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BETTER BODY

BETTER BRAIN

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Wichtiger Hinweis

Sämtliche Inhalte dieses Buches wurden – auf Basis von Quellen, die der Autor und der Verlag für vertrauenswürdig erachten – nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und sorgfältig geprüft. Trotzdem stellt dieses Buch keinen Ersatz für eine individuelle Fitnessberatung und medizinische Beratung dar. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt.

Der Verlag und der Autor haften nicht für nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.

Für Fragen und Anregungen:

info@rivaverlag.de

Originalausgabe

2. Auflage 2018

© 2016 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Lektorat: Ulrike Gonder

Umschlaggestaltung, Layout und Satz: Christoph Dirkes • mediathletic bild + design • www.mediathletic.com

Bildbearbeitung: Yorck Schultz • mediathletic bild + design • www.mediathletic.com

Bildnachweis:

Umschlagabbildungen vorne: Hintergrundbild: © didecs – Fotolia.com; Illustration: © Anna Rassadnikova – Fotolia.com,

Icons: © Christoph Dirkes • mediathletic bild + design • www.mediathletic.com

Hintergrundbilder: Kapitelseiten (S. 10–11, 64–65, 120–121, 158–159), Kolumnen (S. 12–63, 66–119, 122–157, 160–281, 282–287):

© didecs – Fotolia.com; Illustrationen: S. 10, 74, 119, Kolumnen (S. 12–63, 282–287): © Anna Rassadnikova – Fotolia.com, Icons: S. 10, Kolumnen (S. 66–119, 122–157, 160–281): © Christoph Dirkes • mediathletic bild + design • www.mediathletic.com;

Hintergrundgrafiken: S. 12/13, 16, 20/21, 26, 31/31, 41, 46/47, 51, 52, 54/55, 56/57, 63, 66/67, 72/73, 75, 78, 84/85, 90/91, 94, 98/99, 104/105, 107, 112/113, 116, 119, 120, 122–131, 133, 134, 136–158, 160: © pim – Fotolia.com;

Fotos und Grafiken: S. 9, 14, 16, 19, 50–53, 162–281: © Anja Leitz, S. 35–36, 45: © f.lux.com, S. 123, 127: © shutterstock/Alexander Raths, S. 124, 126, 142: © shutterstock/picturepartners, S. 125: © shutterstock/Alex Coan, S. 128: © shutterstock/rtem, S. 129, 137, 147, 148:

© shutterstock/Edward Westmacott, S. 130: © shutterstock/Chutima Chaochaiya, S. 131: © shutterstock/Balakleypb, S. 132: © shutterstock/de2marco, S. 133: © shutterstock/Eric Isselee, S. 134: © shutterstock/Alex Staroseltsev, S. 135: © shutterstock/Krasowit, S. 136, 146:

© shutterstock/JIANG HONGYAN, S. 138: © shutterstock/cameilia, S. 139: © shutterstock/Opas Chotiphantawanon, S. 140: © shutterstock/HLPhoto, S. 141: © shutterstock/QiuJu Song, S. 143: © shutterstock/cynoclub, S. 144: © shutterstock/Fleckstone, S. 145: © shutterstock/optimarc, S. 149: © shutterstock/holbox, S. 150: © shutterstock/ILYA AKINSHIN, S. 151: © shutterstock/kirillov alexey

Druck: Firmengruppe APPL, aprinta Druck, Wemding

Printed in Germany

ISBN Print 978-3-86883-798-8

ISBN E-Book (PDF) 978-3-95971-072-5

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95971-073-2

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter

www.m-vg.de

eBook by ePubMATIC.com

Anja Leitz

BETTER BODY

BETTER BRAIN

Das Handbuch zur

SELBSTOPTIMIERUNG

von Körper und Geist

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INHALT

IN EIGENER SACHE

DIE ZUSAMMENHÄNGE

Wie Sie Ihr inneres und äußeres Milieu gesund gestalten

SANIEREN UND OPTIMIEREN – BEVOR KÖRPER UND GEIST KONKURS ANMELDEN

DIE VIER SÄULEN DER GESUNDHEIT

Lipide (Fette und Fettsäuren)

Licht

Chronobiologie

Nahrung

LIPIDE: FETTE FISCHE MACHEN GESUNDE ZELLEN

Fette Evolution

Das Team der mehrfach ungesättigten Fettsäuren

Auf das Verhältnis kommt‘s an

Gehirn und Körperzellen brauchen ein optimales Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren

Fisch oder Leinöl?

Fischfett: Ideal fürs Gehirn

Was marine Omega-3-Fettsäuren sonst noch können

Was Licht und DHA miteinander zu tun haben

Exkurs: Jack Kruse – DHA, Licht und Quantenphysik

LICHT: NAHRUNG UND MEDIZIN

Basics first: Was ist Licht?

Wie Licht in biologischen Systemen wirkt

Zelluläre Lichtantennen

Ultraviolettstrahlung

Biologische Wirkung der UV-Strahlung

Exkurs: Sauerstoff

Heliotherapie: Die Sonne heilt

Biologische Wirkmechanismen der UV-Strahlung und wie Sie von einer täglichen Exposition profitieren

Vitamin D: einnehmen oder selber machen?

Infrarotstrahlung

Biologische Wirkmechanismen der Infrarotstrahlung und wie Sie von einer täglichen Exposition profitieren

Sichtbares Licht

Die Erfindung der Glühbirne und unser modernes Lichtumfeld

Wellenlängen unseres Lichtumfeldes

Blaulicht: ein zweischneidiges Schwert

Vorteile von Blaulicht

Nachteile von Blaulicht

CHRONOBIOLOGIE: ZIRKADIANE RHYTHMIK UND ZEITGEBER

Zeitliche und räumliche Abläufe

Gesundheit braucht Rhythmus

Die Rhythmen des Lebens

Periodenlängen und natürliche Rhythmen

Periodisch einwirkende Umweltfaktoren als Zeitgeber und Rhythmusgeneratoren

Das Einstellen chronobiologischer Rhythmen

Unser innerer Uhrmacher – an welchen Rädchen ich drehen muss, um meine Uhr perfekt einzustellen

Timing ist alles!

Was das Auge wahrnimmt

Exkurs: Die Sonnenbrille – eine Modeerscheinung, die unsere innere Uhr aus dem Takt bringt

Was die Pupille verrät

Der Zeitgeber Temperatur – und wie wir Kälte als »Retter in der Not« einsetzen können

Wie Kälte auf den Organismus wirkt

Exkurs: Kälte-Thermogenese – wie ich meinen Körper an die Kälte gewöhne und von der Kälte als Regulationswerkzeug profitiere

Cool bleiben

Reset ohne Sport?

NAHRUNG: MITTEL ZUM LEBEN

Fataler Überfluss

Vom richtigen Fett im wichtigsten Lebensmittel

Reset statt Jo-Jo

Essen ins rechte Licht gerückt

Wie Licht uns nährt und ordnet

Alles zu seiner Zeit

Exkurs: Leben mit der Natur – Nahrungsaufnahme nach phänologischen Jahreszeiten

Immer schön im Rhythmus bleiben

Guten Appetit!

Tabelle: Die phänologischen Jahreszeiten

Qualitätssiegel Wärme

Experteninterview mit Kyra Hoffmann

DAS 4-WOCHEN-RESET-PROGRAMM

Ihr Neustart in ein balanciertes Leben

WIE FUNKTIONIERT DAS SELBSTOPTIMIERUNGSPROGRAMM?

