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Kundenzentrierte Unternehmensführung

herausgegeben von Stefan Lubritz

Prof. Dr. Ralf T. Kreutzer

Kundenbeziehungsmanagement im digitalen Zeitalter

Konzepte, Erfolgsfaktoren, Handlungsideen

Verlag W. Kohlhammer

 

 

 

 

 

 

 

1. Auflage 2016

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-026269-0

E-Book-Formate:

pdf:       ISBN 978-3-17-026270-6

epub:    ISBN 978-3-17-026271-3

mobi:    ISBN 978-3-17-026272-0

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Idee und Konzept der Schriftenreihe »Kundenzentrierte Unternehmensführung«

 

 

 

 

 

Markt- und Kundenorientierung – eine elementare Zielgröße des Marketing und zugleich das Mantra des Marketing der 80er und 90er Jahre – unterliegt einem schleichenden Entwertungsprozess. Dies wird bereits bei einem oberflächlichen Blick auf die Schwerpunkte der aktuellen Marketingforschung deutlich und bestätigt sich in vielen Berichten aus der Wirtschaftspraxis: schnell wird erkennbar, dass zunächst die Implementierung neuer Technologien, die das Internet eröffnet oder fördert, wesentlich das aktuelle Geschehen bestimmt. Zum anderen steht immer mehr die Bestimmung und Erreichung einer Einzigartigkeit der Marktstellung im Mittelpunkt, über die bekanntlich die Kunden (und auch die Nicht-Kunden) entscheiden.

Neue Technologien erleichtern das Sammeln und Interpretieren und von Kunden- und Interessenteninformationen sowie die Beziehungspflege und –gestaltung durch neue und meist interaktive Kanäle. Aber wie können relevante Inhalte entstehen? Eine »Unique Selling Proposition« oder wenigstens eine »Unique Marketing Proposition« in oftmals gesättigten oder gar schrumpfenden Märkten wird immer schwieriger, Hier setzt das Konzept der Kundenzentrierung an, in dem sich diese beiden Herausforderungen im Marketing miteinander verbinden mit dem Ziel, die Erwartungen anspruchsvoller und zunehmend internetaffiner Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Eine bloße »Orientierung« an Kundenwünschen ist für die langfristige Sicherung des Unternehmenserfolgs dafür längst nicht mehr ausreichend.

In Anlehnung an den jüngst in den USA geprägten Begriff der »Customer Centricity« hat diese Schriftenreihe die ›Kundenzentrierte Unternehmensführung‹ zum Gegenstand. Kundenzentrierung stellt also die Erwartungen und Prioritäten von Kunden und Interessenten in das Zentrum aller Unternehmensbereiche. Angestrebt wird dabei eine kontinuierliche und weitgehend individualisierte Interaktion. Daraus ergibt sich, dass Unternehmen nicht mehr nur ihr Marketing, sondern sämtliche Ziele, Strategien, Prozesse, Strukturen und Verhalten vollständig auf gegenwärtige und zukünftige Kunden ausrichten müssen. Kundenzentrierte Unternehmensführung umfasst damit sowohl die strategische Ausrichtung des Unternehmens an Markt- und Kundenerwartungen als auch eine instrumentelle Perspektive.

Im Rahmen dieser Schriftenreihe soll die allgemein vorherrschende funktionale und damit meist auch nach innen gerichtete Sicht auf kundengerichtete Aktivitäten ersetzt werden durch eine übergreifende, prozessuale Perspektive. Dabei sollen sämtliche marktgerichteten Maßnahmen als Prozesse verstanden werden, an deren End- oder Wendepunkt gegenwärtige und potentielle Kunden stehen. Wie im B2B-Marketing stehen dabei auch zunehmend im B2C-Marketing nicht große Kundensegmente im Mittelpunkt, sondern die Individualität kleiner Segmente, die mit Unterstützung innovativer IT-Lösungen auch als »Segments of one« identifiziert und gezielt angesprochen werden können.

Diese aus der Begriffswelt des »Customer Relationship Management« bereits bekannten Konzepte sind aber vielfach in einer operativ ausgeprägt und weisen oftmals nur geringe Bezüge zur Unternehmensführung auf. Es ist das Anliegen der hier vorgeschlagenen Schriftenreihe, diesen Bezug zu vertiefen und in einer Weise zusammenzuführen, die

•  (zukünftigen) Entscheidungsträgern die Konzepte einer kundenzentrierten Unternehmenfühung aufzeigt und mit entsprechenden Instrumenten versorgt,

•  Praktiker in Marketing, Kundendienst und Vertrieb in die prozessuale Perspektive einführt und »best practices« für optimierte kundengerichtete Prozesse aufzeigt,

•  Studierende in die Paradigmen des CRM einführt ohne den Bezug zur traditionellen, weithin verbreiteten Marketinglehre zu verlieren,

•  Dozenten in die Lage versetzt, o.g. Konzepte in der Lehre zu vertreten.

Die Schriftenreihe soll einem »Framework« folgen, welches das Themengebiet in die Bausteine »Grundlagen«, »Strategie«, »Konzepte und Realisierung« sowie »Analytik« Der Schwerpunkt liegt dabei weniger in einer theoriegeleiteten Diskussion, sondern in der Darstellung der Konzepte und ihrer Realisierung,. Diese Bausteine werden zugleich als die Kernelemente eines »kundenzentrierten Unternehmens« verstanden. Dabei wird eine bewusste Einschränkung auf kunden- und marktorientierte Prozesse vorgenommen und zugleich andere betriebliche Kernfunktionen (wie Einkauf, Produktion, Logistik) ausgeklammert.

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Aus inhaltlicher Sicht wird damit in umfassender Form das Spektrum kundenzentrierter Unternehmensführung abgebildet. Die einzelnen Veröffentlichungen in dieser Reihe sollen aber nicht nur ihren Beitrag zur Vervollständigung des Spektrums dienen, aber zugleich auch »für sich« stehen können.

Allen Autoren dieser Schriftenreihe ist gemein, dass sie nicht nur profilierte Wissenschaftler, sondern zugleich langjährig erfahrene Praktiker sind – gerade in diesem Themenkomplex eine unverzichtbare Kombination. Ihnen danke ich sehr herzlich für Ihre hervorragenden Beiträge zu dieser Reihe und für die anregende Zusammenarbeit. Dem Verlag Kohlhammer, allen voran Herrn Dr. Fliegauf, gilt mein besonderer Dank, denn ohne seine Förderung und Beharrlichkeit wäre es nicht zu dieser Reihe gekommen.

Heidelberg, im August 2015

Prof. Dr. Stefan Lubritz

Geleitwort

 

 

 

 

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

das perfekte Management der Kundenbeziehungen ist und bleibt eine der wesentlichen Voraussetzungen für den Erfolg jedes Unternehmens, offline wie online. Deshalb ist es zielführend, sich nicht nur bezüglich der neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten, sondern sich immer wieder auch die bewährten Standards des CRMs vor Augen zu führen.

Professor Kreutzer, seit über 25 Jahren in Sachen Dialog-Marketing und CRM als Berater, Autor und Vortragender unterwegs, hat seinen breiten Erfahrungsschatz mit den neuesten Erkenntnissen aus Forschung und Praxis in diesem Werk zusammengeführt. Und das ist lesenswert! Denn das, was der Titel Kundenbeziehungsmanagement verspricht, wird auch geliefert.

