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Helmut Luft

Golf ist ganz einfach

Wissenswertes und Amüsantes über eine beglückende Leidenschaft

COPRESS

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Roughplayers Leiden

Wer zu spät kommt …

Angst vor der Technik

Körperprobleme

Wie man trotzdem überlebt

Technik und Mechanik nutzen

Rettende Bilder

Dem Körper vertrauen

Die Regie übernehmen

Leitidee Bogenschiessen

Das Mentale – Fluch und Segen

Wie man Erfolg verhindert

Gefühl ist alles

In the Jungle of Golf

Störmanöver aus der Vorzeit

Warum wir nicht durchschwingen

Wie Psychologie hilft

Psyche löst den Hexenbann

Mit Angst umgehen

Das good-enough-Gefühl

Aller Anfang ist schwer

Wie wir Trost finden

Eine Leidenschaft fürs Leben

Früh übt sich – Familiengolf

Es ist die Ehefrau – Szenen einer Ehe

Golf ist Anti-Aging

In reiferen Jahren

Golf als Jungbrunnen

Das Selbstbild – Illusion und Wirklichkeit

Vorteile der Älteren

Ein Spiel für jung und alt – oder ?

Der Krieg der Generationen beim Golf

Der wind of change

Alterskultur und Jugendkult

Die Runde der Glücklichen 82

Golfers Freuden

Das Glück im Flight

Die Liebe zur Natur

Die Paradiese dieser Welt

Überraschungen und Entdeckungen

Begegnungen mit Tieren

Folg ich der Vögel wunderbaren Flügen

Stille Begleiter

Possierliche Mitspieler

Primaten begegnen sich

Die Evolution des Golfers

Golf in the Wild

Elefanten – Wesen aus der Urzeit

Löwen und andere Spielverderber

Kein Paradies ohne Schlange

Literatur – Trost und Stärkung

Nur wer die Sehnsucht kennt – Goethe

Nur wer spielt ist wahrhaft ein Mensch – Schiller

Golfer sind Wesen aus Licht – Ortega y Gasset

Trost für geplatzte Golfträume – John Updike

Schlusswort und Danksagung

Verwendete Literatur

Vorwort

Golf ist ein herrliches Spiel, und es hat wohltuende Wirkungen. Wenn wir Erfolg haben, macht es uns stolz und glücklich. Aufgrund des demokratisch geregelten Vorgabesystems können wir unsere natürlichen Rivalitätswünsche ausleben und haben immer die Chance, einmal ein besseres Netto-Ergebnis zu erzielen als der viel spielstärkere Gegner. Da das leider meistens nicht gelingt, gibt Golf reichlich Anlass, unsere Selbstwertregulierung zu überprüfen. Golf macht demütig, mahnt Bernhard Langer.

Golf ist viel mehr als ein Sport, es ist Lebens- und Überlebens-Training. Man hat nur dann Erfolg, wenn man zu einer gleichzeitig konzentrierten wie gelassenen Haltung findet, wie man das auch im Leben braucht. Verkrampftes Wollen und verbissener Ehrgeiz verderben ebenso den Schwung wie die Chancen im Leben. Vor allem lernt man, aus schwierigen Lagen, in die man unweigerlich gerät, wieder herauszukommen – sehr nützlich für alle Lebenslagen.

Es hat gesellschaftlich hohen Rang, man lernt interessante Leute kennen, und manchmal finden Begegnungen fürs Leben statt. Das Vorurteil, es sei nur für Reiche und Alte, trifft heute nicht mehr zu, denn es ist ein Volkssport für alle Klassen und Altersstufen geworden, und wird, von Pros und jüngeren Amateuren, auch als ausgesprochener Leistungssport mit hohem Anspruch be -trieben.

Golf ist jedoch kein Sport für jeden. Es hat den Schwierigkeitsgrad von Stabhochsprung und man muss recht komplizierte technische Fähigkeiten erlernen. Wer das beherrscht, kann stolz darauf sein, zu einer Elite zu gehören. Wer ein gutes Handicap erreicht hat, kann sich als golferischer Halbgott – noch schöner als Halbgöttin – fühlen und hat dieses Buch nicht so nötig.

