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»Wonach suchst du? Nach Glück, Liebe, Seelenfrieden? Suche nicht am anderen Ende der Welt danach, sonst wirst du enttäuscht, verbittertund verzweifelt zur ückkehren. Suche am anderen Ende deiner selbst danach, in der Tiefe deines Herzens.«

[ Drukpa Rinpoche | tibetischer Meditationsmeister ]

Vorwort

Irgendwann gerät jedes Paar in Situationen, in denen es die Beziehung infrage stellt und Kurskorrekturen notwendig werden. Doch können wir eingefahrene Beziehungsmuster verändern? Gibt es eine realistische Chance, als Paar langfristig wirklich glücklich zu sein? Sicherlich nicht, solange wir erwarten, dass der andere uns glücklich machen und sich für uns ändern soll. Doch sind wir bereit, unser Glück in die eigenen Hände zu nehmen, dann garantiert!

Mithilfe von Buddhas Lehre der Liebe entwickeln wir ein offenes Herz, die Bereitschaft, geduldig zu sein, zu verzeihen, aufrichtig Verantwortung zu übernehmen und immer wieder aufeinander zuzugehen, auch wenn es uns schwerfällt. Buddhas Weg ist der Weg der Achtsamkeit und der Meditation, der tiefe Weisheit, Liebe und Mitgefühl in uns hervorbringt.

Die Lehren Buddhas haben mein Leben so positiv verändert, dass ich Ihnen zeigen möchte, wie Sie mit deren Hilfe auch in Ihrer Beziehung wieder mehr Tiefe und Glück erlangen.

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Mit Buddhas Hilfe lernen wir uns selbst besser kennen; wir erfahren, was es mit unserem Selbstbild auf sich hat und wie wir aus unserem selbst geschaffenen Leidenskreislauf herauskommen können. Mithilfe von Achtsamkeit und Meditation gelingt es uns, liebevoller miteinander umzugehen und unsere Beziehung reicher und glücklicher zu gestalten.

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Mit Buddhas Hilfe zur glücklichen Beziehung

Aus irgendeinem Grund ist dieses Buch in Ihre Hände gelangt. Vielleicht haben Sie es von einer guten Freundin zum Geburtstag geschenkt bekommen, fiel es Ihnen im Buchladen ins Auge oder lag einfach auf dem Küchentisch eines Freundes herum.

Nun, da Sie es aufgeschlagen haben, scheint die Thematik für Sie von Bedeutung zu sein. Mag sein, dass Sie sich unterschwellige Sorgen um Ihre Partnerschaft machen oder gerade eine ernsthafte Beziehungskrise erleben und sich die Frage stellen, ob Sie bleiben oder gehen sollten. Vielleicht haben Sie sich auch getrennt oder wurden verlassen und müssen erkennen, dass Ihre Beziehungen immer wieder nach dem gleichen Muster ablaufen und scheitern. Das ist schmerzlich und frustrierend.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer es ist, in der Liebe glücklich zu werden. Auch ich scheiterte viele Male, bis mir klar wurde, dass ich erst einmal eine gesunde, glückliche Beziehung zu mir selbst aufbauen musste, anstatt andere für mein Glück verantwortlich zu machen. Ich zog mich eine Zeitlang zurück, um durch das Alleinsein zu mir zu finden.

Nach rund zwei Jahren fühlte ich mich wieder in meiner Mitte und beschloss, diese gewonnene Stabilität in einer Beziehung auszuprobieren. So traf ich meinen jetzigen Partner, und unsere Beziehung wurde zu einem tiefen Entwicklungs- und Heilungsprozess, der uns beide bis an unsere Grenzen fordert und uns lehrt, uns immer tiefer füreinander zu öffnen und mit Schwierigkeiten in konstruktiver und heilsamer Weise umzugehen. Mehr als einmal zweifelte ich und wollte flüchten – wie ich es früher immer getan hatte. Doch ich blieb und erlebe dadurch jeden Tag das Geschenk der Heilung und der Liebe, die sich zwischen zwei Menschen entwickelt und immer wieder erneuert, die sich nicht aufgeben. Die Basis dieser Arbeit ist der Buddhismus. Buddhas Lehren helfen uns dabei, uns innerhalb der Beziehung weiterzuentwickeln, Verantwortung für unser Leben zu übernehmen und den wirklichen Ort des Glücks zu finden: uns selbst.

