Alexa Mohl

Der ZAUBERLEHRLING

Das NLP Lern- und Übungsbuch

II Rapport

Rapport bedeutet unmittelbarer Kontakt zwischen zwei Personen. Rapport ist eine Beziehung zwischen zwei Menschen, die durch gegenseitige Achtung und Vertrauen gekennzeichnet ist. Rapport ist eine unabdingbare Voraussetzung für jedes erfolgreiche Gespräch, sei es eine Unterhaltung, eine Beratung oder eine Unterstützung.

Grundlage für einen guten Rapport ist in erster Linie die innere Einstellung eines Menschen, seine Fähigkeit zur Annahme seines Gegenübers. Rapport hängt aber auch davon ab, ob der Betreffende innerlich frei ist, um sich seinem Gesprächspartner voll zuzuwenden. Aktuelle eigene Probleme oder auch Zeitdruck können die Herstellung von Rapport erheblich erschweren.

Über die innere Einstellung und die aktuelle Fähigkeit, sich seinem Gegenüber zuzuwenden, hinaus gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, bewußt und gezielt Rapport zu einer anderen Person aufzubauen. Solche Möglichkeiten sind aber nicht nur geeignet, beim Gesprächspartner Vertrauen auszulösen und eine Öffnung zu erzielen. Diese Möglichkeiten sind gleichzeitig Vorgehensweisen, um selber Zugang zum Erleben des anderen zu finden, in seine Welt, wie er sie wahrnimmt, einzusteigen, seinem Modell von Wirklichkeit sich anzuschließen und zu folgen, um somit die Chance für eine erfolgreiche Unterstützung zu verbessern.

Kritiker des NLP beziehen sich nur auf die erste Dimension des bewußten Herstellens von Rapport und heben auf den möglichen Mißbrauch solcher Vorgehensweisen zur Manipulation ab. Sicher kann man mit den einzelnen Varianten des Rapports auch wirksam manipulieren, vor allem bei nicht so häufigen Kontakten, die eine genauere Identifizierung und Einschätzung von Verhaltensstrategien der jeweils anderen Seite ausschließen. Genauso wichtig wie der Eindruck, den ich mit bewußten Rapport-„Techniken“ beim anderen erzielen kann, sind jedoch die Prozesse, die ich durch diese Rapport-„Techniken“ in mir selber auslöse. Rapport-„Techniken“ sind deshalb gleichermaßen Empathie-„Techniken“, d. h. Vorgehensweisen, mit denen ich in die Welt meines Gegenübers einsteigen, sie mit seinen Augen sehen, sie mit seinen Ohren hören kann und mich intensiv in sein Erleben einfühlen kann.

Obwohl Menschen über natürliche Fähigkeiten zu einem einfühlsamen Verstehen ihrer Mitmenschen verfügen, hat unsere wirtschaftliche Kultur mit ihrer Überschätzung technischer Faktoren zu einer Vernachlässigung der emotionalen Seiten des Lebens geführt. Im beruflichen Leben werden uns aber nicht nur fachliche Aufgaben gestellt, sondern vor allem auch Menschen anvertraut. Wie immer man beispielsweise die Funktionen eines Managers bestimmen mag, zu seinen wichtigsten Aufgaben gehört es, zu den Menschen, die seiner Leitung unterstellt sind, eine Beziehung herzustellen, in der diese ihre fachlichen und persönlichen Fähigkeiten und Kräfte optimal umsetzen, entfalten und steigern können. Jeder von uns weiß aus eigener Erfahrung oder Berichten anderer, daß erfolgreiches Lernen nicht in erster Linie davon abhängt, daß Schüler sich für das jeweilige Unterrichtsfach interessieren, sondern eher davon, ob sie den Lehrer schätzen. Auch in guten Verkaufstrainings ist man von der Vermittlung der früher vorrangigen Verkaufsrhetorik abgekommen und in erster Linie zur Erarbeitung von Kommunikationsstrategien übergegangen, deren wesentliches Ziel der Aufbau einer guten Beziehung darstellt. Aber auch in Lebenszusammenhängen, in denen eine gute Beziehung zu anderen Menschen Selbstzweck darstellt, wird uns diese nicht geschenkt, sondern muß erworben werden. Zu wissen, welche Lebensäußerungen mir Freundschaften gewinnen oder Liebe einbringen können, und vor allen Dingen, was mir diese Beziehungen auch in Konfliktsituationen erhalten kann, ist deshalb von nicht unerheblicher Bedeutung.

IV Genaue Problem- und Zielbestimmung

Grundlegend für jede Veränderungsarbeit mit NLP ist eine genaue Eingrenzung des Problems, an dem gearbeitet werden soll, oder des Ziels, das durch Veränderungsarbeit erreicht werden soll. Für diese Exploration werden an den NLP-Berater hohe Anforderungen gestellt, denn die Exploration gilt theoretisch erst dann als abgeschlossen, wenn der Berater in der Lage wäre, sich eine Zeitlang stellvertretend für seinen Gesprächspartner in dessen Welt aufzuhalten, wie der sie erlebt, sie verarbeitet und in ihr agiert. Für eine Problembestimmung bedeutet eine solche Exploration, daß der Berater in der Lage wäre, das Problem seines Gesprächspartners zu „haben“. In der Praxis ist eine so weitgehende Anforderung natürlich nicht zu erfüllen und sollte in einem solchen Ausmaß auch nicht erfüllt werden, zumal bei schwerwiegenden Problemen, psychischen Schwierigkeiten oder psychosomatischen Symptomen. Aus diesem Grunde sollte die genaue Bestimmung des Problems lediglich so weit gehen, daß der Berater dessen wesentliche Dimensionen so weit herausarbeitet, daß er das Problem übernehmen könnte, wenn er es wollte.

3. Das Verhandlungsmodell

Aus Goethes Faust stammt der Ausspruch: „Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust!“ Solche Zustände sind besonders dann mißlich, wenn diese Seelen in ihrem Streben in Konflikt geraten und sich gegenseitig behindern, stören oder sogar blockieren. Zustände dieser Art gibt es im menschlichen Leben jedoch ziemlich häufig. Das beginnt bei Alltagsproblemen: Jemand will seine Steuererklärung fertig machen, wobei ihm immer wieder die Lust, Schwimmen zu gehen, dazwischenkommt. Jemand möchte schlafen, aber seine Gedanken lassen ihn nicht in Ruhe. Jemand versucht zu sparen, aber erwischt sich ständig beim Geldausgeben. Eine solche Struktur, daß zwei Persönlichkeitsanteile sich gegenseitig stören oder blockieren, kann aber auch der Hintergrund schwerer wiegender Probleme sein, wie zum Beispiel Konzentrationsschwäche oder Impotenz.