Es ist für die Vielen geschrieben, die Golf sehr lieben, es aber manchmal ganz schlecht spielen, die verstehen wollen, woran das liegt, und es unbedingt verbessern möchten. Golf hat einen hohen emotionalen Stellenwert. Ein Golfschlag bewirkt großes Entzücken – eine Mischung aus einem gelungenen Gedicht und dem Höhepunkt eines Liebesakts, meint John Updike – oder tiefe Niedergeschlagenheit. Da hilft nur Humor und wir möchten mit wissenswerten Hinweisen und amüsanten Geschichten helfen, aus unnötigen Selbstbehinderungen herauszukommen. Denn eigentlich ist es ganz einfach.

Mit dem Begriff Roughplayer umschreiben wir, wenn einem Spieler gerade nichts gelingt, er ganz ratlos wird und aufgeben möchte. Wir meinen damit nicht einen Typus, der überhaupt unfähig ist es zu lernen, oder eine bestimmte Person, sondern einen Modus und Seelenzustand, in den – von den Halbgöttern vielleicht abgesehen – jeder Spieler gelegentlich geraten kann. „Roughplayers Leiden“ spielt auf „Werthers Leiden“ an, einen Roman von Goethe über einen jungen Mann, der sich aus unerwiderter Liebe umbringt. Nach schlechten Runden fühlen wir uns ziemlich ähnlich, wie Golferwitze belegen.

Das Buch berichtet aus der Sicht eines Mediziners, Wissenschaftlers und Psychoanalytikers, wie wir solche Krisen emotional überleben und unser Spiel stabilisieren können. Es geht darum, wie Ängste, auch unbewusste, den Golfschwung verderben, und wie z.B. die Angst vor der Technik durch Rückbesinnung auf den Körper zu überwinden ist. Weiter werden mentale Hilfen gegeben, wie man seine golferische Form und seine Fassung trotz allem wiedergewinnen kann. Es will helfen, den guten sicheren Spieler, der ja in jedem aktiven Golfer steckt, zu befreien.

Man braucht Golf nie aufzugeben, sondern es gibt gute Wege, ein hinreichend schönes Golf sein Leben lang spielen zu können. Es hat in jedem Lebensalter seine Reize, und es bietet Stoff für amüsante Geschichten über Golf und Familie, Szenen einer Ehe, Generationenkonflikte und die Probleme des Älterwerdens.

Golf auch als Älterer noch weiter zu spielen ist deshalb so empfehlenswert, weil es ein Jungbrunnen ist. Es enthält alles, was für ein körperlich und psychisch gesundes Leben nützlich ist. Das Buch vermittelt auch aus medizinischer Sicht, was zu beachten ist, damit Golf die Fitness erhält, ein gutes Reifer- und Älterwerden fördert und die Lebenserwartung verlängert.

Das Spiel bietet viele zusätzliche Freuden und Genüsse, auch wenn einem der Wettbewerb und das in Zahlen messbare Ergebnis nicht oder nicht mehr so wichtig ist. Die meisten Golfer sind sehr naturverbunden, reisen gern und genießen es, auf anderen Plätzen und in anderer Landschaft mit jeweils anderer Flora und Fauna zu spielen. Viele verbinden weltumspannende Golfgenüsse gern mit kulinarischen und kulturellen Steigerungen der Lebensqualität. Um darauf Lust zu machen, wird über einige Reisen zu den Golfparadiesen dieser Welt berichtet.

Weitere Kapitel befassen sich damit, welchen interessanten Tieren man beim Golf, insbesondere in Afrika, begegnen kann, und was man darüber wissen sollte, sowie mit Parallelen menschlichen und tierischen Verhaltens.

Da Golf nicht nur Sport, Körper, Kraft und Schwung sondern auch Gefühl, Geist, Meditation, Karma und anderes ist, kommen abschließend Dichter und Philosophen zu Wort, die Golf lieben und davon schwärmen.

