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PRAXISWISSEN Management

Dieter Thomaschewski, Rainer Völker (Hrsg.)

Nachhaltige Unternehmensentwicklung

Herausforderungen für die Unternehmensführung des 21. Jahrhunderts

Verlag W. Kohlhammer

 

 

 

 

 

1. Auflage 2016

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-029660-2

E-Book-Formate:

pdf:       ISBN 978-3-17-029661-9

epub:    ISBN 978-3-17-029662-6

mobi:    ISBN 978-3-17-029663-3

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Vorwort der Herausgeber

 

 

 

 

Managementansätze durchlaufen analog zu Produkten oder Technologien Lebenszyklusphasen. Während das Qualitätsmanagement sich schon länger in der Reifephase befindet und Wissens- oder Innovationsmanagement dort eingemündet sind, stehen wir beim Nachhaltigkeitsmanagement durchaus in noch einer frühen Phase der Entwicklung. Wenn man das Hype-Cycle-Konzept von Gartner heranzieht, könnte man auch mutmaßen, dass wir beim Nachhaltigkeitsmanagement – zumindest bei einem großen Teil der Unternehmen – noch ein ganzes Stück vom »Plateau der Produktivität« entfernt sind. Bei vielen Unternehmen befindet man sich bezogen auf Nachhaltigkeitsmanagement in sehr frühen Phasen. Zugegebenermaßen ist der »Hype Cycle« für Technologien konzipiert; während eine Technologie relativ konkret beschreibbar ist, sind Managementkonzepte meist recht unscharf definiert. Es ist – zumindest zu Beginn – nicht immer klar, was genau »Qualitäts-, Wissens-, etc. -management« ist und welche Bedeutung dem Konzept für die Unternehmen zukommt. Entsprechend ist eine zeitliche Streuung der Einführung solcher Konzepte bei Unternehmen zu beobachten. Beim Nachhaltigkeitsmanagement kommt noch ein »Schwierigkeitsgrad« hinzu: Während bei anderen neuen Managementsystemen die zentralen Zielstellungen unverändert bleiben (Rendite oder Wertsteigerung erzielen etc.) setzt Nachhaltigkeitsmanagement neue ökologische und soziale Ziele. Allerdings ist nicht explizit vorgegeben, in welchem genauen Verhältnis diese Ziele stehen sollen. Sind die beiden weiteren Zieldimensionen lediglich »lästige« Nebenbedingungen für Shareholder-Value-Maximierung oder sollen sie tendenziell ähnlich prioritär wie die ökonomischen Ziele verfolgt werden? Diese Problematik – die wir in Kapitel 1 noch ausführlich erläutern – sowie eben die Tatsache, dass wir uns in einer frühen Entwicklungsphase des Nachhaltigkeitsmanagements befinden, schafft eine deutliche Heterogenität der Ausgestaltung des Managementkonzeptes in der Theorie aber vor allem in der Praxis. Das vorliegende Buch spiegelt auch diese Vielfalt wieder.

Bei großen kapitalmarktorientierten Konzernen, ist notwendigerweise auch durch den Druck der Stakeholder ein proaktives umfassendes Nachhaltigkeitsmanagement ein absolutes Muss. Bei vielen Dienstleistern und/oder mittelständischen Unternehmen findet sich tendenziell weniger Druck von außen. Dennoch gibt es auch hier die Notwendigkeit, »sich um Nachhaltigkeit zu kümmern« und entsprechende – wenn auch teilweise noch rudimentäre – Überlegungen anzustellen. Die Herausforderungen für ein gelebtes Nachhaltigkeitsmanagement sind vielfältig. Das Bestreben der Herausgeber war es, diese Vielfalt an zahlreichen praktischen Beispielen in den Schwerpunkten aufzuzeigen.

Nach einer jeweils kurzen theoretischen Einführung wird in praktischen Beispielen aufgezeigt, wie die Um- und Durchsetzung des Nachhaltigkeitsmanagements erfolgt. Im Abschnitt Strategische nachhaltige Unternehmensgestaltung (image Kap. 2) werden Überlegungen präsentiert, wie Nachhaltigkeit Wettbewerbsvorteile generieren kann und so die Unternehmensentwicklung sichert. Im Abschnitt Steuerung und Reporting (image Kap. 3) stehen Gestaltungselemente im Fokus – wie zum Beispiel die Operationalisierung der Performance-Messung und Indikatoren für die ökonomische, ökologische und soziale Dimension, die zur Akzeptanzbildung bei den Stakeholdern beitragen. Im Abschnitt Nachhaltigkeit in den Funktionsbereichen (image Kap. 4) wird aufgezeigt, dass Nachhaltigkeit nicht Aufgabe von einzelnen Personen/Unternehmenseinheiten ist, sondern eine Denkhaltung einfordert, in der Nachhaltigkeit für alle Funktionen im Unternehmen hohe Priorität und außergewöhnliche Relevanz besitzt.

Im Abschnitt Organisation, Führung und Kultur (image Kap. 6) wird letztlich aufgearbeitet, dass über eine entsprechende HR-Policy mit Anreizsystemen und einer konzentrierten Struktur- und Prozessgestaltung der Managerverantwortung für Nachhaltigkeit unter Einbindung der Öffentlichkeit entsprochen wird.

Im Sinne dieser »gelebten Vielfalt« schulden die Herausgeber allen Autoren gleichermaßen Dank für Ihre Beiträge. Bedanken möchten wir uns weiter bei Frau Marina Mertens für die Mitarbeit bei der herausfordernden Koordination und formalen Gestaltung der Beiträge. Ebenso bedanken wir uns herzlich bei Herrn Dr. Fliegauf vom Kohlhammer Verlag für seine tatkräftige Unterstützung und die hervorragende Zusammenarbeit.

 

Wachenheim / Mannheim

Dieter Thomaschewski / Rainer Völker

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

 

