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© für die Originalausgabe und das eBook: 2015 nymphenburger in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten

Schutzumschlag: atelier-sanna.com, München unter Verwendung eines Motivs von der Photo- und Presseagentur GmbH Focus

Satz und eBook-Produktion: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, Germering

ISBN 978-3-485-06116-2

INHALT

Prolog: Ich träume mein Leben – Sehnsucht nach Surinam

1 Alles hat seine Zeit, sagt Salomon

2 Ein Herz und eine Seele sein

3 Sieh her und bleibe deiner Sinne Meister

WANDLUNG 1: Das stand in den Sternen

WANDLUNG 2: Man lebt nicht, um zu essen, sondern man isst, um zu leben (Euripides)

WANDLUNG 3: Eine schöne Menschenseele finden ist Gewinn (Johann Gottfried Herder)

4 Das ganze Leben ist ein Theater

1. AKT: Der Neid muss es beschwören (Friedrich Schiller)

2. AKT: Was der Schöpfer plant, muss das Leben halten (Rainer Maria Rilke)

3. AKT: Seelische und körperliche Nahrung lassen die Welt zum Leben erwachen

5 Verborgene Pfade nach Surinam

6 Regenwald – Treibhaus der Natur

1. STATION: Reisen ist leben – Leben ist reisen (Jean Paul)

2. STATION: Menge den Tod mit dem Leben und teile beides in Augenblicke (Marcel Schwob)

3. STATION: Patiencya ist ein gut Kräuterlein (Maria Sibylla Merian)

4. STATION: Viele wunderlich rare Sachen, die noch nie ans Licht gekommen (Maria Sibylla Merian)

Epilog

Danke sagen

Quellen

Bild- und Textnachweis

Fange den Wind in den Segeln – Forsche Träume.

MARK TWAIN

Nach zweijähriger Reifungs- und Gärungszeit, ausgefüllt mit publikumsbejahenden Leseabenden, einer unvergesslichen Omamamia-Filmpremiere und erfüllenden Dreharbeiten für ein Petterson und Findus-Filmprojekt, finde ich mich plötzlich, nach kräuterumflorten, kommunikativen Gezeiten, von meinem schon seit Jahren auserkorenen Schreibplatz am Gartenfenster magisch angezogen. Die Essenzen zu meinem neuen Buchprojekt Ich träume mein Leben – Auf dem Weg nach Surinam wurden mir seit Kindheitstagen geheimnisvoll, aus tiefen Seelengründen in mein Tagesbewusstsein eingeträufelt, von Weltenlicht getauft, um bis zum heutigen Tage in einem kontinuierlichen Prozess zu einem einmaligen Gebräu zu reifen, das ich Ihnen heute mit heißem Herzen kredenzen darf.

»Ich komme aus Surinam, Mama. Da wartet jede Nacht ein Regenwald mit vielen Tieren und Kokosnüssen auf mich. Viele Flüsse laufen herum und ein großes Meer und viele freundliche Menschen mit schwarzer Haut, gelber Haut und weißer Haut. Du, ich besuche mein Traumland jede Nacht«, zwitscherte ich, fünfjährig und siegessicher, bei einer Morgenwäsche auf den akkuraten Scheitel meiner Mutter hernieder, während sie meine Stiefeletten mit selbst gemixter Kohlepaste auf Vordermann zu bringen versuchte.

»Natürlich kommst du aus Surinam, mein kleiner Engel, aber jetzt hat dich der Himmelpapa von ganz weit her zu mir geschickt, und dein Vater ist im Krieg geblieben«, antwortete sie und hüllte mich zärtlich in ein adrettes Lodenmäntelchen, von Muttern selbst geschneidert, versteht sich! Ja, in nächtlichen Träumen residierte ich damals zusammen mit Menschenkindern aus China, Indien, Afrika und dem westlichen Kontinent in einem fernen Land am Meer mit einem großen Regenwald. Exotische Pflanzen und Tiere, würzige Speisen tauchten da in vielen Traumweltnächten in meiner Anderwelt auf. Schon in den ersten Wochen meiner Schulzeit vertraute ich meine surinamischen Traumerlebnisse meinem hochverehrten Herrn Pfarrer an und versprach ihm, dieses Geheimnis, wegen der zu erwartenden Befremdlichkeit, niemals vor meiner Schülerrunde preiszugeben.