Das Ziel des Buches ist, dass Sie ihr Spiel und Ihre Einstellung zu Golf verbessern, zumindest eine Schadensbegrenzung erreichen, und dass Sie trotz der unvermeidlichen Formschwankungen Freude am Golf und am Leben finden. Golf ist es wert, in vollen Zügen genossen zu werden – und ein rechter Golfer kommt aus jedem Rough ja irgendwie auch wieder raus.

Roughplayers Leiden

Golfer sind Menschen, die sich durch besondere Fähigkeiten auszeichnen. Eine Untersuchung über die Erfolgsgeheimnisse der 100 besten Deutschen in beruflichen Spitzenpositionen ergab, dass die meisten von ihnen Golf spielten, die 10 allererfolgreichsten übrigens auch bei Regen! Wer die Platzfreigabe bekommt, kann also stolz sein, einer auf sportlicher Leistung begründeten Elite anzugehören und darf sich zu Recht wie in einen Adelsstand erhoben fühlen.

Freilich trifft man im Club dann auf klar abgegrenzte Klassen. Der Unterschied zeigt sich z.B. beim Tiger und Rabbits-Spiel, bei dem ein überlegener Tiger mit einem Flight von Rabbits spielt. Dazwischen liegen Welten. Zu welcher Kaste man gehört, ist Schicksal, das man hinnehmen muss – ist, nach Auffassung von Ortega y Gasset (vgl. Kap. „Literatur – Trost und Stärkung“, Seite 122) jedem durch sein Karma vorgegeben.

Auf die Formschwankungen innerhalb seiner Klasse aber hat jeder Einfluss, und das Buch weist auf Ursachen und Hilfen hin. Geschrieben ist es – aus schmerzvoller Erfahrung – vor allem für die notorischen Roughplayer, die nicht wissen, wie sie aus ihrem Formtief wieder heraus kommen.

Normalerweise läuft auf dem Platz alles ganz von selbst. Absicht, Werkzeug, Schwung und Ballflug sind eine Einheit, man braucht nur zu denken, wohin der Ball soll und schon liegt er dort. Man fühlt sich als guter Golfer, als Fairplayer, für den Golf ein beglückendes Spiel ist. Aber dann kommt der Tag, da fällt alles auseinander, es ist als ob man einen Schürhaken in der Hand halte. Man ist plötzlich ein Roughplayer, dem schon der Drive im Rough vor dem Fairway hängen bleibt, dessen Bälle im Seitenrough und unter Büschen verschwinden, der die Eisenschläge toppt, die Pitchs in die Bunker haut, dort nur schwer wieder heraus kommt und dem der 3. Putt auch nicht gelingt. Jeder Schlag ist ein Lotteriespiel und er macht serienweise unbegreifliche Schläge, für die er sich vor seinen Mitspielern schämt und die ihm die Freude verderben.

Roughplayers Leiden ist ein psychischer Zustand von Breakdown, Depression, Ratlosigkeit, Verzweiflung, Scham und Selbsthass. Er gerät tief in ein mentales Rough, aus dem er keinen Ausweg findet. Er möchte seine Schläger zerbrechen, das Spiel aufgeben. Hinzu kommen die Minderwertigkeitsgefühle vor den Mitspielern und der Golf spielenden Familie, wenn er mit Runden unter der Schamgrenze von 30 oder – unaussprechlichen – 20 Stableford-Punkten ins Clubhaus kommt. Er fühlt sich wie Goethes junger Werther, dessen Liebe, wie unsere zum Golf, nicht erwidert wird und der sich erschießt. Das wollen wir dann auch, kommen aber Gott sei Dank am 19. Loch nach dem zweiten Bier wieder davon ab.

Ein solches Versagen aus unerklärlichen Gründen kann jedem einmal passieren. Auch wenn man seit 30 Jahren Golf spielt, an allen erreichbaren Wettspielen teilgenommen, bei Clubspielen oft gewonnen, auf vielen Golfplätzen der Welt gespielt und sehr viel Freude gehabt hat, ist man nicht dagegen gefeit. Sogar wenn man viel besser geworden ist, sein Handicap um 20 hält, mit über 80 Jahren noch regelmäßig spielt, sich auch mal unterspielen konnte und auf das alles mit Recht sehr stolz ist, schützt das nicht davor, immer wieder einmal, und im Alter natürlich häufiger, in den trostbedürftigen Zustand des Roughplayers zu geraten.

