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Grundwissen Soziale Arbeit

Herausgegeben von Rudolf Bieker

 

Band 21

Werner Schönig/Katharina Motzke

Netzwerkorientierung in der Sozialen Arbeit

Theorie, Forschung, Praxis

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2016

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-022681-4

E-Book-Formate:

pdf:       ISBN 978-3-17-030733-9

epub:    ISBN 978-3-17-030734-6

mobi:    ISBN 978-3-17-030735-3

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Vorwort zur Reihe

Mit dem so genannten „Bologna-Prozess“ galt es neu auszutarieren, welches Wissen Studierende der Sozialen Arbeit benötigen, um trotz erheblich verkürzter Ausbildungszeiten auch weiterhin „berufliche Handlungsfähigkeit“ zu erlangen. Die Ergebnisse dieses nicht ganz schmerzfreien Abstimmungs- und Anpassungsprozesses lassen sich heute allerorten in volumigen Handbüchern nachlesen, in denen die neu entwickelten Module detailliert nach Lernzielen, Lehrinhalten, Lehrmethoden und Prüfungsformen beschrieben sind. Eine diskursive Selbstvergewisserung dieses Ausmaßes und dieser Präzision hat es vor Bologna allenfalls im Ausnahmefall gegeben.

Für Studierende bedeutet die Beschränkung der akademischen Grundausbildung auf sechs Semester, eine annähernd gleich große Stofffülle in deutlich verringerter Lernzeit bewältigen zu müssen. Die Erwartungen an das selbständige Lernen und Vertiefen des Stoffs in den eigenen vier Wänden sind deshalb deutlich gestiegen. Bologna hat das eigene Arbeitszimmer als Lernort gewissermaßen rekultiviert.

Die Idee zu der Reihe, in der das vorliegende Buch erscheint, ist vor dem Hintergrund dieser bildungspolitisch veränderten Rahmenbedingungen entstanden. Die nach und nach erscheinenden Bände sollen in kompakter Form nicht nur unabdingbares Grundwissen für das Studium der Sozialen Arbeit bereitstellen, sondern sich durch ihre Leserfreundlichkeit auch für das Selbststudium Studierender besonders eignen. Die Autor/innen der Reihe verpflichten sich diesem Ziel auf unterschiedliche Weise: durch die lernzielorientierte Begründung der ausgewählten Inhalte, durch die Begrenzung der Stoffmenge auf ein überschaubares Volumen, durch die Verständlichkeit ihrer Sprache, durch Anschaulichkeit und gezielte Theorie-Praxis-Verknüpfungen, nicht zuletzt aber auch durch lese (r)freundliche Gestaltungselemente wie Schaubilder, Unterlegungen und andere Elemente.

 

Prof. Dr. Rudolf Bieker, Köln

Für Petra und Matthias –
den zentralen Akteuren unserer primären Netzwerke

 

Zu diesem Buch

„Früher dachte man, die Erde sei eine Scheibe, dann eine Kugel, heute scheint sie zum Netz(-werk) zu werden.“ (Tomlinson 1999, in: Keupp 2009, S. 43)

Die Netzwerkgesellschaft …

Menschen haben sich schon immer vernetzt, Beziehungen wurden bewusst geknüpft und genutzt, Austausch wurde auf Gegenseitigkeit betrieben und bei fehlender Reziprozität schon immer die Vernetzung abgebrochen. Stichworte hierzu sind der kulturelle Austausch schon in der Vorzeit, Städtebünde in der Antike und im Mittelalter, gelehrte Korrespondenzen und auch die kluge Heiratspolitik zur Festigung von Familiennetzwerken. Das Netzwerken ist vermutlich eine anthropologische Konstante des ‚homo socialis‘, eine zutiefst und spezifisch menschliche Variante des Problemlösens.

Für die europäische Aufklärung des 17. und 18. Jahrhunderts war das Räsonieren ein Hauptgegenstand, und hierfür wurden schon früh Netzwerke und Netzwerktreffen organisiert. Diese Netzwerktreffen sind als Salons bekannt geworden, wurden bis ins 19. Jahrhundert als solche betrieben und sind bis heute – wenn auch modifiziert und unter anderem Begriff – vielfach zu finden. Im Salon erreichten Aufklärung und Vernetzung eine neue Qualität. Hier wurden wesentliche Aspekte der Netzwerkarbeit praktiziert: regelmäßiges Treffen, themenorientierter Diskurs, Glauben an die Kraft des besseren Argumentes, Pflicht, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, interdisziplinärer Austausch von Fachleuten, formale Hierarchielosigkeit, mehr oder weniger unscharfe Außengrenzen bei wechselnder Mitgliedschaft, Einführung von Nachwuchskräften, Konkurrenzsituation zu anderen Netzwerken und schließlich eine Person in der Funktion der Netzwerkkoordination. Es ist durchaus bemerkenswert, dass dieser Modernisierungsschub, zumindest in Form der Salons, von Beginn an wesentlich von Frauen getragen wurde, deren Salons Berühmtheit erlangten (Geier 2009, S. 38ff.; Safranski 2004, S. 147ff.).

Dazu passt, dass diese Salons gerade auch der Einführung junger Menschen in die intellektuelle Gemeinschaft der Künstler, Wissenschaftler, Unternehmer und Beamten dienten. Das dortige Netzwerken war somit nicht nur dem Diskurs gewidmet, sondern ermöglichte auch ein freies Nachdenken über die eigenen Interessen und Fähigkeiten. Ganze Generationen von Intellektuellen sind in diesen Salon-Netzwerken nachhaltig geprägt worden. Ihr Ich hat dort – um mit Buber zu sprechen – ein denkbar vielfältiges, kreatives und komplexes Du gefunden, an das es sich anlehnen und von dem es sich abgrenzen konnte. Netzwerke haben mithin auch die Funktion einer Peergroup im individuellen Bildungsprozess (Bisky 2011, S. 117ff.; Buber 1983).

