1. Einleitung

Es versteht sich, dass jeder Jurist das Bürgerliche Gesetzbuch kennt und die Geistlichen mit der Bibel vertraut sind; künftige Philosophen werden kaum an Platos Dialogen und der „Kritik der reinen Vernunft“ vorbeikommen, auch wenn die weitere Lektüre dann recht verschieden ausfallen mag. Doch in der Pädagogik dürfte es schwer fallen, überhaupt einen Text anzugeben, der unbedingt von allen zu lesen wäre und gelesen wird, die sich als Experten dieses Faches ansehen. Hier verhält es sich eher so wie mit der so genannten schönen Literatur: der eine schätzt Dante und Goethe, die anderen halten sich an Thomas Mann und Samuel Beckett. Es mag örtliche Lektürevorschriften geben, aber einen Kanon als Pflichtprogramm für das Studium der Pädagogik gibt es nicht, und er scheint auch nicht erreichbar, vermutlich vielen nicht einmal erstrebenswert.

Wo Vorschriften fehlen, öffnet sich das weite Feld der Empfehlungen und der Beratung. In der Tat enthalten die gängigen Einführungen in die Pädagogik und ihre Gebiete zumeist auch Lektürevorschläge, gleichsam als Wegweiser im Labyrinth der Texte. So findet sich in dem überaus nützlichen „Wörterbuch der Pädagogik“, das Winfried Böhm herausgegeben hat, eine Liste der „pädagogischen Hauptwerke“. Sie umfasst nicht weniger als 99 Titel und Namen, angefangen mit Platos Dialog „Menon“ und einigen wenigen Schriften aus Antike und Mittelalter, Renaissance und Barock, um dann mit Rousseau in den breiten Strom der modernen Literatur zu Fragen der Erziehung, der Bildung und des Lernens einzumünden. Wer all das gelesen hat, wird von sich sagen dürfen, ein Fachmann zumindest des europäischen Erziehungsdenkens zu sein, auch wenn man noch an andere Autoren denken mag, die in der hier vorgelegten Sammlung berücksichtigt sind. Zum Beispiel Quintilian mit seinem Meisterwerk zur rhetorischen Erziehung oder Benedikt, dessen Mönchsregel das Muster für alle anderen Regeln des monastischen Lebens geworden ist, die noch folgten, oder Roger Ascham, dessen „Scholemaster“ von 1570 ein gutes Beispiel für die Schul- und Unterrichtspädagogik der Renaissance ist.

Im Einzelnen ist es wenig ergiebig, über die jeweils getroffene Auswahl zu rechten. Es soll hier genügen, die Gesichtspunkte zu nennen, die diese Auswahl bestimmt haben. Der erste und wichtigste ist, dass das betreffende Werk überhaupt etwas Wesentliches über Erziehung und Lernen enthält; des Weiteren ergibt sich die Bedeutung eben daraus, dass es einen Schlüssel zum Verständnis einer bestimmten Form und Absicht des Erziehens bietet, und drittens ist es der Gesichtspunkt der geschichtlichen und traditionsbildenden Wirkung eines Werks, wie sie zum Beispiel mit Rousseaus „Emile“ gegeben ist. Was jeweils allein oder in Kombination mehrerer Gesichtspunkte maßgebend für die Auswahl gewesen ist, wird sich im Durchgang zeigen und braucht nicht vorweg in allgemeiner Weise erörtert zu werden. Es sei aber nicht verschwiegen, dass gerade bei neueren Werke Präferenzen und Vorlieben des Verfassers sowie auch Wünsche des Auditoriums eine Rolle gespielt haben, dem die Nachlese oder wie man heute vornehm sagt: diese rélecture in einem mehrsemestrigen Zyklus von Vorlesungen angeboten worden ist. Daraus erklärt sich auch der Duktus des Folgenden, den ich im Wesentlichen nicht geändert, sondern nur hier und da etwas ermäßigt und von den schlimmsten Kathedermanieren befreit habe.

Wichtiger als die Begründung der Auslese ist es, vorweg die Form der Behandlung anzugeben und etwas dazu zu sagen, auf welche Weise und unter welchen Gesichtspunkten die Nachlese erfolgt. Wie liest man einen Text über Lernen und Erziehung aus dem Altertum oder aus dem 13. Jahrhundert, aus Amerika oder aus dem „Spiegel“? Es ist ein Irrtum anzunehmen, jeder könne alles lesen, nur weil man schon als Kind mit zehn Jahren in der Lage gewesen ist, Texte zu entziffern und zu „lesen“. Auf diesen Standpunkt mag sich ein Psychologe stellen, der eben das Entziffern zu seinem Beobachtungsobjekt macht und feststellt, wann mit welcher Sicherheit a und b unterschieden und identifiziert werden. Damit ist das Lesen noch gar nicht erfasst. Wir sehen nicht Bögen und Striche, die wir dann zu einem Wort zusammenfügen; das kann im Normalfall jeder nach dem Ende der Grundschule. Das ist noch gar nicht „Lesen“. Was aber dann? Wenn wir das Wort „Wald“ entziffern und aussprechen, sehen wir nicht Buchstaben, sondern wir „sehen“ den Wald, obwohl er gar nicht da ist. Der geneigte Leser möge sich eben jetzt prüfen, was er vor Augen oder im Ohr hat, wenn er den Satz liest und hört: „Es braust ein Ruf wie Donnerhall“ oder Mörikes „Frühling lässt sein blaues Band …“ oder den Artikel 1 des Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Man versteht da nicht Licht- und Schallwellen, die sich auf wundersame Weise in Bedeutungen verwandeln, sondern man sieht und hört Sachverhalte, die sich zeigen, andeuten, aber auch verbergen oder gänzlich verschlossen bleiben.

So gesehen kann man sagen: Lesen heißt, das sehen und verstehen, was andere geschrieben oder sonst in Zeichen ausgedrückt haben. Lesenlernen ist genau dies: die Sprache erlernen, in der Sachverhalte präsentiert werden, erst die elementare Lautsprache, das geschieht in der Grundschule, dann aber auch die Sprachen der Musik, z.B. Partituren, der Logik und der Physik, und so durch alle Fächer.