Ein Trost ist, dass Schwankungen beim Golf eigentlich normal sind, sogar bei den Weltbesten. Bernhard Langer gewann zweimal die Masters, und schaffte viele Male nicht den Cut. Auch Tiger Woods scheidet manchmal aus. Es kommt sogar vor, dass begnadete Weltklassespieler wie Ian Baker-Finch oder Steve Ballesteros ihren Schwung auf Dauer verlieren.

So richtig trösten kann uns das aber nicht. Wir wollen gute Runden spielen und unser Handicap verbessern, basta. Woran, zum Teufel, liegt es denn, dass man den Golfschwung, den man beim Pro ja ganz gut gelernt hat, immer wieder verlieren kann. Wieso kann eine mechanische Bewegung, die anderen Golfern keine Probleme macht, für einen selbst so störanfällig sein und auf so unberechenbare Weise?

Wer zu spät kommt …

Die Neigung zu schwachem Golf und häufigen Formkrisen beruht ganz überwiegend auf Gründen, die man nicht zu verantworten hat und die deshalb das Selbstwertgefühl nicht zu belasten brauchen.

Ein Hauptgrund: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Man hat erst spät im Leben anfangen können – und damit die günstigste Zeit verpasst. Leider sind von der Evolution Zeitfenster für optimales Lernen vorgegeben und sie schließen sich früh. Wenn Vögel den für sie typischen Gesang nicht innerhalb einer recht kurzen Zeitspanne lernen konnten, ist es vorbei. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Wer den Flow nicht zeitig erfahren hat, dessen Bälle kommen nie mehr richtig zum Fliegen. Kinder lernen es spielend, es funktioniert automatisch, aus dem Bauch heraus, und es ist ihnen selbstverständlich, dass der Schlag gelingt. Die Elterngeneration, die erst mit 40, 50 oder mehr anfangen konnten, spielen mit dem Kopf, müssen vor jedem Schlag überlegen, was wohl die richtige Technik ist oder welche Fehler sie vermeiden müssen – und schon ist alles verkrampft und verdorben. Jeder Schlag ist ein Lotteriespiel, man hofft auf einen Treffer, glaubt aber nicht daran sondern befürchtet einen Fehlschlag, der dann auch prompt kommt.

Statistiken belegen, dass das erreichbare Handicap davon ab -hängt, wann man mit dem Golfspielen begonnen hat. Kinder und Jugendliche können spielend niedrige Handicaps erreichen, mit jeder Altersklasse wird das schwieriger. Wenn Sie mit 50 oder mehr angefangen haben, können Sie mit einer Stammvorgabe von 24 sehr zufrieden sein. Zu einem besseren Handicap sind Sie weder fähig noch verpflichtet, es ist naturgegeben, ist ihr Karma, und Sie brauchen sich das nicht selbst zuzuschreiben. Das ist der Trost für die Spätberufenen.

Der Fluch der Gene ist ein weiterer Grund für begrenzte golferische Fähigkeiten. Beneidenswert sind die Begnadeten, die ein angeborenes Talent für Golf haben und die uns wie Halbgötter vorkommen. Wir gewöhnlichen Sterblichen sind für die komplizierte Schwungtechnik leider nicht besonders begabt. Die wenigsten Golfer auf der ganzen Welt können zuverlässig eine Runde unter 100 spielen. Auch dafür kann man nichts. Jeder hat vorgegebene Stärken und Schwächen.

Intellektuell begabte Menschen und solche in geistigen Berufen sind oft sportlich ungeschickt und unbeholfen. Wenn Sie überhaupt Golfrunden mitspielen können, ist das eine außerordentliche Leistung und Grund, mit sich zufrieden zu sein.

