Schwimmen

RÜDIGER SCHNEIDER

Schwimmen

Wassergewöhnung –

Technik und Methodik der vier Hauptlagen –

Starts und Wenden

unter Mitarbeit

von Josephin Köhler und Reinhard Roth

image

Danksagung

Bedanken möchte ich mich bei meiner Mutter Heike Schneider und meiner Großmutter Karin Habersack, die mich in meiner Autorentätigkeit immer unterstützt haben. Großer Dank gebührt vor allem Reinhard Roth, meinem Lehrer und Josephin Köhler, meiner langjährigen Kollegin, die mir mit Rat und Tat während des gesamten Projekts zur Seite standen.

Rüdiger I. Schneider

Würzburg, im Frühjahr 2012

Impressum

Vollständige eBook-Ausgabe der im Copress Verlag erschienenen Printausgabe (ISBN 978-3-7679-1077-5).

Cover-Foto: Imago

Alle Abbildungen des Innenteils aus dem Archiv des Autors

Umschlaggestaltung: Stiebner Verlag

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2012 Copress Verlag

in der Stiebner Verlag GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten.

Wiedergabe, auch auszugsweise,

nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlags.

Gesamtherstellung: Stiebner, München

ISBN 978-3-7679-1174-1

www.copress.de

eBook-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
www.brocom.de

image

Der Autor

Rüdiger Schneider ist Student für Mathematik und Sport der Universität Würzburg und dort seit einigen Jahren für die Technikanalysen im Bereich Schwimmen zuständig. Er arbeitet als Trainer und Wissenschaftler mit dem Schwerpunkt Biomechanik schwimmerischer Bewegungen.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Gesundheitsaspekt des Schwimmens