Die Lehre vom richtigen Lesen ist allgemein unter dem Titel „Hermeneutik“ bekannt. Sie braucht hier nicht eigens vorgestellt zu werden. Ich gehe gleich dazu über, was es heißt, einen Text zu lesen, der sich mit den Sachverhalten des Lernens und des Erziehens befasst. Es sind vier Gesichtspunkte, die dabei von Bedeutung sind und die ich einem Werk Carl v. Savignys entnehme. Er hat 1840 ein „System des heutigen Römischen Rechts“ vorgelegt und da vier Gesichtspunkte der Betrachtung angegeben: den grammatischen und den logischen, den historischen und den systematischen. Das Römische Recht war für Savigny einerseits schon etwas Vergangenes, kodifiziert unter Justinian im 7. Jahrhundert, also „historisch“, wie man so sagt, aber es sollte dennoch als Grundlage für Rechtsentscheidungen der Gegenwart dienen. Das Folgeproblem liegt auf der Hand: Wie liest man alte Texte, die in ganz anderen Lebensverhältnissen entstanden sind, und zwar so, dass sie für die gegenwärtige Lage wichtig und aktuell brauchbar werden können? Das ist auch unser Problem: Wie liest man den „Menon“, der etwa 400 Jahre vor der Zeitrechnung entstanden ist? Nur so, dass er als Zeugnis einer vergangenen Zeit und als Produkt eines bestimmten Autors verstanden wird, oder zugleich so, dass man daraus auch Einsichten über ein Problem gewinnen kann, das unverändert für uns besteht? Auch Savigny will ja nicht nur klären, wie man vor Zeiten einmal Erbverhältnisse rechtlich behandelt hat, sondern wie jetzt Erbfälle zu entscheiden sind. Wir wollen nicht nur wissen, wie Plato oder Thomas v. Aquin oder Rousseau früher über Lehren und Lernen gedacht haben, wir wollen sie auch nicht als Person kennen lernen – das geht sowieso nicht mehr –, sondern wir wollen wissen, ob das, was sie sagen, vertretbar ist oder nicht, ob sie recht haben oder nicht. Das ist der Sinn einer zugleich historischen und systematischen Interpretation von Texten. Sie hat zwei Seiten, die beide zu ihrem Recht kommen sollten.

Entlang dieser Unterscheidung des Historischen und des Systematischen führt Savigny auf beiden Seiten eine weitere Unterscheidung ein und gelangt damit zu den vier Gesichtspunkten der juristischen Auslegung: auf der Seite des Historischen das grammatische und das zeitgeschichtliche Verstehen und auf der Seite des Systematischen das logische und schließlich das systematische Verständnis eines Werkes. Diese vier Gesichtspunkte lassen sich als die Aufgaben beschreiben, die sich uns bei der Lektüre stellen:

  1. Es kommt darauf an, die Quelle zu sichern und genau hinzusehen, was dasteht. Das ist gewissermaßen die philologische Aufgabe, bei der wir deshalb in der Regel das Wissen der Philologen benutzen.
  2. Der Text gehört in einen zeit- und lebensgeschichtlichen Kontext. Mit den Theologen können wir von dem „Sitz im Leben“ sprechen, den eine Äußerung hat.
  3. geht es darum, den „logischen“ Zusammenhang zu rekonstruieren, in dem sich die Äußerungen bewegen; im Falle des „Menon“ und des platonischen Höhlengleichnisses ist das die Lehre vom Begriff und von den Ideen.
  4. schließlich geht es darum, das im „Höhlengleichnis“ Gemeinte in seiner aktuellen Bedeutung zu erfassen, um das Moment der Wahrheit herauszustellen und ggfs. zu relativieren und zu berichtigen.

In der Durchführung lassen sich diese Gesichtspunkte allerdings nicht „rein“ und schematisch anwenden. Das wäre nicht nur ermüdend, es würde auch kaum den Besonderheiten des jeweiligen Werks gerecht werden. So habe ich mich in einigen Fällen auf den Kern- und Hauptgedanken beschränkt, während ich bei anderen Werken versucht habe, einen Eindruck von allen ihren Teilen zu vermitteln. Auch fehlen gelegentlich die biographischen oder zeitgeschichtlichen Kenntnisse oder sie sind, gerade bei den großen Werken, ziemlich belanglos gegenüber dem, was gesagt wird. In der Tat steht das biographische oft genug dem systematischen Interesse im Wege. Doch darum geht es in der Hauptsache. Gerade deshalb scheint es mir geboten, auf die einzelnen Werke zurückzugehen und sie in den Mittelpunkt der pädagogischen Exegese zu rücken.

In seiner „kleinen Geschichte des Sprachdenkens“ hat Jürgen Trabant angemerkt, den „Literaturwissenschaftlern (sind) gar nicht mehr Vergil, Horaz, Boccaccio, Petrarca e tutti quanti (wichtig), sondern solche aufregenden Sachen wie Dekonstruktion, Systemtheorie, New Historicism, Butlerism etc.“, so dass vor lauter „Diskursen“ die Werke nicht mehr gesehen werden und sie zu Versatzstücken für bloße Konstrukte der theoretischen Fantasie herabgesetzt werden. Sie bleiben als „Modernisierungsverlierer (…) auf der Strecke“ (Trabant 2003, S. 292). Die folgenden Werkporträts haben ihren Zweck erfüllt, wenn sie als Hinführung und Einladung dazu beitragen, dass eine Reihe jener pädagogischen Reflexionen nicht auf der Strecke bleibt, die uns die Sprache der Erziehung gelehrt und einen Schlüssel zu ihrem besseren Verständnis gegeben haben.

Lit.: W. Böhm (Hg.): Wörterbuch der Pädagogik, Stuttgart 2005 (15. Aufl.); C. v. Savigny: System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, 1840; J. Trabant: Mithridates im Paradies. Kleine Geschichte des Sprachdenkens, München 2003

2. Plato: Menon

Wer anderen etwas beibringen, sie belehren oder moralisch aufbessern, kurz: sie erziehen will, hat sich auf deren Fassungskraft und Lernfähigkeit einzustellen, sonst gehen alle Bemühungen von vornherein in die Leere. Tatsächlich stellen wir immer schon eine bestimmte Art des Lernens in Rechnung, wenn wir es mit Kindern und Schülern, Hörern oder Kursteilnehmern zu tun haben. Auch ohne ausdrückliche Theorie und einen formulierten Begriff des Lernens. Meist kommen wir damit auch aus. Doch für ein klares Verständnis von Erziehung ist ein expliziter Lernbegriff nicht zu entbehren. Einer der ersten, wenn nicht überhaupt der erste, der dazu einen Vorschlag gemacht hat, ist Plato, und zwar in dem Dialog „Menon“. Plato bestimmt Lernen und zwar das bewusste und aufgeklärte Lernen als Erinnerung (gr. anamnesis). Darum geht es im Folgenden.

Ich fange mit dem Historischen an, gehe dann zu den Werken und zur Werkgeschichte über – das alles nicht besonders ausführlich –, um dann direkt auf den „Menon“ einzugehen, und zuletzt kommt die systematische Würdigung. Man könnte vielleicht sogar die Lebens- und Zeitgeschichte ganz weglassen, wenigstens bei den absoluten Schwergewichten der Theoriebildung. Recht bekannt ist die Eingangswendung von Martin Heidegger, mit der er eine Aristoteles-Vorlesung eingeleitet hat: Aristoteles wurde geboren, arbeitete und starb. Das ist das höchste Lob, das man einer theoretischen Existenz zollen kann, und ja auch so gemeint. Plato wurde 427 v.d.Z. geboren, legte ein bedeutendes Werk vor und ist 347 gestorben. Aber so ganz stimmt das eben doch nicht, weder hier noch bei Aristoteles. Platon hatte ein bewegtes Leben: Geboren in die Zeit der großen Auseinandersetzung seiner Vaterstadt Athen mit Sparta, ins perikleische Zeitalter, hochgeboren zudem als Solon-Nachkomme, erlebte er den Niedergang Athens, Anarchie, Diktatur und Rückgewinnung einer gemäßigten Demokratie, der 399 allerdings nichts Besseres einfiel, als Sokrates, dem gerechtesten der Athener, wie Plato ihn genannt hat, den Prozess zu machen und zum Tode zu verurteilen. Auch versuchte Plato sich als politischer Berater, wenn nicht Staatsmann in der magna graeca, in Sizilien und Unteritalien, scheiterte komplett, zog sich in die von ihm gegründete Akademie zurück und wurde so zum Lehrer dessen, was er nicht verwirklichen konnte. Sein größter Schüler war Aristoteles (384–322), der 20 Jahre bei ihm studiert hat, ein Langzeitstudent, wie nur je einer; aber eben auch ein ungetreuer Schüler, wie sich das gehört, Fortsetzer und Korrektor der platonischen Lehren. Beide zusammen sind die Väter der abendländischen Philosophie und Wissenschaft. Soviel zur Biographie. Sie ist gekennzeichnet von Ansprüchen, Einschnitten, Gefahren (einmal war Plato sogar in Gefangenschaft und musste sich freikaufen lassen, um nicht als Sklave zu enden), von Enttäuschungen und nachhaltigem Lehrerfolg. Wer hat schon Schüler vom Range eines Aristoteles, ganz zu schweigen von all denen, die man als Platoniker bezeichnet?

