Cover

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WARRIOR CATS
In die Wildnis (Band 1)
Feuer und Eis (Band 2)
Geheimnis des Waldes (Band 3)
Vor dem Sturm (Band 4)
Gefährliche Spuren (Band 5)
Stunde der Finsternis (Band 6)
WARRIOR CATS
Die Neue Prophezeiung
Mitternacht (Band 1)
Mondschein (Band 2)
Morgenröte (Band 3)
Sternenglanz (Band 4)
Dämmerung (Band 5)
Sonnenuntergang (Band 6)
WARRIOR CATS
Special Adventure
Feuersterns Mission
Das Schicksal des WolkenClans
WARRIOR CATS
Die Welt Der Clans
Das Gesetz der Krieger
Alle Abenteuer auch als Hörbücher bei
Beltz & Gelberg
www.warriorcats.de
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Besonderen Dank an Cherith Baldry
Hinter dem Namen Erin Hunter verbergen sich gleich mehrere Autorinnen. Während Victoria Holmes meistens die Ideen für die Geschichten hat und das gesamte Geschehen im Auge behält, bringen Cherith Baldry, Kate Cary und Tui Sutherland die Abenteuer der Katzen-Clans zu Papier. Ebenfalls aus der Feder dieses erfolgreichen Autorinnenteams stammt die BärenFantasyreihe SEEKERS.
www.beltz.de
© 2012 Beltz & Gelberg
in der Verlagsgruppe Beltz · Weinheim Basel
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
© 2010 Working Partners Limited
Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel
Warriors, Super Edition, Skyclan’s Destiny
bei HarperCollins Children’s Books, New York
Aus dem Englischen von Klaus Weimann
Lektorat: Susanne Härtel
Umschlaggestaltung/Artwork: Johannes Wiebel, punchdesign, München
E-Book: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza
ISBN 978-3-407-74349-7

DIE HIERARCHIE DER KATZEN

WOLKENCLAN
Anführerin
BLATTSTERN – braun und cremefarben gestreifte Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen
Zweiter
Anführer
SCHARFKRALLE – dunkelgoldbrauner Kater
Heilerin
ECHOKLANG – silbern gestreifte Kätzin mit grünen Augen
Krieger
(Kater und Kätzinnen ohne Junge)
FLICKENFUSS – schwarz-weißer Kater
BLÜTENDUFT – hellgraue Kätzin; Mentorin von SALBEIPFOTE
SPATZENSCHWEIF – dunkelbraun getigerter Kater
SPRINGSCHWEIF – schildpattfarbene Kätzin
WESPENBART – grau-weißer Kater; Mentor von MINZPFOTE
SPITZMAUSZAHN – schlanker, schwarzer Kater
PECHKRALLE – tiefschwarze Kätzin; Mentorin von TUPFENPFOTE
ZIEGENSTURM – golden-weißer Kater; Mentor von SCHNUPPERPFOTE
HERBSTMOND – weißer Kater
WEIßMOND – weißer Kater
ELSTERPELZ – schwarz-weißer Kater
KIESELSCHATTEN – schwarzer Kater
HOPPELFEUER – goldbrauner Kater
BIENENWOLKE – kleine, weiße Kätzin
Schüler
(über sechs Monde alt, in der Ausbildung zum Krieger)
SALBEIPFOTE – hellgrauer Kater
MINZPFOTE – grau getigerte Kätzin
SCHNUPPERPFOTE – schwarz-weißer Kater
TUPFENPFOTE – hellbraun gefleckte Kätzin mit gepunkteten Beinen
Königinnen
(Kätzinnen, die Junge erwarten oder aufziehen)
REHFARN – hellbraune Kätzin, Mutter von Hasen-, Bach-, Nessel- und Pflaumenjunges
KLEESCHWEIF – hellbraune Kätzin mit weißem Bauch und weißen Beinen
Älteste
(ehemalige Krieger und Königinnen, jetzt im Ruhestand)
FLECHTENPELZ – grau gefleckte Kätzin
RANKE – struppiger, gestreifter Einzelläufer
KATZEN AUSSERHALB DER CLANS
UND AUS DEM FERNEN ZWEIBEINERORT
 
LINUS – dunkelbraunes Hauskätzchen, ehemals als KLEINBART im WolkenClan
STOCK – langbeiniger, brauner Kater mit gelben Augen
CORA – schwarze Kätzin
KOHLE – schwarzer Kater
KLOPS – brauner Kater mit bernsteinfarbenen Augen und fehlender Schwanzspitze
SCHNEEBALL – weiße Kätzin
PAULE – dunkelgrau gestreifter Kater
RUBIN – dunkelrotbraune Kätzin
TRICKSER – dunkelbraun gestreifter Kater
KÄPTN – rotbraun-weißer Kater
OLE – grau-braun gestreifter Kater
MISCHA – cremefarbene Kätzin
ZWIEBEL – silbern-schwarze Kätzin
SAMT – silbernes Hauskätzchen
SCHNAUZE – cremefarbener Kater, früher Einzelläufer
ALTER WOLKENCLAN
 
SPINNENSTERN – dunkel gestreifter Kater (letzter Anführer des alten WolkenClans)
HONIGBLATT – rotbraune Kätzin (letzte Zweite Anführerin des alten WolkenClans)
REHAUGE – hellbraun getigerte Kätzin (Heilerin beim Verlassen des Waldes)
FARNHERZ – braun gestreifter Kater (letzter Heiler des alten WolkenClans)
WOLKENJÄGER – dunkelgrauer Kater mit hellblauen Augen (lebte in der Schlucht, bevor der neue WolkenClan gebildet wurde)
WOLKENSTERN – hellgrauer Kater mit weißen Flecken und sehr hellen blauen Augen
VOGELFLUG – hellbraun gestreifte Kätzin mit flauschigem Fell und bernsteinfarbenen Augen
FROSTKRALLE – weiße Kätzin
SCHWALBENFLUG – schwarzer Kater
ESCHENPELZ – junger, rotbrauner Kater
NACHTPELZ – schwarzer Ältester
MAUSEZAHN – sandfarbene Älteste
EICHELTRITT – grau getigerter Ältester

PROLOG

Die untergehende Sonne warf tiefe Schatten über die Schlucht. Eine kühle Brise kräuselte die Oberfläche des Flusses und wirbelte die letzten trockenen Blätter durch die Luft. Das einzige Geräusch war das Murmeln des Wassers, das aus einer schwarzen Öffnung im Fels trat und einen Teich bildete, bevor es in der Finsternis unterhalb der Klippen verschwand.