Viele Menschen sind mit den Beinen besser als mit den Armen, können schnell und ausdauernd laufen, Joggen, sogar Marathon, aber nie gut werfen, schleudern oder Kugelstoßen. Sie haben Freude daran, über den Golfplatz zu gehen, auch wenn sie (überwindbare) Probleme mit Schwung und Score haben.

Der Trost ist, dass durch Üben vieles nachzuholen ist. Mein erster Pro sah meine Unbeholfenheiten und gab mir den goldenen Rat: „Sie sind für Golf nicht besonders begabt und haben viel zu spät damit angefangen. Wenn Sie aber trotzdem dabei bleiben und immer weiter Golf spielen, werden Sie besser, ob Sie wollen oder nicht. Sie können sogar noch einmal eine Netto-Seniorenmeisterschaft gewinnen.“ Es dauerte lang, aber er hatte Recht.

Schuld am schlechten Golf können auch Körperstörungen sein, von denen man vielleicht gar nichts weiß oder deren Auswirkungen man sich nicht klar macht. Wem z. B. nach einer Ohr-Operation ein Gleichgewichtsorgan fehlt, braucht das im Leben nicht zu merken, kommt beim Golf aber sofort aus der Schwungebene, wenn er den Ball nicht korrekt anschaut und damit die optische Kontrolle aufgibt. Verborgene Sehfehler wirken sich ebenso aus. Es fehlt dann die natürliche Fähigkeit, blind nach Gefühl zu schwingen und den Ball dabei gut zu treffen. Schmerzsyndrome und muskuläre Verspannungen blockieren oft unbemerkt den Schwung. Zum Trost lassen sich, wenn erst einmal die Diagnose klar ist, viele Störungen durch Behandlung und gezieltes Training ausgleichen.

Der Störfaktor Psyche hat wahrscheinlich den größten Anteil am Misslingen des Schwungs und an schlechten Ergebnissen. Jeder Golfspieler hat schon von dem Einfluss negativen Denkens auf den Golfschwung gehört und jeder weiß, dass der Schwung im Kopf zustande kommt. Wie das aber bei einem selbst zugeht, ob und welche Ängste unbegreiflicherweise den Erfolg verhindern, bleibt überwiegend unbewusst. Der Trost ist, dass im Mentalen das Potential für Verbesserungen seines Spiels am größten ist. Es wird deshalb in einem eigenen Kapitel („Wie man trotzdem überlebt“) auf die mentalen Faktoren beim Golf näher eingegangen.

Angst vor der Technik

Golf ist von allen Ballspielen das mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad. Sie brauchen sich also nicht zu schämen, wenn Sie damit Probleme haben. Aus drei Gründen kommt der Golfschwung aber vielen komplizierter und schwieriger vor als er ist. Es hilft sehr, sich diese klar zu machen.

1. Der Golfschwung ist keine natürliche Körperbewegung sondern ein Handwerk, der Gebrauch eines Werkzeugs. Beim Handball, Fußball, Kegeln oder Werfen brauchen wir nur unsere Hände und Füße. Golf ist so aber nicht zu spielen. Wollten wir einen Golfball werfen oder kicken, so bringen wir ihn damit nicht einmal bis zum Fairway. Um ihn über die bei einer Golfbahn vorgegebenen Schlag-Distanzen von 100–200 Metern und möglichst noch mehr zu bewegen, müssen wir ein Werkzeug benutzen, ein respekteinflößendes technisches Gerät, einen langen Schläger, der die Reichweite unserer Arme um mehr als das Doppelte verlängert. Nur durch den technischen Trick der Hebelwirkung können wir mit dem Schlägerkopf ein großes Rad markieren, das den Ball so unnatürlich weit befördert.

