Die Immunität der Literatur

Johannes Türk

Die Immunität der Literatur

Sachbuch

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Inhalt

Über Johannes Türk

Johannes Türk, geboren 1972, studierte Philosophie und Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft in Berlin, Paris und Yale. Zur Zeit arbeitet er als Assistant Professor für Germanic Studies an der Indiana University in Bloomington, USA.

Impressum

Covergestaltung: hißmann, heilmann, hamburg

Coverabbildung: Archives Charmet/Bridgeman Berlin

© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2011

 

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ISBN 978-3-10-401060-1

Endnoten

Unter dem von der Gärtnerpraxis des Aufpfropfens abgeleiteten Begriff Inokulation oder Einimpfung versteht man im 18. Jahrhundert allgemein die Impfung. Bis zu Jenners Erfindung wurde mit der Materie der menschlichen Pocken geimpft, eine Technik, die man abgeleitet von dem lateinischen Begriff für Pocken Variolisation nennt. Jenner ersetzt sie durch die Impfung mit der sogenannten Vakzine, Materie von den Kuhpocken – daher heißt sein Verfahren Vakzination.

Thukydides, Die Geschichte des Peloponnesischen Krieges, griechisch-deutsch, übers. v. Georg Peter Landmann, München 1993, S. 257.

Thomas A. Kuhn, Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Frankfurt am Main 1976, S. 10.

Zum historischen Verhältnis zwischen Literatur und Immunologie gibt es nur wenige Aufsätze: Ilona Löwy, »Immunology and Litertaure in early twentieth century: Arrowsmith and the doctors dilemma«, Medical History 32 (1988). William A. Summers, »On the Origins of Science in Arrowsmith: Paul de Kruif, Delix d Herelle, and the Phage«, The Journal of the History of Medicine and allied Sciences, 46 (1991).

Niklas Luhmann, Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, Frankfurt am Main 1984, S. 504.

Cf. Alain Badiou, Petit manuel d’inesthétique, Paris 1998, S. 13.

Émile Benveniste, Le vocabulaire des institutions indo-européennes, Paris 1969, S. 96101.

Cf. Barbara H. Rosenwein, Negotiating Space: Power, Restraint and Privileges of Immunity in Early Medieval Europe, Ithaca 1999.

Linda A. Frey und Marsha A. Frey, The History of Diplomatic Immunity, Columbus 1999.

In biopolitischen Diskussionen spielt der Begriff schon seit einiger Zeit eine prominente, wenn auch unklare Rolle. Cf. beispielsweise Donna Haraway, »Die Biopolitik postmoderner Körper. Konstitutionen des Selbst im Diskurs des Immmunsystems«, in: Cornelius Borck, Anatomien medizinischen Wissens, Frankfurt am Main 1996, und kürzlich Ed Cohen, A Body Worth , Durham und London 2009, ein Buch, das im wesentlichen Immunität als modernes Gegenstück zur Idee der Heilung interpretiert.

Roberto Esposito, Communitas. Ursprung und Wege der Gemeinschaft, Berlin und Zürich 2004, und ders., Immunitas. Schutz und Negation des Lebens, Berlin und Zürich 2004.

Peter Sloterdijk, Sphären III. Schäume, Frankfurt am Main 2004, S. 196. In Sphären A. Blasen, Frankfurt am Main 1999, S. 251ff. gab es bereits ein Vorspiel zu der Sloterdijkschen Immunologie, als er die »Vereinigung gegenüber unlebbaren Umwelten«, die in der biblischen Erzählung von der Arche Noah und in frühen Stadtmauern zum Ausdruck kommt, als »Immunprivileg« (S. 256) betrachtet.

Ibid., S. 199.

Ibid., S. 200.

Cf. Adrienne Mayor, The Poison King: The Life and Legend of Mithradates, Rome’s Deadliest Enemy, Princeton 2009.

Diese Beschreibung steht als Ursprungserzählung am Anfang der Immunologie. Cf. Arthur M. Silverstein, A History of Immunology, San Diego 1989, S. 2; Antoinette Stettler, »Die Vorstellungen von Ansteckung und Abwehr: Zur Geschichte der Immunitätslehre bis zur Zeit von Louis Pasteur«, Gesnerus 29.34 (1972), S. 260.

Jürgen Grimm, Die literarische Darstellung der Pest in der Antike und in der Romania (Freiburger Schriften zur Romanischen Philologie 6), Freiburg 1965. Mischa Meier, »Beobachtungen zu den sogenannten Pestschilderungen bei Thukydides II 4754 und bei Prokop, Bell. Pers. II 2223«, Tyche 14 (1999). Paul Demont, »La Peste: un inédit d’Albert Camus, lecteur de Thucydide«, Antike und Abendland XLII (1996). Raymond Stephanson, »The Plague Narratives of Defoe and Camus: Illness as Metaphor«, Modern Language Quarterly 48.3 (1987).

Ein Grund für die Verspätung kann darin gesucht werden, daß diese Beobachtung außerhalb der antiken wie auch der mittelalterlichen Medizin liegt. Die Krasenlehre definiert den Körper als passives Gefäß. In ihm befindet sich ein Kompositum aus vier Säften, deren Mischung von Einflüssen der Umgebung abhängig ist. Er kennt keine Auseinandersetzung mit der Umwelt. Bis ins 18. Jahrhundert werden so die Pusteln der Pocken – wie zuerst von Rhazes im 9. Jahrhundert formuliert – als Versuche des Körpers interpretiert, sich eines Übermaßes zu entledigen. Erst Ende des 19

Zur Rhetorik der Epidemie cf. Jane Bellemore und Ian A. Plant, »Thukydides, Rhetoric and Plague in Athens«, Athenaeum 82 (1995).