Ein dunkler, gestreifter Kater erschien am oberen Rand der Schlucht und zeichnete sich als Umriss vor dem Himmel ab. Er stand einen Augenblick still und prüfte die Luft. Die sterbende Sonne ergoss blutrotes Licht über sein Fell, berührte eine Stelle auf seiner Schulter, wo Pelzfetzen herausgerissen waren. Nach ein paar Herzschlägen gab der gestreifte Kater ein Zeichen mit dem Schwanz und begann den Abstieg auf einem schmalen Pfad, der im Zickzack über die Felswand hinabführte. Sieben weitere Katzen folgten ihm. Eine weiße Kätzin humpelte unbeholfen auf drei Beinen, das vierte nur noch ein Klumpen blutgetränkten Fells, den sie dicht an die Brust drückte. Ein langbeiniger, schwarzer Kater bewegte sich vorsichtig und nervös, ein Auge war geschlossen und von Blut verklebt. Ein junger, hellbrauner Kater lahmte, seine beiden Ohren waren zerfetzt. Nicht eine der Katzen war ohne Verletzung.
Als die acht Krieger unter Schmerzen den Pfad hinunter zum Rand des Wassers trotteten, tauchten aus einer Höhle etwas weiter die Schlucht hinab vier weitere Katzen auf. Die erste war ein junger, braun gestreifter Kater, der schnell zu den Felsbrocken hinübersprang. Seine Pfoten wühlten ängstlich im Sand, während er auf die Ankunft der Krieger wartete. Die drei anderen waren Älteste, die auf wackligen Beinen hinter ihm herstolperten.
»Nun, Spinnenstern?«, krächzte einer von ihnen, als die führende Katze den Fuß der Klippe erreichte; seine Schnauze war altersgrau und jede seiner Rippen war unter dem dünnen Fell zu sehen. »Was ist passiert? Habt ihr gesiegt?«
Der dunkel gestreifte Kater blieb einen Augenblick stehen, dann ging er auf die ältere Katze zu und berührte mit der Nase ihr Ohr. »Wonach sieht es denn aus, Nachtpelz?«, murmelte er als Antwort. »Farnherz«, fügte er, zu dem jungen, braun Gestreiften gewandt, hinzu. »Ich hoffe, dein Bau ist gut ausgestattet mit Kräutern. Wir werden sie brauchen.«
Bevor der Heiler antworten konnte, schob sich der langbeinige, schwarze Kater mit verächtlich gekräuselten Lippen neben seinen Clan-Anführer. »Natürlich haben wir nicht gewonnen. Diese Schlacht war schon verloren, bevor sie begonnen hatte.«
Eine rotbraune Kätzin, die beim Abstieg der verletzten Katzen das Ende gebildet hatte, sprang hinzu und funkelte den schwarzen Kater an. »Das kannst du nicht sagen, Schwalbenflug! Wir mussten kämpfen. Noch hat der WolkenClan seinen Stolz!«
Eine weiße Kätzin schüttelte traurig den Kopf. »Stolz worauf, Honigblatt? Wir können uns nicht mehr ernähren, weil die Ratten alle Beute vertrieben haben. Seit Monden sind keine Jungen geboren worden. Die einzigen Zeremonien, die wir jetzt noch haben, dienen dazu, unsere Clan-Kameraden zu unseren Ahnen zu senden.«
Die rotbraune Kätzin warf den Kopf herum, ihre grünen Augen verengten sich zu Schlitzen. »Hör mal zu, Frostkralle ...«
»Werden wir Zeremonien für Sonnenpelz und Schneefall abhalten?«, unterbrach sie der junge Krieger mit den zerfetzten Ohren und seine Stimme bebte vor Traurigkeit.
»Das werden wir, Eschenpelz.« Spinnenstern neigte den Kopf vor dem jungen Kater. »Ihr Geist ist jetzt frei, unter den Sternen zu wandeln.«
»Was?« Ein grau gestreifter Ältester erhob sich schwankend auf die Pfoten. »Sonnenpelz und Schneefall sind tot? Wo sind dann ihre Leichen? Wir müssen für sie die Totenwache halten und sie dann beerdigen.«
»Eicheltritt, wir mussten sie zurücklassen«, fauchte Schwalbenflug mit peitschendem Schwanz. »Wir waren zu sehr damit beschäftigt, die Flucht zu ergreifen. Daher konnten wir unsere gefallenen Clan-Kameraden nicht tragen.« Er wandte sich mit gesenktem Kopf ab, als wäre es zu viel für ihn, den Blicken der anderen ausgesetzt zu sein.
Frostkralle kam herbei, ließ sich ruhig neben ihm nieder und schob ihre Nase in das verfilzte Schulterfell des schwarzen Katers. »Schwalbenflug, wir konnten nichts mehr für sie tun. Keine Katze kann uns Vorwürfe machen.«
»Sie hat recht«, miaute Farnherz leise. »Unsere Clan-Kameraden jagen nun mit dem SternenClan. Sie werden das verstehen.«
Spinnenstern nickte, doch seine Augen waren dunkel vor Schmerz um den großen Verlust.
»Aber wenn ihr sie zurückgebracht hättet, könnten wir sie bestatten!«, widersprach Eicheltritt. »Wo bleibt die Ehre, wenn man sie zurücklässt und die Ratten an ihnen nagen? Sonnenpelz und Schneefall sollten niemals Krähenfraß werden!«
Mit mühseligen Pfotenschritten humpelte er den Pfad hinauf zum oberen Rand der Schlucht. Doch bevor er mehr als ein paar Fuchslängen gegangen war, schoss Spinnenstern an ihm vorbei und zwang den vor Kummer gebeugten Ältesten, stehen zu bleiben.
»Wir haben heute Nacht so viele Clan-Kameraden verloren«, miaute er. »Wir wollen für ihre Geister beten, während sie sich dem SternenClan anschließen.«
Schwalbenflug wandte sich mit aufgestellten Ohren an seinen Clan-Anführer. »Dem SternenClan? Glaubst du wirklich, sie wachen über uns?« Seine Schnurrhaare zuckten verächtlich. »Wenn sie sich um uns kümmern würden, hätten sie niemals zugelassen, dass die Ratten kommen.«
Honigblatt wirbelte zu ihren Clan-Kameraden herum. »Der SternenClan hat uns das Gesetz der Krieger gegeben und damit den Mut und die Geschicklichkeit, unsere Feinde zu schlagen. Der WolkenClan ist noch nicht besiegt!«
Auf ihre Worte folgte Schweigen. Erst nach mehreren Herzschlägen sprach Spinnenstern und seine Stimme war voller Trauer. »Honigblatt, du irrst. Wir sind besiegt. Ich bringe es nicht über mich, die Katzen meines Clans in noch eine Schlacht zu führen, sie in einer weiteren Blattleere verhungern zu sehen, in Angst vor jedem Geräusch, vor jedem sich bewegenden Blatt. Wir sind Beute geworden.« Er seufzte aus tiefster Brust. »Die Ratten haben gewonnen. Der WolkenClan existiert nicht mehr.«
Bei den Worten ihres Anführers erhob sich ein Aufschrei des Widerspruchs. Die dritte Älteste, eine sandfarbene Kätzin, hob sich mühsam auf die Pfoten, tappte zu ihm und sah ihm mit zuckenden Schnurrhaaren ins Gesicht.