Punkt für Punkt erfolgt eine Einführung in die zentralen Grundlagen des Kundenbeziehungsmanagements. Dabei wird im 1. Kapitel der Kundenwert zu Recht als wichtiger Orientierungspunkt für das unternehmerische Handeln im Rahmen des CRMs herausgestellt. Das 2. Kapitel widmet sich anschaulich den unterschiedlichen Informationsquellen, die ein zielorientiertes Kundenbeziehungsmanagement heute ausschöpfen kann. Dabei werden auch die wichtigsten datenschutzrechtliche Aspekte beleuchtet. Die Kapitel 3, 4 und 5 widmen sich ausführlich der Neukundenakquisition, der Kundenbindung und der Kundenrückgewinnung. Die Ausführungen werden anhand einer Vielzahl gut illustrierter Beispiele verdeutlicht. Hierdurch wird eine Umsetzung der Anregungen und Ideen in eigenes Tun leicht gemacht.

Das 6. Kapitel konzentriert sich auf die zentralen Grundlagen des erfolgreichen Aufbaus eines Kundenbeziehungsmanagements. Dabei wird nicht nur die Notwendigkeit einer strategischen Einbindung herausgearbeitet, sondern auch auf die Notwendigkeit eines Change-Managements zur erfolgreichen Verankerung des CRMs im Unternehmen hingewiesen. Zu viele Projekte sind genau an diesem Punkt bisher gescheitert!

Spannend ist auch das 7. Kapitel, das sich zentralen Trends widmet. Hier wird u. a. darauf hingewiesen, dass sich Marketing immer mehr zum Service entwickeln muss, um auf Gehör der Kunden zu stoßen. Außerdem wird aufgezeigt, wie eine Customer Integration ausgestaltet werden kann und warum viele Unternehmen dabei sind, eigene Eco-Systeme aufzubauen. Auch hier werden wichtige Denkanstöße vermittelt.

Ein aussagefähiges Stichwortverzeichnis und eine Vielzahl von treffenden Fragen zur Vertiefung der präsentierten Inhalte in Verbindung mit einer großen Zahl sehr eingängiger Abbildungen lassen keine Wünsche offen. Besonders gut gefallen mir die vielen Praxisbeispiele, die das Buch für Einsteiger wie Profis gleichermaßen geeignet machen. Prädikat: sehr lesenswert!

Martin Nitsche

Präsident des Deutschen Dialogmarketing Verbandes, Frankfurt

August 2015

Vorwort

 

 

 

 

 

Immer in Eile zu sein, ist die größte Zeitverschwendung!

Lilo Keller

Geschätze Leserin, geschätzter Leser,

im vorliegenden Werk zum Kundenbeziehungsmanagement – auch CRM für Customer Relationship Management – werden die wesentlichen Aufgaben und zentralen Instrumente des Beziehungsaufbaus zu Kunden beschrieben. Es wird dargestellt, warum das Kundenbeziehungsmanagement für eine zunehmende Anzahl von Unternehmen bereits zentrale Bedeutung erlangt hat oder erlangen wird – unabhängig davon, ob diese Unternehmen online oder offline agieren!

Dabei wird zunächst der Kundenbeziehungslebenszyklus als zentraler Orientierungsrahmen für alle CRM-Aktivitäten vorgestellt. Außerdem wird verdeutlicht, warum viel mehr Unternehmen als bisher auf den Kundenwert als zentrale Zielgröße fokussieren sollten. Erst auf Basis des Kundenwertes kann gewährleistet werden, dass der Kunde – sei er Konsument oder Geschäftskunde – in Abhängigkeit von der Intensität seiner Beziehung zum jeweiligen Unternehmen angemessen bedient wird. Um dies zu erreichen, benötigen Unternehmen für eine Individualisierung der Betreuung eine Vielzahl von Informationen über ihre Kunden und Interessenten. Der Erwerb dieser Informationen, die Einschätzungen ihrer Güte sowie ihre Pflege werden ausführlich behandelt.

Im Anschluss werden eine Vielzahl von On- und Offline-Instrumenten zur Neukundenakquisition beschrieben. Anschließend wird das große Aufgabenfeld der Kundenbindung durchleuchtet und wichtige Handlungsimpulse vermittelt. Auch die Aufgabenstellung der Kundenrückgewinnung wird bearbeitet. Dabei werden jeweils auch Konzepte präsentiert, mit denen die Erfolgsträchtigkeit des eigenen Tuns untersucht werden kann.

Zusätzlich wird auf die Ziele und Anforderungen eingegangen, die mit der Einführung eines Systems des Kundenbeziehungsmanagements einhergehen. Ein Blick auf wichtige Trends im Kundenbeziehungsmanagement rundet die Darstellung ab.

Ich wünsche Ihnen, meinen sehr verehrten Leserinnen und Lesern, eine spannende Lektüre, viele Anregungen – und vor allem die Kraft und Ausdauer, um viele der gewonnenen Erkenntnisse und Anregungen im täglichen Tun umzusetzen.

Königwinter – Berlin, August 2015

Ralf T. Kreutzer

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

 

 