Thukydides, Die Geschichte des Peloponnesischen Krieges, S. 251. Im folgenden zitiert als Geschichte, gefolgt von der Seitenzahl.

Geschichte, S. 253.

Geschichte, S. 36.

So ist es auch kein Zufall, daß die sich entwickelnde Geschichtswissenschaft des 19. Jahrhunderts auf diese Passage als auf einen Gründungstext zurückgreift. Zitiert wird sie immer dann, wenn es um die Objektivität der historischen Darstellung geht. Thukydides’ Ziel, das darin besteht, zu »schildern, wie es war«, wird etwa bei Leopold Ranke 1824 in Geschichte der romanischen und germanischen Völker aufgegriffen: »Man hat der Historie das Amt, die Vergangenheit zu richten, die Mitwelt zum Nutzen zukünftiger Jahre zu belehren, beigemessen: so hoher Ämter unterwindet sich gegenwärtiger Versuch nicht: er will bloß zeigen, wie es eigentlich gewesen.« Leopold Ranke, Geschichten der romanischen und germanischen Völker, Sämtliche Werke, Leipzig 1874, Bd. 33, S. VIf.

Geschichte, S. 253.

Das Vokabular einer Physiologie von »flux and fixation«, mit dem die Humoralpathologie seit Hippokrates die Entstehung von Krankheiten an bestimmten Lokalitäten des Körpers und ihre Verschiebung erklärte, ist erst vor kurzem Gegenstand wissenschaftlichen Interesses geworden. Cf. E. M. Craik, »Thukydides on the Plague: Physiology of Flux and Fixation«, Classical Quarterly 51.1 (2001).

Geschichte, S. 255.

Geschichte, S. 251.

Cf. dazu als erster der Politologe Clifford Orwin, »Stasis and Plague: Thucydides and the Dissolution of Society«, The Journal of Politics 50.4 (1988). Cf. auch Lisa Kallet, »The Diseased Body Politic, Athenian Public Finance, and the Massacre at Mykalessos (Thukydides 7.2729)«, American Journal of Philology 120 (1999).

Geschichte, S. 2589.

Geschichte, S. 259.

Geschichte, S. 257.

Cf. J. C. F. Poole und A. J. Holladay, »Thukydides and the Plague of Athens«, in: The Classical Quarterly, XXIV.2 (1979). War die Rezeption der Passage zuvor von der Frage nach dem richtigen Namen der Krankheit bestimmt (cf. zu einer Zusammenfassung der Diskussion zuletzt: Simon

Cf. Antoinette Stettler, »Die Vorstellungen von Ansteckung und Abwehr: Zur Geschichte der Immunitätslehre bis zur Zeit von Louis Pasteur«.

Benveniste, Le vocabulaire des institutions indo-européennes, S. 101.

Cf. Otto Karlowa, Römische Rechtsgeschichte, Bd. I, Zweite Abteilung, Leipzig 1885, S. 611; siehe die Zusammenfassung im Lemma »Immunitas«, Paulys Realenzyklopädie der Classischen Altertumswissenschaften, hg. Wilhelm Kroll, Stuttgart 1914.

In »Liturgie« wird dieses Wort (leitourgeia) in der christlichen Tradition zur Bezeichnung der Form des Gottesdienstes. Zuvor bedeutet es Almosen und bezeichnet auch den Dienst, den der Priester als seinen Beitrag zum Gottesdienst leistet.

Fergus Millar, The Emperor in the Roman World, 31 BC-AD 337, Ithaca 1977, S. 576; Fergus Millar, »Empire and City, Augustus to Julian: Obligations, Excuses and Status«, The Journal of Roman Studies 73 (1983).

Das Bürgerrecht kann entweder durch die legitime Abstammung von einem Bürger der Stadt (nativitas), durch Adoption oder durch das

Ibid., S. 603f. Die origio erlangt man durch legitime Abstammung von einem männlichen Bürger einer Stadt, durch Adoption oder durch Verleihung der Stadtbürgerschaft. Lösen kann man sich von ihnen auch dann nicht, wenn man als incolatus (Ansässiger) sein domicilium (dauernde Behausung) in einer anderen Stadt hat. Die Verpflichtung zu der munus genannten Dienstleistung ist nur schwer gegen tutelum und Fronarbeit abzugrenzen. Eine Unterscheidungsmöglichkeit lautet, sie sei extraordinarium und werde durch einen Magistraten einem Bürger auferlegt, so daß also die munera im engeren Sinn keine gesetzmäßig zu erbringenden Dienste beinhalten.

Allerdings zeigt die weite Verbreitung der römischen Bürgerschaft im späten Kaiserreich, daß Immunität nicht grundsätzlich mit ihr verbunden war.

Cf. Theodor Mommsen, Römisches Staatsrecht, Bd. III, Leipzig 18871888, S. 236237.

Cf. Vivian Nutton, »Two Notes on Immunities: Digest 27, 1, 6, 10, and 11«, The Journal of Roman Studies, 61 (1971).

Da die kanonischen Sammlungen römischer Rechtstexte – die justinianischen Digesten etwa – Kompendien sind, die häufig konkurrierende Rechtsinterpretation, nicht jedoch autoritative Gesetzestexte überliefern, ist das historische Wissen selten genau und nur indirekt aus der Quellenlage erschließbar. Die komplexe und in unzählbaren lokalen Varianten auftretenden munera können nicht ohne weiteres allgemein definiert und von Nachbarbegriffen abgesetzt werden. Das Problem der Rezeption des römischen Rechts bei Esposito beruht darauf, daß er immunitas wie ein Rechtsinstitut liest und seine kontextuelle und definitorische Vielfalt nicht ausreichend berücksichtigt.

