Cover
Erin Hunter
Warrior Cats
Special Adventure – Feuersterns Mission
Aus dem Englischen von Klaus Weimann
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www.beltz.de
© 2010 Beltz & Gelberg in der Verlagsgruppe Beltz · Weinheim Basel
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
© 2007 Working Partners Limited
Die Originalausgabe erschien 2007 unter dem Titel Warriors Super Edition: Firestar’s Quest bei HarperCollins Children’s Books, New York
Lektorat: Susanne Härtel
ebook: Druckhaus »Thomas Müntzer«, Bad Langensalza
ISBN 978-3-407-74279-7
Besonderen Dank an Cherith Baldry
Hinter dem Namen Erin Hunter verbergen sich gleich drei Autorinnen. Während Victoria Holmes meistens die Ideen für die Geschichten hat und das gesamte Geschehen im Auge behält, bringen Cherith Baldry und Kate Cary die Abenteuer der Katzen-Clans zu Papier. Alle drei mögen Katzen und haben großen Spaß daran, neue und spannende Geschichten rund um die KatzenClans zu erfinden.
 
Mehr Informationen unter www.warriorcats.de

Die Hierarchie der Katzen

DonnerClan

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Anführer
FEUERSTERN – hübscher Kater mit rotem Fell
Zweiter
Anführer
GRAUSTREIF – langhaariger, grauer Kater
Heilerin
RUSSPELZ – dunkelgraue Kätzin
Krieger
(Kater und Kätzinnen ohne Junge)
 
MAUSEFELL – kleine, schwarzbraune Kätzin
 
BORKENPELZ – dunkelbraun getigerter Kater
 
LANGSCHWEIF – Kater mit hellem Fell und schwarzen Streifen
 
SANDSTURM – kleine, gelbbraune Kätzin; Mentorin von AMPFERPFOTE
 
GLANZFELL – sehr hellgraue Kätzin mit ungewöhnlich blauen Augen
 
WOLKENSCHWEIF – langhaariger, weißer Kater; Mentor von REGENPFOTE
 
FARNPELZ – goldbraun getigerter Kater
 
Dornenkralle – goldbraun getigerter Kater; Mentor von SCHLAMMPFOTE
 
Aschenpelz – hellgrauer Kater mit dunkleren Flecken; dunkelblaue Augen
 
BROMBEERKRALLE – dunkelbraun getigerter Kater mit bernsteinfarbenen Augen
Schüler
(über sechs Monde alt, in der Ausbildung zum Krieger)
 
Ampferpfote – schildpattfarbene Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen
 
Regenpfote – dunkelgrauer Kater mit blauen Augen
 
Schlammpfote – hellgrauer Kater mit bernsteinfarbenen Augen
Königinnen
(Kätzinnen, die Junge erwarten oder aufziehen)
 
Rauchfell – hellgraue Kätzin mit dunkleren Flecken und grünen Augen
 
Lichtherz – weiße Kätzin mit goldbraunen Flecken und vernarbtem Gesicht
Älteste
(ehemalige Krieger und Königinnen, jetzt im Ruhestand)
 
Goldblüte – Kätzin mit hellem, goldbraunem Fell
 
Frostfell – Kätzin mit schönem, weißem Fell und blauen Augen
 
TUPFENSCHWEIF – einst hübsche, schildpattfarbene Kätzin mit einem wunderbar gefleckten Fell
 
FLECKENSCHWEIF – hell gescheckte Kätzin
 
KLEINOHR – ältester Kater im DonnerClan mit grauem Fell und sehr kleinen Ohren
 
EINAUGE – älteste Kätzin im DonnerClan mit hellem Fell; fast blind und taub

SchattenClan

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Anführer
Schwarzstern – großer, weißer Kater mit riesigen pechschwarzen Pfoten
Zweite
Anführerin
Rostfell – dunkle, goldbraune Kätzin
Heiler
KLEINWOLKE – sehr kleiner, getigerter Kater
Krieger
EICHENFELL – kleiner, brauner Kater; Mentor von BERNSTEINPELZ – schildpattfarbene Kätzin mit grünen Augen
 
MOHNBLÜTE – langbeinige, hellbraun gescheckte Kätzin
Ältester
TRIEFNASE – kleiner, grau-weißer Kater, ehemals Heiler des Clans

WindClan

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Anführer
RIESENSTERN – älterer, schwarz-weißer Kater mit sehr langem Schwanz
Zweiter
Anführer
MOORKRALLE – gesprenkelter, dunkelbrauner Kater
Heiler
RINDENGESICHT – brauner Kater mit kurzem Schwanz
Krieger
SPINNENFUSS – dunkelgrau getigerter Kater
 
FETZOHR – getigerter Kater
 
KURZBART – braun gescheckter Kater
 
PLÄTSCHERBACH – hellgrau getigerte Kätzin
Königinnen
ASCHENFUSS – graue Kätzin
 
MORGENBLÜTE – schildpattfarbene Kätzin

FlussClan

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Anführerin
LEOPARDENSTERN – ungewöhnlich getupfte, goldfarbene Kätzin
Zweite
Anführerin
NEBELFUSS – dunkelgraue Kätzin mit blauen Augen
Heiler
SCHMUTZFELL – langhaariger, hellbrauner Kater
Krieger
SCHWARZKRALLE – rauchschwarzer Kater
 
BLEIFUSS – stämmiger, getigerter Kater
 
Sturmpelz – dunkelgrauer Kater mit bernsteinfarbenen Augen
 
Federschweif – hellgraue Kätzin mit blauen Augen
Königin
MOOSPELZ – schildpattfarbene Kätzin

Neuer WolkenClan

 
WOLKENJÄGER – sehr alter, dunkelgrauer Kater mit hellblauen Augen
 
BLATTSPRENKEL – braun und cremefarben gestreifte Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen
 
SCHARFKRALLE – dunkelgoldbrauner Kater
 
FLICKENFUSS – schwarz-weißer Kater
 
KLEINBART – dunkelbraun getigerter Kater
 
REGENPELZ – hellgrauer Kater mit dunkelgrauen Flecken
 
KLEESCHWEIF – hellbraune Kätzin mit weißem Bauch und weißen Beinen
 
BLÜTENDUFT – hellgraue Kätzin
 
ECHOKLANG – silbern gestreifte Kätzin mit grünen Augen
 
SPATZENPFOTE – dunkelbraun getigerter Kater
 
SPRINGPFOTE – schildpattfarbene Kätzin
 
HOPPELJUNGES – goldbrauner Kater
 
BIENENJUNGES – kleine weiße Kätzin
 
KIESELJUNGES – schwarzer Kater
 
SALBEIJUNGES – hellgrauer Kater
 
MINZJUNGES – grau getigerte Kätzin

Alter WolkenClan

Anführer
WOLKENSTERN – hellgrauer Kater mit weißen Flecken und sehr hellen blauen Augen
Zweiter
Anführer
BUSSARDFEDER – hellbrauner Kater mit grünen Augen
Heilerin
REHAUGE – hellbraun getigerte Kätzin
Krieger
VOGELFLUG – hellbraun gestreifte Kätzin mit langem, flauschigem Fell und bernsteinfarbenen Augen
 