Jetzt zum Werk. Da finden wir den Plato, der uns etwas angeht. Es liegen vor ca. 25 Dialoge; das sind Gespräche, mit der Merkwürdigkeit, dass Plato in ihnen nicht als Teilnehmer auftritt. Er spricht durch Sokrates, seinen Lehrer. Dann gibt es noch „Briefe“ von Plato, und eine Schrift, die ihm zugeschrieben wird, aber wahrscheinlich (vielleicht) aus seiner Schule stammt und nicht direkt von ihm ist: „Nomoi“, die Gesetze. Dass die Gespräche, wie sie Plato – man muss schon sagen – erfunden und gestaltet hat, ungefähr zweieinhalb Jahrtausende überstanden haben, ist ein Hinweis auf die Wirkung. Was von Plato vorliegt, ist nach der Verurteilung des Sokrates anno 399 geschrieben. Es gibt keine erhaltenen Jugendwerke. Plato begegnet uns als fertiger Autor, erwachsen, formsicher, zielbewusst. Erst die Frühwerke, dann die mittleren Werke, zuletzt das Spätwerk: so wird unterschieden. Das sieht nicht sehr einfallsreich aus; nur ein Ordnungsschema, auf das jeder von allein kommt; aber man stelle sich vor: Da sind ca. zwei Dutzend Dokumente ohne Datumsangabe, nur in Abschriften, womöglich noch mit mancherlei Varianten, und die sollen jetzt für eine Edition in eine Reihenfolge nach ihrer Entstehungszeit oder in sonst eine Ordnung gebracht werden. Das gleiche Problem haben die Forscher in Hinblick auf das Neue Testament: was ist wann von wem mutmaßlich geschrieben? So wie wir das NT in Händen haben, erst Matthäus und Markus, dann Lukas und Johannes; darnach die Briefe Pauli usw., so ist es aber nicht entstanden.

Bei Plato hat man einen sicheren Anhaltspunkt; das ist die gedankliche Entwicklung. Als „früh“ gelten die Werke, in denen der wirkliche, historische Sokrates im Mittelpunkt steht; erst die „Apologie“, die Verteidigungsrede des Sokrates vor dem Staatsgerichtshof, dann Gespräche über Einzel- und Tugendprobleme. Sie sind durch die „Was ist“ – Frage gekennzeichnet. Was ist fromm, was ist tapfer, was gerecht usw.? Diese Frageform wird in den mittleren Dialogen verschärft, indem untersucht und diskutiert wird, wie man etwas Allgemeines überhaupt wissen kann. Zu dieser Gruppe gehört auch unser „Menon“, dann das „Symposion“ (Gastmahl) und der „Phaidon“. Am Übergang zum Spätwerk steht die „Politeia“ (Der Staat). Da wird die so genannte Lehre von den Ideen vorgetragen und begründet. Auch hier tritt Sokrates noch als Gesprächsführer auf, aber die Ideenlehre ist alles andere als sokratisch, und das Spätwerk schließlich behandelt die Probleme, die sich aus dem Konzept der „Ideen“ ergeben.

Zu verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Positionen sind einige Dialoge besonders geschätzt worden. Die Christen und dann das Mittelalter lasen immer wieder den „Phaidon“; denn da geht es um den Beweis der Unsterblichkeit der Seele, und den „Timaios“, da geht es u.a. um eine Lehre von der Welterschaffung. Die pädagogisch interessierten Leser schätzen und lesen den „Menon“, bis heute. Da kann man vor allem die sokratische Methode kennen lernen, die vielberufene Maieutik und Hebammenkunst, und sie sich für die Unterrichtslehre zu eigen machen.

Das Gespräch wird eröffnet mit der Frage nach der Lehrbarkeit des rechten Verhaltens, der Tugend. Es ist die Jahrtausendfrage aller Erziehung. Doch wie sich zeigen wird, ist das zunächst nur die Ausgangsfrage, die zu anderen Fragen führt, die beantwortet sein müssten, um zu wissen, wie man das rechte Verhalten in anderen hervorbringt. Der Menon, nach dem das Gespräch benannt ist, stellt dem Sokrates diese Frage: „Kannst du mir sagen, ob Tugend lehrbar ist? Oder ist sie nicht lehrbar, sondern durch Übung zu erlangen? Oder wird sie den Menschen weder durch Übung noch durch Lehre, sondern von Natur oder sonst irgendwie zuteil?“ Eine klare Frage, wie es aussieht, gestellt nicht von einem Kind, auch nicht von einem ahnungslosen jungen Menschen, sondern dieser Menon, den es wirklich gegeben hat, ist ein reicher, einflussreicher Landjunker aus Thessalien, Nordgriechenland; und der hat von Sokrates gehört und befragt ihn. „Sagen Sie mal: wie ist das mit der Tugend, wie erwirbt man sie: durch Übung (askesis) oder durch Belehrung (mathesis), oder ist das eine Eigenschaft, die man eben von Natur (physis) hat oder nicht hat?“. Er hat, wie man sieht, drei Varianten im Auge, und die hat er von den Sophisten, Wanderlehrern gelernt; Gorgias, der berühmteste und nebenbei auch reichste dieser Wanderlehrer, war in Thessalien gewesen, und bei dem hatte Menon gehört. Man nennt diese drei Varianten inzwischen den pädagogischen Ternar. Was wir können, können wir entweder durch natürliche Anlage – physei im Griechischen, die Lateiner sagten: ingenium, wir sprechen heute von Begabung; oder wir haben es uns durch Übung zu eigen gemacht, askesis im Griechischen („Askese“ im heutigen Wortverständnis hat eine verengte Bedeutung: wenig essen, keine Sexgeschichten, Schlafeinschränkung, Reizdeprivation auf ganzer Linie; das ist ganz ungriechisch und erst durch die Christen zu Ehren gekommen); oder wir können etwas, weil ein anderer uns das beigebracht, uns belehrt hat. Zum Beispiel: das absolute Gehör ist eine Naturgabe, das kann man nicht lernen; was man kann, ist das Gehör schulen – das ist Sache der Musikübung –, und man kann lehren, wie man eine Partitur liest.