2 Schwimmen in jungen Jahren

2.1 Angst vor dem Wasser

2.2 Bedeutung der Wassergewöhnung

3 Anfängerschwimmen

3.1 Aufgabenverteilung beim Anfängerschwimmen

3.1.1 Rolle der Eltern

3.1.2 Rolle des Trainers

3.1.3 Rolle des Schwimmers

3.2 Wassergewöhnung

3.2.1 Erster Wasserkontakt im und am Wasser

3.2.2 Spielformen im flachen Wasser

3.2.3 Richtig atmen

3.2.4 Tauchen

3.2.5 Springen

3.2.6 Schweben und Gleiten

3.2.7 Antreiben

3.3 Nützliche Utensilien für den Schwimmsport

3.3.1 Schwimmnudel

3.3.2 Schwimmbrett

3.3.3 Badebekleidung/Schwimmbrille

3.3.4 Pullbuoy/Pullkick

3.3.5 Flossen

3.3.6 Badekappe

3.4 Motivierender Schwimmunterricht

4 Technik, Hauptfehler und Methodik zum Erlernen der vier Lagen

4.1 Kraulschwimmen

4.1.1 Beinschlag des Kraulschwimmens

4.1.1.1 Technik des Kraulbeinschlags

4.1.1.2 Hauptfehler des Kraulbeinschlags

4.1.1.3 Methodik des Kraulbeinschlags

4.1.2 Atmung und Körperlage

4.1.2.1 Technik der Atmung und Körperlage

4.1.2.2 Hauptfehler bei der Atmung und der Körperlage

4.1.3 Armzug des Kraulschwimmens

4.1.3.1 Technik des Kraularmzugs

4.1.3.2 Hauptfehler des Kraularmzugs

4.1.3.3 Methodik des Kraularmzugs

4.2 Brustschwimmen

4.2.1 Beinschlag des Brustschwimmens

4.2.1.1 Technik des Brustbeinschlags

4.2.1.2 Hauptfehler des Brustbeinschlags

4.2.1.3 Methodik des Brustbeinschlags

4.2.2 Armzug des Brustschwimmens

4.2.2.1 Technik des Brustarmzugs

4.2.2.2 Hauptfehler des Brustarmzugs

4.2.2.3 Methodik des Brustarmzugs

4.2.3 Atmung beim Brustschwimmen

4.2.3.1 Technik der Atmung

4.2.3.2 Hauptfehler beim Atmen

4.2.4 Tauchzug des Brustschwimmens

4.3 Rückenschwimmen

4.3.1 Beinschlag des Rückenkraulschwimmens

4.3.1.1 Technik des Rückenkraulbeinschlags

4.3.1.2 Hauptfehler beim Rückenkraulbeinschlag

4.3.1.3 Methodik des Rückenkraulbeinschlags

4.3.2 Rückenkraularmzug

4.3.2.1 Technik des Rückenkraularmzugs

4.3.2.2 Hauptfehler beim Rückenkraularmzug

4.3.2.3 Methodik des Rückenkraularmzugs

4.4 Schmetterlingsschwimmen

4.4.1 Delphinbeinschlag

4.4.1.1 Technik des Delphinbeinschlags

4.4.1.2 Hauptfehler beim Delphinbeinschlag

4.4.1.3 Methodik des Delphinbeinschlags

4.4.2 Schmetterlingsarmzug und Atmung

4.4.2.1 Technik des Schmetterlingsarmzugs und der Atmung

4.4.2.2 Hauptfehler beim Schmetterlingsarmzug

4.4.2.3 Methodik der Koordination des Schmetterlingsschwimmens

4.5 Technik und Methodik des Starts

4.5.1 Grab- und Trackstarts

4.5.1.1 Technik von Grab- und Trackstarts

4.5.1.2 Methodik von Grab- und Trackstarts

4.5.2 Rückenstart

4.5.2.1 Technik des Rückenstarts

4.5.2.2 Methodik zum Rückenstart

4.6 Technik und Methodik der Wenden

4.6.1 Kippwende

4.6.1.1 Technik der Kippwende

4.6.1.2 Methodik der Kippwende

4.6.2 Kraulrollwende

4.6.2.1 Technik der Kraulrollwende

4.6.2.2 Methodik der Kraulrollwende

4.6.3 Rückenkraulrollwende

4.6.3.1 Technik der Rückenkraulrollwende

4.6.3.2 Methodik der Rückenkraulrollwende

5 Auszug aus der Wissenschaft

6 Wissenschaftliche Studie der Deutschen Hochschulmeisterschaft Schwimmen 2011

Von Rüdiger Schneider & Josephin Köhler

6.1 Einführung

6.2 Material und Methoden

6.3 Statistische Datenanalyse

6.4 Ergebnisse

6.5 Diskussion

6.5.1 SR-SL-Verhältnis bei Sprintstrecken (25–100 Meter)

6.5.2 SR-SL-Verhältnis bei Mittelstrecken (200–400 Meter)

6.5.3 Alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede

6.6 Zusammenfassung

Anhang

Verzeichnis der zitierten Quellen

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Vorwort

Jeder Meisterschwimmer, der Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen oder den Weltmeisterschaften gewinnt, war zu Beginn nichts anderes als ein Schwimmanfänger. Auch er oder sie musste durch die Kapitel des Schwimmenlernens. Was zunächst als langer mühseliger Weg erscheint, kann nach Aussagen von Topathleten dennoch als Spaß und Freude beschrieben werden. In den seltensten Fällen bereuen sie ihre Entscheidung, sich dem Schwimmsport verpflichtet zu haben. Vor allem der sportliche Erfolg im Wettkampf nach harten und langen Trainingseinheiten beschreibt den Lohn, den Schwimmer und Trainer einfahren. Diese Hoffnung auf Erfolg ist sozusagen das Benzin für den täglichen Trainingsmotor. Trotzdem kann nicht jeder Goldmedaillen gewinnen, aber positive Erlebnisse, wie der Erwerb von Schwimmtechniken und deren ständige Optimierung sowie die soziale Eingebundenheit prägen das Bild des Vereinsschwimmens. Folglich lohnt es sich, das Schwimmen zu lernen, was im Verein meist mit Spaß, Freude und Wohlbefinden einhergeht. Dem Prozess des Schwimmenlernens entspringt der Kern dieses Werks, welches sich sowohl an Schwimmanfänger aller Altersklassen als auch an Schwimmathleten und Trainer richtet.

In sechs Kapiteln wird der Weg vom Anfänger zum Leistungsschwimmer beschrieben, der dem Leser beim Erlernen der Schwimmlagen behilflich sein soll und als Fernziel den schwimmsportlichen Erfolg im Blick behält. Der gesundheitliche Wert des Schwimmsports liefert zu Beginn eine Begründung, warum gerade Wasseraktivitäten förderlich für die physische und psychische Gesundheit sind. Der erste Wasserkontakt und die Ideen wie man mit ängstlichen Schwimmanfängern umgehen könnte, wird im Rahmen der Wassergewöhnung dargeboten. Desweiteren werden der Einsatz verschiedener Schwimmutensilien beschrieben, welche den Schwimmunterricht erheblich vereinfachen.

Im Anschluss an die Kapitel der Wassergewöhnung folgen die jeweiligen Schwimmlagen, die in Technik, Fehlerbilder und Methodik untergliedert sind. Auch auf die unterschiedlichen Starts und Wenden wird ausführlich eingegangen. Die ersten drei Kapitel werden dem psychologisch-pädagogischen Anspruch gerecht und sprechen daher Trainer und Eltern aller Leistungsklassen an, wohingegen die letzten drei Kapitel wissenschaftlich geprägt sind. Wer eine hohe schwimmtechnische Qualität für sich selbst oder seine Athleten beansprucht und die wissenschaftlichen Grundlagen und Erkenntnisse nicht scheut, für den ist dieses Werk genau richtig.

Würzburg, im Frühjahr 2012

Josephin Köhler und Rüdiger I. Schneider

Quellenverweise im Text sind in eckigen Klammern ausgewiesen und werden jeweils im »Verzeichnis der zitierten Quellen« im Anhang erläutert.

1 Gesundheitsaspekt des Schwimmens

Anhand dieses Kapitels sollen Möglichkeiten, aber auch Grenzen des sportlichen Schwimmens bezogen auf den gesundheitlichen Wert dargestellt werden. Folglich geht es um die Frage, wirkt sich das Schwimmen positiv auf die Gesundheit aus oder geht es mit Negativfolgen einher?

Um diese Frage eruieren zu können, bedarf es zunächst einer allgemein gültigen Definition von Gesundheit.

Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation, WHO) definiert den Begriff Gesundheit wie folgt:

»Health is a state of complete physical, mental and social well- being and not merely the absence of disease or infirmity«

(http://www.who.int/suggestions/faq/en/index.html).

Übersetzt also: »Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen«.

Es gilt daher zu klären, ob dieser Zustand durch schwimmerische Bewegung erlangt werden kann.

Obwohl das Schwimmen als gesundheitsorientierter Sport von Ärzten vielfach propagiert wird, muss dennoch eingeräumt werden, dass dieser Sport nicht frei von Verletzungen und anderen Risiken ist.

So wird berichtet, dass ein zu langer Aufenthalt im Wasser zu Verengung der Arterien und Erweiterung kleinster Venen führt [vgl. 342]. Pausen an Land und Abtrocknen verhindern eine Blutanstauung und somit ein Auskühlen.

Die Gefahr der Verletzung beim Schwimmen besteht weniger in der Ausführung der Sportart, als mehr in Situationen außerhalb des Beckens, bei denen das Laufen auf nassen Fließen zu Stürzen führt [vgl. 188]. Stürze, die Frakturen bis hin zum Schädel-Hirn-Trauma zur Folge haben können. Desweiteren kann eine Gefahr bei Sprüngen ins Wasser gesehen werden, da aus der Unachtsamkeit des Startenden andere Schwimmer übersehen werden und sich daraus Zusammenstöße ergeben können. Gleichzeitig birgt eine unzureichende Wassertiefe die Gefahr des Aufschlages auf dem Beckenboden, was Schädel- und Wirbelsäulenverletzungen nach sich ziehen kann [vgl. 160, 243]. Obwohl sich die häufigsten Verletzungen beim Schwimmsport außerhalb des Beckens zutragen [vgl. 355], belegen Studien dennoch, dass Verletzungen auch im leistungssportlichen Schwimmen auftreten können [vgl. 106, 153, 200, 262]. Diese gehen allerdings meist auf Überlastungsschäden zurück, die durch hartes Leistungstraining provoziert werden [vgl. 129]. Untersuchungen zeigten Verletzungen über einen Zeitraum von 15 Jahren bei Männern und Frauen für die Sportarten Schwimmen und Wasserball in folgenden Bereichen: Sprunggelenk, Arm, Genick, Gesicht, Fuß, Hand, Hüfte, Knie, Unterschenkel, Schulter und Oberschenkel [vgl. 270]. Für die Gruppe von Wettkampfschwimmern auf professionellem Niveau konnten Verletzungen am häufigsten im Bereich der Schulter und des Oberarms lokalisiert werden [vgl. 57, 253, 355], gefolgt von Knie- und Genickbeschwerden [vgl. 270]. Probleme in diesen Bereichen konnten bei Frauen signifikant öfter nachgewiesen werden. In anderen Körperregionen wurden innerhalb von 15 Jahren nur 0 bis 2,34 Verletzungen pro 100 Probanden festgestellt.

