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60 JAHRE

CHAMPIONS LEAGUE

DIE GRÖSSTEN TRIUMPHE
DIE SPEKTAKULÄRSTEN SIEGE
DIE LEGENDÄRSTEN SPIELER

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IMPRESSUM

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Pubklikation in der Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen: info@rivaverlag.de

1. Auflage 2016

Copyright @ 2016 by riva Verlag,

ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0 | Fax: 089 652096

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Projektkoordination/Realisation: SPOBUCOM, München

Autor: Ulrich Kühne-Hellmessen, Schondorf

Redaktion: Klaus Feuerherm, Berlin

Lektorat: Heike Margarete Worm, Eckernförde

Statistik: deltatre, München

Fotos: Picture alliance (dpa), Umschlagfoto (Getty Images)

Grafik/Layout: Véronique de Céa, Berlin

Druck: Florjancic Tisk d.o.o., Slowenien

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978–3–7423–0008–9

ISBN E-Book (PDF) 978-3-95971-369-6

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95971-368-9

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter www.riva-verlag.de Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter

www.muenchner-verlagsgruppe.de

INHALT

TOP FOTOS

60 JAHRE CHAMPIONS LEAGUE

Europas Königsklasse

TRIUMPHE, TRAGÖDIEN, REKORDE

Milan gegen Liverpool

Kaiserslautern, Köln

Köln, Rostock

Bayern gegen Dresden

Madrid, Eindhoven

Brüssel

Mönchengladbach

Stuttgart

London, Bremen

Lissabon, Lyon

Marseille, Bukarest

Paris

DIE DEUTSCHEN SIEGER

1974 – FC Bayern München

1975 – FC Bayern München

1976 – FC Bayern München

1983 – Hamburger SV

1997 – Borussia Dortmund

2001 – FC Bayern München

2013 – FC Bayern München

INTERVIEW HITZFELD

„Was wir heute erleben, ist das Erbe von Cruyff.“

DIE DEUTSCHEN FINALISTEN

1960 – Eintracht Frankfurt

1977 – Borussia Mönchengladbach

1980 – Hamburger SV

1982, 1987 – FC Bayern München

1999 – FC Bayern München

2002 – Bayer Leverkusen

2010 – FC Bayern München

2012 – FC Bayern München

DIE GROSSEN MANNSCHAFTEN

Real Madrid

AC Mailand

FC Liverpool

FC Bayern München

FC Barcelona

Ajax Amsterdam

Inter Mailand

Manchester United

Juventus Turin

Benfica Lissabon

DIE GROSSEN STARS

Ancelotti, Baresi

Beckenbauer, Beckham

Casillas, Cryuff

Di Stéfano

Eto’o, Eusébio

Herrera, Heynckes

Hitzfeld, Kahn

Kroos

Messi

Mourinho

Platini, Raúl

Ricken, Robben

Ronaldo

Rush, Schnellinger

Seedorf, Zidane

STATISTIK

Finalspiele, Ewige Tabelle,

Champions League-Rekorde

Ewige Nationen-Tabelle

EDITORIAL

Liebe Leser,

es ist Mittwoch, die Uhr rückt auf 20.45 Uhr, der Puls steigt. Es ist Champions League-Time.

Was unter Ausschluss der (TV-)Öffentlichkeit begann, wird heute zum Straßenfeger. Über 150 Millionen Menschen in aller Welt sehen das Finale. Damit hat die Champions League sogar den Super Bowl übertroffen und ist zum größten Sportereignis der Welt geworden.

Da ist es an der Zeit, den Fußballfan mit erstklassigem Lesestoff zu bedienen. Mit Siegern und Verlierern, mit Porträts über die Superstars, die keiner von uns mehr spielen sah. Aber Alfredo Di Stéfano oder Eusébio haben dafür mitgeholfen, den Wettbewerb groß zu machen. Heute fiebern wir mit Stars wie Ronaldo oder Messi, Thomas Müller oder Reus.

Der Geburtstag – die Champions League wurde in diesem Jahr 60 Jahre alt – ist Anlass, die Triumphe und Tragödien noch einmal zu erzählen, die Katastrophe von Heysel ebenso wie den Torfall von Madrid oder den Guttmann-Fluch, der auf Benfica Lissabon lastet. Es sind Episoden und Anekdoten, packende Momente und spektakuläre Szenen der besten Fußballer der Welt.

Viel Spaß beim Lesen wünscht

ULRICH KÜHNE-HELLMESSEN

(Autor und Herausgeber)

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FC BAYERN MUENCHEN

1974

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DER TÜRÖFFNER. Katsche Schwarzenbeck, Vorstopper von Beruf und nicht als Torschütze berühmt, nimmt Maß und hämmert den Ball in letzter Sekunde zum 1:1 ins Netz. Sein Tor ermöglichte das Wiederholungsspiel gegen Atletico Madrid, das die Bayern 4:0 gewannen. Sein Tor ebnete den Weg zum Mythos FC Bayern, sein Tor war der Anfang vom Titel-Hattrick.