Netzwerke sind daher Ausdruck der „Selbstorganisation der Aufklärung“ (Schneiders 1997, S. 19). Mit der Gründung und dem Betrieb von Netzwerken erfuhr die europäische Kulturgeschichte einen enormen Modernisierungsschub, der bis heue nachwirkt. Dabei liegt die Modernität des Netzwerks darin, dass es den Teilnehmern ermöglicht, individuelle Ziele auf Grundlage von Freiwilligkeit und bei Nutzung größtmöglicher Flexibilität zu verwirklichen. Schon hierdurch unterscheidet sich das Netzwerk von verwandten Phänomenen, wie System, Gemeinschaft und Familie.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts steht nun die Innovationsfähigkeit der Gesellschaft auf dem Prüfstand, wobei Innovation zu dem gesellschaftlichen Mega-Thema schlechthin avanciert. Auch in den Sozialwissenschaften findet die breite gesellschaftliche Thematisierung technischer und organisatorischer Innovationen ihren Niederschlag, die sich u. a. in der „These einer reflexiven Verflüssigung etablierter Grenzziehungen“ (Krücken/Meier 2003, S. 71) spiegelt. Damit wird ein grundlegender Strukturwandel der modernen Gesellschaft vermutet und – soziologisch betrachtet – die Gegenwartsdiagnose der ‚Innovationsgesellschaft‘ gezeichnet. In diesem Kontext findet sich auch Castells (2001) groß angelegte Analyse der gesellschaftlichen Transformationen der Weltgesellschaft wieder, in der der Autor neue, hochflexible Netzwerkkonfigurationen des Wissens und des Kapitals herausgearbeitet und kritisch hinterfragt hat. Er rückt darin die elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten ins Zentrum seiner Globalisierungstheorie. Ihm zufolge lässt sich die Gesellschaft durch umfassende Auflösungserscheinungen von Grenzziehungen vormals institutionell eindeutig voneinander getrennter Sektoren charakterisieren und wird dadurch zur ‚Netzwerkgesellschaft‘: Im Sinne Castells ist der Netzwerkbegriff eng mit der Vorstellung eines Informationszeitalters und einer Wissensgesellschaft verknüpft. Netzwerke und Kommunikationstechnologie sind für ihn dessen zentrale Machtstruktur, durch die sich der von Castells durchaus kritisch gesehene informationelle Kapitalismus vollzieht.

Aufgrund dessen sind Netzwerke bereits seit geraumer Zeit allgegenwärtig in verschiedensten gesellschaftlichen Diskursen. Obwohl die sozialwissenschaftliche Netzwerkforschung durchaus kritisch mit ihrem Gegenstand umgeht und funktionale Leistungsgrenzen und Probleme der Zurechnung von Verantwortung sowie Koordinationsprobleme in Netzwerken thematisiert, orientiert sich die Diskussion letztlich aber immer an den Problemlösungsversprechen, die mit Netzwerkstrukturen tatsächlich – oder eben nur vermeintlich (Stichwort: Mythos) – einhergehen (Krücken/Meier 2003, S. 72). Denn die Annahme, dass Netzwerke in Innovationskontexten die überlegene und rationale Strukturform darstellen, ist derzeit in hohem Maße institutionalisiert: Die Politik ist das zentrale Umweltsegment, das Netzwerke insbesondere durch Programme auf ganz unterschiedlichen Ebenen fördert. Folglich bilden verschiedenste Akteure entsprechende Formalstrukturen aus, um als legitime Akteure von Seiten der Politik anerkannt zu werden. Dies sichert die Finanzierung, ohne die der Großteil dieser Akteure nicht überlebensfähig wäre (vgl. Krücken/Meier 2003, S. 87, dort mit Blick auf Wissens- und Technologietransferorganisationen).

… und ihre Soziale Arbeit

Auch das Sozialwesen (und mit ihr die Soziale Arbeit als Profession und Disziplin) kommt nicht ohne Netzwerke aus – und will dies auch gar nicht. Denn auch aus fachlicher Sicht sprechen veränderte strukturelle Rahmenbedingungen des Sozialstaates und der Gesellschaft per se schon für eine netzwerktheoretische Fundierung Sozialer Arbeit. Ursächlich hierfür sind

•  die komplexer werdenden Probleme der Adressaten sozialer Hilfe,

•  die sozialräumliche Diversifizierung der sozialen Bedarfe,

•  die enorme Ausdifferenzierung spezialisierter sozialer Hilfen sowie

•  die gestiegene Komplexität der Angebotsstrukturen sozialer Dienstleistungen (Kruse 2005, S. 37).

Vor diesem Hintergrund versucht die Politik Netzwerkorientierung einseitig zu instrumentalisieren. Mit Blick auf dieses Risiko sei darauf hingewiesen, dass seit Ende der 1980er Jahre Politik und Verwaltung im Kontext des Neuen Steuerungsmodells verstärkt auf einen Mix unterschiedlicher Steuerungsinstrumente setzen und hierbei Ambivalenzen erzeugen: Einerseits soll der Sozial- und Gesundheitssektor mittels wettbewerbszentrierter Modernisierungsinstrumente effizienter gestaltet und korporatistische Steuerungen des Systems aufgelöst werden. Andererseits sollen hier mittels Vernetzung vorhandene Angebotsstrukturen optimiert, d. h. stärker verzahnt und aufeinander abgestimmt werden, um Synergieeffekte durch die Koordination von Ressourcen zu produzieren und damit Prozesse der Leistungserstellung effizienter zu machen (Dahme/Wohlfahrt 2000, S. 9ff.). Dabei verweisen Konzepte wie ‚New Governance‘, ‚New Public Management‘ und ‚Aktivierender Sozialstaat‘ darauf, politische Steuerungsprozesse nicht mehr streng hierarchisch aufzufassen, sondern die Interdependenzen der Akteure zu betonen und sich damit von der traditionellen Staatsfixierung zu distanzieren (Schubert 2008, S. 36). Mit Blick auf die kommunale Daseinsvorsorge lassen sich als neue Leitbilder einer solchen Organisationsentwicklung beispielsweise die Neuorganisation des Planungs- und Handlungssystems im Sozialraum, das Qualitätsmanagement oder die Vernetzung der Infrastrukturen verschiedener Fachbereiche nennen (Schubert 2008, S. 12).

Problematisch dabei ist nicht nur die grundsätzliche Ambivalenz, da auch in Vernetzungskonzepten Kooperation und Konkurrenz gleichzeitig gedacht und umgesetzt werden sollen. Darüber hinaus ist die praktische Frage offen, wie die politisch so propagierte und inzwischen großflächig verordnete Modernisierungsstrategie ‚Vernetzung‘ von der Sozialen Arbeit umgesetzt wird oder vielmehr in ihr umgesetzt werden kann. Hier legen praktische Erfahrungen den Verdacht nahe, dass es statt zu einer Ressourcenoptimierung eher zu einer politischen Funktionalisierung der Sozialen Arbeit zum Zwecke der Kostenreduzierung kommt.

Aufgabe der Sozialen Arbeit muss daher sein, offensive Lobbyarbeit in Bezug auf die sozialpolitische Ausgestaltung der Gesellschaft (kommunal, national und global) sowie die Durchsetzung und vehemente Verteidigung fachlicher Standards zu betreiben. Dieses ohnehin schwierige Unterfangen wird in der Sozialen Arbeit durch die geringe berufsständische Organisation sowie einen verstärkt riskanten Sozialkorporatismus (Schönig/Motzke 2008) noch weiter erschwert. Für die Soziale Arbeit gilt daher, die politische Steuerungsperspektive Vernetzung wahr- und ernst zu nehmen, sie sich aber nicht unhinterfragt aufstülpen zu lassen, sondern professionell autonom sinnvolle Konditionen ihrer Umsetzung einzufordern und ihre Grenzen aufzuzeigen.

