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Essentials für die Unternehmensführung: Großartige Führungskräfte, großartige Teams, großartige Resultate

Das Problem und die Lösung

Körper, Herz, Verstand und Geist: In unserer vernetzten Wissensgesellschaft ist unser höchstes Gut und unser wichtigster Wettbewerbsfaktor, dass wir jeden Mitarbeiter als »ganzen Menschen« sehen. Dennoch orientieren sich unzählige Unternehmen noch immer an den althergebrachten Vorstellungen des Industriezeitalters und behandeln ihre Angestellten wie Dinge. Auch wenn vielen durchaus bewusst ist, wie wertvoll das kreative Potenzial ihrer Mitarbeiter ist, spiegelt ihre Führungsarbeit diese Erkenntnis nicht wider. Das Industriezeitalter hält uns noch immer gefangen.

Effektive Führungskräfte bringen die nötigen Einsichten, Fähigkeiten und Werkzeuge mit, um die Talente und die Motivation ihrer Mitarbeiter freizusetzen und auf die wichtigsten Prioritäten des Unternehmens auszurichten. Wie das geht? Orientieren Sie sich am »Paradigma der ganzen Person« und an den 4 Prinzipien effektiver Führungskräfte.

Das »Paradigma der ganzen Person«

Körper, Verstand, Herz und Geist: Manager, die dieses Paradigma verinnerlicht haben, sehen in ihren Mitarbeitern immer den »ganzen Menschen«.

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Sie wissen: Angestellte, denen es jederzeit freisteht, sich nach einem anderen Job umzusehen, bringen die besten Leistungen. Deshalb tun sie alles, um ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich ihre Leute wohlfühlen und sich von ihrer besten Seite zeigen können.

Die 4 Prinzipien effektiver Führungskräfte

Die folgenden 4 Prinzipien helfen Ihnen, das gesamte Potenzial Ihrer Mitarbeiter zu wecken. Das Besondere daran: Alle 4 Prinzipien bauen aufeinander auf. Nur wenn Sie alle gleichermaßen im Blick haben, können Sie Ihre Leute dauerhaft zu Spitzenleistungen motivieren.

Die 4 Prinzipien:

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Prinzip 1: Vertrauen aufbauen

Vertrauen ist das erste Prinzip, weil es die Grundvoraussetzung für alles andere ist. Mittelmäßige Führungskräfte würden sagen: »Der Schlüssel zum Erfolg ist, dass ich das Sagen habe.« Für sie sind Autorität und Macht die zentralen Führungsinstrumente. Effektive Führungskräfte sehen das ganz anders. Sie denken: »Was ich leiste, beruht auf meiner Glaubwürdigkeit und dem Vertrauen, das meine Mitarbeiter in mich haben.«

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Vertrauen fußt auf persönlicher Glaubwürdigkeit und auf Verhaltensweisen, die Vertrauen aufbauen. Die Glaub- und Vertrauenswürdigkeit einer Führungskraft wiederum basiert auf ihrem Charakter und ihrer Kompetenz.

Charakter und Kompetenz zeigen sich in Verhaltensweisen, die entweder Vertrauen aufbauen oder Vertrauen zerstören. Wenn das Vertrauen groß ist, werden Sie die Schnelligkeit steigern, mit der Sie wichtige Ziele erreichen. Gleichzeitig werden Sie die Kosten, die auf dem Weg zum Ziel entstehen, deutlich reduzieren. Es ist, als ob alles, was Sie tun, mit einer Dividende belohnt wird. Die Menschen vertrauen Ihnen. Sie sprechen offen über ihre besten Ideen. Niemand verliert Zeit mit unnötigen Formularen, überflüssigem Verwaltungsaufwand, dem Vertuschen von Fehlern oder dem Aufhübschen von Daten, um bestimmte Erwartungen zu erfüllen.

Was aber, wenn das Vertrauen gering ist? Dann sinkt die Schnelligkeit und die Kosten steigen. Es ist, als ob unser gesamtes Tun mit Steuern belegt würde. Bildlich gesprochen: Wenn Sie 100 Prozent Ihrer Kraft in etwas investieren, kommen am Ende nur 50 Prozent bei Ihrem eigentlichen Ziel an. Der Rest versickert in einem misstrauischen, bürokratischen Gerangel, mit dem jeder seine eigenen Interessen zu wahren versucht. Mehr noch: Die Mitarbeiter nehmen sich zurück und zeigen nicht, was sie wirklich können.

