EINFACH HAPPY

So schönes Wetter – und ich dabei!

Wilhelm Raabe

Was ist Glück? Für Neurobiologen ist es zunächst einmal nichts anderes als ein neurologischer Reiz in der rechten Gehirnhälfte. Milliarden von Nervenzellen dirigieren unsere Gefühle mithilfe von Hormonen. Wichtige Glücksboten aus körpereigener Produktion sind zum Beispiel Serotonin und die Endorphine. Letztere beeinflussen die Stimmung, sorgen für Entspannung und ein positives Lebensgefühl – ein Mangel dagegen lässt die Welt grau in grau erscheinen. Die Kenntnis allein, welcher raffinierte Hormoncocktail dafür verantwortlich ist, macht jedoch noch nicht glücklich.

Das beste Rezept für das Glücklichsein ist, dass es keines gibt, wonach man verbissen Zutaten für den perfekten Glückskuchen abwiegen muss … Glück heißt vor allem nicht, dass man sich dabei immer glücklich fühlt. Ebenso gut bedeutet es, die Gegenwart mit allen Sinnen wahrzunehmen und diesen Augenblick auch zu begreifen. Momente höchster Empfindung, ein tiefes Verständnis, sogar schmerzliche Wahrnehmung oder Nähe – stets aber in der »erhöhten« Form einer Einsicht –, auch das ist Glück. Glück ist keine Kuschelecke, keine runde Summe rosiger Wohlfühltage, an denen die »Seele baumelt«. Seelen baumeln nicht.

Beim Glück geht es weniger um das Was, sondern mehr um das Wie. Mit welcher Intensität wir unsere Umgebung, unser Dasein, die Welt wahrnehmen und erleben – und was wir daraus machen! Genuss fängt nicht erst im noblen Luxus-Spa an, sondern bereits verlässlich in einem Moorweiher-Freibad in herrlicher Allgäuer Landschaft. Für Lebensfreude und -lust, für Dankbarkeit und Wachheit gilt dasselbe.

Glückspotenzen des Alltags

Den Augenblick genießen: Anstatt überhöhte Erwartungen an sich und andere zu stellen – darf’s auch eine bescheidenere Existenz sein? Glücklich ist, wer sich in seinen Lebensumständen, in seinem Umfeld wohlfühlt, (was zum Beispiel EGO-online mit als »Wohlfühl-Intelligenz« bezeichnet) – damit ist keine geistige oder seelische Bequemlichkeit gemeint, sondern das Verständnis dessen, was wirklich produktiv, kreativ und wichtig ist – und danach konsequent zu handeln. Oft wird man das Unspektakuläre erst achten, wenn das Leben gehörig durcheinandergeraten ist: durch Krankheit oder Schicksalsschlag. Dann erst gewinnt der Augenblick Kostbarkeit, Dauer und Bedeutung. Aber auch ohne derartige Erschütterungen sollte dies möglich sein.

Erinnern Sie sich … Früher gab es mehr Anlässe, das Leben aufregend, einzigartig, komisch oder seltsam schön zu finden. Wie viele Nuancen des Glücksempfindens, die wir als Kinder oder Jugendliche kannten, sind uns längst abhanden gekommen! Weil wir nicht mehr kindisch oder verspielt, nicht mehr idealistisch oder spontan sein können. Wie war das mit dem nächtlichen Schwimmen im See – das schon der junge Brecht unvergesslich schön fand? Singen Sie noch mit Ihren Freunden? Damals war das selbstverständlich: ob es nun ein Madrigal von Orlando di Lasso war oder »Blowin’ in the Wind«. Lustig allemal, heute die ältesten Lieder auszugraben und voller Hingabe: »Heute hier, morgen dort« zu schmettern. Tanzen Sie noch? Na, dann nichts wie los! Niemand macht sich lächerlich – außer jenen, die das so »speilzahnig« sagen.

Veranlagung und innere Empfänglichkeit: Auf beide kommt es ebenso an und darauf, wie reich uns die Welt ist. Aber jeder kann dazulernen. Ein hervorragender, in seiner Einfachheit tückischer Tipp ist: selber machen! Sich nicht andauernd berieseln oder in alberne TV-Reißbrett-Schicksale ziehen lassen! Nicht bloß auf der Couch die Abenteuer träumen, die man draußen versäumt, weil man eine Grasallergie vorgibt. Sich körperlich anstrengen. Draußen sein, wieder Fühlung mit der Natur aufnehmen. Den Körper nicht in erster Linie als willfähriges Behelfsinstrument zur sitzenden Existenz, sondern wieder mit allen Sinnen wahrnehmen lernen.