  1. Vorwort der Herausgeber
  2. Inhaltsverzeichnis
  3. 1 Zur Einführung: Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsmanagement – Begriffsbestimmung und Überblick
  4. Prof. Dr. Dieter Thomaschewski, Prof. Dr. Rainer Völker
  5. 1.1 Nachhaltigkeit und deren Bedeutung für Unternehmen
  6. 1.2 Verantwortung von Eigentümern und Managern
  7. 1.3 Nachhaltigkeitsziele und mögliche Trade-offs
  8. 1.4 Aufbau des Buches
  9. 2 Strategische nachhaltige Unternehmensgestaltung
  10. 2.1 Theoretische Grundlagen
  11. Prof. Dr. Dieter Thomaschewski, Prof. Dr. Rainer Völker
  12. 2.2 Wettbewerbsvorteile durch die Gestaltung eines Nachhaltigkeitssystems
  13. Prof. Dr. Hans-Gerd Servatius
  14. 2.2.1 Entwicklung von Managementsystemen
  15. 2.2.2 Bausteine eines Nachhaltigkeitssystems von Unternehmen
  16. 2.2.3 Beschreibungsrahmen für nachhaltige Geschäftsmodelle
  17. 2.2.4 Nachhaltiges Geschäftsmodell eines sozialen Entrepreneurs
  18. 2.2.5 Nachhaltigkeitsmanager als Orchestrierer
  19. 2.3 Zukunftsfähige Geschäftsmodelle
  20. Martin Viehöver, Simone Fischer
  21. 2.3.1 Einführung: Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit
  22. 2.3.2 Unternehmens- und Branchenbeispiele
  23. 2.3.3 Zukunftsfähigkeit von Geschäftsmodellen
  24. 2.3.4 Wie können zukunftsfähige Geschäftsmodelle erfolgreich umgesetzt werden?
  25. 2.3.5 Wie schaffen Unternehmen die Transformation des Kerngeschäfts?
  26. 2.4 Grundlage des nachhaltigen Erfolgs
  27. Dr. Dieter Düsedau
  28. 2.4.1 Einleitung
  29. 2.4.2 Schlägt die Strategie den Markt?
  30. 2.4.3 Schöpft die Strategie die tatsächliche Quelle von Wettbewerbsvorteilen aus?
  31. 2.4.4 Basiert die Strategie auf einer ausreichend granularen Marktdefinition?
  32. 2.4.5 Ist die Strategie den relevanten Trends voraus und für Diskontinuitäten gerüstet?
  33. 2.4.6 Stützt sich die Strategie auf privilegierte Einsichten?
  34. 2.4.7 Trägt die Strategie Restunsicherheiten Rechnung?
  35. 2.4.8 Erlaubt die Strategie, trotz klarer Richtung flexibel zu reagieren?
  36. 2.4.9 Werden in der Strategie biases ausgeschlossen?
  37. 2.4.10 Werden Ressourcen entsprechend der Strategie umverteilt?
  38. 2.5 Nachhaltigkeit als Megatrend
  39. K. Christoph Keller, Wolfgang Plöger
  40. 2.5.1 Faszinosum Zukunft
  41. 2.5.2 Megatrends sind Orientierungswissen
  42. 2.5.3 Industrielle Zukunftsforschung
  43. 2.5.4 Wissen ≠ Handeln
  44. 2.5.5 Nachhaltigkeit = Normen + Werte
  45. 2.5.6 Nachhaltigkeit als Verbotsursache
  46. 2.5.7 Handeln: Innovationen gestalten statt neue Produkte machen
  47. 2.5.8 Business, Technik und Natur sind keine Gegensätze mehr – das eine fördert das andere
  48. 2.6 Aktive Steuerung des Produktportfolios vergrößert den Nachhaltigkeitsbeitrag
  49. Dr. Dirk Voeste
  50. 2.6.1 Einleitung
  51. 2.6.2 Nachhaltigkeitsstrategie
  52. 2.6.3 Relevante Nachhaltigkeitsthemen
  53. 2.6.4 Wert schaffen für Kunden
  54. 2.6.5 Beispiele für branchenspezifische nachhaltige Lösungen
  55. 2.6.6 Risiken frühzeitig erkennen und minimieren
  56. 2.6.7 Ausblick
  57. 3 Steuerung und Reporting der nachhaltigen Unternehmensentwicklung
  58. 3.1 Theoretische Grundlagen
  59. Prof. Dr. Dieter Thomaschewski, Prof. Dr. Rainer Völker
  60. 3.1.1 Grundlegende Elemente und Besonderheiten
  61. 3.1.2 Organisatorische Einbindung eines Nachhaltigkeitscontrollings
  62. 3.1.3 Nachhaltigkeitsindikatoren
  63. 3.2 Operationalisierung der nachhaltigen Unternehmensentwicklung durch eine Balanced Score Card
  64. Dr. Alexander Tarlatt, Prof. Dr. Dieter Thomaschewski
  65. 3.2.1 Weiterentwicklung der Unternehmensziele
  66. 3.2.2 Unternehmensstrategie: Steuerung der Umsetzung
  67. 3.2.3 Vorgehen zur Gestaltung einer (nachhaltigen) Balanced Score Card
  68. 3.2.4 Gestaltungsalternativen einer nachhaltigen Balanced Score Card
  69. 3.2.5 Aufbau einer BSC für nachhaltige Unternehmensentwicklung
  70. 3.2.6 Die »Sustainable KPIs« in einer nachhaltigen BSC
  71. 3.2.7 Nachhaltiges Management und adäquate Managementstrukturen
  72. 3.2.8 Fazit und Ausblick
  73. 3.3 IT-Systemvoraussetzungen, Messung und Bilanzierung unternehmerischer Nachhaltigkeit
  74. Prof. Dr. Matthias Schumann
  75. 3.3.1 Einführung
  76. 3.3.2 Nachhaltigkeitsberichterstattung
  77. 3.3.3 IT-Systeme für die Nachhaltigkeitsberichterstattung
  78. 3.3.4 Fazit
  79. 3.4 Nachhaltige Entwicklung und Finanzmärkte: Mehr Transparenz, mehr Effizienz, mehr Akzeptanz
  80. Dr. Wolfgang Große Entrup
  81. 3.4.1 Einleitung: Nachhaltigkeit und die Industrie
  82. 3.4.2 Akteure, Instrumente und Standards
  83. 3.4.3 Marktentwicklung nachhaltigkeitsorientierter Anlageformen
  84. 3.4.4 Die Rolle des Finanzmarkts am Beispiel Bayer
  85. 3.4.5 Ausblick
  86. 3.5 Nachhaltigkeitsberichterstattung: Nutzen und Empfehlungen für eine gute Unternehmenspraxis
  87. Thomas Loew
  88. 3.5.1 Vom Umwelt- zum Nachhaltigkeitsbericht
  89. 3.5.2 Nutzen
  90. 3.5.3 Standards für Nachhaltigkeitsberichte
  91. 3.5.4 Empfehlungen
  92. 4 Nachhaltigkeit in den Funktionsbereichen
  93. 4.1 Theoretische Grundlagen
  94. Prof. Dr. Dieter Thomaschewski, Prof. Dr. Rainer Völker
  95. 4.2 New Green Marketing für nachhaltige Marken
  96. Pierre Schramm
  97. 4.2.1 Einführung
  98. 4.2.2 Vom Green Marketing in der ideologischen Nische zum Marketing in einer ganzheitlich, nachhaltigen Welt
  99. 4.2.3 Digitalisierung: Unterstützer im Wandel zu nachhaltigem Konsum
  100. 4.2.4 Potentiale wecken Begehrlichkeiten
  101. 4.2.5 Von der Ideologie, über den Lifestyle zur Selbstverständlichkeit
  102. 4.2.6 Verantwortungsvolle Werbung heißt verantwortungsvolles Unternehmertum
  103. 4.3 Nachhaltigkeit in Produktionsplanung und -controlling
  104. Prof. Dr. Tobias Viere, Nadine Rötzer
  105. 4.3.1 Einleitung
  106. 4.3.2 Systematische Erfassung der Stoff- und Energieströme
  107. 4.3.3 Bewertung des Energie- und Stoffstrommodells
  108. 4.3.4 Ergebnisse und Fazit
  109. 4.4 Nachhaltigkeit im logistischen System
  110. Matthias Loebich, Matthias Wohlfahrt
  111. 4.4.1 Einleitung: Nachhaltigkeit im logistischen System
  112. 4.4.2 Säule Nr. 1: Die Umwelt am Beispiel der Treibhausgase der Logistik
  113. 4.4.3 Säule Nr. 2: Soziale Aspekte, am Beispiel der Lieferantenauswahl und -bewertung
  114. 4.4.4 Säule Nr. 3: Ökonomische Aspekte am Beispiel der Logistikkosten
  115. 4.5 Nachhaltigkeit in der Forschung: Verantwortungsübernahme, Bewusstseinsbildung und Integration in alle Ebenen
  116. Cornelia Reimoser
  117. 4.5.1 Hintergrund und Ausgangslage
  118. 4.5.2 Nachhaltigkeit im Selbstverständnis der Fraunhofer-Gesellschaft
  119. 4.5.3 Nachhaltigkeitsrelevante Kriterien auf Organisationsebene
  120. 4.5.4 Nachhaltigkeit in der Forschung
  121. 4.5.5 Fazit
  122. 4.6 Ressourceneffizientes Energiemanagement
  123. Prof. Dr. Johannes Kals
  124. 4.6.1 Problemstellung und Vorgehensweise
  125. 4.6.2 Innovationstreiber des ressourceneffizienten Energiemanagements und begriffliche Grundlagen
  126. 4.6.3 Gesamtsystem energieorientierte BWL
  127. 4.6.4 Wichtige Herausforderungen und Nutzenpotenziale energiebezogener Unternehmensführung
  128. 4.7 Zertifizierte nachhaltige Unternehmensführung als Wettbewerbsinstrument in Industriegütermärkten
  129. Christopher Borck, Philipp Tachkov
  130. 4.7.1 Nachhaltige Unternehmensführung aus Sicht des TÜV Rheinland
  131. 4.7.2 Der Standard »TÜV Rheinland Nachhaltige Unternehmensführung«
  132. 4.7.3 Reputationssteigerung durch eine Zertifizierung nachhaltiger Unternehmensführung im Industriegüterbereich – Ergebnisse einer empirischen Studie
  133. 4.7.4 Blick in die Zukunft – Entwicklung, Chancen, Herausforderungen
  134. 4.8 Consumer Education als Instrument der nachhaltigen Unternehmensentwicklung
  135. Holger Schaaf, Samanta Scharschmidt, Mirco Schlottke, Patrick Stantejsky
  136. 4.8.1 Förderung der finanziellen Bildung der Generation Y als Element einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung
  137. 4.8.2 Der »Finance Slam« als Instrument zur Erschließung lernförderlicher Aspekte in komplexen Kontexten
  138. 4.9 Die Beiträge des Nachhaltigkeitsmanagements zum Risikomanagement und zur Vermeidung strategischer Risiken
  139. Thomas Loew
  140. 4.9.1 Fragestellung
  141. 4.9.2 Risikomanagement
  142. 4.9.3 Nachhaltigkeitsmanagement
  143. 4.9.4 Risikovermeidung durch Nachhaltigkeitsmanagement
  144. 4.9.5 Schnittstellen zum formalen Risikomanagement
  145. 4.9.6 Grenzen der Managementsysteme
  146. 4.9.7 Fazit
  147. 5 Organisation, Führung und Kultur als Basis für ein erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement
  148. 5.1 Theoretische Grundlagen
  149. Prof. Dr. Dieter Thomaschewski, Prof. Dr. Rainer Völker
  150. 5.1.1 Kultur
  151. 5.6.65.1.2 Organisation
  152. 5.2 Sustainable HR – Zur Rolle der Personalarbeit in einer nachhaltigen Unternehmensführung
  153. Dr. Paul Kötter
  154. 5.2.1 Einleitung
  155. 5.2.2 Nachhaltigkeit – Verpflichtung und Chance für Human Resources
  156. 5.2.3 Human Resources als Enabler
  157. 5.2.4 Sustainable Human Resources
  158. 5.3 Die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien durch Unternehmensprozesse und Strukturen
  159. Dr. Thomas Herp
  160. 5.3.1 Nachhaltigkeit als Managementaufgabe
  161. 5.3.2 Nachhaltigkeitsmanagement: Die anspruchsvolle Herausforderung
  162. 5.3.3 Nachhaltigkeitsmanagement: Die Umsetzung in Prozessen und Strukturen
  163. 5.3.4 Nachhaltigkeitsmanagement: Ein vorläufiges Resümee
  164. 5.4 Nachhaltigkeit in der Projektentwicklung – Am Beispiel des Prüf- und Technologiezentrums der Daimler AG in Immendingen
  165. Dr. Lothar W. Ulsamer
  166. 5.4.1 Das Prüf- und Technologiezentrum Immendingen
  167. 5.4.2 Komplexe Analyse möglicher Flächen
  168. 5.4.3 Offener Dialog mit der Bürgerschaft
  169. 5.4.4 Fokussierung auf wichtige Inhalte
  170. 5.4.5 Not in my backyard
  171. 5.4.6 Kritik aufgreifen
  172. 5.4.7 Eingriffe in die Natur reduzieren
  173. 5.4.8 Innovation stärkt Wirtschaftskraft und Wissenschaft
  174. 5.4.9 Kontinuität der Ansprechpartner
  175. 5.4.10 Abschließende Betrachtung
  176. 5.5 Der Einfluss impliziter Einstellungen von Führungskräften auf Klimaschutz-Entscheidungen
  177. Philipp Tachkov, Elena Winter, Erik Völker
  178. 5.5.1 Klimaschutz durch Unternehmen
  179. 5.5.2 Die Rolle impliziter Einstellungen von Führungskräften
  180. 5.5.3 Empirische Studie: Einfluss impliziter Einstellungen auf die Intention von Entscheidern, klimaschutzfreundliche Entscheidungen zu treffen
  181. 5.5.4 Schlussfolgerungen für die Unternehmenspraxis
  182. 5.6 Nachhaltige Unternehmensführung bei KMU
  183. Christian Hadrossek, Michael Hoffmann, Dr. Christoph Thome
  184. 5.6.1 Unternehmensprofil und Ausgangslage
  185. 5.6.2 Strategische Unternehmensführung mit Schwerpunkt Qualität
  186. 5.6.3 Zusammenspiel Qualitätsmanagement und Nachhaltigkeitsmanagement
  187. 5.6.4 Integration von Nachhaltigkeitstrends in den Innovationsprozess
  188. Herausgeber und Autoren