HEIDEPELZ – dunkelbraun getigerte Kätzin
 
MAUSEZAHN – sandfarbene Kätzin
 
NACHTPELZ – schwarzer Kater
Schüler
EICHELPFOTE – grau getigerter Kater

Alter DonnerClan

Anführer
ROTSTERN – rotbrauner Kater

Alter WindClan

Anführer
BLITZSTERN – dunkelgrauer Kater

Alter FlussClan

Anführerin
BIRKENSTERN – hellbraun getigerte Kätzin

Alter SchattenClan

Anführer
MORGENSTERN – cremebraune Kätzin

Katzen außerhalb der Clans

 
MIKUSCH – schwarz-weißer Kater; lebt auf einem Bauernhof nahe am Wald
 
RABENPFOTE – schlanker, schwarzer Kater mit weißer Schwanzspitze; lebt bei Mikusch, früher im DonnerClan
 
WULLE – pummeliges, freundliches, schwarz-weißes Hauskätzchen; lebt in einem Haus am Waldrand
 
MIA – hübsches, braun gestreiftes Hauskätzchen; lebt in Feuersterns früherem Zuhause

Prolog

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Der Vollmond schwebte am Himmel und ergoss sein kaltes Licht über den Wald. In den Blättern von vier massiven Eichen murmelte eine schwache Brise, Lichtflecken und Schatten zogen über das Fell der vielen Katzen, die in die Senke unterhalb der Bäume glitten.
Aus den Büschen, die die Senke begrenzten, tauchte ein muskulöser, rotbrauner Kater auf. Er setzte über die Lichtung und sprang auf einen großen Felsblock, der in der Mitte aufragte.
Dort warteten schon drei andere Katzen. Eine von ihnen, eine Kätzin mit hellbraun getigertem Fell, senkte grüßend den Kopf.
»Willkommen, Rotstern«, miaute sie. »Wie steht’s mit Beute im DonnerClan?«
»Wir haben genug, danke, Birkenstern«, antwortete der Anführer des DonnerClans. »Alles in Ordnung im FlussClan?«
Bevor Birkenstern antworten konnte, kam ihr einer der anderen Anführer zuvor, der ungeduldig mit seinen Krallen über den Felsen kratzte.
»Wir sollten endlich mit der Großen Versammlung beginnen«, knurrte er. »Wir verschwenden unsere Zeit.«
»Wir können noch nicht anfangen, Blitzstern«, miaute die vierte Katze, in deren hellbraunem Fell sich das schimmernde Sternenlicht fing. »Wir sind noch nicht vollständig.«
Blitzstern schnaubte ungeduldig. »Der WindClan hat Besseres zu tun, als herumzusitzen und auf Katzen zu warten, die sich nicht um rechtzeitiges Erscheinen scheren.«
»Schaut!« Rotstern deutete mit dem Schwanz zum oberen Rand der Senke, wo sich der Umriss eines Katers gegen das bleiche Mondlicht abhob. Einen Herzschlag lang stand er bewegungslos da, dann machte er eine Bewegung mit dem Schwanz und verschwand in den Büschen. Weitere Katzen folgten ihm, ergossen sich über den Rand der Senke. Die Zweige raschelten, als sie den Abhang herabströmten.
»Seht!«, miaute Morgenstern. »Endlich kommt der WolkenClan.«
»Wird auch Zeit«, murmelte Blitzstern. »Wolkenstern!«, rief er der ersten Katze zu, die auf der Lichtung auftauchte. »Warum kommt ihr so spät?«
Der Anführer des WolkenClans war für einen Kater klein, hatte einen geschmeidigen Körper und einen wohlgeformten Kopf. Sein Fell war hellgrau mit weißen Flecken wie Wolken. Er gab keine Antwort auf Blitzsterns Frage, sondern schob sich durch die Katzen und sprang auf den Felsblock zu den anderen Anführern.
Hinter ihm tauchten immer mehr Katzen aus dem Gebüsch auf. Eine Gruppe junger Schüler kam vorsichtig nach vorn. Sie drängten sich aneinander, hatten die Augen weit aufgerissen in einer Mischung aus Angst und Aufregung. Ihnen folgten die Ältesten des Clans, einige humpelten. Zwei Kätzinnen trugen je ein winziges Junges im Maul, ältere Junge stolperten müde neben ihnen her, während die übrigen Krieger einen schützenden Kreis um sie bildeten.
»Beim großen SternenClan!«, rief Blitzstern. »Wolkenstern, man könnte glauben, du hast deinen ganzen Clan zur Großen Versammlung mitgebracht.«
Wolkenstern erwiderte fest den verwirrten Blick des WindClan-Anführers. »Ja«, miaute er, »das habe ich.«
»Und warum im Namen des SternenClans?«, fragte Birkenstern.
»Weil wir nicht länger auf unserem Territorium leben können«, erklärte ihr der Anführer des WolkenClans. »Zweibeiner haben es zerstört.«
»Was?« Rotstern trat vor. »Meine Patrouillen haben zwar mehr Zweibeiner auf eurem Territorium gemeldet und Lärm von Monstern, aber die können es doch unmöglich ganz zerstört haben.«
»Doch, das haben sie.« Wolkenstern starrte über die Lichtung, als sähe er etwas anderes anstelle der mondbeschienenen Büsche. »Sie sind mit riesigen Monstern gekommen, haben unsere Bäume umgestoßen und die Erde aufgewühlt. Alle Beute ist tot oder verscheucht. Die Monster kauern nun um unser Lager herum und warten darauf, sich auf uns zu stürzen. Das Zuhause des WolkenClans ist verschwunden.« Er wandte sich zu den anderen Anführern und fuhr fort: »Ich habe meinen Clan hierhergebracht, um euch um Hilfe zu bitten. Ihr müsst uns etwas von euren Territorien überlassen.«
Protestgeheul erhob sich unter den Katzen am Fuße des Felsens. Am Rand der Lichtung drängten sich die WolkenClan-Katzen zusammen, außen die stärksten Krieger, als machten sie sich auf einen Angriff gefasst.
Blitzstern antwortete als Erster. »Du kannst nicht einfach hier auftauchen und Teile unseres Territoriums verlangen. Wir schaffen es jetzt schon kaum, unseren eigenen Clan zu ernähren.«
Rotstern trat nervös von einer Pfote auf die andere. »Beute gibt es jetzt in der Blattgrüne genug, aber was wird, wenn erst der Blattfall kommt? Dann wird der DonnerClan nichts davon entbehren können.«
»Und der SchattenClan auch nicht«, miaute Morgenstern. Sie erhob sich von ihrem Platz am Rand des Felsens und starrte Wolkenstern mit ihren grünen Augen herausfordernd an. »Mein Clan ist größer als alle anderen. Wir brauchen jede Pfotebreit Boden, um unsere eigenen Katzen zu ernähren.«
Wolkensterns Blick richtete sich auf die einzige Anführerin, die noch nichts gesagt hatte. »Birkenstern? Was meinst du?«