  1. 1 Relevanz und Grundlagen des Kundenbeziehungsmanagements
  2. 1.1 Kennzeichnung und Ziele des Kundenbeziehungsmanagements im Marketing
  3. 1.2 Kundenwert als zentraler Orientierungspunkt
  4. 1.3 Kundenbeziehungslebenszyklus als Orientierungsrahmen des Kundenbeziehungsmanagements
  5. 2 Informatorische Voraussetzungen eines Kundenbeziehungsmanagements
  6. 2.1 Relevante Informationsbedarfe
  7. 2.2 Konzepte zur internen und externen Gewinnung von Informationen
  8. 2.2.1 Interne Informationsgewinnung
  9. 2.2.2 Externe Informationsgewinnung
  10. 2.2.2.1 Informationsgewinnung im BtC-Markt
  11. 2.2.2.2 Informationsgewinnung im BtB-Markt
  12. 2.3 Methoden zur Aktualisierung von Informationen
  13. 2.3.1 Überprüfung der postalischen Korrektheit von Adressen
  14. 2.3.2 Überprüfung der Zustellbarkeit auf Adressbasis und Bonitätsprüfung
  15. 2.4 Vorgehensweisen zur zielorientierten Verdichtung von Informationen
  16. 2.4.1 Reporting
  17. 2.4.2 Analysen
  18. 2.4.3 Monitoring
  19. 2.4.4 Prognosen
  20. 2.5 Datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen der Informationsbewirtschaftung und Kundenansprache
  21. 3 Neukundenakquisition im Kontext des Kundenbeziehungsmanagements
  22. 3.1 Leitideen für die Neukundenakquisition
  23. 3.2 Konzepte der Neukundenakquisition
  24. 3.2.1 Klassische Response-Medien
  25. 3.2.2 Coupon-Kataloge und Beilagen
  26. 3.2.3 Sampling
  27. 3.2.4 Mailings
  28. 3.2.5 Telefon-Marketing
  29. 3.2.6 Online-Marketing
  30. 3.2.6.1 Kennzeichnung des Online-Marketings
  31. 3.2.6.2 Suchmaschinen-Marketing
  32. 3.2.6.3 Affiliate-Marketing
  33. 3.2.6.4 Social-Media-Marketing
  34. 3.2.7 E-Mail-Marketing und E-Newsletter
  35. 3.2.8 Außendienst
  36. 3.2.9 Freundschaftswerbung
  37. 3.2.10 Dialogprogramm – Interessenten
  38. 3.3 Controlling von Maßnahmen zur Neukundenakquisition
  39. 4 Kundenbindung im Kontext des Kundenbeziehungsmanagements
  40. 4.1 Vorbemerkung: Beziehung zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
  41. 4.2 Konzepte zur Erreichung von Kundenbindung
  42. 4.2.1 Grundlagen für eine Steigerung der Kundenbindung
  43. 4.2.2 Dialogprogramm – Kunden
  44. 4.2.3 Sammelkarten
  45. 4.2.4 Kundenkarten
  46. 4.2.4.1 Grundlagen und Konzepte von Kundenkarten
  47. 4.2.4.2 Leistungsvorteile von Kundenkarten aus der Kundenperspektive
  48. 4.2.4.3 Leistungsvorteile von Kundenkarten aus der Unternehmensperspektive
  49. 4.2.5 Kundenmagazine
  50. 4.2.6 Kundenclubs
  51. 4.2.6.1 Grundlagen und Konzepte von Kundenclubs
  52. 4.2.6.2 Fallbeispiele BtC-Clubs
  53. 4.2.6.3 Fallbeispiele BtB-Clubs
  54. 4.2.7 Online-Communitys und Blogs
  55. 4.3 Controlling von Kundenbindungskonzepten
  56. 4.3.1 Wirkungs-Controlling auf Unternehmensebene
  57. 4.3.2 Programm-Controlling auf Ebene des Kundenbindungskonzepts
  58. 4.3.3 Prozess-Controlling auf Ebene des Kundenbindungskonzepts
  59. 5 Kündigerprävention und -rückgewinnung im Kontext des Kundenbeziehungsmanagements
  60. 5.1 Identifikation von potenziellen Kündigern und inaktiven Kunden
  61. 5.2 Konzepte zur Rückgewinnung von Kündigern und inaktiven Kunden
  62. 5.3 Controlling von Maßnahmen zur Kündigerprävention und -rückgewinnung
  63. 6 Einführung eines Systems zum Kundenbeziehungsmanagement
  64. 6.1 Strategische Einbindung von Systemen zum Kundenbeziehungsmanagement
  65. 6.2 Change-Management zur Implementierung eines Systems zum Kundenbeziehungsmanagement
  66. 6.3 Konzeptionelle Überlegungen zur Implementierung eines Systems zum Kundenbeziehungsmanagement
  67. 7 Trends im Kundenbeziehungsmanagement
  68. 7.1 Multi-Channel-Kommunikation
  69. 7.2 Marketing wird sich zum Service entwickeln
  70. 7.3 Customer Integration
  71. 7.4 Aufbau von leistungsstarken Eco-Systems
  72. Der Autor
  73. Literaturverzeichnis
  74. Glossar
  75. Stichwortverzeichnis

Eine wichtige Leitidee für den Dialog mit unseren Kunden

 

 

 

 

 

Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht irgendjemand ein wenig schlechter machen kann und etwas billiger verkaufen könnte, und die Menschen, die sich nur am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher Menschen.

Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann.

Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen, etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für etwas Besseres zu bezahlen.

John Ruskin (1819–1900)

1         Relevanz und Grundlagen des Kundenbeziehungsmanagements

 

 

 

 

 

Vertrauen kommt zu Fuß und geht zu Pferd.

Volksweisheit

1.1        Kennzeichnung und Ziele des Kundenbeziehungsmanagements im Marketing

Das Kundenbeziehungsmanagement – auch Customer Relationship Management (CRM) genannt – ist ein konzeptioneller Ansatz im Marketing, der eine ganzheitliche, einzelkundenorientierte Betreuung von Zielgruppen im Rahmen des Kundenbeziehungslebenszyklus durch integrierte Marketing-Maßnahmen zur Erreichung von Marketing-Zielen anstrebt. Die Ermittlung des Kundenwerts stellt für die Fokussierung der Akquisition und Betreuung eine unverzichtbare Anforderung dar. Im Kern geht es um das zielorientierte Ausgestalten von profitablen Beziehungen zu Kunden. Die Gewinnung der Kundenadressen in Verbindung mit weiteren Profildaten bietet die Grundlage für eine differenzierte Kundenansprache. Dabei gilt es, adäquate interne und externe Quellen zur Datengewinnung wie auch zur Datenaktualisierung zu nutzen (vgl. weiterführend Holland 2014; Bruhn 2012; Sevenich 2011; Keuper, Mehl 2011; Kreutzer 2009; Schneider 2008). Beim CRM steht also nur eine Teilmenge der im Stakeholder-Konzept angesprochenen Zielgruppen im Mittelpunkt. Dies sind die in Abb. 1.1 im Zentrum positionierten Gruppen:

•  Wunsch- oder Ziel-Kunden, die ein Unternehmen für sich gewinnen möchte,

•  Interessenten, d. h. Personen, die bereits ein generelles Interesse an den Leistungen des Unternehmens gezeigt haben und von denen Kommunikationsdaten (E-Mail, Telefonnummer, Adresse) vorliegen,

•  gegenwärtige und ehemalige Kunden, die nach dem Kaufakt weiter zu betreuen und für zusätzliche Käufe zu gewinnen sind.

Ist- und Wunsch-Kunden wie auch Interessenten können sowohl Konsumenten als auch Unternehmen bzw. deren Repräsentanten sein.

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Abb. 1.1: Zielgruppen der unternehmerischen Kommunikation

Im Zuge des Kundenbeziehungsmanagement werden drei Kernziele angestrebt:

•  Informationsziele

    Im Rahmen des CRMs sollen Informationen über das Unternehmen, dessen Unternehmenskultur, Leistungsprogramm, Stellung im Markt etc. an die o. g. Zielgruppen übermittelt werden. Dabei stehen/steht die Bekanntmachung des Unternehmens und/oder dessen Leistungen an erster Stelle.

•  Beeinflussungsziele

    Die Bereitstellung von Informationen erfolgt nicht als Selbstzweck, sondern dient der Erreichung übergeordneter Ziele. So soll bspw. durch die Kommunikation ein positives Image des Unternehmens bei Wunschkunden, Interessenten oder Kunden entstehen. Der Einsatz verschiedener Instrumente erfolgt mit dem Ziel, die Wahrnehmung und Bewertung eines Unternehmens und seiner Leistungen durch Dritte zu beeinflussen.

•  Steuerungsziele

    Schließlich sollen durch die Veränderung von Einstellungen konkrete Verhaltensweisen erreicht werden, insbesondere der Kauf eines Produktes, die Nachfrage nach einer Dienstleistung oder bspw. die Freundschaftswerbung.