Wenn wir annehmen können, daß hinter einem Problemzustand zwei unterschiedliche Seelen, Tendenzen, Kräfte, Bestrebungen oder Antriebe oder nach NLP kurz: Teile stecken, die sich in dem, was sie für die betreffende Person erreichen wollen, behindern, dann gibt es einen einfacheren Lösungsweg als das Six-Step-Reframing. Dieser Lösungsweg besteht darin, eine Vereinbarung aushandeln zu lassen, die darauf zielt, daß Teil X und Teil Y sich wechselseitig bei ihrer Aufgabenerfüllung nicht mehr in die Quere kommen.

3.1 Das Verhandlungsmodell, Grundform

Wenn Sie mit dem folgenden Muster arbeiten, müssen Sie sich vor Beginn dieser Arbeit wieder mit A über theoretische Grundannahmen verständigen.

Um eine Verhandlungsstrategie durchzuführen, ist es zunächst wichtig herauszufinden, ob zwei Persönlichkeitsanteile am Problemzusammenhang beteiligt sind und ob sie sich tatsächlich wechselseitig stören. Zu diesem Zweck stellen Sie A die Frage, ob es Situationen gibt, in denen A x tun möchte, aber y macht. Dabei prüfen Sie dann sehr genau, ob auch die Umkehrung dieses Problems auftritt, daß A y tun möchte, aber x macht. Wenn diese Umkehrung nicht vorliegt, führen Sie einen Six-Step durch oder etwas anderes.

Im zweiten Schritt werden dann wie beim Six-Step-Reframing die Funktionen der beiden Teile gesucht, die die miteinander in Konflikt stehenden Verhaltensweisen organisieren.

Danach weicht das Verhandlungsmodell vom Six-Step ab. Sie erarbeiten mit A keine alternativen Verhaltensweisen für x oder y, sondern lediglich eine Vereinbarung zwischen Teil X und Teil Y, gegen die von keiner Seite Einwände erhoben werden.

Mit dem Ökologie-Check klären Sie dann, ob vielleicht noch weitere Teile in den Konflikt verwickelt sind oder davon in irgendeiner Art und Weise berührt werden. Wenn das der Fall sein sollte, arbeiten Sie so lange weiter, bis keine Einwände gegen das Verhandlungsergebnis mehr auftauchen. Zuweilen werden Sie – zumal bei mehreren involvierten Teilen – besondere Bedingungen erarbeiten müssen, um zu einem von allen akzeptierten Kompromiß zu kommen. Dabei gehen Sie ähnlich vor wie ein geschickter Vermittler bei zwischenmenschlichen Konflikten, der sowohl über Kreativität, Empathie und sprachliches Feingefühl verfügt.

Zum Abschluß holen Sie von allen involvierten Teilen die Einwilligung ein, die Vereinbarung für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen. Falls einer der Teile aus irgendeinem Grund unzufrieden ist, soll er signalisieren, daß es ein Bedürfnis für eine zusätzliche Verhandlung gibt.

Übung der Grundform: Verhandlungsmodell

Für Probleme der Struktur: „Immer wenn ich x tue, stört mich y, und umgekehrt.“

1. Problembestimmung

„Gibt es Situationen in deinem Leben, in denen du x tun möchtest, aber y machst?“ 

„Tritt dabei auch die Umkehrung dieses Problems auf: Du möchtest y tun und machst x?“

2. Bestimmung von Teil X

Teil X benennen: „Wie würdest du den Teil oder die Bestrebung nennen, der dich x machen läßt?“

Positive Absicht von Teil X bestimmen: „Geh nach innen und versuche herauszufinden, welche Funktion Teil X für dich erfüllt.“

3. Bestimmung von Teil Y

Teil Y benennen: „Wie würdest du den Teil benennen, der dich y machen läßt?“ 

Positive Absicht von Teil Y bestimmen: „Geh nach innen und versuche herauszufinden, welche Funktion Teil Y für dich erfüllt.“

4. Vereinbarung

An Teil Y wenden lassen: „Versuche herauszufinden, ob dem Teil Y seine Funktion so wichtig ist, daß er bereit wäre, Teil X nicht zu stören, wenn Teil X als Gegenleistung ihn ebenfalls nicht unterbricht!“

An Teil X wenden: „Dann versuche herauszufinden, ob Teil X bereit ist, Teil Y nicht zu stören, wenn Teil Y ihn seinerseits nicht unterbricht!

5. Ökocheck

„Sind noch weitere Teile in die Sache verwickelt? Gibt es andere Teile, die Teil X unterbrechen oder die diese Unterbrechung benutzen?“ 

Wenn das der Fall ist, weiter verhandeln!

6. Übernahme von Verantwortung (Future-Pace)

„Hole von Teil X und Teil Y (und evtl. verwickelten anderen Teilen) die Einwilligung ein, die Vereinbarung für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen. Falls einer der Teile aus irgendeinem Grund unzufrieden ist, soll er signalisieren, daß es ein Bedürfnis für eine zusätzliche Verhandlung gibt.“

3.2 Das Verhandlungsmodell, einfache Form

Für die Arbeit mit Gesprächspartner/innen, die das „Teile“-Konzept und eine ausdrückliche Kommunikation mit dem Unbewußten nicht akzeptieren, können Sie das folgende sprachliche Muster verwenden: Allerdings werden Sie dabei bemerken, daß die NLP-Grundannahme, nach der Teile Verhalten organisieren, um positive Funktionen zu erfüllen, die Arbeit mit dem Verhandlungsmodell sehr erleichtert. Ohne den Begriff der „Teile“ sind die Aufgaben des vierten Schrittes nur schwer zu formulieren.

Übung der einfachen Form: Das Verhandlungsmodell

Für Probleme der Struktur: „Immer wenn ich x tue, stört mich y, und umgekehrt.“

1. Problembestimmung

„Gibt es Situationen in deinem Leben, in denen du x tun möchtest, aber y machst?“ 

„Tritt dabei auch die Umkehrung dieses Problems auf: Du möchtest y tun und machst x?“

2. Bestimmung von Teil X

„Wie würdest du die Tendenz, den Antrieb oder die Bestrebung nennen, die dich veranlaßt, x zu machen?“

„Was willst du mit dieser Bestrebung (dieser Tendenz oder diesem Antrieb) erreichen? Könntest du dir eine dir bisher verborgen gebliebene positive Absicht vorstellen, die du, ohne es zu wissen, mit dem Verhalten x verfolgst?“

3. Bestimmung von Teil Y

„Wie würdest du die Tendenz, den Antrieb oder die Bestrebung nennen, die dich veranlaßt, y zu machen?“

„Was willst du mit dieser Bestrebung (dieser Tendenz oder diesem Antrieb) erreichen? Könntest du dir eine dir bisher verborgen gebliebene positive Absicht vorstellen, die du, ohne es zu wissen, mit dem Verhalten y verfolgst?“

4. Vereinbarung

„Dann versuche bitte mal darüber nachzudenken, ob dir die positive Funktion von Y so wichtig ist, daß du bereit sein könntest, mit dem Verhalten y dem Verhalten x nicht in die Quere zu kommen, wenn x als Gegenleistung y ebenfalls nicht unterbricht.“ 

„Dann versuche bitte darüber nachzudenken, ob das auch umgekehrt funktionieren könnte, ob du bereit sein könntest, mit dem Verhalten x dem Verhalten y nicht in die Quere zu kommen, wenn y als Gegenleistung x ebenfalls nicht unterbricht.“

5. Ökocheck

„Überlege bitte, ob es irgendwelche Einwände gegen eine solche Vereinbarung gibt.“ Wenn das der Fall ist, weiter verhandeln, bis ein Ergebnis vorliegt, gegen das es keine Einwände mehr gibt. „Falls zu einem späteren Zeitpunkt weitere Einwände auftauchen, könntest du noch einmal darangehen, einen neuen Kompromiß zu finden, der diesen Einwand berücksichtigt.“

6. Übernahme von Verantwortung (Future-Pace)

„Glaubst du, daß du dich für eine bestimmte Zeitspanne an diese Vereinbarung halten kannst?“ 

Bei Ja: „Dann sind wir am Ziel!“

Bei Nein neu verhandeln oder ein anderes Lernmodell verwenden.

