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Dr. Wolfgang Lutz gewidmet
– Manche sehen mehr. –

 
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1. Auflage 2016
© 2016 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
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Die Originalausgabe erschien 2001 beim systemed Verlag, Lünen, unter dem Titel Syndrom X oder Ein Mammut auf den Teller! Mit Steinzeitdiät aus der Wohlstandsfalle © 2001–2012 by systemed Verlag, Lünen.
 
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Redaktion: systemed Verlag, Lünen
Umschlaggestaltung: Kristin Hoffmann
Umschlagabbildungen: Shutterstock.com, iStock.com (Steak)
Layout: A flock of sheep, Lübeck
Satz und E-Book: Daniel Förster, Belgern
 
ISBN Print 978-3-86883-886-2
ISBN E-Book (PDF) 978-3-95971-229-3
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95971-230-9
 
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Inhalt


Vorwort zur Neuauflage im riva Verlag
Vorwort zur Neuauflage 2008
Vorwort

Teil I: Ursachen und Wirkungen
Kapitel 1: Das tödliche Quartett
Kapitel 2: Süßes Blut rächt sich bitter
Kapitel 3: Die Kohlenhydratfalle
Kapitel 4: Die Welt wird kugelrund
Kapitel 5: Couch-Kartoffeln faulen früher
Kapitel 6: Eingespannt und ausgebrannt
Kapitel 7: Schlaflos ins Verderben
Kapitel 8: Warte nicht, bis es dunkel ist
Kapitel 9: Immer auf die Kleinen
Kapitel 10: So weit die Gene tragen
Kapitel 11: Die Carnivore-Connection

Teil II: Vorbeugung und Behandlung
Kapitel 12: Schlanke Illusionen und sportive Utopien
Kapitel 13: Süße Früchte gegen Zucker
Kapitel 14: Viel Korn oder Vollkorn?
Kapitel 15: Fett macht fit
Kapitel 16: Fritze fischt nur fette Fische
Kapitel 17: Die Nuss, das verkannte Wesen
Kapitel 18: Tierisch gutes Eiweiß
Kapitel 19: Kann Fleischeslust denn Sünde sein?
Kapitel 20: Entschärfte Cholesterinbomben
Kapitel 21: Von Pyramiden und anderen Grabstätten der Gesundheit

Teil III: Im Einklang mit unseren Genen
Kapitel 22: Out of Africa?
Kapitel 23: Von Fleisch(fr)essern, armen Vegetariern und reichen »Gutmenschen«
Kapitel 24: Hirn fürs Hirn
Kapitel 25: Der Paläo-Lifestyle
Kapitel 26: Die Steinzeiternährung
Kapitel 27: Artgerechte Menschenhaltung?
Kapitel 28: Fit wie Flintstone
Kapitel 29: Gengerecht genießen

Selbsttest nach Professor Reaven
Bibliografie
Der Autor

Vorwort zur Neuauflage im riva Verlag

Zwei Megatrends beherrschen zurzeit die Ernährungsliteratur im Buchhandel: vegan und paläo. Sie könnten inhaltlich nicht konträrer sein, bedienen aber beide massiv den »Frei-von«-Spleen des Zeitgeists, ganz nach dem Motto: Wenn man keine Probleme hat, kann man sich durch erzwungenen Nahrungsmittelverzicht welche machen. Eine neue Volkskrankheit ist entstanden – die Orthorexia nervosa, das ständige Sich-Sorgen-Machen um das richtige Essen.

Asche auf mein Haupt – als ich im Jahr 2000 dieses Buch erstmals veröffentlichte, hatte ich zur Begründung meiner alternativen Ernährungsempfehlungen für unsere immer fettleibiger werdende, von Stoffwechselstörungen geplagte Gesellschaft auf drei Ebenen argumentiert: Genetik, Epidemiologie und Stoffwechselforschung zu den biochemischen Wirkmechanismen. Auf der Ebene der Genetik war ich allerdings in die Falle getappt und hatte interessante Thesen vorschnell als Fakten übernommen. Im Vorwort zur Neuauflage 2008 hatte ich mich deshalb bereits von gewissen Positionen aus der Erstauflage distanziert. Ich halte es aber für falsch, nun in der Neuauflage für den riva Verlag diese Aspekte ersatzlos zu streichen, denn interessant und wissenswert sind die geschilderten Thesen und Hintergründe immer noch, und sie beschreiben quasi aus historischer Sicht die Entwicklung der inzwischen weitverbreiteten Akzeptanz der »Steinzeit- bzw. Paläo«-Thesen.

Die Argumentationskette aus der Epidemiologie und der Stoffwechselforschung ist hingegen aktueller denn je, hat sich inzwischen als relevant bestätigt und tausendfach in der therapeutischen Umsetzung bewährt.