»Immunity suspends the binding of particular duties and responsabilities while maintaining the inviolability of the social bond.« Ed Cohen, »Metaphorical Immunity: A Case of Biomedical Fiction«, in: Literature and Medicine, 22.2 (Fall 2003), S. 154. Cohen geht von den civitates liberae et immunes aus und verallgemeinert fälschlich die Immunitäten, die mit der Erlangung der latinitas zeitweise und in bestimmten Fällen verbunden sind.

Cf. zur Geschichte des Munizipiums A. N. Sherwin-White, The Roman Citizenship, Oxford 1973, S. 32.

Cohen, ibid.

Als semantische Kehrseite von Kommunitas, die sich im Kern – wie Roberto Esposito im Anschluß an Benveniste gezeigt hat – durch den munus

»Lucan did, however, initiate a rival, anti-Virgilian tradition of the epic whose major poems – the Pharsilea itself, La Auracana of Alonso di Ercilla, and Les Tragiques of Agrippa d’Aubigné – embrace the cause of the politically defeated.« David Quint, Epic and Empire: Politics and Generic Form from Vergil to Milton, Princeton 1993, S. 133.

Cf. Quint, ibid., »Introduction«.

Lukan, Der Bürgerkrieg, Lateinisch und Deutsch von Georg Luck, Akademie Verlag, Berlin 1989, S. 467. Ich zitiere bis auf die Zitate aus der Schlangenepisode diese Standardausgabe.

Cf. Thomas A. Greene, Descent from Heaven: A Study in Epic Continuity, New Haven 1973.

So die These David Quints, ibid., Introduction.

Christian Rudolf Raschle, Pestes Harenae. Die Schlangenepisode in Lucans Pharsilea (IX 587949). Einleitung, Text, Übersetzung, Kommentar, Studien zur klassischen Philologie, Frankfurt am Main 2001, S. 13. Meine Darstellung der Episode ist teilweise eine Zusammenfassung des ausführlichen Kommentars von Raschle, da dieser den Forschungsstand darstellt.

Cf. ibid., »Einleitung«. Zu Fragen der Komposition, insbesondere zu den Hinweisen auf das XI. und XII. Buch: G. Vögler, »Das neunte Buch der Pharsilea«, in: Philologus 112 (1968).

Cf. Raschle, ibid., S. 5968, hier: S. 59.

Ibid., S. 63. Als Quellen für die Episode wurde Nikander von Kolophons Theriaka schon früh untersucht. Lucan ist dem »nüchternen« Kolophon gegenüber »um eine Dramatisierung der Schilderung bemüht«. Raschle, ibid. S. 63.

Ibid. S. 68.

Ibid., S. 69.

Cf. ibid., S. 7677.

Ibid., S. 80.

Ibid., S 148.

Ibid., S. 149.

Cf. ibid., S. 347.

Ibid., S. 347.

Dahingegen bevorzugen die klassischen Autoren laut Raschle den Genitiv. Raschle zitiert: Ovid, Metamorphosen, Stuttgart 1994, lateinisch-deutsch, übers. v. Michael von Albrecht III, 11: »Bos tibi« Phoebus ait »solis occurret in arvis, nullum passa iugum curvique inmunis aratri.« Vergil, Aenaeis, übers. v. Johannes Götte, Düsseldorf 1997, XII 559: »ille ut vestigans diversa per

Cf. Ernst Robert Curtius, Europäische Literatur und Lateinisches Mittelalter, Tübingen und Basel 1993, S. 5859.

Marcus Fabius Quintilianus, Institutionis Oratoriae – Ausbildung des Redners, Hg. und übers. v. Helmut Rahn, Darmstadt 1988., S. 466.

Eduard Fraenkel, »Lukan als Mittler des Antiken Pathos«, in: hg. Fritz Sax, Vorträge der Bibliothek Warburg, Vorträge 19241925, Leipzig und Berlin 1927.

Ibid., S. 136.

Ibid., S. 143.

Dante Alighieri, La Divina Commedia, Ed. Parnaso Italiano, a cura di Cesare Garboli, Turin 1954, S. 154.

Dante Alighieri, Die Göttliche Kommödie, übers. v. Hermann Gmelin, Anm. v. Rudolf Baehr, Stuttgart 2001, XXIV. Gesang, S. 94.

Curtius, ibid., S. 28.

Dante, Die Göttliche Komödie, S. 98.

Erich Auerbach, Mimesis, Tübingen und Basel 1994, S. 185.

Aristoteles, Poetik, übers. v. Manfred Fuhrmann, Stuttgart 1982, S. 11.

Immanuel Kant, Metaphysik der Sitten, in: Werke in sechs Bänden, Frankfurt am Main 1983, S. 556.

Cf. Anne-Marie Moulin, Le dernier language de la médecine: Histoire de l’immunologie de Pasteur au Sida, Paris 1991, S. 1922. Schon Timoni, dessen Bericht über die Pockenimpfung 1714 in den Philosophical Transactions der Royal Society erscheint, beschreibt das Resultat der Impfung als Immunität gegen die Krankheit Cf. Emanuel Timoni [communicated by John Woodward], »An Account, or History, of the Procuring of the SMALL POX by Incision, or Inoculation, as it has been practised for some time at Constantinople«, Philosophical Transactions, XXIX.33 (1714), S. 80. »[…] hinc videmus aliquis quamvis suprarecensitis symptomatibus immunes, immenso tamen, ut ila dicam, putredivis suffocatos: […]«.