Wohlgemerkt: hier handelt es sich zunächst einmal um Unterscheidungen, die sich an der alltäglichen Erfahrung orientieren. Darnach gibt es eine Linie von den Anlagen über die Übung zur Belehrung und zum Belehrtwerden. Wenn man nicht hören kann, lässt sich das Gehör nicht schulen, und dann wird es auch schwer, den Übergang von einer Partitur zum Klavierspiel zu vollbringen. Das sind real anzutreffende Unterschiede, und darauf bezieht sich Menons Frage. Wie ist das mit der Tugend: hat man sie von Natur, so dass die einen anständig und redlich, womöglich reine Tugendbolde sind, andere müssen erst noch üben, und alle brauchen womöglich Belehrung. Eine klare Frage also, im Rahmen einer damals aktuellen Diskussion, und Menon wusste auch und die Leser wussten, dass dieser Sokrates, der „historische“ Sokrates, darauf schon eine Antwort gegeben hatte, nämlich die, dass Tugend Wissen sei, also nicht allein auf Naturanlage beruht und auch nicht auf Einüben; vielmehr gilt: ohne Wissen keine Tugend. Das heißt: Menon fragt etwas, wovon er annimmt, dass Sokrates es weiß oder zu wissen meint. Er hätte auch so anfangen können: „Verehrter Sokrates, Sie sind doch ein Tugendexperte, sagen Sie mal, wie wird man tugendhaft?“

Wie reagiert Sokrates; was macht er? – Er macht nichts als Schwierigkeiten. Die erste ist: er erklärt, er wisse überhaupt nicht richtig, was „Tugend“ sei, worin sie besteht, und folglich könne er auch nicht sagen, wie sie erworben werde. Das ist einigermaßen erstaunlich; man fragt sich, ob Sokrates sich nur unwissend gibt und dumm stellt, oder ob er es wirklich nicht weiß. Und erstaunlich ist auch, dass Menon nicht sagt: „Dann muss ich eben jemand anders fragen, der sich auskennt“, sondern jetzt wird die Vorfrage behandelt: Was ist Tugend?

Der gute Menon lässt sich nun darauf ein, Vorschläge zur begrifflichen Fassung zu machen, also zu sagen, was nach seiner Meinung mit dem Wort „Tugend“, im Griechischen arete, gemeint sei. Das wird in der Regel so aufgefasst: Sokrates lehrt nicht direkt, sondern er prüft bestehendes Wissen; er antwortet nicht auf Schülerfragen, sondern er tritt mit Fragen auf. Das ist dem Platoleser schon aus den frühen Dialogen bekannt; in dem Gespräch „Laches“ z.B. geht es darum, die Tapferkeit zu erfassen, und da befragt Sokrates einen anerkannten Feldherrn und Soldaten, einen rechten Praxismann, der muss es schließlich wissen, und zeigt ihm dann, dass er es in Wahrheit nicht weiß. Es geht hier nicht um Kinderunterricht, und es geht auch nicht um die Antworten auf Kinderfragen, sondern Sokrates tritt als Prüfer üblicher, gewohnter Antworten ausgebildeter Personen auf. Er hat – Lob sei dem Sokrates – die Prüfungsfrage erfunden.

Menon macht nun drei Definitionsvorschläge, die Sokrates nacheinander zerfleddert. Das ist in Kürze das Fazit des ersten Teils des Dialogs. Der Trick besteht darin, dass Menon von Beispielen ausgeht. Er nennt erst die Tugend des Mannes und der Frau und sonstige Tugenden, und Sokrates sagt: „Da hab ich aber richtig Glück gehabt mit Ihnen; unwissend, wie ich bin – wirklich oder angeblich –, möchte ich nur erfahren, was die Tugend ist, und nun erhalte ich gleich einen ganzen Schwarm von Tugenden.“ Wie man sieht, operiert Sokrates mit der Unterscheidung zwischen dem direkten und indirekten Artikel: eine Tugend ist nicht die Tugend, wie ein Kreis noch nicht der Kreis schlechthin ist. Immer neue Beispiele führen zu immer neuen Begriffen, und das ergibt keine Antwort. Die Pointe liegt in der schon erwähnten „Was ist“-Frage. Da wird nach dem Was-Sein gefragt, dem Wesen, wie wir im Deutschen sagen, und Sokrates behauptet nun, dass es eine eindeutige Antwort geben müsse, die Tugend eben und nicht eine Tugend und noch eine und wieder eine andere. Eine Definition soll sagen, was eine Sache ist. Und ohne Definition, die das Was-Sein angibt, kein Wissen, sondern nur ein vages Bekanntsein mit etwas. Historisch gesehen kann man hier eine der Einsatzstellen für das ausmachen, was dann in der Tradition als metaphysisch angesehen wird. In der Was- und Wesensfrage ist die „Entdeckung des Allgemeinen“ angelegt (Martin 1965, S. 8). Beispiele, wie viele man auch anführen mag, bleiben sozusagen im „Physischen“; erst der Begriff sagt, was sie gemeinsam haben, und eben darin geht er über das hinaus, was physisch vorliegt; griechisch: meta ta physika.

Ich gehe jetzt nicht die drei Definitionsvorschläge des Menon und ihre Zerschmetterung durch Sokrates durch, sondern halte als Ergebnis fest: Es stellt sich heraus, dass Menon jetzt auch nicht mehr weiß, was „Tugend“ ist. Er ist nachgerade erschüttert, aber – so belehrt ihn nun Sokrates – das sei gar nicht übel; denn vorher meinte er etwas zu wissen, jetzt aber weiß er, dass er gar nicht weiß, was „Tugend“ ist. Er ist am Nullpunkt. Das Scheinwissen ist abgeräumt, und nun könne man neu beginnen, doch statt der Eingangsfrage, ob und wie Tugend erworben wird, und statt der Vorfrage, was Tugend ist, soll nun die Vor-Vorfrage erörtert werden, wie man überhaupt etwas weiß. Da lässt Sokrates den Menon auch nicht lange herumsuchen, sondern sagt ihm als rechter Lehrer, wie man am besten vorgeht. Wir wollen die Tugend erforschen, das Forschen ist ein Suchen und Lernen. Pflichtschuldigst nickt Menon. Das sieht er ein. Nun kann man aber nur suchen, was man kennt; nicht, was man nicht kennt. Wieder eine Falle, schlimmer als alles zuvor. Lernen ist ein Suchen; und wenn man nur suchen kann, was man schon kennt und weiß, kann man nichts dazulernen. Man lernt nichts Neues, sondern findet nur wieder, was man etwa verloren, verlegt oder vergessen hat.