Vertrauen kann man nicht vortäuschen. Es kann nur Früchte tragen, wenn es auf einem festen Fundament aus Charakter und Kompetenz steht.

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Prinzip 2: Motivation schaffen

Mittelmäßige Führungskräfte denken: »Solange meine Leute eine genaue Jobbeschreibung haben, ist alles gut.« Effektive Führungskräfte hingegen sagen sich: »Wenn meine Mitarbeiter ein klares und motivierendes Ziel haben, geben sie freiwillig alles, was sie nur können.«

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Ein klares Teamziel beantwortet drei Fragen:

  1. Aufgabe: Wie sieht der konkrete Aufgabenbereich aus, für den Ihre internen oder externen Mitarbeiter Sie »anstellen«?
  2. Strategie: Wie ist Ihr Team in das Leitbild, die Mission und die Unternehmensstrategie eingebunden?
  3. Gewinn: Wie trägt Ihr Team zum wirtschaftlichen Erfolg Ihres Unternehmens bei?

Um motivierende Ziele zu finden, verknüpfen effektive Führungskräfte eigene Überlegungen und Analysen mit dem Feedback und dem Engagement ihres Teams. Zudem entwickeln sie gemeinsam mit ihren Leuten eine Vision davon, wie sie ihr Ziel mit herausragenden Ergebnissen erreichen werden.

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Prinzip 3: Systeme ausrichten

Mittelmäßige Führungskräfte glauben: »Alles lastet auf meinen Schultern.« Sie nehmen sich nicht die Zeit, Erfolgssysteme zu entwickeln, die konsequent auf die Unternehmensziele ausgerichtet sind und den Mitarbeitern helfen, Spitzenleistungen zu erbringen. Oft schmeichelt es auch ihrem Ego, derjenige zu sein, »der die Kastanien aus dem Feuer holt« und auf den alle anderen angewiesen sind. Ganz anders sieht es da bei effektiven Führungskräften aus. Sie denken: »Nachhaltiger Erfolg wurzelt in Erfolgssystemen und ihrer systematischen Ausrichtung auf die Unternehmensziele.« Ihnen ist es wichtig, dass der Erfolg nicht von einem Einzelnen abhängt. Deshalb bauen sie Systeme auf, die auch ohne ihr Zutun dauerhaft gute Ergebnisse ermöglichen.

Ein nachhaltiges Erfolgssystem:

Die folgenden vier Systeme sind besonders wichtig für Ihren Erfolg:

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  1. Umsetzung: Das ist Ihr System, um Ihre absolut wichtigen Ziele mit herausragenden Ergebnissen zu erreichen. Dieses System baut auf den 4 Disziplinen der Umsetzung auf.
  2. Talent: Das ist Ihr System, mit dem Sie Mitarbeiter gewinnen, einsetzen, fördern und belohnen. Es ist darauf ausgerichtet, die richtigen Leute in die richtigen Positionen zu bringen und ihre Fähigkeiten kontinuierlich auszubauen.
  3. Struktur: Das ist Ihr System, mit dem Sie Ihre zentralen Arbeitsprozesse als Team oder als Unternehmen organisieren und strukturieren. Effektive Führungskräfte nehmen sich die Zeit, ihre zentralen Arbeitsprozesse genau festzulegen, konsequent an ihren Zielen auszurichten und fortlaufend zu verbessern.
  4. Kundenfeedback: Das ist Ihr System, mit dem Sie das Feedback Ihrer Kunden sammeln, alle Informationen sorgfältig auswerten und erkennen, wo Sie sich noch verbessern können.