FC BAYERN MUENCHEN

1975

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DER PROFESSOR LÄSST SICH FEIERN. Dettmar Cramer, auch als Fußball-Professor bezeichnet, präsentiert auf dem Rathausbalkon in München die Trophäe nach dem Gewinn 1975. Cramer hatte Erfolgstrainer Udo Lattek abgelöst, nachdem die Bayern in der Bundesliga zu schwächeln begannen. Der zweite Triumph aber bestätigte das überragende Niveau der großen Bayern.

FC BAYERN MUENCHEN

1976

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HATTRICK. Die Pokale von 1974, 1975 und 1976 sind in der Erlebniswelt des FC Bayern in der Allianz Arena ausgestellt.

HAMBURGER SV

1983

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DAS HOCH IM NORDEN. Der HSV auf dem Gipfel, in Athen krönten Netzer und Happel den Erfolgsweg. Felix Magath dreht hier jubelnd ab, hat soeben das Siegtor mit einem herrlichen Schuss in den Torwinkel erzielt. Juventus Turin, als hoher Favorit gestartet, musste sich einmal mehr in einem Finale geschlagen geben.

BORUSSIA DORTMUND

1997

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DER GENERAL. Mit Pickelhaube und Zigarre zeigt sich Ottmar Hitzfeld nach dem Triumph mit Borussia Dortmund. Sein Spitzname „General“ hat zwei Erklärungen. General Hitzfeld war ein Onkel des Trainers und befehligte einst deutsche Truppen. General wurde der Mathematiklehrer auch deshalb genannt, weil er alles generalstabsmäßig plante. So wie Dortmunds 3:1-Erfolg über das erneut unterlegene Juventus Turin.

FC BAYERN MUENCHEN

2001

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ENDE DER FLAUTE. Die Bayern-Fans zeigen an jedem 23. Mai ein gutes Gespür. 25 Jahre nach dem letzten Titelgewinn klettern die Bayern wieder auf Europas Thron, gewinnen gegen den FC Valencia im Elfmeterschießen die Champions League. Für Trainer Ottmar Hitzfeld ist es der zweite Triumph nur vier Jahre nach dem Sieg mit Dortmund.

FC BAYERN MUENCHEN

2013

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DIE KRÖNUNG FÜR ROBBERY. Im ersten rein deutschen Endspiel gewinnt der FC Bayern mit 2:1 gegen Borussia Dortmund. In letzter Minute gelingt Arjen Robben nach feinem Zuspiel von Franck Ribéry der Siegtreffer für die Münchner, die erstmals in der Vereinsgeschichte das Triple gewinnen. Es ist zugleich der Abschied von Erfolgstrainer Jupp Heynckes.

ULRICH KÜHNE-HELLMESSEN

EUROPAS KÖNIGSKLASSE

VOM KRÄFTEMESSEN DER MEISTER ZUM MILLIONEN-BUSINESS DER TOPKLUBS

Die Idee zum Europapokal hatte die französische Sportzeitung L’Equipe. Der Grund war ganz banal: Es sollte auch mittwochs Fußball gespielt werden, um die weißen Redaktionsseiten mit spannenden Inhalten füllen zu können.

Die Idee zur Champions League hatten die beiden deutschen Agentur-Inhaber Hempel und Lenz. Der Grund war ebenso einleuchtend: Sie garantierten der UEFA und den Vereinen Millioneneinnahmen durch eine Komplettvermarktung.

Damit ist der Unterschied zwischen dem Europapokal der Landesmeister und der Champions League einfach erklärt. Aus einem rein sportlichen Wettkampf ist Big Business geworden. Aus dem Kräftemessen der europäischen Meister wurde das Millionengeschäft der Topklubs. Ausschlaggebend für die Strukturreform war die Lostrommel. Als mit Neapel und Marseille Italiens und Frankreichs Meister gleich zu Beginn gegeneinander gelost wurden, war nach Runde eins bereits ein Topklub draußen. Dieses Zufallsprinzip hat sowohl der Attraktivität als auch der Vermarktung geschadet.

Die Champions League heute: Das ist der Auflauf der Superstars, das sind ausverkaufte Stadien, Millionen von Zuschauern in ganz Europa vor den Fernsehschirmen, das ist Fußball der Extraklasse und somit das Highlight für jeden Verein, Spieler und Fußballfan.

Die gestiegene Attraktivität lässt sich durch TV-Einschaltquoten belegen. Im Jahr 2009 sahen durchschnittlich 109 Millionen Zuschauer weltweit die Live-Übertragung des Endspiels zwischen dem FC Barcelona und Manchester United. Das war bereits eine Steigerung um 74 Prozent gegenüber 2004. 2013, als der FC Bayern das rein deutsche Finale gegen Borussia Dortmund mit 2:1 gewann, wurde das Spiel bereits in mehr als 200 Ländern übertragen und durchschnittlich von geschätzten 150 Millionen Menschen verfolgt. Insgesamt wurden damit mehr als 360 Millionen Zuschauer erreicht. Das zeigt die wahnsinnige Popularität der Champions League und deutet das Geschäft an, das sich durch die Vermarktung der Fernsehrechte akquirieren lässt. Die Champions League ist 60 und attraktiver als je zuvor. Selbst ein Spiel ohne deutsche Beteiligung ist für deutsche Fußballfans von großem Interesse und ein Blockbuster für die übertragende TV-Station. Das Finale 2016, das Real und Atletico Madrid bestritten, verfolgten im ZDF 8,19 Millionen Zuschauer, 700 000 mehr als zwei Jahre zuvor beim Madrider Stadtduell.