3.3 Six-Step-Verhandlungsmodell

NLP lernen bedeutet, sich grundlegende Gesprächsmuster anzueignen. NLP anwenden bedeutet, mit diesen Mustern kreativ umzugehen. Die folgende Mischung aus Six-Step und Verhandlungsmodell ist zustande gekommen, nachdem eine Vereinbarung nach dem einfachen Muster scheiterte.

Übung: Six-Step-Verhandlungsmodell

Für Probleme der Struktur: „Immer wenn ich x tue, stört mich y, und umgekehrt.“

1. Problembestimmung

„Gibt es Situationen in deinem Leben, in denen du x tun möchtest, aber y machst?“ 

„Tritt dabei auch die Umkehrung dieses Problems auf: Du möchtest y tun und machst x?“

2. Bestimmung von Teil X

Teil X benennen: „Wie würdest du den Teil oder die Bestrebung nennen, der dich x machen läßt?“ 

Positive Absicht von Teil X bestimmen: „Geh nach innen und versuche herauszufinden, welche Funktion Teil X für dich erfüllt.“

3. Bestimmung von Teil Y

Teil Y benennen: „Wie würdest du den Teil benennen, der dich y machen läßt?“

Positive Absicht von Teil Y bestimmen: „Geh nach innen und versuche herauszufinden, welche Funktion Teil Y für dich erfüllt.“

4. Kontakt mit dem kreativen Teil aufnehmen und um neue Wege eines störungsfreien Miteinanders bitten

„Geh nach innen und bitte deinen kreativen Teil, sich mit Teil X und Teil Y zusammenzusetzen und ihnen neue Möglichkeiten zu nennen, wie sie ihre Funktionen sicherstellen können, ohne sich in ihren Verhaltensweisen zu stören.“

5. Einwände überprüfen (Ökologie-Check)

„Geh noch mal nach innen und prüfe aufmerksam mit allen Sinnen, sieh dich um, hör dich um und streck deine Fühler aus, ob es Teile gibt, die Einwände gegen die neuen Möglichkeiten erheben! Wenn das der Fall ist, bitte sie um Mitteilung ihrer Funktion und lasse sie zusammen mit Teil X, Teil Y und dem kreativen Teil die neuen Möglichkeiten so lange verändern, bis keine Einwände mehr auftauchen.“

6. Übernahme von Verantwortung (Future-Pace)

„Hole von Teil X und Teil Y (und evtl. verwickelten anderen Teilen) die Einwilligung ein, die neuen Möglichkeiten für einen bestimmten Zeitraum auszuprobieren. Falls einer der Teile aus irgendeinem Grund unzufrieden ist, soll er signalisieren, daß es ein Bedürfnis für eine zusätzliche Verhandlung gibt.“

3. Arbeiten mit submodalen Strukturen und Strategien

Die folgenden Lernmuster haben eines gemeinsam: Sie beruhen darauf, persönliche Fähigkeiten auf ihre submodalen Strukturen und Strategien hin zu untersuchen und dieses Wissen so zu nutzen, daß diese Fähigkeiten auf zusätzliche Gegenstands- oder Tätigkeitsbereiche ausgedehnt werden können. Wenn Sie herausfinden, mit welchen submodalen Strategien Sie sich für bestimmte Dinge motivieren, können Sie diese Fähigkeit auf andere Dinge übertragen, die Sie nicht so gerne tun, die zu tun aber wichtig sein kann. Wenn Sie wissen, mit welchen submodalen Strukturen Sie feste Überzeugungen ausbilden oder Aussagen bezweifeln, können Sie lernen, sich sinnvolle oder erfolgversprechende Überzeugungen anzueignen oder negative Glaubenssätze in Zweifel zu ziehen. Wenn Sie wissen, wie Sie das machen, wenn Sie zaudern, dann aber die Schwelle überschreiten, um etwas ein für alle Mal hinter sich zu lassen, dann können Sie dieses Wissen anwenden, um negative Lebenserfahrungen rasch zu beenden.

3.1 Selbstmotivation

Motivation ist die Kraft, die Menschen in Bewegung setzt, um etwas zu tun, um etwas zu bekommen oder etwas zu erreichen. Ohne diese Kraft bleiben Menschen passiv oder inaktiv. Diese Antriebskraft kann ausgehen von der Tätigkeit selbst, weil ich sie gerne tue, von der Sache selbst, die ich haben möchte, oder von dem Ziel, das ich erreichen möchte. Aber sie kann auch ausgehen von einer dritten, der Tätigkeit, dem gewünschten Gegenstand oder dem Ziel äußerlichen Sache. Geld zum Beispiel kann ein solcher Antrieb sein, Macht, Ansehen, Sicherheit oder eine Person, deren Strafe ich befürchte, wenn ich untätig bleibe.

Motivation gehört zu den wichtigsten Aufgaben einer Führungskraft, ohne die ihre Mitarbeiter, besäßen sie keine eigenen Antriebe, untätig blieben. Früher gehörten gute Bezahlung auf der einen und Druck auf der anderen Seite zu den wichtigsten Mitteln der Motivation. Heute sind diese klassischen Mittel „Zuckerbrot und Peitsche“ nicht nur aus der Mode gekommen, sondern sie werden bewußt vermieden, weil sie sich als kontraproduktiv herausgestellt haben. Statt dessen gehören reizvolle Aufgaben, Überzeugung, Anerkennung und Selbstverantwortung zu den Mitteln, um Mitarbeiter zu motivieren. Eine Führungskraft muß lernen, Druck zu vermeiden und darauf hinzuwirken, daß Mitarbeiter sich selbst an die Sache binden, sie sich zu eigen machen und somit aus sich selbst heraus, aus eigenem Antrieb, tätig werden.