»Das darf so nicht sein, Spinnenstern«, knurrte sie. »Ich war noch ein Junges, als wir im Wald lebten und die Zweibeiner unser Territorium gestohlen und die anderen uns gezwungen haben, wegzugehen. Einige Katzen haben geglaubt, der WolkenClan sei am Ende, aber wir haben ein neues Zuhause für uns gefunden – hier in der Schlucht. Wenn der Verlust unserer Heimat uns nicht besiegt hat, dann sollte diese Schlacht das auch nicht tun.«
»Mausezahn hat recht.« Eicheltritt stellte sich neben seine Clan-Kameradin. »Wir können nicht aufgeben.«
»Zeig uns diese Ratten und wir werden gegen sie kämpfen«, fügte Nachtpelz, ein anderer Ältester, hinzu.
»Ich habe den Wald selbst nicht gekannt, aber ich ehre eure Erinnerung an ihn.« Spinnenstern neigte respektvoll den Kopf vor den drei Alten. »Keine Katze zweifelt an eurem Mut, meine Freunde, aber es gibt nichts, das einer von uns tun könnte. Es sind einfach zu viele Ratten.«
»Dann muss es eine andere Lösung geben!«, brach es aus Honigblatt heraus. »Spinnenstern, ich habe versucht, eine gute, tapfere, getreue Zweite Anführerin zu sein, dir und dem WolkenClan. Ich habe mir die Pfoten abgearbeitet und ich habe mich vor keinem Kampf gefürchtet. Ich habe mich nicht so abgemüht, nur um unseren Clan sterben zu sehen!«
Spinnenstern beugte sich vor und berührte die Schulter der Kätzin mit der Schwanzspitze. »Du bist die beste Stellvertreterin gewesen, die sich eine Katze nur wünschen kann«, sagte er. »Und du hättest deinen Clan mit der gleichen Ehrenhaftigkeit und dem gleichen Mut geführt. Jede Katze weiß das.«
»Was meinst du mit ›hättest‹?« Honigblatt zog die Lippen zu einem Knurren zurück, ihr Nackenhaar sträubte sich. »Ich ...«
»Das ist alles ein Haufen Mäusedreck.« Nachtpelz unterbrach, was die Zweite Anführerin sagen wollte. »Wie sollen wir als Einzelläufer überleben, wenn wir es als Clan nicht können?«
Ein paar Herzschläge lang sagte keine Katze etwas. Sie wechselten bestürzte Blicke, als hätten die Worte des alten schwarzen Katers ihnen plötzlich klargemacht, dass sie einer Zukunft ohne die Unterstützung ihres Clans entgegensahen. Selbst Honigblatt lenkte ein, ihr Fell legte sich wieder, nur noch ihre Schwanzspitze zuckte.
»Ich ... ich habe hin und wieder Nahrung von Zweibeinern angenommen«, gestand Frostkralle, senkte den Kopf und leckte ihre verletzte Pfote. »Sie schmeckt gar nicht so schlecht, wenn man Hunger hat.«
»Was?« Honigblatt spitzte die Ohren. »Nahrung von Zweibeinern? Das ist ganz und gar gegen das Gesetz der Krieger!«
Frostkralle blinzelte sie schuldbewusst an und versuchte nicht, sich zu verteidigen.
Der junge rotbraune Kater Eschenpelz tappte zu ihr und drückte sich an ihre Flanke. »Na und?«, miaute er herausfordernd. »Ich habe auch Nahrung von Zweibeinern angenommen. Besser, als zu verhungern. Ich denke, sie würden uns in ihre Wohnhöhlen aufnehmen«, fügte er mit leicht bebender Stimme hinzu. »Wahrscheinlich haben sie Mitleid mit uns, wenn sie sehen, wie mager wir sind. Bei ihnen hätten wir eine Unterkunft und wären vor den Ratten sicher.«
Ein oder zwei andere Katzen nickten und murmelten zustimmend.
Honigblatt stakste in die Mitte der Gruppe und ließ einen eisig funkelnden Blick ihrer grünen Augen über sie wandern. »Hauskätzchen? Ihr wollt Hauskätzchen werden? WolkenClan-Krieger werden das niemals tun! Das wäre die allergrößte Schande!«
»Richtig!«, stimmte Schwalbenflug mit einem Peitschen des Schwanzes zu. »Ich würde lieber sterben als wegen Nahrung vor den Zweibeinern kriechen.«
Keine der Katzen konnte der Zweiten Anführerin in die vorwurfsvollen Augen blicken. Schließlich fragte Mausezahn ruhig: »Farnherz, hast du ein Zeichen vom SternenClan erhalten? Kann er uns raten, was wir tun sollen?«
Der junge Heiler trat mit gesenkten Augen vor. »Ich fühle von unseren Ahnen nur Trauer und Schuldgefühle«, gab er zu. »Schuldgefühle, weil sie uns den Wald genommen haben, und Trauer, weil der WolkenClan jetzt an sein Ende gelangt.«
»Was?« Eicheltritts Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Hat sogar der SternenClan uns aufgegeben? Ich kann mich gut erinnern, wie Wolkenstern uns aus dem Wald geführt hat.« Als keine Katze ihm widersprach, fuhr er fort: »Er hat gesagt, wir sollten niemals wieder zu unseren Kriegervorfahren aufblicken, und er hatte recht. Wir hätten nie auf den SternenClan hören sollen. Er hat nichts für uns getan!«
Inzwischen gab es fast kein Sonnenlicht mehr und langsam tauchten die Krieger des SternenClans am dunkler werdenden Himmel auf. Aber keine Katze in der Schlucht blickte hinauf zu dem frostigen Glitzern. Stattdessen kauerten sie zusammen am Fuß der Klippe, wo die Felsen ein wenig Sonnenwärme gespeichert hatten und sie vor dem kühlen Wind geschützt waren.