Buddhas Weg zum Glück

Buddha empfahl, alles, was uns im Leben begegnet, als Übungspraxis der Liebe anzusehen und zur Schulung unserer positiven Fähigkeiten zu nutzen. Es mag einem merkwürdig vorkommen, dass gerade ein asketischer Mönch über die Liebe lehrte, doch Buddha kannte die Schwierigkeiten des Beziehungsalltags. Vor seiner Zeit als Mönch hatte er lange im Familienverbund gelebt, war verheiratet und Vater eines kleinen Sohnes gewesen. Die meisten seiner Schüler, die mit ihren Anliegen zu ihm kamen, waren Laienpraktizierende, lebten in Familien und Beziehungen und gingen ihrer täglichen Arbeit nach. Sie brauchten konkrete Unterstützung für ihren Alltag, und Buddha passte seine Empfehlungen immer den Bedürfnissen seiner jeweiligen Zuhörer an. So können wir noch heute aus einem Schatz von alltagsbezogenen Anregungen schöpfen, die es uns ermöglichen, glückliche Beziehungen voller Kraft und Inspiration zu leben. Der buddhistische Weg zum Glück ist der Weg der Liebe, der Balance und des Mitgefühls. Aber warum leiden wir eigentlich?

Die Ursachen von Leid

Irgendwie setzen wir in Sachen Glück immer auf das falsche Pferd: Wir sehen das Glück darin, unser Leben perfekt zu gestalten, den richtigen Partner an der Seite zu haben, tolle Kinder großzuziehen und erfolgreich im Beruf zu sein. Sind wir unglücklich, machen wir reflexartig unsere Lebensumstände oder Umgebung dafür verantwortlich.

Wir sind der festen Überzeugung, wir bräuchten sie nur zu verändern, indem wir mehr Geld verdienen, unsere Kinder auf eine andere Schule schicken, zehn Kilo abnehmen – und dann wären wir wieder glücklich. Doch die Rechnung geht nicht auf, denn äußere Umstände haben nur einen kleinen Anteil an unserem Glück oder Unglück.

Wir leben in einer Welt, in der sich alles permanent verändert, ob wir das wollen oder nicht. Unser neuer Partner wird uns früher oder später enttäuschen, der Job irgendwann stressig oder langweilig, wir werden nicht nur wieder zunehmen, sondern auch altern, und unsere Kinder werden erwachsen und tun, was sie wollen.

Unser Glück, das wir an vergänglichen Dingen festmachen, über die wir uns meist auch noch definieren (siehe [→]), ist daher immer nur ein vorübergehender Zustand und schlägt ganz schnell wieder um in Schmerz und Leid. Zwar erfahren wir eine gewisse kurzfristige Erleichterung oder Zufriedenheit, wenn wir etwas im Außen verändern, doch dies ist nie von Dauer.

»Wir versuchen, uns die Dinge zurechtzulegen und dem Geschehen immer einen Schritt voraus zu sein, statt zu spüren, wie die Dinge wirklich sind.«

[ Jon Kabat-Zinn | amerikanischer Meditationslehrer ]

Hindernisse des Glücks

Die buddhistische Psychologie benennt konkret fünf geistige Hindernisse, die es uns schwer machen, unser Leben und unsere Beziehungen in Glück und Leichtigkeit zu leben. Es sind die geistigen Tendenzen Zweifel, Unruhe, Trägheit, Gier und Ablehnung. Sie zeigen sich beispielsweise dadurch, dass wir daran zweifeln, ob unser Partner wirklich unser Vertrauen verdient. Oder dass wir nicht wirklich »Ja« zu ihm sagen wollen und voller Unruhe nach einem möglicherweise besser geeigneten Kandidaten Ausschau halten. Statt uns aktiv um Konfliktlösung oder gemeinsame Aktivitäten zu bemühen, hängen wir träge vor dem Fernseher oder geben dem starken Verlangen nach einem Abenteuer außerhalb unserer Beziehung nach. Fordert unser Partner, dass wir unser Verhalten ändern oder zumindest mit ihm darüber reden, reagieren wir mit deutlichem Unmut.