Diese spezifische Aufgabe der Sozialen Arbeit findet sich in ihrem grundsätzlichen Auftrag der Bearbeitung, d. h. Verhinderung und Bewältigung sozialer Probleme (Engelke et al. 2009, S. 267) wieder. Dabei sind soziale Probleme diejenigen gesellschaftlichen Tatbestände, die Störungen verursachen oder als solche aufgefasst werden (Groenemeyer 1999, S. 14). Bevor diese jedoch bearbeitet werden können, müssen sie thematisiert und ihre Bedingungen analysiert werden. Somit ist Soziale Arbeit auch „Intervention als Form der praktischen Sozialpolitik“ (Schönig 2014, S. 14), die sich anstatt der sonst generalisierenden Sozialpolitik auf den Einzelfall hin orientiert. Wichtig ist im Zusammenhang mit dem Netzwerkgedanken auch, dass Soziale Arbeit immer auf die Mitwirkung der Adressaten angewiesen ist – sie gelten als ‚Koproduzenten‘ der jeweiligen personenbezogenen sozialen Dienstleistung (von Spiegel 2013, S. 34). Und nicht zuletzt basiert Soziale Arbeit auf ethischen Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit, den Menschenrechten, der gemeinsamen Verantwortung und der Achtung der Vielfalt (IFSW 2015, o. S.).

Netzwerkorientierung in der Sozialen Arbeit

Bereits Ende der 1980er Jahre hob Nestmann (1989, S. 110) in Bezug auf den Netzwerkansatz hervor, dass er dafür geeignet sei, theoretische Analyse wie praktische Diagnose und Intervention für die Soziale Arbeit abzuleiten. Diese umfassenden Möglichkeiten sind der Ansatzpunkt dafür, in diesem Lehrbuch nicht – wie in zahlreichen Publikationen zuvor geschehen – von Netzwerkarbeit zu sprechen, sondern von Netzwerkorientierung. Netzwerkorientierung wird hier als „Arbeitsprinzip“ (Boulet/Krauss/Oelschlägel 1980, S. 146 – die Autoren sprechen hier von Gemeinwesenarbeit als Arbeitsprinzip) der Sozialen Arbeit aufgefasst: Ein Arbeitsprinzip ist demnach ein allgemeiner Grundsatz, der das professionelle Handeln des Sozialarbeiters/Sozialpädagogen in den unterschiedlichen Arbeitsfeldern leiten soll. Es ist mit dem Zusatz ‚Arbeits-‘ verknüpft, weil es als solches nicht abgeschlossen formuliert ist, sondern sich im Arbeitsstadium befindet (Motzke/Schönig 2012, S. 231). Während Konzepte als Säulen die Handlungsfelder tragen, ist die Netzwerkorientierung eine Querschnittsaufgabe, die für alle Handlungsfelder relevant ist.

Neben Vorteilen des Netzwerkansatzes generell müssen sich aber alle, die mit netzwerkorientierten Strategien im Sozialwesen arbeiten, auch einer Reihe von Gefahren und Grenzen bewusst werden (Bullinger/Nowak 1998, S. 90f.; Straus 1990, S. 518f.): So darf beispielsweise im Glauben an die Stärkung des Netzwerks nicht die Option der Auflösung von Netzwerken vernachlässigt werden. Darüber hinaus besteht die Gefahr der ‚Kolonialisierung der Lebenswelt‘ (Habermas) von Klienten, d. h. die Gefahr einer erhöhten sozialen Kontrolle. Auch zielen netzwerkorientierte Hilfen oft auf eine Stärkung nichtprofessioneller Helfer ab, was jedoch nicht mit der Schwächung oder gar dem Ausschluss der professionellen Helfer gleichzusetzen ist. Wie noch zu zeigen sein wird, ist das Prinzip der Netzwerkorientierung seit jeher der Sozialen Arbeit inhärent, wenngleich sich diese Tatsache und eine Netzwerkterminologie gar nicht oder nur sehr verschleiert auffinden lassen (Kruse 2005, S. 36). Straus (2012, S. 234f.) identifiziert zwei Phasen, in denen sich die Netzwerkidee in der Sozialen Arbeit sichtbar verankert hat:

•  Erste Phase: Die konkrete Netzwerkidee hat ihren Siegeszug in der Sozialen Arbeit erst in den 1980er Jahren angetreten. Darin habe die Frage der praktischen Konsequenz einer Netzwerkperspektive durchaus ihre Spuren hinterlassen.

•  Zweite Phase: Dagegen seien in der heutigen, zweiten Phase des Netzwerkbooms (ab dem Jahr 2000) Netzwerke geradezu ubiquitär geworden, und der Begriff fungiere als eine Art Catch-all-Konzept.

Es ist wichtig zu sehen, dass der derzeitige Diskurs über Vernetzung (nicht nur in der Sozialen Arbeit) bereits auf der Ebene der Begrifflichkeiten jede Eindeutigkeit vermissen lässt. Denn sie bezieht sich auf ganz verschiedenartige Akteursbeziehungen – Merchel (2000, S. 92) nennt dazu im Kontext der Jugendhilfe eine Spannbreite von personalen Interaktionen zwischen Fachkräften über die Zusammenarbeit von Einrichtungen bei einzelnen Hilfefällen und die Koordination der Hilfeangebote von verschiedenen Einrichtungen bis hin zur Institutionalisierung von einzelfallbezogenen Kooperationsverfahren mit gegenseitiger Verbindlichkeit. Daher ist es nur stimmig, wenn Otto (2013, S. 6) bezogen auf die dargestellte Netzwerkperspektive als grundsätzliche Herausforderungen für die Soziale Arbeit folgende Aspekte hervorhebt:

•  erstens die notwendige begriffliche Schärfung des Netzwerkansatzes,

•  zweitens die Entwicklung eines Anwendungsbezugs, der sich einseitigen politischen (manageriellen) Steuerungsstrategien widersetzt,

•  drittens soll daraus die Stärkung einer problembezogenen Professionalität als Identitätsbildung der Sozialen Arbeit hervorgehen.

Diesen drei Herausforderungen will sich das vorliegende Lehrbuch stellen. Es will damit einen systematisierenden, anwendungsbezogenen sowie identitätsstiftenden Beitrag für Disziplin und Profession Sozialer Arbeit bieten.

Fokus Lehrbuch

Wenngleich das vorliegende Lehrbuch in seinem Grundlagenteil zur Netzwerkforschung allgemeine Aspekte von Netzwerken, der Netzwerkanalyse und ihre Bedeutung für die Soziale Arbeit analysiert und systematisiert, so liegt sein Fokus dennoch auf der vom Einzelfall unabhängigen Arbeit in institutionellen Netzwerken. Dieser Schwerpunkt wurde gewählt, weil in der Sozialen Arbeit im Kontext von fallbezogenen Klientennetzwerken bereits eine Reihe von ausgereiften Netzwerkkonzepten sowie entsprechenden Methoden und Techniken existieren, für die Soziale Arbeit mit und in fallunabhängigen, institutionellen Netzwerken jedoch (noch) nicht. Hier mangelt es an theoretischer und empirischer Unterfütterung, wobei Schubert (2008, S. 40) darauf hinweist, dass in diesem Bereich der Profit-Sektor über zahlreiche Konzeptionen und Analysen verfügt, die in der Sozialen Arbeit bislang aber wenig Beachtung fanden. Diese Idee der Übertragung wird aber durchaus kontrovers bewertet, wie dieses Lehrbuch u. a. auch zeigt.