1         Zur Einführung: Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsmanagement – Begriffsbestimmung und Überblick

Prof. Dr. Dieter Thomaschewski, Prof. Dr. Rainer Völker

Inhalt

1.1

Nachhaltigkeit und deren Bedeutung für Unternehmen

1.2

Verantwortung von Eigentümern und Managern

1.3

Nachhaltigkeitsziele und mögliche Trade-offs

1.4

Die Elemente des Nachhaltigkeitsmanagement und der Aufbau des Buches

1.1       Nachhaltigkeit und deren Bedeutung für Unternehmen

Der Nachhaltigkeitsbegriff geht auf Überlegungen aus der Forstwirtschaft zurück. Wälder sollten immer so genutzt werden, dass nur so viel Holz entnommen wird wie nachwachsen kann. Der Grundgedanke wurde in der gesellschaftlichen Debatte auf andere Ressourcen erweitert. Regenerative Ressourcen sollten nur in dem Maße genutzt werden, wie ihre Bestände wieder nachwachsen können. Ebenso wurde der Nachhaltigkeitsbegriff auch auf soziale Aspekte übertragen (Brundtland-Bericht, 1987). Ein Ausgleich der Interessen der sozialen Gruppen soll ermöglicht werden, so dass eine dauerhafte lebenswerte Gesellschaft erreicht wird. Dass wir als Menschheit über unsere Verhältnisse leben, wurde schon in den 1970er Jahren des letzten Jahrhunderts erkannt und thematisiert (vgl z. B. Global 2000 Report to the President, 1980): Allerdings dauerte es doch einige Zeit bis eine breitere gesellschaftliche und politische Diskussion darüber und erste Maßnahmen folgten. Die »Sustainability«-Debatte hat seit einiger Zeit die Unternehmensebene erreicht: Unternehmerisches Wirtschaften soll neben dem ökonomischen Erfolg auch ökologische und soziale Ziele im Unternehmen, in der Unternehmensumwelt sowie auch in der gesamten Gesellschaft verfolgen. Dieses Konzept der »Triple-Bottom-Line« ist in nachfolgender Abbildung dargestellt. Es wird postuliert, dass nachhaltiges Wirtschaften auf drei Säulen – ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit – basieren soll. Ob die drei Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales gleichrangig oder mit Priorität der Ökonomie gesehen werden können bzw. sollen, basiert auf Werturteilen, die in den Debatten meist nicht explizit formuliert werden. Es gibt – wie wir später noch erläutern – durchaus unterschiedliche Sichtweisen auf die Verantwortung von Unternehmenseignern.