Cf. beispielsweise Christoph Wilhelm Hufeland, Bemerkungen über die natürlichen und inokulirten Blattern, Berlin 1798, S. 122 und 224.

»a suspecto contagio non afficiuntur effectus foret idem, sequeretur enim immunitas ab hoc morbo.« G. Van Swienten, »Commentaria«, in: H. Boerhaave, Aphorismos, Lovanii 1775, S. 71, zitiert nach Moulin, ibid.

Hufeland, ibid., S. 224.

Zitate ibid., S. 215217.

Nizar Ben Saad, »La querelle de l’Inoculation de Voltaire à Kant«, in: hg. Delon, Michel und Jean-Christoph Abramovici, Le Corps des Lumières, de la médecine au roman, Nanterre 1997, S. 69.

Cf. Georges Canguilhem, »Le statut épistémologique de la médecine«, History and Philosophy of the Life Sciences 10, suppl. (1988).

Genauer als auf das Sexualitätsdispositiv trifft auf die Inokulation damit die Charakterisierung zu, durch die Foucault die Verfahrensweise der »Bio-Macht« bestimmt hat: »Die Installierung dieser großen doppelgesichtigen – anatomischen und biologischen, individualisierenden und spezifizierenden, auf Körperleistungen und Lebensprozesse bezogenen – Technologie charakterisiert eine Macht, deren höchste Funktion nicht mehr das Töten, sondern die volständige Durchsetzung des Lebens ist.« Michel Foucault, Der Wille zum Wissen: Sexualität und Wahrheit 1, Frankfurt am Main 1983, S. 166. In der Schutzimpfung konvergieren die beiden Serien »Körper-Organismus-Disziplin-Institutionen« und »Bevölkerung-biologische-Prozesse-Regulierungsmechanismen-Staat«; Michel Foucault, In Verteidigung der Gesellschaft: Vorlesungen am Collège de France 19751976, Frankfurt am Main 1999, S. 289.

Cf. Arthur M. Silverstein, A History of Immunology, S. 26f.

»I am Patriot enough to take pains to bring this usefull invention into fashion in England […].« Lady Mary Wortley Montagu, Brief an Sarah Chiswell vom 1. April 1717, The Complete Letters of Mary Wortley Montagu, Oxford 1965, S. 339. Übersetzt von mir, J.T.

Cf. zu dieser Darstellung: Silverstein, A History of Immunology, S. 2837. Zu den historischen Voraussetzungen, insbesondere der Rolle der Hannoveraner auf dem englischen Thron: Cf. Adrian Wilson, »The politics of medical improvement in early Hannoverian London«, in: hg. Cunningham, Andrew und Roger French, The medical enlightenment of the eighteenth century, Cambridge 1990, S. 439.

Diese Sequenz artikuliert den Übergang von der klassischen Souveränität zur modernen Biomacht. In ihm wird Foucault zufolge das Recht »sterben zu machen oder leben zu lassen«, durch die der König der klassischen Souveränitätstheorien geherrscht hatte, durch eine Macht ersetzt, die sich dadurch auszeichnet, »leben zu machen oder in den Tod zu stoßen«. (Michel Foucault, Der Wille zum Wissen, ibid., S. 165.) Durch die Unterwerfung unter die Medizin werden die Gefangenen aus dem Bannkreis des Souveräns entlassen. Dies jedoch nur, weil sie die neue Eigenschaft der Macht akzeptieren,

»car non seulement elle les tira de la potence, mais, à la faveur de cette petite vérole artificielle, elle previent la naturelle, qu’ils auraient probablement eue, et dont ils seraient morts peut-être dans un age plus avancé.« Voltaire, »Sur l’insertion de la petite vérole«, in: Lettres Philosophiques, Paris 1986, S. 80. Übersetzung von mir, J.T.

Lady Mary Wortley Montagu, ibid., S. 338139. »A propos of Distempers, I am going to tell you a thing that I am sure will make you wish yourself here. The Small Pox so fatal and so general amongst us is here entirely harmless by the invention of engrafting (which is the term they give it). There is a set of old Women who make it their business to perform the Operation. Every Autumn in the month of September, when the great Heat is abated, people send to one another to know if any of their family has a mind to have the small pox. They make partys for this purpose and when they are met (commonly 15 or 16 together) the old Woman comes with a nutshell full of the matter of the best sort of small-pox and asks what veins you please to have open’d. She immediately rips open that you offer to her with a large needle (which gives you no more pain than a common scratch) and puts into the vein as much venom as can lye upon the head of her needle, and after binds up the little wound with a hollow bit of shell, and in this manner opens 4 or 5 veins. The Grecians have commonly the superstition of opening one on the Middle of the forehead, in each arm and on the breast to mark the sign of the cross, but this is not done by those that are not superstitious […] The children or young patients play together all the rest of the day and are in perfect health till the 8th. Then the fever begins to seize’em and they keep their beds 2 days, very seldom 3. […] Every year thousands undergo this Operation, and the French Ambassador says pleasantly that they take the Small Pox here by way of diversion as they take the Waters in other Countrys. […] I am Patriot enough to bring this useful invention into fashion in England, and I should not fail to write to some of our Doctors very particularly about it […].« Übersetzung von mir, J.T.