Solange uns diese geistigen Hindernisse nicht bewusst sind, schaden wir uns zwangsläufig selbst und behindern jeden Entwicklungsprozess. Jedes dieser Hindernisse kann in eine treibende Kraft umgewandelt werden – vorausgesetzt, wir erkennen es in der jeweiligen Situation und sind uns seiner bewusst. Erst dann können wir uns entscheiden, Gegenmaßnahmen zu ergreifen – wie, erfahren Sie in Kapitel 2 [→].

Anhaftung und Ablehnung

Um so schnell wie möglich wieder in einen Glückszustand zurückzugelangen, springen wir auf alles an, was uns angenehm erscheint, versuchen es zu bekommen und festzuhalten. In der buddhistischen Psychologie nennt man das Anhaftung. Wenn jedoch etwas Schmerz oder Leid verspricht, tun wir alles dafür, um es uns möglichst vom Leib zu halten oder es aus unserem Leben zu verbannen. Die buddhistische Psychologie nennt das schlicht Ablehnung.

Doch die Wirklichkeit ist kein Wunschkonzert: Wir bekommen, was wir nicht haben wollen. Wir wollen, was wir nicht bekommen können, und haben wir etwas, das uns wichtig ist, können wir es nicht dauerhaft halten. Das macht unser Glück zu einer ziemlich zerbrechlichen Angelegenheit. Ständig schwanken wir von einem Zustand in den anderen. Das gilt für alles im Leben, und natürlich auch für die Partnerschaft (siehe [→]). Da haben wir endlich den Mann oder die Frau unseres Lebens kennengelernt, sind ganz hin und weg vor Glück, und schon machen wir uns Sorgen, ob er oder sie bei uns bleibt. Besitzansprüche, Verlustangst und Eifersucht treten auf den Plan. Unsere Freude, unser Glück sind dahin und damit auch all unsere Gelassenheit. In dem Versuch, unser Glück zu sichern, benehmen wir uns meist sehr egoistisch und destruktiv. So lösen wir eine Kette von Reaktionen und Gegenreaktionen aus und verstricken uns in einem Knäuel von Ursache und Wirkung, das uns in einem endlosen Kreislauf aus Leid gefangen hält. Wir schreien herum, knallen Türen, doch besser geht es uns dabei nicht. Stattdessen verhärten sich die Fronten immer mehr, und wir erleben eine Flut schmerzhafter Gefühle wie Angst, Wut, Hass und Verzweiflung.

Leiden übt auf uns paradoxerweise eine große Faszination aus. Wir haben eine Schwäche für Dramen und Thriller. Warum sonst kauen wir immer und immer wieder quälende Situationen durch, die schon lange erledigt sind? Statt uns zu freuen, dass schmerzvolle Erfahrungen vorbei sind, und das Jetzt zu genießen, bleiben wir am vergangenen Leid kleben und beschweren damit den Augenblick.

Weisheitsgeschichte

Ein Meister sprach zu seinem Schüler: »Der Hauptgrund, warum viele Menschen so unglücklich sind, ist, dass sie eine erstaunliche und offensichtliche Befriedigung aus ihren Leiden erlangen. Als ich auf einer nächtlichen Bahnfahrt im Liegewagen schlief, war es mir gänzlich unmöglich einzuschlafen, da ein Mitpassagier dauernd ›Ich bin so durstig …!‹ stöhnte. Da gab ich ihm etwas zu trinken, und der Mann trank dankbar. Doch kaum lagen wir alle wieder in unseren Betten, hörte ich ihn erneut stöhnen ›Ach je, war ich durstig … ich war ja so durstig …!‹«