Unabhängig von der genauen Ausprägung dieser Verantwortung lässt sich festhalten, dass der Erwartungsdruck auf Unternehmen und deren Management bezüglich der Erfüllung von Nachhaltigkeitszielen steigt (Schaltegger et al., 2007). Mit »Green Washing« allein ist es nicht getan. Dies wird zwar weiter in nicht unerheblichem Ausmaß versucht (Schaltegger et. al., 2007), aber zunehmende Aufmerksamkeit und Transparenz in der Öffentlichkeit wirkt immer stärker dagegen. Auch die negativen Seiten der Globalisierung schaffen eine höhere »Awareness« bei der Nachhaltigkeitsthematik. Auch Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, der ansonsten durchaus die Vorzüge von Marktwirtschaften mit Privateigentum verteidigt, prangerte die Praktiken von IWF und Weltbank sowie der dahinterstehenden Konzerne an; sie seien in großen Ausmaß für die Zerstörung von Natur, die Ausbeutung von Entwicklungsländern und große soziale Ungleichheiten verantwortlich (Stiglitz, 2004 und 2014). Neben dem Druck von »außen« scheint es durchaus auch intrinsische Motivationen von Managern zu geben, Nachhaltigkeitsaspekte mehr in den Mittelpunkt des Handelns zu stellen (image Kap. 5.5).

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Abb. 1: Tripple-Bottom-Line

1.2       Verantwortung von Eigentümern und Managern

Die im Shareholder-Value-Konzept ausgedrückte Maxime, Unternehmen so zu führen, dass der Wert ihres Eigenkapitals möglichst groß wird, ist nicht unumstritten. Es wird argumentiert, Unternehmen sollten auch aus einer freiwillig übernommenen Verantwortung die Rolle eines beispielgebenden Schrittmachers übernehmen. Insgesamt sehen sich Eigentümer und Manager der Erwartung ausgesetzt, im Umweltschutz, bei der Sicherung von Arbeitsplätzen und in anderen Bereichen die Wertmaßstäbe der Gesellschaft und verschiedenster Gruppen zu berücksichtigen. Teilweise wird allerdings von den »engen« Vertretern des Shareholder-Value-Ansatzes argumentiert, dass die Verfolgung reiner Eigenkapitalziele letztlich indirekt hilft, gesellschaftliche Ziele zu erreichen. Denn Unternehmen, die zu wenig für den Umweltschutz tun, erleiden einen Imageschaden. In der Folge bleiben Kunden aus und das Geschäft geht zurück. Deshalb wird das Management auch dann für Umweltschutz und Arbeitsplätze sorgen, wenn als einzige Zielsetzung die Steigerung des Unternehmenswertes verfolgt wird. Um den Shareholder Value-Ansatz auch in einer pluralistischen Gesellschaftsordnung als »richtige« Handlungsmaxime darzustellen, wird also vorgebracht: Alle Gruppen der pluralistischen Gesellschaft haben ökonomische Macht – auch die Umwelt findet ihre Vertreter – und diese Macht wendet sich gegen den Wohlstand der Aktionäre, sofern die Aktionäre nicht gewisse Zugeständnisse machen. Vor allem ist die Macht der Konsumenten gemeint. Aktionäre werden sich deshalb aus Eigennutz für diese Zugeständnisse an die Wünsche einer pluralistischen Gesellschaft entscheiden. Unter den zahlreichen Fragen, die bei einer solchen Betrachtung offenbleiben, seien zwei genannt: Die erste Frage lautet, ob alle Wünsche der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen adäquat – z. B. über Konsumentenmacht – auf die Gewinne der Unternehmung rückwirken. Man würde ein Ja eher vermuten, wenn das Unternehmen z. B. Getränke produziert oder ein anderes öffentlichkeitswirksames und konsumnahes Erzeugnis. Dagegen würde man ein Nein vermuten, wenn es sich um einen Zulieferanten handelt, der Vorprodukte erstellt, die in den Medien kaum Beachtung finden. Die zweite Frage lautet, ob das Management einer Unternehmung überhaupt in der Lage ist, die Auswirkungen der Reaktion von Konsumenten auf den späteren Cash Flow hinreichend genau zu quantifizieren. Die Ansprüche der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen werden dann durch den Unternehmenswert nicht korrekt widergespiegelt. Bei solchen Fehleinschätzungen führt das Ziel Wertsteigerung nicht simultan dazu, dass die Ansprüche der anderen Stakeholder befriedigt werden. Die genannten unterschiedlichen Auffassungen kommen über unterschiedliche Beurteilungen von Märkten und ökonomischer Macht zustande. Es sind unterschiedliche Sichtweisen zum »Funktionieren« bzw. »Nichtfunktionieren« der Märkte, wir können hier eine »angelsächsische« und eine »kontinentaleuropäische« Sicht unterscheiden (Spremann, 2001). Bei der angelsächsischen Auffassung ist die Unternehmung eine Institution für wirtschaftliche Kooperation, die vor allem von den Anteilseignern verantwortet wird. Die Anteilseigner haben bei der Gründung und bei Kapitalerhöhungen ihr Geld zur Verfügung gestellt und sie tragen praktisch alle Risiken. Deshalb sollten die Eigenkapitalgeber alle wichtigen Entscheidungen treffen können. Bei dieser Auffassung wird unterstellt, dass die Inputs und Vorleistungen aller anderen Mitwirkenden (Arbeitnehmer, Kunden, Lieferanten, Banken, Staat) vollständig und marktgerecht vergütet werden. Die Anteilseigner bleiben daher niemandem etwas schuldig. Sie könnten die Unternehmung liquidieren oder insgesamt verkaufen, selbst wenn die neuen Anteilseigner andere Geschäftspläne umsetzen werden. Eine Liquidation der Unternehmung bedeutet für die Mitarbeiter keinen Schaden, da sie in einem funktionierenden und flexiblen Arbeitsmarkt hinreichend schnell eine andere Beschäftigung finden können. Bei der kontinentaleuropäischen Auffassung ist die Unternehmung eine Form wirtschaftlicher Kooperation, die von den Anteilseignern gemeinschaftlich mit anderen Gruppen getragen wird. Zwar tragen die Anteilseigner die Hauptrisiken der Unternehmung, doch tragen andere Gruppen ebenso Risiken. Beispielsweise spezialisieren sich Arbeitnehmer auf ein bestimmtes Unternehmen und sind somit in ihrem wirtschaftlichen Schicksal eng mit diesem Unternehmen verbunden. Deshalb sollten bei bestimmten Entscheidungen die Arbeitskräfte mitbestimmen. Im kontinentaleuropäischen Modell wird weiter davon ausgegangen, dass die Inputs der Mitarbeiter, der Lieferanten, der Banken und des Staates nicht wie in einem ideal funktionierenden Markt korrekt entlohnt werden. Die entsprechenden Märkte funktionieren meist nicht wie in den Idealvorstellungen der ökonomischen Theorie angenommen wird. Im Vertrauen auf Fortführung der »Beziehung« zur Unternehmung haben Mitarbeiter, Lieferanten, Banken, Kommunen, Staat etwas eingesetzt, das nicht durch die normalen »Entlohnungen« seitens der Unternehmung entgolten wurde. Sie sind damit ebenso zu Investoren geworden, für die etwas auf dem Spiel steht: Sie sind Stakeholder. Die formal allein berechtigten Anteilseigner sind ihnen etwas »schuldig«. Es gibt implizite Verpflichtungen der Eigner. Bei einer Liquidation würden z. B. – genau wie bei einem Verkauf – die impliziten Ansprüche der Stakeholder entwertet. Die impliziten Ansprüche beruhen auf impliziten Verträgen: Fast jeder Vertrag enthält nicht nur formalisierte und explizit gemachte Elemente. Fast jeder Vertrag ist unvollständig in dem Sinne, dass nicht alle Fälle, die eintreten können, vorweg explizit geregelt sind. Es gibt meist bei einer Vertragsseite unausgesprochen noch weitere Erwartungen. Beispielsweise erwarten Mitarbeiter nicht nur die vertraglich geregelte Entlohnung, sondern hoffen darüber hinaus, in der Unternehmung Karriere machen zu können. Stakeholder einer Unternehmung sind also all jene Individuen oder Gruppen, die Erwartungen und implizite Ansprüche hegen. Zu beachten ist weiter der Unterschied zwischen dem Stakeholder-Ansatz und der prinzipiellen Auffassung, Unternehmen sollten die Wünsche verschiedenster gesellschaftlicher Gruppen berücksichtigen: Die Eigenkapitalgeber haben zwar auch dort zentrale Entscheidungsrechte, es sind die Wünsche anderer Gruppen deutlich mit zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich eben nicht nur um die Interessen von Arbeitnehmern, Kunden, Gläubigern oder der direkten Umwelt der Unternehmung. Die Unternehmung hat bei dieser Betrachtungsweise soziale Verantwortung auch gegenüber jenen Menschen, die in keiner direkten Beziehung zur Unternehmung stehen. Zu denken ist z. B. an zukünftige Generationen.