Die oben angesprochene einzelkundenbezogene Betreuung setzt zunächst eine umfassende Analyse der Interessenten und gegenwärtigen Kunden voraus:

•  Welche Art von Interessenten und Kunden hat ein Unternehmen bisher gewonnen?

•  Wodurch zeichnen sich diese Personen oder Unternehmen aus?

•  Wie groß ist der Anteil an Kunden, die den (vom Unternehmen) angestrebten Kundenprofilen entsprechen?

•  Wie hoch ist der Kundenwert bei den einzelnen Kunden oder Kundengruppen?

Erst durch diese Analysen wird deutlich, wer die Wunschkunden eines Unternehmens sein sollten. Kunden können Wunschkunden sein, weil sie bspw. besonders hohe Deckungsbeiträge generieren oder für die Eroberung weiterer Märkte eine wichtige Multiplikator- bzw. Meinungsführerfunktion aufweisen. Außerdem werden durch die Analyseergebnisse wichtige Ansatzpunkte zur Steigerung des Kundenwert ersichtlich. Eine Steigerung kann in drei Bereichen erfolgen – hier wird auch vom Dreiklang der Kundenbeziehung gesprochen:

•  More Sell

    Hier soll der Kunde »mehr vom Gleichen« kaufen. Aus Sicht des Kreditkartenunternehmens American Express soll der Kunde bspw. die Karte häufiger einsetzen. Dies erhöht nicht nur die Einnahmen für den Kartenemittenten, sondern zeigt auch den Vertragspartnern die Relevanz dieser Kreditkarte. Gleichzeitig beweist es dem Kunden, wie gut es ist, genau diese Karte zu haben.

•  Cross Sell

•  Hierdurch wird angestrebt, dass der Kunde auch Umsätze in anderen Angebotsfeldern des Unternehmens tätigen soll. Beim o. g. Kreditkartenunternehmens soll der Kunde auch Finanzdienstleistungsangebote wie Versicherungen oder Überziehungskredite in Anspruch nehmen. Hierdurch gelingt es, aus einer Kundenadresse nicht nur einen höheren Umsatz, sondern idealerweise auch einen höheren Deckungsbeitrag auf Kundenebene zu erwirtschaften.

•  Up Sell

    Der Kunde soll hier zur Nachfrage höherwertiger Angebote des Unternehmens motiviert werden. In unserem Beispiel soll sich der Kunden für eine Gold Card entscheiden, die für das Unternehmen einen höheren Deckungsbeitrag erlöst.

Einem Unternehmen kann es folglich nicht nur darum gehen, Kunden einfach nur länger zu binden. Die auf Kundenbindung abzielenden Aktivitäten sollten gleichzeitig mit der Erschließung von More-, Cross- oder Up-Sell-Potenzial einhergehen. Zur Erreichung dieser Ziele wird auf eine Vielzahl von Instrumenten des Dialog- und Online-Marketings zugegriffen (vgl. weiterführend Kreutzer 2014; Holland 2014; Meffert, Rauch 2013; Krafft 2013; Wirtz 2011; Kreutzer 2009).

Mit den ersten Umsätzen, die mit einem Neukunden erzielt werden, muss ein Unternehmen zunächst die Akquisitionskosten finanzieren, die im Jahr der Kundengewinnung entstehen. Gewinne (in Abb. 1.2 als Basisgewinn bezeichnet) werden häufig erst in den Folgejahren erwirtschaftet. Mit längerer Verweildauer eines Kunden können zusätzliche Gewinne (bspw. aufgrund geringerer Verwaltungsaufwendungen) erzielt werden. Gewinne erhöhen sich auch durch eine steigende Kauffrequenz und höhere Rechnungsbeträge (Wirksamwerden der Ausschöpfung von More-, Up- und Cross-Sell-Potenzial). Loyale Kunden reagieren außerdem generell weniger stark auf Preisanhebungen, sodass diese leichter durchsetzbar sind und die Deckungsbeiträge weiter erhöhen. Schließlich sind treue Kunden wichtige Freundschaftswerber, wodurch sich durch zusätzlich gewonnene Kunden weitere Ergebnisverbesserungen für Unternehmen einstellen. Es ist also grundsätzlich lohnend, die »Haltedauer« von Kunden zu erhöhen, um eine höhere Wertschöpfung zu erzielen. Dies gilt vor allem dann, wenn in eine Vertiefung der Kundenbeziehung investiert wird.

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Abb. 1.2: Wirkungen einer längeren Kundenbeziehung (Quelle: In Anlehnung an Meyer, Dornach 1995: 41)

Bei allen Maßnahmen ist kontinuierlich zu prüfen, wie effizient deren Einsatz jeweils ist. Hierzu können die folgenden Fragen wichtige Anstöße liefern:

•  Werden die richtigen Informationen zur Beschreibung der Zielgruppe herangezogen?

•  Werden die leistungsstärksten Konzepte zur Ausschöpfung des More-, Up- und Cross-Sell-Potenzials eingesetzt?

•  Kommen besonders wirksame Kundenbindungsmaßnahmen zum Einsatz?

•  Erfolgt eine Fokussierung auf die richtigen Kundensegmente?

Vor diesem Hintergrund sind alle auf die Steigerung der Kundenzufriedenheit und -bindung ausgerichteten Maßnahmen daraufhin zu analysieren, ob sie einen Beitrag zu den definierten Zielen des Unternehmens leisten. Für diese Analyse kommt dem Kundenwert eine zentrale Bedeutung zu.

1.2        Kundenwert als zentraler Orientierungspunkt

Die Erfassung des Kundenwertes hat für viele Unternehmen noch keine hohe Priorität. Studien zeigen immer wieder, dass sich heute noch weniger als 40% der Unternehmen mit der Kalkulation von Kundenwert befassen (vgl. Mengen 2011). Folgende Fragen bleiben deshalb in vielen Unternehmen nach wie vor unbeantwortet:

•  Wer sind meine besten Kunden und wie wird ihre Güte gemessen? Am Umsatzoder am Deckungsbeitrag? Wird die Messgröße als Vergangenheits-bzw. als Ist-Wert oder als Prognose eingesetzt?

•  Wie loyal sind die Kunden und wie wird Loyalität gemessen? An der Länge der Kundenbeziehung, an der Anzahl erfolgreicher Weiterempfehlungen oder an der Umsatzhöhe? Bei letzterer kann noch zwischen absoluter oder relativer Umsatzhöhe i. S. des Share of Wallet unterschieden werden. Der Share of Wallet bezeichnet den monetären Anteil eines Unternehmens am gesamten Umsatz eines Kunden, den dieser in einer spezifischen Produktkategorie tätigt. Wenn ein Kunde von dem Jahresbudget für Bekleidung in Höhe von 750 € in einem Jahr 410 € bei Anson’s und 75 € bei Hess Natur investiert, hat Anson’s einen Share of Wallet von 55% und Hess Natur von 10% erzielt.

•  Auf welche Segmente werden Kundenbindungsmaßnahmen fokussiert? Und warum?

•  Über welche Akquisitionswege und durch welche Akquisitionsmaßnahmen werden die besten/schlechtesten Kunden gewonnen? Welches sind die Ursachen dafür?

•  Durch welche Angebote werden die besten/schlechtesten Kunden gewonnen? Weshalb?