»Dann ist dies also das Ende«, miaute ein schwarz-weißer Kater. »Eschenpelz, zeigst du mir, wo ich Zweibeinerfutter bekommen kann?«
»Natürlich«, antwortete der rotbraune Kater. »Alle Katzen, die das wollen, können sich mir und Frostkralle anschließen.«
Eine graue Kätzin stand auf und ging zu ihm. »Ich komme auch mit. Bei den Zweibeinern wird es Nahrung und Wärme geben. Das Gesetz der Krieger kann uns nicht ernähren oder beherbergen. Das sind nur Worte.«
»Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal von einem WolkenClan-Krieger hören würde!«, fauchte Honigblatt entsetzt. »Das Gesetz der Krieger lebt in uns allen, immer wenn wir jagen und kämpfen und Dank für das Leben als Clan-Katze sagen.«
Die graue Kätzin wirbelte zu ihr herum: »Ich sage keinen Dank für dieses Leben! Es ist vorbei!«
Honigblatt fuhr die Krallen aus, und einen Herzschlag lang sah es so aus, als würden sich die beiden Kätzinnen mit ausgestreckten Krallen aufeinanderstürzen. Dann wandte sich die Zweite Anführerin des Clans ab.
»Also, ich werde mich nicht in ein maunzendes Hauskätzchen verwandeln«, bekräftigte sie, und ihr gesträubtes Fell zeigte, wie wütend sie war. »Wenn wir hier nicht bleiben können, gehe ich weiter hinauf in die Schlucht, weg von den Ratten. Vielleicht ist die Jagd dort besser.«
»Ich komme mit«, miaute Schwalbenflug. »Wir werden leichter überleben, wenn wir zusammen jagen.«
Die drei Ältesten saßen schweigend da, während die Krieger darüber redeten, wohin sie gehen würden. Schließlich hob Mausezahn den Kopf und blickte Spinnenstern in die kummervollen Augen. »Ich will hierbleiben«, stellte sie einfach fest. »Ich bin zu alt, um mir einen neuen Ort zu suchen. Ich gehöre hierher.«
»Ich auch«, murmelte Nachtpelz und leckte der alten Kätzin das Ohr. »Hierher kommen die Ratten nicht. Es gibt genügend Wasser und wir können immer mal wieder eine Maus oder einen Käfer fangen.«
»Es ist nicht so, als ob uns noch viel Zeit bliebe«, fügte Eicheltritt hinzu.
Wieder neigte Spinnenstern den Kopf. »Ich bleibe bei euch«, miaute er. »Ich werde dafür sorgen, dass jeder von euch ein würdiges Ende findet, um so für eure Treue zu danken.«
Nachtpelz nickte, und seine Augen zeigten unendliche Trauer und den tiefen Verlust, den Worte nicht beschreiben konnten.
»Ich bleibe auch«, fügte Farnherz hinzu. »Hier kann ich meine Fähigkeiten als Heiler am besten nutzen ... bevor ich kein Heiler mehr bin.«
Er erhob sich auf die Pfoten, blickte auf die Übriggebliebenen seines Clans und zog ihre Aufmerksamkeit auf sich, wie eine Königin die Jungen in den Schutz ihres Schwanzes sammelt. Dann schaute er hinauf zum Himmel und blickte, ohne zu blinzeln, in das kalte Licht seiner Kriegerahnen.
»Schneefall und Sonnenpelz, möge der SternenClan eure Wege erleuchten, wenn ihr am Himmel wandelt, um euch den SternenClan-Katzen anzuschließen«, miaute er. »Mögen euch gute Jagd beschieden sein, schnelles Laufen und ein Unterschlupf für die Nacht.«
Die Katzen um ihn herum murmelten ihre Zustimmung zu den Worten, die er für die gefallenen Krieger gesprochen hatte.
Spinnenstern seufzte tief. »Möge der SternenClan für uns alle einen Pfad erleuchten. Wir leben weiter, aber unser Clan ist gestorben.«
Keine Katze antwortete. Voller Angst und Verzweiflung leuchteten ihre Augen im Sternenlicht, als sie den Kater anstarrten, der ihr Anführer gewesen war. Überwältigt von der Scham über die Zerstörung des Clans, den er so viele Blattwechsel geführt hatte, wich Spinnenstern ihrem Blick aus.
Farnherz schwieg ein paar Herzschläge lang, dann schüttelte er sein Fell, als wäre er gerade aus eiskaltem Wasser gestiegen. »Kommt«, miaute er. »Es ist Zeit, dass ich mich um eure Verletzungen kümmere.«
Mit einer Bewegung des Schwanzes führte der junge Heiler seine verwundeten Clan-Kameraden zu seinem Bau, wo er die schlimmsten Blutungen mit Spinnweben stillte und Packungen aus Ringelblume gegen Entzündungen machte. Für Honigblatt und die anderen Katzen, die aufbrechen wollten, um die Schlucht weiter oben zu erkunden, stellte er Bündel aus Reisekräutern zusammen.
»Möge der SternenClan mit euch wandeln«, miaute er.
Honigblatt stürzte davon, ohne zu antworten. Farnherz folgte ihr aus dem Bau hinaus und setzte sich neben Spinnenstern. Mit tieftraurigem Blick beobachtete er, wie sich sein Clan zum letzten Mal trennte. Der Mond war hinter einem Wolkenfetzen hervorgeglitten und goss frostiges Licht über die Felsen und den Fluss. Die dunklen Umrisse der scheidenden Katzen zogen den Pfad hinauf zum oberen Rand der Schlucht, wo sie aus dem Blickfeld verschwanden. Nur Spinnenstern, Farnherz und die drei Ältesten blieben zurück.
»Wir wollen unsere Nester in den Bau der Ältesten bringen«, schlug der Heiler Spinnenstern leise vor. »So können wir uns um sie kümmern, bis sie uns nicht mehr brauchen.«
Der Anführer nickte und schaute sich in der leeren Schlucht um. Noch war sie so erfüllt von den Leben vieler Katzen, war so voller Erinnerungen, die wie Schatten an jedem Felsen und jeder Felsspalte hingen.
»Ich frage mich ...« Er seufzte. »Wird hier jemals wieder ein Clan leben?«
»Ich glaube daran. Eines Tages werden Katzen hierher zurückkehren und einen Weg finden, erfolgreich zu sein, wo wir versagt haben.« Ein tiefes Echo klang in Farnherz’ Stimme mit, eine Kraft, die vom Stolz und Mut und der unverrückbaren Treue zum Gesetz der Krieger stammte. »Das ist die Blattleere unseres Clans. Doch die neue Blattfrische wird kommen, aber sie wird noch größere Stürme mit sich bringen als die vergangenen. Der WolkenClan wird tiefere Wurzeln brauchen, wenn er überleben soll.«

1. KAPITEL

Wasserfluten donnerten die Schlucht hinab, jagten eine Wand abgerissener Blätter, entwurzelter Bäume und Büsche vor sich her, als wären es die dünnsten Zweige. Blattstern stand am Eingang ihres Baus und beobachtete entsetzt, wie die Strömung zwischen den Felsbrocken schäumend wirbelte und immer höher stieg. Auf die Wasseroberfläche peitschte Regen aus prallen, schwarzen Wolken.