Ich nehme hier gerne die Gelegenheit dieser Neuauflage wahr, um Thesen und Widersprüche aus meiner heutigen Sicht kurz zu kommentieren:

Die Paläo-These geht davon aus, dass wir heute immer noch genetisch an die Steinzeitnahrung angepasst seien und die Paläo-Diät deshalb die einzige artgerechte Nahrung für uns sei. Dem muss ich heute entgegenhalten, dass es die eine »Steinzeitkost« sicherlich nicht gab. Vielmehr weisen zahlreiche Untersuchungen darauf hin, dass etliche unserer steinzeitlichen Vorfahren wie auch etliche Naturvölker der Neuzeit gerne kohlenhydrathaltige Nahrung zu sich genommen haben – sofern sie denn welche aufgetrieben haben, wie zum Beispiel Honig, stärkehaltige Wurzelknollen oder Früchte und Beeren. Fakt ist auch, dass unsere Vorfahren immer versucht haben, Umweltnischen zu besetzen und Kulturen zu entwickeln, mit deren Hilfe sie ihr Überleben darin sichern konnten. So gibt es auch gute Hinweise darauf, dass sich die Genetik an kulturelle Errungenschaften angepasst hat – beispielsweise an den Konsum von Milch mittels der Verdaulichkeit von Milchzucker. Kurzum: Das Genom des heutigen Menschen ist kein »Steinzeitgenom«. Es unterscheidet sich von dem der ersten Menschen. Mindestens 700 Gene wurden bislang identifiziert, die durch Ackerbau, Viehzucht etc. selektiert und damit an die neuen Umweltbedingungen angepasst wurden.

Die Fundamentalisten der Paläo-Diät verbieten Getreide, Brot, Kartoffeln, Hülsen­früchte, Milch und Milchprodukte vollständig. Die »wahre« Steinzeitdiät bestehe hauptsächlich aus Fleisch und Fisch, Gemüse, Obst und Nüssen. Alles andere sei nicht gengerecht und mache Probleme. Ich meine dagegen, dass dieses hypothetische gesundheitliche Risiko durch wissenschaftliche Studien aus den letzten Jahren und Jahrzehnten bestätigt werden müsste, um glaubhaft zu werden. Dies ist nicht nur nicht geschehen, sondern für Vollkorn-, Hülsenfrüchte- und Milchkonsum deutet die Wissenschaft eher das Gegenteil an. Und mit der These vom angeblichen Steinzeitgenom ist es – wie oben erläutert – eh nicht weit her1.

Geradezu hysterisch fällt die Beurteilung von Milch(-produkten) bei Steinzeit­fundamentalisten aus. Milch sei nur für das Kalb gedacht, und wenn wir Milch konsumieren, entstünde ein hohes Risiko für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Osteoporose und vieles mehr. Erklärt wird das meist mit den natürlichen Hormonen in der Milch oder mit der Eigenschaft des Milcheiweißes, nach dem Konsum im Körper eine Ausschüttung von Insulin und einem weiteren Insulin-ähnlichen Wachstumshormon zu provozieren. Auf diese Weise würde unser Hormonsystem durcheinandergebracht, was schlimme Folgen habe.

Ein Stapel von Facharbeiten ist inzwischen mit ausführlichen Beschreibungen von beeindruckenden, aber hypothetischen Zusammenhängen erschienen. Besonders hervorgetan hat sich hier Professor Bodo Melnik von der Universität Osnabrück. Nach seiner Darstellung ist die Kuhmilch an fast allen Gebrechen der Menschheit schuld. Wenn man seine bald wöchentlich wachsende Liste an Veröffentlichungen betrachtet, könnte man meinen, der Mann hat mit der Milch noch eine Rechnung offen.

Das Aufschreiben von biochemischen Reaktionen und ihre Darstellung in bunten Grafiken sind offenbar nicht nur für Laien sehr beeindruckend. Dagegen steht aber: Thesen und plausibel anmutende Wirkmechanismen zu beschreiben reicht nicht – das Ganze muss auch zur Wirklichkeit passen! Wahrheitssuchende Wissenschaftler blicken auf die Ergebnisse von epidemiologischen Studien mit der Frage: Passt mein beschriebener biochemischer Mechanismus, der diabetes- oder krebsfördernd sein könnte, zu den tatsächlich beobachteten Diabetes- oder Krebsraten von Milchkonsumenten? Ist bei ihnen eine ungewöhnlich hohe Erkrankungsrate beobachtet worden? Wenn ja, ist man der Wahrheit ein Stück näher gekommen.