1.3       Nachhaltigkeitsziele und mögliche Trade-offs

Nachhaltigkeit kann über das Triple-Bottom-Line-Konzept (»Drei-Säulen-Modell«) verdeutlicht werden. Dieses postuliert eine gleichzeitige Umsetzung von umweltbezogenen, wirtschaftlichen und sozialen Zielen (image Abb. 1). Diese drei Aspekte stehen dabei in Wechselwirkung zueinander. Wie wir dargelegt haben, ist die Forderung nach einer gleichberechtigten Berücksichtigung der Dimensionen ein Werturteil. Je nach gesellschaftlichem Diskurs und Entscheidungsstand gibt es unterschiedliche Vorgaben und Verhaltensweisen für bzw. von Unternehmen. Unternehmen forcieren auch freiwillig Nachhaltigkeitsaktivitäten weit über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Die drei genannten Dimensionen sind zentraler Ausgangspunkt für Ziel- und Messsysteme der Nachhaltigkeit. Die Nachhaltigkeitsziele setzen an den Begriffen ökonomisches, ökologisches und soziales Kapital an. Als Effektivitätsziele ließen diese sich in idealisierter Form entsprechend formulieren:

1.  Ökonomisch nachhaltige Unternehmen garantieren stets einen unter Liquiditätsgesichtspunkten ausreichenden Cash-Flow und erwirtschaften kontinuierlich eine überdurchschnittliche Rendite für ihre Anteilseigner, d. h. sie steigern Werte des ökonomischen Kapitals.

2.  Ökologisch nachhaltige Unternehmen nutzen natürliche Ressourcen nur so, dass deren Verbrauch unter der natürlichen Reproduktionsrate liegt bzw. dass für diese in ausreichendem Maße Ersatzstoffe entwickelt werden können. Sie stoßen keine Emissionen aus, die in der Umwelt in einer Menge akkumuliert werden, welche die Absorptionskapazitäten des Ökosystems übersteigt. Auch beteiligen sie sich nicht an Aktivitäten, die das Ökosystem schädigen.

3.  Sozial nachhaltige Unternehmen nutzen der Gesellschaft, innerhalb derer sie ihr Geschäft ausüben, indem sie zur Erhöhung des Humankapitals individueller Partner sowie zur Erhöhung des Sozialkapitals dieser Gesellschaft beitragen. Sie managen das Sozialkapital so, dass Stakeholder die dahinterstehenden Motivationen verstehen und dem Wertesystem der Unternehmung zustimmen können. Neben den Effektivitätszielen können Effizienzziele definiert werden: Das wohl meistverbreitete Kriterium für unternehmerische Nachhaltigkeit ist die effiziente Nutzung natürlichen Kapitals. Diese Ökoeffizienz wird gemeinhin als der Quotient aus ökonomischer Wertsteigerung und ökologischer Wirkung bzw. Aktivität dargestellt. Ökoeffizienz wird dadurch erreicht, dass Güter und Dienstleistungen, welche menschliche Bedürfnisse befriedigen und die Lebensqualität erhöhen, angeboten werden, und gleichzeitig Auswirkungen auf die Ökologie und die Ressourcenintensität über den gesamten Lebenszyklus bis zu einem mit der Tragfähigkeit der Erde verträglichen Maß reduziert werden.