Der Irrtum von Ich und Du

Eine wichtige Ursache, weshalb wir leiden, ist unsere Vorstellung von einem eigenständig existierenden Ich oder Selbst. Es tritt in Erscheinung durch Selbstbezogenheit beziehungsweise Egoismus und blockiert die Quelle des wahren Glücks: Liebe und Mitgefühl. Doch was ist an dieser Selbstbezogenheit eigentlich so verkehrt? Mit dem Selbst wird im Buddhismus eine künstlich von uns erzeugte Vorstellung einer eigenständigen Identität bezeichnet, an die wir uns klammern und die wir versuchen krampfhaft aufrechtzuerhalten und zu schützen. Natürlich sind wir jemand, doch wer wir in letzter Dimension wirklich sind, können wir mit unserer beschränkten Sicht auf die Wirklichkeit nicht erfassen. Also haben wir mit der Zeit eine Idee von uns erschaffen, eine Vorstellung von einer getrennt von anderen existierenden Identität, sodass wir die Welt und ihre Wesen aufspalten in Ich und Du. Dadurch machen wir es uns schwer bis unmöglich, anderen Menschen wirklich nahe zu sein.

Albert Einstein sagte dazu: »Der Mensch ist ein Teil des Ganzen, das wir ›Universum‹ nennen, ein in Raum und Zeit begrenzter Teil. Er erfährt sich selbst, seine Gedanken und Gefühle als getrennt von allem anderen – eine Art optische Täuschung des Bewusstseins. Diese Täuschung ist wie ein Gefängnis für uns, das uns auf unsere eigenen Vorlieben und auf die Zuneigung zu wenigen uns Nahestehenden beschränkt. Unser Ziel muss es sein, uns aus diesem Gefängnis zu befreien, indem wir den Horizont unseres Mitgefühls erweitern, bis er alle lebenden Wesen und die gesamte Natur in all ihrer Schönheit umfasst.«

Was ist unser Selbst?

Wir definieren unsere Identität über unseren Beruf, unsere Wertvorstellungen, unseren Partner, unsere Kinder, unser gesellschaftliches Ansehen, unseren Status, unseren Freundeskreis, unsere Religionszugehörigkeit. Und wir verwenden viel Zeit, Geld und Energie darauf, all diese Faktoren, die unser vermeintliches Selbst ausmachen, aufrechtzuerhalten. Werden wir gefragt, wer wir sind, antworten die meisten mit ihrem Berufsstand: »Ich bin Steuerberaterin«, »Ich bin Lehrer«. Doch wer bleibt übrig, wenn wir unseren Job verlieren? Wer sind wir dann? Nehmen Sie in Gedanken immer mehr Faktoren, über die Sie sich selbst definieren, weg – was oder wer bleibt dann übrig? Eine typische Frage, die Meditationsschülern gestellt wird, lautet: »Wer ist Ich? Wer ist dieses Selbst? Was für eine Farbe, Form oder Konsistenz hat es?« Ist dieser Zellhaufen, den wir hegen und pflegen und unseren Körper nennen, wirklich unser Selbst? Horchen Sie in Ihr Inneres: Sind Ihre von Natur aus flüchtigen Gedanken Ihr Selbst? Ist es Ihr Beruf, Ihr Status, Ihre Kinder? Wo auch immer Sie hinschauen und ein festes Selbst suchen, Sie werden nichts finden, das sich als wirklich eigenständig von anderen Umständen existierendes, zu Ihnen gehörendes Selbst fassen lässt. Es ist nur eine traumgleiche Idee, ein selbst geschaffenes Konstrukt, eine Fantasie, zusammengesetzt aus Vorstellungen und äußeren Gegebenheiten.

Die Ursache unserer Schwierigkeiten

Aus diesem Irrglauben an ein existierendes Selbst und unserem permanenten Bestreben, dieses Trugbild aufrechtzuerhalten, resultieren all unsere Verstrickungen, Ängste und Unsicherheiten und auch all unsere Schwierigkeiten im Außen mit unserer Familie, unseren Freunden, Kollegen und unserem Partner.