Wasser floss gurgelnd in Echoklangs Bau. Obwohl die Anführerin des WolkenClans angestrengt durch die stürmische Dunkelheit blickte, konnte sie nicht erkennen, was mit der Heilerin passiert war. Der Schrei einer Katze schnitt durch das Tosen des Wassers, und Blattstern entdeckte zwei Älteste, die sich verzweifelt abkämpften und doch aus ihrem Bau geschwemmt wurden. Die beiden alten Katzen strampelten einen Herzschlag lang an der Oberfläche, dann verschwanden sie.
Springschweif und Flickenfuß kamen mit Frischbeute im Maul den Pfad herab. Erschrocken blieben sie beim Anblick der Flut stehen, dann wirbelten sie herum und flohen zurück die Felswand hinauf, doch hinter ihnen stieg das Wasser blitzschnell an und riss die jaulenden Krieger mit sich. Blattstern verlor sie aus den Augen, als sich ein riesiger Baum, die Wurzeln wie Krallen hoch in die Luft gestreckt, zwischen sie und die ertrinkenden Katzen rollte.
Großer SternenClan, hilf uns!, betete Blattstern. Rette meinen Clan!
Schon leckte die Flut am Eingang der Kinderstube. Ein Junges streckte die Nase heraus und verschwand wieder mit einem ängstlichen Wimmern. Blattstern spannte die Muskeln an, bereit, über die Felsen zu springen und zu helfen, aber bevor sie eine Bewegung machen konnte, leckte eine Woge, höher als die anderen, um sie herum, packte sie und warf sie in den Fluss neben die zerschmetterten Bäume.
Sie kämpfte und wand sich gegen das mörderische Wasser, schnappte nach Luft und hustete, als etwas Spitzes sie ins offene Maul stach. Sie öffnete die Augen und spuckte einen getrockneten Farnwedel aus. Ihr Nestmaterial war im Bau herum verteilt, und sie sah tiefe Krallenspuren im Boden, wo sie mit der unsichtbaren Woge gerungen hatte. Sie schnippte ein Fetzchen Moos weg, das ihr an einem Ohr hing, und setzte sich keuchend auf.
Dem SternenClan sei Dank, es war nur ein Traum!
Die Anführerin des WolkenClans blieb liegen, bis ihr Herzschlag sich beruhigt und sie aufgehört hatte zu zittern. Die Flut war so wirklich gewesen, hatte ihre Clan-Kameraden vor ihren Augen davongeschwemmt ...
Schräges Sonnenlicht fiel durch den Eingang zu ihr herein. Mit einem langen Seufzer der Erleichterung erhob sich Blattstern auf die Pfoten und trottete hinaus auf den Sims vor ihrem Bau. Unten wand sich der Fluss friedlich zwischen den steilen Klippen, welche die Schlucht einschlossen. Sonnenhoch nahte, Licht glitzerte auf dem Wasser und sickerte in Blattsterns braun-cremefarbenes Fell. Sie entspannte die Schultern, genoss die Wärme und das Gefühl der sanften Brise, die ihr Fell aufwühlte.
»Es ist nur ein Traum gewesen«, wiederholte sie für sich. Sie spitzte die Ohren und horchte auf das Zwitschern der Vögel in den Bäumen oben an der Schlucht. »Es ist Blattfrische und der WolkenClan hat überlebt.«
Wärmende Zufriedenheit durchströmte sie, als sie daran dachte, dass sie noch vor ein paar kurzen Monden lediglich eine Einzelläuferin namens Blatt gewesen war, für keine Katze verantwortlich außer für sich selbst. Dann war Feuerstern erschienen, ein Clan-Anführer aus einem entfernten Wald, mit einer erstaunlichen Geschichte von einem verlorenen Clan, der einst hier in der Schlucht heimisch gewesen war. Feuerstern hatte Einzelläufer und Hauskätzchen versammelt, um den WolkenClan zu neuem Leben zu erwecken. Und was das Erstaunlichste war: Blatt war auserwählt worden, seine Anführerin zu sein.
»Ich werde nie die Nacht vergessen, als die Geister meiner Vorfahren mir neun Leben verliehen und mich zu Blattstern gemacht haben«, murmelte sie. »Meine ganze Welt hat sich verändert. Ich frage mich, ob du noch an uns denkst, Feuerstern«, fuhr sie fort. »Ich hoffe, du weißt, dass ich das Versprechen gehalten habe, das ich dir und meinen Clan-Kameraden gegeben habe.«
Schrilles Miauen von unten brachte die Kätzin zurück in die Gegenwart. Der Clan versammelte sich langsam neben dem Großen Felshaufen, wo der Fluss aus dem Untergrund ans Tageslicht trat. Spitzmauszahn, Spatzenschweif und Springschweif hatten sich dort hingekauert und aßen nicht weit vom Frischbeutehaufen. Spitzmauszahn verschlang seine Maus hastig und warf dabei misstrauische Blicke auf die beiden jüngeren Krieger. Blattstern dachte daran, wie eine Grenzpatrouille den schwarzen Kater vor zwei Monden erwischt hatte, als er ängstlich und halb verhungert den Clan beobachtete. Sie hatten ihn überredet, in den Kriegerbau einzuziehen, aber er fand es immer noch schwierig, sich ins Clan-Leben einzufinden.
Ich muss etwas tun, damit er versteht, dass er jetzt unter Freunden ist, beschloss Blattstern. Er ist ängstlicher als eine in die Enge getriebene Maus.
Die beiden Clan-Ältesten, Flechtenpelz und Ranke, gaben sich die Zungen auf einem flachen, sonnenwarmen Felsen. Sie wirkten zufrieden. Ranke war ein übellauniger, alter Streuner, der ab und zu in der Schlucht blieb, um zu essen, bevor er wieder in seinem Bau im Wald verschwand, aber er schien sich gut mit Flechtenpelz zu verstehen. Blattstern hoffte, die Kätzin würde ihn überreden können, dauerhaft im Lager zu bleiben.