Typische Ergebnisse wären gesteigerte Energie- oder Ressourceneffizienz bezogen auf den geschaffenen Mehrwert. Ökologische Nachhaltigkeit ist jedoch nicht nur auf relative Verbesserungen ausgerichtet. Wegen Problemen wie Nicht-Substituierbarkeit, Nicht-Linearität und Irreversibilität müssen absolute Grenzen beachtet werden. Beispielsweise ist es wichtig, ob Emissionen in ein System gelangen, das noch größtenteils unbelastet ist oder ob das System bereits so nahe an seiner Tragfähigkeitsgrenze ist, dass zusätzliche Emissionen das gesamte System zum Zusammenbruch bringen können. Es ist simultan möglich, dass die Ressourcenproduktivität steigt und das natürliche System dennoch weiter geschwächt wird. Tatsächlich haben einige Studien gezeigt, dass genau das passiert. Wenn die Wachstumsrate des Ressourcenverbrauchs den Produktivitätszuwachs überholt, steigt der absolute Ressourcenverbrauch an. Zum Beispiel reduziert effizientere Kraftfahrzeugtechnologie die Kosten des Autofahrens. 70-80 % der Weltbevölkerung können sich bislang keine Autos leisten, um ihren Mobilitätsbedürfnissen nachzukommen. Also könnten effizientere (und damit kostengünstigere) Autos dazu führen, dass mehr Autos gekauft werden und mehr Kilometer im Jahr gefahren werden. Um solche Effekte zu vermeiden, müssten Unternehmen sich auf die absolute Menge mobilitätsverursachter CO2-Emissionen konzentrieren. Das könnte dazu führen, dass durch Solarenergie gespeiste Brennstoffzellen stärker in den Fokus rücken und die Effizienz fossiler Energieträger in den Hintergrund tritt. Sozio-Effizienz beschreibt den Zusammenhang zwischen dem von der Unternehmung geschaffenen Mehrwert und den sozialen Auswirkungen. Während angenommen werden kann, dass die meisten Umweltauswirkungen von Unternehmen negativer Art sind, gilt dies nicht für soziale Auswirkungen. Diese können positiv (z. B. Unternehmensspenden, Beschäftigungsaufbau) oder negativ (z. B. Arbeitsunfälle, Mobbing, Menschenrechtsverletzungen) sein. Abhängig von der Art der Auswirkungen hat Sozio-Effizienz also das Minimieren von negativen sozialen Auswirkungen (z. B. Unfälle pro Einheit Wertzuwachs) oder das Maximieren von positiven sozialen Auswirkungen (z. B. Spenden) zum Ziel. Während Sozio-Effizienz ein nützliches Instrument für eine relative Verbesserung sozialer Nachhaltigkeit sein kann, führt eine solche Strategie möglicherweise nur zu punktuell guten Ergebnissen. Zum Beispiel strengen sich viele Unternehmen sehr an, um ihre Kunden noch stärker zufrieden zu stellen bei weiter sinkenden Kosten. Die Konsumenten, denen die jeweiligen Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung stehen, machen jedoch nur einen kleinen Teil der Weltbevölkerung aus. Vielen Menschen stehen nicht einmal die grundlegendsten Dienste und Produkte zur Verfügung wie Nahrung, Gesundheitsversorgung, finanzielle Dienstleistungen und Kommunikationsmöglichkeiten. Um solche Aspekte zu erfassen, müsste die Sozio-Effizienz nicht auf einer relativen Skala, sondern in Bezug auf die absolut positiven sozialen Auswirkungen, die ein Unternehmen hätte erreichen können, gemessen werden. Soziales Kapital eines Unternehmens (welches Nutzen für Kunden und die Gesellschaft schafft) kann auch in Relation zum ökologischen Kapital gesetzt werden. Diese Relation kann man als Sufficiency bezeichnen. Manche Autoren sehen Sufficiency eher in der Verantwortung der Konsumenten als bei den Unternehmen. Boykott bestimmter Produkte durch Kunden wird hier z. B. propagiert. Die Relevanz von Sufficiency auch für Unternehmen ist nicht von der Hand zu weisen: Während heutige Generationen große Teile des natürlichen Kapitals der Erde konsumieren, wird der Großteil des daraus entstehenden Schadens von zukünftigen Generationen zu tragen sein. Unternehmen, die sich intertemporaler, sozialer Nachhaltigkeit verpflichtet sehen, müssen ökonomisches und natürliches Kapital zum gesamtgesellschaftlichen Wohl einsetzen. Allerdings gibt es hier – zumindest noch keine allgemein akzeptierten – konkreten Ziele und Indikatoren, die einen Rahmen für Sufficiency abstecken. Wie erläutert, können also sechs Zieldimensionen zur Bewertung der Nachhaltigkeit begründet werden (image Abb. 2).

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Abb. 2: Die sechs Dimensionen der Nachhaltigkeit

Was die »richtige Balance« zwischen den Zielen ist, kann logisch allein nicht begründet werden. Es müssen durch Unternehmen und/oder die Gesellschaft Zielvorgaben gesetzt werden. Allerdings – wenn die Triple-Bottom-Line ernst zu nehmen ist – dann sind alle Dimensionen mehr oder weniger bei der Messung der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. Offensichtlich kann es zwischen den verschiedenen Dimensionen zu komplexen und gravierenden Zielkonflikten kommen. In Marktwirtschaften mit Privateigentum wird im Zweifel das ökonomische Nachhaltigkeitsziel – im Rahmen der Einhaltung sozialer und ökologischer Vorschriften – obsiegen. Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Nachhaltigkeitsausrichtung eines Unternehmens haben übrigens auch die persönlichen Einstellungen von Managern zum Thema Nachhaltigkeit (Kaldschmidt 2011). Neben der Werturteilsproblematik müssen auch »technische« Probleme der Zielbildung angesprochen werden. Die traditionelle ökonomische Theorie geht davon aus, dass alle Inputfaktoren in monetären Einheiten ausgedrückt und demzufolge auch vollständig substituiert werden können. Ökonomisches Kapital könnte demnach also soziales und natürliches Kapital substituieren. Es gibt allerdings gute Argumente gegen die Annahme der Substituierbarkeit jeglichen natürlichen Kapitals. Während es möglich ist, dass zukünftige Generationen Gelegenheiten finden werden, um manche natürlichen Ressourcen durch technische Innovationen zu ersetzen, ist es sehr viel unwahrscheinlicher, dass sie jemals in der Lage sein werden, bestimmte Leistungen des Ökosystems zu ersetzen (z. B. der Schutz durch die Ozonschicht, die Klimastabilisierungsfunktion des Amazonas-Regenwalds). Ein wesentliches Hindernis der Substituierbarkeit liegt in der Multifunktionalität vieler natürlicher Ressourcen. Wälder liefern zum Beispiel nicht nur Rohmaterial für die Papierherstellung (das einfach substituiert werden kann), sondern dienen natürlich auch als Schutzraum für Pflanzen und Tiere, regulieren den Fluss des Regenwassers, absorbieren CO2 und enthalten möglicherweise Pflanzen mit wertvoller pharmazeutischer Wirkung. Ein anderes Problem der Abnahme natürlichen und sozialen Kapitals liegt in seiner Irreversibilität. Der Verlust von Biodiversität beispielsweise ist unwiederbringlich. Bis zu einem bestimmten Punkt kann verminderte Bodenproduktivität durch gesteigerte Verwendung von Düngemitteln ausgeglichen werden. In vielen Teilen der Welt hat die Bodenerosion jedoch ein Ausmaß erreicht, das nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Das Gleiche gilt für kulturelle Vielfalt. Beispielsweise hat seit der Ankunft von Europäern in Amerika die Anzahl indigener Kulturen und Sprachen drastisch abgenommen. Ein weiteres Problem besteht in der Nichtlinearität natürlicher und sozialer Prozesse. Ein See kann beispielsweise für eine große Zeitspanne Nährstoffe aufnehmen und seine Produktivität steigern. Ab einem bestimmten Ausmaß von Algenbildung führt der Sauerstoffmangel dann aber zum plötzlichen Zusammenbrechen des Ökosystems.

1.4       Aufbau des Buches

Wie alle Managementfelder lässt sich auch das »Management der Nachhaltigkeit« in Unternehmen in relevante Elemente gliedern. Eine in Theorie und Praxis oft genutzte Methodik ist das St. Galler Management Modell (Bleicher, 2004). In seiner allgemeinen Form unterscheidet es die Ebenen des Handelns – normatives, strategisches und operatives Management – sowie dann jeweils die Managementteilbereiche Planung und Kontrolle, Führung und Organisation. Das Modell wurde in mehreren Managementfeldern (z. B. Qualitätsmanagement (Seghezzi et. al., 2007) oder Innovationsmanagement (Völker et al. 2012)) als Rahmen genutzt. Es bietet sich auch in unserem Kontext an. Die nachfolgende Abbildung zeigt eine mögliche Einteilung unseres Themengebiets.

