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Inhalt

Einleitung

Bob Dylan und die Hells Angels

Vom Poser zum Poeten

Bob Dylan zu Gast bei Les Crane

Bob und die Beatles

Der Unfall

Bob und der fremde Schachspieler

Bob der Boxer

Bob’s Fightclub

Hurricane

Bobs Hund Brutus

Wiedergeburt

Tambourine Man trifft Letterman

Bob, George Harrison und Michael Douglas

Bob der Komiker

Bob der Schauspieler

Bob und Bill

Bob Dylan probt nicht

Bob und Axl

Bob glaubt an Geister

Bob muss mal

Bob und die Frauen

Bob und John Lennon

Bob und die Sucht

Bob begegnet einem Engel

Bob der Verwechslungskünstler

Bob der Dieb

Bob, Jesus und die Mumie

Bob der Vagabund

Bob und die Präsidenten

Dylans Trophäen

Bob wird verhaftet

Bob und der Nobelpreis

Quellennachweis

Einleitung

»Jesus wurde gekreuzigt, weil er bemerkt wurde. Deshalb verschwinde ich häufig von der Bildfläche.«

Bob Dylan

 

Rein körperlich ist Bob Dylan nicht gerade der Größte. Doch was seine musikalische Genialität und Wortgewandtheit angeht − umso mehr. Am 24. Mai 1941 erblickt Bob Dylan in Duluth, Minnesota, das Licht der Welt. Damals heißt er noch Robert Allen Zimmerman. 1962 lässt er seinen Namen dann offiziell in Bob Dylan ändern.

Im Laufe seiner Karriere durchläuft er die unterschiedlichsten Phasen. Seine Wurzeln liegen in der amerikanischen Folk-Musik, doch er geht schon bald zum Rock’n’Roll über, experimentiert mit verschiedenen Genres wie Punk oder Gospel-Rock und kehrt schließlich wieder zu seinen Wurzeln zurück.

Schon zu Beginn seiner Karriere zeigt sich Dylan aufmüpfig und exzentrisch. Er will sich in keine Schublade stecken lassen, erfindet sich immer wieder neu und legt größten Wert auf seine Individualität. Wie er einmal in einem Interview erklärt, ist er »niemandes Marionette«. Wie recht er damit hat. Der Einzige, der bei Bob Dylan die Fäden zieht, ist Bob Dylan selbst. Bisweilen kommen dabei teils lustige, teils bizarre, teils kryptische, vor allem aber immer wieder geniale Ergebnisse zustande.

Bob Dylan ist ein Paradiesvogel, der sich von niemandem in die Karten schauen lässt. Er scheint mit der ganzen Welt per du zu sein und zeigt bei seltenen Gelegenheiten auch seine entspannte, kumpelhafte Seite. Dann verschwindet er wieder ohne Vorwarnung aus der Öffentlichkeit und sorgt mit seinem Abtauchen für die wildesten Gerüchte. Wahrscheinlich will er vermeiden, dass es ihm ergeht wie Jesus. Dabei ist es im Fall Dylans ohnehin schon viel zu spät, um nicht bemerkt zu werden.

So exzentrisch und farbenfroh Bob Dylan auch sein mag, macht er doch meist ein großes Geheimnis aus seinem Privatleben. Bei seltenen Gelegenheiten erzählt er der Presse ganz persönliche Geschichten, nur um sie in späteren Interviews wieder zu dementieren. Man wird nicht ganz schlau aus Bob Dylan. Vermutlich bezweckt er auch genau das mit seinen oft recht entrückten öffentlichen Auftritten. Komplett geheim halten kann er sein Leben aber nicht, und so entsteht im Lauf der Jahre ein bunter Fundus an Geschichten. In diesem Buch ist eine kleine Auswahl dieser Anekdoten zusammengestellt. Manche von ihnen sind zum Lachen, andere zum Stirnrunzeln, einige kommen in ganz ernstem Gewand daher und wiederum andere sind vermutlich von Dylan frei erfunden. Ob sie nun den Tatsachen entsprechen oder nicht, steht dabei nicht immer im Vordergrund. Genau wie Dylan selbst sind sie eine vielschichtige Symphonie aus den unterschiedlichsten Tönen und Farben.

Dylan selbst sagt zwar: »Ich finde Farben scheußlich.« Dafür ist er aber doch ein ziemlich bunter Hund.

Bob Dylan und die Hells Angels

Es ist das Jahr 1961. Bob Dylan ist zwanzig Jahre alt und lebt seit Kurzem in New York. Ursprünglich zog es ihn in den Big Apple, weil er sein Idol Woody Guthrie kennenlernen wollte, doch schon bald spielt er eigene kleine Konzerte in den Cafés im Künstlerviertel Greenwich Village.

Im selben Jahr kommt es im viele Tausend Meilen entfernten Kalifornien zu einem tragischen Motorradunfall. Der Hells Angel Bobby Zimmerman, einer der Anführer der Berdoo Hells Angels, verliert während der Fahrt seinen Auspuff. Als er versucht, den Schaden mit einem abrupten Wendemanöver zu begrenzen, bemerkt Zimmermann zu spät, dass Jack Egon, ein Hells Angel aus Richmond, gerade den gesamten Tross überholt. Die beiden rauschen bei hoher Geschwindigkeit zusammen. Bobby Zimmerman ist augenblicklich tot.