»Ich würde euch gerne helfen«, miaute die Anführerin des FlussClans. »Wirklich! Aber der Fluss führt wenig Wasser, und es ist schwieriger als jemals zuvor, genügend Fisch zu fangen. Außerdem wissen Katzen des WolkenClans nicht, wie man fischt.«
»So ist es«, bestätigte Blitzstern. »Und nur WindClan-Katzen sind schnell genug, um Kaninchen und Vögel auf dem Moor zu fangen. Es gibt nirgendwo einen Platz auf unserem Territorium, wo ihr ein Lager aufschlagen könntet. Ihr hättet es bald satt, unter Ginsterbüschen zu schlafen.«
»Und was soll mein Clan also tun?«, miaute Wolkenstern.
Schweigen breitete sich über die Lichtung aus, als hielte jede Katze den Atem an. Rotstern brach dieses Schweigen mit einem einzigen Wort: »Zieht weg.«
»Richtig.« In Blitzsterns Stimme war ein leises Fauchen zu hören. »Verlasst den Wald und sucht euch einen anderen Ort, weit genug weg, damit ihr nicht unsere Beute stehlen könnt.«
Unten auf der Lichtung erhob sich eine junge schwarz-silberne Kätzin auf die Pfoten.
»Blitzstern«, rief sie, »als deine Heilerin muss ich dir sagen, dass es dem SternenClan nicht gefallen wird, wenn wir den WolkenClan vertreiben. Es hat immer fünf Clans im Wald gegeben.«
Blitzstern schaute auf seine Heilerin hinab. »Du behauptest, du kennst den Willen des SternenClans, Lerchenflügel. Aber kannst du mir auch erklären, warum der Mond noch scheint? Wenn der SternenClan nicht damit einverstanden wäre, dass der WolkenClan den Wald verlässt, würde er Wolken schicken, die den Himmel bedecken.«
Lerchenflügel schüttelte den Kopf, doch auf die Frage ihres Anführers konnte sie nichts erwidern.
Wolkensterns riss ungläubig die Augen auf. »Fünf Clans haben länger in diesem Wald gelebt, als irgendeine Katze zurückdenken kann. Bedeutet euch das gar nichts?«
»Die Dinge ändern sich«, erwiderte Rotstern. »Ist es nicht möglich, dass sich auch der Wille des SternenClans geändert hat? Er hat jedem Clan die notwendigen Fähigkeiten gegeben, dass er in seinem Territorium überleben kann. FlussClan-Katzen können gut schwimmen. DonnerClan-Katzen sind gut darin, sich an Beute im Unterholz anzuschleichen. WolkenClan-Katzen können hinauf in die Bäume springen, weil es nicht viel Deckung in ihrem Territorium gibt. Bedeutet das nicht, dass kein Clan im Territorium eines anderen Clans leben könnte?«
Ein magerer Kater mit zerzaustem schwarzem Fell erhob sich von seinem Platz unter dem Felsen. »Du sagst immer wieder, dass der SternenClan fünf Clans im Wald haben möchte, aber bist du dir sicher, dass das stimmt? Es gibt vier Eichen hier im Baumgeviert. Das könnte ein Zeichen dafür sein, dass es nur vier Clans geben soll.«
»Der WolkenClan gehört nicht hierher«, fauchte ein silbern Gestreifter neben ihm. »Lasst sie uns jetzt vertreiben.«
Die WolkenClan-Krieger sträubten alle gleichzeitig das Fell und entblößten lange, scharfe Krallen.
»Halt!«, rief Wolkenstern. »Krieger des WolkenClans, wir sind keine Feiglinge, aber diese Schlacht können wir nicht gewinnen. Heute Nacht haben wir gesehen, was das Gesetz der Krieger wert ist. Von jetzt an sind wir allein, und wir werden uns auf keine andere Katze mehr verlassen, sondern nur noch auf uns selbst.«
Er sprang vom Großfelsen hinab und bahnte sich einen Weg durch seine Krieger, bis er einer schönen, hellbraun gestreiften Kätzin gegenüberstand. Zwei winzige Junge maunzten jämmerlich zu ihren Pfoten.
»Wolkenstern«, murmelte die Kätzin bekümmert. »Unsere Jungen sind zu klein für eine lange Reise. Ich bleibe mit ihnen hier, falls ein Clan uns aufnehmen will.«
Falkenflügel, der Heiler des DonnerClans, drängte sich zwischen zwei WolkenClan-Kriegern hindurch, ohne auf deren Knurren zu achten, und beugte sich hinab, um an den Jungen zu schnüffeln. »Ihr seid im DonnerClan willkommen.«
»Bist du dir da so sicher?«, forderte ihn Wolkenstern heraus. »Nach allem, was dein Anführer heute zu uns gesagt hat?«
»Ich glaube, mein Anführer war im Unrecht«, miaute Falkenflügel. »Aber er wird keine hilflosen Jungen dem Tod überantworten. Sie werden im DonnerClan eine Zukunft haben, und du auch, Vogelflug.«
Die hellbraune Kätzin neigte den Kopf. »Danke.« Sie wandte sich zu Wolkenstern, Kummer überschwemmte ihre bernsteinfarbenen Augen. »Dann ist das jetzt der Abschied.«
»Nein, Vogelflug!« rief der Anführer des WolkenClans entsetzt. »Wie kann ich dich jemals verlassen?«
»Das musst du.« Vogelflugs Stimme bebte. »Unser Clan braucht dich, aber unsere Jungen brauchen jetzt mich.«
Wolkenstern neigte den Kopf. »Ich werde auf dich warten«, flüsterte er. »Ich werde immer auf dich warten.« Er presste die Schnauze gegen ihre Flanke. »Bleib bei Falkenflügel. Er wird Krieger finden, die dir helfen, die Jungen ins Lager des DonnerClans zu tragen.« An den Heiler gewandt fügte er hinzu: »Kümmere dich um sie.«
Falkenflügel nickte. »Das werde ich.«
Mit einem letzten schmerzvollen Blick auf seine Gefährtin gab Wolkenstern seinem restlichen Clan mit dem Schwanz ein Zeichen. »Folgt mir.«
Er schritt voran zum Anstieg, aber bevor er in die Büsche eintauchte, rief Rotstern vom Großfelsen herab: »Möge der SternenClan mit euch sein!«
Wolkenstern drehte sich um und heftete einen kalten Blick auf den Kater, den er einst seinen Freund genannt hatte. »Der SternenClan kann gehen, wohin er will«, fauchte er. »Er hat den WolkenClan verraten. Von heute an will ich nichts mehr mit unseren Kriegerahnen zu tun haben.« Er achtete nicht darauf, wie die Katzen in seiner Umgebung erschrocken die Luft anhielten, darunter auch einige aus seinem eigenen Clan. »Der SternenClan hat zugelassen, dass die Zweibeiner unser Zuhause zerstören. Er blickt jetzt auf uns herab und lässt den Mond weiterscheinen, während ihr uns vertreibt. Er hat gesagt, es würde immer fünf Clans im Wald geben, aber er hat uns belogen. Der WolkenClan wird niemals wieder zu den Sternen aufblicken.«
Mit einem letzten Schwanzschnippen verschwand er im Gebüsch und sein Clan folgte ihm.