Blicken wir noch einmal zurück auf die Anfänge. Auf Einladung von L’Equipe-Journalist Gabriel Hanot kamen am 2. April 1955 15 Klub-Vertreter in Paris zusammen und beschlossen den Europapokal der Landesmeister. Und über die FIFA, die dem neuen Pokalwettbewerb den Segen gab, bekamen die Vereine schließlich auch die UEFA mit ins Boot. Denn der Weltverband verpflichtete seine kleine europäische Schwester, den Meisterpokal zu organisieren. Kein halbes Jahr später startete der erste Landesmeister-Pokalwettbewerb mit 16 Klubs. Chelsea, das sich zunächst interessiert zeigte, nahm auf Druck des englischen Verbandes ebenso wenig teil wie der russische Meister. Die Niederlande schickten nicht die Profis von „Holland Sport“, sondern Philips Eindhoven. Aber der deutsche Meister Rot-Weiss Essen war ebenso unter den 16 Starterteams vertreten wie das Saarland mit dem 1. FC Saarbrücken. Beide aber scheiterten in Runde eins.

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DER REKORDCHAMPION. Zum elften Mal holte Real Madrid den Titel, fährt hier nach dem Triumph 2016 im Bus durch Spaniens Hauptstadt.

Sporting Lissabon und Partizan Belgrad gaben am 4. September 1955 den Startschuss zu einer einzigartigen Erfolgsgeschichte. Real Madrid sorgte dafür, dass sich der Meistercup schnell etablierte. Die fünf Siege zum Auftakt – von 1956 bis 1960 – weckten Begehrlichkeiten. Der Wettkampf der Besten animierte Sportler wie Zuschauer. Danach dominierten Benfica sowie die beiden Mailänder Klubs Milan und Inter. In den 70ern war es Ajax Amsterdam und der FC Bayern. Anschließend der FC Liverpool und erneut der AC Mailand, ehe das Pendel erneut Richtung Spanien ausschlug. Im neuen Jahrhundert dominieren der FC Barcelona und Real Madrid, die sich je viermal den Titel holten.

Wie groß die Leistungsdichte der europäischen Ligen und Schauplätzen ist, belegen auch nachfolgende Zahlen: Von den bisher 60 ausgetragenen Endspielen gingen 16 in die Verlängerung. Fünfzehnmal endete ein Endspiel mit dem Ergebnis von 1:0, zehnmal mit 2:1. Zehn Endspiele wurden durch Elfmeterschießen entschieden und einmal gab es ein Wiederholungsspiel. Das war 1974 und der Sieger hieß FC Bayern München, der nach dem 1:1 im Finale von Rotterdam zwei Tage später gegen Atletico Madrid mit 4:0 gewann.

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DAS DUELL DER BESTEN. Bayern München gegen Real Madrid, Cristiano Ronaldo gegen Philipp Lahm – das sind die Zweikämpfe, die die Fans faszinieren.

Es war der Auftakt einer Münchner Dominanz mit drei Titeln in Serie, wie es sie seit Einführung der Champions League nicht mehr gibt. Obwohl der FC Bayern seit 2010 dreimal das Finale und sechsmal das Halbfinale erreichte und sich damit unter den Top vier Europas etabliert hat, gelang keiner Mannschaft seit 1992 eine Titelverteidigung. Auch das spricht für den neuen Modus, für die Leistungsdichte und für das unberechenbare Spektakel, das Mittwoch für Mittwoch auf Europas Schauplätzen geboten wird. Die Champions League sorgt nicht nur für europäische Transparenz und direkte Vergleichsmöglichkeiten, sondern hat den europäischen Fußball auf ein neues Niveau gehoben.

Das war nicht immer so. In den 80er Jahren dümpelte der Europapokal vor sich hin. Als der FC Bayern den russischen Rekordmeister Dynamo Kiew zu Gast hatte, verloren sich gerade einmal 8 000 Zuschauer im weiten Rund des Olympiastadions. Taktisches Ballgeschiebe sowie die Perfektion der Abseitsfalle machten das Spiel so unattraktiv, dass die Zuschauer ausblieben, die Fernsehsender keine Quoten und die Vereine kein Geld machten. Auch Live-Spiele waren keine Selbstverständlichkeit. Das Jahrhundertspiel, das 7:1von Borussia Mönchengladbach gegen Inter Mailand mit dem legendären Büchsenwurf gegen Stürmer Boninsegna, blieb den deutschen TV-Zuschauern verwehrt. Erst als die Vereine die UEFA unter Druck setzten und mit der Gründung einer eigenen Europaliga drohten, reagierte Präsident Lennart Johannson. Klaus Hempel, der mit Jürgen Lenz zuvor für die ISL gearbeitet und die Agentur T.E.A.M in Luzern gegründet hatte, setzte sich gegen sechs Mitbewerber durch. Die Champions League (inclusive des Namens) ist ihre Erfindung.