Es gibt Dutzende von Langzeitbeobachtungsstudien, die den Zusammenhang zwischen dem Konsum von Milch und Milchprodukten mit Übergewicht, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Osteoporose und einigem mehr untersucht haben. Sie zeigen mit weitgehender Übereinstimmung, dass ein hoher Milchverzehr die Risiken nicht steigert. Nur wenige weisen ein gegenteiliges Ergebnis auf. Für die Gesamtschau führt man heute Metaanalysen durch. Das sind gemeinsame Auswertungen aller geeigneten Studien zu gleichartigen Fragestellungen. Sie zeigen bislang: Für einen höheren Konsum sieht man in Bezug auf Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen eher ein gemindertes Risiko. Für das Metabolische Syndrom und Diabetes sieht man ein signifikant vermindertes Risiko. Für Osteoporose ist gar kein Zusammenhang erkennbar. Für zwei der relevantesten Krebsformen – Brustkrebs bei Frauen und Darmkrebs – zeigen die Metaanalysen ein signifikant gesenktes Risiko. Nur für Prostatakrebs findet sich ein leicht erhöhtes Risiko – was für mehr als die Hälfte der Bevölkerung schon einmal keine Bedeutung hat. Möglicherweise wird auch das Aknerisiko erhöht. Wobei in Bezug auf Akne wohl nicht nur eine Veranlagung vorliegen muss, sondern die Insulinresistenz eine große Rolle spielt.

Ein häufiges Argument von »Steinzeitlern« ist die Tatsache, dass Getreide Gluten und Phytinsäure, Hülsenfrüchte Lektine enthalten, die angeblich dem Darm schaden würden. Milchprodukte stehen auf dem Index, da sie wegen des in der Gesellschaft weitverbreiteten Mangels an Laktase, des Milchzucker spaltenden Enzyms, Verdauungsprobleme verursachen würden. Ohne Zweifel gibt es manche Menschen, die Gluten oder Laktose etc. nicht vertragen. Die Mehrheit unserer Mitbürger verträgt Milch- und Getreideprodukte sowie Hülsenfrüchte allerdings sehr gut – wenn die Zubereitung der Lebensmittel stimmt.

Wenn man in der Grundlagenforschung, etwa auf Basis von Tierstudien oder Zellkulturexperimenten, einen Wirkmechanismus entdeckt, der den Schluss zulässt, dass Lektine die Darmfunktion schädigen oder Milchkonsum ein Wachstumshormon aktivieren und damit Krankheiten auslösen kann, so ist das von großem Interesse. Doch eine Wirkung durch einen Inhaltsstoff kann auch durch andere Wirkungen anderer Inhaltsstoffe völlig kompensiert werden. So sollte man, bevor man solche einspurigen Erkenntnisse als Basis für die Verbreitung von Warnungen vor Hülsenfrüchten bevölkerungsweit heranzieht, erst noch die Erkenntnisse aus Humanstudien und der Epidemiologie heranziehen und prüfen, ob Be­obachtungen zu Krankheits- oder Todesfallhäufigkeit zu dieser These passen. Bei Hülsenfrüchten wie bei Vollkornprodukten oder auch bei Milch weisen die Langzeitbeobachtungsstudien aber mehrheitlich auf eine Minderung von Gesundheitsrisiken bei vermehrtem Konsum hin. Der spannendste, biochemisch plausibel anmutende Mechanismus ist wertlos, wenn die Realität ihm widerspricht.

Gleichwohl gibt es kein Lebensmittel, auf das man nicht verzichten könnte. Je mehr man einschränkt, desto schwieriger wird aber die Versorgung mit essenziellen Nährstoffen. Zweifelsohne kann man ohne Getreide, Brot, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Milch und Milchprodukte leben, doch es ist schwieriger und mühseliger, auf diese Weise an alle lebenswichtigen und hilfreichen Nahrungsbestandteile zu kommen – von der »sozialen« Dimension der Ernährung ganz zu schweigen. Ich hatte mich deshalb bereits in der Erstauflage dieses Buchs gegen die strengen Steinzeitthesen und für den Konsum von Hülsenfrüchten, Milch und Milchprodukten sowie etwas Vollkorn im Rahmen einer kohlenhydratreduzierten Ernährung ausgesprochen.

Die Anhänger der Paläo-Diät weisen gerne auf spektakuläre Erfolge nach der Umsetzung ihres Ernährungskonzepts hin. Meine Antwort darauf ist einfach: Ich kenne erfreuliche Studienergebnisse und derartige Fallberichte, und der Erfolg verwundert mich nicht. Mit einer Ernährungsumstellung, die den Verzehr von raffinierten Kohlenhydratquellen und gezuckerten Getränken ausschließt und die Betonung auf Gemüse, Salate, Früchte, Beeren, Pilze und Nüsse und auf naturbelassene Proteinquellen wie Fisch, Geflügel, Fleisch und Eier setzt, werden viele Menschen einen Gewichtsverlust erreichen und mit der Entfettung des Körpers die systemischen Entzündungen mindern sowie ihre Insulinsensitivität wiedergewinnen. Das kann nur positive Gesundheitsfolgen haben. Das würde aber auch mit Milch und Milchprodukten und mit Hülsenfrüchten sehr gut gelingen – wie ich es mit meiner LOGI-Methode seit 15 Jahren beweise. Auch große Studien mit einer Ernährung nach dem »mediterranen Prinzip«, also mit viel Gemüse, Obst, Fisch, Nüssen plus Milch- und Vollkornprodukten, belegen das.