Das ist vielen Menschen zuwider. Der Evolutionsschritt zum Gebrauch von Werkzeugen ist erst vor kaum mehr als 100.000 Jahren erfolgt, zu kurz um sich schon in den Genen fest zu verankern. Viele Menschen sind handwerklich unbegabt, hauen sich mit dem Hammer auf den Daumen, haben Angst vor technischen Geräten und sind auch bei Golfschlägern verunsichert. Ein prominentes Beispiel ist Winston Churchill, der Golf für den vergeblichen Versuch hielt, auf der großen Kugel eine kleine zu bewegen „und noch dazu mit dafür völlig ungeeignetem Gerät!“

2. Der Ball ist sehr klein und deshalb schwer zu treffen. Man muss sehr genau zielen und kann ihn leicht verfehlen, als Luftschlag über ihn hinweg, neben ihm vorbei oder unter ihm in den Boden hacken. Er gehört zu den kleinsten Bällen überhaupt, ist etwa so groß wie ein Billardball – nur der beim Tipp-Kick ist noch kleiner. Zum Vergleich: Ein Tennisball ist viel größer und entsprechend leichter zu treffen, vom Hand- oder Fußball ganz abgesehen.

3. Winzige Ursachen haben katastrophale Auswirkungen. Der Ball ist sehr klein und dementsprechend sehr rund, d. h. er ist sehr intensiv gekrümmt. Da die Fläche des Golfschlägers, die die Kraft auf den Ball überträgt – verglichen z. B. mit Tennisschlägern – ebenfalls sehr klein ist, ist es sehr schwer, den idealen Treffpunkt zu finden. Schon winzige Abweichungen haben gewaltige Auswirkungen. Den Ball nicht genau mit dem Sweetspot zu treffen, kann einen Unterschied von 100 Metern Länge bewirken, eine Verkantung von Millimetern führt zu erschreckenden Veränderungen der Flugbahn wie Slice, Hook oder Toppen. Das sind Katastrophen und aus der berechtigten Angst davor gehen viele übertrieben vorsichtig und unsicher mit den Golfschlägern um.

Körperprobleme

Der Golfschwung ist ein mechanischer Ablauf, folgt den Gesetzen der Physik und ist exakt berechenbar, aber die Körperbewegungen, mit denen wir ihn in Gang setzen, sind alles andere als mechanisch. Ganz im Gegenteil, dazu sind sie sehr kompliziert und werden von vielen Faktoren beeinflusst. Die Umsetzung unserer Bewegung in die Technik des Schwungs ist für viele das Problem. Für den Roughplayer sind Körperbewegungen schwer planbar und ihr Ergebnis ist nicht vorhersehbar. Infolge dieser Unsicherheit macht er halbherzige und ungeschickte Bewegungen, die den kraftvollen Ablauf der Schwungmechanik stören und den Erfolg verhindern. Damit schafft er sich seine Leiden.

Das muss aber nicht so bleiben. Da der Schwung als Ganzes zwar tatsächlich nicht im menschlichen Bewegungsrepertoire enthalten ist, sich aber aus nur wenigen vertrauten Grundbewegungen zusammensetzt, kann durchaus ein runder, natürlicher Schwungablauf daraus werden.

Man muss sich nur klarmachen, dass der Golfschwung sich aus drei Grundbewegungen zusammensetzt, die wir sicher beherrschen und geschickt ausführen können.

1. Eine davon ist das Pendeln. Es ist fast reine Mechanik. Wenn man beim Putten einfach mechanisch Richtung Loch pendelt, fällt das Zittern und Zagen, ob der Ball wohl will, weg, denn er muss ja, er kann nicht anders.

2. Eine Anschubbewegung wie beim Kegeln ist bei vielen Schwüngen beteiligt und hilft, besser von innen zu kommen, zum Ziel hin, und den Slice zu vermeiden.

3. Auch das Werfen und Schleudern aus Schultern und Armen ist uns vertraut.

Die Grundbewegungen wirken harmonisch zusammen, bei jedem Schlag in etwas anderer Kombination.

Eigentlich ist der Golfschwung also weder so schrecklich noch so verwirrend, wie er dem Roughplayer vorkommt. Das Repertoire mechanischer Grundregeln ist ebenso übersichtlich wie das der vertrauten Körperbewegungen. Es ist also kein Problem, mit einer natürlichen fließenden Körperbewegung die Kräfte der Mechanik wirksam an den Ball zu bringen und in einen guten Ballflug zu verwandeln.