21 HÄUFIGE FRAGEN

OPTIDAY-INFOS UND BIOHACKS – ZWEI NÜTZLICHE PFEILER IHRES OPTIMIERUNGSPROGRAMMS

Vorbereitung: der erste Schritt

Vorbereitung: der zweite Schritt

Vorbereitung: der dritte Schritt

Vorbereitung: der vierte Schritt

Woche 1

Tag 1

Tag 2

Tag 3

Tag 4

Tag 5

Tag 6

Tag 7

Woche 2

Tag 1

Tag 2

Tag 3

Tag 4

Tag 5

Tag 6

Tag 7

Woche 3

Tag 1

Tag 2

Tag 3

Tag 4

Tag 5

Tag 6

Tag 7

Woche 4

Tag 1

Tag 2

Tag 3

Tag 4

Tag 5

Tag 6

Tag 7

FISH BITES

Informative »Häppchen« zum Thema Fisch und Meerestiere

VIELE NÄHRSTOFFE, VARIABLE GEHALTE

Unerwünschte Inhaltsstoffe in Fisch und anderen Meerestieren

Wie frisch ist der Fisch?

FISH BITES VON A BIS Z!

Aal

Alaska-Seelachs

Auster

Dorade/Goldbrasse (Dorade Royal)

Flusskrebs

Forelle

Garnele

Hecht

Hering

Hummer

Jakobsmuschel

Kabeljau/Dorsch

Kalmar

Lachs

Languste

Makrele

Miesmuschel

Oktopus/Pulpo

Rotbarbe

Saibling

Sardelle

Sardine

Schwertmuschel

Seeteufel

Seezunge

Thunfisch

Wolfsbarsch/Seebarsch

Zander

FISCHGENUSS – NACHHALTIG ODER NACHHALTIG GESTÖRT?

Bad news

Einige wichtige Daten

Herausforderungen

Better news

Fazit

Wie finde ich das Fanggebiet meiner Fischeinkäufe heraus?

REZEPTE

Alle Mahlzeiten für Ihre Selbstoptimierung

REZEPTVERZEICHNIS

OPTI-HAUPTGERICHTE

OPTI-BEILAGEN

OPTI-SÜSSSPEISEN

Anhang

VERWENDETE QUELLEN UND LESEMATERIAL ZUR VERTIEFUNG DER THEMATIK

EXPERTEN

In großer Liebe und Dankbarkeit meinem Mann Christian und unseren beiden Kindern Barnaby und Emmeline gewidmet. Unsere gemeinsamen Gespräche am Esstisch und in der Küche haben uns immer wieder leuchten lassen.

»Der Mensch ist wie alle anderen Geschöpfe dieser Erde auf die Ressourcen seiner Umwelt angewiesen, sonst wird er krank.«

Prof. Jörg Spitz

IN EIGENER SACHE

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• Als ich ein kleines Mädchen war, hatte ich einen Goldfisch, den ich Harry nannte. Er lebte in einer Glaskugel und seine ganze Freude bestand darin, Fischflocken zu vertilgen – bis er platzte.

• In meiner Kindheit verbrachte ich viel Zeit auf dem Boot meines Großvaters und schipperte mit ihm auf den Seitenarmen des Rheins. Unser Essen bestand aus Rheinfischen von lokalen Anglern, die wir an Bord grillten.

• Während meiner Teenagerjahre hatte meine Familie eine Forellenzucht und versuchte sich auch an der Zucht von Flusskrebsen. Die Forellen waren köstlich, wuchsen uns aber so sehr ans Herz, dass mein Vater beim Töten der Fische jedes Mal eine Krise erlebte. Und unsere Flusskrebse waren wohl mondsüchtig; Sie verließen eines Nachts unser Grundstück und verschwanden auf Nimmerwiedersehen.

• Kurz vor dem Abitur verdiente ich mein Taschengeld auf den lokalen Fischfesten und brachte als Bedienung kiloweise Backfisch unter die Leute – und auch viel Bier, mit dem sie den Fisch hinunterspülten.

• Dann erfasste meine Familie die Leidenschaft, Koi zu halten und zu züchten. Für diese sehr wertvollen japanischen Karpfen wurden Biotope angelegt, die Qualität des Wassers und die Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen wurden zum Dauerthema. So ein Prachtfisch kann nämlich nur gedeihen und seine wunderschöne Farbe behalten, wenn er hochkarätiges Futter erhält und in sehr sauerstoffreichem Wasser bester Qualität lebt. Da wurde mir zum ersten Mal bewusst, welchen Einfluss das Milieu auf die Entwicklung eines Lebewesens hat.

Biologie, Chemie, Physik, sonst nur trockener Schulstoff, waren auf einmal lebensnah, spannend, real. Es galt Tag und Nacht und die Jahreszeiten zu berücksichtigen, denn eine erfolgreiche Zucht gelingt nur, wenn die Gesetze der Natur beachtet werden. Besonders mein Bruder kennt seither jede Krankheit, weiß alles über die optimale Ernährung und kreiert mit Leidenschaft das perfekte Umfeld für die wertvollen Fische. Zu beobachten, wie mein Bruder und mein Vater optimale Verhältnisse für die Koi erschufen, wurde für mich zu einer Art Lebensschule.

Was ich daraus gelernt habe? Einfach ausgedrückt dies: Stimmt der Teich, lebt der Fisch. Bekommt er artgerechtes Futter, bleibt er gesund und aktiv. Schwimmt er in qualitativ hochwertigem Wasser mit genügend Sauerstoff, vermehrt er sich. Hat er die richtigen Nährstoffe, leuchten seine Farben. Bei perfekten Lichtverhältnissen gedeiht er prächtig. Kurz, das Biotop, die Umgebung und die Nährstoffe müssen stimmen.

Doch wandte ich dies alles bei mir selbst an? Zog ich meine Lehren und lebte nach den Gesetzen der Natur? Versorgte ich mich mit hochkarätigen Nährstoffen? Lange nicht! Erst viel später habe ich die Erkenntnisse und Beobachtungen auf mich und dann auch auf andere Menschen übertragen. Heute leite ich das Therapiezentrum Steinfels in der Schweiz und darf mich um viele große wie kleine, junge wie alte »Prachtfische« kümmern, die den Glanz in den Augen verloren haben, die in die falsche Richtung schwimmen, nahezu platzen wie mein erster Goldfisch oder gar nicht mehr wissen, dass sie Prachtfische sind.

Auch der Mensch braucht artgerechte Nahrung, sauberes Wasser, gute Luft, Tages- bzw. Sonnenlicht, kurzum eine lebens- und gesundheitsfördernde Umgebung. Stimmen das Biotop und die Nährstoffe, gedeiht auch der Mensch prächtig und bleibt gesund.

Klingt einleuchtend? Ist es auch! Lesen Sie weiter und gestalten Sie Ihr eigenes perfektes Biotop mit artgerechter Ernährung und optimalen Umweltbedingungen. Übernehmen Sie die Kontrolle über Ihr Gedeihen und fangen Sie (wieder) an zu leuchten.