Prinzip 4: Talent freisetzen

Mittelmäßige Führungskräfte glauben: »Ich muss meine Mitarbeiter ununterbrochen antreiben und anleiten, damit überhaupt etwas dabei herauskommt.« Effektive Führungskräfte denken da ganz anders. Sie wissen: »Meine Aufgabe ist es, in unserem Team die Talente und die Begeisterung für unsere absolut wichtigen Ziele und Prioritäten freizusetzen.« Ihnen ist klar, dass sie die Unternehmenskultur mit jeder Äußerung prägen. Daher achten sie darauf, aus jeder Unterhaltung mit ihren Mitarbeitern ein hilfreiches, motivierendes Führungsgespräch zu machen.

Die folgenden drei Arten von Führungsgesprächen sind besonders wirkungsvoll:

  1. Innere Stimme: Jedem einzelnen Mitarbeiter bestätigen, wie wertvoll sein Beitrag und seine persönlichen Stärken für das Team und das gesamte Unternehmen sind.
  2. Leistung: Erwartungen und Verantwortlichkeiten mit Hilfe von Gewinn / Gewinn-Vereinbarungen klären.
  3. Den Weg freimachen: Unterstützung anbieten und die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, damit die Mitarbeiter ihre Aufgaben erfolgreich erledigen können.

Effektive Führungskräfte wissen auch, dass diese Gespräche nur glaubwürdig und wirkungsvoll sind, wenn viel Vertrauen, klare Ziele und funktionstüchtige Erfolgssysteme vorhanden sind (Prinzip 1 bis 3). Daher sehen sie die 4 Prinzipien als Einheit und behalten jedes einzelne immer fest im Blick. So motivieren sie ihre Mitarbeiter, ihr Bestes zu geben.

Ein Trimmruder werden

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Der Schlüssel zum Großen ist das Kleine. Effektive Führungskräfte haben erkannt: Etwas Großes kann nur entstehen, wenn die kleinen Dinge beharrlich umgesetzt werden. Ein kleines Trimmruder kann die Richtung eines großen Schiffes bestimmen. Und: Kleine Dinge können nach und nach eine große Wirkung entfalten.

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Prinzip 1: Vertrauen aufbauen

Stephen M. R. Covey:
»Die 4 Grundlagen der Glaubwürdigkeit«

»Vielleicht muss Führung völlig neu definiert werden … Letztlich geht es dabei um Glaubwürdigkeit, um die Übereinstimmung von Worten und Taten.«

Anne Mulcahy, Vorstandsvorsitzende und CEO, Xerox

Stellen Sie sich doch einfach einmal vor, dass Sie als Sachverständiger in einem Gerichtssaal sitzen. Nun will der Staatsanwalt die Geschworenen davon überzeugen, dass Sie glaubwürdig sind. Was wird er tun?

Zunächst wird er versuchen, alle Anwesenden zu überzeugen, dass Sie ein aufrichtiger, ehrlicher Mensch sind. Dass Sie den Ruf haben, sich an die Wahrheit zu halten und nicht zu lügen.

Zweitens wird der Staatsanwalt darlegen, dass Sie gute Absichten haben und niemanden täuschen oder schützen wollen. Er wird betonen, dass Sie keine verborgenen Absichten und auch keine versteckte Agenda haben, die Ihre Aussage in irgendeiner Weise beeinflussen könnten.

Drittens wird der Staatsanwalt hervorheben, dass Sie selbstverständlich über das nötige Fachwissen und alle erforderlichen Kompetenzen verfügen, um eine qualifizierte Aussage als Sachverständiger machen zu können.

Viertens wird er allen sagen, dass Sie bereits ansehnliche Ergebnisse vorzuweisen haben. Er wird klarmachen, dass Sie Ihre Fähigkeiten auch jetzt wieder unter Beweis stellen und hervorragende Arbeit als Sachverständiger leisten werden.

Doch nun erhebt sich der Verteidiger. Er wird alles tun, um das Gericht zu überzeugen, dass Sie nicht glaubwürdig sind. Er wird versuchen, Ihnen nachzuweisen, dass es Ihnen an Aufrichtigkeit fehlt – dass Sie unehrlich sind oder früher gelogen haben. Vielleicht wird er Ihnen auch vorwerfen, dass Sie eine versteckte Agenda haben oder gute Gründe dafür, Ihre Aussage ganz im Sinne des Staatsanwalts ausfallen zu lassen. Wahrscheinlich wird er auch Ihre Kompetenz in Frage stellen und behaupten, dass Sie gar nicht dafür qualifiziert sind, als Sachverständiger in einem Prozess aufzutreten. Er wird Ihnen vorwerfen, dass Sie bisher keine gute Arbeit geleistet und nicht die Kompetenz gezeigt haben, Fakten zutreffend zu beurteilen.