Dieses Paradox hat Sokrates von den Sophisten übernommen und benutzt es hier. Besonders stark und gut ist es nicht. Es beruht auf einer Übertreibung: Wenn wir etwas überhaupt nicht kennen, können wir es nicht suchen; und wenn wir es ganz und gar kennen, brauchen wir es nicht zu suchen. Doch das sind Extremfälle: in Wirklichkeit kennen wir etwas halb oder ansatzweise oder wir vermuten etwas und machen uns auf die Suche. Dabei finden dann mehr, als wir vorher wussten. So hat Aristoteles das Paradox aufgelöst. Aber darauf kommt Menon nicht, sondern ist noch verzweifelter als vorher, wenigstens tut er so. Wie nun weiter? Und wieder zeigt Sokrates einen Ausweg. Er habe gehört, dass andere sagen, wir hätten in einem früheren Leben schon Wissen erworben. Dieses Wissen können wir wieder aktualisieren, so dass wir lernen, indem wir uns erinnern. Lernen beruhe auf Erinnerung als Aktualisierung eines früheren, latenten Wissens. Das kann man beweisen, sagt Sokrates: Lassen wir mal einen völlig ungebildeten Probanden kommen, einen doulos, manche übersetzen mit „Schüler“, aber eigentlich ist das ein Sklave. Dem will Sokrates etwas beibringen, was er noch nicht weiß, aber nicht indem er ihm das fertige Ergebnis vorbetet, sondern indem er sein früheres Wissen wieder ans Licht zieht, damit er manifest weiß, was er latent schon hat, aber wovon er gar nicht weiß, dass er es weiß. Das wird also gemacht und ein Sklave herbeizitiert. An dem soll nun demonstriert werden, wie das wahre Lernen funktioniert. Das ist das berühmte Lehrbeispiel im „Menon“, ein Juwel der Lehrkunst, bis heute bewundert und als Muster der sokratischen Lehrart gepriesen. Das will ich jetzt – ganz unsokratisch – in direkter Lehre vorstellen und rekonstruieren.

Es beginnt damit, dass dem Schüler die Aufgabe gestellt wird, ein Quadrat zu verdoppeln.

Dazu wird zunächst ein Quadrat in den Sand gezeichnet und erläutert, dass es aus „lauter gleichen Seiten“ besteht. Auch wie der Inhalt zu ermitteln ist, lässt sich aus der Frage entnehmen, die Sokrates an den Schüler richtet: „Wenn die Strecke auf dieser Seite zwei Fuß betrüge, auf dieser aber nur einen Fuß, würde dann die Fläche einmal zwei Fuß enthalten?“ Die Antwort ist ja. Und entsprechend ergibt sich beim Quadrat aus zwei mal zwei als Ergebnis vier Quadrat-Fuß. In der Form der Frage liegt eigentlich schon die Antwort. Das Verständnis des Schülers liegt im Nach- und Mitvollzug einer anschaulich nachprüfbaren Operation. Dass dieser Nachvollzug noch keine Belehrung ist, lässt sich Sokrates von Menon bestätigen. „Du siehst doch, Menon dass ich ihn nichts lehre, sondern alles erfrage?“ Doch diese Unterscheidung von Lehren und Erfragen ist nur relativ: was der Schüler zur Einsicht beisteuert, ist die analytische Klarheit post festum. Er wendet die Verfahrensweise des Lehrers an, die zum Ergebnis führt. Man kann aber nicht sagen, dass er allein aus sich diese Verfahrensweise findet. Sokrates tut so, als ob es dasselbe sei, einen Beweis zu finden und einen Beweis einzusehen. Das zeigt sich vollends an der Art und Weise, wie schließlich das richtige Endergebnis gewonnen wird. Erst wird das Quadrat nach einer Seite erweitert, dann gewinnt man zwar den doppelten Inhalt, aber hat kein Quadrat mehr; dann wird das Ausgangsquadrat auch nach oben erweitert, dadurch erhalten Sokrates und der Schüler zwar wieder ein Quadrat, aber es ist nicht doppelt, sondern viermal so groß wie das Ausgangsquadrat.

Das alles geschieht unter Anleitung des Sokrates. In gewisser Weise kann man sagen, dass er den Schüler an der Nase herumgeführt hat, so dass es dem nicht besser ergeht als vorher Menon hinsichtlich der Frage, was Tugend sei. Bei jeder Lösung, die ins Auge gefasst wird, lässt sich zeigen, dass sie dem geforderten Ergebnis nicht entspricht, so dass auch der Schüler schließlich sein Nicht-Wissen bekennen muss. Das ist aber nicht nichts, vielmehr ist damit der erste Schritt zur „Wiedererinnerung“ gewonnen: das Bewusstsein der Aporie stachelt erst die „Sehnsucht nach dem Wissen“ an. Ohne das „Gefühl des Nicht-Wissens“ würde er gar nicht versuchen, „nach dem zu forschen und zu suchen, was er glaubte zu wissen, ohne es doch zu wissen“, sagt Sokrates. So aber bereitet das Wissen des Nicht-Wissens dem Lernen den Boden, und zwar nach der Ansicht des Sokrates wiederum so, dass er den Schüler nichts lehre und keine „erläuternde Auskunft“ erteile. Gegen diese Selbstinterpretation des Sokrates hat Menon wieder nichts einzuwenden.

Wie aber findet der Schüler denn nun die richtige Lösung? Wirklich so, dass Sokrates ihm nichts vorsagt? Um es kurz zu machen: Er findet sie keineswegs aus Erschütterung über sein Nicht-Wissen und auch nicht durch die Aktivierung irgendeines latenten Vorwissens. Es ist wieder der Lehrer Sokrates, der zeigt, wie man ein Quadrat verdoppeln kann. Er zeichnet nämlich erst in eines, dann in alle vier Quadrate die Diagonale ein, so dass sie halbiert sind. Dadurch ergibt sich das folgende Bild:

img

Und siehe da, jetzt ergeben die vier halben ein neues Quadrat, das ersichtlich halb so groß ist wie das Ausgangsquadrat. Das sieht auch der Schüler; wir können auch genauer sagen: das sieht er ein. Doch diese Einsicht ist nicht auf einen eigenen Einfall gegründet; sie verdankt sich der Vorzeichnung des Lehrers, die der Schüler Schritt für Schritt nachzeichnet. Das Lernen beruht auf dem Nachkonstruieren dessen, was Sokrates vormacht. Insofern kann keine Rede davon sein, dass Sokrates seine Behauptung wirklich bewiesen hat, er habe im Schüler nur wie eine Hebamme das Vorwissen heraufgeholt und manifest werden lassen, aber nichts gelehrt und gegeben, was dieser nicht schon von sich aus besitzt. Vielfach wird allerdings ohne nähere Prüfung die Selbstinterpretation des Sokrates übernommen und als bewiesen angesehen, dass das Lernen sich, wie heute vorzugsweise gesagt wird, selbst organisiert und Lehrer nur die Aufgabe haben, das Lernen zu begleiten, anzuregen und fürsorglich zu betreuen. Die Sachfrage ist: Kann sich das Lernen des Neuen aus sich allein organisieren und braucht es wirklich nur angeregt zu werden, oder müssen wir als Lehrende auch inhaltliches Wissen aus unserer Kenntnis der richtigen Lösung investieren? Müssen wir also etwas zeigen, was der Lernende noch nicht gesehen hat oder – etwas schwächer: bisher nicht richtig bemerkt hat? Übersetzt in die Sprache des Dialogs heißt das: Lernen ist Suchen, Lehren ist ein Zeigen. Sokrates behauptet, dass er dem Sklaven nichts zeigt, sondern dass der alles aus sich findet. Das ist bestenfalls nur zum Teil richtig. Das sieht man, wenn man sich die einzelnen Zeigeakte vor Augen führt:

  1. Er zeigt ihm erstens das Viereck.
  2. Er zeigt ihm, wie man ein Viereck vergrößern kann.
  3. Er lässt ihn ein Viereck suchen, das doppelt so groß ist.
  4. Er zeigt ihm den Dreh mit der Diagonale.