Kontemplation und Hingabe: Nehmen Sie sich ab und zu die Zeit, sich Ihre Umgebung oder einzelne Dinge wieder einmal genau anzusehen. So gewinnen unspektakuläre, selbstverständliche Dinge ihre Schönheit zurück, die Hast, Ignoranz und sogar eine gewisse Arroganz völlig haben vergessen lassen. Das gilt übrigens auch für ein längst vertrautes Gesicht.

Individualität und Souveränität: Sie müssen sich nicht immerzu an anderen messen – oder ängstlich darauf lugen, ob Sie alle schätzen oder auch genügend achten. Eine souveräne Persönlichkeit kann gelassener reagieren und sich genau überlegen, was »man« macht – und warum eigentlich. Souverän sein heißt auch, hin und wieder unbequem und nicht konform zu handeln. Auch das stärkt.

Kreative Strategien inklusive Humor: Wie geht man mit Lebenskrisen um? »Der beste Weg hinaus ist immer mittendurch« sagte schon der Dichter Robert Frost – und dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Stellen Sie sich Ihren Problemen, rücken Sie ihnen so entschlossen und zielstrebig wie möglich zu Leibe – doch erwarten Sie keine Wunder. Garantien des Gelingens gibt es nicht, für niemanden. Bleiben Sie nicht nur abwartend und passiv. Allein schon die Erfahrung, vor unangenehmen Dingen nicht zu kneifen, erhöht die Vitalität. Das ewig Aufgeschobene lähmt und deprimiert: Handlungsfähigkeit macht stolz. Glücklich.

Es wird sich schon etwas finden: oder nach seit Generationen angewandter kölscher Philosophie: »Et hätt noch immer jot jejange.« Oder wie die Antike wusste: Dum spiro spero – solange ich atme, hoffe ich. Hoffnung setzt nicht zuletzt die Fantasie frei – und das ist besser, als gelähmt vor Zukunftsangst ins bodenlose Nichts zu starren. Sich das Erhoffte – mit realistischen Abstrichen – in lebhaften Farben zum Trost vorzustellen, regt vielleicht die Fähigkeit an, gangbare Alternativstrategien zu finden.

Das Unerreichbare akzeptieren: Manches geht eben nicht (mehr). Nichts zermürbt stärker als ein von vornherein aussichtsloser, ein sinnloser Kampf gegen Windmühlen. Manches muss man akzeptieren, so bitter es ist. Man kann sich seelisch furchtbar quälen – weil man glaubt, es dem Schicksal schuldig zu sein – oder andere Wege finden, damit zurechtzukommen. In jedem von uns existiert jenes große Unerfüllte – damit sind wir nicht allein.

Rückschläge ertragen: Diese sind nicht die Ausnahme, sondern höhere Wahrscheinlichkeit. Auch wenn es schwer ist, danach wieder aus dem Loch zu krabbeln: Mit Humor geht es leichter, mit einem tapferen Lächeln. Resignieren ist viel einfacher, als dagegen anzulachen und die Herausforderung eines: »Dann eben noch mal!« anzunehmen. Fehler passieren meist nicht aus heiterem Himmel … sondern können durch reifliche Überlegung vermieden werden.

Vielseitigkeit: Zur schärferen Wahrnehmung gehört auch echtes Interesse – beides bedingt sich gegenseitig. Wer nur mehr sich selbst und seine Belange kennt, verarmt in gewisser Weise. Egoismus ist das Gegenteil von differenzierter Wahrnehmung. Wer sich für die Welt um ihn herum mindestens ebenso interessiert wie für sich selbst, langweilt weder sich noch andere (!) damit. Unterschiedlichste Perspektiven oder Lebenswelten kann man auf diese Weise kennenlernen – mit derselben Daseinsberechtigung wie der eigene, überaus kostbare Standpunkt.

Neugierde, Wissbegier, Überraschung: Wer sich überraschen lässt, verlernt nicht zu staunen, er lässt sich bezaubern und entführen – abseits ausgetretener Pfade. Wer wissen, wer Dingen auf den Grund gehen will, wer noch Unruhe und Antrieb in sich hat, bleibt geistig rege und gesund. Das Leben wird wenn nicht »schöner«, so doch unendlich reicher – und was ist das anderes als Glück?