Selbstmotivation statt Fremdmotivation ist heute der Schlüssel zum Erfolg, wie vor allem die Sportpsychologie herausgefunden hat. Die Forschungen dieser Disziplin haben noch ein weiteres Ergebnis erarbeitet, das sich auf das Berufsleben übertragen läßt: Nicht Konkurrenz und Rivalität – „den anderen zu übertreffen“ – führt zu Spitzenleistungen, sondern das Bestreben, sich selbst ständig zu übertreffen: „Diejenigen, die konsequent sich selbst übertreffen, werden letzten Endes ihre Konkurrenten schlagen.“69

Folgende Imperative für ein erfolgreiches Training stellt die Sportpsychologie auf:

1. Sich selbst motivieren!

Unabhängig sein von der psychischen Unterstützung des Trainers oder der sozialen Anerkennung in Form von Beifall oder materieller Belohnung. Unabhängig sein aber auch von Konkurrenten.

2. Positiv motivieren!

Versagensängste, Furcht vor Mißerfolg, Rückschlägen, Kränkungen oder Verletzungen (= negative Motivatoren) führen letztlich nicht zum Erfolg.

3. Angemessen motivieren!

Überhöhte Erwartungen und Zielsetzungen setzen uns unter hohen Leistungsdruck und programmieren eher den Mißerfolg als den Erfolg.

4. Stabil motivieren!

Eine Einstellung zum Erfolg, die ständigen Schwankungen unterworfen ist, führt letztlich nicht zum Ziel.

5. Lustvoll motivieren!

Es gibt keinen Leidensweg zum Erfolg. Wenn die einzelnen Schritte und Wegstrecken nicht auch Spaß machen, ist der Erfolg in Frage gestellt.

Diese Imperative der Sportpsychologie sind sinnvolle Helfer bei einem konsequenten Erfolgsmanagement im beruflichen Bereich. Wichtiger jedoch ist es, die persönliche Motivationsstruktur eines Menschen herauszufinden. Wenn jemand weiß, „wie er das macht“, sich zu motivieren, kann er dieses Wissen anwenden, um jede Aufgabe, die auf seinem Weg zum Ziel bewältigt werden muß, mit bestmöglichem Erfolg zu tun.

Und darüber hinaus: Wenn jemand weiß, „wie einer das macht“, der sich gut motivieren kann, ist er in der Lage, eine gute Motivationsstruktur zu lernen!

a. Die eigene Motivation steigern, erste Variante

Wie bei allen weiteren Arbeitsformen mit submodalen Strukturen und Strategien besteht der erste Schritt dieses Lernmusters70 in der genauen Untersuchung der individuellen Fähigkeit zur Selbstmotivation. Um die dabei wirksamen Submodalitäten herauszufinden bitten Sie A, an irgendeine Sache zu denken, die A im Augenblick sehr wichtig ist. Wählen Sie beim ersten Durchgang durch dieses Lernmuster einen Gegenstand, also etwas, was A unbedingt „haben“ möchte, im Gegensatz zu einer Tätigkeit, etwas, was A unbedingt tun möchte.

Während A an diesen Gegenstand denkt und ihn sich genau vorstellt, bitten Sie zunächst um eine genaue Beschreibung dessen, was A sieht. Sie können A dabei unterstützen, indem Sie die Liste der Submodalitäten zur Hand nehmen und diese Punkt für Punkt durchgehen, indem Sie A die entsprechenden Fragen stellen und die Antworten notieren. Nach den visuellen Submodalitäten vergessen Sie nicht, auch die auditiven und kinästhetischen abzuprüfen. Zumeist werden Sie nicht nur visuelle motivationsauslösende Submodalitäten finden, sondern auch auditive, wie z.B. eine verbale Aufforderung, ein inneres „Hopp, hopp!“, und kinästhetische, wie z.B. einen „inneren Ruck“. Damit haben Sie eine vollständige Liste davon, wie A einen wichtigen Gegenstand repräsentiert.

Dieselbe Vorgehensweise wenden Sie beim zweiten Schritt an, bei dem es um eine unbedeutende Sache geht. Bitten Sie A, an irgend etwas zu denken, das für ihn oder sie nicht wichtig ist. Vergewissern Sie sich, daß A etwas wählt, was neutral ist, nicht etwas, was ihn oder sie abstößt. Lassen Sie A irgend etwas Banales wählen, das in der Nähe ist, wie z.B. einen Plastikbecher, einen Bleistift oder eine Zeitung. Dann bitten Sie wieder um eine genaue Beschreibung der Repräsentation und notieren die Submodalitäten des visuellen, auditiven und kinästhetischen Sinnessystems. Wenn nötig, können Sie A wieder mit den entsprechenden Fragen unterstützen, bei denen Sie sich von der Liste der Submodalitäten leiten lassen.

Jetzt kommt die wichtigste Aufgabe, nämlich die Submodalitätsunterschiede zwischen der wichtigen Sache und der banalen Sache herauszufinden. Das können Sie zunächst anhand Ihrer Notizen machen, aber damit haben Sie noch keine Auskunft darüber, welche Unterschiede bedeutsam und welche nicht so bedeutsam sind. Fragen Sie deshalb A, welche Unterschiede wie stark wirken. Um die Unterschiede zu testen können Sie A bitten, beide Repräsentationen zugleich abzurufen, um einen Vergleich anzustellen. Das hört sich kompliziert an, fällt aber vielen Menschen überhaupt nicht schwer. Auf diese Weise finden Sie am besten heraus, welche Submodalitäten in welchem Repräsentationssystem am stärksten wirken, um die unbedeutende Sache wichtig werden zu lassen. Achten Sie bei dieser Untersuchung auch aufmerksam auf nonverbale Veränderungen bei A. Diese können Ihnen zusätzlich wichtige Hinweise geben.

Mit diesem Schritt haben Sie die nötigen Informationen, um A herausfinden zu lassen, wie A eine bislang banale Sache wichtig werden lassen kann. Lassen Sie A die Submodalitäten der banalen Sache, die sich von der Repräsentation der wichtigen Sache unterscheiden, eine nach der anderen verändern. Machen Sie dazwischen Pausen, um zu überprüfen, ob der Wechsel zeitweilig oder beständig ist. Finden Sie auf diese Weise heraus, was nötig ist, um die banale Sache auf eine Weise wichtig werden zu lassen, die dauerhaft ist.

Überprüfen Sie das Ergebnis Ihrer Arbeit, indem Sie A bitten sich vorzustellen, daß jemand anderes A die Sache verweigert oder daß dieser andere die Sache besitzt und es A verkaufen würde, wenn A genug dafür bezahlte.

Hiermit haben Sie eine Vorgehensweise herausgefunden, wie A eine bislang unwichtige Sache wichtig werden lassen kann. Dieses Übungsmuster beschränkt sich also auf die Analyse der wirkenden Submodalitäten. Bevor Sie damit experimentieren, sollten Sie nicht vergessen, daß vor jeder Veränderungsarbeit mit NLP ein Ökologie-Check nötig ist. Bevor Sie also A dazu verhelfen, oder selber ausprobieren wollen, einer bislang unwichtigen Sache jetzt eine wichtige Bedeutung beizumessen, überprüfen Sie, ob es irgendeinen Einwand dagegen gibt. Berücksichtigen Sie jeden Einwand, bevor Sie weitergehen.

