Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen« zeigt mit jedem Band die unterschiedlichsten Aspekte von Unternehmenskommunikation auf: sehr praxisorientiert, da sämtliche Autorinnen und Autoren innerhalb der Branche arbeiten, und gleichzeitig auf einem hohen Reflexionsniveau. Allen Autorinnen und Autoren danke ich an dieser Stelle für ihr Engagement an dieser Buchreihe und für die auch nach Jahren der praktischen Arbeit nicht nachlassenden Lust an strategischer Unternehmenskommunikation.

Ohne die geteilten Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre Krankenhauskommunikation hätte diese Buchreihe nicht entstehen können. Es gab viele Menschen, die mich an ihrem Wissen teilhaben ließen oder mit denen und für die ich spannende Projekte umsetzen durfte. Dazu zählen in besonderer Weise: Siegmar Eligehausen, Thomas Grünert, Dr. Christoph Hoppenheit, Bernhard Messer, Ernst-Martin Walsken. Agenturen gibt es wie Sand am Meer, aber nur wenige, mit denen man über viele Jahre konstruktiv, vertrauensvoll und verlässlich zusammenarbeitet. Das ist nicht selbstverständlich. Deshalb »Danke« an: Butter. (Düsseldorf), Kemper Kommunikation (Frankfurt) und GUCC grafik & film (Münster).

Darüber hinaus danke ich ausdrücklich Dr. Ruprecht Poensgen vom Kohlhammer Verlag für die stets angenehme, vertrauensvolle und verlässliche Zusammenarbeit. Meine Kinder haben sich nie beschwert über eine Mutter, die am Computer sitzt statt Kuchen bäckt (und wussten besser als ich, wie viele Seiten bereits fertig geschrieben waren), und mein Mann hat dieses Buchprojekt in jeglicher Hinsicht unterstützt: danke!

Münster, Simone Hoffmann

 

 

 

1          Web 2.0 für Krankenhäuser – Warum und warum lieber nicht

1.1       Wohin steuert das Netz?

Der Mensch ist online. Es genügen ein paar nackte Zahlen, um diesen inzwischen nur schwer wegzudenkenden Wesenszustand zu unterfüttern: Mehr als 77 % aller Deutschen sind im Netz unterwegs, zehn Jahre zuvor waren es gerade mal 55 %1. Der Breitbandausbau in Deutschland treibt die Zahl weiter an, bis 2018 soll es nach den Plänen der Bundesregierung in ganz Deutschland schnelles Internet mit mindestens 50 MBit/s geben. Und es wird alles mobiler: Während 2009 lediglich rund 6 Millionen der Deutschen ein Smartphone, also ein internetfähiges Handy besaßen, waren es im Sommer 2015 schon 46 Millionen2 (image Abb. 1 und Abb. 2).

Es wird gesurft, geshoppt, gelesen, und – mehr denn je – gepostet, geliked und kommentiert. Das Netz ist die Öffentlichkeit unserer Gesellschaft. Letzteres ist Ausdruck dessen, was mit Web 2.0 umschrieben wird: Das Internet ist sozialer geworden, d. h. die Internet-User können nicht mehr nur Inhalte konsumieren, sie können sie auch kommentieren und sogar selbst produzieren und mit anderen Usern teilen. Die Zeiten, in denen das Internet lediglich als Darstellungsplattform für größere Firmen und Nachrichtenportale fungierte und nur in Einbahnstraßen-Manier nach außen kommuniziert wurde, ohne dass etwas zurückfließen konnte, sind lange vorbei. Das Web 2.0 ist dialogisch angelegt, oder wie der Organisationspsychologe Professor Peter Kruse sagte: »Das Internet ist kein reines Präsenzmedium, sondern ein Resonanzmedium« (Kruse 2015, S. 52). Es geht um Resonanz, »je aktivierender, desto besser« (Kruse 2015, S. 52).

Die Plattformen, die dem Web 2.0 ihr Gesicht und den Menschen ihre Kommunikationsfreiheit geben, sind vor allem die Social-Media-Kanäle: soziale Netzwerke wie Facebook, Google+, Xing, Linkedin, Instagram, Kurznachrichtendienste wie Twitter und Filmportale wie YouTube und Vimeo oder Bewertungsportale wie Jameda oder Sanego. Nach der letzten Bitkom-Studie »Soziale Netzwerke« (2013)3 sind 78 % der User in Deutschland in mindestens einem sozialen Netzwerk angemeldet. Und das ist ein Trend, der sich fortsetzen wird: Das Netz wird immer mobiler und interaktiver.