Eine weitere Studie über die Verletzungshäufigkeit bei College-Schwimmerinnen und -Schwimmern zeigte über einen Zeitraum von fünf Jahren, dass diese Athletinnen und Athleten eine durchschnittliche Belastungszahl von 4526 (bei Männern) und 4651 (bei Frauen) aufwiesen. Auf 1000 Belastungen kamen bei Männern 4,0 Verletzungen, bei Frauen 3,78 [vgl. 355].

Verletzungen, die sich an Fingern und Händen ereignen, sind meist Folge eines ungeschickten Anschlages bei Wende oder Zielanschlag. Hervorzuheben ist dabei die Rückenlage, bei der durch mangelnde Orientierung das Verletzungsrisiko beim Anschlag erhöht ist. Weitere Finger- und Handverletzungen können im aktiven Schwimmsport durch die sogenannten Wave-Killerleinen entstehen (Abb.1) [vgl. 188].

image

Abb.1: Wave-Killerleine

Kollisionen mit den Leinen treten vermehrt beim Rücken- oder Schmetterlingsschwimmen auf, da ersteres wie bereits erwähnt durch verminderte Orientierung geprägt ist und bei letzterem die Arme schwungvoll nach vorne geführt werden. Die Verletzungen an den Leinen treten häufiger im Training auf, wenn sich viele Schwimmer auf einer Bahn befinden und im Kreisverkehr geschwommen wird. Im Wettkampf dagegen hat der Schwimmer eine ganze Bahn zur Verfügung, obwohl auch dabei Verletzungen dieser Art nicht auszuschließen sind. Trainieren die Athleten zusammen auf einer Bahn, so ist Körperkontakt zwischen den Schwimmern keine Seltenheit. Besonders unachtsames Überholen kann zu Lid- und Orbitaverletzungen durch Tritte auf die Schwimmbrille führen, sowie zu Finger-, Mittelhand-, Arm- oder Kopfverletzungen, wenn mit Paddles geschwommen wird [vgl. 188].

Es wurde außerdem berichtet, dass bei der Verwendung von langen Schwimmflossen Ermüdungsfrakturen des Mittelfußknochens auftreten können, die mit einer Regenerationspause von mindestens fünf Wochen einhergehen [vgl. 320]. Als Ursache solcher Ermüdungsbrüche kommen einmal die langen Schwimmflossen sowie besonders hohe Trainingsumfänge in Frage.

Vielfach wurde die Problematik der »Schwimmerschulter« thematisiert [vgl. 194, 199, 200, 211, 253], welche für den Schwimmer das größte Verletzungsrisiko darstellt [vgl. 129]. Eine Fragebogenerhebung zeigte, dass von 927 befragten Athleten (Studenten- und Masterschwimmer) jeder zweite Schulterschmerzen aufwies [vgl. 293].

Für die Lagen Rückenkraul, Kraul und Schmetterling sind Schulterschmerzen weitaus häufiger (zu 92%) als bei der Brustlage [vgl. 253].

Beschwerden, die vermehrt bei Brustschwimmern auftreten, sind die »Brustschwimmerknie« [vgl. 153, 201, 262, 334].

Obwohl Studien mehrfach belegen, dass Verletzungen im Schwimmsport nicht auszuschließen sind, kann dennoch angemerkt werden, dass die genannten Risiken der »Schwimmerschulter« oder der »Schwimmerknie« sich weniger beim gesundheitsorientierten Freizeitschwimmen als im Leistungsschwimmen bei Wettkampfschwimmern wiederfinden. Eine Fragebogenerhebung von 1989 bis 1993 an 50 Leistungsschwimmern im Alter von 15 bis 29 Jahren zeigte, dass die Verletzungshäufigkeit 0,12 im Jahr betrug, was als sehr geringer Wert interpretiert werden kann (Triathlon: 0,27, Zehnkampf: 0,97), [vgl. 188]. Diese Studie wies außerdem nach, dass sich die Verletzungen zu 44% im Training oder Wettkampf zutrugen und davon nur 34% im Becken selbst zugezogen wurden. 16% der Beschwerden waren auf Ausgleichssportarten oder Lauftraining zurückzuführen. Die Verletzungshäufigkeit im Schwimmen kann im Vergleich zu anderen Sportarten wie Basketball, Fußball, Triathlon, Zehnkampf, Taekwondo, Hockey, Handball, Gewichtheben oder Boxen als äußerst gering eingeschätzt werden [vgl. 146, 188, 258].

Obwohl die Verletzungshäufigkeit im Vergleich zu anderen Sportarten gering ist, impliziert dies noch nicht, dass schwimmerische Bewegung gesundheitsförderlich auf den menschlichen Körper einwirkt.

Eine Sportart gilt nach der WHO dann als gesund, wenn sie zugleich Ausdauerwirkung, Alltagseignung und Beliebtheit aufweist [vgl. 282].

Es wurde vielfach von Experten belegt, dass die Leistung im Schwimmen – gleich welcher Leistungsklasse – zu großen Teilen von der schwimmerischen Ausdauer bestimmt wird [vgl. 107, 313, 349]. Daher wird Schwimmen vermehrt als Sportart eingestuft, die die Ausdauer verbessert [vgl. 52] und somit die gesundheitsfördernde Eignung des Schwimmens bestätigt [vgl. 19, 21].

Die Ausdauersportarten sind dadurch gekennzeichnet, dass sie einerseits das Herz-Kreislaufsystem, die Atmung sowie den Stoffwechsel anregen und andererseits bei moderater Ausführung mit einer Infektionsresistenz einhergehen [vgl. 125, 282]; (siehe Tab.1). Eine gut entwickelte Ausdauerleistungsfähigkeit führt dazu, dass eine produktive Arbeitsfähigkeit länger aufrechterhalten werden kann und der Körper schneller regeneriert [vgl. 252, 282].