Übung der Variante I: Die eigene Motivation steigern 

1. Bedeutsame Sache repräsentieren

„Denke an irgend etwas, was dir früher nicht viel bedeutete, im Augenblick aber sehr wichtig ist. Denke für diese Übung an irgendeine Sache (im Gegensatz zu einer Tätigkeit), die du unbedingt ,haben‘ mußt. Finde etwas, das dich begeistert.“

2. Unbedeutende Sache repräsentieren

„Denke an irgend etwas, das für dich nicht wichtig ist. Vergewissere dich, daß du etwas wählst, was neutral ist, nicht etwas, was dich abstößt. Nimm irgend etwas Banales, das in der Nähe ist, wie z.B. einen Plastikbecher, einen Bleistift oder eine Zeitung.“

3. Kontraste untersuchen

„Finde die Submodalitätsunterschiede zwischen 1 und 2 und mache einen Test, um herauszufinden, welche von ihnen am stärksten wirken, um die unbedeutende Sache wichtig werden zu lassen.“ 

(Wichtig ist dabei, aufmerksam auf nonverbale Veränderungen zu achten, die bei der beschreibenden Darstellung der bedeutsamen und der unbedeutenden Sache sichtbar werden!!!)

4. Ökologie-Check vor jeder Veränderungsarbeit

„Überprüfe, ob es irgendeinen Einwand dagegen gibt, einer bislang unwichtigen Sache mehr Bedeutung beizumessen. Berücksichtige jeden Einwand vollständig, bevor du Veränderungen vornimmst.“

b. Die eigene Motivation steigern, zweite Variante

Das oben dargestellte Lernmuster können Sie in einem weiteren Durchgang auch verwenden, um die Selbstmotivation bezogen auf eine Tätigkeit zu steigern. Connirae und Steve Andreas, die dieses Lernmuster entwickelt haben, benutzen noch eine andere menschliche Fähigkeit, um ein weiteres Lernmuster71 zur Steigerung der Selbstmotivation zu entwickeln.

Zu den Besonderheiten von Menschen gehört nämlich die Möglichkeit, sich die Zukunft vorzustellen. Und Zukunftsrepräsentationen sind oft sehr motivierend: Sie können uns dazu bringen, in der Gegenwart bestimmte Dinge zu tun, um die Art von Zukunft zu schaffen, die wir haben wollen.

Wenn Sie von dieser menschlichen Besonderheit ausgehen, besteht Ihre Aufgabe zunächst darin, eine persönliche Zukunftsvorstellung X genau zu untersuchen, die Ihr gegenwärtiges Verhalten stark beeinflußt. Das könnte eine unangenehme Folge sein, z.B. der Gedanke an einen Autounfall, der Sie dazu bringt, Ihren Sicherheitsgurt regelmäßig anzulegen. Da jedoch ein solcher Negativmotivator nicht so erfolgversprechend ist wie ein positiver Motivator, wählen Sie vielleicht lieber eine Zukunftsvorstellung, die Ihr gegenwärtiges Verhalten über eine positive Folge beeinflußt. Das könnte zum Beispiel eine Vision Ihres blühenden Gartens im Sommer sein, die Sie veranlaßt, im Frühjahr die nötige Arbeit zu verrichten. Wenn Sie mit A arbeiten, analysieren Sie auf die gewohnte Art die Submodalitäten in allen relevanten Repräsentationssystemen, dem visuellen, dem auditiven und dem kinästhetischen, und fertigen eine Liste an.

Um die Submodalitäten zu finden, die Ihre Motivation auslösen, ist im nächsten Schritt wieder die genaue Untersuchung einer kontrastierenden Zukunftsvorstellung Y nötig. Dabei wählen Sie eine Zukunftsvorstellung desselben Typs, nämlich wieder eine, die in ihrer Qualität als positive Folge auf Ihr Verhalten wirkt, die allerdings auch dadurch gekennzeichnet ist, daß sie Ihr gegenwärtiges Verhalten nicht beeinflußt, von der Sie aber glauben, daß es nützlich wäre, wenn sie das täte. Sie könnten beispielsweise die Zukunftsvorstellung eines aufgeräumten Schreibtisches wählen, die Sie nicht dazu bringt aufzuräumen, obwohl es nützlich wäre, wenn sie das täte. Fertigen Sie auch hier wieder eine vollständige Liste der Submodalitäten an.

Wenn Sie beide Repräsentationen vollständig untersucht und das Ergebnis auf dem Papier haben, vergleichen Sie die zwei Repräsentationen, um die Submodalitätsunterschiede zu bestimmen. Testen Sie, wie oben dargestellt, jeden Unterschied, um zu entdecken, welche Submodalitätswechsel verwendet werden können, um die Zukunftsvorstellung Y verlockend oder zwingend zu machen.

Bevor Sie die Zukunftsvorstellung Y verwandeln, überprüfen Sie, ob es irgendeinen Einwand dagegen gibt, daß Y in eine Folge umgewandelt wird, die Ihr Verhalten in der Gegenwart im gewünschten Sinne beeinflussen wird, und berücksichtigen Sie jeden Einwand. Erst dann verwenden Sie die Submodalitätsunterschiede, die Sie identifiziert haben, um Y in eine Repräsentation umzuwandeln, die Ihr Verhalten in der Gegenwart beeinflußt. Danach testen Sie das Ergebnis Ihrer Arbeit.

Übung der Variante II: Die eigene Motivation steigern

1. Zwingende, unwiderstehliche Zukunftsvision

„Denke an eine zukünftige Folge (X), die dein gegenwärtiges Verhalten stark beeinflußt. Dies sollte eine angenehme Folge sein.“

2. Nicht zwingende, d.h. unverbindliche Zukunftsvision

„Denke an eine zukünftige Folge (Y) desselben angenehmen Charakters, die dein gegenwärtiges Verhalten nicht beeinflußt und von der du glaubst, daß es nützlich wäre, wenn sie das täte.“

3. Kontrastierende Analyse

„Vergleiche die zwei Repräsentationen, um die Submodalitätsunterschiede zu bestimmen. Teste jeden Unterschied, um zu entdecken, welche Submodalitätswechsel verwendet werden können, um Y verlockend oder zwingend zu machen.“

4. Ökologie-Check

„Überprüfe, ob dir irgendein Einwand deutlich wird dagegen, daß du Y in eine Folge umwandelst, die dein Verhalten in der Gegenwart dahingehend beeinflussen wird, die erwünschte Folge zu erzielen! Berücksichtige jeden Einwand oder jede Sorge mit Bedacht und vollständig, bevor du weitergehst.“

5. Übersetzen

„Verwende die Submodalitätsunterschiede, die du identifiziert hast, um Y in eine Repräsentation umzuwandeln, die dein Verhalten in der Gegenwart beeinflußt.“

6. Test

„Prüfe, ob diese Zukunftsrepräsentation dich nun zu dem entsprechenden Verhalten motiviert.“

3.2 Interne und externe Referenz

Menschen, die ihre Entscheidungen auf der Grundlage der Meinung anderer treffen, werden als außengeleitet oder als Konformisten bezeichnet. Sie haben eine externe Referenz. Für sie gilt, was andere für gut, schlecht, richtig, falsch, schön oder abscheulich halten. Sie fragen andere, was sie tun sollen, z.B. den Pfarrer oder den Lehrer, oder sie halten sich in ihrem Lebenswandel an vorgegebene Systeme, z.B. an eine Religion oder an das, was comme il faut ist oder die Nachbarn denken.