•  Durch welche Betreuungsmaßnahmen werden Kunden am effizientesten gebunden? Wie gelingt dies?

Wenn solche Fragen nicht gestellt und nicht fundiert beantwortet werden können, erreicht die Marketing-Steuerung weder ihre Effektivitäts- noch ihre Effizienzziele. Die Notwendigkeit, diese Ziele zu erreichen, ergibt sich auch aus dem Anspruch, dass Marketing sich seiner Aufgabe nicht nur als Strategieführer, sondern auch als Profittreiber stellt. Um dieser Funktion gerecht zu werden, muss Marketing seine Aktivitäten stärker auf die Profitabilität des eigenen Tuns ausrichten und den zunehmend geforderten ROMI, den Return on Marketing Invest, beweisen!

Die qualifizierte Ermittlung des Kundenwerts stellt die Grundlage für ein wertorientiertes Kundenmanagement dar. Hierunter ist die Entwicklung von Konzepten zu verstehen, die zur Auswahl und Bearbeitung profitabler Kundenbeziehungen beitragen (Images Abb. 1.3). Das wertorientierte Kundenmanagement besteht aus zwei Aufgaben. Zum einen ist dies die Auswahl der zu gewinnenden und zu haltenden Kunden. Zum anderen ist es die Ausgestaltung der Kundenbetreuung, die sich an dem in Abschnitt 1.3 beschriebenen Kundenbeziehungslebenszyklus orientiert. Zusammenfassend können die Aufgaben eines wertorientierten Kundenmanagements gekennzeichnet werden als Selektion, Aufbau, Gestaltung, Erhaltung und Beendigung von Geschäftsbeziehungen zu einzelnen Kunden oder Kundengruppen auf Basis ihrer Wertbeiträge zu definierten Unternehmenszielen (vgl. Helm, Günter 2006: 11). Diese Wertbeiträge werden auch als Kundenwert bezeichnet.

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Abb. 1.3: Aufgabe und Stoßrichtungen eines wertorientierten Kundenmanagements

Analysiert man heute in Unternehmen, in welcher Weise der Wertbeitrag einzelner Kunden operationalisiert wird, dann zeigt sich das folgende Bild:

•  Es finden sich – abgesehen von den Unternehmen, die ihre Kunden überhaupt nicht klassifizieren (können) – allgemeine Beschreibungen wie gute und schlechte Kunden, wobei die konkrete Bedeutung der Attribute unklar bleibt. Auch gibt es die Klassifizierung in Groß- und Klein-Kunden. Dahinter verbirgt sich häufig die nicht immer zutreffende Annahme, dass ein Großkunde automatisch auch ein profitablerer Kunde sei. Zusätzlich wird auf die Länge der Kundenbeziehung, die Weiterempfehlungsrate, die Kommunikationsintensität und weiteres abgehoben.

•  Die Unterscheidung zwischen Lauf- und Stammkunden kennzeichnet insbesondere im stationären Einzelhandel zwar ein Verhaltensmerkmal der Kunden; sie sagt jedoch nichts über Umsatzhöhen und erzielte Deckungsbeiträge aus. Auch die Unterscheidung zwischen Online- und Offlinekunden alleine hilft nicht weiter, weil die Frage nach den durch die Kunden erwirtschafteten Ergebnissen unbeantwortet bleibt.

•  Bei der ABC-Analyse wird zumindest die Verteilung der Kunden in Abhängigkeit von ihrer Umsatzhöhe oder der erzielten Deckungsbeiträge dargestellt. Die dabei sichtbar werdenden Konzentrationserscheinungen können für das Kundenbindungsmanagement eine wichtige Orientierung liefern. Allerdings wird bei der klassischen ABC-Analyse Verhalten aus der Vergangenheit (d. h. vergangene Umsätze) in der Gegenwart belohnt, während zukünftige Potenzialträger, die gegenwärtig noch im B- und C-Segment erscheinen, keine wertorientierte Betreuung erhalten, weil ihr Potenzial noch nicht erkannt wurde.

Eine Studie von Verint (2014) bei 78 Führungskräften bei Unternehmen im deutschsprachigen Raum zeigt, wie dort »gute Kunden« definiert werden (Images  Abb. 1.4). Hier zeigt sich ein wenig überzeugendes Bild, weil in keinem Falle ein überzeugendes Kundenwertmodell zum Einsatz kommt. Sich allein auf die Dauer einer Kundenbeziehung zu konzentrieren, ist nicht sehr wertorientiert. Auch der Fokus auf die Kommunikationsintensität oder die Umsatzhöhe (ohne Ermittlung der erzielten Deckungsbeiträge) hilft nicht wirklich weiter. Bei der Freundschaftswerbung sollte nicht nur auf die Anzahl der Weiterempfehlungen geachtet werden, sondern auch darauf, wie profitabel sich die empfohlenen Kunden selbst entwickeln.

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Abb. 1.4: Definition von »guten Kunden« (n = 78; Mehrfachnennungen möglich) (Quelle: Verint 2014: 1)

Es muss also eine höhere Informationsdichte geschaffen werden, um das Erkenntnispotenzial für eine wertorientierte Steuerung auszuschöpfen. Die wichtigsten Fehlerquellen, die bei einem wertorientierten Kundenmanagement vermieden werden müssen, sind in Abb. 1.5 in der ersten Spalte genannt und werden im Folgenden beschrieben.

•  Häufig findet eine Kundenwertermittlung ex post statt, ohne zu hinterfragen, ob das in der Vergangenheit gezeigte Kundenverhalten auch in der Zukunft zu erwarten ist. Kunden mit Entwicklungspotenzial können so nicht systematisch erkannt werden.

•  Es werden statische Modelle genutzt, die auf eine reine Trendextrapolation (»mehr vom Gleichen«) setzen, ohne mögliche Systembrüche bzw. Diskontinuitäten im Verhalten zu antizipieren und bei der Kundenwertermittlung zu berücksichtigen.

•  Ein undifferenzierter Ansatz liegt vor, wenn nicht berücksichtigt wird, dass sich Kundengruppen im Zeitablauf verschieden entwickeln können.

•  Bei der Kundenbewertung wird nicht berücksichtigt, über welchen Weg ein Kunde angesprochen und welches Angebot ihm unterbreitet wurde (Aktionsunabhängigkeit der Bewertung).

•  Ein eindimensionaler Ansatz wird eingesetzt, wenn lediglich ein einziges Kriterium zur Wertermittlung herangezogen wird. Häufig ist dies der Umsatz, ohne zu berücksichtigen, dass dieser nicht bei allen Kundengruppen positiv mit dem Deckungsbeitrag korreliert.

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Abb. 1.5: Fehlerquellen in der Kundensteuerung (Quelle: In Anlehnung an Helm, Günter 2006: 24)

Die Folgen eines solchen Vorgehens, das die Grundregeln des wertorientierten Kundenmanagements verletzt, sind:

•  Defizite in der Kundenakquisition: Durch eine ungenügende Kundenwertermittlung werden u. U. auch in Zukunft weniger relevante (marginale) Kunden gewonnen, die keine oder negative Deckungsbeiträge für das Unternehmen erwirtschaften. Außerdem werden möglicherweise weiterhin Kommunikationskanäle, Angebote zur Neukundengewinnung und/oder spezifische Anreizmechanismen eingesetzt, die nicht zu langfristig werthaltigen Kunden führen, sondern bspw. nur Schnäppchenjäger anziehen.