Anja Leitz

Therapiezentrum Steinfels

im April 2016

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DIE ZUSAMMENHÄNGE

WIE SIE IHR INNERES UND ÄUSSERES MILIEU GESUND GESTALTEN

Ich gratuliere! Sie haben sich dazu entschlossen, einen wichtigen Schritt in Richtung optimierte Gesundheit zu unternehmen. Das umzusetzen, was Ihnen auf den folgenden Seiten vorgestellt wird, wird nicht immer einfach sein, denn dies ist kein bequemes Buch. Es bietet Ihnen keine Wunderdiät (den Begriff »Diät« lesen Sie hier zum letzten Mal) mit Erfolgen »über Nacht«, und es gibt auch keine Gratis-Eintrittskarte zum Club der 100-Jährigen. Vielmehr werden Sie an sich arbeiten müssen und an Ihrem Umfeld, an Ihrem gesamten Lifestyle.

Es wird sich lohnen! Das verspreche ich Ihnen. Sie werden fantastisch einfache, aber effektive Veränderungen an Ihrer Ernährung und in Ihrem Tagesablauf kennenlernen – und einige unliebsame Wahrheiten. Sie lernen, anders zu leben, natürlicher, besser orientiert an den ursprünglichen Funktionsmechanismen unseres Körpers und unseres Geistes.

 

Sanieren und optimieren – bevor Körper und Geist Konkurs anmelden

Viel Wissen ist in dieses Buch eingeflossen: Erkenntnisse aus der Biologie, der Chemie, der Physik, der Chronobiologie, der Quantenphysik, der Evolutionsmedizin, der Epigenetik, der Optogenetik und der Nachhaltigkeit. Hört sich komplex an? Ist es nicht. Die Erkenntnisse sind auf anschauliche und leicht verständliche Weise dargelegt. Lassen Sie sich aber nicht einfach nur durch das Buch leiten. Dieses ist als Einladung an Sie gedacht, selbst zu recherchieren und Ihren Körper und Ihr Gehirn verstehen zu lernen.

Das Sprichwort »Wer rastet, der rostet« mag alt sein, es ist aber trotzdem brandaktuell. Dies kann ich anhand meiner eigenen Arbeit bestätigen, und das gilt auch für die anderen Experten, die wichtige Beiträge zu diesem Buch geliefert haben. Nur wer selbst aktiv wird, kann sicherstellen, dass sich sein Verständnis der Gesundheit von Körper und Geist und des in diesem Buch beschriebenen Weges dahin weiterentwickelt.

In meinem Praxisalltag lerne ich beständig – zum Beispiel über das Thema Disziplin: ein oft verpönter Begriff, nicht mehr modern, für manche auch mit Militärischem behaftet. Dabei ist Disziplin eine wichtige Grundlage bei der Sanierung und Optimierung von Körper und Geist. Disziplin bedeutet »das konsequente Einhalten von Regeln« – und genau das braucht es, wenn man sich gesundheitlich in die richtige Richtung bewegen möchte. Gesundheit ist DAS Ziel, das wir alle anstreben. Aber was bedeutet eigentlich »gesund«? Die Menschen beantworten die Frage nach ihrem Befinden oft bloß mit »gut« oder »nicht schlecht«. Auch ich erhalte diese Antworten in meinem Therapiezentrum regelmäßig. Und das, obwohl Klienten selten zu mir kommen, weil es ihnen »nicht schlecht« geht! Dazu kommt, dass die meisten glauben, gesundheitlich schon alles richtig zu machen, weil sie Bioprodukte einkaufen, sich »gesund« ernähren und ausreichend bewegen.

Anschließend nimmt das Gespräch aber vielfach eine andere Richtung an: »Ich habe nur die typischen Sachen, das ist stress- oder altersbedingt. Mein Blutdruck ist etwas hoch, ich bin öfters müde und erschöpft, ich habe oft keinen Hunger oder werde nicht satt, mein Gedächtnis war auch schon besser, meine Hormone sind etwas durcheinander, ich brauche langsam eine Lesebrille, und mein Arzt ist mit meinen Cholesterinwerten unzufrieden.« Und dann, zum Abschluss vielleicht, sogar noch: »Aber sonst ist alles gut.« Erkennen Sie sich darin wieder?

Springen wir mal einen großen Schritt zurück, zu den Anfängen der Menschheitsgeschichte. Kennen Sie Lucy? Lucy gehört zu den ersten prähistorischen »Schönheiten«, deren Entdeckung dabei half, unsere Evolution besser zu verstehen. Es handelt sich um das Teilskelett eines weiblichen Vormenschen, das 1974 in Äthiopien entdeckt wurde. Angeblich nach dem Beatles-Song »Lucy in the Sky with Diamonds« benannt und auf ein Alter von 3,2 Millionen Jahren geschätzt, war Lucy etwa einen Meter groß und hatte ein Gehirnvolumen von ca. 420 Kubikzentimetern. Das ist im Vergleich zu späteren Hominiden-Gehirnen sehr wenig. Der berühmte Neandertaler brachte es auf 1500 Kubikzentimeter. Unser Gehirn liegt bei etwa 1350 Kubikzentimetern, und es verbraucht enorm viel Energie. Ein solches Gehirnwachstum ist einzigartig in der Evolution! Was hat diese – strukturell und funktionell – fantastische Entwicklung ermöglicht?

Auf der Suche nach Antworten auf diese Frage nahmen Wissenschaftler auch aquatische Einflüsse unter die Lupe – mit der Schlussfolgerung, dass die Meere als unerschöpfliche Quelle hochpotenter Nährstoffe für die spektakuläre Entwicklung des menschlichen Gehirns höchst relevant waren. Besonderes Augenmerk lag und liegt dabei auf bestimmten Fettbausteinen, den besonders langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren DHA, EPA und AA*. Ohne sie hätte die beeindruckende Entwicklung des menschlichen Gehirns schlicht nicht stattfinden können.

Aber nicht nur Nährstoffe aus dem Meer wurden genau untersucht, sondern auch die »Existenzkonditionen«. Seit Charles Darwin ist klar, dass Evolution die Anpassung an gegebene Bedingungen erfordert. Erst die Kombination der nötigen Nährstoffe mit den passenden Umweltbedingungen schuf günstige »Existenzkonditionen« für die Evolution zum Homo sapiens. Kehren wir zurück ins 21. Jahrhundert. Auch wir sind verschiedensten Umweltbedingungen ausgesetzt, zu denen heute neben den ursprünglichen Faktoren wie Schwerkraft und Bewegung, Erdmagnetfeld, Sonnenlicht, Tag-Nacht-Rhythmus, Sauerstoff, Wasser und Temperatur auch das künstliche Licht, beheizte Behausungen sowie künstliche elektromagnetische Frequenzen zählen. Natürlich spielen auch Nahrungsfaktoren wie Mikro- und Makronährstoffe, Energiegewinnung, Symbiose sowie Nahrungskarenz respektive Fasten eine markante Rolle. Unsere Urahnen konnten sich wahrscheinlich nur deshalb zum Homo sapiens entwickeln, weil sie über lange Phasen optimale Ressourcen in einer lebensfördernden Umwelt vorfanden!

Heute leben wir in einer von künstlichen Einflüssen dominierten Umwelt und unsere Nahrung hat sich extrem verändert. Natürlich beeinflussen diese Umwelt und diese speziellen Lebensbedingungen unsere Entwicklung und unsere Gesundheit. Schauen Sie sich um! Fragen Sie Ihre Nachbarn, Freunde oder Verwandte nach deren Gesundheitszustand.