»Cette double participation, encore une fois, ne mélange pas deux élements préalablement séparés, elle renvoie au même qui n’est pas l’identique, à l’élément commun, au medium de toute dissociation possible.« Jacques Derrida, La dissémination, Paris 1972, S. 158. Übersetzung von mir, J.T.

»Les Circassiens s’aperçurent que sur mille personnes il s’en trouvait à peine une seule qui fût attaquée deux fois d’une petite vérole bien complète […] qu’en un mot jamais on n’a véritablement cette maladie deux fois en sa vie, ils remarquèrent encore que quand les petites véroles sont très bénignes, et que leur éruption ne trouve à percer qu’une peau délicate et fine,

»les Anglais sont des fous et des enragés: des fous, parce qu’ils donnent la petite vérole à leurs enfants pour les empêcher de l’avoir, des enragés, parce qu’ils communiquent de gaieté de cœur à ces enfants une maladie certaine et affreuse dans la vue de prévenir un mal incertain.« Ibid., S. 77. Übersetzung von mir, J.T.

»voici l’histoire de cette fameuse insertion dont on parle hors d’Angleterre avec tant d’effroi.« Ibid. Übersetzung von mir, J.T.

Ibid.

Cf. Denis Diderot, Le rêve de d’Alembert, in: ders., Œuvres Philosophiques, Paris 1998.

Cf. Nizar Ben Saad, »La querelle de l’Inoculation de Voltaire à Kant«, S. 70.

Lemma »Inoculation«, Denis Diderot und Jean Le Rond d’Alembert (Hg.), Encyclopédie, ou dictionnaire des raisoné des sciences, des arts et des métiers, Paris 17131784. Im folgenden zitiert als »Inoculation«, gefolgt von der Seitenzahl. Übersetzungen von mir, J.T.

»ce nom synonyme d’insertion, a prévalu pour désigner l’opération par laquelle on communique artificiellement la petite vérole, dans la vue de prévenir le danger & les ravages de cette maladie contracté naturellement.« »Inoculation« 755.

»Inoculation« 750

»This was the beginning of a modern distinction between natural and moral evil. It is crucial to such a distinction that natural evils have no inherent significance. They are neither punishment nor sign but part of an order that is, literally meaningless.« Susan Neiman, Evil in Modern Thought: An Alternative History of Philosophy, Princeton 2002, S. 39. Übersetzung von mir. J.T.

»Inoculation«, 766 und 760.

»Inoculation«, 767.

»Inoculation«, 765.

»on parlait d’introduire cet usage dans l’hôpital des enfants trouvés, seul moyen de le rendre commun, & d’en faire partager le fruit au peuple.« »Inoculation«, 757

Cf. Cornelia Zumbusch, »Darstellung des Unbekannten. Narrative und Metaphern in der Debatte um die Pockeninokulation«, in: Ulrich Johannes Schneider (Hg.), Kulturen des Wissens im 18. Jahrhundert, Berlin und New York 2008. Der Aufsatz untersucht verschiedene Aspekte des Darstellungsproblems der Impfung. Ob diese allerdings wirklich eine »Praxis ohne Theorie« (ibid., S. 577) ist, wie die meisten Geschichten der Immunologie behaupten, oder nur eine Praxis ohne die moderne Wissenschaft, scheint fraglich.

Cf. d’Alembert, Réflexions sur l’Inoculation, in: Œuvres de d’Alembert Bd. I, Paris 1821, S. 473.

Cf. auch die historische Analyse in Andrea Rusnock, Vital Accounts: Quantifying Health and Population in Eighteenth-Century France and England, Cambridge 2002.

Cf. Caritat de Condorcet, Esquisse des progrès de l’esprit humain, Paris1970, S. 224.

Zitate ibid., S. 205.

»Inoculation«, 700.

»Ce que la fable nous raconte du Minotaure & de ce tribut honteux dont Thésée affranchit les Athéniens. Ne semble-t-il pas de nos jours s’être réalisé chez les Anglais?« »Inoculation«, 767.

›Tis impious, says the French superstition, to inoculate for the small-pox, or usurp the business of providence, by voluntarily producing distempers and maladies.‹ ›Tis impious, says the modern European superstition, to put period to our own life and thereby rebel against our creator.‹ David Hume, Of Suicide, in: ders., The Philosophical Works Bd. 4, London 1884, S. 411. Übersetzung von mir, J.T.

Cf. ibid., S 407. Er wendet damit die Argumente seiner Gegner in ihr Gegenteil und verfährt damit wie die Impfung. Konsequenterweise bestimmt er seine Philosophie auch als »sovereign antidote«. Ibid., S. 406.

Kant, Metaphysik der Sitten, S. 555.

Johann Wolfgang von Goethe, Aus meinem Leben: Dichtung und Wahrheit, Hamburger Ausgabe, durchgesehene Ausgabe München 1981, Bd. 9, S. 36. Kursivierung von mir, J.T.

Hinsichtlich der ökonomischen Rationalität und gesellschaftlicher Steuerungsmechanismen hat Joseph Vogl den Roman als »Modernisierungsgeschichte« gelesen. Cf. Joseph Vogl, Kalkül und Leidenschaft. Poetik des ökonomischen Menschen, Zürich und Berlin 2004, S. 289309.

»de la greffe (du latin inoculatio: action de greffer), le terme evolue vers le

Cf. Anne-Marie Moulin, »La métaphore vaccine«, in: dies. (Hg.), L’Aventure de la vaccination, Paris 1996, S. 125.

Lemma »Inoculation« der Encyclopédie, S. 758.