Flechtenpelz hatte allein in den Wäldern weiter oben in der Schlucht gelebt. Sie hatte vom Clan gewusst, sich aber von ihm ferngehalten. Beinahe wäre sie gestorben, als sie in einer Fuchsfalle gefangen war, aber eine Patrouille hatte sie gefunden und zur Gesundung ins Lager gebracht. Danach hatte sie gern ihr Leben als Einzelläuferin aufgegeben. »Sie verfügt über Wissen, das sie dem Clan beibringen kann«, miaute Blattstern leise zu sich selbst. »Jeder Clan braucht seine Ältesten.«
Das laute Quieken, das sie nun hörte, kam von Hoppelpfote, Bienenpfote und Kieselpfote, die sich mit vor Aufregung gesträubtem Fell im Kreis herumjagten. Während Blattstern ihnen zuschaute, lief ihre Mutter Kleeschweif zu ihnen hinüber und ihre Schnurrhaare zuckten ängstlich. Blattstern konnte nicht hören, was sie sagte, jedoch hielten die Schüler inne. Kleeschweif rief Bienenpfote mit einem Zucken des Schwanzes zu sich heran und begann, hektisch ihr Gesicht zu waschen. Blattstern schnurrte belustigt, als die weiße Kätzin sich unter der rauen Zunge ihrer Mutter hin und her wand, während Kleeschweifs Augen vor Stolz leuchteten.
Plötzlich prasselten Steinchen neben Blattstern herab und sie zuckte zusammen. Sie blickte hoch und sah, dass Flickenfuß mit einem Eichhörnchen fest im Maul den felsigen Pfad he-
rablief. Wespenbart folgte ihm und Minzpfote, seine Schülerin, einen Pfotenschritt dahinter, beide trugen Mäuse. Blattstern nickte der Jagdpatrouille anerkennend zu. Beute wurde mit dem warmen Wetter reichhaltiger und der Frischbeutehaufen wuchs an. Sie rief die Erinnerung zurück, wie Wespenbart sich während des ersten Schneefalls der Blattleere dem Clan angeschlossen hatte: ein verlorenes Hauskätzchen, das vor Kälte und Hunger wimmernd die Schlucht entlangstolperte. Nun war der grau-weiße Kater einer der geschicktesten Jäger des Clans mit einer Schülerin. Er hatte sogar eigene Junge mit einer anderen ehemaligen Streunerin namens Rehfarn.
Der Clan wächst.
Als Wespenbart vorbeitrottete, hopsten seine vier Jungen aus der Kinderstube und folgten quiekend ihrem Vater. Rehfarn tauchte auf und lief hinter ihnen vorsichtig den Pfad hinab. Noch immer fühlte sie sich nicht richtig wohl mit der steilen Felswand und den spitzen Felsbrocken, die das Lager des WolkenClans umgaben.
»Passt auf!«, rief sie. »Dass ihr nicht fallt!«
Die Jungen hatten bereits den Grund der Schlucht erreicht, wuselten zwischen den Pfoten ihres Vaters herum, schlugen sich gegenseitig auf die Köpfe und balgten sich gefährlich nahe an dem kleinen Wasserbecken, das der Fluss hier bildete. Wespenbart schob den hellbraunen kleinen Kater Nesseljunges sanft weg von dessen Rand. Doch sowie sich ihr Vater abgewandt hatte, um seinen Fang auf dem Frischbeutehaufen abzulegen, sprang Nesseljunges Schwester Pflaumenjunges auf den Rücken ihres Bruders. Nesseljunges schlug nach ihr, als machte er einen Kampfzug nach, den er beim Training der Schüler gesehen hatte. Pflaumenjunges kippte um, Nesseljunges verlor sein Gleichgewicht und stürzte in den Fluss.
»Nesseljunges!«, schrie Rehfarn auf.
Blattstern unterdrückte ein Keuchen, sprang auf die Pfoten, aber sie war zu weit entfernt, um etwas unternehmen zu können. Rehfarn hüpfte rasch von einem Felsbrocken zum anderen, aber Wespenbart war schneller und sprang hinter seinem Jungen ins Wasser. Für ein paar Herzschläge verlor Blattstern sie aus dem Blick. Sie beobachtete die anderen Clan-Katzen, die sich am Flussufer drängten alle außer Spitzmauszahn, der am Ufer auf und ab lief und entsetzt mit dem Schwanz peitschte. Blattstern schnurrte erleichtert, als sie
sah, wie Wespenbart sich aus dem Fluss zog und Nesseljunges fest im Maul hielt. Der winzige Kater strampelte mit den Pfoten, bis sein Vater ihn auf dem Felsen ablegte. Dort schüttelte er sich, wobei er jede Katze mit funkelnden Tropfen bespritzte. Rehfarn stürzte sich auf ihn und begann sein Fell zu lecken, aber Nesseljunges drehte sich weg und warf sich sofort auf Pflaumenjunges.
»Ich werde dich lehren, mich in den Fluss zu schubsen!«, quiekte er.
»Ich habe dich nicht geschubst! Du bist reingefallen!«, kreischte Pflaumenjunges zurück. Sie kauerte sich nieder, sprang hoch und traf mitten in der Luft mit ihrem Bruder zusammen. Die Jungen rauften heftig miteinander, während ihre Eltern sie frustriert zu trennen versuchten.
Beim Geräusch von Pfotenschritten, die sich von weiter unten in der Schlucht näherten, schaute Blattstern über die Schulter und sah Echoklang mit einem Büschel Kräuter im Maul. Das Fell der jungen Heilerin leuchtete im Sonnenlicht, und Blattstern dachte daran, dass sie vor noch nicht langer Zeit ein Hauskätzchen gewesen war. Doch jetzt lief sie selbstbewusst über den steinigen Grund, ihre Ballen waren durch den Aufenthalt in der Schlucht härter geworden und sie besaß die schlanke, muskulöse Kraft einer Clan-Katze.
Echoklang blickte hinauf zu ihrer Clan-Anführerin. »Sei gegrüßt, Blattstern!«, rief sie mit einer Stimme, die dumpf durch die Kräuter in ihrem Maul klang.
»Sei gegrüßt!«, miaute Blattstern zurück. »Wir werden bald mit der Kriegerzeremonie beginnen.«
Echoklang zeigte mit einem Schwanzwedeln, dass sie verstanden hatte, und verschwand in ihrem Bau am Fuß der Klippe, um die Kräuter zu ihrem Vorrat zu legen.
»Bist du bereit?«
Blattstern zuckte zusammen, als an ihrer Schulter eine Stimme ertönte. Es war ihr Zweiter Anführer, den sie mit seinem geräuschlosen Gang nicht hatte kommen hören. »Oh, du bist’s«, miaute sie. »Ich bin vor Schreck fast aus dem Fell gesprungen. Dich so an mich anzuschleichen!«
Der dunkelgoldbraune Kater kniff belustigt die Augen zusammen. »Du springst wegen nichts erschrocken aus dem Fell, Blattstern.« Mit einem Blick zum Himmel fügte er hinzu: »Es ist Sonnenhoch. Wann beginnst du mit der Zeremonie?«
»Ich warte nur noch auf die anderen«, erklärte Blattstern.