Dennoch muss man bedenken: Unter bestimmten Lebensbedingungen ist der Nährstoffbedarf besonders hoch, wie im Wachstumsalter, in der Schwangerschaft, der Stillzeit und im Leistungssport. Kinder haben einen besonders hohen Nährstoffbedarf bezogen auf ihre Körpermasse. Dass Eltern aus ideologischen Gründen ihre Kinder mit strikter Paläo-Kost oder gar vegan mit noch mehr Einschränkungen ernähren, halte ich für unverantwortlich.

Zur gesundheitlichen Bedeutung der mediterranen Ernährung habe ich jüngst alle Studien der letzten Jahrzehnte zusammengetragen und bewertet und eine Quintessenz als ganzheitliches Konzept in einem Buch zusammengetragen, das im Dezember 2015 im riva Verlag erschienen ist. Es ist ein präventives Konzept – soll heißen eine moderne Ernährung für alle Menschen mit modernem Lebensstil. Ich habe es Flexi-Carb genannt, weil dabei die Kohlenhydratzufuhr flexibel an die individuellen Stoffwechselgegebenheiten, den Lebensstil und vor allem die Bewegungsaktivität anpasst werden soll.2

Als ich vor 15 Jahren begann, die therapeutische Bedeutung einer kohlenhydratreduzierten Ernährung für Menschen mit Insulinresistenz und Folgeerkrankungen herauszustellen, glichen viele Reaktionen aus Kreisen der Ernährungsberater eher einer Anklage wegen Gotteslästerung. Die Kohlenhydrate wurden verteidigt, als seien sie in den Zehn Geboten für die Ewigkeit festgeschrieben. Ich fühlte mich eher in einem Religionskrieg als in einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Dass ich aber nicht die Kohlenhydrate per se als die Bösen anschwärzte, sondern dass es der weitverbreitete bewegungsarme Lebensstil wie auch die Verfettung der Menschen sind, die einen reichlichen Kohlenhydratkonsum erst zum Problem werden lassen, wurde gerne übersehen. Jedenfalls war dieses jahrelange Gezerre um die Kohlenhydrate absolut nervtötend. Da seit 2013 erfreulicherweise kohlenhydratreduzierte Kostformen auch in den deutschen Leitlinien zur Adipositas- und Diabetestherapie als akzeptable Option dargestellt werden, hat sich die Situation inzwischen deutlich verbessert.

Dennoch treffe ich auf meinen vielen Vorträgen und Seminaren immer noch Vertreter der Zunft, die völliges Unverständnis gegenüber jeglicher Kohlenhydratre­duktion – selbst bei übergewichtigen und insulinresistenten Patienten – ausdrücken.

Möglicherweise haben sie die Bedeutung und die Folgen der Insulinresistenz noch nicht erkannt. In Deutschland sind inzwischen fast 60 Prozent der erwachsenen Bevölkerung übergewichtig oder adipös. Die wenigsten betreiben regelmäßig Sport, und die allerwenigsten müssen noch körperlich hart arbeiten. Unsere Bevölkerung wird im Durchschnitt immer älter und fetter und lebt immer bewegungsfauler. Alle drei Charakteristika fördern Insulinresistenz. ­Metabolisch gesunde, insulinsensitive Adipöse sind die Ausnahme. Zudem ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch von ihnen etliche insulinresistent werden.

Mit Insulinresistenz wird ein vermehrter Konsum von verdaulichen Kohlenhydraten grundsätzlich zum Problem, denn Insulinresistente weisen trotz Hyperinsulinämie eine Glykogen-Synthese-Störung in der Muskulatur auf. Dann wandelt ihr Körper die zugeführten Carbs flugs in Fett um, und damit verfetten sie innerlich. Das geschieht umso mehr bei der chronisch positiven Energiebilanz, in der sie offensichtlich leben. Dass bei uns bereits an die 30 oder 40 Prozent der Erwachsenen und schon ca. 30 Prozent der übergewichtigen Schulkinder eine nichtalkoholische Fettleber aufweisen, zeugt davon – es ist eine neue Volkskrankheit.

Vor diesem Hintergrund macht es mich fassungslos, dass die zuständige Ernährungsfachgesellschaft, öffentliche Institutionen und Krankenkassen auch im Jahr 2015 noch allen Bürgern ohne Unterschied »zur Prävention« ausschließlich eine kohlenhydratbetonte Kost nahelegen dürfen. Das entspricht den Ernährungsempfehlungen, die vor 100 Jahren an die hart arbeitende, schlanke Bevölkerung mit geringem Einkommen sinnvollerweise abgegeben wurden. Aber passen unser moderner, bewegungsfreier Lebensstil und diese traditionelle Ernährung physiologisch zusammen? Die Antwort ist »Nein«, und ich folgere daraus: Wer traditionell essen will, muss auch traditionell leben!