•  Defizite in der Kundenentwicklung: More-, Up- und Cross-Sell-Potenzial wird nicht erkannt oder kann nicht in geeigneter Weise ausgeschöpft werden. Dann werden bspw. Mailings an Kunden versandt, die keinen Mehrumsatz leisten können, während Kunden mit einem zusätzlichen Umsatzpotenzial unter Umständen unbetreut bleiben. Außerdem wird ein möglicher Informations-, Referenz- und Produktionswert von Kunden nicht genutzt, weil dieser bei der Bewertung ignoriert wird.

•  Defizite in der Kundenrückgewinnung: Es wird ein falscher Fokus (etwa i. S. einer Rückholung von marginalen Kunden) gesetzt, oder es werden falsche Kanäle, Angebote und/oder Anreizmechanismen dafür eingesetzt.

Ein Kundenmanagement, das dagegen auf einem differenzierten Kundenwert basiert, hat bei der Akquisition und Betreuung von Kunden die in Abb. 1.6 genannten Fokussierungen bzw. Optimierungen vorzunehmen.

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Abb. 1.6: Differenziertes Kundenmanagement

Welche Kriterien zur Ermittlung des Kundenwerts eingesetzt werden können, zeigt Abb. 1.7.

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Abb. 1.7: Kriterien zur Ermittlung des Kundenwerts

Hinsichtlich des Zeitbezugs kann unterschieden werden, ob eine reine ex-post-Betrachtung stattfindet, die lediglich Aktivitäten in der Vergangenheit berücksichtigt; oder ob versucht wird, zukünftige Entwicklungen zu prognostizieren (ex-ante-Ansatz). Zusätzlich ist zu prüfen, ob ein Ein-Perioden-Ansatz (bspw. durch die Beschränkung auf eine halbjährige Bestellsaison im Online-Handel oder auf ein komplettes Geschäftsjahr) stattfinden soll, oder ob mehrere Perioden in die Bewertung einfließen sollen. Die Entscheidung wird von den saisonalen Schwankungen eines Geschäftsfelds abhängen. Im Online-Handel für Bekleidung ist es sinnvoll, die Frühjahr/Sommer- bzw. Herbst/Winter-Saison getrennt voneinander zu bewerten, weil es häufig reine Saison-Käufer gibt. Eine periodenübergreifende Betrachtung würde sonst aus einem Top-Kunden »Frühjahr/Sommer« und einem Nicht-Kunden »Herbst/Winter« kundenwertbezogen einen Durchschnittskunden machen und damit dem spezifischen Profil des Kunden nicht gerecht werden.

Es ist zu unterscheiden, ob Einzelpersonen bzw. einzelne Unternehmen oder ob verschiedene Kundengruppen betrachtet werden. Grundsätzlich gilt, dass mit leistungsstarken Analyse- und Prognosemethoden eine einzelkundenorientierte Betrachtung vorzuziehen ist, da die Individualität jedes Kunden berücksichtigt werden kann. Nur die Einzelkundenbewertung liefert die notwendigen Steuerungsinformationen für eine zielorientierte Kundenbetreuung.

Es gibt statische Konzepte, die bei einer Prognose eine Verlängerung der in der Vergangenheit beobachteten Zeitreihe in die Zukunft beinhalten (Extrapolation). Dynamische Modelle versuchen dagegen, weitere Einflussfaktoren bei der Prognose zu berücksichtigen. Damit wird grundsätzlich eine höhere Prognosequalität erreicht (vgl. vertiefend Pfeiffer, Imhoff 2008).

Die Konzepte zur Kundenwertermittlung können auch hinsichtlich der Anzahl der einbezogenen Dimensionen unterschieden werden. Eindimensionale Ansätze konzentrieren sich auf den Umsatz oder den Deckungsbeitrag. Mit mehrdimensionalen Modellen lassen sich die unterschiedlichen Facetten eines Kundenwerts – über Umsatz oder Deckungsbeitrag hinaus – berücksichtigen. Zum anderen ist zwischen Ansätzen zu unterscheiden, die monetäre Faktoren (wie bspw. den Umsatz) und nicht-monetäre Faktoren (wie bspw. den Referenzwert eines Kunden) berücksichtigen.

Die Werterealisierung kann vom Ein- bzw. Auszahlungszeitpunkt der kundenwertbestimmenden Faktoren abstrahieren und diese rein nominal betrachten. Hiervon zu unterscheiden sind Konzepte, die zukünftige Ein- und Auszahlungen auf den Bewertungszeitpunkt abdiskontieren. Dabei erlangt der zum Diskontieren einbezogene Zinssatz eine besondere Bedeutung, da dieser maßgeblich den zu ermittelnden Barwert der Ein- und Auszahlungen bestimmt.

Die größte Bandbreite bei den Modellen zur Kundenwertermittlung gibt es bezüglich der Treiber des Kundenwerts. Es ist zu entscheiden, welche Erfolgsgrößen und welche Kostenkategorien bei der Kundenwertermittlung berücksichtigt werden. Häufigstes Kriterium ist der Umsatz, wobei bezüglich der zukünftigen Umsatzentwicklung oft nicht zwischen dem More-, Cross- oder Up-Sell-Potenzial differenziert wird. Vielfach wird nur der bisherige Umsatz bei der Kundenwertermittlung zugrunde gelegt. Eine wichtige, aber noch viel zu selten eingesetzte Erfolgsvariable ist der Deckungsbeitrag, der kunden- oder zumindest kundengruppenspezifisch als Summe der Deckungsbeiträge aller erworbenen Produkte oder genutzten Dienstleistungen zu ermitteln ist. Welche Erkenntnisse beim Fokus auf den Deckungsbeitrag gewonnen werden können, zeigt Abb. 1.8. Aufgrund einer einfachen Kundengruppenanalyse nach dem Deckungsbeitrag werden aussagekräftige Ergebnisse erzielt:

•  Mit 40% der Kunden (sogenannte D-Kunden) werden in diesem Beispiel nur 5% des Ergebnisses erwirtschaftet.

•  10% der Kunden (A-Kunden) tragen dagegen 50% zum Gewinn bei.

•  Eine vertiefende Analyse zeigt zusätzlich, dass 66% der Kunden einen negativen Deckungsbeitrag aufweisen und 21% der Kunden nur einen leicht positiven Deckungsbeitrag erwirtschaften.

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Abb. 1.8: Exemplarische monetäre Ergebnisbetrachtung nach Kundengruppen

Soweit Deckungsbeiträge auf Kundenseite ermittelt werden, fließen hierbei in der Regel die angebotsbezogenen Kosten für die gelieferten Produkte bzw. für die Erbringung von Dienstleistungen ein. Seltener werden bei einer solchen Deckungsbeitragsermittlung auch die Transaktionskosten berücksichtigt, die mit einer Kundenbeziehung einhergehen. Hierzu zählen die kundengetriebenen Betreuungskosten, die der Kunde aufgrund seines spezifischen Verhaltensmusters verursacht (bspw. durch ein hohes Retournierverhalten, viele Anrufe im Call-Center, schleppende Bezahlung mit der Folge von Zins- und Handlingkosten). Zusätzlich sind die unternehmensgetriebenen Betreuungskosten zu kalkulieren, bspw. durch die Berücksichtigung der Kosten in Abhängigkeit von der Anzahl und den Inhalten von Werbeanstößen (bspw. Versand eines hochwertigen Katalogs) sowie von telefonischen und E-Mail-Ansprachen oder Außendienstbesuchen.