1. Kapitel

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Feuerstern glitt um ein Haseldickicht herum, verharrte und prüfte die Luft. Es war fast Vollmond, und er konnte erkennen, dass er sich in der Nähe der Grenze zum SchattenClan befand. Er hörte das schwache Gurgeln des Bachs und roch Spuren der Duftmarkierungen, die der SchattenClan hinterlassen hatte.
Der feuerfarbene Kater schnurrte zufrieden. Seit drei Blattwechseln war er nun Anführer des DonnerClans, und er hatte das Gefühl, im gesamten Territorium jeden Baum, jeden Brombeerbusch und jeden winzigen Mäusepfad zu kennen. Seit der furchtbaren Schlacht, vor der die WaldClans sich verbündet hatten, um den BlutClan und ihren mörderischen Anführer Geißel zu vertreiben, herrschte Frieden, und die langen Tage von Blattfrische und Blattgrüne hatten ihnen reichlich Beute beschert.
Aber Feuerstern wusste, dass irgendwo in der ruhigen Nacht ein Angreifer lauerte. So zwang er sich zur Konzentration und alle seine Sinne waren wach. Er fing den Geruch von Maus und Kaninchen auf, den grünen Duft von Gras und Laub und ganz schwach auch den Gestank des weit entfernten Donnerwegs. Aber da war noch etwas anderes, etwas, das er nicht identifizieren konnte.
Er hob den Kopf und sog die Brise über seine Geruchsknospen ein. Im gleichen Augenblick schwankte heftig ein Farnbüschel und eine dunkle Gestalt schoss aus den Farnwedeln hervor. Erschrocken wirbelte Feuerstern herum, aber bevor er die Pfoten zur Verteidigung heben konnte, landete die Gestalt schwer auf seinen Schultern und stieß ihn zu Boden.
Feuerstern raffte all seine Kräfte zusammen, rollte sich auf den Rücken und hob die Hinterpfoten, um den Angreifer wegzustoßen. Über sich konnte er breite, muskulöse Schultern ausmachen, einen massigen Kopf mit dunklen Streifen, das Glitzern bernsteinfarbener Augen ...
Feuerstern knirschte mit den Zähnen und schlug noch härter mit den Hinterpfoten aus. Eine Vorderpfote fuhr auf ihn herab, er zuckte zusammen und wartete auf den Schlag.
Plötzlich verschwand das Gewicht, das ihn niederhielt, und die gestreifte Katze sprang mit einem Triumphgeheul zur Seite. »Du hast nicht gewusst, dass ich hier war, stimmt’s?«, miaute sie. »Komm schon, Feuerstern, gib’s zu. Du hattest keine Ahnung.«
Feuerstern stolperte auf die Pfoten, schüttelte sich Grassamen und Moosstückchen aus dem Fell. »Brombeerpfote, du großer Brocken! Du hast mich platt gedrückt wie ein Blatt.«
»Genau.« Brombeerpfotes Augen funkelten. »Wärst du ein Eindringling aus dem SchattenClan gewesen, dann wärst du jetzt Krähenfraß!«
»Stimmt.« Feuerstern berührte seinen Schüler mit der Schwanzspitze an der Schulter. »Das war sehr gut, besonders, dass du deinen Geruch so gut getarnt hast.«
»Sowie ich aus dem Lager raus war, habe ich mich in einem feuchten Farnhaufen gewälzt«, erklärte Brombeerpfote. Plötzlich wirkte er besorgt. »War mit meiner Beurteilung alles in Ordnung, Feuerstern?«
Der Anführer zögerte und bemühte sich, die Erinnerung an Brombeerpfotes blutrünstigen Vater Tigerstern abzuschütteln. Wenn er den jungen Schüler betrachtete, musste er einfach an die breiten Schultern, das dunkle, gestreifte Fell und die bernsteinfarbenen Augen seines Vaters denken, der bereitwillig die eigenen Clan-Kameraden hatte ermorden und verraten wollen, um selbst Anführer zu werden.
»Feuerstern?«, hakte Brombeerpfote nach.
Der schüttelte die klebrigen Spinnweben der Vergangenheit ab. »Ja, Brombeerpfote, natürlich. Keine Katze hätte es besser machen können.«
»Danke, Feuerstern!« Die Augen des Schülers glänzten und sein Schwanz stellte sich steil auf. Als sie zum DonnerClan-Lager aufbrachen, blickte er zurück zur Grenze des SchattenClans. »Glaubst du, dass auch Bernsteinpfote mit ihrer Ausbildung bald fertig ist?«
Brombeerpfotes Schwester Bernsteinpfote war im DonnerClan zur Welt gekommen, aber sie hatte sich dort nie heimisch gefühlt. Sie litt unter dem Misstrauen der Katzen, die nicht vergessen konnten, dass sie Tigersterns Tochter war. Als ihr Vater Anführer des SchattenClans geworden war, hatte sie den DonnerClan verlassen, um sich ihm anzuschließen. Feuerstern hatte immer das Gefühl, ihr gegenüber versagt zu haben, und er wusste, wie sehr Brombeerpfote sie vermisste.
»Ich weiß nicht, wie sie diese Dinge im SchattenClan handhaben«, antwortete er vorsichtig, »aber Bernsteinpfote hat ihre Ausbildung gleichzeitig mit dir begonnen, daher müsste sie inzwischen auch vor ihrer Kriegerzeremonie stehen.«
»Das hoffe ich«, miaute Brombeerpfote. »Ich bin überzeugt, dass sie eine großartige Kriegerin wird.«
»Ihr werdet beide großartige Krieger sein.«
Auf dem Rückweg zum Lager hatte Feuerstern ein Gefühl, als ob jede schattige Senke, jedes Farngebüsch oder Brombeerdickicht das Funkeln von bernsteinfarbenen Augen verbergen könnte. Trotz aller Verbrechen war Tigerstern doch stolz auf seinen Sohn und seine Tochter gewesen, und er hatte einen besonders schrecklichen Tod gefunden, als ihm alle seine neun Leben auf einmal durch Geißels geschärfte Krallen entrissen wurden. War es der massige, gestreifte Kater, der sie jetzt beobachtete? Nicht vom SternenClan aus, denn Feuerstern hatte ihn in seinen Träumen nie gesehen, und Rußpelz, die Heilerin des DonnerClans, hatte auch nie berichtet, dass sie ihn getroffen hätte, wenn sie sich mit dem SternenClan die Zungen gab. Könnte es einen anderen Ort geben für herzlose Katzen, die das Gesetz der Krieger missbraucht und verraten hatten? Wenn es so einen Schattenpfad gab, dann hoffte Feuerstern, dass er nie gezwungen wäre, ihn zu gehen – und sein lebhafter Schüler auch nicht. Neben ihm sprang Brombeerpfote durch das Gras, aufgeregt wie ein Junges. Er hatte doch gewiss das Erbe seines Vaters abgeschüttelt?
Sie glitten die Schlucht zum Lager hinab. Plötzlich blieb Brombeerpfote mit ernster Miene stehen. »Ist meine Beurteilung auch wirklich in Ordnung gewesen? Bin ich gut genug ...«
»... ein Krieger zu sein?«, erriet Feuerstern. »Ja, das bist du. Wir werden morgen deine Zeremonie abhalten.«
Brombeerpfote neigte respektvoll den Kopf. »Danke, Feuerstern«, miaute er. »Ich werde dich nicht enttäuschen.« Seine Augen glänzten. Er machte einen plötzlichen Satz in die Luft, dann stürmte er den Rest der Schlucht hinab und wartete am Eingang des Ginstertunnels. Feuerstern sah ihm belustigt nach. Er konnte sich noch gut erinnern, wie er selbst sich damals gefühlt hatte, so als hätte er zu viel Kraft in seinen vier Pfoten, als könnte er ewig durch den Wald rennen.
»Du solltest lieber etwas schlafen«, ermahnte er dann seinen Schüler. »Du wirst morgen Nacht Wache halten müssen.«
»Wenn du meinst, Feuerstern ...« Brombeerpfote zögerte und bearbeitete den sandigen Boden mit den Krallen. »Ich könnte dir zuerst noch etwas Frischbeute besorgen.«
»Nein, geh nur«, antwortete sein Anführer. »Du bist jetzt so aufgeregt, dass du es gar nicht merken würdest, wenn dich ein Fuchs auffrisst.« Brombeerpfote wedelte mit dem Schwanz und preschte durch den Ginstertunnel ins Lager.
Feuerstern blieb noch eine Weile draußen und ließ sich auf einem flachen Felsen nieder, den Schwanz um die Pfoten geringelt. Er konnte nichts hören außer dem schwachen Rascheln der Blätter und dem winzigen Trippeln von Beutetieren im Unterholz.
Die Schlacht mit dem BlutClan hatte ihren Schatten auf sämtliche Clans geworfen. Noch mehr als einen Blattwechsel danach waren alle Katzen im Wald beim Knacken eines Zweiges aufgesprungen und hatten Fremdlinge verjagt, als hinge ihr Leben davon ab. Sie hatten sogar Angst, sich dem Zweibeinerort zu nähern für den Fall, dass dort überlebende Mitglieder des BlutClans lauerten. Aber nun, fünf Monde später, ging es dem DonnerClan gut. Ab morgen würden sie einen neuen Krieger haben, und die Schüler Regenpfote, Schlammpfote und Ampferpfote hatten sich nach drei Monden Training ebenfalls gut entwickelt. Auch sie würden gute Krieger werden – das war nur natürlich, wenn man bedachte, wer ihr Vater war. Tagtäglich erinnerten sie Feuerstern an seinen ersten Stellvertreter Weißpelz, der im Kampf mit Knochen, dem bösartigen Zweiten Anführer des BlutClans, ums Leben gekommen war. Noch immer trauerte er um den alten, weißen Krieger.
Da er mit Erinnerungen an seinen alten Freund beschäftigt war, dauerte es einen Augenblick, bis er das schwache Geräusch einer Katze wahrnahm, die leichtpfotig durch das Unterholz ging. Er sprang auf und blickte sich um, sah aber nichts.
Er hatte sich wieder hingesetzt, als das Geräusch erneut zu hören war. Diesmal warf Feuerstern den Kopf rechtzeitig herum und sah die bleiche Katzengestalt etwas weiter oben in der Schlucht stehen.
Träume ich? Hat Weißpelz den SternenClan verlassen, um mich zu besuchen?
Aber dieser Kater war kleiner als Weißpelz und sein Fell war grau mit weißen Flecken. Er starrte ihn direkt an, die Augen waren dunkel und ernst, als versuchte er ihm etwas zu sagen. Feuerstern hatte ihn vorher nie gesehen. Konnte es ein Streuner sein? Oder schlimmer – konnte der BlutClan sich von seiner Niederlage erholt haben und in den Wald zurückgekehrt sein?
Er sprang auf die Pfoten und stürmte die Schlucht hinauf auf die fremde Katze zu, aber sowie er sich bewegte, verschwand sie. Als er zwischen den Felsen suchte, konnte er sie nicht finden. Es gab nicht einmal Pfotenspuren. Er prüfte die Luft, und da spürte er noch einen schwachen, unbekannten Hauch, fast überlagert von den Gerüchen des DonnerClans, die aus dem Lager zu ihm drangen.
Langsam ging Feuerstern auf seiner eigenen Fährte zurück und setzte sich wieder auf den Felsen. Er blickte in die Schatten und alle seine Sinne waren jetzt angespannt. Aber er sah nichts mehr von der fremden grauen Katze.

