Millie an der Nordsee

Die Ost- und die Nordfiesen

»Oh, wie süß!«

Millie ist total begeistert. Im Fernsehen läuft nämlich ein interessanter Film über Seehunde. Wie niedlich die sind mit ihrem runden Kopf und den dunklen Knopfaugen! Millie würde sooo gerne einen Seehund in den Arm nehmen und ihm ein Küsschen auf die Nase geben.

Millies kleine Schwester Trudel ist ebenfalls hin und weg. Seehund-Filme darf sie sich auch ansehen, obwohl sie gerade mal drei Jahre alt ist. Sie kann sogar schon Seehund sagen, aber sonst noch nicht alles. Worte mit Ess-Zeh-Ha sind noch zu schwierig für Trudelchen.

Millie kann fast alles. Lesen, schreiben, rechnen. Pfff. Und sogar Filme mit ein bisschen Grusel angucken. Zum Beispiel Gespenst Schubiduh. Millie geht ja schon ewig und drei Tage zur Schule.

Wie die Seehunde im Fernsehfilm durch das Wasser flitzen! Sie sind pfeilschnell. Aber an Land watscheln sie mühsam von Seite zu Seite. Das sieht lustig aus. Trudel hört gar nicht mehr auf zu kichern.

»Na, worüber freut ihr beiden euch denn so?«, fragt Mama.

Millie braucht nur mit dem Kopf auf den Fernsehapparat zu deuten, da weiß Mama Bescheid.

»Oh ja«, sagt sie. »Bestimmt ist das ein Film über die Nordsee.«

»Nein, Mami. Das ist über Seehunde und nicht über die Mordsee!«

»Schon gut«, sagt Mama. »Aber Seehunde leben doch in der Nordsee! Dort gibt es ganz viele Robben. Und das Meer heißt Nordsee, nicht Mordsee, Millie. Obwohl … Manchmal kann die Nordsee auch lebensgefährlich sein. Zum Beispiel, wenn Sturm über die See fegt. Oder ein Orkan mit Windstärke zwölf.«

Aha. Aber wieso sagt Mama jetzt Robben zu den Seehunden? Mama erklärt, dass Seehunde zu der großen Familie der Robben gehören. Trudelchen hört ebenfalls gut zu, aber sie wird noch nicht alles verstanden haben.

»Früher war ich oft an der Nordsee«, sagt Mama. Sie sagt es ein wenig sehnsuchtsvoll. »Was hab ich da am Strand gebuddelt und im Wasser rumgeplanscht. Wenn das Meer denn da war.«

Was soll das nun wieder heißen?

»Das ist das Besondere an der Nordsee. Mal ist sie da und mal ist sie nicht da.«

Mama, du spinnst doch!

Nein, nein, Mama spinnt gar nicht.

»Das Wasser der Nordsee zieht sich vom Ufer zurück, ganz allmählich, bis es fast nicht mehr zu sehen ist, das nennt man Ebbe. Und anschließend kommt das Wasser langsam wieder zurück. Das ist dann die Flut.«

»Und das geht immer so hin und her und her und hin?«

»Genau, Millie. Ebbe und Flut dauern insgesamt ungefähr zwölf Stunden. Einmal bin ich mit deinem Opa dort oben gewesen.«

»Dort oben?«

»Ja, da, wo im Norden von Deutschland das Land zu Ende ist. Das nennt man Friesland. Der Opa, also mein Vater, der wollte mit mir so weit laufen, bis wir zum Wasser gelangen. Das Meer hatte sich zurückgezogen und wir liefen ewig über den Meeresboden.«

»Das geht nicht, Mami!«

»Doch, das geht. Wenn das Wasser nicht da ist, läuft man über Schlamm und Schlick. Das ist das Watt. Es hat dort fürchterlich viele kribbelnde und krabbelnde Tiere gegeben. Ich fand das eklig und hatte Angst, dass die mich kneifen. Das waren Krabben, glaube ich, oder Krebse.«

»Hast du geheult, Mama?«

»Na, ich war kurz davor.«

»Und was hat Opa gemacht?«

»Er hat gesagt, entweder du gehst jetzt mit mir bis zum Wasser oder wir fahren gleich wieder nach Hause.«

Oha. »Und dann?«

»Dann habe ich doch noch geheult, aber ich bin mit meinem Vater über den Strand gelaufen, das heißt, über das Watt, bis wir das Wasser erreicht haben.«

»Und was war mit den Kneifer-Krebsen? Bist du über die rübergetrampelt?«, fragt Millie.