Soziale Kontakte: Pflegen und hegen, doch hin und wieder auf den Prüfstand stellen. Es gibt Menschen, deren Gegenwart uns zweifellos bereichert. Wieder andere erschöpfen uns, weil sie weder zuhören wollen noch können oder weil sie illoyal oder rechthaberisch sind. Mit seinen sozialen Ressourcen ökonomisch umzugehen, scheint daher sinnvoll: lieber weniger, anstatt zu viele Kontakte pflegen – Qualität vor Quantität. Unangenehmere Zeitgenossen weiträumig umfahren, vor allem wenn sie nicht lernfähig sind.

Körper & Seele: Von der Ernährung bis zur körperlichen Betätigung – chemische Verbindungen stabilisieren und fördern unseren Glückshaushalt. Wo sind die Endorphine, wo Serotonin, wo die Vitamine? Sei es das sogenannte Soul-Food, kulinarische Streicheleinheiten, um die allerdings jeder, der gern gut isst und kocht, instinktiv weiß. Tagliatelle mit Fenchel, Lachs und Sahne gehören sicher dazu …

Ausgeglichene Ernährung ist unerlässlich für unseren Seelenhaushalt: frisch, bunt, Gemüse & Obst, Kräuter und Gewürze … Lassen Sie sich nicht nur von diversen Fernsehköchen inspirieren, sondern von der eigenen Freude am Experimentieren. So schwer ist es nicht, für Balance und gute Laune schon auf dem Teller zu sorgen! Kochen selbst ist eine Freude, das Ergebnis umso mehr – und anschließend stellt sich sattes Behagen ein: das Lächeln eines zufriedenen Säuglings … Und später heißt es Bewegung machen – nicht um an körperliche Grenzen, sondern wieder zu sich zu kommen, zu innerer Balance, Vitalität und Lebensfreude. An ihrem Lachen sollt ihr sie erkennen …

LITERATURTIPPS IN AUSWAHL

Adams, Douglas: Per Anhalter durch die Galaxis, Heyne-Verlag, München 1998

Arens, Janka/ Peick, Markus/ Srowig, Meike: Warum Männer weniger lachen, beck’sche reihe 2006

Attardo, Salvatore (Hrsg.): Humor. International Journal of Humor Research, Youngstown State University, OH, USA, Mouton de Gruyter

Carrière, Jean-Claude/ Bechtel, Guy: Lexikon der Sonderlinge, Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig 2001

Cousins, Norman: Der Arzt in uns selbst. Wie Sie Ihre Selbstheilungskräfte aktivieren können, Rowohlt-Verlag, Hamburg 1996

Emmelmann, Christoph: Das kleine Lachyoga-Buch. Mit Lachübungen zu Glück und Entspannung, dtv-Verlag, München 2007

Haußer, S.: Heiterkeit, kritische Lebensereignisse und Wohlbefinden. Unveröffentlichte Diplomarbeit. Institut für Physiologische Psychologie der Universität Düsseldorf, Düsseldorf 1999

Holmes, Janet: Humor and Leadership Style, in: Humor, Journal of International Humor Research 19,2, Universität Wellington 2006, S. 119-138

Howland, Chris/ Thoma, Dieter/ Jamin, Peter: Kennen Sie DEN…? Die Lieblingswitze der Deutschen, dtv-Verlag, München 2003

Kästner, Erich: Die kleine Freiheit, S. Fischer, Frankfurt am Main 1963

Kataria, Madan: Lachen ohne Grund. Eine Erfahrung, die Ihr Leben verändern wird, Via Nova-Verlag, Petersberg 2002

McGhee, Paul E.: Humor: Its Origin and Development, W.H. Freeman-Verlag, San Francisco 1979

Merzinger, Barbara: Das Lachen von Frauen im Gespräch über Shopping und Sexualität, Darwin – Digitale Dissertationen, FU Berlin, 2005

Provine, Robert R.: Laughter, Viking Penguin Verlag, Neuseeland 2000

Ruch, Willibald: Heiterkeit und Humor – Ergebnisse der Forschung, unter: www.uni-duesseldorf.de/MathNat/Ruch/Texte/Hirsch.doc

Salameh, Waleed Anthony: Humor in der interaktiven Kurzzeittherapie, Klett-Cotta-Verlag, Stuttgart 2007

Steiner-Junker, Gudula: Lachyoga. Lachen ist gesund und Glück ist trainierbar, Südwest-Verlag, München 2006

Titze, Michael/Eschenröder, Christof T.: Therapeutischer Humor. Grundlagen und Anwendungen, S. Fischer, Frankfurt am Main 2007