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Abb. 3: Die Elemente des Nachhaltigkeitsmanagements

Unter Abschnitt 1.3 wurden bereits grundlegende Zielsetzungen des Nachhaltigkeitsmanagements vorgestellt. In Kapitel 2 beleuchten wir den Themenbereich Nachhaltigkeitsstrategien. Das operative Nachhaltigkeitsmanagement ist Gegenstand des 4. Kapitels. Da im Kontext Nachhaltigkeit Controlling und Reporting einen wesentlichen Stellenwert einnehmen, wird diesem Thema Kapitel 3 gewidmet. Organisation und Führung der Nachhaltigkeit stehen im Mittelpunkt von Kapitel 5. Jedes Kapitel wird eröffnet mit einem Beitrag zur theoretischen Einordnung des jeweiligen Themengebietes. Es werden pro Gebiet des Nachhaltigkeitsmanagements die relevanten Aspekte vorgestellt und in die jeweiligen Handlungsfelder eingeführt. Danach folgen in jedem Kapitel entsprechende Beiträge aus der Praxis. Diese sollen zum einen Herausforderungen und Relevanz der Themen verdeutlichen. Zum anderen werden praxisnahe Ansätze und Vorgehensweisen zum Umgang mit diesen Herausforderungen dargestellt.

Literatur

Barney, Gerald O.: The global 2000 report to the president: entering the twenty-first century; a report prep. by the Council of Environmental Quality and the Department of State, Washington, 1980.

Bleicher, Knut: Das Konzept integriertes Management, 7. Auflage, Frankfurt am Main, 2004.

Dyllick, Thomas/ Hockerts, Kai: Beyond the business case for sustainability, in: Business Strategy and the Environment, 2002, S. 130-141.

Kaldschmidt, Susanne: The values of sustainability: the influence of leaders' personal values on sustainability strategies, Dorfen, 2011.

Nidumolu, Ram/ Prahalad, C.K./ Rangaswami, M.R.: Why Sustainability Is Now the Key Driver of Innovation, in: Harvard Business Review, September 2009, S. 57-64.

Schaltegger, Stefan/ Herzig, Christian/ Kleiber, Oliver/ Klinke, Torsten/ Müller, Jan Dietrich: Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen: von der Idee zur Praxis: Managementansätze zur Umsetzung von Corporate Social Responsibility und Corporate Sustainability, Lüneburg, 2007.

Schaltegger, Stefan/ Lüdeke-Freund, Florian: Nachhaltige Geschäftsmodelle: Wie Nachhaltigkeit den Unternehmenserfolg steigert, io new management, 21.08.2009.

Seghezzi, Hans Dieter/ Fahrni, Fritz/ Herrmann, Frank: Integriertes Qualitätsmanagement: der St. Galler Ansatz, München, 2007.

Spremann, Klaus/ Pfeil, Oliver P./ Weckbach, Stefan: Lexikon Value Management, in: Financial Markets and Portfolio Management, 2001, S. 242-243.

Stein, Lars: Managementpraktiken unternehmerischer Nachhaltigkeit: wie Unternehmen ihren Beitrag zu einer lebenswerten Welt gestalten, Heidelberg, 2010.

Stiglitz, Joseph: Der Preis der Ungleichheit: wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht, München, 2012.

Stiglitz, Joseph: Die Schatten der Globalisierung, München, 2004.

Völker, Rainer/ Thome, Christoph/ Schaaf, Holger: Innovationsmanagement: Bestandteile - Theorien – Methoden, Stuttgart, 2012.

2         Strategische nachhaltige Unternehmensgestaltung

 

 

 

2.1       Theoretische Grundlagen

Prof. Dr. Dieter Thomaschewski, Prof. Dr. Rainer Völker

Die volkswirtschaftliche Leitlinie des Brundtland-Berichtes lautet: »Die Welt muss bald Strategien entwerfen, die den Ländern erlauben, aus ihren gegenwärtigen, oft destruktiven Wachstums- und Entwicklungsprozessen zu nachhaltigen Entwicklungswegen überzuwechseln« – diese Erkenntnis lässt sich ohne Einschränkung auf die Ebene der strategischen Unternehmensführung übertragen. Die langfristige Entwicklung eines Unternehmens wird entscheidend von den strategischen Entscheidungen des Unternehmens beeinflusst. Diesen strategischen Entscheidungen liegt ein gemeinsames Grundverständnis zugrunde (Hungenberg, 2011, Macharzina/ Wolf, 2008). Diese bestimmen

•  die grundsätzliche Richtung der Unternehmensentwicklung,

•  sichern den langfristigen Erfolg eines Unternehmens,

•  legen die externe und interne Ausrichtung des Unternehmens fest,

•  schaffen langfristige Erfolgspotentiale und -positionen,

•  definieren sich aus der übergeordneten Perspektive,

•  beeinflussen die Interaktion zwischen Unternehmen und Umwelt,

•  das Substanzerhaltungspotential.

Dieses Grundverständnis lässt sich folgendermaßen veranschaulichen:

In diesem Denken ist selbstverständlich einzufordern, dass bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien die externen Effekte, die gegenseitige Einwirkungen von Wirtschaftssubjekten (Wicke, 1993, Fichter, 1998) substanzielle Berücksichtigung finden. Dies heißt aber nichts anderes, als dass das Unternehmen neben der internen objektiven Bewertung der Stärken und Schwächen die externe Betrachtung, die externe Perspektive der Chancen und Risiken zur Grundlage der strategischen Überlegungen machen muss. Nur so lassen sich Ziele in einen »robusten Business Case« (Leitschuh-Fecht, Steger, 2003) überführen und Wettbewerbsvorteile im Markt durch schnelle Reaktionsfähigkeit bei Veränderungen der Einflussfaktoren generieren.

In dem Prozess des strategischen Managements mit der Entscheidung zur strategischen Positionierung sind die Teilschritte Analyse, Formulierung und Auswahl, Implementierung stets unter dem Einbezug wesentlicher Einflussfaktoren der Stakeholder intern wie extern durchzuführen.

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Abb. 4: Grundverständnis des strategischen Managements (Quelle: Hungenberg, 2011, Dillerup/Stoi, 2013)

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Abb. 5: Prozess des strategischen Managements (in Anlehnung an Hungenberg 2008)

Durch diesen Prozess sollen letztlich vier vitale Grundfragen beantwortet werden, nämlich

•  in welchem Geschäftsfeld will das Unternehmen tätig sein,

•  mit welchem Geschäftsmodell soll sich das Unternehmen positionieren,

•  wie will das Unternehmen den Wettbewerb bestreiten,

•  was sind die längerfristig verfügbaren Kompetenzen und Ressourcen zum Erfolg.

Es ist in vielen Unternehmen schon bewusst, dass ihre » License to operate« von einer glaubwürdigen Nachhaltigkeitsstrategie abhängen kann (Leitschuh-Fecht, Steger, 2003). Das Potential ist groß, es muss strategisch nur sauber identifiziert und geschöpft werden. Dazu ist es notwendig, unter dem Aspekt der Sustainability

•  neue Produkte und Systemlösungen mit nachhaltigem Nutzen zu generieren,

•  Umwelt als Kostentreiber und damit auch als Einsparungspotential zu begreifen,

•  Mitarbeiter mit der Nachhaltigkeitskultur zu gewinnen,

um so die Roadmap für die strategische, nachhaltige Unternehmensgestaltung aufzusetzen.

