cover.jpg

Carlo Manzoni

Ein Schlag auf den Schädel und du bist eine Schönheit

Ein SuperKrimi mit Lakritzenzusatz und wildgewordenen Regenschirmen, ganz zu schweigen von der Kirschenmarmelade und allem Übrigen, scheinbar made in USA, aber statt dessen lachmuskelspannend

LangenMüller

Titel der Originalausgabe

»Un colpo in testa, e sei più bella, Angelo«

Aus dem Italienischen übertragen von Maria Kern

Besuchen Sie uns im Internet unter

www.langen-mueller-verlag.de

© für das eBook: 2016 LangenMüller in der

F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München

© alle Rechte für die deutsche Sprache: 1963 LangenMüller in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Wolfgang Heinzel

Umschlagmotiv: Shutterstock

eBook-Produktion: F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München

ISBN 978-3-7844-8268-2

Erstes Kapitel

Der Silberstreifen eines guten Geschäftes zeigt sich am Horizont, aber kaum auf getaucht, verblaßt er wieder.

Seit ungefähr zwei Monaten sind meine grauen Zellen arbeitslos. Sie drehen den ganzen Tag Daumen und können nicht einmal etwas dafür, denn es gibt zur Zeit einfach nichts zu tun. Damit soll nicht gesagt sein, daß meine lieben Mitbürger plötzlich vernünftig geworden wären oder sich in ein Kloster zurückgezogen hätten.

So ist es nicht: es braucht mich einfach keiner, auch wenn die Polizei Überstunden macht. Alles geht glatt.

Ein Mord geschieht, und der Täter läßt auf der Leiche seine Visitenkarte mit Namen, Adresse, Telefonnummer und Besuchszeit liegen. Dadurch vereinfacht sich alles.

Es sieht so aus, als ob die Ganoven plötzlich, bar jeder Phantasie, schwachsinnig geworden wären.

So sitze ich da, die Füße auf den Tisch gelegt und warte ich-weiß-nicht-auf-was, und die Bourbonwhiskyflaschen ziehen an mir vorüber, eine nach der anderen, gleichförmig wie die Tage der Woche.

Eine steht vor mir auf dem Tisch in Erwartung ihres Unterganges, und eine andere, im Aktenschrank hinter mir, bereitet sich auf ihren Aufstieg vor.

Gregorio Scarta, mein Partner, liegt unter dem Schreibtisch, da, wo eigentlich meine Füße hingehören, und ab und zu höre ich ihn seufzen.

Er hat auch die Schnauze voll, den ganzen Tag nur so vor sich hinzuduseln, aber in unserem Beruf braucht man Geduld. Ich schütte die letzten Bourbontropfen in sein Plastikschüsselchen und werfe dann die Flasche in den Papierkorb.

Gregorio ist einer der besten Detektive unserer Stadt, auch wenn er ein Hund ist. In die Arbeit teilen wir uns nach unseren speziellen Fähigkeiten.

Er hat eine fabelhafte Nase und könnte, wenn es sein müßte, einen Knopf in der Sahara erschnüffeln.

Aber glauben Sie nicht, daß es sich bei ihm um eine normale Hundenase handelt: er hat ein Radargerät eingebaut, ein wesentlich besseres System als das der amerikanischen Marine.

Aber eine Untugend hat er, wenn man es so nennen will: er ist verrückt nach langschwänzigen Hundedamen.

Wenn Sie in mein Büro kommen, schauen Sie einmal unter den Schreibtisch, natürlich wenn Gregorio nicht dort liegt.

Ich habe so ein Möbel mit Schubfächern rechts und Schubfächern links, und hinten ist es mit einem furnierten Brett abgeschlossen.

Wo ich meine Beine haben sollte, befindet sich also eine Öffnung, die wie der Miniaturführerstand eines Lastwagens aussieht, mit dem einzigen Unterschied, daß ein solcher mit den Fotos flotter Bienen austapeziert ist, während das Unterteil meines Schreibtisches eine Galerie reizender Hundedamen aller Rassen enthält.

Und Gregs Freizeitgestaltung besteht darin, daß er die Fotos anhimmelt und sich die Schnauze leckt.