Die Werthaltigkeit eines Kunden ist allerdings nicht auf monetäre Größen beschränkt. So kann ein Kunde – sowohl im BtB- als auch im BtC-Markt – für das Unternehmen einen wichtigen Referenzwert besitzen. Wenn eine berühmte Persönlichkeit oder ein bekanntes Unternehmen das eigene Produkt nutzt, ist damit eine Imagewirkung verbunden, die es zu bewerten gilt. Gleiches gilt für eine Meinungsführer- bzw. Multiplikator-Rolle, die ein Kunde einnehmen kann. Eine solche Information kann bspw. über die sozialen Netze wie Facebook oder über Twitter in eine globale Zielgruppe hinein kommuniziert werden (vgl. vertiefend Kreutzer, 2014, S. 337–461). Die Wirkung zeigt sich bspw. in der Anzahl der durch Freundschaftswerbung gewonnenen kaufenden Kunden sowie den Fans bei Facebook und Follower bei Twitter.

Ein Kunde kann auch hinsichtlich seines Informationswerts bewertet werden, wenn dieser als Ideengeber oder Kreativpartner für das Unternehmen tätig wird. Eine noch intensivere Beziehung wird durch den Produktionswert zum Ausdruck gebracht, wenn der Kunde zum Co-Producer wird. Hierzu können die unterschiedlichsten Konzepte und (Online-)Plattformen zum Einsatz kommen (vgl. dazu Lang, Reich 2008; weiterführend Kreutzer 2013: 220–232).

Der Begriff des Customer Lifetime Value (CLV) stellt die Summe der nach den oben genannten Kriterien ermittelten Wertbeiträge eines Kunden aggregiert über die mögliche oder angestrebte Dauer der Beziehung zu einem Unternehmen dar. Anhand des CLV kann darüber entschieden werden, welche Investitionen in die langfristige Bindung eines Kunden getätigt werden sollten. Eine beispielhafte Berechnung des CLV – basierend auf der kumulierten Dauer der Kundenbeziehung unter Berücksichtigung des Kriteriums Umsatz – zeigt Abb. 1.9.

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Abb. 1.9: Customer Lifetime Value auf Basis von nicht diskontierten Umsatzwerten

Um den Kundenwert – basierend auf verschiedenen Kriterien zu ermitteln – können auch sogenannte Scoring- bzw. Punktbewertungsmodelle oder Nutzwertanalysen zum Einsatz kommen. Ein Beispiel für ein einfaches Kundenwertmodell aus Sicht eines Reisebüros zeigt Abb. 1.10.

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Abb. 1.10: Scoring-Modell zur Ermittlung von Kundenwerten in einem Reisebüro

Um ein solches Scoring-Modell zu entwickeln, muss zunächst festgelegt werden, anhand welcher Merkmale der Kunde bewertet werden soll. Am Beispiel Reisebüro wurden die Kriterien »Anzahl der Buchungen pro Jahr«, »durchschnittlicher Umsatz pro Reisebuchung« sowie »Anzahl der vermittelten Neukunden pro Jahr« für die Ermittlung des Kundenwertes herangezogen. Anschließend müssen diese Merkmale mit einer Gewichtung versehen werden, um deren unterschiedliche Bedeutung einfließen zu lassen. Die Gewichtungsfaktoren müssen sich dabei zu 1,0 addieren. Im Zuge dieser Festlegung finden in den Unternehmen häufig intensive Diskussionen statt, weil bei einer solchen Modellentwicklung die bisher eher intuitiven Bewertungsmuster transparent und damit diskutierbar werden. Allein hierin liegt bereits ein großer Wert dieses Ansatzes. Die in einem Scoring-Modell aufgeführten Kriterien müssen unabhängig voneinander sein, um gleiche Sachverhalte nicht mehrfach zu erfassen. Im nächsten Schritt müssen alle Kriterien operationalisiert, das heißt messbar gemacht und gemäß ihrer unterschiedlichen Ausprägungen mit Punkten (Scores) versehen werden. Aus der Multiplikation der vergebenen Punkte mit den jeweiligen Gewichten, summiert über alle Kriterien, ergibt sich dann für jeden Kunden ein Gesamtpunktwert. Abhängig vom Punktwert können dann alle Kunden in eine Rangreihe gebracht werden. Hier werden dann – häufig erstmalig – interessante Kundenstrukturen sichtbar.

Der Vorteil von solchen Scoring-Modellen ist, dass – wie in Abb. 1.10 gezeigt – qualitative und quantitative Kriterien in eine Bewertung einfließen können. Außerdem werden subjektive Einschätzungen (das berühmte »Bauchgefühl«) durch die Einbindung mehrerer Personen zu einer Gesamtbewertung verdichtet. Die Dokumentation der Bewertungsmechanik erlaubt es, bspw. nach einem Jahr zu überprüfen, wie zutreffend die Einschätzungen der Kundenwerte waren und ob daraus die richtigen Schlüsse für die Kundenbetreuung gezogen wurden. So werden wichtige Voraussetzungen für eine »lernende Organisation« geschaffen, denn die Erfahrungen mit dem Scoring-Ansatz können zur Optimierung weiterer Prozesse genutzt werden.

Ein fast universell einsetzbares Scoring-Modell basiert auf der RFMR-Methode. Dabei wird der Kundenwert über folgende Kriterien ermittelt:

•  Recency: Wie lange ist der letzte Kauf bereits her?

•  Frequency: Wie häufig kauft der Kunde ein?

•  Monetary Ratio: Welche Umsätze tätigt der Kunde pro Kaufakt?

Bei dem hier zugrunde liegenden Geschäftsmodell – etwa eines Online-Shops – gilt: Je kürzer der letzte Kauf zurückliegt, je häufiger der Kunde einkauft und je mehr Umsatz er dabei tätigt, desto höher ist sein Wert für das Unternehmen. Dabei wird davon ausgegangen, dass ein solcher Kunde mit hoher Wahrscheinlichkeit demnächst weitere Käufe tätigen wird. In einer Weiterentwicklung dieses Modells könnten ebenfalls kunden- und unternehmensgetriebene Betreuungskosten in die Kundenwertermittlung einfließen.

Es wurde schon darauf hingewiesen, dass es nach wie vor die Minderheit ist, die Konzepte zur Kundenwertermittlung einsetzt. Welche Methoden bei diesen Unternehmen zum Einsatz kommen, zeigt Abb. 1.11. An erster Stelle steht mit 73% die schon skizzierte ABC-Analyse. 37% ermitteln Deckungsbeiträge auf Kundenebene. 18% verwenden ein Scoring-Modell und 4% ermitteln den Customer-Lifetime-Value.

