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Meinen Lieben, Isabella und Alessandra, gewidmet

Über den Autor:

Dr. Bernhard Gutschreiter ist Facharzt für Innere Medizin und lebt in Linz, Oberösterreich. Der Hobbyzeichner und passionierte Darts-Vereinsspieler konnte selbst seiner brasilianischen Frau vermitteln, dass »One hundred and eeeeeighty« einen ähnlichen Wohlklang hat wie das weithin bekannte »Goooooool« der Südamerikaner.

Inhalt

Zu diesem Buch

Ist Darts ein Sport?

Das moderne Dartsboard

Die Anlage

Die Darts

Alles rund ums Werfen

501 Double Out – Die Magie, die dahinter steht

The Nine Dart Finish – der Neun-Darter

Das Podium und seine Akteure

Trainings- und Aufwärmspiele

Trainingsplan – Erfolgskontrolle

Dartsgeschichte

Anhang

Zu diesem Buch

Niemand hätte vor zehn Jahren vorhergesagt, dass im deutschen Privatfernsehen einmal zur Hauptsendezeit stundenlang Darts-Turniere live übertragen werden würden. Darts, ein Spiel und ein Sport, das sich einem erst erschließt, wenn man sich mit der Materie intensiver auseinandergesetzt hat. Wer sich nicht mit der Magie des »501 Double Out« befasst, für den wird Darts eine Zirkusattraktion wie Messerwerfen oder Jonglieren bleiben. Wer dieses Buch gelesen hat, wird jedoch erkennen, dass es viel mehr ist.

Großbritannien ist das Mutterland so vieler Sportarten und es ist das Mutterland des Darts. Was ein Brite an Varianten kennt, um sportlich gesehen »Null« zu sagen, zeichnet dieses Völkchen schon einmal aus (»Love« im Tennis, »Zero« und »Null« oder »Nil« im Mannschaftssport; bei der Zeitmessung kommen dann noch »Oh« und »Nough« hinzu); die englische Terminologie soll daher in diesem Buch auch nicht zu kurz kommen. Wenn Sie etwas nicht verstehen, schlagen Sie im Glossar ganz hinten nach.

Im Darts gibt es eine Menge an Fachwissen und Fachbegriffen. Es mag vorkommen, dass Begriffe verwendet wurden, die erst weiter hinten oder gar erst im Glossar erklärt werden.

Ein Buch kann keine bewegten Bilder bieten. Sternstunden dieses Sportes kann man sich aber relativ bequem im Internet ansehen. Ich möchte jeden dazu ermutigen.

Ich spiele Darts regelmäßig oder fallweise, mal zwischendurch, mal engagiert, mal zum Spaß, mal zum Ärgern und bin gern das geblieben, was ich immer war: ein Amateur und Dilettant (von lat.: amare – lieben, und von ital.: dilettare – sich erfreuen). Mit diesem Buch möchte ich zum Profi werden (lat.: profiteor – bekennen), indem ich meine Liebe und Hingabe zu diesem Sport bekenne.

Übrigens: Darts heißt der Sport – Darts heißen die Pfeile, und ein Dart ist ein Pfeil. Und wenn wir von der Sportart Darts sprechen, dann ist im Allgemeinen von der Spielform »501 Double Out« im Steel Darts die Rede.

Ein besonderer Dank für Anregungen und Korrekturen gilt meinen Kollegen vom 1. LDC (Erster Linzer Dartsclub), dem ältesten Steel-Darts-Verein Österreichs, insbesondere dem Gründer Franz »Graf« Grabner und dem Präsidenten Jürgen »Erklärbär« Auer.

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Ist Darts ein Sport?

Man sollte sich von Anfang an keinen Illusionen hingeben: Von Darts werden Sie keine Kilos abnehmen und ihr Idealgewicht auch nicht halten können. Wenn Dartspieler schwitzen, dann entweder, weil die Beleuchtung der Bühne ein saunaähnliches Klima erzeugt oder weil sie übergewichtig sind und entsprechend leicht ins Schwitzen kommen.

Damit Sie fit, gesund und gut in Form bleiben, brauchen Sie noch eine andere sportliche Betätigung, etwas klassisch Schweißtreibendes wie Laufen, Radfahren oder Schwimmen.

Darts ist ein Präzisionssport und damit in eigentlich guter Gesellschaft mit anderen klar anerkannten Sportarten: Schießsport (Gewehr- und Pistolenschießen, Bogensport), Billard in allen Varianten, Kugelspiele (Boccia, Pétanque, Bowls), Golf und Minigolf, Kegeln und Bowling, Curling und Eisstockschießen sowie Croquet.

Der Schießsport und Curling haben es zu olympischer Anerkennung gebracht und Golfspieler haben gar keinen Zweifel daran, dass sie einen ernsthaften Sport betreiben (die Traumatologie kennt den Begriff des Golferarms – in Analogie zum Tennisarm – als Überlastungserscheinung beim Ungeübten). Wer schon einmal ernsthaft gebowlt hat (das heißt dem Ball die gewünschte Rotation gegeben hat), weiß, dass dies mit einer gewissen Anstrengung verbunden ist. Und nach einer längeren Darts-Session wird man die Gelenke auch ein wenig spüren – vor allem, wenn man »falsch« steht.