Der größte Unterschied zum Europapokal: ein einheitliches CI mit einer zentralen Vermarktung. Klubs, die erstmals in der Champions League antreten, wundern sich noch heute über die Heerscharen, die vor einem Heimspiel einfallen und das Stadion umbauen. Sämtliche Vereinswerbung wird abgehängt und abgedeckt, stattdessen die einheitlichen Champions League-Sponsoren präsentiert. Hempel: „Exklusivität erzeugt Wertigkeit. Die Regel, dass wenige Sponsoren viel Geld bezahlen, hat uns zum Durchbruch verholfen.“ Das neue Konzept war auf das Fernsehen ausgerichtet, vor allem auf die größten Fernsehmärkte Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und England. Vereine und Sender konnten sich nicht mehr ihre Sponsoren aussuchen, sondern mussten Werbeplattformen bereitstellen, zentral vermarktet von Hempels Agentur. „Das war ein Aufschrei. Dass sie unser Format ohne Abstriche akzeptieren müssen.“ Der sich verändernde TV-Markt mit dem Privatfernsehen ermöglichte auch diese Revolution. Der Fußball war nicht mehr abhängig von den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern, sondern war verlockendes Mittel der Privaten, um Quoten zu machen. So landete die Champions League anfangs bei RTL und später auch im exklusiven Pay-TV.

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EINHEITLICHES CI. Sogar der Weg zum Finale wird beschrieben – wie hier in Barcelona vor dem Halbfinalspiel gegen die Bayern im Jahr 2015.

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DER BALL. Sogar der Ball trägt das Logo. Und für das Finale gibt es noch ein Extradesign.

Die größte sportliche Veränderung war die Einführung der Gruppenspiele. So wurde gewährleistet, dass die Mannschaften aus den TV-trächtigen Nationen nicht in der ersten Runde ausscheiden konnten, sondern mindestens sechs Spiele in der Königsklasse austrugen. Aus diesen fünf Ländern generiert die Champions League 80 Prozent der TV- und Werbemillionen.

Einschneidend sind bis heute die stringenten Vorgaben und Ablaufpläne sowie die Vereinheitlichung der Erscheinungsbilder: einheitliches Logo, Trainer in Anzügen, Jugendliche mit schwenkendem Sternenbanner und eine einheitliche Hymne in den drei Sprachen der UEFA: „Ils sont les meilleurs! – Sie sind die Besten! – These are the champions! – Die Meister, die Besten! – Les grandes Équipes! – The champions!“

Bei der EM 1992 in Schweden hatte Hempel den englischen Komponisten Tony Britten beauftragt, eine feierliche, eigenständige Hymne zu kreieren, wie das Halleluja von Händel. Hempel in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel: „Noch heute läuft mir jedes Mal ein Schauer über den Rücken, wenn ich diese Hymne höre.“ Sie ist das akustische Signal für eine Liga, die seit 1992 für Furore sorgt, Jahr für Jahr neue Bestmarken aufstellt und sich auch zu einem existenziellen Wirtschaftsfaktor für die Vereine entwickelt hat. Denn die UEFA garantiert den Vereinen feste Einnahmen, die in jedem Budget eine dominante Rolle einnehmen. Diese Garantiesumme war für die Agenturgründer Hempel und Lenz zu Beginn die größte Hürde. 150 Millionen Mark sollten sie für die ersten zwei Jahre aufbringen und den Vereinen garantieren. Die deutschen Gründerväter kontaktierten Industrielle wie Rudolf Oetker und Otto Wolf von Amerungen und konnten mit ihrem Konzept überzeugen. Das hohe Risiko hat sich ausgezahlt, die Champions League wurde zu einer Gelddruckmaschine – für Hempel und Lenz, für die UEFA, für die Vereine. Lag der Vermarktungsumsatz noch 1992 bei rund 85 Millionen Mark, so waren es zehn Jahre später schon eine Milliarde, inzwischen sind es 1,75 Milliarden, und das wohlgemerkt in Euro und nicht mehr in D-Mark. 75 Prozent davon werden an die teilnehmenden Klubs ausgeschüttet. Wer die Gruppenphase erreicht, erhält eine Antrittsgage von zwölf Millionen Euro. Pro Sieg gibt es 1,5 Millionen Euro, für ein Unentschieden 500.000 Euro. Für den Einzug ins Achtelfinale werden 5,5 Millionen gezahlt, für das Viertelfinale sechs, für das Halbfinale sieben Millionen. Der Sieger kassiert noch einmal 15 Millionen. Neben diesen Prämien gibt es den Marktpool, aus dem Werbe- und TV-Einnahmen ausgeschüttet werden und der sich nach einem komplizierten Schlüssel errechnet. Dazu kommen für jeden teilnehmenden Verein noch die Zuschauereinnahmen.