Ich kann mich da nicht einmischen, das wäre ungerecht, denn auch ich habe eine heftige Schwäche für das andere Geschlecht. Mein Geschmack ist allerdings wesentlich raffinierter als der meines Partners.

Entschuldigen Sie diese Plauderei über unsere intimsten Angelegenheiten, die Sie wahrscheinlich gar nicht interessieren, aber ich habe eben viel zu viel freie Zeit.

Ich stecke mir ein Stäbchen ins Gesicht, drehe mich um, mache den Aktenschrank auf und entnehme ihm die neue Bourbonflasche.

Während ich sie vor mich hinstelle, sehe ich einen Schatten hinter meiner Glastür.

Es klopft.

»Herein«, sage ich, nehme die Füße vom Tisch und lasse die Flasche verschwinden.

Mit einem Seitenblick sehe ich, daß mein Partner die Ohren spitzt und mit der Schnauze zur Tür wittert.

Dem ersten Eindruck nach scheint die Type an der Tür wie frisch aus dem Seminar entlassen. Blaue Uniform mit Goldknöpfen und Schirmmütze, die der Mann nun nach den letzten Regeln des Anstandes abnimmt. Ein üppiger Bürstenschnitt kommt zum Vorschein, unterbrochen von einer Furche, die sich rund um den Kopf, auch über die Stirn zieht und sicher dazu dient, der Mütze den richtigen Sitz zu garantieren.

»Guten Tag«, sagt er mit einem Lächeln und einer so vollendeten Verbeugung, daß mir bei so viel Vollkommenheit die Tränen kommen. Er ist doch ein wenig zu alt, um frisch vom Seminar zu kommen, aber man weiß ja nie: es gibt flotte Anfangsvierziger, die glatt für Volksschüler durchgehen könnten. Also warte ich, was kommt.

»Chico Pipa?« fragt er.

»In Person«, sage ich, »und Sie?«

Er nimmt eine Visitenkarte aus der Tasche und überreicht sie mir. Ich schaue sie an: In der Mitte ein kleines Wappen mit zwei gekreuzten Degen und darunter ein Name: Mauro Partitavintus.

»Ich bin der Chauffeur«, sagt der Herr Knigge. »Signor Partitavintus wünscht Sie zu sprechen und bittet Sie, in sein Büro zu kommen. Ich habe den Auftrag, Sie hinzubringen, natürlich nur, wenn Sie keine andere Verpflichtung haben.«

Ich bin an alle diese Höflichkeiten nicht gewöhnt, und sie machen mich, ehrlich gesagt, ein wenig verlegen.

Mir ist’s viel lieber, es kommt einer an, knallt mit einem Fußtritt die Tür zu und packt mich beim Kragen: »He Pipa, der Boß will dich sofort sehen, ich soll dich fesseln und knebeln und zu ihm schleifen. Marsch!«

Dann, zum Teufel, wüßte ich eine Antwort, aber zu dieser Sphärenmusik finde ich einfach keine Begleitung.

»Wie heißen Sie?« frage ich, um mich zu fangen.

»Ettore, mein Herr«, sagt der Herr Knigge.

»Hören Sie zu, Ettore«, sage ich, »wenn einer was von mir will, soll er sich gefälligst aus seinem Schaukelstuhl wuchten und seinen Allerwertesten in diesen Sessel, den Sie vor sich sehen, pflanzen. Sagen Sie Ihrem Chef, daß ich nicht gewohnt bin, beim ersten Pfiff zu spuren.«

Er betrachtet mich leicht verwirrt.

»Ja, mein Herr«, sagt er dann, »ich werde es bestellen.«

Er dreht sich um und geht zur Tür.

Ich schaue mir die Visitenkarte, die der Herr Knigge auf dem Schreibtisch hinterlassen hat, noch einmal an und schlucke.

Ich mag Leute nicht, die alles, was ich so von mir gebe, gleich wörtlich nehmen, aber der Herr Knigge scheint dies zu tun und nicht die mindeste Absicht zu haben, auf seinem Anliegen zu beharren.

»Moment mal«, sage ich.

Der andere bleibt, die Klinke in der Hand, stehen, dreht sich dann um und sieht mich an.

Bei genauem Hinsehen merkt man, daß die Degen auf der Karte gar keine Degen sind, sondern zwei gekreuzte Regenschirme. Das Ganze ist wohl mehr ein Firmenzeichen, das nur gern wie ein Adelswappen wirken möchte.