Meist wird sich bestätigen, was eine große Analyse der weltweiten Belastung durch Krankheit (»Global Burden of Disease«) 2015 aufgezeigt hat: 95 Prozent der Weltbevölkerung klagen über mindestens ein Gebrechen!

Plakativ lässt sich die (erschreckende) Situation so beschreiben:

Immer mehr Menschen kommen mit den täglichen Anforderungen nicht zurecht. Ihnen fehlt die nötige Energie. Um das Energiedefizit auszugleichen, nimmt der Körper an Masse zu.

Angebot und Nachfrage an Nahrungsmitteln sind nicht aufeinander abgestimmt und lassen den Stoffwechsel entgleisen. Der Körper reagiert zum Beispiel mit Diabetes.

Die Labore der Nahrungsmittelindustrie versorgen uns nicht mit Lebensmitteln, also Mitteln zum Leben, sondern mit allerlei Produkten, die den Stoffwechsel und unsere zellulären Funktionen verändern. Der Darm wird zur Mülldeponie, der Magen verliert durch Säureverlust an Macht und das Gehirn büßt das Zeitgefühl ein.

Der Tag wird zur Nacht, wir lieben das (Kunst-)Licht und den Lärm – und unser physiologischer Stromkreislauf wird kurzgeschlossen. Unsere Lebensbatterien, die in Jahrmillionen der Evolution entwickelten und bewährten Mitochondrien, entladen sich oder lassen sich nicht mehr aufladen.

Veränderungen im natürlichen Umfeld (z. B. Temperatur, Licht, elektromagnetische Felder) bringen die Schilddrüse durcheinander, stören den Schlaf, führen zu Autoimmunkrankheiten oder Krebs und »verbrennen« Energie buchstäblich bis zum Burn-out.

Die Hormone spielen verrückt und eifern mit Fremdhormonen um die Wette. Fortpflanzung wird zum Kraftakt, problemfreie Schwangerschaften und natürliche Geburten sind immer seltener.

Unser größtes »Betriebskapital«, das Gehirn, wird konkurrenzunfähig und von neurodegenerativen Erkrankungen und neurologischen Stoffwechselentgleisungen wie Alzheimer, anderen Demenzen, Depressionen oder Parkinson heimgesucht.

Schon Säuglinge und Kinder schlafen neben Tablets und Smartphones. Bereits in jungen Jahren und in der Schule fallen sie mit ADHS/ADS, Asperger-Syndrom oder anderen Formen von Autismus und Verhaltensstörungen auf.

Dies alles – und noch viel mehr – ist Ausdruck immenser Anpassungsprobleme an die »modernen« Umweltbedingungen und Folge einer die gesunde Entwicklung störenden Nahrungskette. Unser Körper braucht dringend Unterstützung! Hier muss von Grund auf saniert werden! Höchste Zeit also, Ihre Umwelt zuträglicher zu gestalten und jede Ihrer Zellen mithilfe jener Nährstoffe zu optimieren, die uns in grauer Vorzeit zu einem so außergewöhnlichen Erdbewohner gemacht haben. Beim Durchblättern dieses Buches werden Sie schnell feststellen, dass die Rezepte und Ernährungstipps vorwiegend auf Fisch und Meeresfrüchten basieren. Dennoch haben Sie kein traditionelles Fischkochbuch in der Hand. Mein Ziel – und das meiner Mitstreiter – ist ambitionierter! Fisch ist ein (wenn auch wichtiges) Mittel zum Zweck. Und der Zweck dieses Programms ist die Sanierung und Optimierung von Körper und Geist. Dafür stellt Fisch (und ich gebrauche den Begriff hier als Überbegriff für verschiedenste Meeres- und Süßwasserwesen) das ideale Medium dar. Sie werden also in den Genuss vieler optimierender Fischrezepte kommen, doch ich kombiniere auch gerne mal Land mit Meer, und selbst an köstlichen »Süßspeisen« mangelt es nicht.

Fisch, Muscheln und Meerespflanzen bieten DIE perfekte Kombination der insbesondere vom Gehirn benötigten (gehirnselektiven) Nährstoffe. Sie versorgen zudem den gesamten Körper perfekt und spielen daher die Hauptrolle im Reset-Programm dieses Buches. Dazu kommen saisonale Früchte, Gemüse und Pilze. Dieses Reset-Programm reaktiviert die evolutionär bewährten Abläufe im Menschen; es verhilft Ihnen zu einem deutlich verbesserten, ja optimalen Gesundheitszustand.

Sie können dieses Buch vielfältig verwenden:

Lesen Sie sich ein, leiten Sie die vorgeschlagenen Veränderungen ein und ziehen Sie das komplette Reset-Programm (ab Seite 65) mit Elan und Tatkraft durch. Dies ist der erfolgversprechendste Weg, die Ziele dieses Buches zu erreichen.

Sie interessieren sich für Zusammenhänge und Informationen zum Thema Gesundheit und möchten sich zu diesem Thema weiterbilden? Durchforsten Sie die ausgiebigen Quellenangaben und Vorschläge zur vertieften Lektüre (siehe Seite 282).

Sie suchen nach Rezepten, mit denen Sie Ihre Familie oder sich selbst gesund und schnell verwöhnen können? Nutzen Sie den Rezeptteil (siehe Seite 159) wie ein traditionelles Kochbuch.

Sie möchten das Thema Fisch und Omega-3-Fettsäuren besser verstehen und sind auf der Suche nach interessanten wie auch unterhaltsamen Details? Stöbern Sie im Teil »Fish Bites« (siehe Seite 124), den informativen Fisch-Häppchen, und erfahren Sie mehr über dieses Wunder der Natur.

Sie wollen ein echter Biohacker werden? Dann finden Sie viele interessante »Biohacks« im Reset-Teil (Seite 65–119).

Sie wollen einem Verwandten oder Freund einen Wink mit dem Zaunpfahl geben? Dann legen Sie das Buch demonstrativ auf Ihren Couchtisch oder noch besser auf den Couchtisch der betreffenden Person – und dazu noch eine Glühbirne! Das sorgt sicher für Gesprächsstoff.

Sie lesen gerne in der Badewanne? Dann ist dies das perfekte Buch dafür, denn hier wird regelmäßig gebadet – und zwar kalt!

Die vier Säulen der Gesundheit

Basierend auf meiner jahrelangen Praxiserfahrung und meinen Recherchen bietet dieses Programm ein Grundgerüst für eine optimierte Gesundheit. Jeder meiner Patienten stellt zwar individuelle Anforderungen und hat seinen eigenen »Fingerabdruck«, es gibt jedoch Grundsätzliches, das für alle wichtig ist.

Der Mensch tendiert dazu, seine persönliche »Renovierung« im zweiten oder dritten Stockwerk zu beginnen, und ist dann verblüfft, wenn sein körperliches und geistiges »Gebäude« immer wieder einstürzt. Das ist jedoch kein Wunder, wenn nur Symptome behandelt werden, dem neuesten Gesundheitstrend gefolgt oder auf Tante Idas »Geheimwaffe« vertraut wird.