Darüber hinaus knüpft das Lehrbuch ausdrücklich an die deutschsprachige, interdisziplinäre, sozialwissenschaftliche Theorie und Forschung zu Netzwerken an. Dies ist ein Novum und soll helfen, die Netzwerkorientierung der Sozialen Arbeit mit dem aktuellen Diskurs in der Netzwerkcommunity zu verknüpfen und als Folge dessen die Soziale Arbeit stärker zu professionalisieren. Denn in der Netzwerkcommunity wird davon ausgegangen, durch Netzwerkforschung weiter zu kommen als mit den (herkömmlichen) anderen Verfahren (Stegbauer/Häußling 2010a, S. 13).

Gewissermaßen ‚von Natur aus‘ ist für die Soziale Arbeit die Netzwerkpraxis zentral, besteht doch ihr Gegenstand in der konkreten Bearbeitung von sozialen Problemen, die nun mal nicht isoliert existieren und verstanden werden können. Dem geschuldet, wartet das vorliegende Lehrbuch mit einem großen Repertoire an Beispielen aus der Netzwerkpraxis auf, anhand derer zahlreiche theoretische und empirische Aspekte veranschaulicht werden. Aus dieser Kombination kann der Leser Praxiswissen schöpfen, welches freilich für die konkrete Anwendung in unterschiedlichen Kontexten und entsprechend der jeweiligen Aufgabe modifiziert werden muss.

Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass das Thema ‚social media‘ im Kontext der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung und zunehmend auch für die Soziale Arbeit ein bedeutsames Forschungs- und Handlungsfeld darstellt. Da Netzwerke in diesem Kontext aber auf ganz anderen Ausgangs- und Rahmenbedingungen fußen sowie anderen Logiken folgen, würde eine Aufnahme in dieses Lehrbuch dessen Rahmen sprengen.

In dieser Einleitung sowie im gesamten Text wird die männliche Schreibform als verallgemeinernder Plural verwendet, bei wörtlichen Zitaten hingegen die Originalschreibweise beibehalten.

 

Inhalt

 

  1. Vorwort zur Reihe
  2. Zu diesem Buch
  3. 1 Netzwerkforschung
  4. 1.1 Theoretische Grundlagen
  5. 1.1.1 Netzwerke als neues Paradigma
  6. 1.1.2 Netzwerk und Kooperation
  7. 1.1.3 Netzwerk und System
  8. 1.1.4 Netzwerktypen und ihre Funktionen
  9. 1.1.5 Netzwerke und Hierarchie
  10. 1.1.6 Netzwerkorientierung in Disziplin und Profession Sozialer Arbeit
  11. 1.2 Empirische Netzwerkanalyse
  12. 1.2.1 Beziehungen erfassen und Netzwerke abgrenzen
  13. 1.2.2 Beziehungen darstellen
  14. 1.2.3 Beziehungen durch Kennzahlen beschreiben
  15. 1.2.4 Besonderheiten der Analyse egozentrierter Netzwerke
  16. 1.3 Besondere Methoden
  17. 1.3.1 Fokus der Vernetzung im Sozialraum
  18. 1.3.2 Aktivierende Befragung
  19. 1.3.3 Netzwerkphasen und Netzwerkkoordination
  20. 2 Beispiele aus der Netzwerkpraxis
  21. 2.1 Allgemeine Aspekte der Netzwerkpraxis
  22. 2.1.1 Identität durch gemeinsame Story: Netzwerke sind Dramen
  23. 2.1.2 Konkurrenz bei Gründung von Netzwerken: Loyalität und Reziprozität
  24. 2.1.3 Das Drama der Netzwerkphasen: Zwischen Kooperation und Konkurrenz
  25. 2.1.4 Kreativität und Innovationskraft: Die Stärken des Netzwerks stärken
  26. 2.1.5 Im Schatten der Hierarchie: Die dunkle Seite der Macht
  27. 2.1.6 Konventionelle Konfliktbewältigung: Hierarchie- konformität
  28. 2.1.7 Ego illustriert sein Netzwerk
  29. 2.2 Spezielle Aspekte der Netzwerkpraxis
  30. 2.2.1 Unkonventionelle Balance: Themenzentrierte Interaktion
  31. 2.2.2 Externe Netzwerkmoderation: Zwischen Erfolg und Instrumentalisierung
  32. 2.2.3 Ausblühungen an der Peripherie: Ehrenamtler im professionellen Netzwerk
  33. 2.2.4 Arbeitsteilung mit System: Das zentralisierte Hilfe-Netzwerk
  34. 2.2.5 Hilfenetzwerke versus Familiensysteme: Fälle familialer Gewalt
  35. 2.2.6 Community Organizing: Beziehungsaufbau und Sozialstaatskritik
  36. 3 Netzwerke nutzen: Eine To-do-Liste
  37. 4 Fazit und Ausblick
  38. Literatur

 

1          NETZWERKFORSCHUNG

„Wir stehen also eher am Beginn einer Entfaltung der Netzwerkforschung, deren Potentiale bei weitem noch nicht ausgelotet sind.“ (Stegbauer/Häußling 2010a, S. 14)

Was Sie in diesem Kapitel lernen können

In diesem Kapitel kann sich der Leser zunächst allgemeine und weitestgehend interdisziplinäre theoretische Grundlagen der Netzwerkperspektive aneignen, an die in der Sozialen Arbeit angeknüpft werden sollte. Dabei geht es hier sowohl um für die Soziale Arbeit brauchbare Begriffsdefinitionen und Typendifferenzierungen (Kap. 1.1.1 und 1.1.4) als auch um Abgrenzungen zu inhaltlich verwandten und fachlich (über-)strapazierten Begriffen (Kap. 1.1.2 und 1.1.3). Des Weiteren wird das Thema Netzwerke und Hierarchie kritisch beleuchtet und aus professionstheoretischer Sicht bewertet (Kap. 1.1.5). Vor dem Hintergrund dieses Wissens setzt sich der Leser anschließend mit der herausragenden Bedeutung der Netzwerkorientierung für Disziplin und Profession Sozialer Arbeit auseinander und erfährt, warum sie als grundlegendes Arbeitsprinzip verstanden werden sollte (Kap. 1.1.6).

Im zweiten Schritt des Theorieteils wird die empirische Netzwerkanalyse fokussiert und vorgestellt: Der Leser lernt, wie man Netzwerke erfassen, abgrenzen, darstellen und mit Kennzahlen beschreiben kann (Kap. 1.2.1 bis 1.2.3). Obwohl der Fokus des Lehrbuchs auf der fallunabhängigen Arbeit in institutionellen Netzwerken liegt, werden im Kontext der Netzwerkanalyse auch Besonderheiten der Analyse egozentrierter Netzwerke ergänzt (Kap. 1.2.4).