Titze, Michael: Die heilende Kraft des Lachens, Kösel-Verlag, München 2007

Titze, Michael: Die Humorstrategie. Auf verblüffende Art Konflikte lösen, Kösel-Verlag, München 2006

Titze, Michael: Die wiederentdeckten Therapeutika, in der Aufsatzsammlung zum Thema Humor unter www.michaeltitze.de

Uber, Heine/Steiner, André: Das Lach-Prinzip, Eichborn-Verlag, Frankfurt am Main 2004

Internetadressen-Auswahl

Publikationsorgan der International Society for Humour Studies (ISHS), Infos unter: ishs@hnu.edu

www.hirschhausen.com

www.humor.ch mit vielen Links & Tipps, Publikationen, Kontaktadressen etc.

www.humorcare.com

www.michael-titze.de (Aufsatzsammlung zum Thema Humor)

www.uni-duesseldorf.de (Informationen zur International Society for Humor Studies)

ÜBER DIE AUTORIN

Dr. phil. Caroline Rusch, geboren 1958, arbeitet als Journalistin u. a. für die FAZ, SZ und die Frankfurter Rundschau. Durch zahlreiche Publikationen, wie Der kleine Lachtherapeut oder Der Taschen-Freud, hat sie sich als Autorin einen Namen gemacht. Sie lebt in Augsburg.

LACHEN ODER DAS »NIESEN
DES
GEISTES«

Nichts in der Welt ist so ansteckend wie Gelächter und gute Laune.

Charles Dickens

»Wann haben Sie zuletzt herzlich gelacht?«

»Wie bitte???«

Beim Eintritt ins Sprechzimmer waren Sie auf alle möglichen und unmöglichen Fragen zur persönlichen Krankengeschichte gefasst. Aber doch nicht auf diese! Erstaunt blicken Sie auf – doch das Gegenüber macht ganz offensichtlich keine Witze. Sondern lächelt auf eine sympathische, Vertrauen erweckende Weise. Sogar ein kleines Augenzwinkern ist dabei …

Wie oft lautet die reichlich verdutzte Antwort: »Augenblick, da muss ich erst einmal überlegen.« Dieser Augenblick aber kann dauern. So jedenfalls weiß es Prof. Dr. Dr. Rolf Hirsch, Facharzt im Gerontopsychiatrischen Zentrum der Rheinischen Kliniken Bonn zu berichten, der sich seit Jahren der Erforschung der therapeutischen Wirkung von Humor und Lachen verschrieben hat: »Humor ist, wenn man trotzend lacht.« Die meisten Menschen, so seine Erfahrung, müssten bei dieser Frage schlicht passen. Weil sie sich einfach nicht daran erinnern können, wann oder warum sie das letzte Mal aus vollem Herzen gelacht haben! Der Ärger mit der Matheklausur der Tochter hingegen, der verregnete Urlaub oder neulich der Stress bei der Gehaltsverhandlung sind vor dem geistigen Auge im Nu präsent – und augenblicklich zieht die Schwerkraft die Mundwinkel nach unten. Lange nicht gelacht, dürfte die Diagnose in solchen Fällen lauten.

Allerdings soll es Leute geben, die spontan die Antwort parat haben: »Ja, natürlich weiß ich das noch! Gestern erst, bei diesem faden ›Tatort‹, wo der Mörder schon nach fünf Minuten kompetent überführt war – von uns nämlich! Oder am Samstagabend, auf Gabys Geburtstagsfeier, als urplötzlich der Fonduetopf auseinanderbrach und Gaby, eine bekennende Feministin, angesichts des Käsemeers auf dem Tischtuch verzweifelt ausrief: ›Hans! Tu doch was!‹ Wir lachten Tränen …«

Das hört sich doch in puncto Sinn für Situationskomik und Humor schon ganz gut an. Umso besser noch, wenn die Fähigkeit, sich relativ leicht erheitern zu lassen, auch mit anderen positiven Eigenschaften wie etwa Gelassenheit, emotionaler Robustheit, erhöhter Frustrationstoleranz oder mit einer gehörigen Portion Optimismus und Lebensfreude einhergeht. Solche Charaktere sind nicht nur zu beneiden, sondern dürften, insgesamt gesehen, auch weniger krankheitsanfällig sein als ihre verdrießlichen Sauerampferpendants, denen alles Erdenkliche, ob nun berechtigt oder nicht, übermäßige Sorgen, Kummer oder Magenschmerzen bereitet. Wie empfahl schon Friedrich Nietzsche? »Zehnmal musst du lachen am Tage und heiter sein, sonst stört dich dein Magen in der Nacht, dieser Vater der Trübsal.«