Große und kräftig arbeitende Muskeln können viel Stärke und Zucker problemlos verkraften. Hingegen machen sie unterentwickelten Muskeln mit sitzender Lebensweise rasch Probleme. Weitere Facetten unseres nicht mehr artgerechten Lebens verschärfen diese Kohlenhydratfalle zusätzlich. Umgekehrt ist belegt: Bereits eine einmalige, 45 Minuten dauernde, halbwegs anstrengende Muskelarbeit hebt bei Insulinresistenten die Glykogen-Synthese-Störung zu einem erheblichen Maße wieder auf. Daraus folgt ganz einfach: Inaktive müssen sich ihre geliebten Carbs erst »verdienen«! Sofern sie aber die bequeme Moderne bevorzugen, ist ihnen anzuraten, auch »modern«, nämlich Low-Carb, zu essen.

Die Basis dieser Argumentationskette ist in diesem Buch beschrieben, und unzählige Leserbriefe haben mich in den letzten 15 Jahren darin bestärkt, das Buch am Leben zu erhalten. Ich bin dem riva Verlag unendlich dankbar, dass er mit der Übernahme der Rechte mein Vorhaben ermöglicht hat.

 

Dr. Nicolai Worm

München im Dezember 2015


1 Wer an einer kritischen Analyse der »Fallstricke« der Paläo-Thesen interessiert ist, dem sei die Lektüre der vierteiligen Beitragsserie »Essen wie in der Steinzeit – Darwin als ultimativer Ernährungsratgeber!?« der Autoren Alexander Ströhle und Andreas Hahn empfohlen. Alle vier Beiträge sind in der Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin erschienen und sind kostenfrei über das Internet abrufbar
(https://www.rosenfluh.ch/media/ernaehrungsmedizin/2014/05/Essen_wie_in_der_Steinzeit__Darwin_als_ultimativer_Ernahrungsberater__Teil_3.pdf).

2 Worm, N.: Flexi-Carb. Mediterran genießen – Lebensstil beachten – Kohlenhydrate anpassen – schlank und gesund bleiben. riva Verlag 2015.

Vorwort zur Neuauflage 2008

In den Jahren 1999 und 2000 hatte ich einen Großteil der relevanten wissenschaftlichen Literatur über die Ursachen und Folgen der Insulinresistenz und über die Möglichkeiten zu deren Prävention und Therapie zusammengetragen und als Essenz in Buchform gebracht. Für das typische Bild der Stoffwechseldefekte, die infolge der Insulinresistenz auftreten, hatte ich den Begriff »Syndrom X« verwendet, da dieser damals in der amerikanischen Fachliteratur überwiegend gebräuchlich war. Inzwischen hat sich weltweit dafür der Begriff »Metabolisches Syndrom« durchgesetzt. Ist dies nun ein Grund, den schönen Titel meines Buchs für diese überarbeitete Neuauflage zu ändern? Ich denke »Nein«! Die beschriebenen Zusammenhänge haben sich bestätigt und sind aktueller denn je. Und wie man unsere Wohlstandgeisel nun benennt, halte ich für zweitrangig. Im nächsten Buch werde ich mich dann sicherlich nach der heute üblichen Nomenklatur richten.

Als ich an dem Buch arbeitete, war die »Atkins-Diät« und auch die »Lutz-Diät« völlig »out«. Low-Fat war überall angesagt. Dass ich mit einer Empfehlung zu einer kohlenhydratbeschränkten Ernährung in die Öffentlichkeit ging, war damals nicht gerade politisch korrekt. Entsprechend erntete ich Unverständnis und Kritik von bestimmten eingesessenen Kolleginnen und Kollegen aus der Zunft der Ernährungsberatung. Selbst nachzulesen und zu prüfen wäre vielleicht sinnvoller gewesen, als abschätzige Kommentare abzugeben. Viele Aussagen sind inzwischen durch zahlreiche Studienergebnisse weiter erhärtet worden, und mehr und mehr meiner damaligen Positionen werden von den Fachgesellschaften gegenwärtig anerkannt. Und inzwischen gibt es auch Tausende Erfahrungsberichte: Die im Mammut empfohlene Ernährungsumstellung funktioniert bestens zur Gewichtskontrolle und zur Bekämpfung der Risikofaktoren.

Das Mammut wurde damals schnell zu einem großen Erfolg. Nach nur wenigen Wochen war die erste Auflage vergriffen. Danach wurde der Hallwag-Verlag an Gräfe & Unzer in München verkauft, und damit stand das Buch, in das ich jahrelange Recherche und viel Herzblut gesteckt hatte, zu meinem Entsetzen vor dem Aus! Der neue Verlag teilte mir mit, dass man für mein Mammut keinen Platz im Verlagsprogramm sähe und sich entschlossen hätte, trotz ständig steigender Nachfrage, auf eine weitere Auflage zu verzichten.