Geliebtes Kind trägt viele Namen. (Russisches Sprichwort)

Mit einem Jahr im schützenden Biotop der Großfamilie

Auf einem alten, dickbäuchigen Globus zeigte er mir mein Regenwald-Traumland Surinam, auch Dutch Guyana genannt, an der atlantischen Küste Südamerikas. »Holland hatte diese Kolonie, mit vielen Bodenschätzen und einer üppigen Vegetation ausgestattet, im Jahre 1667 im Tausch mit New Amsterdam, dem heutigen New York, erhalten. Ein Großteil der Bevölkerung war, als Sklaven aus allen Teilen der Welt nach Surinam verschleppt, an die holländische Regierung übergeben worden. Bis zu ihrer Befreiung im Jahre 1863 wurden diese unterdrückten Menschen, in China, Afrika, Indien, den Südseeregionen geraubt, immer noch sträflichst behandelt«, wusste der Priester einem staunenden Mädchen mit bebenden Nasenflügeln zu berichten.

»Die Menschen, denen ich in meinen Träumen begegnen darf, sind jetzt alle ganz frei«, rief ich aufgeregt, die roten Wangen glühend vor Eifer.

»Marianne, du hast bestimmt eine ganz alte Seele, die in einen bayerischen Körper hineingetaucht ist, vielleicht sogar aus einem früheren Leben in Surinam, und bestimmt aus freiem Entschluss.« So sprach ein katholischer Pfarrer, man stelle sich das heute vor. »Du bist anders als die anderen, Marianne, das wird nicht leicht werden auf deinem Lebensweg. Solange ich am Leben bin, werde ich dir mit Rat und Tat zur Seite stehen.« So sprach er tröstlich und hielt dieses Versprechen auch tatsächlich ein.

Bis zu meinem 15. Lebensjahr behielt ich das surinamische Geheimnis tapfer für mich, dann teilte ich es schon einmal mit meinen Mitschülerinnen der Realschule, ausgesuchten Lehrern und Freunden. Ein graues Haar zu meiner angeblich alten Seele war nicht zu entdecken. Mit neunzehn Jahren entdeckte ich im Ärztewartezimmer meines Lehrherrn ein Buch über die Dichterin, Biologin und Malerin Maria Sibylla Merian, Die Reise nach Surinam 1699.

Seitdem verehre ich die Naturforscherin und Tochter des berühmten deutschen Malers und Kupferstechers Matthäus Merian aus Frankfurt am Main aus tiefstem Herzen. Im Jahre 1699 hatte sie, zusammen mit ihrer Tochter, couragiert eine Forschungsreise nach Surinam angetreten, um die Metamorphosen, die stetige Verwandlung der Insekten, vor allem auch der Schmetterlinge des Regenwaldes, zu studieren und durch Malen und Beschreiben zu dokumentieren – und das schon hundert Jahre vor dem legendären Forscher Alexander von Humboldt!

Liebe Leser, in diesem Buch werde ich unter anderem diese verehrte Künstlerin vor Ihren Augen in vollem Glanz auferstehen und Sie im Siebenjahreszyklus an geheimnisvoll verwobenen Berührungspunkten unserer beiden Biografien und der meines Sehnsuchtslandes Surinam teilnehmen lassen.

Delikate exotische Rezepte mit Gewürzen aus dem Multikulti-Zauberkessel des Landes, kombiniert mit meiner bayerisch-surinamischen Küchentradition, werden Ihr Herz erwärmen und Ihre Gaumen verwöhnen. Hinzu kommen die geheimnisvolle Urwaldapotheke der eingeborenen Maroons und der Tiriyo-Indianer des surinamischen Regenwaldes. Schmetterlinge, verehrte Geschöpfe göttlicher Wandlungen, werden Ihnen ihre Aufwartung machen.

Lassen Sie sich auch von meinen aktuellen Gedankengängen und Erkenntnissen überraschen, die ich nun mit siebzig Jahren auf dem beschwerlichen Weg zum Palast der Weisheit täglich schöpfen will.

Ich lade Sie hiermit zusammen mit meiner Seelenschwester Maria Sibylla Merian von Herzen auf eine abenteuerliche Reise in die sehnsuchtsvollen Gefilde meines Traumlandes ein.

Aloha!

So viel vermag die Fülle der Natur

ihren Liebhabern auszurichten,

dass sie ihre Beschauung höher

als ihre gesammelten Schätze achten.

MARIA SIBYLLA MERIAN