Will man den Statistiken Glauben schenken, sind diese glücklich lachenden Gemüter zumindest in einer bestimmten Altersgruppe deutlich in der Minderzahl. Kinder und alte Leute hingegen lachen lieber und öfter. »Was gibt es denn schon groß zu lachen?«, mag sich wohl so mancher, der mitten im Leben steht – also wenig lacht! –, fragen. Weshalb verlieren wir Erwachsenen sukzessive die Gabe des Lachens, über die Kinder noch in reichem Maß verfügen? Ein leicht nachvollziehbarer Grund sei hier schon genannt: Zum Lachen gehört auch ein gewissermaßen kindliches Staunen, ein Sich-überraschen-Lassen von Ereignissen oder unspektakulären Dingen. Wer hingegen bei jeder Gelegenheit müde abwinkt, wer schon alles weiß, alles bereits getan und gesehen hat, für den besteht das Leben verständlicherweise aus ineinandergreifenden kleinen oder großen Routinen. Man wundert sich schließlich über nichts mehr – was sich in mangelnder Lachbereitschaft und -fähigkeit niederschlägt: Verlorene Tage, an denen man nicht gelacht hat …

Allein das Lachen, so suggerieren uns zahlreiche Stimmen, könne die Türen zu Glück und Erfolg sperrangelweit öffnen. Fit und sexy, reich und beliebt – darf’s noch etwas mehr sein? Die alten Chinesen waren da bescheidener, die wussten, dass ein lachender Mensch um mindestens zehn Jahre jünger aussieht. Ist das Lachen denn auch ein Allheil- oder Wundermittel, mit dem die Natur uns gesegnet hat? Da ist Vorsicht geboten: Das Lachen und seine jeweiligen Auslöser sind bekanntlich so nuanciert wie vielfältig. Zum einen gibt es keineswegs »das Lachen« als solches, zum anderen ist der gesundheitsfördernde Aspekt des Lachens stets zusammen mit einer ganzen Palette sich positiv auswirkender Eigenschaften, Fähigkeiten oder Verhaltensweisen zu sehen.

Eines aber dürfte zweifelsfrei auf der Hand liegen: Ein eher heiteres Naturell bringt so manche günstige Voraussetzung mit, um im Leben besser zurechtzukommen – und sei es nur deshalb, weil es mit den Fährnissen des Alltags öfter lächelnd den Kampf aufnehmen kann. Doch falls Ihre Familie, verehrte Leserin, verehrter Leser, nun schon seit drei Generationen notorische Schwarzseher und Nörgler hervorgebracht hat? Lassen Sie sich trösten: Die Gene sind längst nicht alles … Manchmal verhelfen schon etwas Distanz, ein überraschender Perspektivenwechsel zu mehr Heiterkeit, zu größerer Freude, die mit Lachen oder Lächeln einhergehen und wiederum andere anstecken kann. Das wäre schon ein Stück gewonnener Lebensqualität. Großzügige Glücksversprechen sind unsere Sache nicht.

Weshalb ist denn Lachen gesund, wie der Volksmund mit großer Überzeugung behauptet? Irgendwo hat er ja recht, doch wie und wo genau? Darüber grübelt nicht nur die lachskeptische medizinische Forschung bis heute nach. Durch Erkenntnisse der Lach- und Humorforschung sowie durch die therapeutische Praxis selbst wird mittlerweile auch im Gesundheitsbereich eine äußerst wichtige positive Wirkung des Lachens konzediert – es trägt zur Stressreduzierung bei, und dies auf mannigfache Weise: Es entspannt, entlastet, bagatellisiert, erleichtert oder vermeidet Konflikte, ermöglicht Kompromisse – und vieles mehr! Höhere Stressresistenz aber bedeutet mehr psychische Stabilität sowie ein robusteres Immunsystem: beides wichtige Pfeiler der Salutogenese, der Entstehung von Gesundheit.

Wie schaffen wir es, um unserer seelischen und körperlichen Stärkung willen mehr gute Lachvoraussetzungen, mehr Spontaneität ins Leben zu bringen? In die tägliche Routine unseres Alltags, in unsere Liebesbeziehungen ebenso wie ins Großraumbüro? Dieses Buch soll es Ihnen nahe bringen und mag es auch nicht immer leicht sein, den Versuch ist es allemal wert. Falls die Mundwinkel partout nicht gleich nach oben wollen, bleiben Sie dennoch zuversichtlich oder besuchen Sie einen Lachyogakurs! Auf unserem lebenslangen Lachlehrpfad begegnen uns eben Hürden, die aber mit überlegtem Training ganz gut zu meistern sind.