Die folgenden vier Punkte sind also entscheidend:

Egal ob im Privatleben oder im Beruf – unsere Glaubwürdigkeit hängt immer von diesen vier Faktoren ab.

Glaubwürdig sein – für sich und andere

Bei der 1. Welle von Vertrauen – dem Selbstvertrauen – dreht sich alles um unsere Glaubwürdigkeit. Letztlich läuft alles auf zwei Fragen hinaus:

Erstens: Vertraue ich mir selbst?

Zweitens: Bin ich jemand, dem andere vertrauen können?

Selbstvertrauen beginnt oft bei ganz kleinen Dingen. Ich erinnere mich noch gut an eine Zeit, als ich extrem viel zu tun hatte und einige Wochen lang bis zwei oder drei Uhr nachts aufblieb, um an einem wichtigen Projekt zu arbeiten. Dennoch klingelte mein Wecker morgens immer sehr früh: Ich hatte mir nämlich vorgenommen, trotz der vielen Arbeit auch noch ein bisschen Sport zu machen. Doch dann stellte ich den Wecker einfach ab und schlief weiter. Das rechtfertigte ich dann damit, dass ich den Schlaf dringender brauchte als die Bewegung.

Nach einer Weile überlegte ich aber: »Warum stelle ich den Wecker so früh? Ich weiß doch, dass ich nicht aufstehen und trainieren werde, wenn er klingelt. Weshalb mache ich das überhaupt?«

Die Sache mit dem Wecker hatte nicht nur mein Selbstvertrauen deutlich geschwächt – es war auch eine sich selbst erfüllende Prophezeiung geworden. Ich stellte zwar den Wecker, glaubte aber nicht wirklich daran, dass ich aufstehen würde. Es ging nur noch darum, vor mir selbst zu begründen, warum ich besser ein bisschen länger schlafen sollte.

Den Wecker zu stellen war also absolut sinnlos. Deshalb beschloss ich, meine Vorgehensweise zu ändern. Ich wollte nicht mehr jeden Morgen den klingelnden Wecker als Entscheidungspunkt nutzen. Ich nahm mir vor, immer schon am Abend vorher zu entscheiden, wann ich aufstehen würde. Wenn ich den Wecker auf eine frühe Zeit stellte, würde ich von nun an aufstehen und das Versprechen halten, das ich mir selbst gegeben hatte: Ich würde Sport machen – egal, wie wenig ich geschlafen hatte. Und wenn ich wirklich dringend Schlaf brauchte, dann würde ich den Wecker erst später klingeln lassen. Welche Entscheidung ich abends auch traf – meine Verpflichtung sollte ganz klar sein. Ich wollte das, wozu ich mich innerlich verpflichtet hatte, am nächsten Morgen auch tun. Ich wollte mein Vertrauen in mich selbst nicht länger enttäuschen! Vielleicht erscheint Ihnen dieses Beispiel ziemlich trivial. Doch für den Aufbau meines Selbstvertrauens war die Sache mit dem Wecker unglaublich wichtig!

Viele von uns verfolgen ihre Ziele nicht hartnäckig genug oder halten sich nicht an ihre Versprechen. Das beste Beispiel sind die guten Vorsätze, die wir zu Beginn eines neuen Jahres fassen – nicht einmal zehn Prozent von uns schaffen es, ihre Vorsätze tatsächlich in die Tat umzusetzen.

Doch: Was passiert, wenn wir Versprechen, die wir uns selbst geben, nicht halten? Was passiert, wenn wir das immer wieder machen? Ganz klar: Das untergräbt unser Selbstvertrauen. Früher oder später verlieren wir das Vertrauen in unsere Fähigkeit, Versprechen zu halten. Zudem strahlen wir auch nicht die persönliche Charakterstärke aus, die bei anderen Vertrauen weckt. Vielleicht versuchen wir dann, Stärke aus unserer Position oder unseren Beziehungen zu ziehen, aber das funktioniert nicht. Es handelt sich dann nicht um unsere ureigenste innerste Stärke – und das merken die anderen ganz schnell.