Und der Name Partitavintus zusammen mit der Fabrikmarke bedeutet Milliarden.

Signor Mauro Partitavintus ist der Gründer und Alleininhaber der größten Regenschirmfabrik des Landes.

Ich weiß nicht, ob Sie sich so etwas vorstellen können: ein Riesenbetrieb, einer Automobilfabrik nachgebaut, mit Fließbandproduktion, Prüfstand, Proberegenhalle und allem sonstigen Drum und Dran.

Die Partitavintusfabrik hat enorme Tagesproduktionsziffern: sie fabriziert Regenschirme von der billigsten Standardausführung bis zum Luxusmodell mit Chinaseidenbezug und Goldgriff.

Das permanent schlechte Wetter unseres Landes füllt die Brieftasche des Signor Partitavintus, und was da hineinfällt, ist sicher kein Regenwasser.

Jährlich ein Kunde wie dieser, und ein armer Detektiv könnte sich alle seine Träume erfüllen: eine kleine Villa mit einem Swimmingpool, möglichst in Olympiaformat, und immer gefüllt mit bestem Bourbonwhisky.

»Wissen Sie, Ettore«, sage ich, »ich hab’s mir anders überlegt. Sie sollen nicht umsonst hergekommen sein. Warten Sie unten, in zwei Minuten bin ich mit meiner Arbeit fertig und komme dann nach.«

»Sehr wohl, mein Herr«, sagt er, kehrt mir den Rücken zu und geht.

Meine Arbeit besteht darin, die Bourbonflasche zu entkorken und ihren Inhalt auf den Geschmack zu prüfen. So ziehe ich den Korken mit der gebotenen Behutsamkeit heraus und schenke mir ein hübsches Maß Kraftstoff ein. An dem Geschmack ist nichts auszusetzen.

Gut also, ich verschließe die Flasche wieder, stehe auf und gehe zur Tür. Greg schleicht mir nach, und ich erkläre ihm, daß ich ihn vorläufig nicht brauche.

Ich gehe allein, um auszukundschaften, worum es sich handelt; dann sehen wir weiter. Greg blinzelt zum Zeichen, daß er verstanden hat, und trollt sich.

Ich weiß genau, wohin es ihn zieht. In die »Fledermaus«, die Bar in meiner Straße, wo ein langschwänziges Hundemädchen wohnt. Fernanda heißt sie.

»In einer halben Stunde zum Rapport«, sage ich, »vielleicht brauche ich dich.«

Ich weiß nicht, ob Greg diesen ihm im Hinuntergehen nachgerufenen Satz noch mitbekommen hat. Als ich aus der Haustür trete, sehe ich, daß meine Straße in ihrer ganzen Länge von einem nachtblauen Straßenkreuzer ausgefüllt ist.

Als der Herr Knigge mich sieht, nimmt er die Mütze ab, verbeugt sich und öffnet die rückwärtige Türe.

Ich steige ein, durchquere den Raum und versinke in einem Fauteuil beim Fenster.

Jenseits des Mittelfensters sitzt der Herr Knigge, drückt auf ein paar Knöpfe, und schon fliegen die Häuser in vollkommener Stille an uns vorüber.

Ich versuche eine Berechnung, wieviele Regenschirme wohl dieser Transatlantikkreuzer gekostet haben mag und wieviel der Besitzer für den absolut geräuschlosen Motor noch drauflegen mußte.

Mathematik ist nicht meine Stärke, und so gebe ich es bald auf, öffne den Barschrank, der vor mir steht, und genehmige mir ein Glas Bourbon.

Als ich den letzten Tropfen inhaliert habe, sind wir da.

Ich steige aus, und der Herr Knigge geleitet mich zu einem kleinen Palast, in dem wohl die Büros der Firma untergebracht sind.

Wir durchqueren die Halle, vorbei an einem Goldgeknöpften, der bei meinem Anblick ein bis zu den Ohren reichendes Grinsen aufsetzt. Wir gehen weiter, eine Treppe hinauf, einen Korridor entlang; der Herr Knigge bugsiert mich in einen Salon und geht.