Im Gegensatz dazu werden Menschen, die ihre Entscheidungen auf der Grundlage eigener Erfahrungen und eigener Maßstäbe treffen, als innengeleitet oder als Nonkonformisten bezeichnet. Sie besitzen eine interne Referenz. Für sie gilt, was sie selber für gut, schlecht, richtig, falsch, schön oder abscheulich halten. Sie entscheiden selber über ihr Handeln und halten sich in ihrem Lebenswandel an die eigenen Maßstäbe. Das bedeutet nicht, daß sie überhaupt nicht in Betracht zögen, was andere sagen oder meinen. Sie holen durchaus viele Informationen von anderen ein, aber sie bilden sich in bezug auf all diese Fakten und Meinungen ein eigenes Urteil und fällen eine eigene Entscheidung, was zu tun sei.

Eine externe und eine interne Referenz kann man anhand von Submodalitäten erkennen. Wenn Menschen einer Autorität bedingungslos glauben, repräsentieren sie dies ganz anders, als wenn sie sich konsequent ihr eigenes Urteil bilden.

Wenn sie eine starke externe Referenz entwickeln, machen sie sich sehr häufig über das, was ein Experte sagt, große, helle und nahe Bilder, so daß in ihrem Gesichtsfeld kein Platz für andere Bilder übrig ist. Wenn sie dabei auch etwas hören, ist es die Stimme des Experten, oder die eigene, die wiederholt, was der Experte sagt. Autoritäre Führer jeder Art sorgen dafür, daß ihre Anhänger sich ihr überlebensgroßes Bild einprägen, und halten sie davon ab, über andere Wahrheiten als die von ihnen verkündete nachzudenken.

Wenn Menschen eine interne Referenz entwickeln, machen sie sich eher kleine und ferne Bilder oder häufig mehrere Bilder, eins über das, was der Experte sagt, und andere, die eigene Erfahrungen repräsentieren, um Vergleichsmöglichkeiten zu haben. Wenn sie dabei auch etwas hören, sind es zumeist mehrere Stimmen, die des Experten und die eigene, die kritische Kommentare abgibt.

Eine externe Referenz ist sinnvoll in Lebensbereichen, in denen ein Experte wirklich über mehr Informationen verfügt, z.B. ist es in einer Notsituation sinnvoll, dem Notarzt zu vertrauen oder dem Installateur. Es kann auch sinnvoller sein, dem Steuerberater oder dem Rechtsanwalt zu glauben, als daß man sich selber daranmacht, Rechtswissenschaft zu studieren. Auch wenn jemand ein sehr selbstkritischer oder pessimistischer Mensch ist, kann es zuweilen nützlich für ihn sein, das Urteil anderer Menschen über seine Leistung oder seine Zukunftsaussichten stärker in Betracht zu ziehen.

Eine interne Referenz garantiert die Möglichkeit zu eigenen Entscheidungen auf der Grundlage eigener Werte und der besten zur Verfügung stehenden Informationen. Interne Referenz macht Menschen unabhängig von verordneten oder selbstgesuchten Autoritäten. Interne Referenz scheint auch Stärke zu vermitteln. Viktor Frankl entdeckte, daß viele Überlebende der Konzentrationslager in der Lage waren, ihre interne Wahlmöglichkeit aufrechtzuerhalten, auch in Situationen, die anscheinend total von anderen kontrolliert waren. Auch Krebspatienten, die trotz der Ankündigung eines nahes Todes überlebten, bildeten intern Alternativen aus, anstatt passiv das Urteil zu akzeptieren, das ihnen die Experten verkündeten.

Es gibt aber auch eine Form interner Referenz, die ähnlich problematisch ist wie eine zu starke externe Referenz. Denn ein Mensch mit starker interner Referenz kann sich von Informationen von außen und den Meinungen anderer total abschließen. Er ist dann nicht offen und empfänglich für Rückmeldungen. In seinem internen Gesichtsfeld hat auch nur ein Bild, das seine Meinung repräsentiert, Platz und kein weiteres. Er hört auch nur die eigene Stimme, seine eigene. Solche Menschen machen sich gewöhnlich so zwingende Bilder ihrer eigenen Meinungen, daß es keinen Raum mehr gibt, auch alternative Repräsentationen in Erwägung zu ziehen. Solche Menschen zu beeinflussen ist nahezu unmöglich, weil sie sozusagen vorprogrammiert sind, die Ideen anderer nicht zu beachten!

Wenn Menschen ihre ganz persönlichen Formen, externe und interne Referenz zu repräsentieren, herausgefunden haben, können sie dieses Wissen in mehrfacher Hinsicht verwenden: Sie können z.B. Autoritätsangst abbauen, wenn sie in dieser Weise gegenüber Autoritätspersonen reagieren. Sie können zwanghaften Altruismus mildern, wenn sie übermäßig empfänglich sind für die Bedürfnisse anderer und dabei ihre eigenen ignorieren. Sie können ein negatives Selbstbild korrigieren, das ihnen eine rigide Moral aufherrscht. Und ganz allgemein: Sie können mit Bewußtsein ihre Entscheidungen programmieren und überprüfen, welches Verhältnis von interner und externer Referenz in jedem Einzelfall die richtige Mischung ist.

a. Interne und externe Referenz untersuchen und utilisieren

Die Submodalitäten herauszufinden, mit denen jemand interne und externe Referenz repräsentiert, ist nicht immer ganz einfach. Sie können dabei auf Erfahrungen zurückgreifen und Ihren Gesprächspartner oder Ihre Gesprächspartnerin A veranlassen, aufmerksam wahrzunehmen, erstens: wie sie oder er eine Botschaft intern abgebildet hat, die von einer Person ausging, der A in dem betreffenden Zusammenhang bedingungslos vertraute. Danach bitten Sie A, genauso aufmerksam zu prüfen, wie sie oder er eine Botschaft repräsentiert hat, die von einer Person ausging, deren Äußerungen von A stets kritisch überprüft werden. Achten Sie dabei darauf, daß A die repräsentierten Botschaften überprüft und nicht die Gesamterfahrung, in der die Botschaften gesendet wurden.