Wir streiten, da wir uns in unseren Ansichten, Vorstellungen und Überzeugungen angegriffen fühlen und diese zu verteidigen suchen. Dabei geht es uns selten um die Sache, sondern vielmehr um unser eigenes Ansehen. Denn wir kleben an unseren Meinungen, Ideen und Vorstellungen über uns selbst und die Wirklichkeit und fühlen uns in unserem Selbst angegriffen, sobald jemand daran rüttelt.

»Es gibt nur eine falsche Sicht der Dinge: der Glaube, meine Sicht sei die einzig richtige.«

[ Nagarjuna | buddhistischer Meditationsmeister ]

In der buddhistischen Lehre geht es darum, dieses Anhaften an unserer Vorstellung von einem festen Ich aufzulösen. Keine Sorge: Sie als Person lösen sich dabei nicht auf, es lockert sich nur Ihr zwanghaftes Kleben an sich selbst und Ihrem eigenen, beschränkten Glück. Sobald wir zulassen, dass die Wirklichkeit mehr ist als das, was wir aus unserem Blickwinkel sehen, und dass wir wesentlich mehr sind als unser Beruf oder der Partner unseres Partners, hört unser Kämpfen zur Sicherung unseres Territoriums auf. Wir können andere Menschen so sein lassen, wie sie sind, weil wir uns nicht mehr permanent bedroht fühlen. Wir nehmen uns nicht mehr so übermäßig wichtig und wenden uns auch anderen Meinungen, Ideen und Menschen zu. Erkennen wir unser Selbst als Traumbild, lösen sich unsere Selbstbezogenheit und unsere Probleme auf. Die fünf geistigen Hindernisse machen diesen Prozess jedoch unmöglich. Es ist wichtig, sie in unserem Leben zu identifizieren, damit wir uns weiterentwickeln und unsere Selbsttäuschung auflösen können.

Im Buddhismus geht es nicht darum, jemand anderer zu werden, damit man endlich glücklich sein kann, es geht darum, immer echter zu werden und sich von künstlichen Fassaden zu verabschieden.

Partnerschaft als Weg

Doch ist Leiden nicht normal? Lässt sich dauerhaftes Glück überhaupt erlangen? Das war auch Buddhas brennende Frage, und er fand heraus: Wirkliches Glück ist nicht im Außen zu finden. Es hängt von unserer Einstellung, von unserer Weisheit im Denken und Handeln ab. Wenn wir also die Lösung unserer Probleme bisher im Außen gesucht haben, etwa darin, dass wir bei Schwierigkeiten am Arbeitsplatz den »unfähigen« Chef dafür verantwortlich machten oder bei Problemen in der Beziehung erwarteten, dass sich unser Partner ändert, wird durch Buddhas Erkenntnis die Lösung in unseren eigenen Zuständigkeitsbereich verlagert: unseren Geist. Wir sind also keine Opfer der Umstände, sondern können unser Glück selbst in die Hand nehmen!

Eine Partnerschaft ist ein ideales Übungsfeld, um persönlich zu reifen, da wir gerade hier immer wieder an unsere Grenzen von Geduld, Liebe und Mitgefühl kommen. Wir brauchen ein Gegenüber, um uns zu entwickeln, unsere Selbstbezogenheit aufzuweichen und zur Vollkommenheit zu reifen. Auf diese Weise werden wir gegenseitig zum Entwicklungshelfer des jeweils anderen, weil wir unsere Fehler und Eigenheiten im Partner erkennen können und so erfahren, dass jede Schwierigkeit in der Beziehung in erster Linie immer etwas mit uns selbst zu tun hat. Die Arbeit muss also bei uns beginnen, und der Buddhismus gibt uns geschickte Methoden an die Hand, mit diesen Schwierigkeiten umzugehen, uns zu entwickeln und unsere Liebesfähigkeit und unsere Weisheit freizulegen.