Scharfkralles belustigter Blick verschwand. »Du solltest ohne sie anfangen«, miaute er ungeduldig.
Blattstern zuckte erstaunt mit einem Ohr.
»Wir wissen nie, wann sie auftauchen«, verteidigte er sich. »Und da unten sind drei junge Katzen, die vor Aufregung fast platzen.«
Blattstern schaute wieder zum Großen Felshaufen und sah, dass er recht hatte. Hoppelpfote und Kieselpfote umkreisten sich gegenseitig, als wollten sie gleich ein Kampftraining beginnen, während Bienenpfote auf der Stelle auf und ab hüpfte, zu aufgeregt, um still zu sitzen. Ihr schrilles Miauen trieb hinauf zu Blattstern.
»Also gut.« Die Anführerin senkte den Kopf. »Dann fangen wir jetzt an.«
Mit einem letzten Blick zum oberen Rand der Schlucht ging sie den Pfad hinab zum Großen Felshaufen. Als sie und Scharfkralle sich näherten, traten ihre Clan-Kameraden zur Seite, um sie durchzulassen. Blattstern spannte die Muskeln an und sprang zum obersten Felsbrocken, während Scharfkralle sich nicht weit vom Frischbeutehaufen am Fuß der aufgetürmten Felsen niederließ. Von oben schaute Blattstern auf die breiten Schultern ihres Stellvertreters hinab und empfand plötzliche Dankbarkeit für seinen Mut und seine Treue.
Er ist ein guter Zweiter Anführer. Feuerstern hat mich bestens beraten.
Blattstern hob den Kopf und ließ ihren Ruf durch die ganze Schlucht widerhallen. »Alle Katzen, die alt genug sind, Beute zu machen, fordere ich auf, sich hier am Großen Felshaufen zu einem Clan-Treffen zu versammeln!«
Salbeipfote kam aus dem Schülerbau geschossen und preschte den Pfad herab zu seiner Schwester Minzpfote am Fuß des Großen Felshaufens. Sie setzten sich mit zuckenden Schwänzen nicht weit von Scharfkralle und Wespenbart hin. Salbeipfotes Mentorin Blütenduft kam aus dem Kriegerbau herab und ließ sich neben ihrem Schüler nieder. Flickenfuß hockte schon neben Kleeschweif, die mit seinen Jungen trächtig war. Die Kätzin lehnte sich zu ihm hinüber und berührte sein Ohr mit der Nase, aber ihre Aufmerksamkeit blieb auf die drei Schüler gerichtet.
Blattstern unterdrückte ein Seufzen beim Anblick von Spitzmauszahn, der zur Seite rückte, als die anderen Krieger sich ihm näherten. Er blickte sich nervös um, als wäre die Schlucht voller Feinde, dann huschte er weg, bis er fast am Flussufer saß, von wo er ängstliche Blicke um sich warf.
Er hat drei Monde lang im Kriegerbau gelebt, dachte Blattstern und kratzte mit ihren Krallen verärgert über den Fels. Weiß er denn immer noch nicht, dass keine Katze ihm den Schwanz abbeißen will?
Sie fragte sich nicht zum ersten Mal –, was Spitzmauszahn in der Vergangenheit wohl erlebt haben musste, dass er so verstört war, aber sie hatte jetzt nicht die Zeit, sich weiter Sorgen um ihn zu machen. Der schwarze Kater würde sich ihr anvertrauen, wenn er dazu bereit wäre, aber nun musste sie eine Kriegerzeremonie durchführen. Sie schaute sich um und sah, dass fast der ganze Clan versammelt war. Kurz fragte sie sich, was Echoklang aufgehalten hatte, aber im selben Herzschlag trat die junge Heilerin aus ihrem Bau und der süße Duft von Kräutern stieg von ihrem Fell auf. Sie setzte sich neben Blütenduft und blickte erwartungsvoll zum Großen Felshaufen empor.
»Katzen des WolkenClans«, begann Blattstern, »wir treffen uns heute für eine der wichtigsten Zeremonien im Leben eines Clans: die Ernennung von neuen Kriegern. Hoppelpfote, Bienenpfote, Kieselpfote.« Dann fuhr sie mit einem Schwanzwedeln fort: »Kommt und stellt euch unter dem Großen Felshaufen auf.«
Die drei jungen Katzen erhoben sich auf die Pfoten und traten vor, ihre Augen leuchteten und die Schnurrhaare zuckten vor freudiger Erwartung. Kleeschweif leckte Kieselpfote noch ein letztes Mal, als er an ihr vorüberging, und doch
stand noch immer ein Büschel schwarzen Fells von seinem Kopf ab. Eines von Hoppelpfotes Ohren war zurückgeklappt, bis seine Schwester Bienenpfote es rasch mit dem Schwanz anschnippte und in die richtige Stellung brachte.
Ihre drei Mentoren erhoben sich ebenfalls und standen ein paar Schwanzlängen entfernt zusammen. Blattstern schaute auf sie alle hinab und die Feierlichkeit des Augenblicks strömte über sie hinweg wie eine Woge. Sie wusste, selbst wenn sie ihren Clan noch viele Blattwechsel weiter anführte, würde sie immer von Staunen erfüllt sein, dass sie dem SternenClan neue Katzen präsentieren durfte. Dazu kam, dass diese drei Katzen etwas Besonderes waren. Sie waren die ersten Krieger des WolkenClans, die in der Schlucht die Welt erblickt hatten.
»Flickenfuß«, begann Blattstern, »hat dein Schüler Hoppelpfote die Fertigkeiten eines Kriegers erworben? Hat er sich mit dem Gesetz der Krieger beschäftigt und verstanden, was es für jede Katze bedeutet?«
Der schwarz-weiße Kater blickte stolz auf seinen Schüler und antwortete: »Ja, Blattstern.«
»Und Kieselpfote ebenso«, ergänzte Springschweif.
Blattstern neigte zustimmend den Kopf. Sie wünschte, Springschweif hätte gewartet, bis sie befragt worden wäre, aber Kieselpfotes Mentorin wirkte fast ebenso aufgeregt wie ihr Schüler, und es brachte jetzt nichts, sie zu ermahnen.
»Spatzenschweif«, fuhr die Anführerin fort, »bist du davon überzeugt, dass deine Schülerin Bienenpfote die Fertigkeiten eines Kriegers erlernt und die Bedeutung des Gesetzes der Krieger verstanden hat?«
»Ja, Blattstern«, erwiderte Spatzenschweif. »Sie ist bereit, eine Kriegerin zu werden.«
Mit zufriedenem Schnurren sprang Blattstern vom Großen Felshaufen herab und stellte sich vor die drei jungen Katzen. Deren Augen wurden noch größer, als ihre Anführerin den Kopf hob und sich an den SternenClan wandte.