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FEIERTAG IN MÜNCHEN. Spiel für Spiel lassen sich die Fans eine neue Choreografie einfallen, wie hier beim Halbfinale 2016 gegen Atletico Madrid.

Für die großen Klubs ist die Champions League längst ein unverzichtbares Millionengeschäft. Als Bayern München 2002 in der ersten Gruppenphase ausschied, herrschte beim Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge Katerstimmung. „Es ist für das Image des FC Bayern, für den sportlichen Bereich, eine absolute Enttäuschung. Aber es ist auch finanziell gesehen ein großes Loch, das da hinterlassen wird und das wir jetzt zu schließen haben.“ Als Bayern die Einnahmen aus der Champions League gefährdet sah, mussten Trainer wie Felix Magath, Jürgen Klinsmann oder zuletzt Louis van Gaal vorzeitig gehen. Platz drei in der Bundesliga ist für das sieggewohnte Münchner Erfolgsensemble existenzielle Pflicht, um die Vielzahl hochbezahlter Stars überhaupt finanzieren zu können.

Einnahmen von mehr als 50 Millionen Euro aus der Champions League sind fest eingeplant und bedeuten bei einem Umsatz von über 500 Millionen Euro immerhin zehn Prozent des Gesamtbudgets.

Der Europapokal, der seit 1992 Champions League heißt, ist nun 60 Jahre alt. Ein Alter, in dem sich Otto Normalverbraucher mit dem Ruhestand beschäftigt und sein Arbeitsleben langsam ausklingen lässt. Die Champions League aber ist wie ein Jungbrunnen, so quirlig, so erfolgreich, so attraktiv wie nie zuvor. Nicht umsonst wird sie die Königsklasse genannt. Und nicht umsonst sagt Ottmar Hitzfeld im Interview (siehe ab Seite 70), dass ein Triumph in der Champions League höher zu bewerten sei als ein Weltmeister-Titel. Wie wichtig der Stellenwert heute ist, zeigt die Haltung des FC Bayern. Da ist es nicht genug, dass Pep Guardiola in seinen drei Münchner Jahren dreimal die Meisterschaft gewonnen hat. Das Erfolgsdenken ist fokussiert auf den europäischen Titel. Als Nachfolger des spanischen Erfolgstrainers haben sie einen Italiener nach München geholt. Der hat immerhin schon dreimal die Champions League gewonnen, mit zwei Vereinen und zwei Ländern. Der deutsche Meistertitel ist für die Münchner längst lieb gewordener Alltag. Der Gewinn der Champions League aber die Krönung einer Saison.

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AUTOR

ULRICH KÜHNE-HELLMESSEN

(Jhg. 1957) ist Autor und Herausgeber von über 60 Sportbüchern. In 2016 sind die Titel „HANDBALL-WUNDER“, „100 × VERRÜCKTE BUNDESLIGA“ und „4EVER“ im riva Verlag erschienen, dazu die Ereignisbücher zur EURO 2016, zu OLYMPIA 2016 und zu den PARALYMPICS 2016. Dazu gehören auch Biografien über Franz Beckenbauer, Rudi Völler, Matthias Sammer oder Mario Basler sowie diverse Sachbücher. Die drei Bände „VERRÜCKTER FUSSBALL“ haben sich in mehreren Auflagen über 200 000 Mal verkauft. Der Hobby-Golfer (Hdcp. 20) war Sportkoordinator bei der Nachrichtenagentur dapd, geschäftsführender Chefredakteur beim Sportverlag Europa, Chefredakteur Sport beim Blick in Züric, stv. Sportchef bei BILD, Chefreporter bei Sport-Bild, leitender Redakteur beim Kicker und lernte Journalismus beim Westfalen-Blatt in Bielefeld und hat sich mit der Firma SPOBUCOM auf die Produktion von Sportbüchern spezialisiert. Sternstunden der Champions League erlebte er hautnah im Stadion. So war er live dabei, als Dortmund über Juventus Turin triumphierte oder Bayern München den Sekundentod gegen Manchester United erleben musste. Und er war an der Seite von Rudi Völler, als der Stürmer mit Olympique Marseille den europäischen Titel gewann. „60 JAHRE CHAMPIONS LEAGUE“ ist deshalb ein authentisches Werk und vermittelt die Highlights dieses Wettbewerbs hautnah.

TRIUMPHE, TRAGÖDIEN REKORDE

DIE CHAMPIONS LEAGUE HAT VIELE GESCHICHTEN GESCHRIEBEN. SPANNENDE, LUSTIGE, TRAURIGE.

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DAS GRÖSSTE SPEKTAKEL. Das Endspiel 2005 ist unvergessen. Mit 3:0 führte Milan zur Halbzeit, dann kam die große Aufholjagd des FC Liverpool. Hier hämmert Alonso den Ball zum 3:3 in die Maschen und Luis García jubelt dazu. Die „Reds“ gewannen den Henkelpott im Elfmeterschießen.