Die Alltagseignung meint die Einbettung in den Alltag, der bei den meisten Menschen durch Beruf und Familie geprägt ist. Folglich sollte der gesunde Sport so beschaffen sein, dass er andere Interessen nicht behindert [vgl. 282]. Fehlt beispielsweise ein Schwimmbad in der Region, so müssten größere Strecken bewältigt werden, um dieser sportlichen Aktivität regelmäßig nachkommen zu können..

Die Beliebtheit meint eine subjektivemotionale Komponente, die genau dann besonders hoch einzuschätzen ist, wenn der Sport mit Spaß und Freude in Verbindung tritt [vgl. 282]. Dies betrifft insbesondere auch Behinderte. Sie können Bewegungen im Wasser trotz Behinderung erlernen und somit ihre Lebensqualität erhöhen [vgl. 137].

Tab.1: Ausgewählte Krankheitsrisiken, die sich durch Schwimmen reduzieren [nach 125, S. 15]

Gesundheitswirkungen des Schwimmens Stärke des Zusammenhangs
Schwimmen vermindert das Risiko für koronare Herz-Krankheiten (KHK) und erhöht gleichzeitig die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislaufsystems +
Schwimmen kräftigt die Muskulatur bei der Rehabilitation +
Schwimmen schont die Gelenke beim Ausdauerschwimmen +
Schwimmen mobilisiert die Wirbelsäule +
Schwimmen unterstützt die Körpergewichtsreduktion bei Adipositas +
Schwimmen verbessert die Atmungsfunktionen +
Schwimmen ist geeignet bei Asthma +
Schwimmen stärkt das Immunsystem +
Schwimmen reduziert altersbedingte Leistungseinbußen +

Die physikalischen Eigenschaften des Wassers erleichtern körperlich Behinderten, sich frei in diesem Medium zu bewegen. Für viele behinderte Menschen stellt der Bewegungsraum Wasser die einzige Möglichkeit für sportliche Bewegung dar.

Desweiteren ist bekannt, dass eine regelmäßige aerobe Ausdauerbelastung, wie zum Beispiel Laufen oder Schwimmen, stimmungsaufhellend wirkt [vgl. 196]. Solch eine sportliche Belastung geht mit einem vermehrten Ausstoß von Endorphinen einher und führt daher zu einer Abnahme der Depressionsgefühle [vgl. 29, 35, 196]. Es konnte außerdem nachgewiesen werden, dass sich ältere Menschen durch ein aerobes Ausdauertraining psychisch gesünder fühlten als jüngere Menschen, welche das gleiche Training absolviert hatten [vgl. 242]. Es wird deutlich, dass der gesundheitliche Wert nicht nur im körperlichen, sondern auch im geistigen zu liegen scheint (siehe obige Definition der WHO). Rheker [252] schreibt, dass die geistigen und sozialen Aspekte (soziales Umfeld) maßgeblich zum allgemeinen Wohlbefinden und somit auch zur Gesundheit beitragen.

Bei älteren Schwimmern (über ca. 55 Jahre) verbessert sich offenbar die Ausdauer und die Beweglichkeit nach regelmäßiger Schwimmbelastung erheblich [vgl. 52].

Dies konnte auch in der Trainingsstudie von Jarotzki [143] gezeigt werden, bei der sich die Herzfrequenz senkte (um 7%), die Vitalkapazität und das Lungenvolumen stiegen (um 14% bzw. 10%). Eine Studie [66] wies eine signifikante Gewichtsabnahme und prozentuale Körperfettabnahme bei untrainierten Frauen nach einem 13-wöchigen Schwimmtraining nach.

Neben den genannten Effekten hat Schwimmen einen positiven Einfluss auf unterschiedliche Krankheitsbilder [vgl. 79, 86, 125, 203].

Anhand der genannten Kriterien für eine gesundheitsorientierte Sportart kann angenommen werden, dass Schwimmen einen positiven Einfluss auf die Gesundheit eines Menschen haben kann, wenn es regelmäßig und dynamisch unter Beanspruchung großer Muskelgruppen mindestens zehn (besser 30 bis 40) Minuten bei einer Trainingshäufigkeit von drei- bis viermal die Woche ausgeführt wird und sich die Pulsfrequenz in etwa zwischen 130 und 160 befindet [vgl. 21, 342]. Rost [258] berichtet von einem 30- bis 40-minütigen täglichen Lauftraining. Selbstverständlich darf diese Vorgabe weder erkältet noch mit vollem Magen erfolgen. Nebenbei sei angemerkt, dass in erkältetem Zustand keine Bestleistungen erbracht werden können [vgl. 240]. Auch physiologischer Profit ist nicht zu erwarten, sondern dieses Vorgehen birgt ein erhebliches gesundheitliches Risiko.

Ärzte raten zum Schwimmen, wenn der Patient Probleme im Halte- und Bewegungsapparat aufweist [vgl. 188]. Diese Schwächen sind nicht zwangsläufig nur bei Erwachsenen zu sehen. Sie treten bei nahezu 60% der Kinder und Jugendlichen auf und sind vor allem im Wirbelsäulenbereich lokalisiert. Als Ursache dafür gelten einseitige oder fehlende Kräftigung bestimmter Muskelgruppen im Rumpfbereich [vgl. 163]. Die Beanspruchung nahezu aller Muskelgruppen beim Schwimmen führt zu einem Haltungsaufbau, da das Wasser besondere Eigenschaften aufweist und somit Haltungsschäden vorbeugen kann [vgl. 254]. Desweiteren helfen schwimmerische Bewegungen wie Rückenschwimmen oder Kraulschwimmen bei der Mobilisierung der Wirbelsäule und fördern somit die Beweglichkeit [vgl. 125, 234].

Die besonderen physikalischen Eigenschaften des Wassers umfassen die Auftriebskraft (statischer Auftrieb), den hydrostatischen Druck und den Wasserwiderstand (Strömungswiderstand) [vgl. 222, 247].