Sie werden hier viele Informationen und Tipps rund ums Lachen finden und – was für eine bewusste Wertschätzung des Lachens, für eine Umsetzung von grauer Lachtheorie in eine zwerchfellerschütternde oder lächelnde Praxis unabdingbar ist – das scheinbar vertraute Lachen erst einmal in seiner Bedeutung im Alltag näher kennenlernen! Nicht allein ist dies hilfreich, was die positive Entwicklung der eigenen Persönlichkeit betrifft. Ebenso kann man auf diese Weise das komplexe Lachgefüge im sozialen Miteinander, in Liebe und Partnerschaft, in der kindlichen Lachlernschule oder im Berufsleben verstehen und produktiv nutzen lernen.

Wir möchten Ihnen allerdings auch verdeutlichen, wann und wie man besser nicht lacht – weil dies dann einem gedeihlichen Miteinander oder Ihrem Fortkommen abträglich ist. Das subtile Gefüge von Körper, Seele und Geist reagiert nämlich auf feinste Impulse, die sich in Lachen äußern können, und beeinflusst das Funktionieren dieser Komponenten und ihren Ausgleich. Harmonie und das stabile Gleichgewicht, die Fähigkeit, lächelnd Balance zu halten, sind Voraussetzungen für die seelische wie die körperliche Gesundheit. Damit sind wir schon mittendrin: Also, Hand aufs Herz, wann haben Sie zum letzten Mal gelacht? Oder anders gefragt mit dem Kulturanthropologen Helmut Plessner, der Lachen zum einen als körperliche Aktivität, zum anderen als eine vom inneren Zustand und durch soziale Regeln geprägte Ausdrucksgebärde verstand: »Wann hat denn Ihr Geist zuletzt geniest?«

LACHEN, HUMOR UND
HEITERKEIT

Der verlorenste aller Tage ist der, an dem man nicht gelacht hat.

Sebastien Chamfort

Verwandt und doch verschieden

Lachen, Humor und Heiterkeit sind offenbar über ein paar Ecken miteinander verwandt. Aber wie nun genau? Die seelische Eigenschaft des Humors gibt es schließlich auch gänzlich ohne Lachen – wie auch viele Arten von Lachen, Lächeln oder Gelächter ohne eine Spur von Humor existieren. Tagtäglich zu beobachten: wenn zum Beispiel ein humorloser Mensch säuerlich lächelt, weil er neidisch oder beleidigt ist. Während ein anderer Zeitgenosse wiederum mit trockenen, todernst geäußerten Bonmots seine Mitmenschen zum Lachen bringt. Und ist die Heiterkeit als Zustand und Wesensmerkmal der Humus, auf dem Humor, Lächeln und Lachen gedeihen?

Das menschliche Lachen – eine Besonderheit

Stellen Sie sich vor, ein Alien käme zu Besuch auf den Blauen Planeten. Auf den lustigen Partys, die das Geschöpf zu Studienzwecken in aller Welt besucht, würde es sich wohl ebenso sehr wundern wie Zaphod Beeblebrox in Douglas Adams’ herrlicher Science-Fiction-Parodie »Per Anhalter durch die Galaxis«. Das ist übrigens schon ein hervorragender Lach-Literatur-Tipp!

Was erblickt der entsetzte grüne Außerirdische? Die Erdlinge werden plötzlich puterrot im Gesicht. Dabei geben sie die merkwürdigsten Töne von sich: Sie krähen, winseln und kichern, sie ächzen und weinen mitunter dabei gar helle Tränen. Falls es ganz schlimm kommt, flehen sie in den kurzen Pausen, in denen sie nach Luft schnappen, um Gnade, während sie sich entkräftet den Bauch halten. Manche unter ihnen, aber das kann der transgalaktische Partygast nicht ahnen, machen sogar vor Lachen in die Hosen. Nicht allein, dass sich ein Erdling derart benimmt: Nach und nach stecken sie sich gegenseitig mit diesem gefährlichen Virus an. Die Symptome scheinen dieselben, die Variationen daher gering: ein hihihi, ein hohoho oder hahaha – aber, so notiert das Alien gewissenhaft, kein hohehiha. Auch kein verlangsamtes haaa-haaaa-haaaa, außer bei dem großen Komiker Karl Valentin, der genau das unnachahmlich beherrschte. Was sich da vollzieht, ist anscheinend eine ganz besondere Form des Ausatmens, produziert fürchterliche Geräusche, erhöht die Muskeltätigkeit, ist hoch ansteckend und äußerst kommunikativ. Benehmen sich die Menschen immer so seltsam? Oder anders gefragt: Was muss denn passieren, damit sie sich so benehmen? Schon wir, die wir das Lachen seit Jahrmillionen problemlos praktizieren, haben Schwierigkeiten, dies genau zu erklären.