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Abb. 1.11: Verwendete Ansätze zur Kundenwertermittlung (n = 120; Deutschland; Mehrfachnennungen möglich) (Quelle: Mengen 2012: 21)

Unternehmen sollten – abhängig von den Branchenspezifika, von den eigenen Zielen sowie von der Verfügbarkeit der relevanten Daten – ein eigenes Konzept zur Kundenwertermittlung erarbeiten. Eine größere Genauigkeit der Kundenwertermittlung ist dann anzustreben, wenn das Unternehmen die Möglichkeit besitzt, auch eine entsprechend differenzierte Betreuung der Kunden vorzunehmen. Die Differenziertheit der Kundenbewertung muss mit der Differenziertheit der Kundenansprache einhergehen. Die konzeptionellen Ansatzpunkte sind der Kompetenzpyramide zur Kundenwertermittlung (Images  Abb. 1.12) zu entnehmen. Der Aufbau einer Kompetenzpyramide ist u. U. ein mehrjähriges Projekt. Die große Bedeutung der Kundenadresse als Grundlage der Kompetenzpyramide wird im Kapitel 2 verdeutlicht.

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Abb. 1.12: Kompetenzpyramide zur Kundenwertermittlung

Bei der Umsetzung eines wertorientierten Kundenmanagements sind u. U. feste Gewohnheiten bei der Betreuung von Kunden abzulegen (vgl. Helm, Günter 2006: 14 f.):

•  Keine Kundenorientierung um jeden Preis

    Kundenorientierung ist kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Ziel. Sie hat einen Beitrag zu leisten zur Erreichung der übergeordneten Marketing- und Unternehmensziele.

•  Kein Anstreben maximaler Kundenzufriedenheit

    Jede Investition in die Steigerung der Kundenzufriedenheit muss sich für das Unternehmen rechnen. Was nützt eine hohe Kundenzufriedenheit, wenn das Unternehmen diese nicht profitabel gestalten kann?

•  Kein Haltenwollen aller Kunden

•  Erst über eine Kundenwertbetrachtung kann ermittelt werden, an welchen Kundenbeziehungen ein Unternehmen besonders interessiert sein sollte. Und welche Kunden man eher ziehen lassen sollte.

•  Keine Gleichbehandlung aller Kunden

    Kunden, die für ein Unternehmen eine höhere Wertschöpfung erwirtschaften, dürfen und müssen einem Unternehmen in der Betreuung auch mehr wert sein.

1.3        Kundenbeziehungslebenszyklus als Orientierungsrahmen des Kundenbeziehungsmanagements

Der Kundenbeziehungslebenszyklus stellt einen unverzichtbaren Orientierungsrahmen für das Kundenbeziehungsmanagement dar. Dieser Zyklus bildet einen Analyse- und Handlungsrahmen, um die Beziehung jedes einzelnen Interessenten bzw. jedes einzelnen Kunden zum Unternehmen in den Mittelpunkt zu rücken. Die generelle Leitidee ist, dass einzelne Interessenten bzw. Kunden bzw. entsprechende Gruppen von Interessenten und Kunden – orientiert an der erreichten Phase im Lebenszyklus – differenziert angesprochen werden sollten, weil sie ganz unterschiedliche Bedürfnisse haben (Images  Abb. 1.13).

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Abb. 1.13: Konzept des Kundenbeziehungslebenszyklus (Quelle: In Anlehnung an Stauss 2000: 16)

Bevor ein Interessenten-Management erfolgen kann, ist im Rahmen des Kundenbeziehungsmanagements der Fokus zunächst auf die akquisitionsorientierte Segmentierung zu legen (vgl. Kreutzer 2013: 193–199). Dabei wird – basierend auf den Akquisitionszielen des Unternehmens und/oder auf den Erkenntnissen der Kundenwertermittlung – definiert, welche Zielsegmente ein Unternehmen ansprechen möchte, d. h., auf welche Zielgruppe(n) das Marketing ausgerichtet werden soll. Die Festlegung der Akquisitionsschwerpunkte ist nicht nur für die Ausgestaltung des gesamten Marketing-Konzepts relevant, sondern auch für die Definition des relevanten Informationsbedarfs. Dieser Bedarf wiederum bestimmt die Auswahl der einzusetzenden Kommunikationsinstrumente. Diese werden ausführlich im Abschnitt 2.2 behandelt.

Neben den primär zur Zielgruppendefinition genutzten akquisitionsorientierten Segmentierungskonzepten und -kriterien ist für die bereits gewonnenen Interessenten und Kunden eines Unternehmens eine transaktionsorientierte durchzuführen, die bereits diejenigen Informationen nutzt, die im Zuge der Transaktionen zwischen Interessent/Kunde und dem Unternehmen gewonnen worden sind (vgl. Kreutzer 2013: 199–205). Basierend auf diesen Informationen können maßgeschneiderte Konzepte für die Kundenbindung und Kundenbetreuung erarbeitet werden.

Beim Konzept des Kundenbeziehungslebenszyklus sind drei Phasen zu unterscheiden:

•  Interessenten-Management,

•  Kundenbindungs-/Kundenentwicklungs-Management,

•  Rückgewinnungs-Management.

Sowohl die Interessenlage als auch der Informationsbedarf von Personen und Unternehmen sind in den drei Phasen unterschiedlich ausgeprägt. Auch die anbietenden Unternehmen streben in den einzelnen Phasen verschiedene Ziele an. Beim Interessenten-Management geht es darum, basierend auf den Festlegungen der akquisitionsorientierten Segmentierung Ziel- und Wunschkunden des Unternehmens so anzusprechen, dass diese eine Begeisterung für das eigene Leistungsangebot entwickeln und aktiv werden.

Diese Zielkunden, die durch erste Akquisitionsmaßnahmen ggf. bereits Interessenten geworden sind, weisen einen anderen Informationsbedarf auf als langjährige Kunden. Die in dieser Phase gewonnenen ersten Informationen über Interessenten werden später für die transaktionsorientierte Segmentierung genutzt.

Beim Versandhaus Otto.de wird zunächst bei potenziellen Kunden das Interesse am eigenen Leistungsangebot ermittelt. Wurde ein Katalog per Internet oder durch eine Kataloganforderungskarte abgerufen und geliefert, und ist nach einer gewissen Zeit noch keine Warenbestellung eingegangen, so wird ein »Nachfass-Mailing« oder eine E-Mail eingesetzt, um den Interessenten zum Kauf zu motivieren. Ähnliche Programme laufen an, wenn sich ein potenzieller Kunde im Internet für den Mobilfunkanbieter Simyo oder für ein Pkw-Angebot von Volkswagen interessiert. In mehreren Stufen werden Interessenten per Mailing, E-Mail, Telefon-Marketing oder durch den Außendienst angesprochen, um sie als Kunden zu gewinnen.

Sowohl beim Interessenten- wie beim Kundenbindungs-Management sind für die Optimierung der weiteren Akquisitions- und Betreuungsmaßnahmen die folgenden Fragen relevant:

•  Welche Personen oder Unternehmen wurden als Interessenten und Kunden gewonnen?

•  Welche Merkmale weisen diese Gruppen auf?