Der hydrostatische Druck muss beim Ein- und Ausatmen überwunden werden, wenn der Körper im Wasser eingetaucht ist [vgl. 154]. Die Auftriebskraft sorgt dafür, dass das Gewicht eines Körpers im Wasser reduziert ist [vgl. 69, 234, 306]. Der Betrag dieser Auftriebskraft eines in Wasser getauchten Körpers ist gleich der Gewichtskraft des Körpers im Wasser [vgl. 77, 247]. Dieses Prinzip ist als archimedisches Prinzip bekannt [vgl. 306]. In Anlehnung an diese Tatsache entlastet die Auftriebskraft das Skelettsystem [vgl. 247, 294], weshalb viele Ärzte denjenigen zum Schwimmen raten, die an orthopädischen Überlastungsschäden leiden oder adipös (fettleibig) sind, da ihr Gewicht im Wasser um ein Vielfaches reduziert wird [vgl. 203, 336]. Der Wasserwiderstand wird durch einen Widerstandskoeffizienten angegeben und richtet sich nach der Körperform, die ins Wasser eingetaucht ist [vgl. 339].

Es wird deutlich, dass Schwimmen aufgrund physikalischer Eigenschaften als wertvoll für die Gesundheit einzuordnen ist [vgl. 339]. Der gesundheitliche Wert des Schwimmens ist unter anderem darin begründet, dass nahezu alle Muskelgruppen des Körpers vielseitig beansprucht werden [vgl. 128, 203, 342] und außerdem kaum Überlastungserscheinungen von Bändern, Gelenken als auch erschöpfungsbedingte Verletzungen, wie Zerrungen oder Bänderrisse auftreten werden [vgl. 133, 234, 282]. Es fördert außerdem die Durchblutung und schult die Koordination [vgl. 336]. Trainiert werden außerdem die Atemorgane des Herzens und des Kreislaufs [vgl. 234, 342]. Bewegungsformen im Wasser gehen vor allem mit einer Beanspruchung der Muskeln des Stützapparates einher [vgl. 133, 163], die zur Prävention von Haltungsschwächen hilfreich sind.

Dem gegenüber stellen asthmatische Anfälle eine große Seltenheit dar, da das Austrocknen beziehungsweise Abkühlen der Bronchien aufgrund hoher Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Hallenbad kaum stattfindet [vgl. 125]. Eine Studie [78] zeigte eine Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme von asthmatischen Kindern. Die eine Gruppe erhielt ein turnerisches Training, wohingegen die andere Gruppe im Schwimmen trainiert wurde. In einem zweimonatigen Training (dreimal die Woche) konnte eine Verbesserung bezüglich der maximalen Sauerstoffaufnahme und des subjektiven Wohlbefindens bei beiden Gruppen ermittelt werden [vgl. 78].

Es ist belegt, dass Schwimmen im Vergleich zu anderen Sportarten generell als verletzungsarme Sportart gilt [vgl. 188, 299], da Fremdeinwirkungen in Wettkampf oder Training die Seltenheit darstellen. Beim Schwimmen existiert weder harter Bodenkontakt noch eine Zweikampfsituation, wie zum Beispiel bei Ballsportarten, bei denen nicht kalkulierbare dynamische Belastungen für Anfänger eine große Gefahrenquelle für Verletzungen darstellen [vgl. 336].

Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass der gesundheitliche Wert des Schwimmens hoch ist, da es vielen Krankheiten vorbeugen und einen gesunden Zustand nach einer Krankheit wiederherstellen kann. Dies ist insbesonders dann der Fall, wenn das Schwimmen in entsprechender Dosis und in ausreichender Häufigkeit sowie angemessener Intensität betrieben wird [vgl. 73 = Definition für Gesundheitssport des Deutschen Sportbundes].

2 Schwimmen in jungen Jahren

In Anlehnung an den gesundheitlichen Wert schwimmerischer Bewegung (vgl. Kapitel 1) soll nun gezeigt werden, warum es wichtig ist, das Schwimmen bereits in jungen Jahren zu erlernen.

Schwimmvereine sind in der Regel daran interessiert, frühzeitig Nachwuchs zu etablieren, weshalb schon sogenannte Mutter-Kind-Schwimmkurse oder Babyschwimmkurse angeboten werden, die durchaus als sinnvoll zu erachten sind [vgl. 342]. In Irland wurde bereits um 1980 über frühe Erfolge mit Babyschwimmkursen berichtet [vgl. 223], wobei sich das Angebot dieser Kurse mittlerweile auch bei uns vervielfacht hat.

Bei diesen Kursen wird sehr früh das Bewegungsgefühl im Wasser geschult, was später von großem Wert für die Kinder sein kann. Auch wenn die Kleinkinder hier noch nicht die Techniken der vier Grundschwimmarten lernen, so erfahren sie doch unbewusst die Fähigkeit, den Wasserwiderstand und den hydrostatischen Auftrieb des Wassers zu spüren. Außerdem lernen sie, sich in dem Medium Wasser zurechtzufinden und entwickeln Bewegungsformen, die für das Schwimmenlernen wertvoll sein könnten. Auch unter Wasser können bereits Erfahrungen gesammelt werden, wie zum Beispiel die Vorform des Tauchens, indem die Mutter mit dem Kind einen kleinen Moment unter Wasser geht [vgl. 342]. Dabei verhindert der Atmungsreflex des Kindes (nur bis ca. sechs bis acht Monate alte Kinder) das Verschlucken [vgl. 2, 3]. Anhand der methodischen Vorgehensweise, kurzzeitig Wasser über Säuglinge zu gießen und anschließend kurz zu tauchen, kann die Bereitschaft zum Tauchen von Säuglingen offenbar bestens beurteilt werden [vgl. 2].

Durch solche einfachen Übungsformen im Mutter-Kind-Schwimmen werden Vorformen der richtigen Atmung erlernt, die für das Schwimmen essentiell sind. Bei vielen Freizeitschwimmern ist zu beobachten, dass eine ungleichmäßige Atmung einen leistungsbestimmenden Faktor darstellt. Oft wird die Luft unter Wasser nicht komplett ausgeatmet, daher kann anschließend weniger Sauerstoff über Wasser aufgenommen werden. Als Folgen davon sind eine rasche Ermüdung und hektische Kurzatmung zu nennen [vgl. 299]. Die Atmung ist einer der wichtigsten Aspekte beim Schwimmen [vgl. 265, S. 36], da die Muskeln bei unzureichender Atmung nicht wieder mit genug Sauerstoff versorgt werden können. Außerdem besteht bei unkoordinierter Atmung die Gefahr, Wasser zu aspirieren, was gleichermaßen eine Pause erfordert.