Eine andere Möglichkeit, interne und externe Referenz einer Person auf ihre Submodalitäten zu untersuchen, ist die von Connirae und Steve Andreas vorgeschlagene, die Sie in dem folgenden Lernmuster72 finden. Sie selber stellen sich dabei als Referenzperson zur Verfügung und kündigen A an, daß Sie gleich etwas sagen werden. A soll dabei zunächst so tun, als ob sie oder er eine interne Referenz hat. Das heißt A soll sich darüber klar sein, daß er oder sie selber die Person ist, die entscheidet oder bewertet, was Sie sagen. Wenn Sie das angekündigt haben, machen Sie die Äußerung.

Als Äußerung, anhand der A die Submodalitäten der persönlichen internen Referenz herausfinden soll, bieten Connirae und Steve Andreas folgenden Satz an: „Wenn Sie jeden Tag eine halbe Stunde lang einen Kopfstand in Richtung Norden machen, wird das Ihre Lebensqualität sehr verbessern.“ Einige meiner Seminarteilnehmer/innen hatten mit diesem Satz Schwierigkeiten, weil sie wußten, daß er zu meinen Überzeugungen nicht paßt. Wenn Sie ähnliche Schwierigkeiten erleben, wählen Sie andere Aussagen, mit denen Sie übereinstimmen. Wichtig ist, daß A die typischen Erfahrungen herausfinden kann, die die Vorstellung Ihrer Äußerung als einer von A selbst beurteilten Aussage kennzeichnen. Diese Erfahrungen prüfen Sie bitte in den drei wichtigen Sinnessystemen ab.

Wenn Sie auf diese Weise herausgefunden haben, wie A interne Referenz repräsentiert, untersuchen Sie, welche Submodalitäten Repräsentationen von Botschaften auszeichnen, an die A ungeprüft glaubt. Kündigen Sie A an, daß Sie gleich wieder etwas sagen werden und daß A vorübergehend so tun soll, als ob sie oder er eine externe Referenz hat und SIE diese externe Referenz sind. Machen Sie A klar, daß dies nur für eine gewisse Zeit der Fall ist, daß A die eigene Entscheidungsfähigkeit leicht zurückbekommen wird, sobald Sie dies ausprobiert haben. A soll nur für diesen kleinen Augenblick davon ausgehen, daß Sie seine oder ihre externe Referenz sind, also nur für einen Moment so tun, als ob sie oder er im voraus weiß, was immer Sie auch sagen, ist wahr. Danach tun Sie die entsprechende Äußerung.

Connirae und Steve Andreas bieten für die Überprüfung der externen Referenz den Satz an: „Wenn Sie jeden Morgen mindestens fünf Minuten lang das mittlere C summen, wird Sie das in größere Harmonie mit dem Universum bringen.“ Auch hier können Sie wieder einen für Sie und Ihre/n Gesprächspartner/in passenderen Satz verwenden, wichtig ist nur, daß Sie es A ermöglichen, diejenigen Erfahrungen zu machen, die charakteristisch sind dafür, daß A die Äußerung eines anderen bedingungslos glaubt.

Danach stellen Sie die Unterschiede in den Submodalitäten fest und versuchen herauszufinden, welches die wirksamsten Faktoren sind, um eine bedingungslos geglaubte Äußerung in eine selbst beurteilte zu überführen. Bitten Sie A zu diesem Zweck, beide Repräsentationen zu vergleichen. Typisch im visuellen Repräsentationssystem sind Position, Größe und Helligkeit, mehrere Stimmen im auditiven und Anspannung im kinästhetischen System. Für eine sorgfältige Überprüfung können Sie wieder die Liste der Submodalitäten verwenden.

Wenn A für bestimmte Situationen eine stärkere interne Referenz aufbauen möchte, bitten Sie A zunächst, eine solche zu identifizieren. Danach überprüfen Sie, ob eine solche Veränderung in die bestehende Lebenssituation von A hineinpaßt oder ob sich Einwände dagegen ergeben. Wenn die geklärt beziehungsweise berücksichtigt sind, bitten Sie A, zu der betreffenden Situation zurückzugehen und die Repräsentation abzurufen, die A sich von dem gemacht hat, was die andere Person ihm oder ihr sagte. Bitten Sie A dann, diese Repräsentation so zu verändern, daß sie in den Submodalitäten von As interner Referenz dargestellt ist.

Lassen Sie A dann ein Future-Pace machen, indem Sie abfragen, ob A in näherer Zukunft wieder in eine ähnliche Situation kommen wird. Bitten Sie A, sich eine Repräsentation von dem zu machen, was der andere in dieser Situation zu ihr oder ihm sagt, und lassen Sie sie oder ihn überprüfen, ob diese Repräsentation der internen Referenz von A entspricht. Wenn das nicht der Fall ist, weisen Sie A darauf hin, daß man sorgfältig einüben kann, zukünftige Situationen auf eine gewünschte Weise zu repräsentieren.

Übung: Interne und externe Referenz

1. Interne Referenz

„Tu zunächst so, als ob du eine interne Referenz hast. Ich werde gleich etwas zu dir sagen, und da du ein internes Referenzsystem hast, bist du die Person, die entscheidet oder bewertet, was ich sage .... nämlich:

Wenn du jeden Tag eine halbe Stunde lang einen Kopfstand in Richtung Norden machst, wird das deine Lebensqualität sehr verbessern.

Beachte, welche Erfahrung du machst, wenn du dies von einem internen Referenzsystem aus betrachtest, beurteilst und entscheidest. Du beurteilst und entscheidest das!“

2. Externe Referenz

„Nun tu vorübergehend so, als ob du eine externe Referenz hast, und ICH bin diese externe Referenz. Denke daran, daß dies nur für eine gewisse Zeit der Fall ist. Du wirst deine eigene Entscheidungsfähigkeit leicht zurückbekommen, sobald du dies ausprobiert hast. Im Moment bin ICH deine externe Referenz. Du weißt im voraus, was immer ICH auch sage, ist wahr ... nämlich:

Wenn du jeden Morgen mindestens fünf Minuten lang das mittlere C summst, wird dich das in größere Harmonie mit dem Universum bringen.

Beachte, welche Erfahrungen du machst, während du dies mit einer externen Referenz betrachtest, beurteilst und entscheidest.“

3. Unterschiede in den Submodalitäten

„Überprüfe die Submodalitäten deiner beiden Erfahrungen in allen drei Sinneskanälen. Typisch sind Position, Größe und Helligkeit im visuellen, mehrere Stimmen im auditiven und Anspannung im kinästhetischen System. Überprüfe jedoch aufmerksam!“

4. Aufbau einer internen Referenz

a. Entsprechende Situation identifizieren

„Denke an eine Situation, in der du mehr external orientiert warst, als es dir lieb war, als du z.B. dem Rat von jemandem folgtest und es nicht gut ausging.“

b. Ökologie-Check

„Gibt es Einwände dagegen, in dieser Situation stärker internal orientiert zu sein?“ (Evtl. Einwände berücksichtigen.)

c. Interne Referenz aufbauen

„Gehe zu dieser Zeit zurück und entwickle eine Repräsentation von dem, was die andere Person dir sagte. Verwandle dann diese Repräsentation in die Formen, die den Submodalitäten deiner internen Referenz entsprechen. (Laß z.B. das Bild schrumpfen, sich weiter weg und nach unten bewegen. Installiere eine kritische Stimme, die das Gesagte hinterfragt und prüft ...)