Dazu kommt noch die Irrflut an Gesundheitsweisheiten aus den Medien und dem Internet – und, Abrakadabra, schon kann man (angeblich) mit Getreideflocken und gefriergetrockneten Erdbeeren sein Idealgewicht inklusive superschlankem Bauch erreichen oder seinen Darm mit einem (zuckerreichen) Joghurtdrink sanieren. Die Lasagne aus dem Gefrierfach liefert (vorgeblich) essenzielle Vitalstoffe und das Rapsöl aus der Plastikflasche (vermeintlich) wertvolle Omega-3-Fette. Unsere Kinder werden dank farbenfroher Werbung schon von klein auf für Produkte voller künstlicher Aroma- und Konservierungsstoffe begeistert. Zudem definieren sich heutzutage viele Menschen gesellschaftlich über »ihre« Ernährungsphilosophie – wie man sich noch vor einigen Jahren über Marke und Typ seines Autos definierte. Wirklich sinnvoll und zielführend ist das alles nicht und so spielt die Ernährungswelt verrückt: Die Verwirrung ist groß, die Verbraucher sind verunsichert und dennoch folgen sie der Unzahl an Ernährungstrends. Nichts davon entspricht einem ursächlichen Ansatz, der die wichtigste Aufgabe der Ernährung darin sieht, den Körper ausreichend mit allen lebenswichtigen Nährstoffen und Informationen zu versorgen. Genau das geschieht in meinem Reset-Programm. Wir arbeiten zuerst an den kleinsten Bauteilen unseres Körpers – den Zellen –, um sie wieder voll funktionsfähig zu machen. Gleichzeitig erhalten Sie Anregungen, Ihr inneres »Milieu« wieder Ihrer »Art« gerechter zu gestalten – denn dieses Milieu hat einen bedeutenden Einfluss auf Ihre Gesundheit.

Unser »Tempel« für die Optimierung der Gesundheit hat vier starke Säulen, die zugleich Themen der folgenden Kapitel sind:

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Lipide (Fette und Fettsäuren)

Um die Funktion Ihrer Zellen zu optimieren, beginnen wir mit einem »Ölwechsel«. Dazu muss man verstehen, dass jede Zelle unseres Organismus von einer ganz speziellen Membran umgeben ist, deren Beschaffenheit darüber entscheidet, wie effektiv die Zelle arbeiten und »atmen« kann. Mithilfe dieser Membran kann sich die Zelle gegen ihre Umwelt abgrenzen und ihr inneres Milieu aufrechterhalten. Zellmembranen bestehen typischerweise aus zwei Lipidschichten, die über jeweils eine wasser- und eine fettliebende Seite verfügen. Die beiden Schichten ordnen sich so gegeneinander an, dass ihre lipophilen (fettliebenden) Seiten zueinander und ihre wasserliebenden (hydrophilen) Seiten nach außen gerichtet sind. So entsteht eine doppellagige Membran, die mit der wässrigen Flüssigkeit im Zellinneren und mit dem ebenfalls wässrigen extrazellulären Raum gut kommunizieren kann. Zugleich bilden die lipophilen Anteile aus verschiedenen Fettsäuren und Cholesterin eine wasserabweisende Barriere. Im ersten Kapitel werde ich auf die enorme Bedeutung der Lipide der Zellmembranen eingehen.

Der zentrale Fokus dieses Optimierungsprogramms liegt auf einer Omega-3-Fettsäure marinen Ursprungs, der DHA (Docosahexaensäure). Die DHA ist nicht nur eine der faszinierendsten marinen Fettsäuren, sie ist auch unersetzlich. In 600 Millionen Jahren der Evolution ist sie nie ausgetauscht oder verändert worden! Dabei muss sich Mutter Natur etwas gedacht haben – und auch der moderne Mensch täte gut daran, die Zusammenstellung der »Mannschaft« bewährter Fettsäuren nicht zu ändern.

Die Fußballfans unter Ihnen kennen sicherlich den berühmten Spruch von Sir Alf Ramsey, der als Trainer die englische Fußballnationalmannschaft 1966 zum Gewinn der Weltmeisterschaft führte: »Never change a winning team!« Dieser Spruch enthält auch eine wenn nicht beabsichtigte, so doch wichtige evolutionäre Erkenntnis. Dummerweise hat aber der moderne Mensch das erfolgreiche Team seiner Membran-Fettsäuren verändert und sogar wichtige Spieler ausgewechselt! Mehr dazu im Lipid-Kapitel (ab Seite 16).

Licht

Auf der Erde gäbe es kein Leben ohne Licht. Es ist daher unsere nächste wichtige Säule bei der Optimierung. Jede Lichtquelle, ob natürlich oder künstlich, übt aufgrund ihres charakteristischen Frequenzspektrums andere biologische Wirkungen aus – im Positiven wie im Negativen. Das nächste Kapitel des Buches beschäftigt sich daher mit dem Licht und seinen gravierenden Wirkungen auf unser Wohlbefinden. Könnte es sein, dass viele unserer Zivilisationskrankheiten im Grunde Lichtmangelkrankheiten sind? Kommen unsere Zellen mit der modernen Licht-Dysbalance nicht mehr klar? Welche Wirkung hat das Licht auf unseren Stoffwechsel – und wird unser Gehirn nicht auch vom Licht reguliert?

Chronobiologie

Das Thema Licht bildet eine Brücke zum dritten Kapitel, der Chronobiologie. Hier erfahren Sie, wo und wie der Körper die Zeit misst und interpretiert, wie er die unendlich vielen kleinen »Uhren«, die in fast allen Zellen ticken, koordiniert und nach welchen Rhythmen er »tanzt«. Wie funktioniert die Master Clock, die Hauptuhr im Gehirn, für all diese kleinen Uhren? In welcher Körperregion befindet sie sich und wie wird sie jeden Tag aufs Neue perfekt eingestellt und aufgezogen? Wie können wir mit Licht und Temperatur an den Rädchen der Zeit drehen? Was lösen die nach Jahreszeiten unterschiedlichen Licht- und Temperaturverhältnisse in unserem Körper und Gehirn aus? Wie können wir die Kälte nutzen, um Muskeln, Immunsystem und mehr zu tunen? Die Antworten auf diese wichtigen und spannenden Fragen zeigen Ihnen neue Wege zur Optimierung auf.

Nahrung

Im vierten und letzten Theoriekapitel beschäftigen wir uns mit dem Werkzeug Nahrung. Wann und wie lassen sich welche Nährstoffe zur Optimierung von Körper und Geist einsetzen? Wann reagieren unsere Zellen auf welche Nährstoffe am effektivsten und warum haben saisonale Lebensmittel so einen großen Einfluss auf unser Wohlbefinden? Könnte es sein, dass auch Lebensmittel Lichtsignale geben? Ist es sinnvoll, die Gewichtung der Makronährstoffe (Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate) an die äußeren Einflüsse wie z. B. die Jahres- oder Tageszeiten anzupassen? Gibt es eine perfekte Ernährungsweise? Welche Trends sind in unserer heutigen Umwelt überhaupt sinnvoll? Was hat die Ernährung mit Längen- und Breitengraden zu tun? Auch dies sind wichtige Fragen, wenn es um die Optimierung geht – die Antworten folgen im Kapitel über die Nahrung (siehe Seite 52)! Doch jetzt widmen wir uns erst einmal dem »Ölwechsel« in Ihren Zellmembranen.