Ohne dass ihm etwas gezeigt wird, würde der Schüler/Sklave bei aller Einsicht in sein Nicht-Wissen nie und nimmer darauf kommen, wie man ein Quadrat verdoppelt. Das Bewusstsein des Nicht-Wissens macht ihn zwar empfänglich für die richtige Lösung, führt sie aber nicht herbei. Das heißt aber nicht, dass er überhaupt keine Leistung erbringt und von sich aus gar nichts mitbringt. Was das ist, kann man das „Logische“ nennen, nämlich dasjenige, was wir als Form gleichsam in uns tragen und auf das Dargebotene anwenden, indem wir es zergliedern, auf die Konsistenz oder Widersprüchlichkeit seiner Elemente achten und sie neu zusammenfügen. So gesehen ist das „Lehren auch kein Eintrichtern, sondern Begründen, und das bedeutet, dem anderen die Möglichkeit zu geben, es selbst einzusehen, d.h. es jederzeit selbst wiederfinden zu können“ (Bröcker 1967, S. 119). Doch das Material des Lernens können wir nicht in gleicher Weise aus uns schöpfen, sondern das muss uns gezeigt werden.

Aber was heißt „zeigen“? Und wie kann es erfolgreich sein? Antwort: Dazu muss man die Bedeutungen klären, mit denen man es zu tun hat. Das Elementarste am Zeigen ist: Festlegen der Bedeutung dessen, worüber man redet. Genau das geschieht am Eingang des Dialogs. Das kann man nun wirklich von Plato-Sokrates lernen: es ist ziemlich sinnlos, einfach über Tugend loszuschwatzen und Meinungen zu äußern, sondern für ein vernünftiges Gespräch braucht man Definitionen. Ob Tugend lehrbar ist oder nicht, kann man erst vernünftig besprechen, wenn man Einverständnis darüber herstellt, was mit dem Wort „Tugend“ oder „arete“ oder „virtus“ oder „virtue“ oder sonst einem Wort gemeint ist. Sokrates führt eine Unterscheidung ein, die das Meinen vom Wissen abhebt: die Unterscheidung zwischen Ausdruck und Begriff. Es ist griechisch die Unterscheidung zwischen „doxa“ und „episteme“. Über Begriffsklärungen stellen wir sicher, dass wir dasselbe meinen. In vielen Diskussionen, selbst in pädagogischen, wenn z.B. von „Schule“ oder „Bildung“ oder „Erziehung“ die Rede ist, bleibt ungesagt und unbestimmt, wie diese Ausdrücke jeweils verstanden werden. Das führt zu unnötigen Konfusionen und gelegentlich auch zu falschen Frontstellungen. Deshalb ist das Definieren ein sozialer Akt, um dem Gespräch eine gemeinsame Grundlage zu geben.

Und dazu ist es nötig, mit den geheimen und verdeckten Vor-Urteilen aufzuräumen und sich aus der sog. Lebenswelt zu lösen. Daraus ergibt sich für jedes Gespräch ein Anspruch auf Begriffsklärung.

Auf der Grundlage des Einverständnisses kann man dann Neues einführen. Zum Beispiel in der Weise eines Vorschlags oder einer Vorgabe. Im „Menon“ wird das von Plato „hypothesis“ genannt. Nehmen wir einmal an, dass alles Suchen auf Erinnerung beruht. Diese Annahme kann dann durchgeführt und angenommen oder verworfen werden. Es ist aber nicht so, dass sich jemand an die Stirn fasst und ihm wieder einfällt, was er einmal gewusst hat, und das nennt man dann „lernen“. Vielmehr verhält es sich so: Wir schließen an etwas an, was wir schon wissen oder können, gehen einen Schritt vor und arbeiten dann rückwärts durch, was wir uns vorgeben lassen. Die Vorgabe macht der Lehrer oder ein Buch oder sonst ein Zeichengefüge. Die Aufnahmebereitschaft wird vielfach gesteigert, wenn wir unsicher geworden sind; aber der Hauptpunkt für den Lehrenden, der etwas für den Schüler Neues einführt, besteht darin, dessen Standort zu ermitteln und daran anzuschließen. Das, woran man immer anschließen kann, auch bei denen, die ungeschult wie ein Sklave ohne Schulbildung sind, ist ein Minimum an Logik. Für Sokrates dagegen ist die Lösung schon die ganze Zeit bekannt; er tut bloß so, als ob er sie nicht hat. Ich nenne das didaktische Ironie. Man stellt sich dumm, damit der Schüler auf das hinblickt, was er bisher noch nicht weiß. Doch dass Sokrates den Lösungsweg in seinen Fragen versteckt, beweist nicht, dass der unwissende Schüler-Sklave die Lösung selber gefunden hat. Er sieht sie ein, weil er genug Logik hat.

Etwas allgemeiner gefasst: der Lehrende führt den Lernenden zuerst auf das zurück, was er schon kann und weiß, um ihn dann durch einen Vorgriff einen Schritt weiterzuführen. Lernen ist erstens Rückgang und dann Voranschreiten; ein rückgreifender Vorgriff. Lehren ist genau das Umgekehrte: vorgreifender Rückgriff. Und diese beiden Bewegungen müssen zusammengespannt werden. Rückgriff wird hier von Plato-Sokrates „anamnesis“ genannt; Vorgriff „hypothesis“ und in den späteren Dialogen schließlich „Idee“. Ohne den Vorgriff hätte der Schüler nichts, was er einsehen könnte; ohne Rückgriff der Lehrer nichts, woran er anschließen könnte. Mit anderen Worten: es geht nicht ohne Zeigen, aber es geht auch nicht ohne Einsicht, noch ohne verständiges Mitmachen und die entsprechende Mitbewegung, damit das Lernen erfolgreich ist. Das scheint mir die wahre Lehre des Dialogs zu sein, nicht aber, dass Lernen, Dazulernen und Neulernen darin besteht, sich bloß auf sich zu besinnen und in der Tiefe des Gemüts ein Vorwissen freizulegen, das schon da ist und sich kreativ im Leiden an der eigenen Unwissenheit entfaltet.