Spannendste Eigenschaft des Web 2.0 aus Sicht von Institutionen ist sicherlich der Wandel vom Informations- zum Meinungsmedium: Nie war es so leicht, seine eigene, kleine (in Relation zu Milliarden Usern) Meinung – zu was auch immer – gegenüber einem so gigantisch großen Publikum zu äußern; und das meist ohne strenge Kontrolle. Die Mund-zu-Mund-Propaganda erlebt eine nie dagewesene Transparenz und Verbreitung. Ihre unberechenbare Emotionalität treibt vielen Geschäftstreibenden die Schweißperlen auf die Stirn – verständlicherweise. Auf Feedbackseiten berichten Verbraucher frei heraus von ihren Erfahrungen mit verschiedenen Produkten, in Online-Shops zeigen Sterne an, wie zufrieden Käufer mit dem Objekt sind, und in Arzt- oder Klinik-Bewertungsportalen loben Patienten oder Angehörige die Behandlung – oder lassen eben gehörig Dampf ab. Damit richtig umzugehen, ist eine der größten Herausforderungen fürs Marketing.

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Abb. 1: Anzahl der Internetnutzer in Deutschland in den Jahren 2001–2015 (Quelle: statista)

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Abb. 2: Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland in den Jahren 2009–2015 (in Millionen) (Quelle: statista)

1.2       Wo steht die Krankenhausbranche?

Facebook bietet alles und jedem seine Freundschaft an – auch Krankenhäusern? Die stehen dem offenherzigen »big american friend« eher skeptisch gegenüber, die Gründe sind vielschichtig. Eindeutig sind zunächst die Zahlen: Von rund 2000 Krankenhäusern in Deutschland haben lediglich 15,7 % ein Facebook-Profil – aktiv dort unterwegs sind aber noch weniger: Gerade mal 125 (6,4 %)4posten regelmäßig Nachrichten. Und für 50 % der Posts von Krankenhäusern sind sogar nur 20 Häuser verantwortlich. Auf den anderen Kanälen wie Twitter, Instagram und Pinterest ist noch weniger los.

Dass eine eigene Homepage sein muss, ist längst unbestritten – wobei es auch hier qualitative Unterschiede gibt (image Kap. 2.3). Doch bei den sozialen Medien hinkt die Branche deutlich hinterher und nutzt die Bandbreite der Möglichkeiten noch lange nicht aus. Warum diese Zurückhaltung, während Marketingabteilungen anderer Unternehmen sich mit Posts mit großer Reichweite brüsten und jeden neuen Like bejubeln? »Ich glaube, dass der Fokus im Marketing vieler Krankenhäuser auf andere Themen gerichtet wird, oder der interne Kampf noch nicht gewonnen ist, dass der Schritt in Richtung Social Media gemacht werden sollte«, sagt Martin Schleicher, Diplom-Betriebswirt im Gesundheits- und Sozialwesen, der in seinem Blog »der gesundheitswirt« das Online-Marketing und Social-Media-Verhalten von Krankenhäusern beobachtet (s. Interview, S. 17). Diese Hypothese formuliert auch Sebastian Merkel, Forscher am Institut Arbeit und Technik. In seiner Studie »Krankenhäuser bei Facebook«5 hat er außerdem festgestellt, dass sich die Aktivität in sozialen Netzwerken auch nach Trägerschaft des Krankenhauses unterscheidet: So veröffentlichten in dem Untersuchungszeitraum private Kliniken häufiger Beiträge als die Betreiber freigemeinnütziger und öffentlicher Häuser. »Das könnte auch am zunehmenden Wettbewerbsdruck liegen«, so Merkel.

Geld, Personal, Knowhow – die Hürden sind offensichtlich. Doch in welcher Lage befinden sich Krankenhäuser derzeit? Transparenz nimmt im Gesundheitswesen eine immer größere Rolle ein, Patienten haben öfter Wahlfreiheit, wollen mitreden und entscheiden, und die Krankenhäuser stehen unter einem immer höheren Finanz- und Konkurrenzdruck. Das Mantra der Gesundheitsbranche – Qualität, Qualität – ist, so sieht es nicht nur der Marburger Bund (Kasper 2011, S.18), in Zukunft nur über Transparenz zu verwirklichen. Und Transparenz bedeutet, Kommunikation zuzulassen. Krankenhäuser müssen also im weiteren Sinne Marketing betreiben (vgl. Maucher 2010, S. 10 ff.). Und dazu gehört im engeren Sinne, im Netz aktiv zu sein – und zwar dem Medium entsprechend. Viele haben anfangs den Fehler gemacht, das Internet – neben den bisherigen Printprodukten – als einen zweiten Veröffentlichungskanal zu sehen, in den man gelegentlich etwas hineinstellt, so wie man eine Anzeigenreihe schaltet oder Flyer in der Klinik auslegt. Doch das Internet ist nicht statisch, im Gegenteil. Viele Häuser haben das noch nicht begriffen, sie sind – das zeigt auch die Nutzung ihrer Homepages – sehr selbstreferentiell und deshalb nur im Sendermodus. Ein Austausch mit Besuchern scheint bei dieser Einbahnstraßen-Kommunikation nicht vorgesehen.