Weisheitsgeschichte

Einst kam ein Wanderer des Weges und traf einen Schäfer. »Wie wird das Wetter heute?«, fragte er den Hirten. »So, wie ich es gerne habe«, antwortete ihm dieser. »Woher wisst Ihr, dass das Wetter so sein wird, wie Ihr es mögt?«, rief der Wanderer erstaunt. »Ach wisst Ihr«, meinte der Schäfer mit einem Lächeln, »ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich nicht immer das bekommen kann, was ich gerne möchte. Also habe ich gelernt, immer das zu mögen, was ich bekomme. Aus diesem Grund bin ich ganz sicher: Das Wetter wird heute so sein, wie ich es mag!«

Was erwartet Sie in diesem Buch?

In diesem Ratgeber widmet sich jedes Kapitel einem der fünf geistigen Hindernisse und den daraus resultierenden typischen Beziehungsprob-lemen. Dabei stelle ich Ihnen entsprechende Herangehensweisen vor, mit denen Sie die schwierigen Situationen entschärfen und in eine langfristig befriedigendere Richtung lenken können. Als wichtigste Werkzeuge auf dem Weg zum Glück werden Sie Achtsamkeit und Meditation kennenlernen, die ich Ihnen ab (siehe Paarbeziehung[→]) vorstellen möchte und die im weiteren Verlauf des Buches anhand von praktischen Beispielen und Übungen alltagsbezogen vertieft werden. Mithilfe der Übungen können Sie das Gelesene entweder noch einmal reflektieren oder in Ihrem Alltag ausprobieren. Ich möchte Sie anregen, sich dafür ein Notizbuch anzuschaffen, denn erfahrungsgemäß hilft das Schreiben bei der Reflexion. Durch das Umsetzen der Empfehlungen und Übungen im Buch erhalten Sie mit der Zeit die Fähigkeit, sich selbst besser zu verstehen, Reaktionsmuster zu erkennen und Schwierigkeiten konstruktiv anzugehen. Selbst ein festgefahrenes, krisengeschütteltes Beziehungsleben lässt sich so wieder aktiv in eine positive Richtung lenken und glücklich, liebend und nährend gestalten.

Bestmögliche Erfolge erzielen Sie, wenn auch Ihr Partner bereit ist, an der Beziehung zu arbeiten. Grundsätzlich ist es allerdings immer nur die eigene persönliche Arbeit, die jeder für sich leisten kann.

Alleine oder zu zweit?

Es geht im Buddhismus nicht darum, den Partner unseren Vorstellungen entsprechend zu verändern, damit er uns endlich glücklich macht, sondern darum, unser eigenes persönliches Verhalten, Erleben, Denken und Handeln zu reflektieren und in eine heilsame und förderliche Richtung zu lenken. Darum wird dieser Weg selbst dann Erfolge zeigen, wenn Sie der Einzige sind, der an sich arbeitet. Auch wenn sich nur einer der Partner verändert, verändert sich die komplette Beziehung. Warum? Ihre Reaktionen werden anders sein als sonst. Damit wird auch Ihr Partner anders auf Sie reagieren, und das wird unweigerlich zu anderen Ergebnissen und Erfahrungen führen.

Wenn Sie und Ihr Partner mögen, beschreiten Sie gemeinsam diesen Weg. Üben Sie zusammen und auch getrennt, jeder in seinem Maße, und tauschen Sie sich über Ihre Erfahrungen aus. Den Weg zusammen mit dem Partner zu gehen, kann sehr bereichernd sein, denn Sie können sich gegenseitig unterstützen und inspirieren. Außerdem nähren Sie dabei Ihr gegenseitiges Verständnis und Ihre Zuneigung. Die gemeinsame Arbeit mit diesem Buch wird sich sehr positiv auf Ihre Beziehung auswirken, probieren Sie es aus!