Neue Studien bestätigen etwas, das uns unbewusst längst klar ist: Unser Selbstvertrauen beeinflusst unsere Leistung. Nicht zuletzt deshalb hat Jack Welch von GE immer wieder betont, dass der Aufbau von Selbstvertrauen bei anderen eine sehr wichtige Führungskompetenz ist.

Allerdings untergräbt fehlendes Selbstvertrauen auch unsere Fähigkeit, anderen zu vertrauen. Kardinal de Retz hat das so ausgedrückt: »Wer sich nicht selbst vertraut, kann auch keinem anderen wirklich vertrauen.«

Das Gute an all dem ist: Jedes Mal, wenn wir ein Versprechen halten oder ein wichtiges Ziel erreichen, werden wir ein bisschen glaubwürdiger. Je öfter wir das schaffen, desto mehr vertrauen wir uns selbst und desto größer ist das Vertrauen, das andere in uns haben.

Wie wichtig es ist, dass andere uns vertrauen können, zeigt eine Geschichte, die mein Vater vor einigen Jahren in einem Geschäft für Herrenmode in Kanada erlebt hat. Er wurde dort vom Filialleiter und einem jungen Auszubildenden bedient. Mein Vater überlegte, sich einen ziemlich teuren Mantel zu kaufen, war sich aber nicht sicher, weil er den Mantel bei seiner Rückkehr in die USA ja auch noch verzollen musste.

»Machen Sie sich deshalb keine Sorgen!«, sagte der Filialleiter und lächelte. »Ziehen Sie den Mantel einfach an, dann müssen Sie ihn nicht verzollen!«

»Wie bitte?«, fragte mein Vater entgeistert.

»Ziehen Sie den Mantel einfach an!«, wiederholte der Filialleiter. »Dann brauchen Sie keinen Zoll zu zahlen.«

Mein Vater rief: »Aber ich muss doch ein Formular ausfüllen! Ich muss angeben, was ich im Ausland gekauft habe.«

»Geben Sie den Mantel nicht an, tragen Sie ihn einfach, dann müssen Sie sich um den Zoll keine Sorgen machen!«, sagte der Filialleiter noch einmal.

Mein Vater schwieg einen Augenblick. Dann sagte er: »Wissen Sie, um den Zoll mache ich mir keine großen Sorgen, aber um den jungen Mann, den Sie hier ausbilden. Er lernt von Ihnen. Was wird er von Ihnen denken? Wird er Vertrauen dazu haben, dass Sie ihn gut ausbilden und sich an die Abmachungen, die Sie mit ihm treffen, halten?«

Kein Wunder, dass so viele Mitarbeiter ihren Führungskräften nicht vertrauen! Meist wird das Vertrauen in ein Unternehmen gar nicht durch die großen Skandale wie das unmoralische Verhalten bei Enron und WorldCom zerstört. Was die Glaubwürdigkeit viel mehr schwächt, sind die kleinen Dinge!

Die kleinen Dinge zählen. Zum Beispiel, wenn jemand mit seinem Chef sprechen will und seine Sekretärin sagt, er sei gerade in einer Besprechung, obwohl das nicht stimmt. Die kleinen Dinge sind das, was Ihren Mitarbeitern auffällt.

Frank VanderSloot, President und CEO von Melaleuca

Vergessen Sie nicht, dass Sie eine Menge für Ihre Glaubwürdigkeit tun können. Sie haben es in der Hand, Ihr Selbstvertrauen so zu steigern, dass es sich auf alle Bereiche Ihres Lebens und auch auf das Leben der anderen positiv auswirkt.

Wie glaubwürdig sind Sie?