»Ich habe einfach nicht mehr an sie gedacht.«

»Und dann?«

»Dann war’s toll«, sagt Mama. »Und es hat schon was, im Modder herumzustapfen.«

Das kann Millie sich gut vorstellen. Sie seufzt. »Da möchte ich auch mal hin«, sagt sie.

»Trudel auch«, echot die kleine Schwester.

Ist schon klar. Wo Millie hinwill, muss Trudel auch sein. Nicht wegen der Krabben. Wegen der Seehunde, Mama!

Als Papa abends kommt, soll Mama die Geschichte mit Opa und den ekligen Kribbelkrabbel-Krabben und den Kneifer-Krebsen noch einmal erzählen. Bitte, Mama, bitte! Die Geschichte hat Papa bestimmt noch nicht gehört.

Papa ist über Mamas Nordsee-Erlebnis aber gar nicht verwundert. Er hat nämlich seine eigenen Geschichten an der Nordsee erlebt. Hätte Millie nicht gedacht!

Was ist Papa denn passiert?

Papa ist auf Schatzsuche gegangen. Er hat gedacht, er findet in den vielen Muscheln, die am Strand der Nordsee rumliegen, echte Perlen. Also hat er jede Muschel aufgehoben und nachgesehen.

»Und? Hast du eine Perle gefunden?«

»Nee«, sagt Papa. »Aber einen Bernstein. Und ich glaube, Perlenmuscheln gibt es dort auch gar nicht. Dafür ist die Nordsee zu kalt, zu weit oben.«

Oben?

Jetzt muss der Globus her. Oder der Atlas.

Aha. Die Nordsee ist nicht so groß wie der Atlantik. Sie reicht nicht bis zum Nordpol. Die Nordsee schwappt zwischen Holland und England und Deutschland hin und her. Mal ist sie da und mal ist sie nicht da.

Wieso eigentlich? Das müssen Mama und Papa Millie irgendwann noch genauer erklären.

Vor Dänemark gibt es auch die Nordsee. Wenn sie da ist. Und ganz oben an der Spitze von Dänemark trifft die Nordsee die Ostsee. Das ist das Meer, das auf der anderen Seite liegt und aussieht wie eine Frau, die auf Knien hockt.

»Wo beide Meere sich treffen – das heißt Skagerrak«, weiß Papa.

Trudel, die sich auf Papas Schoß lümmelt, schaut neugierig zu, wie er mit dem Finger über den Atlas fährt.

»Gagagack«, sagt sie und nickt, als würde sie wissen, worüber Papa spricht.

Er zeigt nun mit dem Finger auf die kleinen Stipser in der Nordsee, die dort eingezeichnet sind, wo kein Land mehr ist und nur blaue Farbe. Blaue Farbe im Atlas ist immer Wasser.

»Und hier auf den kleinen Inseln, die wie Perlen aneinandergereiht sind, habe ich meinen Schatz gesucht«, sagt er.

»War das Mama?«, fragt Millie.

»Nein, das war viel später. Damals war ich doch noch ein kleiner Junge. So alt wie du in etwa. Nein, ich habe nach Perlen gesucht. Und gehofft, einen richtigen Piratenschatz zu finden. Diese Inseln … Ich weiß gar nicht, ob ich noch alle Namen zusammenbekomme … Borkum, Juist … und so weiter. Norderney fällt mir noch ein.«

»Das sind die Ostfriesischen Inseln«, mischt Mama sich ein. »Spiekeroog und Langeoog. Baltrum.«

Die Ostfiesen-Inseln? Spicki-Och und Lange-Och? Bald-Rum? Und was war das noch? Bohr-Krumm? Lustige Namen haben diese kleinen Stipser. Aber die sehen doch gar nicht aus wie Perlen. Sie sehen aus wie Milchzähne.