Diesen Sportarten ist gemein, dass einem Dilettant hin und wieder ein Glückstreffer gelingt. Niemand würde jedoch beim ersten Kugelstoß-Versuch oder 10 000-Meter-Lauf auch nur annähernd in Weltrekordnähe kommen. Allerdings trennt die regelmäßige – und damit statistisch auffällige – Wiederholung solcher »Glückswürfe« die Spreu vom Weizen.

Die Aufteilung des Boards in Sektoren und die Verteilung der Punkte nach einer nicht systematischen Ordnung produziert beim Anfänger häufig den Eindruck, dass es sich beim Darts um ein Glücksspiel handeln könnte. Die Besonderheit des Boards (im Gegensatz zu den konzentrischen Kreisen wie man sie von allen anderen Wurf- und Schießspielen kennt) ist jedoch im Darts auch für den Spiel-Charakter von entscheidender Bedeutung. Erst mit der Zeit erschließt sich dem Anfänger die Genialität der Sektoreneinteilung sowie der Triple- und Doppelfelder (engl. Triples and Doubles). Außerdem sind Fußballtore auch rechteckig und nicht rund – hä?

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Seit wann spielt man im Fußball auf runde Tore?

Sportarten, die ihre Meister mittels Höhe, Weite, Zeit und Gewicht ermitteln, stehen für Kraft, Ausdauer und klassische Athletik. Jene, in denen sich der Beste durch mehr Punkte, Tore, Körbe etc. durchsetzt, haben immer auch mehr oder weniger den Charakter eines Spieles. Darts ist sicher auch ein Spiel – Kinder lieben es zu spielen, und kein Kind fände es nicht verlockend, ein paar Darts zu werfen. Männer sind große Kinder …

Darts ist ein Sport, weil man eindeutig messbare Resultate durch Training stetig verbessern kann. Der Glücksfaktor wird minimiert – die Windverhältnisse haben Skispringen schon öfters zu einem Glücksspiel gemacht, als es eine Partie Darts je sein könnte.

Darts ist ein Sport, bei dem man zwar kaum ins Schwitzen kommt, aber dennoch stundenlang auf der Anlage Meter macht.

Darts ist ein Sport, weil Männer nicht nur einfach ein Spiel spielen. Das muss ich als Macho an dieser Stelle einfach loswerden.

Sollte Sie Ihr Arzt nach dem Blutdruckmessen nach Ihrem sportlichen Engagement fragen, dann antworten Sie lieber nicht mit »Ich habe einen 80er-Average.« Er wird dann eher mutmaßen, dass Sie sich in verrauchten Kneipen herumtreiben.

Darts ist ein Spiel, das durch Vereine, Meisterschaften, TV-Kultur, Publikumsattraktivität, Spitzenleistungen der Stars zu einem echten Sport wurde, der diese Bezeichnung voll und mit allem Respekt verdient.

Darts ersetzt jedoch leider nicht die Verpflichtung jedes Einzelnen, sich durch körperliche Bewegung fit zu halten. Dafür müssen wir weiterhin laufen, Rad fahren, schwimmen und andere Dinge machen, so langweilig sie uns auch erscheinen mögen; sonst werden wir dick und träge und handeln uns eine Unmenge an gesundheitlichen Problemen ein. Das muss ich als Arzt nun leider loswerden.

Darts anderen Sportarten gegenübergestellt:

1.Darts ist relativ günstig – ein Board, drei Darts und dieses Buch.

2.Jeder sollte genügend Platz in den eigenen vier Wänden freischaufeln können, um sich eine ordentliche Anlage hinstellen zu können.

3.Darts ist (witterungs- und saisonunabhängig) das ganze Jahr über praktizierbar.

4.Der gesellschaftliche Aspekt in einem Verein kommt sicher nicht zu kurz.

5.Andererseits kann man Darts auch alleine spielen – man braucht weder Trainer noch Sparringspartner.

Die körperlich-sportliche Leistung in Bezug auf Ausdauer würde ich einem gemütlichen Tennis-Doppel-Match, einer kurzen Golfrunde oder einem langsamen Spaziergang gleichsetzen. Trainingseffekte für die Herz-Kreislauf-Gesundheit kann man hier leider keine erwarten, aber jede Bewegung ist besser als keine und verbrennt mehr Kalorien als Nichtstun.

Das moderne Dartsboard

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The London Board

Heutzutage spielt man auf einem London Board, Typ Bristle. Ein solches Board besteht aus Millionen von Sisalfasern, die parallel zusammengebunden und von einem Metallring außen zusammengepresst werden. Die Längsfasern des ca. einen Meter hohen Stammes der Sisal-Agave werden sonst für die Produktion von Tauen, Seilen und Garnen verwendet. Für Dartboards sind sie auf zwei cm gekürzt und gebündelt.

Man wirft seine Darts folglich in eine Art Bürste (engl. bristle), in der die hauchdünnen Borsten unglaublich eng aneinander gepresst sind. Immer wieder finde ich es großartig, wie technisch ideal und langlebig Naturprodukte sind.