Bevor ich mit meinen Klienten arbeite, mache ich oft eine kleine Übung: Ich gebe ihnen Bilder von den Leuten, mit denen sie zusammenarbeiten. Dann bitte ich sie, diese Leute schnell in zwei Stapel zu sortieren:

Stapel 1: »Ich tendiere dazu, dieser Person zu vertrauen!«

Stapel 2: »Ich tendiere dazu, dieser Person nicht zu vertrauen!«

Wenn jemand noch nicht lange in einem Unternehmen arbeitet, hat er noch eine dritte Möglichkeit: »Diese Person kenne ich noch nicht gut genug, um sagen zu können, ob ich ihr vertraue oder nicht.«

Es ist ungemein interessant, wie schnell die Leute ihre Entscheidungen treffen. Die meisten haben bei den verschiedenen Bildern sofort ein Gefühl des Vertrauens oder Misstrauens. Zudem ist es sehr auffällig, dass die Mitarbeiter meist denselben Personen vertrauen oder aber misstrauen.

Denken Sie jetzt bitte an die Menschen, die Sie kennen. Auf welchen Stapel würden Sie ihre Bilder ganz spontan legen? Warum würden Sie gerade diesen Stapel wählen?

Und – ganz wichtig: Auf welchen Stapel würden diese Leute Ihr Bild legen? Warum?

Am Anfang dieses Kapitels habe ich Ihnen erklärt, dass Glaubwürdigkeit auf vier Faktoren beruht. Damit Sie besser beurteilen können, wo Sie persönlich in diesen vier Bereichen stehen, haben wir einen Test entwickelt.

Natürlich ist diese Selbstanalyse nicht ganz einfach. Nur wenn Sie Ihr Innerstes ganz ehrlich erforschen, wird der Test Ihnen helfen, Ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit auf die Spur zu kommen. Aber allein die Tatsache, dass Sie alle Fragen wahrheitsgemäß beantworten, wird Ihr Selbstvertrauen steigern.

Lesen Sie die einzelnen Aussagenpaare aufmerksam durch und ziehen Sie einen Kreis um die Zahl, die am ehesten auf Sie zutrifft:

1 bedeutet, dass Sie sich mit der Aussage ganz links am meisten identifizieren können – 5 heißt, dass die rechte Aussage Sie am besten beschreibt.

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Haben Sie Ihre Punkte aus allen vier Teilen zusammengezählt? Gut! Dann sehen Sie sich jetzt bitte Ihr Testergebnis an.

Liegt Ihre Gesamtpunktzahl zwischen 90 und 100? Wunderbar! Dann ist Ihre persönliche Glaubwürdigkeit wirklich groß. Sie zeigen sowohl Charakter als auch Kompetenz. Bestimmt wissen Sie auch, was Ihnen im Leben wichtig ist, und richten Ihr Handeln danach aus. Das Wohlergehen anderer liegt Ihnen wirklich am Herzen. Zudem sind Sie sich Ihrer Talente und Fähigkeiten bewusst. Sie arbeiten kontinuierlich daran, Ihre Stärken auszubauen, und nutzen sie effektiv, um gute Ergebnisse zu erzielen. Daher strahlen Sie viel Zuversicht aus und die anderen neigen dazu, Ihnen zu vertrauen.

Liegt Ihre Gesamtpunktzahl zwischen 70 und 90? Dann könnten bei Ihnen kleinere Glaubwürdigkeitsmängel bestehen. Diese zeigen sich daran, dass es Ihnen etwas an Selbstvertrauen mangelt oder dass andere Ihnen nicht auf Anhieb ihr Vertrauen schenken.

Bei einer Gesamtpunktzahl von höchstens 70 haben Sie wohl ein größeres Glaubwürdigkeitsproblem. Deshalb würde ich Ihnen zu einer genauen Analyse der Bereiche raten, in denen Sie niedrigere Punktzahlen erreicht haben. Dann können Sie sich in Zukunft genau auf die Dinge konzentrieren, bei denen Sie noch Nachholbedarf haben.

Die 4 Grundlagen der Glaubwürdigkeit

Sicher haben Sie es längst bemerkt: Die vier Teile des Tests entsprechen den »4 Grundlagen der Glaubwürdigkeit«. Das sind die entscheidenden Punkte, die Sie glaubwürdig machen – für Sie selbst und für andere. Bei den beiden ersten Grundlagen geht es um den Charakter, bei den beiden anderen um die Kompetenz. Und alle vier sind für unser Selbstvertrauen unverzichtbar.