»Ach geh, Millie.«

Doch, doch, doch. Millie weiß genau, dass Trudels Zähnchen genauso aussahen, als die sich endlich aus dem kleinen Kiefer rausgebohrt hatten. Kleine weiße Stipsis.

Und wo hat Mama ihre Nordsee-Geschichte erlebt?

»Hier«, sagt Mama und zeigt auf den Punkt, wo die Nordsee um die Ecke geht. »Hier, bei Cuxhaven. Da kann man sogar zu Fuß über das Watt laufen bis zu einer Insel, die weit vor der Küste liegt.«

»Oder man nimmt eine Pferdekutsche«, sagt Papa. »Du meinst bestimmt die Insel Neuwerk.«

»Genau.«

»Und wenn das Wasser gerade kommt, wenn man über dieses … über dieses Dingsda läuft?«, fragt Milllie.

Das wäre doch gefährlich!

Dingsda? Das Watt, Millie, das Watt!

»Ja, das ist gefährlich. Deswegen sagt man ja auch manchmal Mordsee zur Nordsee«, erklärt Mama. »Wenn man sich nicht auskennt, sollte man nicht allein über das Watt laufen. Sonst wird man noch vom Wasser eingeholt. Oder wenn Sturmflut ist, dann wird das Wasser weit über das Land gespült. An der Nordsee kann tatsächlich viel passieren.«

Auch ein Orkan! Windstärke zwölf! Millie hat aufgepasst, jaha. »Und man kann auch von den Kneifer-Krebsen gebissen werden.«

»Was Mama meint, sind wohl die Strandkrabben«, sagt Papa.

»Ich dachte, Krabben sind diese kleinen, rosa Viecher, die man auspulen muss«, verteidigt sich Mama.

»Oha«, sagt Papa. »Jetzt bringst du mich aber in Schwierigkeiten. Jedenfalls tut dein Krebs am Strand keiner Menschenseele was zuleide. Höchstens zwickt er einen mal in die Ferse.«

Na, das hört sich doch alles sehr spannend an.

»Wenn wir noch ein paar Tage Zeit hätten, würde ich glatt vorschlagen, an die Nordsee zu fahren«, sagt Papa.

Mama muss nachrechnen. Ja, sie haben in diesen Sommerferien gerade noch zehn, elf Tage Zeit, bevor die Schule wieder beginnt.

Millie ist zwar schon ganz, ganz viel und manchmal auch ganz, ganz weit verreist, aber an der Mordsee ist sie noch nicht gewesen. Das mit dem Meer, das abhaut und wiederkommt, und das mit den Kneifer-Krebsen würde sie schon sehr interessieren. Sie muss ja nicht ins Wasser gehen, wenn sie sich fürchtet. Mama und Papa sind nicht so streng wie Opa. Und wenn doch … dann braucht Millie nur ein bisschen zu heulen. Das hilft meistens. Außerdem sind sie ja zu zweit. Wenn Millie und Trudel gleichzeitig losheulen …

Mama sagt: »Aber dann sollten wir diesmal die nördliche Küste ansteuern. Und die Nordfriesischen Inseln.«

Nicht die Milchzahn-Inseln von den Ostfiesen?

Schade. Hoffentlich kann man bei den Nordfiesen auch viel erleben.

»Meinst du denn, dass wir dort auf die Schnelle noch eine Unterkunft finden?«, fragt Papa.

Mama winkt ab. »Ach«, sagt sie. »Ein Bett wird immer noch aufzutreiben sein.«

Ein Bett? Mama, das reicht doch nicht für die ganze Familie!

Blanker Hans

Mama hatte recht. Das mit der Unterkunft bei den Nordfiesen hat geklappt. Betten hat es auch genug gegeben!