Ahrendt/Kohl [4] schreiben, dass frühe Bewegung der Kinder im Wasser nicht nur eine gesunde Verfassung zur Folge hat, sondern auch die motorischen Fähigkeiten fördert. Bewegungsformen im Wasser müssen nicht immer auf den Schwimmsport selbst beschränkt sein. Der Bewegungsraum Wasser bietet eine Reihe weiterer Möglichkeiten, wie Spiel, Vergnügen, Entspannung, Ausgleich, Fitness, Therapie und soziale Kontakte [vgl. 4].

Dieses Kapitel soll aufzeigen, wie hoch der Stellenwert von Kinderschwimmkursen einzuordnen ist. Die Kinder sammeln bereits frühzeitig Bewegungserfahrungen im Wasser, die sie meist mit Spaß und Freude verbinden und die außerdem einen positiven Einfluss auf die motorische und soziale Entwicklung der Kinder haben. Hervorzuheben ist, dass die Fähigkeit, Schwimmen zu können, Leben retten kann. Jahr für Jahr ertrinken immer noch Kinder und Erwachsene in Schwimmbädern oder Seen, weil sie nicht schwimmen können [vgl. 17]. Jemand, der das Schwimmen beherrscht, kann in gefährlichen Situationen nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das anderer Personen retten. Um die Gefahr des Ertrinkens zu unterbinden, sollte ausnahmslos jedes Kind frühzeitig schwimmen lernen.

2.1 Angst vor dem Wasser

Angst kann als unangenehm erlebter Erregungszustand aufgefasst werden, der in Situationen auftritt, die als bedrohlich wahrgenommen werden [vgl. 284, 291]. Im psychologischen Sinn wird Angst differenziert in Furcht und Ängstlichkeit [vgl. 315, 316]. Furcht ist die Reaktion auf einen bestimmten Reiz, der als Bedrohung registriert wird [vgl. 284]. Davon grenzt die Psychologie die Ängstlichkeit, oder auch Angstneigung ab, die sie als Persönlichkeitseigenschaft darstellt [vgl. 291], bei der tendenziell auf bedrohlich empfundene Reize mit Angst reagiert wird.

Das Wasser, als ungewohntes und neues Medium, stellt für viele Anfänger ein Angstrisiko dar, da Bewegungsformen darin ungewohnt und unbekannt sind [vgl. 305]. Der Angstauslöser bezieht sich einerseits auf eine neue und fremde Lernumgebung (das erste Mal im Schwimmbad) und/ oder andererseits auf fremde Personen, wie Trainer oder weitere Kursteilnehmer [vgl. 142, 304].

Weitere Ursachen für Angst sind oftmals auf gefährliche, traumatische und belastende Ereignisse in der Vergangenheit zurückzuführen [vgl. 30, 99, 131]. Hat sich dieses Ereignis in Verbindung mit Wasser oder dem Aufenthalt in diesem zugetragen, so entwickelt sich daraus nicht selten bei Kindern sowie Erwachsenen ein gestörtes Verhältnis zum Medium Wasser. Dieses Missverhältnis muss nicht ausschließlich durch Angsterlebnisse entstehen, sondern kann auch aus mangelnder und unzureichender Wassergewöhnung resultieren. Ängstliche Personen fühlen sich in Gefahrensituationen in ihrer Existenz bedroht [vgl. 142]. Bezogen auf das Element Wasser äußert sich diese Existenzangst in der Furcht vor dem Ertrinken.

Viele Schwimmanfänger zeigen bei den ersten Schwimm- und Tauchversuchen Verhaltensweisen, bei denen sie ihren Kopf hektisch aus dem Wasser reißen, um Luft zu holen und um sich zu orientieren. Im Grunde ist dieser Kopfstellreflex eine natürliche Schutzreaktion des Menschen. Die Angst bezieht sich daher auf zweierlei Aspekte. Einmal hat der Mensch als Landsäugetier Angst, nicht mehr atmen zu können, wenn sich der Kopf unter Wasser befindet, zum anderen fehlt dem Menschen der Halt und eventuell die Orientierung [vgl. 30]. Aus den Befunden einer Meta-Analyse [158] konnte unter anderem gezeigt werden, dass Angst die sportliche Leistungsfähigkeit Jugendlicher im Alter von 10–14 Jahren in größerem Maß beeinflusst als Sportler älterer Altersklassen. Nach Wilke [345] geht Angst mit einem Stillstand des Lernfortschritts einher, was bis zur Flucht aus dem Wasser führen kann.

Unbestimmte Angst oder Ängstlichkeit äußert sich in Spannung, Enge, quälender Unruhe, aber auch Verzweiflung und Entsetzen [vgl. 315]. Prinzipiell können Verhaltensformen auf folgenden Ebenen operationalisiert werden [vgl. 284]: sprachliche Mitteilung, körperliche Erregung, offenes Verhalten und Gefühlsausdruck.

Ausdrucksformen der Angst, die sich in diesen Ebenen zeigen, werden wie nachfolgend beschrieben. Sie werden entweder in einzelnen oder gar mehreren Formen gezeigt [vgl. 142, 284, 315]:

– Muskelspannung bis zur Verkrampfung, sowie motorische Verspannung

– steife, gehemmte Bewegungen

– beschleunigte Atmung

– starrer, furchtsamer Gesichtsausdruck mit weit geöffneten Augen, gelegentlich sogar im Wechsel mit verlegenem Lächeln

– Brechreiz

– ständiger Harndrang (schon vor Eintritt ins Wasser)

– die Aussagen, Angst oder »weiche Knie« zu haben

– Ausflüchte/Ausreden, am Schwimmunterricht nicht teilnehmen zu können.

Furcht ist, wie oben erwähnt, bestimmt und zeichnet sich meist durch panische Verhaltensweisen aus. Flucht und Vermeidungsverhalten in Angstsituationen führen meist zum Rückgang der aktuellen Angst, gehen aber nicht mit einem dauerhaften Lernprozess zur Überwindung der Angst einher.