»Les boutons de l’enfant à qui l’on a donné cette petite vérole artificielle servent à porter cette maladie á d’autres; c’est une circulation presque continuelle en Circassie; et quand malheureusement il n’y a point de petite vérole dans le pays, on est aussi embarrassée qu’on l’est ailleurs dans une mauvaise année.« Voltaire, »Lettre su la petite vérole«, S. 7778. Übersetzung von mir, J.T.

Stefan Winkle, Geißeln der Menschheit: Kulturgeschichte der Seuchen, Düsseldorf 1997, S. 878.

Cf. ibid., S. 885.

Alexander von Humboldt, Versuch über den Politischen Zustand des Königreichs Neuspanien, in: Gesammelte Werke, Stuttgart 1889, S. IX–X.

Ibid., S. X.

Ibid., S. 38.

Ibid.

Ibid., S. 3839.

Ian Bailey, »Edward Jenner, benefactor of mankind«, in: S. Plotkin und B. Fantini (Hg.), Vaccinia, vaccination and vaccinology: Jenner, Pasteur and their successors, Paris 1996, S. 5357.

Cf. Laura Otis, Networking. Communicating with Bodies and Machines in the Nineteenth Century, Ann Arbor 2001, S. 91119.

»he would keep away from the range of London intrigues, jealousies, and social truckling, and win celebrity, however slowly, as Jenner had done, by the independent value of his work.« George Eliot, Middlemarch, Oxford 1996, S. 136. Übersetzung von mir, J.T.

»a new era in anatomy«, ibid., S. 428.

Anne Marie-Moulin, »La métaphore vaccine«, S. 128.

»The deviation of Man from the stage in which he was originally placed by Nature seems to have proved to him a prolific source of Diseases. […] he has associated himself with a great number of animals which may not originally have been intended for his associates.« Edward Jenner, An inquiry into the causes and effects of the variolae vaccinae, or cow-pox, London 1798, S. 1. Übersetzung von mir, J.T.

Es handelt sich also um das Funktionieren der »Anthropologischen Maschine« (cf. Giorgio Agamben, Das Offene: Der Mensch und das Tier, Frankfurt am Main 2002, S. 42ff.), die Agamben zufolge arbeitet, »indem sie ein Schon-Humanes als (noch) Nicht-Humanes aus sich ausschließt, das heißt

»Morbid matter of various kinds, when absorbed into the system, may produce effects in some degree similar; but what renders the Cow-pox virus so extremely singular is that the person who has been thus affected is forever after secure from the infection of the Small Pox […]« Jenner, ibid., S. 6. Übersetzung von mir, J.T.

»the change produced in the constitution is not affected by time.« Ibid., S. 11. Übersetzung von mir, J.T.

»but, as in the preceding cases, the system did not feel the effects of it in the smallest degree.« Ibid., S. 43. Übersetzung von mir, J.T.

Jean-Jacques Rousseau, Emil oder über die Erziehung, übers. v. Ludwig Schmidts, Paderborn, München, Zürich 1998, S. 118. Übersetzung modifiziert. Im folgenden zitiert als Emile, gefolgt von der Seitenzahl. »L’Homme de la nature est toujours préparé: laissons-le inoculer par son maître; il choisira mieux que nous.« Rousseau, Émile ou de l’éducation, Paris 1969, S. 214. Im folgenden zitiert als Émile, gefolgt von der Seitenzahl.

Cf. zur Geschichte der Kindheit Philippe Ariès, Geschichte der Kindheit, München 1975.

Cf. Hannah Arendt, The Human Condition, Chicago 1998, S. 41f.

Cf. Jean Starobinski, Jean-Jacques Rousseau: La transparence et l’obstacle, Paris 1971.

Jean-Jacques Rousseau, Diskurs über die Ungleichheit. Discours sur l’inégalité, zweisprachig, übers. v. Heinrich Meier, München 1993, S. 71.

Jacques Derrida, Grammatologie, Frankfurt am Main 1983, S. 244ff.

Emil, S. 20. Übersetzung modifiziert. »Thetis, pour render son fils invulnérable, le plongea, dit la fable, dans l’eau du Styx. Cette allegorie est belle et claire. Les mères cruelles don’t je parle font autrement: à force de plonger leurs enfants dans la molesse, elles les préparent à la souffrance, elles ouvrent leurs pores aux maux de toute espèce.« Émile, S. 95.

»les symptômes qui constituent une maladie sont en général la manifestation de la réponse positive de l’organisme envers l’agent nocif.« Übersetzung von mir, J. T. Starobinski, Jean-Jacques Rousseau: La transparence et l’obstacle, S. 241.

Emil, S. 118. Übersetzung modifiziert. »L’Homme de la nature est toujours préparé: laissons-le inoculer par son maître; il choisira mieux que nous.« Émile, S. 214.

Ibid. »À peine aussi daignerai-je traiter cette question pour mon Emile. Il serait inoculé, ou il ne le sera pas, selon les temps, les lieux, les circonstances: cela est presque indifférent pour lui. Si on lui donne la petite vérole, on aura l’avantage de prévoir et connaître son mal d’avance: mais s’il la prend naturellement, nous l’aurons préservé du Médecin, c’est encore plus.«

Jean-Jacques Rousseau, Julie oder die neue Héloïse, übers. v. Johannes Gottfried Gellius, überarbeitet v. Dietrick Leube, München 1978, S. 5. Im folgenden zitiert als Julie, gefolgt von der Seitanzahl. »Il faut des spectacles dans les grandes villes, et des Romans aux peuples corrompus.« Rousseau, Julie ou la Nouvelle Héloïse Bd. I, Préface, Paris 1993, S. 71. Im folgenden zitiert als Héloïse, gefolgt von der Seitanzahl.