2. Kapitel

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Während Feuerstern noch wartete, ob die Katze zurückkehren würde, zogen sich Wolken über seinem Kopf zusammen und verdunkelten die Sterne. Große Regentropfen prasselten auf die Felsen in der Schlucht und entwickelten sich rasch zu einem stetigen Niederschlag. Feuerstern zwängte sich durch den Ginstertunnel ins Lager und sprintete über die Lichtung zu seinem Bau am Fuß des Hochsteins.
Hinter dem Flechtenvorhang war die Höhle trocken. Ein Schüler hatte sein Bettmaterial gewechselt und frisches Moos und Farn zu einem weichen Haufen aufgeschichtet. Feuerstern schüttelte den Regen aus dem Fell, rollte sich zusammen und legte den Schwanz über die Nase. Bald schläferte ihn der stetig trommelnde Regen ein.
Das Geräusch ließ nach und Feuerstern öffnete die Augen. Ihm war kalt bis auf die Knochen. Sein gemütliches Nest war verschwunden, zusammen mit den vertrauten Gerüchen des DonnerClans. Er war von dichtem, klebrigem Nebel umgeben, der um ihn herumwaberte, sich hier und da lichtete und trostloses Moorland aufdeckte. Unter den Pfoten spürte er hartes, federndes Gras. Zuerst dachte er, er müsse sich auf WindClan-Territorium befinden, doch dann wurde ihm klar, dass er diesen Ort noch nie gesehen hatte.
»Tüpfelblatt?«, rief er in den Nebel. »Bist du da? Hat der SternenClan eine Botschaft für mich?«
Aber es gab keine Spur von der schönen schildpattfarbenen Kätzin, die einst die Heilerin des DonnerClans gewesen war. Sie besuchte ihn oft in Träumen, aber jetzt konnte er nicht einmal eine Andeutung ihres süßen Dufts wahrnehmen.
Stattdessen hörte er ein ganz schwaches Geräusch, so entfernt, dass er es nicht deuten konnte. Angestrengt lauschte er und ein eisiger Schauder überfuhr ihn von den Ohren bis zum Schwanz: Er hörte ein wildes, wortloses Klagen, den schrecklichen Laut von vielen verängstigten Katzen. Er versteifte sich, bereit, zusammen mit ihnen zu fliehen, aber obwohl das Geschrei lauter wurde, konnte er nichts als verschwommene Gestalten erkennen. Sie schienen durch den Nebel auf ihn zuzukommen, verschwanden aber, bevor er sie richtig sehen konnte. In der Luft schwebte ein Katzengeruch, der ihm nicht vertraut war.
»Wer seid ihr?«, rief er. »Was wollt ihr?«
Er erhielt jedoch keine Antwort und bald verklang der schrille Klagelaut.
Feuerstern zuckte zusammen, als etwas ihn in die Seite stieß. Er blinzelte, bis er wach war, und sah warmes, gelbes Sonnenlicht durch den Eingang seines Baus auf das gelbbraune Fell seiner Gefährtin Sandsturm fallen.
»Alles in Ordnung?«, fragte sie. »Du hast im Schlaf gezuckt.«
Feuerstern setzte sich auf und stöhnte. Seine Muskeln fühlten sich so steif an, als wäre er tatsächlich über das kahle Moorland gewandert.
»Nur ein Traum«, murmelte er. »Nichts weiter.«
»Schau her, ich habe dir etwas Frischbeute gebracht.« Sie schob ihm den schlaffen Körper einer Wühlmaus hin. »Ich komme gerade von einer Jagdpatrouille zurück.«
»Danke.« Die Wühlmaus war noch ganz frisch und von ihrem warmen Duft lief ihm das Wasser im Maul zusammen. Sein Bauch fühlte sich hohl an vor Hunger. Er senkte den Kopf und verschlang die Beute mit ein paar schnellen Bissen.
»Besser jetzt?«, fragte Sandsturm mit einer Andeutung von Spott in den grünen Augen. »Das wird dich lehren, dich von jungen Katzen übers Ohr hauen zu lassen.«
Feuerstern schnippte ihr mit der Schwanzspitze über den Kopf. Die Nachricht von Brombeerpfotes erfolgreicher Beurteilung hatte sich offensichtlich schon im Lager verbreitet.
»Also, ich bin noch kein Ältester, wirklich nicht.« Die dumpfen Schatten seines Traums schmolzen im hellen Sonnenlicht dahin. Er trat aus seinem Nest und machte eine schnelle Fellpflege. »Weißt du, ob schon alle Patrouillen zurück sind?«
»Die letzten sind gerade eingetroffen.« Ein Schatten fiel über den sonnenbeschienenen Eingang. Feuerstern blickte auf und sah draußen seinen Stellvertreter Graustreif stehen. »Die Jagdpatrouillen haben so viel Beute gemacht, dass Dornenkralle die Schüler zum Einsammeln rausgeschickt hat. Wieso, wolltest du sie sprechen?«
»Nicht jetzt gleich, aber ich muss wissen, was sie gemeldet haben«, erwiderte Feuerstern. Mit dem Schwanz forderte er den grauen Krieger auf, einzutreten. Er dachte an die unbekannte Katze, die er in der vergangenen Nacht in der Schlucht gesehen hatte, und fragte misstrauisch: »Hat jemand irgendein Anzeichen von Streunern auf unserem Territorium bemerkt?«
Graustreif schüttelte den Kopf. »Keine Spur. Alles ist friedlich da draußen.« Seine gelben Augen verengten sich besorgt. »Beunruhigt dich etwas?«
Feuerstern zögerte. Sein alter Freund kannte ihn gut genug, um zu merken, wenn ihm etwas Sorgen machte. Aber er glaubte nicht, dass es die richtige Zeit war, um mit ihm über seinen Traum oder die Erscheinung der Katze in der Schlucht zu sprechen. Er hatte so wenige Anhaltspunkte. Vielleicht hatte sein einsames Grübeln über Tigerstern und Weißpelz dazu geführt, dass er etwas sah, was nur ein Schatten war.
»Nein, es ist nichts«, erwiderte er und verbannte die fremde graue Katze aus seinen Gedanken. »Brombeerpfote hat gestern Abend eine erstaunliche Beurteilung erzielt. Er hat mich bei der Grenze zum SchattenClan angesprungen. Kommt mit«, miaute er zu Graustreif und Sandsturm. »Ich möchte die zeremonielle Ernennung zum Krieger abhalten, sowie die Schüler zurück sind.«