Nach Tunner [315] schaltet der angsterfüllte Körper auf Abwehr, was sich in Muskelverspannungen, Erhöhung des Blutdrucks, Beschleunigung der Atmung, Erhöhung der Herzfrequenz, Erweiterung der Pupillen und einer erhöhten Schweißabsonderung zeigt. Es gilt anzumerken, dass nicht alle dieser Verhaltensweisen beim Schwimmunterricht erkannt werden können (wie z. B. Erhöhung des Blutdrucks und hohe Schweißabsonderung), daher gilt es den hör- und sichtbaren Indikatoren für Angst, wie zum Beispiel Ausflüchte/Ausreden, Unruhe, Muskelverspannungen, Beschleunigung der Atmung Rechnung zu tragen.

Bezogen auf den Schwimmunterricht lassen sich folgende Ängste unterscheiden [vgl. 305, 342, 345]:

Furcht vor Misserfolg und eventuell daraus resultierender sozialer Blamage

Furcht vor dem Lehrer

Furcht vor Tiefe und/oder Weite des Wassers

Furcht vor Wasserschlucken (verschlucken)

Furcht vor Bedrohung durch das Wasser

Furcht vor Misserfolg wirkt sich beim Nichtschwimmer so aus, dass er seine Schwimmunfähigkeit verheimlicht, oder sich gar sämtlichen Bewegungsformen im Wasser entzieht [vgl. 342, 345]. Dieses drohende Leistungsversagen führt dazu, dass sich Kinder den Aufgaben des Trainers nicht gewachsen fühlen [vgl. 305].

Soziale Blamagen kommen nach Thomas [305] beispielsweise dann zum Ausdruck, wenn der Trainer bei Misserfolg auf Bestrafungen, Disqualifikation, Ausschluss aus der Mannschaft oder Beschimpfung zurückgreift. Die letzten beiden Aspekte müssen nicht zwangsläufig vom Trainer ausgehen, sondern können auch durch Mannschaftskameraden provoziert werden. Besonders eine Blamage vor anderen Schwimmern oder Publikum birgt die Gefahr, dass Anfänger dem Schwimmen den Rücken kehren.

Daher liegt es am Trainer, solche Situationen möglichst zu verhindern, indem das Anforderungsniveau angemessen gewählt wird. Sicher wird ein Lernfortschritt nur dann erfolgen, wenn sich an bestimmten Anforderungen und Zielsetzungen orientiert wird. Insofern besteht die Schwierigkeit des Trainerberufes unter anderem darin, ein geeignetes Anforderungsprofil unter Berücksichtigung des Leistungsstandes und der psychischen Leistungsbereitschaft für die jungen Athleten zu entwickeln. Ist das Anforderungsniveau nicht an das Alter oder den Lernfortschritt angepasst, entsteht eine dauerhafte Überforderung, was sich durch Furcht vor dem Lehrer ausdrückt [vgl. 342, 345]. Eine Reduktion der Furcht vor dem Wasser ist dann erkennbar, wenn der Schwimmunterricht nicht in der Öffentlichkeit stattfindet [vgl. 345].

Angstgefühle treten nicht nur in der Grundausbildung der Anfänger auf, sondern auch in Form objektbezogener Furcht, wie zum Beispiel der Angst vor einem Wettkampf [vgl. 265 S. 27, 360]. Ein Wettkampf, bei dem die Leistung des Schwimmers durch Eltern, Schwimmkollegen oder Trainer als Versagen dargestellt wird, schürt die Furcht vor Misserfolg in Wettkämpfen. Daher sollte diese Art von Kritik unbedingt vermieden werden. Ein weiterer Grund für Angst vor einem Wettkampf ist zum Beispiel ein schlechter Trainingszustand [vgl. 265 S. 27, 304]. Folglich kann die Ursache der Angst nicht unabwendbar beim Athleten, sondern gleichfalls beim Trainer und dessen Trainingsplanung begründet sein. Angst gilt somit als Faktor, der die Leistung beim Schwimmenlernen oder beim Schwimmen selbst limitiert [vgl. 316].

Bei Anfängerkursen entstehen Ängste vor der Tiefe und Weite des Wassers, was sich beim Wechsel vom Nichtschwimmerbereich in den Schwimmerbereich zeigt [vgl. 345]. Fehlt dem Schwimmer der sichere Boden unter den Füßen, scheinen Schwimmbewegungen, die im Nichtschwimmerbereich beherrscht wurden, für ängstliche Kinder nur schwer durchführbar [vgl. 342]. Werden fälschliche Informationen bezüglich der Wassertiefe mitgeteilt, so folgen möglicherweise weitere Negativerlebnisse. Folglich wird von dieser Art der Täuschung abgeraten [vgl. 345]. Besonders ängstlichen Kindern sollten einerseits immer Auftriebshilfen wie Schwimmnudel oder Schwimmbrett erlaubt sein, da bei ihnen – als unsichere Anfänger – ein erhebliches Sicherheitsrisiko besteht. Andererseits bewährt sich in der Praxis, wenn ängstliche Schwimmanfänger ihre ersten Schwimmbewegungen nahe dem Beckenrand ausführen, sodass sie sich stets am Rand festhalten können und der Trainer im Notfall schnell eingreifen kann.

Eine weitere Furcht kann im Wasserschlucken gesehen werden. Anfänger reagieren angsterfüllt, wenn Wasser in die Atemwege eintritt. Das Wasserschlucken bewirkt meist einen Hustenreiz in Verbindung mit Atemnot [vgl. 342, 345].

Furcht vor der Bedrohung durch das Wasser kann sowohl durch Darstellungen über Wasserkatastrophen (Flutwellen, Tsunami etc.) als auch durch ein ängstliches Vorbild der Eltern entstehen. Kinder, deren Eltern Angstverhalten bezüglich Wasseraktivitäten aufzeigen, können diese Verhaltensweisen ebenfalls entwickeln [vgl. 315].

Beim Anfängerschwimmen im Verein wie auch in den Schulen sollten solche Ängste behoben werden, damit die Bewegungen im Wasser ungehindert erlernt werden können. Zur Behebung von Ängsten empfehlen Psychologen [vgl. 315] die Auseinandersetzung mit den Angstauslösern unter optimalen Lernbedingungen, wie zum Beispiel angenehme Wassertemperatur, ausreichend Auftriebshilfen, geringer Lärmpegel, eventuell die Anwesenheit der Eltern des Kindes, geduldiger Schwimmtrainer etc.