Im dritten Schritt findet eine Auseinandersetzung mit einzelnen zentralen Aspekten und Methoden statt, die aus der Netzwerkpraxis resultieren und die den Leser auf die Praxisbeispiele im Folgekapitel vorbereiten (Kap. 1.3.1 bis 1.3.3). Im Sinne der Verfestigung des theoretischen Wissens rund um Netzwerke in der Sozialen Arbeit werden – den Theorieteil abschließend – Wiederholungsfragen bereitgestellt.

 

In der deutschsprachigen Sozialforschung, an die hier aus Sicht der Sozialen Arbeit angeknüpft werden soll, ist von Netzwerkforschung als Oberbegriff für Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie die Rede – im Gegensatz zu den USA, wo die Soziale Netzwerkanalyse (‚social network analysis‘) und damit die Analysemethoden und -techniken generell im Vordergrund stehen (Stegbauer/Häußling 2010a, S. 14). Der Begriff ‚social network analysis‘ lässt sich jedoch eigentlich nicht direkt ins Deutsche übersetzen, weil man nicht sagen kann, dass die Analyse von Netzwerken etwas ‚Soziales‘ an sich hätte. Da sich auch beispielsweise Ingenieure der Elektrotechnik unter dem Thema Netzwerkanalyse mit Stromausfällen bzw. Ausfallsicherheit beschäftigen, mag er ansonsten in die Irre führen (Stegbauer 2008, S. 12). Die deutschsprachige Besonderheit, generell von Netzwerkforschung zu sprechen, verdeutlicht, dass hierzulande, stärker als dies im internationalen Bereich üblich ist, eine Theoriedebatte geführt wird (ebd., S. 13). Aber auch in den USA lässt sich seit den 1990er Jahren ein zunehmendes theoretisches Interesse verzeichnen – nach einem Fokus auf Methoden der Netzwerkanalyse in den 1970er und 1980er Jahren (Stegbauer/Häußling 2010a, S. 13). Dabei versteht sich von selbst, dass nicht eine umfassende Theorie, sondern unterschiedliche Sichtweisen der Beziehungsstruktur in Form von Theorien mittlerer Reichweite oder Theoremen diese (nicht unproblematische) Theoriedebatte prägen. Somit zeichnet sich für Stegbauer und Häußling (2010b, S. 57) das Selbstverständnis der Netzwerkforschung analog zu ihrem Gegenstand durch Heterogenität und Dynamik aus: Es existieren verschiedene Theoriebestrebungen sowie divergierende Forschungsstrategien, die entweder an den Relationen, an den Positionen bzw. Knoten oder an dem Gesamtnetzwerk ansetzen und von dort Netzwerkstrukturen beschreiben.

Die Netzwerkforschung ist ein äußerst dynamisches Forschungsfeld, das sich wie kaum ein anderer Sozialforschungsbereich interdisziplinär entwickelt und daher transdisziplinäre Zusammenarbeit fördert (Stegbauer/Häußling 2010a, S. 13). Es ist daher richtig und wichtig, auch mit (v. a. anwendungsorientierten) Fragestellungen und Erkenntnissen aus Disziplin und Profession Sozialer Arbeit an dieses Forschungsfeld anzuknüpfen und es damit zu bereichern – dem soll dieses Buch Rechnung tragen. Darüber hinaus fällt die Form der transdisziplinären Zusammenarbeit der Sozialen Arbeit sehr leicht, schließlich konstituiert sich die Wissenschaft Soziale Arbeit aus den Beiträgen unterschiedlicher Fächer sowie deren Perspektiven und Methoden, die sie unter der ihr eigenen Zielsetzung zu integrieren vermag (Motzke 2014, S. 44).

1.1       Theoretische Grundlagen

In diesem ersten Teil zu theoretischen Grundlagen der Netzwerkorientierung in der Sozialen Arbeit soll einerseits inhaltlich an die sozialwissenschaftliche Netzwerkforschung bzw. Netzwerktheorie angeknüpft werden, andererseits sollen theoretische Aspekte herausgearbeitet werden, die für die Netzwerkperspektive der Sozialen Arbeit spezifisch sind.

1.1.1     Netzwerke als neues Paradigma

In dem in der Einleitung genannten Kontext ist es nicht verwunderlich, dass die Netzwerkforschung in den letzten Jahren – auch im deutschsprachigen Bereich – einen enormen Aufschwung erfahren hat. So gibt es kaum mehr ein sozialwissenschaftliches Fachgebiet, in der die Netzwerkperspektive nicht bedeutungsvoll wäre (Stegbauer/Häußling 2010a, S. 13). Aktuell werden daher die Netzwerkanalyse und die Netzwerktheorie in Anlehnung an Kuhn (1973) als „neues Paradigma in den Sozialwissenschaften“ (Stegbauer 2008, S. 11) wertgeschätzt: Neu und anders ist dieses Netzwerkparadigma insofern, als es sich von der klassischen Surveyforschung abgrenzt. Die Akteure werden nicht mehr isoliert betrachtet, sondern man berücksichtigt in der Netzwerkforschung den Beziehungskontext und die Beziehungsstruktur zwischen den Befragten.

Erhofft werden durch eine solche Forschung neue Erkenntnisse, die die Gräben zwischen Theorie und Praxis, zwischen Mikrophänomen und Makrophänomen oder eben zwischen qualitativer und quantitativer Forschung überbrücken können (Stegbauer/Häußling 2010a, S. 14). Der Anwendungskontext des Netzwerkbegriffs in den Sozialwissenschaften reicht heute von der traditionellen Perspektive der formalen Netzwerkanalyse zur Untersuchung von Austausch-, Beeinflussungs- und Machtprozessen zwischen natürlichen Personen bis hin zu einem – bereits oben skizzierten – Verständnis als sozialpolitischem und ökonomischem Steuerungsansatz institutioneller Netzwerke (Schubert 2008, S. 35). Denn Netzwerke wurden in der wirtschaftlichen wie politischen Praxis bereits erfolgreich als eine neuartige Form der Handlungskoordination eingesetzt, da Netzwerke Problemlösungen zustande bringen, die anderen organisatorischen Arrangements und Strukturen überlegen sind (Weyer 2014, S. 39). Neben Wirtschaft und Politik finden sich in der Netzwerkgesellschaft selbstverständlich zahllose weitere Anwendungsfelder der Netzwerkforschung – so wie beispielsweise Soziales, Bildung, Wissenschaft, Technik und Soziale Räume, um nur einige Felder zu nennen. Im Hinblick darauf und mit Blick auf die deutsche Forschung ist bei Ziegler (2010, S. 39–53) ein komprimierter Überblick über Entwicklungen und Schwerpunkte der deutschsprachigen Netzwerkforschung der letzten drei Jahrzehnte zu finden.