THE BEAUTIFUL GAME

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ROTER GLANZ. Kapitän Steven Gerrard reckt den Europapokal in die Nacht von Istanbul. Liverpool entschied das wohl spektakulärste Finale gegen den AC Mailand für sich: 0:3, 3:3, 6:5 im Elfmeterschießen.

Es gibt dramatische Endspiele. Dann, wenn der Sieger im Elfmeterschießen gekürt werden muss. Es gibt schöne Endspiele wie das 4:0 von Milan über Barcelona. Und es gibt Endspiele, die man nicht vergisst.

Die Engländer nennen das Finale 2005 „The beautiful game“. Sicher auch deshalb, weil letztlich Liverpool als Sieger vom Platz ging. Carlo Ancelotti, der damalige Milan-Trainer, wird es anders sehen und anders fühlen, was an jenem 25. Mai 2005 im Atatürk-Stadion von Istanbul passierte. Aber es ist bis heute legendär: 3:0, 3:3, 5:6.

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BITTERSTER MOMENT. Milan-Trainer Carlo Ancelotti in Istanbul nach der Niederlage gegen Liverpool.

Milan mit Kapitän Maldini, mit Nesta, Stam und Cafu in der Abwehr, mit Pirlo, Seedorf, Gattuso und Kaká im Mittelfeld und den Angreifern Crespo und Shevchenko legte los wie die Feuerwehr. Bereits in der ersten Minute nahm Palolo Maldini eine Freistoßflanke volley und setzte den Ball als Aufsetzer ins Liverpooler Netz. So ein frühes Tor beflügelt. Die Karten waren plötzlich anders gemischt, obwohl Milan als Favorit in dieses Endspiel gegangen war. Milan zog sein Kombinationsspiel auf, zeigte Ballsicherheit und auch den nötigen Zug zum Tor. Ein Spiel voller Attraktivität und Höhepunkte mit den Italienern als Initiatoren entwickelte eine Dynamik, wie es in keinem Finale zuvor der Fall war.

Immer wieder die gleichen Stationen: Pirlo auf Kaká, dann das Zuspiel auf die Angreifer Shevchenko, Ukraine und Crespo, Argentinien. So fiel auch das 2:0. Ein feines Zuspiel von Kaká auf den rechts in den Strafraum sprintenden Shevchenko führte zum verdienten 2:0. Shevchenko behielt den Überblick. Statt aus spitzem Winkel selbst abzuschließen, spielte er den Ball auf den langen Pfosten zum besser postierten Crespo, der unbedrängt einschießen konnte (39.). Ein Bilderbuchtor – und noch nicht das Ende. Noch vor der Pause legte Milan nach. Wieder war es Kaká, der aus der eigenen Hälfte einen Zauberpass in den Lauf von Crespo spielte. Mit dem Außenrist lupfte der Argentinier den Ball elegant über Dudek ins lange Eck.

Pause, 3:0 für Milan.

Nie zuvor ging eine Mannschaft mit so beruhigendem Vorsprung in die Kabine. Nie zuvor war so ein Halbzeitergebnis noch umgebogen worden. Aber Rafael Benítez, der Spanier in Diensten der „Reds“, wollte nicht kapitulieren. „Wenn wir ein frühes Tor schießen, ist vielleicht noch etwas drin“, so Benítez bei Halbzeit. Und er stellte um. Er brachte Dietmar Hamann für Abwehrspieler Finnan. Ein Wechsel, der die taktische Grundordnung veränderte. Statt Viererkette wurde nun mit einer Dreierkette verteidigt. Hamann sicherte den Rückraum des Mittelfeldes ab und zerstörte damit die Spielwiese der Italiener. Dafür rückte Steven Gerrard weiter nach vorne und sorgte für Belebung des Liverpooler Angriffsspiels. Gerrard war es auch, der die Wende einleitete. In der 54. Minute köpfte er eine Linksflanke von Riise unhaltbar in die Maschen, es stand nur noch 1:3. Nun witterten die Reds ihre Chance, machten weiter Druck, während Milan nicht mehr so zielsicher und dominant auftrat, sondern im Gefühl des sicheren Sieges in der Konzentration und Laufbereitschaft nachließ.

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MILAN AM BODEN. V. l. Serginho, Stam, Cafu, Kaká, Nesta, Rui Costa und Shevchenko nach dem verlorenen Elfmeter-Krimi 2005.

Liverpool setzte nach und hatte – dank Mithilfe von Schlussmann Dida – auch gleich Erfolg. Nur zwei Minuten später zog Šmicer aus mehr als 20 Metern ab. Der flache Diagonalschuss landete im langen Eck. 2:3 in der 56. Minute – noch 34 Minuten Zeit zum Ausgleich.

Milan war geschockt und die Reds nutzten die Lähmung der Italiener zu Powerfußball. Liverpool machte Druck, suchte immer wieder mit wuchtigen Angriffen das Tor. Als Gerrard steil in den Strafraum geschickt wurde, kam Gattuso zu spät – Elfmeter. Xabi Alonsos trat an, scheiterte zunächst an Dida. Doch Alonso erwischte den Abpraller und hämmerte ihn mit links zum Ausgleich ins Netz (60.). Liverpool hatte das Spiel gedreht, drei Tore in 15 Minuten erzielt. Alles war wieder offen, alles stand wieder auf null. „Es waren sechs Minuten des Wahnsinns“, kommentierte Ancelotti später, der sich zuvor stets auf seine stabile Abwehr verlassen konnte. Drei Tore gegen Italiener in so kurzer Zeit sind allein schon ein Wunder.