Er trat aus dem Bau hinaus und sprang auf den Hochstein. Es hatte aufgehört zu regnen, der Himmel war blau mit schnell ziehenden Wolken. Sonnenlicht wurde von den Pfützen zurückgeworfen und blendete ihn; in dem Wall aus Dornengestrüpp, der das Lager umgab, funkelten Regentropfen. Dornenkralle tauchte mit seinem Schüler Schlammpfote aus dem Ginstertunnel auf, beide mit Frischbeute beladen. Augenblicke später kam Wolkenschweif mit Regenpfote und Ampferpfote.
Feuerstern stieß ein Jaulen aus. »Alle Katzen, die alt genug sind, Beute zu machen, fordere ich auf, sich hier unter dem Hochstein zu einem Clan-Treffen zu versammeln!«
Stolz durchströmte ihn, als sich der Clan unterhalb des Felsens einfand. Die drei jüngsten Schüler kamen vom Frischbeutehaufen angesprungen und setzten sich direkt vor den Hochstein. Aufgeregt plapperten sie, vielleicht stellten sie sich vor, wie es sein mochte, wenn sie selbst einmal Krieger würden. Fleckenschweif führte die anderen Ältesten aus ihrem Bau neben der ausgebrannten Hülle des umgestürzten Baums. Rußpelz, die Heilerin, tauchte aus dem Farntunnel auf, der zu ihrem Bau führte, humpelte über die Lichtung und setzte sich neben Farnpelz, Glanzfell und Mausefell.
Feuerstern sah Lichtherz aus der Kinderstube treten. Als Schülerin hatte ein Rudel Hunde sie angegriffen und ihr eine Seite ihres Gesichts weggerissen. Jetzt wölbte sich ihr Bauch von den Jungen, die sie bald zur Welt bringen würde, und Feuerstern dachte, dass sie niemals glücklicher ausgesehen hatte. Langsam trottete sie über die Lichtung und gesellte sich zu ihrem Gefährten Wolkenschweif. Zärtlich berührte der weiße Krieger mit der Nase ihr Ohr.
Hinter ihr kam Rauchfell mit ihren zwei Jungen, die aufgeregt quiekend auf die nächste Pfütze zurannten.
»Weidenjunges! Spinnenjunges! Kommt sofort zurück!«, schimpfte Rauchfell.
Die beiden Jungen setzten sich an den Rand der Wasserpfütze und berührten die nasse Oberfläche immer wieder mit ausgestreckten Pfoten. Belustigt sah Feuerstern zu, wie ihr Vater Borkenpelz zu ihnen hinüberstapfte, streng etwas zu ihnen sagte und sich dann neben Rauchfell setzte. Es verging kaum ein Herzschlag, bevor erneut eine winzige Pfote in Richtung Wasser schoss.
»Spinnenjunges!«, rief Borkenpelz so laut, dass Feuerstern ihn hören konnte. »Was habe ich euch gesagt?«
Die beiden schauten zu ihrem Vater hinüber, dann hüpften sie fort, die winzigen Schwänzchen hoch in die Luft gereckt. Schnell fand Weidenjunges eine mit Wasser vollgesogene Mooskugel. Er packte sie mit den Krallen einer Pfote und schleuderte sie zu seinem Bruder. Spinnenjunges bückte sich, der Moosball flog über seinen Kopf hinweg und traf Fleckenschweif an der Brust. Die gescheckte Älteste sprang auf, klopfte mit einer Pfote gegen ihr nasses Brustfell und fauchte laut. Obwohl Fleckenschweif unleidlich sein konnte, wusste Feuerstern doch, dass sie niemals einem Jungen etwas antun würde, aber Spinnenjunges und Weidenjunges waren sich da nicht so sicher. Sie drückten sich flach auf die Erde, krochen nach hinten weg und setzten sich neben ihre Eltern.
Feuerstern hatte den Augenblick verpasst, in dem Brombeerpfote aus dem Schülerbau aufgetaucht war. Nun näherte er sich schon dem Felsen. Feuerstern war selbst sein Mentor, und so wurde der Schüler von Graustreif, dem Zweiten Anführer des Clans, zur Kriegerzeremonie geführt. Brombeerpfotes dunkelbraun getigertes Fell war glänzend glatt gepflegt und seine bernsteinfarbenen Augen blickten ernst hinauf zu seinem Anführer.
Feuerstern sprang vom Hochstein zu ihm hinab. Von Nahem sah er, dass sich hinter dem ernsten Ausdruck des Schülers eine fast unerträgliche Aufregung verbarg. Er meinte zu verstehen, wie viel diese Zeremonie Brombeerpfote bedeutete. Hatte er manchmal daran gezweifelt, dass er als vollwertiger Krieger in den DonnerClan aufgenommen würde?
Feuerstern rief sich die Worte ins Gedächtnis, die über Jahre hinweg im Wald zu jedem Schüler gesprochen worden waren: »Ich, Feuerstern, Anführer des DonnerClans, rufe meine Kriegerahnen an und bitte sie, auf diesen Schüler herabzublicken. Er hat hart gearbeitet, um eure edlen Gesetze zu erlernen. Der SternenClan möge ihn als Krieger willkommen heißen.« Während er Brombeerpfote in die Augen blickte, fuhr er fort: »Brombeerpfote, versprichst du, das Gesetz der Krieger zu achten, den Clan zu schützen und ihn zu verteidigen, selbst wenn es dein Leben kostet?«
»Ich verspreche es.« Keine Katze konnte daran zweifeln, dass er das ehrlich meinte.
»Dann«, fuhr Feuerstern fort, »gebe ich dir mit der Kraft des SternenClans deinen Kriegernamen. Brombeerpfote, von diesem Augenblick an wirst du Brombeerkralle heißen. Der SternenClan ehrt deinen Mut und deine Treue und wir heißen dich als vollwertigen Krieger im DonnerClan willkommen.«
Brombeerkralles Augen weiteten sich, als Feuerstern von seiner Treue sprach, und dem Anführer selbst kribbelte das Fell angesichts der schweren Bedeutung dieses Wortes. Er hatte nie an Brombeerkralles Hingabe an das Gesetz der Krieger gezweifelt, aber er hatte oft mit sich ringen müssen, Tigersterns Sohn zu trauen. Er sah, wie einige Katzen untereinander murmelten, als hätten sie verstanden, warum er bei Brombeerkralles Ernennung zum Krieger besonders die Treue erwähnte.
Feuerstern machte einen Schritt auf Brombeerkralle zu und legte die Schnauze auf seinen Kopf. Er spürte, wie Schauder über den Körper des neuen Kriegers liefen. Brombeerkralle leckte als Antwort Feuersterns Schulter, dann trat er mit leuchtenden Augen zurück.
»Brombeerkralle! Brombeerkralle!«
Seine Clan-Genossen begrüßten ihn mit seinem neuen Namen. Obwohl Tigersterns Sohn, war er im Clan beliebt, und die meisten Katzen freuten sich, dass er endlich zum Krieger ernannt worden war.