Das Lachen selbst ist zunächst einmal eine besondere Lautäußerung aufgrund bestimmter Emotionen, die mit motorischen Abläufen, zum Beispiel der Muskeltätigkeit, einhergeht. Für unseren extraterrestrischen Gast ist das Lachen sozusagen das »Lied«, an dem der Mensch, ein komischer Vogel, als solcher erkennbar ist. Nach dem antiken Philosophen Aristoteles, der sich auch eingehend mit den Phänomenen des Lachens beschäftigte, ist der Mensch das einzige lachende Lebewesen. Dank der Ergebnisse der zoologischen und der humanmedizinischen Forschung sowie der Gelotologie, der Lach- und Humorforschung (griech. geláo – lachen, auslachen, verspotten), dürfen wir seine Aussage modifizieren: Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das so lacht.

Das menschliche Lachen, eine Art stimmhaftes rhythmisches Ausatmen, ist gewissermaßen ein »Endprodukt«: ein Reflex oder eine Reaktion auf etwas, das der Mensch aus welchen Gründen auch immer als lustig, komisch oder erheiternd empfindet. Zuvor muss in der Regel etwas stattgefunden haben, das zum Lachen anregt oder stimuliert, zum Lachen bringt. Denn das Lachen entsteht normalerweise nicht aus heiterem Himmel und meist auch nicht für sich allein, selbst wenn es bei manchen Menschen durchaus den Anschein haben mag. Entweder wird man vom Gelächter anderer angesteckt oder andere Lachstimuli kitzeln unseren Lachnerv. Dies kann ein für Humor allzeit bereiter Sinn sein, aber auch andere Eigenschaften tragen ihren Teil dazu bei – nicht immer sind es gerade edle Charakterzüge.

Echt und falsch

Woran erkennt der Lachfachmann – in diesem Fall der ausgewiesene Experte Professor Willibald Ruch – ein echtes Lachen? Daran, dass viele Muskeln richtig mittun, z.B. sich der Ringmuskel um die Augen, der Musculus orbiculari oculi zusammenzieht, so dass sich die Haut um die Augen spannt. Der Musculus zygomaticus maior wiederum hebt die Mundwinkel an – was insgesamt eine echt vergnügte Miene ergibt. Falls jemand beim Lächeln oder Lachen bloß den Mund auseinanderzieht, während die Augen unbeteiligt bleiben, wird das als unangenehm, weil falsch empfunden. Im Zoo oder auf Safari ist dies gar nicht zu empfehlen. Kluge Schimpansen nämlich bewarfen Fotos, auf denen Menschen mit dem sogenannten »Stewardessenlachen« abgebildet waren, mit ihren Exkrementen. Auch sie wissen offenbar zwischen echtem und falschem Lachen zu unterscheiden – und vor allem unverzüglich zu handeln…

Heitere Seelenruhe – eine seelische Errungenschaft

Was hingegen ist die Heiterkeit? Zum einen ein menschlicher Wesenszug, den wir später in der mehr oder minder ausgeprägten Fähigkeit, sich erheitern zu lassen, näher kennenlernen werden. Zum anderen ist sie eine menschliche Errungenschaft, die bereits antike Philosophen schätzten – und die mit Lächeln oder Lachen einhergehen kann.