Der Vorteil lag nun bei den Reds. Milan war demoralisiert. Aber die Aufholjagd hatte Kraft gekostet, besonders Liverpools Spieler von Krämpfen geplagt. Die Partie war nun wieder offen, ging in die Verlängerung. Ancelotti brachte in der 85. Minuten Serginho und den kopfballstarken Jon Dahl Tomasson. Aber Benítez reagierte, machte Gerrard zum rechten Verteidiger, um den brasilianischen Flankengott zu bekämpfen und die Vorlagen für Tomasson zu unterbinden. Gerrard wuchs über sich hinaus, blockte jede Flanke des Brasilianers. Trotzdem hatte Milan noch die große Chance zum Sieg. Zwei Minuten vor dem Abpfiff hatte Shevchenko die Möglichkeit zur Entscheidung. Aber da war Dudek, der polnische Schlussmann. Erst wehrte er den Kopfball aus kurzer Distanz ab, dann auch den Nachschuss. Mit einem sensationellen Reflex und einer Hand rettete er die Reds ins Elfmeterschießen. Es war die 118. Minute. Und Dudek hatte alle Vorteile auf seiner Seite.

Dudek gegen Dida, zehn Schützen gegen zwei Torhüter.

Zuerst trat Mailands Serginho an und wunderte sich, dass Dudek wie ein Irrwisch über die Linie wieselte, dabei die Arme über den Kopf schleuderte und wie ein Hampelmann wirkte. Serginho schien irritiert, schoss drüber. Didi Hamann brachte Milan mit einem verzögerten Schuss in Führung.

Wieder rückte Dudek in den Mittelpunkt. Er übergab, wie jedem der fünf Milan-Schützen, den Ball persönlich an Pirlo, hampelte erneut auf der Linie und irritierte auch Milans Spielführer. Dudek hält.

Cissé macht das 2:0, Jon Dahl Tomasson trifft zum 2:1. Dann ist Dida dran. Der Brasilianer hält gegen Riise. Kaká gleicht aus, aber Liverpool liegt immer noch vorne. Als Šmicer zum 3:2 trifft, liegt aller Druck auf dem ukrainischen Starstürmer Shevchenko. Zu lasch zielt er in die Mitte, Dudek hält. „Ich werde nie begreifen, wie er diesen Ball hat halten können“, stammelte Shevchenko, Europas amtierender Fußballer des Jahres, in die Mikrofone und meinte damit nicht seinen zuletzt verschossenen Elfmeter, sondern die Szene in der 118. Minute, die der Pole Jerzy Dudek entschärfte, erst den Kopfball, dann den Nachschuss.

„The beautiful game“ ist over, Liverpool hat den Pott nach langen 21 Jahren des Wartens. In einer unfassbaren Aufholjagd sichern sich die Reds ihren fünften Europapokal-Triumph und werden nach ihrer Rückkehr wie Helden gefeiert. Der Spiegel kommentierte es so: „Die Dramaturgie dieses elektrisierenden Sieges erhebt das Geschehen zur Legende.“ Die Engländer machten es sich einfacher: The beautiful game hat Champions League-Geschichte geschrieben.

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PACKENDES DUELL. Milans Clarence Seedorf gegen Liverpools Kapitän Steven Gerrard.

DAS DRAMA VOM BETZENBERG

Kaiserslautern und der Europacup – der erste Auftritt war ein kurzer, heftiger, schöner und auch so schmerzvoller.

1991 waren die Pfälzer erstmals seit der Ära Fritz Walter wieder Deutscher Meister geworden. Kalli Feldkamp hatte eine Region wach geküsst. 40 000 FCK-Fans waren zum letzten Auswärtsspiel nach Köln gereist und sahen einen imponierenden Sturmlauf zum Titel – 6:2!

Nun also durften die „Roten Teufel“ in der Königsklasse starten. Gleich in der zweiten Runde kam der große FC Barcelona mit Trainer Johan Cryuff. 2:0 hatte Barça im Nou Camp gesiegt, am 6. November 1991 mussten sie zum Rückspiel am „Betze“. Es wurde ein Spiel zwischen Himmel und Hölle.

70 Minuten lang Vollgas-Fußball. Mit einer Wucht und einer Power, getragen von fantastischen Fans, sah sich Kalli Feldkamp „wie auf einer Opernbühne“. Zweimal hatte Demir Hotić einen Eckball per Kopf verwandelt, das Hinspielergebnis war schnell egalisiert. Als dann Bjarne Goldbæk einen Konter zum 3:0 abschloss (77.), glich das Stadion einem Hexenkessel.