»Wir machen Insel-Hopping«, sagt Mama. Sie hat heute die ganze Familie früh aus den Federn gescheucht. Papa schleppt schon die Koffer zum Auto. Mama reicht ihm die große Kühltasche rüber. Hoffentlich hat sie auch genügend leckere Butterbrote eingepackt. Und was hat sie gerade gesagt? Hopping? Was ist denn das?

»Wir fahren die Küste entlang, von Ort zu Ort und von Insel zu Insel«, erklärt Mama. »Das heißt so. Hopping. Von Insel zu Insel hüpfen.«

»Häschen, hüpf, Häschen, hüpf«, singt Trudel und hopst auf ihrem Popo über den Rasen.

»Ja«, bestätigt Mama. »Genau so machen wir das.«

»Hasilein soll auch mit.« Trudel lässt sich nicht davon abbringen, ihre Hasentasche mitzunehmen. Obwohl sie schon im Kindergarten ist, lutscht die kleine Schwester noch immer an den langen Ohren der Tasche herum. Das kann man ihr einfach nicht abgewöhnen. Und so sehen die schmuddeligen Ohren inzwischen auch aus. Papa kriegt jedes Mal die Krise, wenn er das sieht, aber während der Autofahrt wird er sich hüten, sich mit Trudel anzulegen. Das Geschrei wäre nämlich nicht auszuhalten.

Die Reise führt immer geradeaus der Nase nach ohne Schlenker nach links oder nach rechts. Geradeaus … da ist nämlich Norden. Wenn dort Süden wäre, dann würden sie ja an die Südsee fahren und nicht zur Nordsee.

Na gut, einmal machen sie doch einen Schlenker nach links. Da geht es nämlich an Hamburg vorbei.

»Die Hansestadt Hamburg ist das Tor zur Welt«, erzählt Papa, »denn hierher kommen die großen Containerschiffe aus aller Herren Länder. Sie schippern über den Atlantik und die anderen Ozeane durch die Nordsee an Cuxhaven vorbei bis in den Hamburger Hafen. Und wieder hinaus in die weite Welt.«

Große Schiffe kann man auch Pötte nennen. Millie möchte die großen Pötte unbedingt sehen. Aber dafür ist heute nicht genug Zeit.

»Ein andermal«, sagt Mama.

Wann ist denn ein andermal?

Mama zieht die Schultern hoch. Sie weiß es nicht. Deshalb will sie schnell ablenken. Wie immer, wenn Millie eine unbequeme Frage gestellt hat.

»Einmal waren hier zwei Ameisen«, sagt Mama. »Die wollten nach Australien reisen. Doch auf der Straße, der Chaussee, da taten ihnen die Beine weh.«

»Und dann?«, fragt Millie, obwohl sie Mama die Sache mit den Ameisen nicht so recht abnimmt.

»Dann verzichteten sie weise auf den letzten Teil der Reise«, fährt Mama fort.

»Das reimt sich, Mami!«

»Hat ja auch ein Dichter geschrieben. So ähnlich jedenfalls. Der hieß Ringelnatz. Er hat viele Geschichten über Seeleute und die Seefahrt verfasst.«

»Ringelpiez?«

»Ringelnatz, Millie!«

Ringelfatz, Ringelmatz, Ringelwutz … ist doch egal.

Nun fallen Millie wieder die süßen Seehunde ein. Ja, wo sind die denn? Wo bleibt denn überhaupt die Nordsee? Der Wind ist schon ganz schön stürmisch geworden. Ist das vielleicht bereits ein Orkan? Windstärke zwölf? Ihr Auto wird auf der Brücke, über die sie gerade kutschieren, ganz schön hin- und hergeschunkelt.

»Oh!«, sagt Papa und deutet nach unten. »Das muss der Nord-Ostsee-Kanal sein. Guck mal, Millie. Es sieht fast so aus, als hätte er die Landschaft mittendurch geschnitten.«

»Ich habe mal gehört, dass der Kanal die längste Wasserstraße der Welt ist«, sagt Mama. »Oder die am meisten befahrene.«

»Oder beides zusammen«, schlägt Millie vor.