Aus meiner Autorendepression befreite mich dann Im Jahr 2002 der systemed-Verlag. Nachdem ich die Rechte von Gräfe & Unzer zurückerlangt und an den systemed-Verlag weitergegeben hatte, wurde das Mammut neu aufgelegt. Auf diesem Weg möchte ich mich nochmals herzlich und nachdrücklich bei der Verlagsleitung bedanken. Der Wagemut des Verlags ist dann ja auch kräftig belohnt worden: Das Mammut ist ein echter Bestseller geworden ...

Das Buch hatte sich sehr schnell in der Ärzteschaft verbreitet. Vor allem bei jenen, die Ernährungsberatung ernst nahmen, aber zu wenige überzeugende Effekte bei ihren Patienten erlebt hatten, löste es großes Inte­resse aus. In diesem Buch konnten sie reichlich wichtige wissenschaftliche Informationen erlangen, die sie von anderer Seite, beispielsweise von den Ernährungsfachgesellschaften wie der DGE, nie vermittelt bekamen.

Allerdings wurde damals schnell augenscheinlich, dass die komplexen Informationen im Mammut so nicht für die Weitergabe an Patienten geeignet waren. Was fehlte, war ein Ratgeber, ein Buch, in dem einerseits die physiologischen Zusammenhänge allgemeinverständlich geschildert, andererseits aber auch klare Praxisanleitungen gegeben wurden. Nachdem die fordernden Stimmen immer lauter und drängender wurden, verfasste ich, der eigentlich niemals vorgehabt hatte, etwas so »Banales« zu schreiben, diesen gewünschten Ratgeber und nannte ihn Die LOGI-Methode in Theorie und Praxis. Glücklich und schlank.

Für die Leser, die den Begriff LOGI noch nicht kennen: Er steht für »Low Glycemic and Insulinemic Diet«, was nichts anderes bedeutet, als dass Nahrungsmittel mit niedriger Blutzucker- und Insulinwirkung bevorzugt werden. Warum in Englisch? Weil er treffend ist und Englisch in der Fachsprache eben gebräuchlich ist und weil der Begriff LOGI kurz und zugleich auch auf Deutsch einfach zu sprechen ist. Inzwischen sind der LOGI-Ratgeber und das dazugehörige Tabellenheft, der LOGI-Guide, auch Bestseller geworden, und das wunderbare LOGI-Kochbuch von meiner geschätzten Kollegin Franca Mangiameli ist auf dem besten Weg dahin.

Ich hatte im Mammut meine Argumentationskette auf drei Ebenen aufgebaut: Epidemiologie, moderne Stoffwechselforschung und die Evolutionsbiologie. Alle drei Ebenen verbanden sich zu einem biologisch plausiblen Ganzen. Doch von meinem ebenfalls sehr geschätzten Kollegen Dr. Alexander Ströhle von der Universität Hannover habe ich mittlerweile gelernt, dass die Evolutionsebene auf eher schwachen Füßen steht und deshalb berechtigterweise umstritten ist. Für meine Argumentation ist das nicht weiter schlimm. Die wissenschaftliche Datenlage aus Epidemiologie und Stoffwechselforschung ist inzwischen so gut, dass ich getrost auf die Evolutionsebene verzichten kann.

Als mein Verlag eine neue Auflage plante und mich bat, das Buch auf notwendige Änderungen hin zu überprüfen und zu aktualisieren, stellte sich natürlich für mich die Frage, ob ich auf die Steinzeitargumentation verzichten sollte. Bei näherer Prüfung entschied ich mich dagegen: Erstens gibt es ja keinerlei Beweise, dass die von mir vorgetragene Evolutionsebene nicht richtig ist. Sie ist nur infrage zu stellen. Zweitens gehe ich aufgrund der Rückmeldungen vieler Leser davon aus, dass allein die Schilderung der Lebens- und Ernährungsverhältnisse unserer Vorfahren und der archaisch lebenden Naturvölker der Neuzeit von solch großem Interesse ist, dass ein Verzicht auf diese Buchteile einen echten Verlust bedeutet hätte. Und drittens wären die Änderungen so aufwändig gewesen, dass ich quasi ein völlig neues Buch hätte schreiben müssen. Vor diesem Hintergrund entschloss ich mich, stattdessen in der Neuauflage entsprechende Relativierungen einzubringen und dies hier im Vorwort deutlich herauszustellen.