Bausteine des Glücks

Welche Art von Übungen sind es, die Ihren Beziehungsalltag verändern werden? Unsere gewöhnliche Jagd nach Glück hält uns in einem beständigen selbstbezogenen Kreislauf von Anhaftung und Ablehnung gefangen (siehe [→]). Durch die Übung in Achtsamkeit und Meditation treten wir aus diesem Kreislauf heraus und öffnen uns einem bewussteren Leben, das von Wertschätzung, Akzeptanz, Offenheit und Verständnis geprägt ist. Diese positiven Eigenschaften sind die Basis dafür, dass wir uns wieder als Paar begegnen können.

Buddhistisches Geistestraining

Achtsamkeit und Meditation brauchen tägliche Übung, damit sie in unserem Leben wirken können (siehe ausführlich ab [→]). Es ist ein buddhistisches Geistestraining, mit dem Sie Ihre Wahrnehmung und den bewussten Umgang mit Ihren Gedanken schulen. Denn erst indem wir die Wahrnehmungen unserer Sinne durch Gedanken bewerten, kreieren wir unsere persönliche Form der Wirklichkeit. Ob wir etwas toll finden oder abschreckend, daraufhin Glück empfinden oder Leid, das geschieht nicht irgendwo außerhalb von uns, sondern nur in unserer eigenen Wahrnehmung (siehe [→]).

Wenn wir uns angegriffen fühlen, blasen wir voller Zorn zum Angriff und verteidigen unser Territorium, um uns vor Verletzung zu schützen. Oder wir machen innerlich dicht, klappen zu wie eine Auster, wiederum nur aus Angst, verletzt zu werden. Wir strafen den anderen mit kühler Distanz in der Erwartung, dass es uns dann besser geht. Doch darauf hoffen wir vergebens. Wir werden nur noch trauriger, noch ärgerlicher und bekommen noch mehr Angst. Da sitzen wir nun hinter unserer inneren Mauer und fühlen uns vom anderen getrennt. Sich verschließen, dichtmachen, Widerstand aufbauen, aber auch offene Aggression ausagieren – all das tut weh.

Der buddhistische Weg des Glücks ist ein geistiges Training. Es bildet unsere Fähigkeit aus, vollkommen offen dafür zu werden, die Geschehnisse im Außen und im Innen ohne Angst oder Widerstand wahrzunehmen und sie dann wirklich von ganzem Herzen anzunehmen. Anstatt uns wie gewöhnlich bei Problemen zu verschließen, üben wir uns darin, uns immer aufs Neue den Geschehnissen zu öffnen. Darüber kommen wir wieder in Kontakt mit uns und unserem Partner. Wir beginnen mehr zu fühlen und wahrzunehmen, was uns wieder lieben und verstehen lässt.

»Du bist dein eigener Herr und Meister. Deine Zukunft hängt von dir selbst ab. «

[ Buddha ]

Buddhas Definition von Liebe

Die Kraft der Liebe wird in der buddhistischen Religion als die Grundlage allen Seins angesehen. Der Buddhismus hat darüberhinaus eine klare Definition von Liebe.

Das, was wir in einer Paarbeziehung für gewöhnlich als Liebe bezeichnen, ist bei genauer Betrachtung eine Mischung aus Sympathie oder Zuneigung, körperlichem Begehren und einer großen Portion Bedürftigkeit und Besitzergreifen, die wir mit Liebe verwechseln und die im Buddhismus den Überbegriff »Anhaftung« trägt. Diese Anhaftung ist die Ursache all unserer quälenden Erfahrungen (siehe auch [→]).

Erst wenn eine Trennung droht, merken viele, wie wichtig ihnen der Partner ist, und klammern sich regelrecht an ihn. Doch rettet das die Beziehung? Vielleicht haben Sie selbst schon diese Erfahrung gemacht: Je stärker Sie klammerten und besitzen wollten, umso mehr entglitt Ihnen Ihr Partner. Statt das (vermeintliche) Liebesglück zurückzuerhalten, breiten sich durch das krampfhafte Festhalten Angst, Nervosität und Ärger in unserem Leben aus.

Die Stärke unserer Anhaftungen können wir an der Tiefe der Wunde erkennen, die wir davontragen, wenn wir durch eine Trennung von unserem Objekt der Begierde fortgerissen werden.

Die Kraft der Enttäuschung