Julie 6. »Jamais fille chaste n’a lu des Romans […] Celle qui, malgré ce titre, en osera lire une seule page, est une fille perdue: mais qu’elle n’impute points sa perte à ce livre; le mal était fait d’avance. Puisqu’elle a commencé, qu’elle acheve de lire: elle n’as plus rien à risquer.« Héloïse I, S. 71.

Julie 22. »Du mal? À qui? Dans les temps d’épidémie et de contagion, quant tout est atteint dès l’enfance, faut-il empêcher le debit des drogues bonnes aux malades, sous prétexte qu’elles pouraient nuire aux gens sains?« Héloïse II, S. 411.

Julie 343. »Mais deux âmes si étroitement unies ne sauraient-elles avoir entre elles une communication immédiate, indépendante du corps et des sens? L’impression directe que l’une reçoit de l’autre ne peut-elle la transmettre au cerveau, et recevoir de lui par contre-coup les sensations qu’elle lui a données?« Héloïse I, S. 396.

Julie 346. »j’étais tremblant comme aujourd’hui … le cœur me palpitait de même … o téméraire! J’étais mortel, et j’osais goûter … que vais-je voir maintenant dans ce même objet qui faisait et partageait mes transports?« Héloïse I, S. 399.

Julie 346. »Il se jeta à genoux; il baisait tes ridaux en sanglotant; il élevait les mains et les yeux; il poussait de sourds gémissements; il avait pein à contenir sa douleur et ses cris. Sans le voir, tu sortis machinalement une de tes mains; il s’en saisit avec une espèce de fureur; les baisers de feu qu’il appliquait sur cette main malade t’éveillèrent mieux que le bruit et la voix de tout ce qui t’environnait: je vis que tu l’avais reconnu […]« Héloïse I, S. 399.

Julie 346347. »Il m’avait caché qu’ils ne l’avaient point eue, et je te l’avais mené sans précaution. Ne pouvant guérir ton mal, il le voulut partager. En

Julie 347. Übersetzung modifiziert, da im deutschen der Bezug auf die Impfpraxis verlorengeht. »On ne pouvait être plus mal préparé, mais c’était l’inoculation d’amour, elle fut heureuse.« Héloïse I, S. 399.

Julie 349. »Nous renaissons, ma Julie; tous les vrais sentiments de nos âmes reprennent leur cours. La nature nous a conservé l’être, et l’amour nous rend à la vie.« Héloïse I, S. 402.

Cf. hierzu wie auch zu der Rolle der Inokulation Catriona Seth, Les rois aussi en mouraient. Les Lumières en lutte contre la petite vérole, Paris 2008, S. 326ff. Sie weist auch darauf hin, daß die Pocken hier als Syphilis (frz. »vérole« im Unterschied zu »petite vérole«) verstanden werden können.

Albrecht Koschorke, Körperströme und Schriftverkehr. Mediologie des 18. Jahrhunderts, München 1999, S. 434.

Emile Zola, Nana, übers. v. Erich Marx, Frankfurt am Main 1979, S. 498.

Cf. Jean-Baptiste Eriau, Pourquoi les pères de l église ont condamné le théâtre de leur temps, Paris 1914.

»la fiction romanesque a le pouvoir d’éloigner le lecteur du péché, de l’immuniser au moyen d’un vaccin réaliste.« Zitiert nach Marthe Robert, Roman des Origines et origine du Roman, Paris 1972, S. 29. Übersetzung von mir, J.T.

Cf. meinen Aufsatz »Zur immunologischen Funktion literarischer Kommunikation«, Soziale Systeme 13 (2007), S. 317328.

Cf. Georges Vigarello, Histoire des pratiques de santé. Le sain et le malsain depuis le Moyen Age, Paris 1999, S. 142ff.

Gustave Flaubert, Madame Bovary, übers. v. Walter Widmer, München 1991, S. 335336. Flaubert hatte 18451847 mit Louis Bouilhet und Maxime du Camp gemeinsam begonnen, unter dem Titel Jenner ou la découverte de la vaccine ein parodistisches Drama in fünf Akten zu schreiben. Dies bezeugt sein thematisches Interesse. Im Dictionaire des Idées réçues heißt es: »Vaccine. Ne fréquente que les personnes vaccinées.«

Johann Wolfgang von Goethe, Aus meinem Leben: Dichtung und Wahrheit, S. 10. Alle Kursivierungen stammen im folgenden von mir, J. T. Die Hamburger Ausgabe kommentiert die hier relevanten Passagen besser als alle nachfolgenden Ausgaben (Münchner, Frankfurter) und wird daher vorgezogen. Im folgenden zitiert als Dichtung, gefolgt von der Seitenzahl

Cf. Heinrich A. Gins, Krankheit wider den Tod. Schicksal der Pockenschutzimpfung, Stuttgart 1963. Ragnhild Münch (Hg.), Pocken zwischen Alltag, Medizin und Politik. Begleitbuch zur Ausstellung, Berlin 1994. Paul Weindling, »The immunological Tradition«, Companion Encyclopedia of the History of Medicine Bd. 2, London 1993.

Dichtung, S. 11.

Vor dem 17. Jahrhundert war die Krankheit meist harmlos, und es wird davon ausgegangen, die Virulenz habe sich durch eine Reinfektion aus Amerika verändert. Cf. Carmichael und Silverstein, »Smallpox in Europe before the 17th century: Virulent Killer or benign Disease?«, Journal of the History of Medicine 42 (1987), S. 147168.