5. Future-Pace

„Überlege, ob du in näherer Zukunft wieder in eine ähnliche Situation kommst. Mache dir eine Repräsentation von dem, was der andere in dieser Situation zu dir sagt. Überprüfe, ob diese Repräsentation deiner internen Referenz entspricht!“ (Wenn nicht, einüben!!!)

b. Abbau von Autoritätsangst

Wenn Sie mit einer Gesprächspartnerin oder einem Gesprächspartner arbeiten, der oder die bestimmten Menschen gegenüber mit Autoritätsangst reagiert, können Sie die Übung „Interne und externe Referenz“ ab dem vierten Schritt folgendermaßen abändern: Nachdem Sie die Submodalitäten der beiden Erfahrungen (für interne und externe Referenz) herausgefunden und in ihrer Bedeutung festgestellt haben, können Sie A veranlassen, an eine Situation zu denken, in der A einer Autoritätsperson gegenüberstand, die ihm oder ihr Angst einjagte. Lassen Sie A daraufhin eine Repräsentation von dem entwickeln, was diese Person sagte. Danach bitten Sie A, diese Repräsentation in die Formen zu verwandeln, die den Submodalitäten von As interner Referenz entsprechen. Es folgt als 5. Schritt der Future-Pace. Sollte die im Future-Pace abgerufene Repräsentation nicht der internen Referenz von A entsprechen, lassen Sie eine entsprechende Repräsentation einüben.

Übung: Abbau von Autoritätsangst

Schritt 1 bis 3 wie oben 

4. Abbau von Autoritätsangst

a. Entsprechende Situation identifizieren

„Denke an eine Situation, in der du einer Autoritätsperson gegenüberstandest, die dir Angst einjagt.“

b. Ökologie-Check

„Gibt es Einwände dagegen, in dieser Situation selbstbewußter zu reagieren?“ (Evtl. Einwände berücksichtigen.)

c. Autoritätsangst abbauen

„Entwickle eine Repräsentation von dem, was diese Person dir sagte. Verwandle dann diese Repräsentation in die Formen, die den Submodalitäten deiner internen Referenz entsprechen. (Laß z.B. das Bild schrumpfen, evtl. dunkler werden, bewege es weiter weg und nach unten. Richte eine schützende Stimme ein, die die Worte des anderen auf Konsequenzen untersucht, messe die Worte an deinen individuellen Werten und persönlichen Zielen und entwickle alternative Möglichkeiten zu dem, was diese Person sagt ...)“

5. Future-Pace

„Überlege, ob du in näherer Zukunft wieder in eine ähnliche Situation kommst. Mache dir eine Repräsentation von dem, was der andere in dieser Situation zu dir sagt. Überprüfe, ob diese Repräsentation der deiner internen Referenz entspricht!“ (Wenn nicht, einüben!!!)

c. Abbau von zwanghaftem Altruismus

Ähnlich wie beim Abbau von Autoritätsangst können Sie verfahren, wenn es darum geht, übermäßige Empfänglichkeit für die Bedürfnisse anderer zu reduzieren. Wenn Sie ein Mensch sind, der die Wünsche anderer zu erfüllen nur schwer ablehnen kann, werden Sie bei der Überprüfung solcher Situationen häufig feststellen können, daß Ihre Repräsentationen von den Wünschen anderer in den Submodalitäten ähnlich ausgebildet sind wie Ihre externe Referenz. Übermäßig altruistische Menschen machen sich beispielsweise von den Wünschen anderer Leute große und nahe Bilder, die keinen Platz für andere lassen, hören deren Forderung als eine Stimme mit unwiderstehlichem Klang und fühlen sich wie hingezogen. Wenn Sie herausgefunden haben, wie Sie einen altruistischen Zwang repräsentieren, können Sie untersuchen, welche Submodalitäten Sie benutzen, wenn Sie einem solchen Zwang nicht ausgesetzt sind, sondern klar „nein“ sagen können. Die so herausgefundenen Unterschiede in den Submodalitäten können sie nach ökologischer Überprüfung Ihrer Ziele für eine Veränderungsarbeit benutzen.

Es gibt jedoch Menschen, die es offensichtlich überhaupt nicht gelernt haben, gegenüber Anforderungen anderer nein zu sagen. Solche Menschen haben somit keine selber ausgebildete submodale Struktur für einen selbstbestimmten Umgang mit den Wünschen anderer. Für solche Menschen kann es wichtig sein, erstmalig herauszufinden, was sie intern machen können, um auf Anforderungen anderer selbstbestimmt zu reagieren. Mit der folgenden Übung73 können Sie lernen, einen Menschen dabei zu unterstützen, die Empfänglichkeit für die Bedürfnisse anderer mit Willen und Bewußtsein zu steuern.

Veranlassen Sie A in der Übung, an jemanden zu denken, auf dessen Bitten A übermäßig reagiert, während die eigenen Bedürfnisse verleugnet werden. Lassen Sie A dann aufmerksam darauf achten, wie sie oder er die Wünsche dieser Person vor dem geistigen Auge sieht. Stellen Sie dabei sowohl die visuellen als auch die auditiven und kinästhetischen Submodalitäten fest. Falls A Schwierigkeiten hat, die wesentlichen Submodalitäten zu identifizieren, lassen Sie dieses Bild mit einem Bild von jemandem vergleichen, bei dem A nicht übermäßig empfänglich reagiert.

Lassen Sie A daraufhin kleine Experimente mit Submodalitäten machen. Bitten Sie A, das Bild von den Bedürfnissen dieser Person weiter wegzubewegen, es kleiner, dunkler, weniger farbig etc. zu machen. Wenn es am Anfang panoramisch war, so lassen Sie den Blickwinkel reduzieren auf ein kleines gerahmtes Bild. Veranlassen Sie, die Stimme leiser zu machen, oder die Tonlage in nützlicher Weise zu verändern, bis A sich weniger von den Bedürfnissen dieser Person überwältigt fühlt.

Probieren Sie auch, A eigene Bedürfnisse repräsentieren zu lassen. Bitten Sie A, eine andere Leinwand, einen zusätzlichen Bildschirm zu schaffen in derselben Größe, mit derselben Helligkeit und Entfernung von A wie das Bild über die Bedürfnisse der anderen Person. Lassen Sie A die Überlegung anstellen, was sie oder er will, und sagen Sie ihm oder ihr, die Antwort zu visualisieren und in diesen neuen Rahmen zu setzen.

Ziel dieses Vorgehens soll sein, A zu befähigen, die eigenen Bedürfnisse mit denen der anderen Person zu vergleichen und zu einer Entscheidung zu kommen, in welchen Situationen und bei welchen Personen wessen Bedürfnisse wichtiger sind und in welchem Ausmaß. A soll in jedem Fall die beiden Bilder so einrichten, bis sich ein gutes Gefühl einstellt!