Ich habe nicht einmal Zeit, mich umzusehen, da öffnet sich die Türe schon wieder. Als erstes erblicke ich eine Reihe schneeweißer Zähne mit einer Menge atemberaubender Sachen rundherum. Bei dieser Aussicht könnte selbst eine eiserne Lunge Asthma bekommen.

Sie haben sicher schon verstanden, worum es sich handelt, und ich kann mir Details ersparen.

Ich möchte nur noch sagen, daß sie als Frisur einen goldenen Helm und ansonsten die übliche Büroverpackung trägt: schwarzer Kittel mit weißem Kragen.

Um dem Milieu gerecht zu werden: als Regenschirm mit goldenem Knauf verkleidet. Aber ich garantiere Ihnen, daß trotz dieser Verpackung keine Gefahr besteht, sie mit einem Regenschirm zu verwechseln. Sie prüft mich schnell und gründlich und scheint mit dem Ergebnis nicht unzufrieden.

»Guten Tag, mein Herr«, sagt sie.

»Salve, Goldstück«, grüße ich sie, aber zu mehr läßt sie mir keine Zeit.

»Signor Partitavintus«, sagt sie, immer noch lächelnd, »erwartet Sie in seinem Büro.«

»Könnte man das Ende dieser Reise nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschieben?« frage ich. »Ein längerer Aufenthalt, hier, auf halber Strecke, wäre sehr nach meinem Geschmack; das Panorama genießen, die Denkmäler bewundern und so …«

Ich merke, daß sie mich genau versteht. Sie lächelt nicht mehr, wird rot, reißt dann die Tür auf und dreht mir den Rücken zu.

»Wollen Sie mir bitte folgen«, sagt sie und setzt sich den Korridor entlang in Bewegung. Ich hake meinen Blick am Ende ihres Rückens ein und lasse mich abschleppen. Von einem Abschlepper dieser Kategorie ließe ich mich auch ans Ende der Welt ziehen. Leider ist der Korridor bald zu Ende, sie öffnet eine Tür und bedeutet mir, einzutreten.

Ich hake mich also los und betrete einen großen Raum, in dem Bücherschränke und Klubsessel stehen; an der Wand ein Kolossalgemälde: eine Straße unserer Stadt während eines Platzregens, und Männer und Frauen mit geöffneten Regenschirmen.

An einem großen Schreibtisch sitzt ein Mann in den Fünfzigern, kahl und mit einer Nase im rosigen Vollmondgesicht, die wie der Griff eines Regenschirms aussieht.

Er trägt einen vollendet geschnittenen grauen Anzug, und auf der blauen Krawatte glänzt eine Nadel in Form eines Regenschirmes.

»Alle diese Regenschirme fallen mir langsam auf die Nerven«, sage ich. »Überall sehe ich schon Regenschirme, auch bei hellem Sonnenschein.«

Signor Partitavintus deutet ein Lächeln an, steht auf, streckt den Arm aus und reicht mir eine Art rohes Beefsteak, das ich drücke, aber nicht zu sehr, damit der Fleischsaft nicht auf die glänzend polierte Schreibtischplatte tropft.

»Ich danke Ihnen, daß Sie gekommen sind«, sagt er.

Er nimmt das Beefsteak wieder an sich und setzt sich.

Ich schaue mich um und merke, daß der Goldkopf verschwunden ist; so verfrachte ich meinen Körperbau in einen Klubsessel.

»Sie sind der beste Detektiv der Stadt«, sagt der Regengott, »deshalb habe ich Sie rufen lassen.«

»Um was geht’s, bitte schön?« frage ich. »Stiehlt Ihnen jemand die Regenschirmstäbchen?«

Ein Zornesblitz taucht in seinen Augen auf, aber er beherrscht sich. Ich verstehe, daß er nicht der Typ für neckische Scherze ist.

»Es handelt sich um eine rein persönliche Angelegenheit«, sagt er. »Meine Fabrik hat nichts damit zu tun. Ich muß um strengste Diskretion bitten über das, was ich Ihnen jetzt sagen werde.«

»Keine langen Vorreden«, sage ich. »Sie wissen recht gut, wer ich bin und was ich kann. Sagen Sie endlich, um was es geht, oder muß ich Ihre Absichten auch erst ausschnüffeln?«

Er seufzt und betrachtet seine Krawattennadel.