Als lebendiges Beispiel dafür mag der Vorsokratiker und Naturphilosoph, der »lachende Philosoph« Demokrit von Abdera (460 v. Chr. – 371 v. Chr.) gelten. Er begriff den Kosmos als aus ewig fallenden Atomen bestehend, den Menschen als sterblichen Atomklumpen, die Götter als gleichgültig dem Schicksal der Menschen gegenüber – wozu also den Tod und die Götter noch fürchten? Ein Mensch, den weder metaphysische Ängste noch Affekte plagten, der weder nach Reichtum noch nach Macht strebe, sondern ein ruhiges Leben abseits der Politik führe, der erst könne die wahre Seelenruhe (euthymia, ataraxia) erreichen und ganz seiner Lust (hedoné) leben. Wobei Lust hier primär das Vermeiden von Unlust bedeutet … Liebe und Ehe galten Demokrit und seinen Nachfolgern nämlich als prinzipieller Hort von Sorgen – und damit als tunlichst zu vermeiden. Demokrit war es auch, der einst bei seinen Schülern große Besorgnis erregt haben soll, weil er andauernd unangemessen lachte. Wie sich nach der Konsultation eines Arztes herausstellte, hatte dem klugen Mann die Dummheit seiner Mitmenschen (die Bürger von Abdera galten als die Schildbürger der Antike) derart zu schaffen gemacht, dass er sich nur mehr durch unkontrollierte Heiterkeitsausbrüche zu helfen wusste.

In Demokrits Nachfolge begründete Epikur den oft als bloßes Luststreben verkannten Epikureismus oder Hedonismus mit seiner Philosophenschule Kepos (griech. Garten). Auch Epikur wusste um den Urgrund aller Heiterkeit: keine Angst zu haben und sich dem rastlosen Treiben der Welt zu entziehen. Auch die philosophische Schule der Stoa, darunter so berühmte Vertreter wie Lucius Annaeus Seneca oder der Kaiser Marc Aurel, schätzte die Ruhe der Seele, die tranquillitas animi, als hohes Gut. Ihre Vertreter jedoch suchten sie im Einsatz für die Gemeinschaft, in Teilnahme an der Politik sowie in einem aktiven Leben zu verwirklichen.

Nicht allein die Philosophie, sondern auch die polytheistischen Religionen, zum Beispiel die Vielgötterwelten des Hinduismus, kennen diese Harmonie mit der Welt, die einer spirituell bedingten Heiterkeit den Boden bereitet. Insbesondere in den ostasiatischen Religionen spiegelt sich in den lächelnden Buddhastatuen und den herzhaft lachenden tibetanischen Mönchen und Würdenträgern wie dem Dalai Lama ein durch profunde Kenntnis der Schriften und praktizierte Meditation erworbenes Wissen um die eigene Nichtigkeit. Diese Fähigkeit sorgt schon zwangsläufig für eine Art »entrückter« Objektivität und dafür, dass sich der Einzelne nicht als Nabel der Welt begreift – eine außerordentlich humorfördernde Perspektive!

Sinn für Humor – was ist das?

»Der hat Sinn für Humor!« Wird ein Mensch mit diesen Worten in anerkennendem Tonfall charakterisiert, so haben wir bestimmte Eigenschaften vor Augen – am häufigsten wohl, dass er vor allem auch über das eigene Wohl und Wehe lachen kann, die eigene kostbare Persönlichkeit nicht vom Lachen ausnimmt, sein Ego also eine kleine Breitseite gut verträgt. Sagt jemand von einem Zeitgenossen hingegen entrüstet: »Der hat vielleicht Humor!«, so hat sich die fragliche Person wahrscheinlich ziemlich danebenbenommen … Es ist also mit dem Humor an und für sich gar nicht einfach.

Wie steht es eigentlich mit Ihrem ganz persönlichen Sinn für Humor? Haben Sie welchen oder haben Sie keinen? Fragen Sie sich selbst! Noch besser: Fragen Sie Freunde, Partner, Kinder – Ihnen vertraute Menschen. Meist wird man Ihnen den Kopf rasch dahingehend zurechtrücken, dass es um Ihren Sinn für Humor tatsächlich nicht so besonders gut bestellt ist. In diesem Punkt tendiert man außergewöhnlich leicht zur Selbstüberschätzung …

Was bedeutet Humor? Das Wort kommt aus dem Lateinischen; umor heißt Flüssigkeit und verweist damit auf die antike Auffassung vom Menschen, zum Beispiel in der Viersäftelehre der Hippokratiker und des Arztes Galen, die auch die vier Temperamente hervorgebracht hat: den Melancholiker, den Choleriker, den Phlegmatiker und den Sanguiniker. Im Sanguiniker überwiegt das Blut, sanguis, was einem eher heiteren, lebensfrohen Naturell entspricht. Sein seelisches Gegenstück ist der Melancholiker, den ein Übermaß an schwarzer Galle so trübsinnig macht.

Des Weiteren gab es auch viele andere Theorien zu dieser seelischen Verfassung, etwa die mittelalterlicher englischer Ärzte, wonach der Sitz des Humors sich in der Leber oder der Milz befinde. Aus dem griechischen Wort für Milz kommt das englische Wort spleen