Und was ist bei alledem aus der Ausgangsfrage nach der Lehrbarkeit der Tugend geworden? Im „Menon“ gibt es keine bündige Antwort. Sie bleibt unentschieden. Zwar gehört Wissen zum rechten Verhalten, aber Wissen allein ist offenkundig nicht ausreichend, um uns zur Tugend zu motivieren. Daraus lässt sich wiederum zweierlei lernen und feststellen; nämlich erstens, dass die gründliche Behandlung einer wichtigen Frage zu weiteren Fragen nötigt, die vorher befriedigend beantwortet sein müssten, so dass die erwünschte Antwort sich nicht schlank und ohne weitere Umstände geben lässt, und zweitens, dass die Jahrtausendfrage nach der Lehrbarkeit der Tugend nicht nur hier bei Plato offen bleibt, sondern als Problemerbe weitergereicht und zur wiederkehrenden Dauerfrage für das pädagogische Denken geworden ist.

Lit.: Platos „Menon“ ist in der Übersetzung Schleiermachers zugänglich in der griechisch-deutschen Werkausgabe von G. Eigler, Bd. 2, Darmstadt 1990, und in der Übersetzung von O. Apelt, Bd. 2, Hamburg 1988. – W. Bröcker: Platos Gespräche, Frankfurt 1967 (2.Aufl.); G. Martin: Einleitung in die Allgemeine Metaphysik, Stuttgart 1965

3. Plato: Das Höhlengleichnis

Das so genannte Höhlengleichnis findet sich im siebten der auf zehn Bücher angelegten Schrift über den Staat. Das macht uns darauf aufmerksam, dass Platos Erziehungs- und Bildungslehre in den Zusammenhang seiner Überlegungen zur Politik und da wieder zu deren zentralem Thema: der Gerechtigkeit gehören. Was ist gerecht und was gut? Das ist die eine Frage, die andere: was macht eine gerechte und gute Ordnung aus? In den Zusammenhang dieser beiden Fragen, die bei Plato praktisch nicht getrennt werden, gehört die Frage jeder politischen Theorie: wer darf und wer soll regieren? Um es gleich zu sagen: ein Demokrat war Plato ganz und gar nicht; wer war das auch schon von den so genannten „Klassikern“ des alteuropäischen Denkens? Die Vorstellung, dass jeder, egal ob informiert und hinreichend geschult oder eben nicht, sozusagen ungeprüft am politischen Prozess teilnehmen, mitreden und mitentscheiden darf, ist ja auch nicht unmittelbar einleuchtend. Um zum Regieren geeignet zu sein, bedarf es charakterlicher und intellektueller Fähigkeiten höchsten Ranges. Mit denen, so nun Plato, wird man nicht geboren, sondern dazu muss man erzogen werden.

So gesehen geht es in der Erziehungslehre, wie sie sich im Höhlengleichnis findet, gar nicht um die gewöhnliche Erziehung, wie sie allen zuteil werden kann, sondern um Regentenerziehung, das heißt um die Ausbildung einer geistig-moralischen Elite und Aristokratie des Geistes, und zwar so, dass sie in der Lage ist, gemäß der Idee der Gerechtigkeit den Staat zu regieren.

Um zu vernünftigen Verhältnissen zu kommen, braucht man Leute, die vernünftig geworden sind. Das sind die Philosophen. Sie sollen eben nicht nur reflektieren und in Distanz zum Staat bleiben, sondern das Regiment übernehmen. Das ist die Lehre Platos von den Philosophenkönigen.

Die naheliegende Anschlussfrage ist: wie werden Philosophen gebildet und erzogen? Und das heißt: wie lässt sich die wahre Erziehung (paideia) von der Unwissenheit und Unbildung (apeideusia) unterscheiden? Damit setzt das 7. Buch ein und dazu wird zuerst das Gleichnis von der Höhle und dem Aufstieg aus der Höhle vorgetragen. Das Höhlengleichnis gehört zweifellos zu den bleibenden, großen Denkbildern des europäischen Denkens. Uns interessiert natürlich vor allem seine pädagogische Bedeutung, aber darin erschöpft sie sich nicht, auch wenn es ausdrücklich zu dem Zweck vorgetragen wird, die Eigenart der „paideia“ zu erklären. Wir übersetzen das in der Regel mit „Bildung“ und/oder „Erziehung“. Dabei zeigt sich, dass Bildung und Erziehung gar nicht aus sich allein zu verstehen sind. Sie sind eingebettet in das allgemeine Lebens- und Weltverständnis. Für Plato ist das die Lehre von den Ideen. Sie ist zugleich der Schlüssel dafür, wie wir lernen und wie wir zu erziehen sind.

Im Folgenden soll so verfahren werden: Zunächst soll das Problem formuliert werden, um das es geht. Ich gehe also zuerst systematisch vor, um dann das Höhlengleichnis vorzustellen und zu erläutern, was mit dem Gleichnis gemeint ist und gemeint sein kann, und um schließlich die Pädagogik zu kennzeichnen, die sich aus dem Ideenkonzept ergibt. Auch das ist dann wieder systematisch und nicht bloß historisch.

Um das pädagogische Problem zu kennzeichnen, auf das das Höhlengleichnis reagiert, erinnere ich an das, was wir aus dem „Menon“ gelernt haben. Gefragt wurde da eingangs nach der Lehrbarkeit der Tugend. Um das beantworten zu können, muss man wissen, was mit „Tugend“ oder „Tüchtigkeit“ oder dem rechten Verhalten gemeint ist. Ohne klare Begriffe kann man nicht vernünftig miteinander reden. Man braucht nicht nur Wörter und Ausdrücke, unter denen sich dieser dieses und jener was anderes vorstellt, sondern das Einverständnis darüber, was jeweils mit einem Wort, einem Ausdruck oder sonst einem Zeichen gemeint ist. Das, was mit einem Wort gemeint ist, ist der Begriff. Begriffe sind ein soziales Erfordernis der vernünftigen Rede.

Die Einzelheiten brauchen nicht noch einmal dargestellt zu werden, nur das bisherige Ergebnis. Wir können jemanden belehren, indem wir uns auf etwas Gemeinsames beziehen, das schon da ist; als Minimum das logische Denken, und wir können neue Gemeinsamkeiten stiften, indem wir eine Antwort verständlich machen. Das Gemeinsame ist etwas Allgemeines, die jeweilige Antwort zunächst etwas, das nur der Wissende hat und das im Lehrgespräch Gemeingut wird. Offen bleibt dann in dem Dialog die Frage, ob das gemeinsame Wissen und die Einsicht auch dazu führt, sich auch an das Erkannte zu halten, das heißt, ob Einsicht die Sittlichkeit fördert oder nicht. Wie entstehen aus Einsichten Werke? Wie wird die Vernunft praktisch?

Wie man vermuten kann, ist Einsicht zwar keine zureichende, wohl aber eine notwendige Bedingung für das richtige Verhalten, die arete. Es gibt eine sozial-kognitive, logische Wurzel für die Klärung von Begriffen; und es gibt eine lerntheoretische Wurzel. Das ist der Stand nach dem „Menon“. Offen bleibt, wie der Gesamtübergang vom alltäglichen Fürwahrhalten zur Vernunft, die auch wirklich praktisch wird, vorzustellen und herbeizuführen ist. Das ist das eigentlich „pädagogische“ Thema. Das will Plato mit seiner Lehre von den Ideen klarmachen. Bevor gleich das Bild der Höhle und das in dem Bild Gedachte vorgeführt wird, möchte ich eine Bemerkung zu dem Wort idea oder eidos voranstellen. Es heißt zunächst im Griechischen nichts anderes als „Bild“. Erst Plato hat, wie das oft in der Theoriesprache geschieht, das Wort mit der Bedeutung aufgeladen, die wir heute kennen und die uns den „Idealismus“ beschert hat.