»Oder das.« Mama nickt. Sie muss ja nicht alles wissen.

Millie sieht nun doch noch die großen Pötte. Die tuckern ganz gemächlich links und rechts von der Brücke durch den Kanal. Aufpassen! Und immer schön in der Mitte bleiben!

Hups. Da vorne ist ja noch eine Brücke. Ein Zug fährt gerade drüber. Direkt unter der Brücke sind Häuser und Gärten zu sehen. Und Hunde, Leute, Schafe, Bäume und Sträucher.

»Und wenn jemand was vom Zug runterfallen lässt?«, fragt Millie. »Vom Klo vielleicht?«

»Millie!« Papa schüttelt nur den Kopf.

Mama meint, dass Millies Frage gar nicht so abwegig ist.

»Früher waren die Toiletten von der Eisenbahn tatsächlich nach unten hin offen«, sagt sie. »Da wird schon mal das eine oder andere runtergeplumpst sein.«

»Auf die Köpfe?«

Mama zieht die Schultern hoch und grinst. Millie kichert. Papa schüttelt noch immer den Kopf und Trudel hat gar nichts kapiert. Sie ist zu klein, um witzige Sachen zu verstehen. Trudel nimmt alles nur ernst.

Kurz nach der Brücke über den Kanal sieht Millie ein Schild mit einem Seehund drauf.

»Anhalten, Papa! Anhalten!«

»Bitte?«, fragt Papa verdutzt.

Ach ja. So heißt das Zauberwort.

»Bitte, Papa, halt an. Guck doch mal, da links geht’s zur Nordsee. Zu den Seehunden, Papa. Ich will mal einen auf den Arm nehmen.«

»Das geht nicht«, sagt Mama. »Selbst wenn man ein Seehundbaby einsam am Strand findet, darf man es nicht anfassen. Vielleicht kommt seine Mama zurück. Wenn das Baby dann nach Mensch riecht, will sie es nicht mehr wiederhaben.«

»Und wenn die Mama gar nicht mehr zurückkommt?«

Das Baby kann sich ja auch verirrt haben und seine Mama sucht und sucht und kann es nicht finden. Was dann?

»Das Seehundbaby ruft nach seiner Mama. Das hört sich an, als würde es weinen.«

»Ein Seehundbaby kann heulen?«

»Ja«, sagt Mama. »Deswegen heißen alleingelassene Seehundbabys auch Heuler. Sie heulen so lange, bis jemand sie mitnimmt.«

»Trudel heult nicht«, sagt die kleine Schwester.

Doch, manchmal ist Trudel auch ein Heuler.

Mama meint, dass das Schild darauf hindeutet, dass es in der Nähe eine Seehundstation gibt.

»Nur die Mitarbeiter einer solchen Station dürfen die Heuler mitnehmen. Dort drüben in Friedrichskoog zum Beispiel. Die wissen da, wie man Robben großbekommt.«

»Mit Babybrei?«

»Ich glaube mit Fischbrei.« Jetzt hat sich Papa eingemischt. »Seehunde fressen doch nur Fisch.«

»Aber es sind auch Säugetiere«, wirft Mama ein. »Sie trinken an der Brust von der Seehundmama.«

»Trudel war auch ein Säugetier«, sagt Millie und nickt. Sie weiß noch genau, wie die kleine Schwester immer an Mamas Brust genuckelt hat.

»Genau wie du, Millie«, sagt Papa.

Wirklich? Daran kann sich Millie gar nicht erinnern.

Mama schlägt vor, die Seehundstation nicht zu besichtigen, sondern die Reise fortzusetzen und lieber später mit einem Boot direkt zu den Seehundsbänken rauszufahren.

Heute soll Millie nämlich noch eine Sturmflut erleben.

Hat sie richtig gehört? Eine Sturmflut?

»Mit Windstärke zwölf?«

»Aber bestimmt«, verspricht Mama.

»Trudel auch zwölf.«