Feuerstern trat ein paar Schritte zurück, und sein Blick schweifte zu der Pfütze einige Schwanzlängen von ihm entfernt, wo Weidenjunges und Spinnenjunges gespielt hatten. Die Wasseroberfläche war inzwischen zur Ruhe gekommen und bildete nun eine leuchtende Silberscheibe auf dem Boden. Darin spiegelte sich eine merkwürdig geformte Wolke ...
Feuerstern blinzelte. Das war keine Wolke. Es war das Gesicht einer Katze, einer hellgrauen Katze mit weißen Flecken auf dem Fell und riesigen, wasserfarbenen Augen, die ihn direkt anstarrten. Ein Hauch des gleichen fremdartigen Geruchs, den er in der Schlucht entdeckt hatte, wehte ihm entgegen.
»Wer bist du?«, flüsterte Feuerstern. »Was willst du?«
Ein aufgeregtes schrilles Kreischen ertönte. Weidenjunges war in die Luft gesprungen, mitten in der Pfütze gelandet und hatte alle Katzen in der Nähe vollgespritzt. Dabei wurde das Spiegelbild in winzige Teilchen zersplittert.
Feuerstern schaute nach oben. Der Himmel über der Schlucht war blau und wolkenlos. Er blickte sich leicht verlegen um und hoffte, dass keiner seiner Clan-Genossen seine Fragen an die Pfütze bemerkt hatte. Aber während er die Katzen beobachtete, die sich noch um Brombeerkralle drängten, konnte er das Gesicht der grauen Katze nicht aus seinen Gedanken verscheuchen.
Feuerstern führte die Abendpatrouille bis zu den Großfichten und dem Zweibeinerort, denn noch immer befürchtete er von dieser Seite des Territoriums mögliche Angriffe des BlutClans. Als er und seine Clan-Genossen dann zurückkehrten, war es Nacht geworden. Feuerstern lief durch den Ginstertunnel ins Lager und erblickte Brombeerkralle, der allein mitten auf der Lichtung saß.
»Er muss total erschöpft sein«, murmelte Sandsturm mitfühlend. »Letzte Nacht ist er für seine Beurteilung noch spät mit dir draußen gewesen und dann hat er den ganzen Nachmittag mit Aschenpelz und Graustreif gejagt.«
»Er wird sich schon erholen«, erwiderte Feuerstern. »Alle neuen Krieger halten Wache während der ersten Nacht.«
»Also können wir anderen eine Nacht lang ruhig schlafen.« Wolkenschweif, das dritte Mitglied der Patrouille, streckte sich und gähnte.
Feuersterns Gefährtin und sein Neffe wandten sich dem Haufen mit Frischbeute zu, doch er selbst ging auf die Lichtung zu Brombeerkralle.
»Alles in Ordnung?«, fragte er.
Brombeerkralle nickte stolz. Nach der Tradition musste ein neuer Krieger seine Nachtwache schweigend halten. Offenbar nahm er seine Verpflichtungen sehr ernst.
»Gut«, miaute Feuerstern. »Zögere nicht, mich zu holen, wenn es Schwierigkeiten gibt.«
Brombeerkralle nickte wieder und richtete den Blick auf den Eingang zum Ginstertunnel. Feuerstern ließ ihn allein, ging in seinen Bau und rollte sich in seinem Nest zusammen. Doch sowie er die Augen schloss, fand er sich auf dem nebelverhangenen Moorland wieder, mit den Klagelauten der Katzen in den Ohren. Nein! Er konnte keine weitere Nacht damit verbringen, hilflos ihren Entsetzensschreien zu lauschen.
Er bemühte sich aufzuwachen und taumelte zurück auf die Lichtung. Dort lief Sandsturm gerade auf den Bau der Krieger zu.
»Was ist los?«, fragte sie. »Kannst du nicht schlafen?«
»Ich finde keine Ruhe, das ist alles«, antwortete er. Selbst Sandsturm gegenüber scheute er sich, seinen Traum zu erzählen. »Ich mache einen Spaziergang.« Plötzlich sehnte er sich nach der Wärme ihrer Gesellschaft. »Willst du mitkommen?« Er war sich sicher, dass sie die Verzweiflung in seinen Augen bemerkte.
Sandsturm nickte nur, durchquerte neben ihm das Lager und folgte ihm durch den Ginstertunnel. Ohne zu überlegen, wandte sich Feuerstern den Sonnenfelsen zu, dem Haufen glatter, grauer Felsbrocken am Fluss, der das DonnerClan-Territorium von dem des FlussClans trennte.
Sie kletterten auf einen der Felsen, setzten sich nebeneinander und sahen zu, wie das vom Sternenlicht gefleckte Wasser flüsternd vorbeifloss.
Nach einer kleinen Weile brach Sandsturm das Schweigen. »Machst du dir Sorgen wegen Brombeerkralle? Ob du recht gehandelt hast mit seiner Ernennung zum Krieger?«
Ihre Frage verblüffte Feuerstern. Glaubten seine Clan-Genossen, dass er Brombeerkralle immer noch wegen seines Vaters misstraute? Der Überraschung folgte das schlechte Gewissen, dass sie damit der Wahrheit so nahe kamen.
»Nein«, antwortete er und bemühte sich, mit fester Stimme zu sprechen. »Brombeerkralle ist nicht die gleiche Katze wie sein Vater.«
Zu seiner Erleichterung drängte Sandsturm ihn nicht, ihr zu verraten, was ihn denn wirklich beschäftigte. Sie lehnte einfach den Kopf an seine Schulter. Ihr Duft hüllte ihn ein, als sie zusammen auf das im Fluss zurückgeworfene Sternenlicht blickten.
Feuerstern wusste, dass ihre Berührung ihn eigentlich trösten sollte, aber er konnte die Klagelaute der ängstlichen Katzen nicht aus seinem Kopf verbannen oder die Spiegelung vergessen, die er in der Pfütze gesehen hatte. Er starrte zum Fluss hinab, auf das bewegte Wasser, das sich um die halb bedeckten Steine ergoss ... nein, es waren keine Steine! Sein Fell sträubte sich vor Angst. Es waren Katzen, verzweifelt schwimmende Katzen, die das Wasser mit ihren Pfoten aufwühlten, während die strudelnde Strömung an ihrem vollgesogenen Fell zerrte.
Er blinzelte und die Erscheinung war verschwunden. Er sah nur noch den Fluss, der auf seiner endlosen Reise vorbeiglitt und das zitternde Sternenlicht in seiner Tiefe gefangen hielt.
Großer SternenClan!, dachte er. Was geschieht mit mir?