Ich habe auch den Rest des Textes auf Aktualität und Haltbarkeit überprüft. Dabei stellte ich fest, dass ich das Buch in seiner Ursprungsform immer noch verantworten kann. Natürlich haben sich inzwischen viele Zusammenhänge geschärft und vage Vermutungen als richtig bestätigt. Wenn ich alle Details ändern und die Aussagen mit neuesten Studien unterfüttern würde und die Literatur auf den neuesten Stand brächte, würde wiederum schon fast ein ganz neues Buch entstehen. So hielt ich es für viel sinnvoller, nur einige wesentliche Änderungen einzubringen, vor allem in Kapitel 13 und 29, und andererseits gleich ein neues Buch, eine Art Weiterführung, einen Nachfolger für das Mammut zu schreiben.

Zahlreiche kontrollierte Diätstudien der vergangenen Jahre haben nunmehr überzeugend belegt, dass mit dem hier aufgezeichneten Weg nicht nur Diabetikern besser geholfen werden kann als mit den herkömmlichen – und leider immer noch etablierten – Ernährungsempfehlungen, sondern auch den Menschen, die aufgrund von Übergewicht und Bewegungsmangel schon einen entgleisten Stoffwechsel aufweisen und mit ihrem Syndrom X bzw. Metabolischen Syndrom schon auf dem Weg zum Diabetes mit all den dramatischen Folgen wie Herz- und Hirninfarkt und Krebs sind. Ich hoffe, dass ich in Zukunft noch vielen Menschen damit helfen kann.

 

Dr. Nicolai Worm

München im Frühjahr 2008

Vorwort

17. April 2000, 13 Uhr 30. Nach einem Teller köstlichem Bœuf aux carottes und einem Glas frischem kühlem Rosé sitze ich auf der sonnenüberfluteten Terrasse meines provenzalischen Stammcafés bei einem Espresso. Mir geht dieser unglückliche Begriff »Diät« nicht mehr aus dem Sinn. Es gibt ja kaum ein Wort, welches so falsch, dafür aber umso häufiger bemüht und missbraucht wurde und wird. Dabei weiß kaum einer der Millionen Abmagerungswütigen, was »Diät« eigentlich heißt. Der Begriff leitet sich von diaita ab, einem altgriechischen Wort, das genau genommen »Lebens- und Ernährungsgewohnheiten« bedeutet.

In meinen letzten Büchern habe ich meine Leserinnen und Leser geradezu beschworen, »nie wieder Diät« zu halten, sondern ganz im Gegenteil »diätlos glücklich« zu leben. Dort habe ich mich auf das heute allgemein verbreitete Verständnis von Diät als Sicheinschränken, Weglassen, Sichkasteien, Nichtgenießen abgestützt – Mehl, Sägespäne oder gar Gras im Mund, wie es diverse Wunderdiäten assoziieren …

Im vorliegenden Buch soll »Diät« jedoch wieder im umfassenderen, korrekten Sinn verstanden werden, als »Lifestyle« mit den entsprechenden Ernährungsgewohnheiten. Die hier thematisierte »Steinzeitdiät« ist also keine Diät im populären, von den Medien propagierten Verständnis, sondern ­bezieht sich auf ganz bestimmte Lebens- und Ernährungsgewohnheiten, die über Jahrmillionen der menschlichen Evolution Gültigkeit ­hatten.

Wir versinken heute in »Lebensqualität«. Körperliche Arbeit ist passé. Anstrengungen in der »Arbeitswelt« lassen sich per Mausklick und im Haushalt per Knopfdruck sowie mittels Fernbedienungen erledigen. Im Zweifelsfall ­lassen wir andere für uns arbeiten. Wohlstand heißt auch, den alten Menschheitstraum, immer reichlich zu essen zu haben, zu verwirklichen – Gebratenes und Gebackenes, Gegrilltes und Gesottenes, Süßes und Saures, Raffiniertes und Verzuckertes. Kluge Köpfe fabrizieren Lebensmittel, die ganz dem neuesten »Lifestyle« angepasst sind. Designerfood ist die Zukunft im millionenschweren Ernährungsgeschäft. Das lang erträumte Schlaraffenland ist endlich von der Realität eingeholt worden: Wir leben in den Industrieländern, wo Milch und Honig fließen. Die Luft ist erfüllt vom Schwirren gebratener Tauben. Wir brauchen bloß noch die Hand danach auszustrecken, und wem dies zu viel wird, kann auch nur mit den Fingern schnippen.

Die unschönen, fatalen Folgen sind nun allerdings überall augenscheinlich: barocke Backen, ballonförmige Bäuche, an Tonnen gemahnende Figuren, schwindende Muskeln: Designerbodys der ganz besonderen Art. Mit dem Wohlstand explodiert weltweit die Zahl der Stoffwechselkranken. Der Fett- und Zuckerstoffwechsel zeigt sich bei immer jüngeren Menschen bereits außer Rand und Band. Weltweit nimmt Diabetes mellitus Typ 2, die Zuckerkrankheit, explosionsartig zu, vor allem bei jungen Menschen. In der Folge sterben immer jüngere ohne Vorankündigung durch Herz- oder Hirninfarkte oder werden von heimtückischen Krebserkrankungen aus dem vollen Leben gerissen. Es wird immer offensichtlicher: Das sind direkte Folgen unserer diaita, unserer heutigen Ernährungs- und Lebensweise. Wir sind tatsächlich dabei, unseren Traum von Luxus und Wohlstand in einen Albtraum von körperlichem Notstand und Krankheit zu verwandeln.