Die neue Netzwerksichtweise hat sich in den letzten Jahren in Deutschland mit enormer Geschwindigkeit verbreitet, was sich neben fokussierten Zeitschriftenbeiträgen insbesondere an der Anzahl an Überblicksaufsätzen, Monografien, Sammelbänden und Lehrbüchern zeigt (neuerdings exemplarisch Jansen 2006; Schubert 2008; Stegbauer 2008a; Stegbauer 2016; Stegbauer/Häußling 2010c; Fischer/Kosellek 2013; Quilling et al. 2013; Weyer 2014). Entscheidende Impulse gehen auch von der seit 2010 existierenden Sektion ‚Soziologische Netzwerkforschung‘ der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) aus, die u. a. mit einer offenen Mailingliste eine Informationsplattform für die deutschsprachige Netzwerkforschungs-Community installiert hat und Publikationslisten generiert. Darüber hinaus ist eine Vielzahl an – oft interdisziplinär gestalteten – Tagungen und Workshops zum Thema zu verzeichnen (z. B. alljährliche ‚Trierer Summer School on Social Network Analysis‘, aktuell Gründung einer ‚Deutschen Gesellschaft für Netzwerkforschung‘). Diese Entwicklungen führten bereits dazu, dass eine kleine Zahl von Hochschulstudiengängen in unterschiedlichen Fachrichtungen mit dem Schwerpunkt Netzwerke aus der Taufe gehoben wurde und in der Folge auch bei der Denomination von Professuren Schwerpunktsetzungen im Netzwerkkontext zu finden sind. Aber auch international ist die deutsche Netzwerkforschungs-Community vernetzt, was sich exemplarisch an ihrer regen Beteiligung an der alljährlichen ‚Sunbelt-Conference‘ des ‚International Network for Social Network Analysis‘ (INSNA) veranschaulichen lässt. All dies macht deutlich, dass viele verschiedene wissenschaftliche und anwendungsorientierte Disziplinen das neue und wachsende Paradigma als erkenntnisleitendes Prinzip und als Methode einsetzen – so auch die Soziale Arbeit.

In Bezug auf die Soziale Arbeit beginnen die Überlegungen meist mit der Feststellung, dass Netzwerke seit langem als „Schlüsselkategorien Sozialer Arbeit“ (Becker 2006, S. 34) gelten. Bestätigt wird dies durch den Befund, dass in allen aktuell relevanten Theorien, Konzepten und Methoden Sozialer Arbeit letztlich netzwerk- und unterstützungsbezogen argumentiert wird – und dies auch da, wo entsprechende Begrifflichkeiten und Bezugnahmen nicht explizit deutlich werden (Kruse 2005, S. 36). Vor diesem Hintergrund stellt sich aber die Frage, was an dem wachsenden Paradigma der Netzwerkorientierung das genuin Neue für die Soziale Arbeit ist. Mit Kruse (ebd., S. 41) ist zu antworten, dass Netzwerkarbeit (d. h. Vernetzung und vernetztes Arbeiten) eine alte, bekannte und doch zugleich völlig neue Strategie ist: Stellte Vernetzung in der Vergangenheit eine Strategie zur Steigerung der Effektivität der Hilfe für die Klienten dar, so richtet sich aktuell der Fokus zumeist auf die Effizienz, d. h. auf ein systematisches Prozessmanagement der Hilfeleistungen mit dem Ziel der Rationalisierung und Optimierung sozialer Dienstleistungen und des Ressourceneinsatzes. Zwischen alter Effektivitätsstrategie und neuer Effizienzstrategie besteht jedoch kein grundsätzlicher Widerspruch, weshalb beide in die Soziale Arbeit – wenngleich nicht ohne Vorsicht und Widerstand gegenüber Versuchen der politischen Funktionalisierung – integriert werden können.

Die derzeitige Inflation der Netzwerkrhetorik – in der Sozialen Arbeit wie auch in der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung generell – verdeckt oftmals die Tatsache, dass es einerseits zunächst einer klaren und auf das Anwendungsfeld bezogenen Definition des Begriffes Netzwerk bedarf und dass es andererseits unterschiedliche Typen von Netzwerken und der Netzwerkorganisation gibt, die in Theorie und Praxis unterschieden und differenziert betrachtet bzw. gehandhabt werden. Aufgabe dieses Lehrbuches ist es daher zunächst, für die Soziale Arbeit brauchbare Definitionen und Differenzierungen anzubieten, die an den sozialwissenschaftlichen Diskurs um Netzwerke anschlussfähig sind.

Der Begriff ‚Netzwerk‘ bezeichnet grundsätzlich die Tatsache, dass Menschen miteinander sozial verknüpft sind – d. h. bildhaft betrachtet: Menschen werden als Knoten in einem Fischernetz gesehen, von denen Verbindungsfäden zu anderen Menschen laufen, die wiederum einen Knoten darstellen (Gerhardter 2001, S. 1). Die klassische, eher quantitative Definition von Netzwerk, die aus dem Kontext der Netzwerkanalyse stammt, bleibt in diesem Bild und spricht von Netzwerken als abgegrenzte Menge von Knoten (d. h. Akteure) und als Menge der zwischen ihnen verlaufenden Relationen (d. h. Beziehungen) (Pappi 1987, S. 15). Mit dem Begriff ‚Vernetzung‘ wird dann die Verbindung der Knoten eines Netzwerks über Beziehungen umschrieben, wobei die Verbundenheit zwischen den Akteuren und der Prozess der Beziehungspflege im Mittelpunkt stehen (Schubert 2008, S. 35). Im Anschluss an den Sozialanthropologen Mitchell, einem der Väter der Netzwerkkonzeption, können Interaktionsmerkmale wie der Inhalt, die Dauer, die Intensität, die Häufigkeit sowie die Gegenseitigkeit von Beziehungen als auch Strukturmerkmale des Netzwerks wie die Erreichbarkeit der Akteure untereinander, die Beziehungsdichte sowie die (sozial-)strukturelle oder räumliche Reichweite unterschieden werden (vgl. Bulinger/Nowak 1998; zur Erläuterung ausgewählter Kennzahlen siehe Kap. 1.2).

Im Verständnis einer eher qualitativen Definition wurde der Begriff ‚Netzwerk‘ ursprünglich durch den Anthropologen Radcliffe-Brown im Jahr 1940 in einem metaphorischen Sinn verwendet: Das Netzwerk ist das Geflecht an realen sozialen Beziehungen (Bullinger/Nowak 1998, S. 65). Aber erst der Sozialethnologe Barnes prägte in den 1950er Jahren bei einer Untersuchung der Sozialstrukturen auf einer norwegischen Insel den Begriff in einem strukturellen Sinn: Weil er die vorgefundenen Organisationsmuster nicht mit den herkömmlichen Kategorien (Markt, Unternehmen und Verwaltung, offizielle Gemeinschaften, Expertenkulturen etc.) beschreiben konnte, definierte er das soziale Umfeld als Netzwerk:

„I shall neverless look at social class from merely the one point of view: as a network of relations between pairs of persons according each other approximately equal status. […] The image I have is a set of points some of which are joined by lines. The points of the image are people, or sometimes groups, and the lines indicate which people interact with each other. We can of course think of the whole of social life as generating a network of this kind.“ (Barnes 1954, in: Bullinger/Nowak 1998, S. 66)