Der Lehrer sollte frühzeitig auf angstauslösende Faktoren achten und diese – wenn möglich – sogleich mit Einfühlungsvermögen beheben, damit ein angstfreier Lernprozess möglich ist [vgl. 1, 305]. Durch eine ausführliche Wassergewöhnung (siehe Kapitel 3.2) sollen positive Erlebnisse und freudvolle Bewegungen sowie Orientierung im Wasser gewährleistet werden.

Um die Wettkampfangst von Leistungsschwimmern zu reduzieren, wurde in einem Versuch ein wöchentliches mentales Training als Interventionsmaßnahme gestartet [vgl. 360]. Sowohl kognitive als auch somatische Angstgefühle der Schwimmer konnten nach dem achtwöchigen Mentaltraining verringert werden, weshalb solch eine psychologische Betreuung von Spitzenathleten sicher von Vorteil ist.

2.2 Bedeutung der Wassergewöhnung

Die Wassergewöhnung ist im Grunde die Anpassung des Körpers und der Sinne an das Medium Wasser und somit Voraussetzung für den Anfängerschwimmunterricht [vgl. 101, 265 S. 395]. Die Gewöhnung an das Wasser wird unter anderem durch das Tauchen, das Gleiten in Brust- und Rückenlage und durch das Springen ins Wasser mitbestimmt [vgl. 265, S. 395]. Die Wassergewöhnung soll garantieren, dass Kinder Schwimmen frühzeitig mit Spaß verbinden.

image

Abb.2: Elemente der Wassergewöhnung (nach Bissig et al. [30, S. 11])

Die Kernelemente der Wassergewöhnung werden unten dargestellt (Abb.2).

Diese Teilschritte erfüllen laut Bissig et al. [30] alle Funktionen, die die Anfänger für das Schwimmen benötigen. Die Übungsformen werden entweder komplett unter Wasser oder an der Wasseroberfläche durchgeführt.

Anhand der Ausführungen wird deutlich, dass viele dieser Teilelemente nahezu unter Wasser erfahren werden sollen, das heißt, dass der grundlegende Schritt des Schwimmenlernens vom Tauchen zum Schwimmen beschrieben werden könnte [vgl. 30, 69]. Dieses methodische Konzept bietet eine Reihe von wichtigen Lernschritten, die für den Erfolg des sicheren Schwimmens von Bedeutung sind.

Kritisch anzumerken ist dabei, dass der erste Wasserkontakt sowie Spielformen im Wasser kaum Erwähnung finden. Ersteres ist gerade bei ängstlichen Schwimmanfängern besonders zu beachten, auch auf letzteres darf bei Kindern nicht verzichtet werden, da es einerseits einen Ausgleich zum strikten Bewegungslernen, andererseits die Aufrechterhaltung der Lernmotivation bietet [vgl. 244].

Das Modell der Wassergewöhnung nach Beck et al. [24] beschreibt die Stationen der Wassergewöhnung differenzierter. Gleichzeitig ist es Grundlage für das Erlernen der Schwimmtechniken (Abb.3).

Dieses Konzept gewährleistet eine sichere Hinführung an den Prozess des Schwimmenlernens und beinhaltet nahezu alle wesentlichen Elemente, die zur Schaffung optimaler Voraussetzungen benötigt werden, um die vier elementaren Schwimmlagen (Kraul-, Brust-, Rückenkraul- und Schmetterlingsschwimmen) zu erlernen.

Aus der Kombination beider Modelle ergibt sich ein umfangreiches Modell der Wassergewöhnung. Es vervollständigt die einzelnen Modelle um die jeweils fehlenden Teilelemente und kann im Anfängerbereich aller Altersklassen angewendet werden (Abb.4).

Die Methodik und Anordnung dieses Modells sind dadurch gekennzeichnet, dass besonders einfache Aufgaben vorgeschaltet werden und somit den Ergebnissen von Junge/Blixt/Stallman [147] entsprechen. Schwierige Bewegungsformen, wie zum Beispiel das Antreiben durch Kraul- oder Brustbeinschlag finden sich am Ende dieser methodischen Reihe.

image

Abb.3: Stationen der Wassergewöhnung (nach Beck et al. [24, S. 14])

In frühen Jahren sollten zunächst Grundfertigkeiten im und am Wasser gelernt werden. Der erste Wasserkontakt findet am Beckenrand oder in seichtem Gewässer statt und wird meist in Form von einfachen Spielformen durchgeführt [vgl. 24]. Wasser ist für Kinder nicht selten ein ungewohntes Medium, wenn sie noch keinen Schwimmkurs besucht haben und die Eltern wenig Engagement bezüglich dem Erlernen von Bewegungsformen im Wasser zeigen. Nicht selten entsteht bei den Kindern ein Angstgefühl. Es gilt, wer Angst vor dem Wasser hat, kann nur schwerlich Schwimmen lernen. Diese Angst soll durch eine ausführliche Wassergewöhnung behoben und ihr somit vorgebeugt werden. Dies garantiert die optimale Hinführung zum angstfreien und effektiven Erlernen der Schwimmarten. Auch Spielformen im flachen Wasser tragen zum Spaß und der Motivation der Kinder bei [vgl. 244] und nehmen ein Stück weit die Angst vor dem Wasser. Hier können unter anderem das erste Mal Geräte für Spielformen verwendet werden. Welche Übungsformen hierfür sinnvoll sind, wird in Kapitel 3.2.2 und 3.4 beschrieben. Mit welchen Geräten solche Übungsformen zu verwirklichen sind, wird in Kapitel 3.3 aufgezeigt.

image

Abb.4: Kombiniertes Modell der Wassergewöhnung (nach Beck et al. [24, S. 14]; Bissig et al. [30, S. 11]; Wilke [342, S. 46], leicht verändert)

Als nächstes Teilelement der Wassergewöhnung folgt das richtige Atmen (vgl. Kapitel 3.2.3). Da das Schwimmen ohne Atmung auf Dauer nicht möglich ist, stellt sie einen wichtigen Grundpfeiler im Prozess des Schwimmenlernens dar [vgl. 265, S. 36].

Das Tauchen, als weiteres Element der Wassergewöhnung, ist nach einigen Schwimmexperten [u. a. 30] besonders hervorzuheben, was auch anhand ihres Modells der Wassergewöhnung (siehe Abb.2 bis 4)(3.2.4; 3.4)