3. Kapitel

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In dieser Nacht träumte Feuerstern nicht, doch trotzdem schlief er schlecht. Als er am nächsten Morgen aus seinem Bau auftauchte, war er noch immer müde. Er blinzelte im starken Sonnenschein und sah Aschenpelz über die Lichtung auf Brombeerkralle zustapfen.
»Deine Nachtwache ist vorüber«, hörte Feuerstern ihn miauen. »Komm, ich suche dir einen Schlafplatz.« Sie verschwanden im Bau der Krieger.
Feuerstern überquerte die Lichtung und glitt durch den Farntunnel, der zu Rußpelz’ Bau führte.
Die Heilerin mit dem grauen Fell hockte vor dem Felsspalt und wendete mit einer Pfote irgendwelche Kräuter. Neben ihr saß Lichtherz und schnüffelte interessiert an den Blättern.
»Das ist Borretsch«, erklärte ihr Rußpelz. »Du solltest ab jetzt immer wieder davon essen, damit du viel Milch hast, wenn deine Jungen kommen.«
Lichtherz leckte die Kräuter auf und zog beim Runterschlucken ein Gesicht.
»Sie schmecken so bitter wie Mäusegalle. Aber das macht mir nichts«, fügte sie rasch hinzu. »Ich will tun, was für meine Jungen das Beste ist.«
»Alles wird gut gehen«, versicherte ihr die Heilerin. »Komm jeden Morgen für ein paar Kräuter her, und rufe mich sofort, wenn du glaubst, dass es so weit ist. Ich denke, es wird jetzt nicht mehr lange dauern.«
»Danke, Rußpelz.« Lichtherz neigte den Kopf vor der Heilerin und trottete über die Lichtung, wo sie am Ende des Tunnels auf Feuerstern traf.
»Pass auf, dass du genug Ruhe bekommst«, miaute der im Vorübergehen.
Rußpelz fegte Borretschflocken von ihren Pfoten und humpelte zu Feuerstern. Einst war sie seine Schülerin gewesen, doch bei einem Unfall am Donnerweg hatte sie sich ihr Bein verletzt, sodass sie keine Kriegerin mehr werden konnte. Feuerstern wusste, wie schwer es ihr gefallen war, die Zukunft aufzugeben, von der sie so lange geträumt hatte, und er machte sich immer noch Vorwürfe, nicht besser auf sie aufgepasst zu haben.
»Rußpelz, ich muss mit dir reden«, fing er an.
Bevor die Heilerin antworten konnte, ertönte hinter Feuerstern ein Heulen. »Rußpelz, schau dir meine Pfote an!«
»Großer SternenClan, was ist denn nun schon wieder los?«, murmelte die Heilerin.
Ampferpfote, die kleinste Schülerin, taumelte auf drei Pfoten auf die Lichtung und streckte eine Vorderpfote aus. »Schau, Rußpelz!«
Die Heilerin beugte sich vor und untersuchte die Pfote, in die ein Dorn tief in den Ballen eingedrungen war.
»Na hör mal, Ampferpfote«, miaute Rußpelz. »Deinem Geschrei nach habe ich gedacht, ein Fuchs hätte dir die Pfote abgebissen. Es ist nur ein Dorn.«
»Aber es tut weh!«, widersprach die Schülerin.
»Na, na!«, sagte Rußpelz. »Leg dich hin und streck die Pfote aus.«
Feuerstern sah zu, wie die Heilerin geschickt mit den Zähnen das Ende des Dorns packte und herauszog. Blut quoll hervor.
»Es blutet!«, schrie Ampferpfote.
»Ganz recht«, bestätigte Rußpelz gelassen. »Leck’s einfach ab.«
»Jede Katze tritt sich ab und zu einen Dorn in die Pfote«, sagte Feuerstern zu der Schülerin, die geschäftig mit der Zunge über den Ballen fuhr. »Du wirst wahrscheinlich noch eine ganze Menge einsammeln, bevor du eine Älteste bist.«
»Ich weiß.« Ampferpfote sprang auf die Pfoten. »Danke, Rußpelz. Jetzt ist es wieder gut und ich gehe zurück zu den anderen. Wir trainieren in der Sandkuhle.« Ihre Augen glänzten und sie ließ die Krallen spielen. »Sandsturm zeigt mir, wie man gegen Füchse kämpft!« Ohne auf eine Antwort zu warten, rannte sie durch den Farntunnel hinaus.
Rußpelz’ blaue Augen funkelten. »Sandsturm hat alle Pfoten voll zu tun mit der da«, meinte sie.
»Du hast selbst alle Pfoten voll«, miaute Feuerstern. »Ist immer so viel los?«
»Ja, aber das ist mir recht«, antwortete die Heilerin. »Solange nur kein Blut vergossen wird. Es ist schön, wenn ich meine Fähigkeiten nutzen kann, für meinen Clan zu sorgen.«
Ihre Augen leuchteten vor Begeisterung, und wieder wurde Feuerstern an die Schülerin erinnert, die sie einst gewesen war. Was wäre sie doch für eine Kriegerin geworden! Aber der Unfall hatte ihre ganze Kraft wie einen klaren, glitzernden Bach auf den Weg einer Heilerin gelenkt.
»Also, Feuerstern«, gab sie ihm ein Stichwort. »Auch du hast viel zu tun und du bist sicherlich nicht nur zum Plaudern hergekommen. Was kann ich für dich tun?« Sie zuckte mit den Ohren zum Zeichen, dass er ihr folgen solle, ging zum Spalt im Felsen und begann die restlichen Stängel Borretsch wegzuräumen.
Feuerstern setzte sich neben sie und zögerte nun doch, ihr von seinen merkwürdigen Erscheinungen zu erzählen.
»Ich hatte da diese Träume ...«
Rußpelz warf ihm einen schnellen Blick zu. Normalerweise empfingen nur Heilerkatzen Träume vom SternenClan, aber sie hatte schon vor langer Zeit erfahren, dass ihre Kriegerahnen auch Feuerstern besuchten.
»Es war kein Traum vom SternenClan«, fuhr der Anführer fort. »Jedenfalls glaube ich das nicht.«
Er beschrieb das nebelverhangene Moorland, auf dem ihn das verzweifelte Klagen von Katzen umgeben hatte. Er konnte sich nicht dazu durchringen, Rußpelz von der hellgrauen Katze zu erzählen, die er während des Wachseins in der Schlucht gesehen hatte, oder von der Spiegelung in der Pfütze oder den Katzen, die im Fluss um ihr Leben kämpften. Das konnte man alles nur zu leicht als merkwürdige Wolkenbildungen erklären, als Spiele des Lichts oder als Muster von Sternenschein im dunklen Wasser.
Rußpelz war mit dem Aufräumen der Kräuter fertig und setzte sich mit nachdenklichem Blick neben ihn. »Du hast diesen Traum zweimal gehabt?«
»So ist es.«