Im Unterschied zu den traditionellen Organisationsstrukturen verfügten diese, auf Verwandtschaft, Freundschaft und Bekanntschaft beruhenden, sozialen Netzwerke nicht über klare, eindeutige und damit leicht zugängliche Strukturen. Allerdings bestanden zwischen einer Vielzahl von Akteuren Verbindungen, die erfolgreiches gemeinsames Handeln zur Erreichung eines vereinbarten Zieles anstrebten – dabei konnte die Form des Netzwerks extrem unterschiedlich sein (Quilling et al. 2013, S. 10). Diese Erkenntnisse finden sich auch in der Transaktionskostenökonomie wieder, die typologisch die Trias ‚Markt‘, ‚Organisation‘ und ‚Netzwerk’ unterscheidet und auf die in der Netzwerkliteratur immer wieder zurückgegriffen wurde: Während in einem Markt die Koordination über Tauschbeziehungen funktioniert und Preise die Tauschbeziehungen regeln, erfolgt die Koordination in Netzwerken über interdependente Beziehungen, Aushandlung und Vertrauen. Organisationen unterscheiden sich von Markt und Netzwerk durch formal geregelte Beziehungen von Mitgliedern und entwickelte, formalisierte Routinen.

An die vorangehenden Überlegungen zu quantitativen und qualitativen Aspekten wird angeknüpft, wenn hier mit Blick auf das spezifische Anwendungsfeld Soziale Arbeit folgende grundständige Definition von ‚Netzwerk‘ vorgeschlagen wird – zunächst unabhängig von den verschiedenen Netzwerktypen (s. Kap. 1.1.4):

Netzwerk

Ein Netzwerk ist eine Struktur von Verbindungen unabhängiger Akteure, die gemeinsam ein Thema bearbeiten und dazu ihre Ressourcen einsetzen. Das Netzwerk ist operativ offen und weitgehend ohne Hierarchien, darüber hinaus ist es ein nicht von vornherein befristeter Zusammenschluss mehrerer Akteure.

Erläuterung: Das Netzwerk besteht zunächst aus einer Menge von Beziehungen zwischen einer abgegrenzten Menge von Knoten (‚Struktur von Verbindungen‘). Diese Knoten sind grundsätzlich nicht voneinander oder von Knoten außerhalb des Netzwerks abhängig (mehrere ‚unabhängige Akteure‘). Sie arbeiten themenzentriert (‚gemeinsam ein Thema bearbeiten‘) und setzen ihre Ressourcen zur gegenseitigen Beeinflussung und Unterstützung ein (‚Ressourcen einsetzen‘). Im Unterschied zu traditionellen Organisationsstrukturen sind Netzwerke ‚operativ offen‘ und ‚weitgehend ohne Hierarchien‘, d. h. die Knoten sind untereinander verbunden, aber nicht fest verkoppelt, und es bestehen eher keine festen Regelungsmechanismen und Hierarchien (Unterscheidung Netzwerk und System, s. Kap. 1.1.3). Die Struktur von Verbindungen ist grundsätzlich nicht befristet, kann aber einen geplanten Endpunkt haben bzw. den Zeitpunkt ihrer Auflösung festsetzen (‚nicht von vornherein befristeter Zusammenschluss‘).

Mit dieser Definition sind hinreichende Struktur- sowie Interaktionsmerkmale von Netzwerken bestimmt, die in der Sozialen Arbeit eine Rolle spielen. Durch sie unterscheidet sich das Netzwerk auch von anderen, zum Teil sehr eng verwandten Begriffen wie Kooperation oder System. Diese enge Verwandtschaft des Netzwerks zu Kooperation und System macht es aber gerade lohnenswert, sich Unterschiede, Gemeinsamkeiten sowie wechselseitige Implikationen genauer anzuschauen. Dem soll in den beiden folgenden Unterkapiteln nachgegangen werden.

1.1.2     Netzwerk und Kooperation

Netzwerke wurden bisher definiert als Strukturen, durch die unabhängige Akteure miteinander verbunden sind. Im Netzwerk bearbeiten diese Akteure ein Thema gemeinsam und setzen dazu ihre Ressourcen ein. Kooperation hingegen beschreibt „die interaktive Organisation der Erstellung von Leistungen in Arbeitsteilung. Sie erfolgt über die Koordination der zugrunde liegenden Aktivitäten und setzt das Vorhandensein der erforderlichen Ressourcen voraus. Im Kern geht es um einen wechselseitigen Austausch zwischen den beteiligten Akteuren, der auf Dauer angelegt zu Standardisierung und Formalisierung führt“ (Schubert 2011, S. 531). Eine solche Formalisierung kann in der Bildung eines Netzwerks bestehen – mit anderen Worten: Netzwerke sind institutionalisierte Kooperationen.

Dies wirft die Frage auf, welche allgemeineren Aussagen sich in der Literatur zum menschlichen Kooperationsverhalten finden lassen und was diese Erkenntnisse – in die theoretische Überlegungen und Ergebnisse empirischer Tests einfließen – für die praktische Netzwerkarbeit bedeuten. Gibt es also ein grundlegendes „Prinzip Kooperation“ (Pester 1993), das die Netzwerkorientierung in der Sozialen Arbeit trägt, wann ist es erfolgreich, und wie weit ist dieses Prinzip Kooperation belastbar? Kooperation (lat. cooperare = zusammenarbeiten, zusammenwirken) ist ein Ausdruck der Sozialnatur des Menschen (Schönig 2015, S. 67ff.). Insofern ist nicht nur die Konkurrenz, sondern auch die Kooperation im menschlichen Verhalten angelegt. Führt man sich die Vielzahl unserer alltäglichen Sozialkontakte vor Augen, so ist die ganz überwiegende Mehrheit dieser Kontakte entweder kooperativ oder gleichsam neutral, jedenfalls konkurrieren wir im alltäglichen Zusammenleben eher selten. Umso nachhaltiger prägen sich daher die Konkurrenzsituationen in die Erinnerung ein.

Gleichwohl machen die biologische Verhaltensforschung und insbesondere die Soziobiologie gewichtige Argumente dafür geltend, dass aus evolutionstheoretischer Sicht die Konkurrenz – und nicht die Kooperation – der grundlegend dominante Interaktionsmodus ist. Demnach führt das Streben allen Lebens nach Wachstum und Fortpflanzung in einer Welt begrenzter Ressourcen zwangsläufig zur Konkurrenz unter den Mitgliedern einer Population. Konkurrenz ist offenbar das im Zuge der Evolution genetisch programmierte Grundphänomen des Zusammenlebens. Kooperation und Gruppenbildung sind demgegenüber nachrangig, d. h. „letztlich Epiphänomene biologisch evolvierter individueller Lebens- und Reproduktionsinteressen und nicht etwa genuine Angriffsflächen und Modelliermasse der natürlichen Selektion“ (Voland 2013, S. 9, vgl. a. S. 14, 21). Folglich ist aus Evolutionsperspektive die Kooperation der Konkurrenz nicht gleichrangig, sondern sie ist ein „Epiphänomen“, d. h. aus der Konkurrenz abgeleitet und ihr nachgeordnet. Kooperation (und damit auch die Kooperation im Netzwerk) findet somit aus sozialbiologischer Sicht nur dann statt, wenn sie der eigenen Konkurrenzfähigkeit (der sogenannten fitness) dient.