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Abb. 6: Roadmap für die strategisch nachhaltige Unternehmensgestaltung (in Anlehnung an ZVEI, 2007)

Diese grundsätzlichen Überlegungen werden durch die nachfolgenden Beiträge erörtert, in gelebter Praxis dargestellt.

Literatur

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Megatrends der Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie, Berlin, 2007.

Brundtland, Gro Harlem: Unsere gemeinsame Zukunft: [der Brundtland-Bericht], Greven, 1987.

Dillerup, Ralf/ Stoi, Roman: Unternehmensführung, 4. Auflage, München, 2013.

Fichter, Klaus/ Clausen, Jens: Schritte zum nachhaltigen Unternehmen: zukunftsweisende Praxiskonzepte des Umweltmanagements, Berlin, 1998.

Hungenberg, Harald: Strategisches Management in Unternehmen: Ziele – Prozesse – Verfahren, Wiesbaden, 2011.

Leitschuh-Fecht, Heike/ Steger, Ulrich: Business Care für nachhaltige Unternehmensbetrachtung, in: Linne, Gudrun/ Schwarz, Michael (Hrsg.), Handbuch Nachhaltige Entwicklung, Leverkusen, 2007.

Macharzina, Klaus/ Wolf, Joachim: Unternehmensführung: das internationale Managementwissen; Konzepte, Methoden, Praxis, 6. Auflage, Wiesbaden, 2008.

Suhr, Katja/ Binhack, Katharina: Zukunftsfaktor nachhaltiges Wirtschaften: Ergebnisse einer Studie zur Umsetzung nachhaltigen Wirtschaftens in international tätigen deutschen Unternehmen, Frankfurt am Main, 2006.

Wicke, Lutz: Umweltökonomie: eine praxisorientierte Einführung, 4. Auflage, München, 1993.

2.2       Wettbewerbsvorteile durch die Gestaltung eines Nachhaltigkeitssystems

Prof. Dr. Hans-Gerd Servatius

Inhalt

2.2.1

Entwicklung von Managementsystemen

2.2.2

Bausteine eines Nachhaltigkeitssystems von Unternehmen

2.2.3

Beschreibungsrahmen für nachhaltige Geschäftsmodelle

2.2.4

Nachhaltiges Geschäftsmodell eines sozialen Entrepreneurs

2.2.5

Nachhaltigkeitsmanagement als Orchestrierer

2.2.1     Entwicklung von Managementsystemen

Wenn man von Managementsystemen spricht, dann meint man meist Systeme für das Qualitätsmanagement, die in Normenreihen wie der DIN EN ISO 9000 ff. ihren Niederschlag gefunden haben. Im Mittelpunkt steht dabei ein Regelkreis, der auf eine ständige Verbesserung gerichtet ist. An diesem Grundmodell haben sich auch die Systeme für das Umwelt- und das Energiemanagement orientiert.

Im Unterschied zu diesem prozessorientierten Ansatz steht bei einer strukturorientierten Sichtweise die Gliederung eines Managementsystems in Bausteine im Mittelpunkt des Interesses. Diese Bausteine beschreiben wichtige Aufgabenfelder des Verantwortlichen für das System. Nach diesem Prinzip sind wir bei der Beschreibung des Innovationssystems eines Unternehmens vorgegangen.1 Da es zwischen Innovationssystemen und Nachhaltigkeitssystemen einige Gemeinsamkeiten gibt, haben wir dieses »Konstruktionsprinzip« auf die Gliederung des Nachhaltigkeitssystems eines Unternehmens in Systembausteine übertragen. Dabei gehen wir von der These aus, dass eine ganzheitlich-systemorientierte Sicht des Nachhaltigkeitsmanagements dazu beiträgt, die Komplexität und Dynamik dieses Fachgebiets angemessen zu erfassen.2

2.2.2     Bausteine eines Nachhaltigkeitssystems von Unternehmen

Nachhaltigkeit ist für die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen und den langfristigen Erfolg eines Unternehmens unverzichtbar. Dennoch sehen eine kritische Öffentlichkeit und auch viele Führungskräfte bei der Ausgestaltung dieser Managementaufgabe Verbesserungsbedarf. Eine Ursache hierfür liegt darin, dass häufig ein konzeptioneller Rahmen für das Nachhaltigkeitsmanagement und seinen Beitrag zur Wertsteigerung des Unternehmens fehlt. Unser ganzheitlich-systemorientierter Ansatz liefert einen solchen Rahmen. Dabei gehen wir von einer Gliederung des in der Abbildung 7 dargestellten Nachhaltigkeitssystems in Bausteine aus. Im Folgenden skizzieren wir diese Bausteine.

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Abb. 7: Bausteine eines Nachhaltigkeitssystems

Nachhaltigkeitsorientierte Forschung und Entwicklung

In Unternehmen der Umwelttechnik bildet F&E die Grundlage für technologische Innovationen, die nachhaltige Produkte, Systeme und Lösungen ermöglichen, z. B. für die Abwasserreinigung und Luftreinhaltung.

In den letzten Jahrzenten verlief die Entwicklung von »End-of-the-Pipe-Technologien« am Ende der Wertschöpfungskette zu geschlossenen Kreisläufen und einem Upcycling mit »Aufwärtsspiralen«. Am Anfang stehen dabei Innovationen des Produktdesigns nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip (von der Wiege zur Wiege). Neben der Umwelttechnik spielt F&E zunehmend auch in anderen Branchen eine wichtige Rolle, z. B. in der Automobilindustrie, wo die Hersteller strenge Klimastandards erfüllen müssen. Eine große Schwierigkeit liegt in der Beantwortung der Frage, welche »alternativen« Antriebstechnologien sich durchsetzen werden, z. B. die verbreiteten Lithium-Ionen-Batterien, Brennstoffzellen oder Metall-Luft-Batterien.

Nachhaltige Wertschöpfung

Eine ressourcenschonende, energieeffiziente und emmissionsarme eigene Wertschöpfung bildet den Kern des Nachhaltigkeitsmanagements. Die Umwelt- und Energiemanagementsysteme und ihre Normen haben sich am Qualitätsmanagement orientiert. Ein weiteres großes Thema ist Nachhaltigkeit in den Lieferantenbeziehungen. Im Zuge der Globalisierung wird es immer wichtiger, Nachhaltigkeitsaspekte bei der Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette (Supply Chain) zu berücksichtigen. In den letzten Jahren sind Aspekte einer sozialen Nachhaltigkeit immer mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Unternehmen, z. B. der Bekleidungs- und der Elektronikindustrie, stehen unter Druck, stärker auf die Arbeitsbedingungen ihrer Zulieferer zu achten.

Nachhaltigkeitsmarketing

Die Zielgruppe eines Nachhaltigkeitsmarketings ist einerseits breiter (Gesellschaft mit ihren unterschiedlichen Stakeholdern) und andererseits enger (potenzielle Kunden mit einem entsprechenden Interesse). Am Anfang steht der Aufbau einer vertrauenswürdigen Marke. Die Kommunikation der Vorteile von Nachhaltigkeitsinnovationen erfordert meist ein intensives Beziehungsmarketing. Ein Beispiel für eine gute Kombination aus Innovations- und Nachhaltigkeitsmarketing liefern die Produkteinführungen des i3 und des i8 von BMW. Häufig steht das Marketing aber auch in der Kritik »Greenwashing« zu betreiben, um höhere Preise durchzusetzen.

Nachhaltigkeitsstrategie