»Also gut«, sagt er, es handelt sich um meine Frau. Ich habe Grund anzunehmen, daß sie mir etwas verbirgt.«

Ich mache ganz kleine Augen und sehe ihn scharf an, während es in meinem Magen zu brodeln beginnt.

»Seit einiger Zeit hat sie sich verändert«, fährt er fort. »In den letzten Monaten hat sie mehrere Nächte außer Haus zugebracht.«

Ich balle die Fäuste zusammen, um nicht herauszuplatzen.

»So daß ich Ihnen also Ihre Hörner abmontieren soll?« frage ich zwischen den Zähnen.

Sein lebhaft gefärbter Teint wird noch dunkler, und die Röte steigt bis zur Glatze an.

Aber der Regengott fängt sich gleich wieder und neigt sich mir zu.

»Ich erlaube Ihnen nicht, in diesem Ton mit mir zu sprechen«, sagt er und starrt mich böse an.

Um die Ruhe zu bewahren, hole ich tief Luft und halte den Atem an.

Auch er entspannt sich und läßt sich in seinen Sessel zurücksinken. Sein Teint kehrt zu dem normalen Schweinchenrosa zurück.

»Man hat mich vor Ihnen gewarnt, aber auf so viel Unverschämtheit war ich nicht gefaßt«, sagt er. »Nun ja, ich brauche Sie und muß Sie darum verdauen, wie Sie sind.«

»Eben«, sage ich.

»Ich will wissen, was mir meine Frau da zusammenbraut«, sagt er, nimmt ein Scheckbuch aus der Schublade, öffnet es und schraubt die Kappe seines Füllers ab.

»Sagen wir 100 000 à conto«, sagt er.

Ich stehe langsam auf, stütze meine Fäuste auf den Schreibtischrand und produziere ein halbes Grinsen mit der rechten Mundhälfte.

»Sagen wir 200 000«, sage ich.

Er schaut mich an und möchte etwas sagen, zuckt aber nur die Achseln und schreibt.

Als er fertig ist, reißt er den Scheck heraus und legt ihn mir hin. Ich kontrolliere ihn, ob er in Ordnung ist: Zahl, Datum, Unterschrift.

»Alles o. k.«, sage ich, »danke. Sie haben tatsächlich 200 000 geschrieben.«

Dann zerreiße ich den Scheck in kleine Fetzchen, die ich von oben herunterflattern lasse, so daß sie wie kleine Schneeflocken in der Luft tanzen. Und ich kann nicht beschreiben, wie sehr ich in diesem Augenblick leide.

»Bedaure«, sage ich, »Sie sind an die falsche Adresse geraten. Für diese Arbeit bin ich nicht zu haben. Es gibt Hunderte von Detektiven, die sich hauptsächlich mit Angelegenheiten gehörnter Ehemänner abgeben. Sie haben die Wahl, sich Ihren Kopfschmuck ohne Narkose abmachen zu lassen oder auf die ganz schmerzlose Tour. Sie können Ihre Hörner tarnen oder auf Glanz polieren lassen, um sie dann mottensicher aufzubewahren. Ich befasse mich nicht mit Hörnern.«

Nun wird er von seinem Stuhl aufspringen und dann, vom Schlag getroffen, zusammenbrechen. Stattdessen sehe ich ihn zusammensinken wie einen angestochenen Luftschlauch. Er schließt die Augen und zieht die Brauen zusammen wie einer, der nicht in Tränen ausbrechen möchte. Beinahe bin ich gerührt, aber zum Glück sehe ich ein Fetzchen von dem Scheck geradewegs auf seiner Glatze landen, und unterdrücke nur mühsam ein großes Gelächter. Ich drehe mich also um und gehe zur Tür.

Ich höre, wie er mich ruft.

»Chico Pipa!«

Ein seltsamer Unterton ist in seiner Stimme; ich kann aber nicht genau ausmachen, was er besagen will. Vielleicht Angst?

Teufel, Teufel, Angst… aber wovor?

Mit einem Achselzucken öffne ich die Tür.

»Wenn Sie Angst haben, daß Ihre Hörner naß werden«, sage ich im Hinausgehen, »lassen Sie sich doch einen Regenschirm mit extralangem Griff anfertigen. Sie können es sich ja leisten.«

Ich schließe die Tür und verdufte.