Eben dies jedoch ist im alltäglichen Zusammenleben in modernen Gesellschaften der Fall – hier ist eine funktional differenzierte Gesellschaft ohne Kooperation nicht möglich. Gleichzeitig ist diese Kooperation voraussetzungsvoll, komplex und fragil. Diese Komplexität und Fragilität der Kooperation spiegelt sich eindrucksvoll in der Literatur der unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen, ist aber auch ein Hauptthema der bildenden Künste wie auch alltäglicher Gespräche unter Menschen. Sie ist umso mehr ein ständiger Aufreger, da komplexe, moderne Gesellschaften mit ihrer umfassenden Arbeitsteilung mehr denn je von Kooperation durchdrungen sind, von gelingender Kooperation abhängen und insbesondere auch Konkurrenzbeziehungen in Kooperationsstrukturen eingebettet sind. Schon die primäre Sozialisation im Elternhaus zeigt sehr eindrücklich die Bedeutung der Kooperation.

Das Konkurrenzstreben scheint letztlich eine beständige Herausforderung an die Kooperation zu sein, so wie auch die Konkurrenz ständig vom Kooperationsstreben herausgefordert wird. Ein Blick in die Literatur zeigt denn auch eine schier unüberschaubare Vielfalt von Kooperationstheorien, wobei man sich streiten mag, ob es sich hierbei um einige wenige, 17 oder gar 65 unterschiedliche Theorien handelt (Neugebauer 2012, S. 71).

Der weitreichendste Ansatz zur Erklärung von Kooperationsphänomenen ist der kooperative homo cooperativus, der dem konkurrierenden homo oeconomicus gegenüber und beiseite gestellt wurde. Der homo cooperativus akzentuiert eine positive Haltung zur Kooperation im Sinne einer ‚Kooperationsgesinnung‘. Jene Kooperationsgesinnung ist als ‚Genossenschaftsgeist‘ vor allem in der genossenschaftswissenschaftlichen Literatur verbreitet. Selbst dort wurde die Annahme einer Kooperationsgesinnung jedoch schon früh als mehr oder weniger naive „Harmonietheorie“ zurückgewiesen. An ihre Stelle setzte im deutschen Sprachraum die Münsteraner Schule eine „Konflikttheorie“ der genossenschaftlichen Kooperation, welche eigennutzorientierte Motive (statt einer Kooperationsgesinnung) in den Mittelpunkt ihrer Erklärung von Kooperation stellt (Eschenburg 1973, S. 102). Jene beiden sich widersprechenden Theoriestränge können in der klassischen Literatur auch bei Sombart, Durkheim und Böttcher gefunden werden. Hierbei stellt die Harmonietheorie zur Erklärung von Kooperation eher auf Aspekte der Tradition, mechanisches Zusammenwirken und geringer Reflexion ab, während die Konflikttheorie der Kooperation Rationalität, organisches Zusammenwirken und Reflexion in den Vordergrund stellt. Letztere kann im fortgeschrittenen Modernisierungsprozess einige Plausibilität für sich beanspruchen.

Kooperation ist gerade auch in Netzwerken ein „intra- und interorganisatorisches Spiel mit der Interdependenz, der Reziprozität und dem Wiedersehen“ (Jansen, S. 2000, S. 31). Sie wird dann erfolgreich sein, wenn vier Voraussetzungen gegeben sind (Pester 1993, S. 75f.; im Original mit Hervorhebungen; vgl. ausführlicher Neugebauer 2012, S. 102ff.):

1.  Bewusstsein: Kooperation setzt insbesondere in Netzwerken eine „bewusste, eigenverantwortliche Entscheidung“ der Akteure voraus. Ein unbewusstes oder unfreiwilliges Zusammenwirken ist keine Kooperation.

2.  Interdependenz: Gegenseitige Abhängigkeit ist für Kooperationen unerlässlich, d. h. ohne Interdependenz fehlt der Kooperation die Bindung.

3.  Gemeinsamkeit: „Gemeinsames Handeln bzw. gemeinsame oder sich ergänzende Ziele sowie ausgewogene Machtverhältnisse“ begründen eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Die gemeinsamen Ziele und ausgewogenen Machtverhältnisse sind in Netzwerken idealtypisch umgesetzt.

4.  Vorteilhaftigkeit: Die gemeinsamen Handlungen müssen zum gegenseitigen Vorteil sein, damit die Kooperationen „längerfristig stabil“ sind. Dabei müssen nicht alle Akteure kurzfristig in gleichem Maße profitieren, nur darf es auch nicht langfristig zu einer Ausbeutungssituation durch Trittbrettfahrer kommen.

In stabilen Kooperationen handeln die Akteure somit eigennutzorientiert, und gleichzeitig wissen sie, dass sie sich in einer nützlichen Kooperation befinden. Eine erfolgreiche Kooperation festigt sich selbst, indem sie ihre eigenen Voraussetzungen stärkt. Umgekehrt kann eine Kooperation in einen Teufelskreis geraten, bei dem mangelnde Vorteilhaftigkeit die Gemeinsamkeit und das Bewusstsein beschädigen und die Kooperation untergraben.

Fragen der Kooperation eigennutzorientierter Akteure werden in der sozialökonomischen Literatur insbesondere in der Spieltheorie analytisch und empirisch bearbeitet. Sie hat sich seit ihrer Grundlegung durch Neumann/Morgenstern (1944) zunehmend zu einem zentralen Ansatz entwickelt, auf den unterschiedliche Humanwissenschaften zurückgreifen. Nicht zuletzt die Wirtschaftsnobelpreise an Nash/Harsanyi/Selten (Grundlagen der Spieltheorie, Nobelpreis 1994), Aumann/Schelling (Theorie der wiederholten Spiele, Nobelpreis 2005) und Hurwicz/Maskin/Myerson (Mechanismus Design, Nobelpreis 2007) haben dieser eigennutzorientierten Betrachtung von Kooperation zum Durchbruch in der wissenschaftlichen Gemeinschaft verholfen. Ihr Grundgedanke ist die Modellierung sozialer Interaktion in Entscheidungssituationen, bei denen Interessenkonflikte und Koordinationsprobleme vorliegen.

„Gegenstand der Spieltheorie sind Entscheidungssituationen, in denen das Ergebnis für einen Entscheider nicht nur von seinen eigenen Entscheidungen abhängt, sondern auch von dem Verhalten anderer Entscheider. Spieltheorie ist also eine Theorie sozialer Interaktion.“ (Rieck 2013, S. 21; Herv. i. Orig.)