1. Grundlage: Integrität

Die 1. Grundlage ist Integrität. Integrität ist der Begriff, den die meisten von uns mit Vertrauen verbinden. Denn oftmals hängen massive Vertrauensbrüche mit Verletzungen der Integrität zusammen. Für viele bedeutet Integrität ganz einfach Ehrlichkeit. Integrität umfasst zwar auch Ehrlichkeit, ist aber weit mehr als das. Sie bedeutet, dass man kongruent ist – dass Übereinstimmung zwischen den Worten und dem Handeln besteht. Integer ist, wer den Mut hat, im Einklang mit seinen Werten und Überzeugungen zu handeln.

2. Grundlage: Absichten

Die 2. Glaubwürdigkeitsgrundlage sind die Absichten. Hier geht es um unsere Motive, unsere Agenden und das daraus resultierende Verhalten. Vertrauen wächst, wenn unsere Absichten ehrlich sind und auf dem festen Willen beruhen, allen Beteiligten Vorteile zu verschaffen. Wenn wir den Verdacht haben, dass jemand versteckte Absichten verfolgt und ihm unser Wohl nicht wichtig ist, betrachten wir alles, was er sagt und tut, argwöhnisch.

Den moralischen Schleichweg gibt es im wirtschaftlichen Bereich ebenso wenig wie im übrigen Leben. Im Wesentlichen lassen sich die Menschen in drei Gruppen unterteilen: die Erfolglosen, die zeitweilig Erfolgreichen und jene, die den Erfolg einmal errungen und nie wieder losgelassen haben. Der Unterschied liegt im Charakter begründet.

Jon Huntsman, Chairman, Huntsman Chemical

3. Grundlage: Fähigkeiten

Die 3. Grundlage umfasst alle Fähigkeiten, die Vertrauen wecken: unsere Talente, Einstellungen und Fertigkeiten, unser Wissen und unseren ganz persönlichen Stil. Das sind die Mittel, die wir nutzen, um Ergebnisse und Erfolge zu erzielen. Hierher gehört auch unsere Fähigkeit, Vertrauen aufzubauen, auszuweiten und wiederherzustellen. Wenn ein Hausarzt integer ist und gute Motive hat, aber nicht über das nötige Know-how für eine Gehirnoperation verfügt, fehlt es ihm auf diesem Gebiet dennoch an Glaubwürdigkeit.

4. Grundlage: Ergebnisse

Die 4. Grundlage sind unsere Ergebnisse. Hier dreht sich alles um das, was wir vorzuweisen haben. Wenn wir die Erwartungen der anderen nicht erfüllen, schadet das unserer Glaubwürdigkeit. Erzielen wir dagegen die Ergebnisse, die wir versprochen haben, dann wird uns unser Ruf bald vorauseilen, und das verschafft uns große Glaubwürdigkeit.

Vermutlich gilt unterschiedslos für alle Kulturen, dass eine gute Führungskraft Glaubwürdigkeit besitzen muss. Das ist etwas, das man sich selbst schafft … durch die Art, wie man mit sich selbst umgeht, und durch die Ergebnisse, die man vorweisen kann.

Dr. Victor K. Fung, Group Chairman, Li & Fung

Ich habe ja schon erwähnt, dass alle 4 Grundlagen der Glaubwürdigkeit unerlässlich sind – nicht nur für Sachverständige vor Gericht, sondern in allen Lebensbereichen. Stellen Sie sich doch einmal vor, dass jemand integer ist, gute Absichten hat und sogar hervorragende Ergebnisse vorweisen kann. Doch wenn er nicht die erforderlichen Fähigkeiten für eine bestimmte Aufgabe hat, werden Sie ihm diese nicht anvertrauen. Nehmen wir nun an, dass jemand integer ist und auch seine Fähigkeiten bereits durch ausgezeichnete Leistungen unter Beweis gestellt hat. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie und Ihr Wohlergehen ihm nicht wichtig sind, werden Sie ihm trotzdem nicht richtig vertrauen.

(Aus: Stephen M. R. Covey, Schnelligkeit durch Vertrauen – die unterschätzte ökonomische Macht, GABAL Verlag, Offenbach 2009)