Warum ist unser Körper diesem selbst geschaffenen Schlaraffenland nicht gewachsen? Sind wir für ein Leben in behaglicher Bequemlichkeit einfach nicht entsprechend »konstruiert«? Welche Lebensweise wäre dann die richtige, unserer Natur gemäße? Was steht in unserem genetischen Code, wenn wir ihn entziffern? Die richtigen Antworten auf diese zentralen Fragen der Er­näh­rungs­wis­sen­schaft könnten uns auch ein Stück weit darüber aufklären, wie wir eine optimale Gesundheit erreichen und bewahren.

Ein ganz wichtiger Zugang zu solchen Erkenntnissen ist die Erforschung des Lebens unserer Vorfahren. Denn das Genom, der Bauplan des heutigen Menschen, ist in Milliarden von Jahren der Evolution entstanden. Merkliche genetische Änderungen und Anpassungen an veränderte Umwelt- und Lebensbedingungen vollziehen sich normalerweise über Millionen von Jahren. Wenn wir also herausfinden, wie sich unsere Vorfahren während der letzten ein oder zwei Millionen Jahre ernährt haben, können wir ein gutes Stück weit besser verstehen, was für uns heutige Menschen »gesunde Ernährung« aus genetischer Sicht beinhaltet, welche Ernährungsanlagen uns Mutter Natur mit in die Wiege gelegt hat.

Ende der 1980er-Jahre hatten US-amerikanische Forscher das Thema »Steinzeiternährung« bereits groß herausgestellt und damit für viel Dis­kus­sions­stoff gesorgt. Doch ein paar Jahre später erwies es sich, dass bei der damaligen Berechnung einige gravierende, schier unverständliche Fehler gemacht worden waren. Ende der 1990er-Jahre nahmen Professor Loren Cordain von der Universität von Colorado und Forscherkollegen eine umfassende und sorgfältige Neuberechnung der »Steinzeitkost« vor. Die Anfang des Jahres 2000 vorgestellten Ergebnisse sorgten in der Fachwelt für große Verblüffung. Die »Urernährung« des Menschen bzw. die Ernährungsform von natürlich lebenden Jäger- und Sammlergesellschaften, also die Ernährungsform, an die der Mensch sich im Lauf der Evolution optimal angepasst hat, sieht nun doch ganz anders aus, als die Wissenschaftler sie sich bisher vorstellen konnten. Ja mehr noch: Diese aller­neuesten Erkenntnisse stellen die etablierte Ernährungslehre geradezu auf den Kopf.

Durch gute persönliche Kontakte konnte ich schon während der letzten Jahre mitverfolgen, was die Forscher in Colorado Stück für Stück an brisanten Entdeckungen zutage förderten. Da ich seit etlichen Jahren vehement die vielen offensichtlichen Ungereimtheiten und irrwitzigen Dogmen der herkömmlichen Ernährungslehre kritisiere, lag es für mich nahe, dieses überaus spannende Thema aufzugreifen. Ich habe also Hunderte neuer und alter Studien gesichtet, zusammengefasst und miteinander verglichen. Und siehe da: Die Daten zur »Steinzeitkost« stimmen in faszinierender Weise mit Ergebnissen aktuellster Stoffwechselstudien überein.

Von den vielen verblüffenden Erkenntnissen sei die wichtigste hier schon verraten: Mit der artgerechten »Steinzeitdiät« können wir vielen der uns heute bedrohenden Stoffwechselstörungen und Krankheiten einen wirkungsvollen Abwehrschild entgegenhalten.

Also, liebe Leserinnen und Leser: Die Keulen hoch und auf das Mammut!

 

Dr. Nicolai Worm

Südfrankreich im Frühjahr 2000


P.S. Meine speziellen Freunde darf ich noch darauf hinweisen, dass dieses Buch kein Versuch einer möglichst ausgewogenen, wissenschaftlichen Abhandlung des Themas ist, die wirklich alle Wenn und Aber berücksichtigt, um dann zum Schluss kommen zu müssen, dass noch nicht genügend Wissen vorhanden ist, um endgültige, abschließende Aussagen treffen zu können. Dieses Buch bezieht eine wissenschaftlich begründete Position und will auch eines: einen Dis­kus­sions­bei­trag in ein schiefes, arg verkrustetes Gebiet setzen. Ein paar Haarrisse in Betonköpfe einzubringen, ein paar Tiefschläfer wach zu rütteln – das wäre schon etwas!