Deshalb jetzt die einfache Frage: Was ist eigentlich ein Bild? – Man kann vielleicht sagen: das weiß man doch. Ein Bild ist auch ein Sachverhalt, so wie andere Sachverhalte. Nun ja, ganz so ist es nicht. Ein Bild ist Bild von Sachverhalten. Wir machen uns z.B. ein Bild von einer Stadt, wenn wir uns einleben, oder wir sind nicht im Bilde, wenn wir einen Sachverhalt nicht überschauen. Lernen ist u.a. eben dies: sich ein Bild von Sachverhalten machen, wie etwas ist, wie verschiedene Faktoren zusammenhängen, usw. Dabei wissen wir, dass das Bild nicht der Sachverhalt ist; es bildet ab, ist aber nicht dasselbe. Es ist unterschieden und irgendwie nicht unterschieden; zugleich Differenz und Einheit (nämlich Übereinstimmung mit dem Sachverhalt). Nehmen wir einen ganz banalen, alltäglichen Fall: In geselligen Zusammenkünften werden ja oft Bilder, sagen wir Fotografien, hervorgekramt; auch in Fernzügen zur Anknüpfung der Kommunikation; das kennt man. Da werden die eigenen Kinder, Freunde, Freundinnen, Eltern und Tanten und andere Sippengenossen gezeigt. Angenommen, man kennt sich schon, wie in der Familie, und jetzt wird ein Familienfoto – Hochzeiten, Taufen, Geburtstage sind ja beliebte Gelegenheiten für Bildattacken – gezeigt: die Größeren und Erwachsenen sagen dann vielleicht: „Sieh mal Onkel Franz, ja so sieht er wirklich aus; gut getroffen.“ Onkel Franz selber findet sich gar nicht gut getroffen: „So dick bin ich nicht“. Manche wünschen dann ja auch die Vernichtung solcher Zeugnisse der Verkennung. Was sagen aber Kinder bei solchen Bildern? „Das ist Opa“, „Das ist Tante Erna“ usw. Und das sagen sie auch sonst bei Bildern: „Das ist ein Elefant, das der König, das bin ich.“ Es ist, als werde zwischen Bild und Abgebildetem nicht unterschieden, während wir Älteren die Differenz betonen. Darin steckt: Kinder nehmen zunächst identifizierend wahr; sie lernen erst Zug um Zug, die Komposition, die Machart des Bildes und damit die Eigenschaften der Darstellung von dem Dargestellten deutlich zu unterscheiden. Das ist der Unterschied zwischen: „Das ist Opa“ und: „Das ist ein Bild von Opa“. Es ist der Unterschied zwischen kindlichem Realismus und erwachsenem Idealismus, nämlich das Bewusstsein davon, dass die Wirklichkeit in einer bestimmten Form erscheint, gut oder schlecht getroffen, retuschiert, verfälscht oder eben naturgetreu. Das Mitdenken der Beziehung auf einen Sachverhalt: das ist zweifelsfrei das höhere Bewusstsein. Um dieses Verhältnis von Sachverhalt und Bild, Wirklichkeit und Sprache, oder auch: Wirklichkeit und Idee, darum geht es. Zur Verdeutlichung und zur Vereinfachung will ich drei Fälle unterscheiden:

  1. Es gibt Sachverhalte, die so sind, wie sie sind. Sachverhalt soll dabei alles genannt werden, was sich zeigt und worüber man Aussagen machen kann; nicht nur Dinge, sondern auch Gefühle, Zustände, Prozesse, Lagen, Situationen. Es gibt Zahnschmerzen, Regentage, Angst und Vorträge.
  2. Es gibt zu Sachverhalten Bilder dieser Sachverhalte. Opa in Natur – und Opa in der Fotografie; einerseits der Opa zum Ansehen und Anfassen, und andererseits Opa im Bild. Das ist die erste Funktion eines Bildes: es bildet nach oder ab.
  3. Es gibt aber auch Bilder, die einen Sachverhalt vorbilden, und zwar immer dann, wenn wir etwas hervorbringen wollen, was noch nicht da ist, z.B. das Modell eines Hauses, nach dem wir dann wirklich ein Haus bauen. Das meinen wir ja auch, wenn wir sagen: „Ich habe eine Idee.“ Dann haben wir eine Vorstellung von etwas, das noch nicht da ist. Da bilden wir nicht etwas ab, sondern wir entwerfen etwas, was bisher nicht wirklich ist und wirklich werden soll. Das Bild ist hier die Norm für unser Verhalten. In dieser Hinsicht sind wir alle Idealisten, auch wenn wir noch so sehr darauf pochen, als Realisten zu gelten. Man kann zwar gegen Entwürfe vorbringen, dass sie nicht realisierbar sind, aber man kann nicht vorbringen, dass wir keine Idee, keine Gedankenentwürfe haben können. Kant sagt in seiner Pädagogik-Vorlesung sogar, wir können den Begriff von einer Sache haben, auch wenn sie nie ganz erreichbar ist, z.B. von der Freundschaft. Es kann sein, dass niemand ganz die Idee der Freundschaft erfüllt, dennoch können wir sie denken und uns bemühen, ihr nahe zu kommen. Gelegentlich sagen wir dann ja auch: „Karl ist ein idealer Freund“ oder ein „wahrer“ Freund; das heißt: er entspricht einem Ideal ganz oder fast ganz. Das ist blanker Idealismus; gewissermaßen der Platonismus des Alltags.

Ein „idealer Freund“ oder der „ideale Gatte“, das sind diejenigen, die dem Zielbild der Freundschaft oder des Ehegatten entsprechen. Ideal ist das, was einer vorgestellten Norm entspricht: der ideale Pass im Fußball aus der Tiefe des Raums; die ideale Kleidung bei sommerlicher Schwüle. Die Unterscheidung, die hier benutzt wird, ist die zwischen Sollwert und Istwert. Verhältnisse sind ideal, wenn der Istwert dem Sollwert entspricht. Das ist nicht dieselbe Unterscheidung wie die zwischen real und abgebildet. Wer hat schon einen idealen Gatten oder Mustergatten, und wo finden sich schon im wirklichen Leben die idealen Maße verwirklicht, das ideale Gewicht, meinetwegen auch: das ideale Übergewicht, das ideale Urlaubsziel usw.? Ein Idealist ist so gesehen derjenige, der die Verwirklichung solcher Sollnormen entweder für erreicht oder für erreichbar hält und sich dafür einsetzt, wenn sie noch nicht erreicht sind.

Ein solches Modell oder Idealbild des Lebens liefert Plato mit dem Höhlengleichnis. Um einen Eindruck von dem Höhlen-Modell und der Ausgangslage der Menschen in dieser zu geben, benutze ich jetzt eine schematisierte Darstellung des Inneren der Höhle, die Karl Vretska in seiner Ausgabe des „Staates“ gegeben hat:

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