Aber Barça steckte nicht auf, warf alles nach vorne. Die TV-Uhr zeigte 89:52 Minuten, als es passierte: Ein Freistoß von Ronald Koeman in den Strafraum der Pfälzer, ein Kopfball von Bakero – und irgendwie landete der Ball hinter Ehrmann im Netz. 1:3, aus der Traum. Dank der Auswärtstorregel war Barcelona weiter, gewann anschließend übrigens den Titel im Endspiel gegen Sampdoria Genua.

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DOPPELTORSCHÜTZE. So bejubelte Demir Hotić seine beiden Kopfballtore gegen Barcelona zum 1:0 und 2:0. Es sollte nicht reichen …

„Wenn du so nah bist, deinen Traum zu erfüllen, dann ist die Hölle besonders brutal“, stammelte ein sichtlich mitgenommener Kapitän Stefan Kuntz. Selbst Cryuff sprach von einem „tragischen Aus“ nach so einem Spiel. Und die Fans hatten ein gutes Gespür für die besondere Situation: Trotz des Ausscheidens feierten sie ihre Mannschaft für eine große Leistung.

REKORD

BELGISCHER YOUNGSTER

Der bisher jüngste Spieler, der in der Champions League zum Einsatz kam, war der Belgier Celestine Babayaro vom RSC Anderlecht. Er kam am 13. November 1994 beim 1:1 gegen Steaua Bukartest zum Einsatz und war zu jenem Zeitpunkt 16 Jahre, 2 Monate und 26 Tage alt. Sein erstes Spiel allerdings wird der Younster nie vergessen. Denn er sah bereits nach 37 Minuten die Rote Karte.

DER HÖCHSTE SIEG

Das höchste Ergebnis in der Champions League bzw. im Europapokal der Landesmeister ist ein 11:0. So hoch gewann in der Saison 1973/1974 Dinamo Bukarest in der ersten Runde gegen Crusaders FC aus Nordirland. Aber auch hier mischen die Bayern gehörig mit. Sie schafften im Achtelfinale gleich zweimal ein 7:0. Keiner schoss in dieser Runde mehr Tore. 2011/2012 gelang das gegen den FC Basel, 2014/2015 gegen Schachtjor Donezk.

100 MINUTEN MIT GEBROCHENEM WADENBEIN

Er ist der vielleicht härteste Spieler, der je im Europapokal der Landesmeister gespielt hat. Wolfgang Weber hielt 100 Minuten mit gebrochenem Wadenbein durch.

Es war im März 1965. Der 1. FC Köln traf im Viertelfinale auf den FC Liverpool. Nach dem 0:0 in Köln und einem 0:0 an der legendären Anfield Road wurde in Rotterdam ein Entscheidungsspiel angesetzt. Nach 20 Minuten passierte es. Ein Zweikampf mit Gordon Milne, ein Zusammenprall, dann ein heftiger Stich in der Wade. Weber im Rückblick: „Ich konnte nicht mehr auftreten, musste mich in die Kabine führen lassen.“ Da damals noch nicht gewechselt werden durfte, wurde Wolfgang Weber eine schmerzstillende Spritze verabreicht. Ein Härtetest folgte in der Kabine. Weber musste von der Massagebank springen, zweimal. Das Bein hielt, also ging es weiter.

Vermutlich sorgte der Sprung von der Massagebank dafür, dass das zuvor angebrochene Wadenbein gänzlich durch war. Aber der eisenharte Verteidiger, der sich den Spitznamen „Bulle“ nicht erst in dieser Partie verdiente, lief in der zweiten Halbzeit wieder auf, positionierte sich auf Linksaußen. „Wir spielten mit zehneinviertel Mann“, so Weber. Und der 1. FC Köln machte aus einem 0:2 ein 2:2. Es ging in die Verlängerung. Weber: „Da hatte ich tatsächlich zweimal die Chance, das Siegtor zu machen. Es ist mir leider nicht gelungen.“

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DER KÖLNER EISENFUSS. Wolfgang Weber spielte gegen Liverpool 100 Minuten lang mit gebrochenem Wadenbein.

Er litt, er kämpfte, er wollte seine Mannschaft nicht im Stich lassen und hielt tatsächlich durch. „Bei jedem Schritt war es, als hätte mir jemand ein Messer in das Bein gerammt.“

Wolfgang Weber, berühmt geworden ein Jahr später durch sein Ausgleichstor in letzter Minute zum 2:2 gegen England im WM-Finale von Wembley, sammelte mit seinem 1. FC Köln viele Titel. Zwischen 1963 und 1978 brachte er es in 356 Spielen auf zwei Meistertitel, gewann mit Köln 1968, 1977 und 1978 auch den DFB-Pokal. Er galt als eisenharter Verteidiger, der weder sich noch Gegner schonte. Den ultimativen Beweis lieferte er in jener Europapokal-Schlacht gegen den FC Liverpool – 100 Minuten mit gebrochenem Wadenbein!

Im Januar 2011 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Aber nicht für seine Heldentat von Rotterdam, sondern weil er sich als Fußballbotschafter bei den Special Olympics verdient gemacht hatte.

VERHEXTES WANKDORF