Cf. Stefan Winkle, Geißeln der Menschheit. Kulturgeschichte der Seuchen, Kapitel »Pocken (Variola)«, S. 853ff. Aus Seite 847 geht hervor, daß »im islamischen Bereich« die Krankheit schon im 9. Jahrhundert zur Kinderkrankheit wurde, da das Fehlen von Pockennarben Personen charakterisierte. Vom 18. Jahrhundert an kommt es von Spanien und Portugal aus zur Globalisierung der Seuche.

Dichtung, S. 36

Dies bedeutet nicht zuletzt das Ende der vis medicatrix naturae, die im Selbstverständnis der vorneuzeitlichen Medizin durch die Therapie nur unterstützt werden durfte.

Zitate ibid.

Zu Goethes medizinischen Interessen cf. Gloria Flaherty, »The Stage-Struck Wilhelm Meister and 18th-Century Psychiatric Medicine«, MLN, 101.3 (1986).

Johann Friedrich Struensee, »Anmerkungen über die Gifte und ihre Arzneikräfte«, Schleswig-Hollsteinische Anzeigen Glückstadt 1764, Stück 43, Sp. 685. Zitiert nach: Winkle, ibid., S. 874.

Cf. auch: Wolfgang A. Veil, Goethe als Patient, Jena 1946, Bd. 8, S. 278f.

»Un enfant ne faisait vraiment partie de la famille tant qu’il n’était pas passé par cette épreuve«. Mirko A. Grmek, »Les premières étapes de la vaccination«, in: Anne-Marie Moulin, L’Aventure de la Vaccination, S. 46.

Dichtung, S. 37.

Zitate Dichtung, S. 38.

Elias Canetti, Masse und Macht, Frankfurt am Main 2001, S. 268.

Dichtung, S. 37.

Dichtung, S. 37.

Dichtung, S. 11f.

Sigmund Freud, Eine Kindheitserinnerung aus »Dichtung und Wahrheit«, in: Gesammelte Werke Bd. 12, Frankfurt am Main 1999, S. 17.

Zitate ibid., S. 21 und 26.

Freud, ibid., Fußnote auf Seite 21, ein Zusatz von 1924.

Cf. hierzu: Louis Marin, La voix excomminiée. Essais de mémoire, Paris 1981, S. 2128; und Louis Marin, L’écriture de soi, Paris 1999, S. 1583.

»Wie jedes Gedächtnis hat das der Kindheit einen sozialen Rahmen«, stellt Friedrich Kittler fest. Über die Sozialisation Wilhelm Meisters, in: Gerhard Kaiser und Friedrich Kittler, Dichtung als Sozialisationsspiel, Göttingen 1977, S. 38.

Dichtung, S. 10.

Dichtung, S. 37.

Wer Interesse an der äußeren Erscheinung des Dichters hat, sei auf einen Sammelband verwiesen: Emil Schaeffer und Jörn Göres (Hg.), Goethe. Seine äußere Erscheinung. Literarische und künstlerische Dokumente seiner Zeitgenossen, Frankfurt am Main 1999. Offensichtlich war Goethes Gesichtsbildung so deutlich von den Pocken gezeichnet, daß Darstellungen des Klassikers retuschiert werden mußten. Enttäuschungserfahrungen kennzeichnen daher viele Begegnungen von Zeitgenossen mit dem Dichterfürsten. Im 58. Lebensjahr ließ Goethe eine Lebendmaske von sich anfertigen, auf der die Pockennarben deutlich erkennbar sind.

So wird etwa die Betrachtung zweier verwitterter Gipsabgüsse in Zweiter Römische Aufenthalt mit derjenigen eines pockennarbigen Gesichts verglichen: »Leider daß der beste durch Zeit und Witterung fast einen Strohalm dick der glatten Oberfläche des Gesichts verloren hat und in der Nähe wie von Pocken übel zugerichtet aussieht.« Johann Wolfang von Goethe, Zweiter Römischer Aufenthalt, Hamburger Ausgabe Bd. 11, S. 527.

Hannah Arendt hat in The Human Condition ausgehend von aristotelischen Begriffen in dem Wort »Leben« zwei streng getrennte Bedeutungen voneinander unterschieden und eine Theorie der Lebenserzählung daraus gewonnen. Zum einen das biologische, auf Reproduktion und Fortpflanzung ausgerichtete Leben, zum anderen das auf die polis und die praxis des Menschen ausgerichtete Leben: »The word ›life‹ however, has an altogether different meaning if it is related to the world and meant to designate the time interval between birth and death. Limited by a beginning and an end, that is, by birth and death […] it follows a strictly linear movement whose very motion nevertheless is driven by biological life which man shares with other living things and which forever retains the cyclical movement of nature. The chief characteristic of this human life, whose appearance and disappearance constitute the worldly events, is that it is itself always full of events which ultimately can be told as a story, establish a biography; it is of this life, bios as distinguished from the mere zoe, that Aristoteles said that ›it is

Dichtung, S. 520f.

Goethe, Dichtung, S. 522. Cf. auch Carl Diem, Körpererziehung bei Goethe, Frankfurt am Main 1948.

Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre, Hamburger Ausgabe Bd. 7, S. 76. Im folgenden zitiert als Meister, gefolgt von der Seitenzahl.

Meister, S. 76.

Meister, S. 76.

Meister, S. 77.

Meister, S. 482.