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Bristle heißt doch Bürste?

Ein Board hat im Gesamten einen Durchmesser von 45 cm – hier ist auch ein großzügiger Bereich um die äußeren Double-Felder mit inbegriffen. Auch dieser Bereich, der glücklicherweise nicht zählt, hat im Spiel ums Finish eine entscheidende Bedeutung. Er trägt auch den Metallring mit den Punktbezeichnungen.

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Die Dimensionen des Boards

Die »echten« Felder entstehen durch 20 unterteilte Kreissektoren mit einem grünen oder roten, äußeren Ring – den Double-Segmenten, und einem grünen oder roten, inneren Ring – den Triple-Segmenten.

Die äußeren und inneren Single-Felder sind schwarz oder weiß. Die Dimensionen sind besser grafisch dargestellt, als lang erklärt (siehe Zeichnung).

Zunächst möchte ich die von mir benutzten (und allgemein gängigen) Abkürzungen erklären:

T steht für Triple oder Treble,

D für Doppel oder Double,

S für Single,

S25 für das einfache Bull (outer bull, auch SB),

D25 für das Bullseye (inner bull, auch DB).

Das Bullseye (oder Double Bull) zählt 50 Punkte und ist damit nur das fünfthöchste Feld des Boards nach T20 (60 Punkte), T19 (57 Punkte), T18 (54 Punkte) und T17 (51 Punkte). Es ist ein Double-Feld (D25). Mit 12,7 mm Durchmesser ist die Fläche (knapp 127 mm² oder 1,27 cm²) doch deutlich kleiner als die eines Triple-Feldes.

Das Single Bull zählt 25 Punkte. Mit 31,8 mm Durchmesser (abzüglich des Bullseye 667 mm² oder 6,67 cm²) ist es gut fünfmal so groß wie das Bullseye.

Das äußere (Double) Feld zählt den doppelten Punktwert, der im Metallring angegeben ist. Es misst acht mm in der Höhe, woraus sich eine Fläche von 417 mm² errechnet; es passen also gut drei Bullseyes in ein Double.

Das innere (Triple) Feld zählt den dreifachen Punktwert, der im Metallring angegeben ist. Wie das Double misst es acht mm Höhe, ist aber deutlich enger. Es ergibt sich eine Fläche von 254 mm², doppelt so groß wie das Bullseye. Das äußere Single ist mit 2323 mm² (also 23,2 cm²) vergleichsweise riesig.

Diese Dimensionen veranschaulichen, wie unterschiedlich schwer es ist, Ziele zu treffen, und man kann das auch an der eigenen Entwicklung sehr gut nachvollziehen. Der Anfänger wird bald einmal drei Darts in einem Single vereinen können, das nächste große Erfolgserlebnis werden drei Darts im Single Bull sein; dann wird es aber lange dauern, bis er die erste 180 (3 × T20) werfen wird.

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Zwei Bullseyes passen in ein Triple.

Die oben angegebenen Dimensionen stimmen eigentlich nicht mehr. Diese Angaben gelten nämlich für die traditionelle Spider. Das ist das Drahtgeflecht aus rundem Draht, das ein Jahrhundert lang gute Dienste geleistet hat, wobei der Draht etwa einen Millimeter dick ist. Die modernen Boards (und damit auch die Turnierboards) haben ein in die Sisalfasern eingelassenes »blade wire system«, also schmale »Klingen«. Die Breite der Doubles und Triples beträgt demnach heutzutage eigentlich fast neun mm.

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Das Blade Model gibt mehr Platz her.

Wenn man nun hoch scoren will, zählt die T20 nicht nur mehr als das D25, auch ist die Chance 60 mit T20 zu treffen doppelt so groß als 50 mit dem Bullseye. Aber: Wenn man die T20 verfehlt schreibt man im nahen Umfeld im besten Fall S20 und mit abnehmendem Glück T5, S5, T1 oder sogar nur bittere 1 auf der S1. Wenn man hingegen das D25 verfehlt, schreibt man, wenn man gut ist, S25; sonst eine Zahl von 1 bis 20 (S1-S20) – durchschnittlich also 10,5 Punkte.

Nun ist die Punktevergabe rund um den Kreis aber nicht nur zufällig verteilt – an die höchsten Werte grenzen gern die niedrigsten an. Wer auf die 20 geht läuft Gefahr auf 1 oder 5 zu landen, wer auf die 19 geht auf 3 oder 7, um die 18 liegen 1 und 4, um die 17 liegen 2 und 3.

Der Legende nach wurde 1896 die Anordnung der Zahlen von Brian Gamlin aus Lancashire festgelegt und danach nicht mehr verändert. (Diese Legende hielt über 100 Jahre. Heute nimmt man an, dass es in Wirklichkeit ein gewisser Thomas William Buckle war; warum er jedoch diese Anordnung getroffen hat, wissen wir weiterhin nicht.)

Wenn man nun die Klasse eines Spielers betrachtet, ergibt sich aufgrund der Anordnung der Zahlen als Wurfempfehlung