Lipide: Fette Fische machen gesunde Zellen

»… speziell die DHA nimmt eine unersetzbare Rolle als Hirnlipid und in der Struktur der Photorezeptoren ein. … sie kann in diesen Funktionen durch keine andere … Fettsäure ersetzt werden.«

Stephen Cunnane: Survival of the Fattest. The Key to Human Brain Evolution. Singapur, 2010, S. 158

Schauen wir uns Ihr »winning team« an. Eine Fußballmannschaft besteht aus zehn Feldspielern und einem Torwart. Jeder Spieler hat eine ganz bestimmte Funktion, und ein cleverer Trainer stellt seine Mannschaft so zusammen, dass sie auf jedweden Gegner perfekt vorbereitet ist. Je nachdem liegt der Schwerpunkt mal im Angriff, ein andermal in der Verteidigung. Ein guter Trainier weiß auch, dass die Chemie in der Mannschaft stimmen muss: Jedes Fußballteam lebt von seinen Protagonisten (Torwart, Abwehrspieler, Mittelfeldspieler oder Stürmer) und deren Beziehungen zueinander. Bei der Zusammenstellung der Mannschaft muss der Trainer also auch wie ein Chemiker handeln: Er muss die Reaktionsfähigkeit der einzelnen Spieler vorhersehen, die Eigenschaften der zusammengemischten Individuen überblicken und das reaktive Ergebnis ihrer Kombination genauestens planen.

Welche Charaktere bilden eine harmonische und effektive Mannschaft? Das ist auch die alles entscheidende Frage bei der »Teambildung« der Fettsäuren in unserem Körper. Hier gibt es ebenfalls ganz verschiedene Spielertypen, zum Beispiel die hartgesottenen, die hinten das Feld dichtmachen können – wendig, stabil und unerlässlich, wie die einfach ungesättigten Fette. Der Torwart ist standfest wie eine Mauer und darf nichts ins Tor lassen – wie die gesättigten Fettsäuren, die isolieren und Halt geben. Dann brauchen wir einen gnadenlosen Angriff. Hier kommen die Omega-6-Fette ins Spiel. Aggressiv, clever und zerstörerisch. Und zum Schluss haben wir noch die flexiblen Flitzer, die Mittelfeldspieler. Wendig, drahtig, Energiebündel auf dem Spielfeld voller Flexibilität und Agilität. Genauso verhalten sich die Omega-3-Fette.

Klar ist, dass es die richtige Zusammenstellung braucht, um das Spiel zu gewinnen. Zu viele Spieler hier, zu wenige dort – und es besteht die Gefahr, dass das Mannschaftsgefüge aus dem Ruder läuft. Die Evolution hat das Fettsäuren-Team für das Spiel des Lebens über Millionen von Jahren getestet, kontrolliert, weiterentwickelt und je nach Saison die Spieler extrem clever zusammengestellt. Auch unser Körper stellt je nach Situation eine geeignete Mannschaft zusammen, mit gewissen Grundstrukturen und Beziehungen der Spieler untereinander. Stimmen die Beziehungen, bleibt das Team flexibel. Werden dann auch noch die Spielregeln eingehalten, haben Sie gute Chancen, das Spiel zu gewinnen, das heißt, gesund zu werden und zu bleiben.

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Einteilung der Fettsäuren

Fette Evolution

Wir Menschen verfügen über ein ungewöhnlich großes, ungewöhnlich leistungsfähiges und ungewöhnlich energiezehrendes Gehirn. Doch wie kam es dazu? Wie haben sich Klimaveränderungen, Nahrungsmenge und -qualität, wie hat sich die Zusammensetzung dessen, was unsere frühen Vorfahren zu essen fanden, auf unser Schicksal und auf die Entwicklung unseres Gehirns ausgewirkt? Welche unserer Ahnenlinien starben aus, welche wurden zum heutigen Homo sapiens?

Evolutionswissenschaftler und Paläontologen haben diese Fragen ausgiebig untersucht, sodass wir ziemlich genau wissen, welche Nährstoffe uns zu jenen hoch entwickelten Wesen gemacht haben, die wir heute sind. Es sind vor allem spezielle mehrfach ungesättigte Fettsäuren, denen das menschliche Gehirn seine Größe und Komplexität verdankt.

In jahrzehntelangen Forschungsarbeiten gelang es Wissenschaftlern wie Michael Crawford aus Großbritannien, dem Kanadier Stephen Cunnane und der Amerikanerin Leigh Broadhurst herauszuarbeiten, dass unser menschliches Gehirn seine Entwicklung dem marinen Nahrungsnetz zu verdanken hat, das unsere Urahnen insbesondere mit der einzigartigen Omega-3-Fettsäure DHA versorgt hat. Nur durch eine regelmäßige und reichliche Versorgung mit dieser Fettsäure konnte sich unser Nervensystem auf eine derart ausgeklügelte Weise entwickeln.

Natürlich brauchte es mehr als DHA: Auch Spurenelemente wie Jod, Selen, Eisen, Zink und Kupfer waren nötig sowie ausreichend Energie. Doch ohne DHA und andere wichtige Fettsäuren (wie EPA und AA) wäre das Menschenhirn undenkbar.

DAS TEAM DER MEHRFACH UNGESÄTTIGTEN FETTSÄUREN

Fettsäuren sind wie Fußballspieler unterschiedlich gebaut: mehr oder weniger lang und mehr oder weniger gesättigt. Ihre »Körper« sind unterschiedlich lange Kohlenwasserstoffketten mit einer Säuregruppe als »Kopf«. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren haben mindestens zwei besonders reaktionsfreudige Stellen (Doppelbindungen), die sie flexibel, beweglich, aber auch empfindlich machen (gegenüber Licht, Wärme und Luft).

Je nachdem, wo sich die erste Doppelbindung im Fettsäuremolekül befindet, spricht man von verschiedenen »Familien«. Sie werden mit dem »Vornamen« Omega bezeichnet. Ihr Nachname zeigt, aus welcher Familie sie kommen. Es gibt mehrere Omega-Familien, im Spiel des Lebens haben jedoch die Vertreter der Omega-3- und der Omega-6-Familie herausragende Positionen.

AUF DAS VERHÄLTNIS KOMMT‘S AN

Bis heute brauchen wir Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, natürlich im richtigen Verhältnis: weil jeder »Spieler« aus diesen Familien andere Aufgaben erfüllt und weil man sich gegenseitig ergänzt, bestärkt oder auch mal zurückpfeift. Es wäre fatal, angesichts der herausragenden Bedeutung der Omega-3-Fette die Omega-6-Fettsäuren zu vergessen, denn auch sie sind essenziell. Im Laufe seiner Evolution hat der Mensch eindeutig von der richtigen Kombination beider wertvollen Fettsäurefamilien profitiert. Unter allen Säugetieren ist er privilegiert mit AA, EPA und DHA versorgt worden.

Angesichts der Entwicklung anderer Land- und der Meeresbewohner wird dieses evolutionäre Privileg deutlich: Die Landtiere haben im Verhältnis zu ihrer Körpergröße keine mit dem Menschen vergleichbare Hirnentwicklung durchlaufen. Sie bekamen zwar genug AA mit ihrer Nahrung, es gab jedoch offensichtlich zu wenig der extrem ungesättigten und langkettigen marinen Fettsäure DHA. Bei vielen Meeresbewohnern war zwar die Versorgung mit DHA reichlich, es fehlte ihnen jedoch offensichtlich an Arachidonsäure. So findet man beispielsweise beim Delfin ein dem Menschen ähnlicheres Gehirn-Körper-Verhältnis, er erreicht aber die außerordentliche Intelligenz und Gehirngröße des Menschen nicht. Einzig dem Menschen war wohl die perfekte Kombination beider Fettsäure-Familien vergönnt.