Was aber hat dieser Unfall mit Bob Dylan zu tun?

Dylan selbst wird erst viel später davon erfahren. Doch als ihm eines Tages das Buch »Hell’s Angel: The Life and Times of Sonny Barger and the Hells Angels Motorcycle Club« von Sonny Barger in die Finger kommt, wird ihm die Verbindung bald klar.

Ein Hells Angel namens Robert Zimmerman stirbt in Kalifornien bei einem Verkehrsunfall und im selben Jahr gelingt einem anderem Robert Zimmerman alias Bob Dylan in New York der musikalische Durchbruch. Zufall? Nicht für Dylan.

Für ihn ist die Sache sonnenklar. Was da 1961 passierte, war eine Verwandlung oder vielmehr eine Transfiguration. Zimmermans Unfall in Kalifornien bedeutet für Dylan nicht nur den Tod eines Menschen. Nein, Dylan ist überzeugt, dass auch er und sein Leben sich durch den Tod des Hells Angels für immer verändert haben. Selbst wenn er und sein Namensvetter sich gar nicht kannten, ist doch ein Teil der Seele des Motorradrockers auf Dylan übergegangen, davon ist der Musiker überzeugt.

Und dann wären da noch Bargers Co-Autoren. Genau wie Dylan und der tote Hells Angel heißen auch sie Zimmerman. Ganz schön viele Zimmermans für einen einzigen Zufall, wie Dylan findet.

Den endgültigen Beweis für seine Theorie sieht Dylan letztlich in seiner Andersartigkeit. »Ich bin nicht wie Sie, oder?«, sagt er in einem Interview mit dem Musikmagazin Rolling Stone. »Ich bin nur Personen ähnlich, die ebenfalls transfiguriert wurden.«

Viel genauer werden seine Erklärungen aber nicht. Bob Dylan bleibt eben gern enigmatisch und kultiviert mit Vorliebe eine Aura des Rätselhaften. Und nicht zuletzt dafür lieben ihn seine Fans.

Vom Poser zum Poeten

Am Anfang seiner Karriere ist Bob Dylan ein reiner Cover-Sänger. Bei seinen Konzerten im Greenwich Village gibt er beliebte amerikanische Folksongs zum Besten und haucht ihnen mit seinem ganz eigenen, für Dylan typischen nasalen Gesang neues Leben ein. Den Leuten gefällt’s, aber wohl kaum so gut, dass er damit zu Weltruhm gelangt wäre. Ein besonders guter Sänger ist er nämlich nicht gerade. Das findet auch sein Freund und langjähriger Bandkollege Bruce Langhorne.

»Ich finde, er war ein schrecklicher Sänger und ein totaler Poser«, erzählt Langhorne.

Erst als Bob Dylan schließlich anfängt, seine eigenen Songs zu schreiben, wird Langhorne das wahre Genie seines Freundes bewusst und er beschließt, weiter mit ihm zusammenzuarbeiten.

»Er war ein wundervoller Poet«, so Langhorne. Wie recht er damit hat!

Auf einmal ist Dylan nicht mehr nur ein Kerl, der alte Lieder neu interpretiert. Nein, plötzlich ist da dieser junge Mann, der in unnachahmlicher Lyrik über die Widrigkeiten des Lebens und die Schwierigkeiten der damaligen Zeit singt. Von da an gibt Dylan der von Politik und Krieg frustrierten jungen Generation eine Stimme. In seiner Musik sehen sie eine Reflektion ihres eigenen Protests gegen das Establishment. Dylans Fangemeinde wächst immer weiter. Spätestens mit seinem Hit »Blowin in the Wind« von 1963 wird Dylan zum absoluten Weltstar.

Es folgen so unvergessliche Songs wie »Like a Rolling Stone« und »Mr. Tambourine Man«. Die Inspiration zu Letzterem findet Dylan übrigens in seinem Freund und einstigen Kritiker Bruce Langhorne. Bei den Aufnahmen zu einer von Dylans früheren Platten spielt Langhorne ein riesiges türkisches Tamburin. Ein Bild, das Dylan nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Also macht er sich das Bild zunutze und schreibt den Text zu seinem unsterblichen und unzählige Male gecoverten Klassiker »Mr. Tambourine Man«.

Langhorne erzählt er davon allerdings lange Zeit nichts. Erst viele, viele Jahre später – im Jahr 2004 – richtet sich Dylan in einer Notiz mit der Anrede »Mr. Tambourine Man« an Bruce Langhorne. Damit wäre das Rätsel um die Identität des legendären Tamburin-Mannes endlich gelöst. Entgegen vielen Spekulationen handelt es sich nämlich nicht um einen LSD- oder Gras-Dealer, sondern um Bob Dylans alten Freund und Kollegen.

Bob Dylan zu Gast bei Les Crane

Mitte der Sechzigerjahre ist Bob Dylan bereits auf dem musikalischen Olymp angekommen. Er gibt über zweihundert Konzerte im Jahr, ist Headliner der großen Festivals. Seine Platten sind monatelang in den Charts. Die Mädchen sind unsterblich in ihn verliebt, die Jungs wollen so sein wie er. Aber nicht nur die junge Generation ist ganz verrückt nach ihm, auch die älteren Semester können sich seiner Musik kaum entziehen und kriegen nicht genug vom Faszinosum Bob Dylan.