GEHIRN UND KÖRPERZELLEN BRAUCHEN EIN OPTIMALES VERHÄLTNIS VON OMEGA-6- ZU OMEGA-3-FETTSÄUREN

OPTIMAL BEDEUTET: EIN VERHÄLTNIS VON 1 : 1 BIS 3 : 1, SO WIE ES BIS IN JÜNGSTER ZEIT DIE REGEL WAR.

In unseren Breitengraden liegt das typische Verhältnis derzeit jedoch eher bei 12 : 1 und immer häufiger sogar bei 25 : 1 oder noch höher! Dieses Missverhältnis rührt daher, dass die heute übliche Ernährung von einem Überschuss an Omega-6-Fetten (LA, z. B. in Sonnenblumen-, Distel- und Maiskeimöl, und AA, z. B. in Fleischfett) geprägt ist. Gleichzeitig sank der Verzehr mariner Omega-3-Fette dramatisch. So kommt es, dass Omega-3-Fette heutzutage hauptsächlich in Form von ALA (z. B. in Lein- oder Rapsöl) konsumiert werden. ALA wird im Körper jedoch nur in geringem Maße in EPA und so gut wie gar nicht in DHA umgewandelt. Daher zeichnet sich die westliche Ernährung durch eine suboptimale Versorgung mit EPA und DHA aus – was sich in einer direkten Korrelation zu westlichen Lifestyle-Krankheiten wie beispielsweise Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigt.

DIE WICHTIGSTEN FAMILIEN MEHRFACH UNGESÄTTIGTER FETTSÄUREN

»HAUPTSPIELER«

»RUFNAME«

»TRIKOTNUMMER«

BEDEUTUNG DER »TRIKOTNUMMER«

»WOHNORT«

Omega-6-Familie

Linolsäure

LA

C18:2, Omega-6

18 Kohlenstoffatome lang,

2 Doppelbindungen, die erste am 6. Kohlenstoffatom (von unten)

v. a. in Sonnenblumen-, Maiskeim- und Distelöl und damit hergestellten Produkten

Arachidonsäure

AA

C20:4, Omega-6

20 Kohlenstoff atome, 4 Doppelbindungen, die erste am 6. Kohlenstoffatom (von unten)

v. a. in Schweinefett, aber auch im Fleischfett anderer Tiere und im Fett von Milch und Eiern

Omega-3-Familie

alpha-Linolensäure

ALA

C18:3, Omega-3

18 Kohlenstoffatome, 3 Doppelbindungen, die erste am 3. Kohlenstoffatom (von unten)

v. a. in Lein- und Hanfsaat, Walnüssen, Rapssaat und daraus hergestellten Ölen

Eicosapentaensäure

EPA

C20:5, Omega-3

20 Kohlenstoff atome, 5 Doppelbindungen, die erste am 3. Kohlenstoffatom (von unten)

v. a. in maritimen Lebensmitteln wie Fisch, Meeresfrüchten, Muscheln

Docosahexaensäure

DHA

C22:6, Omega-3

22 Kohlenstoff atome, 6 Doppelbindungen, die erste am 3. Kohlenstoffatom (von unten)

v. a. in maritimen Lebensmitteln wie Fisch, Meeresfrüchten, Muscheln und Algen

VERHÄLTNIS VON OMEGA-6- ZU OMEGA-3-FETTSÄUREN IM ESSEN

STEINZEIT

1 : 1

INUIT

1 : 2,5

JAPAN

4 : 1 (moderne Idealvorstellung)

WESTLICHE ZIVILISATION

8–20 : 1

IM HIRN

1 : 1

Schauen wir uns nun die Fettsäuren der Fische genauer an. Fische in freier Wildbahn weisen eine außerordentlich clevere Fettsäuren-Mannschaft auf. Die jeweilige Kombination sorgt dafür, dass manche Fische in den kältesten Gewässern gedeihen, lange Strecken mit hoher Geschwindigkeit zurücklegen, auch gegen den Strom schwimmen, ihre Farben anpassen, meterhoch springen oder sogar »fliegen« können. Um die 50 verschiedene Fettsäuren stecken im Fisch, doch die Hauptspieler (Durchschnittswerte, variieren je nach Fischart!) sind Omega-3-Fettsäuren mit einem Anteil von etwa 36 %. Rund 25 % der Fischfette bestehen aus gesättigten Fettsäuren, weitere 23 % entfallen auf die einfach ungesättigten Fettsäuren, und alle anderen Fettsäuren inklusive der Omega-6-Fettsäuren machen ca. 16 % des Fischfettes aus.

FISCH ODER LEINÖL?

Mit seiner Fettsäurezusammensetzung nimmt das Fischfett eine Sonderstellung ein, denn nur in der marinen Nahrungskette sind die wertvollsten Fettsäuren in dieser großen Gewichtung zu finden. Aufgrund ihres hohen Anteils an DHA und EPA wirkt sich der Verzehr dieser Lebensmittel besonders günstig auf unser zelluläres Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren aus.

Wer keinen Fisch mag, wird sich jetzt fragen, ob es mit Leinöl nicht auch getan ist, das ja besonders reich an der pflanzlichen Omega-3-Fettsäure ALA ist. Leinöl besteht zu über 50 % aus dieser Fettsäure und weist ein hervorragendes Omega-6- zu Omega-3-Verhältnis von 1 : 6 bis 1 : 3 auf. Allerdings ist ALA nur 18 Kohlenstoffatome lang und besitzt nur drei Doppelbindungen. Prinzipiell kann der Körper aus ALA durchaus die höher ungesättigten und längerkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA herstellen (siehe Abbildung unten). Allerdings ist dieser Umbau bei Erwachsenen sehr ineffektiv: Der größte Teil der verzehrten ALA wird zur Energiegewinnung genutzt und steht gar nicht für die Umwandlung in EPA und DHA oder den Einbau in Zellmembranen zur Verfügung. Lediglich der Stoffwechsel von Neugeborenen ist zu einer stärkeren Umwandlung von ALA in EPA und DHA fähig, da in diesem Lebensstadium alle Omega-3-Fettsäuren für die Hirnentwicklung umgewandelt werden können.

Der Körper eines Erwachsenen wandelt gerade einmal 5 % der aufgenommenen ALA in EPA um. Und noch nicht einmal 0,5 % werden weiter zu DHA umgebaut! Daher sehe ich bei Patienten, die regelmäßig Leinöl verwenden, zwar oft eine akzeptable Versorgung mit EPA, aber miserable DHA-Werte! Das hat auch damit zu tun, dass die beiden Enzyme, die für die Desaturierung der Vorläufer-Fettsäuren zuständig sind (Delta-6- und Delta-5-Desaturase) sowohl für die Omega-6- als auch für die Omega-3-Familie arbeiten (siehe Abbildung Seite 19). Sie können also sowohl EPA aus ALA als auch Arachidonsäure (AA) aus Linolsäure (LA) machen.

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Stoffwechsel der Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren

Da die heute übliche Ernährung sehr reich an Linolsäure ist, wird weniger EPA erzeugt. Bei einem ungünstigen Verhältnis der Fettsäure-Familien in der Nahrung bzw. im Blut gewinnen also immer die Omega-6-Fettsäuren den Wettlauf um die Enzymkapazitäten. Wer seine Omega-3-Versorgung über pflanzliche ALA einigermaßen sicherstellen möchte, muss auch dafür sorgen, gleichzeitig so wenig Omega-6-Fettsäuren wie möglich zu sich zu nehmen.

Was können wir daraus ableiten?

Je länger eine Fettsäure ist und je mehr Doppelbindungen sie hat, umso mehr »Magie« kann sie in Ihrem Körper und Gehirn bewirken.

Die beiden längsten Fettsäuren mit den meisten Doppelbindungen, EPA und DHA, findet man in relevanten Mengen nur in der marinen Nahrungskette (Fische, Muscheln, Meeresfrüchte und Algen)!

Die längste Omega-6-Fettsäure mit den meisten Doppelbindungen, die Arachidonsäure, findet sich in erster Linie und reichlich in Lebensmitteln von Landtieren (Meerestiere enthalten nur wenig davon, Pflanzen nichts).

Da Erwachsene die langkettigen und hoch ungesättigten Omega-3-Fettsäuren nur mühsam und in kleiner Menge aus ALA bilden können, ist es für die Optimierung unabdinglich, EPA und DHA direkt mit der Nahrung aufzunehmen.

FISCHFETT: IDEAL FÜRS GEHIRN

Wussten Sie, dass das menschliche Gehirn nur 2,3 % des Körpergewichts ausmacht, aber 23 % der täglich benötigten Energie beansprucht? Bei Kleinkindern sind es sogar 74 %! Und noch ein paar wichtige Details: Ihr Gehirn hat (nach dem Körperfett selbst) den höchsten Fettanteil aller Organe. 60 % seiner Trockenmasse bestehen aus Phospholipiden: Das sind spezielle Membranfette mit jeweils zwei Fettsäuren und einer weiteren über Phosphat angehefteten Substanz (Cholin, Serin, Ethanolamin oder Inositol). Die DHA macht wiederum mehr als 20 % der Phospholipide aus! Der mit Abstand höchste Anteil an DHA befindet sich übrigens im Auge, das eine Art Ausstülpung des Gehirns darstellt.

Ihre grauen Hirnzellen bestehen zu 40 % aus Lipiden, wobei die DHA bei Weitem den Anteil an AA überwiegt. In der weißen Substanz Ihres Gehirns ist es genau umgekehrt: Dieser Hirnteil erscheint weißlich, weil hier die langen, mit hellem Myelin isolierten Ausläufer der Nervenzellen verlaufen, die der Reizweiterleitung dienen. Deren Myelinschicht besteht zu 50–70 % aus Lipiden, in denen viel mehr AA als DHA steckt.

Wie gelangen die vielen Lipide in unser Gehirn? Sie vor Ort herzustellen, wäre zu aufwendig. Ein Grundstock wird bereits während der Schwangerschaft gelegt. Deswegen ist es für die Gehirnentwicklung eines Kindes so exorbitant wichtig, dass es im Mutterleib optimal mit DHA und AA versorgt wird. Im späteren Leben verlässt sich unser Körper auf Recycling und (natürlich!) auf Nachschub aus der Nahrung. Zwar hat die DHA eine Halbwertszeit von ungefähr zweieinhalb Jahren. Durch ungünstige Umwelteinflüsse kann diese jedoch drastisch sinken. Dann wird die Versorgung über die Nahrung umso wichtiger.

Die für das Gehirn besonders wichtigen Fettsäuren DHA und AA werden über das Blut »eingeschleust«. Dieser Vorgang läuft an der Blut-Hirn-Schranke ab, die dafür sorgt, dass möglichst nur nützliche Stoffe durchkommen. Um die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden, ist es für die Fettsäuren entscheidend, in welcher Form sie dorthin transportiert werden: Wie alle Fette haben auch die im Blut umherschwimmenden Lipide ein Rückgrat aus Glyzerin mit drei Bindungsstellen (sn1, sn2 und sn3) für Fettsäuren und gegebenenfalls einen Phosphatester. Die mittlere Position (sn2) ist von besonderem Interesse, denn Fettsäuren, die sich hier anheften, sind nicht nur stabiler, sie gelangen auch leichter über die Blut-Hirn-Schranke ins zentrale Nervensystem und werden dort besser in die Membranen eingebaut. Auch die DHA gelangt nur dann in ausreichender Menge ins Gehirn, wenn sie an der Position sn2 sitzt. Dies ist nur beim Konsum von Fisch und anderen Meereslebewesen gewährleistet, nicht aber bei Omega-3-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln.

Fisch essen oder Kapseln schlucken?

In tierischen Geweben befindet sich die DHA (und EPA) überwiegend in der günstigen sn2-Position. Deswegen ist der Genuss von Fisch und anderen Meeresbewohnern besonders wertvoll für die Versorgung unseres Gehirns mit DHA. Bei der Herstellung von Fischöl und anderen Omega-3-Präparaten wird die Positionierung der DHA im Molekül jedoch meist nicht beachtet oder sie ändert sich im Zuge der Verarbeitung. Das kann dazu führen, dass durch den Verzehr von Fischölkapseln zwar genug langkettige Omega-3-Fettsäuren ins Blut gelangen, diese aber nicht ausreichend ins Gehirn eingeschleust werden können.

Zudem sind EPA und DHA außerhalb eines lebenden Körpers äußerst empfindlich gegenüber Oxidation durch Licht und hohe Temperaturen. Dies ist ein weiterer Grund, warum Omega-3-Fettsäuren in Kapselform mit Vorsicht zu genießen sind.

Alles in allem agiert unsere Fettsäuren-Mannschaft auf einem äußerst komplexen Spielfeld, ihr Spiel selbst ist ebenso vielfältig wie störanfällig. Da jede Fettsäure ihre eigenen Aufgaben hat, müssen sie perfekt aufeinander abgestimmt sein. Insbesondere die hoch ungesättigten Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sind für die Strukturen unserer Zellen unersetzlich, und nur sie erhalten zahlreiche Stoffwechselfunktionen aufrecht. Aufgrund ihres speziellen Aufbaus ist die DHA außerdem für quantenmechanische Vorgänge verantwortlich, die mit dem Elektronenfluss über biologische Membranen, mit der Energieübertragung und -verwertung zu tun haben (siehe Seite 19).

Allein über die marinen Fettsäuren EPA und DHA gäbe es unendlich viel zu berichten. In der großen medizinischen Datenbank PubMed finden sich mehr als 400 000 Studien dazu. Um Ihnen wenigstens einen kleinen Überblick zu gewähren, habe ich die wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnisse stichwortartig zusammengefasst.

WAS MARINE OMEGA-3-FETTSÄUREN SONST NOCH KÖNNEN

Optimaler Schwangerschaftsverlauf

wichtig für die Intelligenz des Ungeborenen

reduzieren die Allergieneigung bei Neugeborenen

fördern ein angemessenes Geburtsgewicht

vermindern das Risiko einer Prä-Eklampsie (Schwangerschaftskomplikation)

reduzieren das Risiko einer Wochenbettdepression

Optimale Gehirnentwicklung und -funktion

wirken insgesamt neuroprotektiv (d. h. schützen Nervenzellen) und fördern die Neubildung von Nervenzellen (Neurogenese)

beschleunigen die Nervenimpulse und die Reizweiterleitung

wirken stimmungsstabilisierend, verringern das Risiko für Depressionen und wirken antidepressiv

erhöhen die Stressresilienz

beugen Dopaminverlust in der Substantia nigra im Gehirn vor und heben den Serotoninspiegel

fördern das Erinnerungsvermögen im Hippocampus und steigern die Gedächtnisleistung