»Ich, Blattstern, Anführerin des WolkenClans, rufe meine Kriegerahnen an und bitte sie, auf diese Schüler herabzublicken. Sie haben hart gearbeitet, um eure edlen Gesetze zu erlernen. Der SternenClan möge sie als Krieger willkommen heißen.«
Ein Schauder rann durch Blattstern bei der Erinnerung an die Reihen von Sternenkatzen, die sie umringt hatten, als sie ihre neun Leben und ihren Namen erhielt. Sehen sie mir jetzt zu? Werden sie diese jungen Krieger beschützen, bis ihre Zeit gekommen ist, unter den Sternen zu wandeln?
Blattstern fragte Hoppelpfote, Bienenpfote und Kieselpfote: »Versprecht ihr, das Gesetz der Krieger zu achten, den Clan zu schützen und zu verteidigen, selbst wenn es euer Leben kostet?«
Hoppelpfote holte tief Luft und antwortete: »Ich verspreche es.«
»Ich verspreche es.« Kieselpfotes Stimme tönte laut.
Bienenpfote blinzelte. Ihre Augen waren tiefe, blaue Teiche und auch sie antwortete: »Ich verspreche es.«
»Dann gebe ich euch mit der Kraft des SternenClans eure Kriegernamen. Hoppelpfote, von diesem Augenblick an wirst du Hoppelfeuer heißen. Der SternenClan ehrt deine Kraft und deine Treue und wir heißen dich als vollwertigen Krieger des WolkenClans willkommen.«
Blattstern legte die Schnauze auf Hoppelfeuers Kopf und der junge hellbraune Krieger leckte ihr die Schulter. Dann machte er ein paar Schritte zurück und stellte sich zu den anderen Kriegern.
»Kieselpfote«, fuhr Blattstern fort, »von diesem Augenblick an wirst du Kieselschatten heißen. Der SternenClan ehrt deinen Mut und deine Kraft und wir heißen dich als vollwertigen Krieger des WolkenClans willkommen.«
Der schwarze Kater schloss kurz die Augen, als Blattstern die Schnauze auf seinen Kopf legte, dann leckte er ihr voller Ehrfurcht die Schulter, zog sich zurück und stellte sich neben seinen Bruder.
Bienenpfote stand nun allein vor ihrer Clan-Anführerin und Blattstern konnte sehen, dass die kleine weiße Kätzin vor freudiger Erwartung bebte.
»Bienenpfote«, miaute sie, »von diesem Augenblick an wirst du Bienenwolke heißen. Der SternenClan ehrt deine Klugheit und deine Begeisterung und wir heißen dich als vollwertige Kriegerin des WolkenClans willkommen.« Sie legte die Schnauze auf Bienenwolkes Kopf und spürte das Lecken der rauen Zunge, bevor sich die junge Kriegerin zu ihren Geschwistern gesellte.
»Hoppelfeuer! Kieselschatten! Bienenwolke!« Der ganze Clan erhob die Stimme, um die drei neuen Krieger willkommen zu heißen. Blattstern betrachtete stolz, wie sich ihre Clan-Kameraden um die drei drängten und ihnen gratulierten.
»Bienenwolke!« Die Stimme der weißen Kätzin erhob sich verärgert über die anderen. »Ich bin nicht mehr so klein wie eine Biene. Ich hatte gedacht, ich bin jetzt groß genug, um einen anderen Namen zu bekommen.«
Die Katzen um sie herum murmelten belustigt. Kleeschweif trottete zu ihr und leckte ihr tröstend das Ohr. »Für mich wirst du immer ein Bienchen sein«, schnurrte sie.
Blattstern sah, dass die kleine, weiße Katze noch nicht zufrieden war. Hoppelfeuer und Kieselschatten schienen beide froh zu sein über ihre neuen Namen, aber die Augen ihrer Schwester blickten verletzt.
Die Clan-Anführerin glitt durch die Menge der Katzen, bis sie vor Bienenwolke stand. »Dein Name enthält zwar ein kleines Tier, aber deine Seele ist nicht klein«, murmelte sie. »Eines Tages wird der Name Bienenwolke von deinen und allen zukünftigen Clan-Kameraden geehrt werden.«
Bienenwolke starrte sie hoffnungsvoll an. »Glaubst du das wirklich?«
Blattstern nickte. »Es liegt an dir, große Taten zu vollbringen, an die sich jede Katze für immer erinnern wird. Dein Name hat nichts mit dem zu tun, was du zu tun entscheidest.«
»Ich werde mein Bestes geben, eine große Kriegerin zu sein«, versprach sie ernst.
Blattstern berührte Bienenwolkes Schulter mit ihrer Schnauze. »Das weiß ich.«
Während sie noch sprach, drängten sich Wespenbarts vier Junge vorbei und stellten sich vor ihre Mutter Rehfarn.
»Wir wollen auch Schüler sein!«, verkündete Nesseljunges.
Rehfarn streichelte ihn sanft mit dem Schwanz. »Eines Tages werdet ihr das«, versprach sie. »Aber jetzt noch nicht. Ihr seid zu klein.«
»Nein, sind wir nicht!« Nesseljunges’ Schwester Pflaumenjunges drängte sich vor ihre Mutter. »Wir sind schon drei ganze Monde alt!«
»Aber um Schüler zu werden, müsst ihr sechs Monde alt sein«, erinnerte sie ihre Mutter.
Pflaumenjunges schaute sie bestürzt an.
»Aber das dauert ja noch ewig!«, jammerte ihr Bruder Hasenjunges. »Wir wollen nicht so lange warten!«
»Genau!«, bestärkte ihn Bachjunges, das vierte. »Wir wollen jetzt gleich lernen, wie man Krieger wird!«
Rehfarn blickte über die Köpfe ihrer Jungen zu Blattstern hinüber. Ihre Augen waren teils belustigt, teils ratlos. »Was soll ich mit ihnen machen?«, fragte sie.
Blattstern zuckte mit den Schnurrhaaren. »Sie werden noch früh genug zu Schülern ernannt«, miaute sie. »Dann müssen ihre Mentoren mit ihnen fertig werden.«
Rehfarn seufzte tief auf. »Ich kann es kaum erwarten!« Aber Blattstern sah, dass ihr Blick voller Liebe war, als sie den herumtollenden Jungen zuschaute.
Nesseljunges reckte den Hals. »Pflaumenjunges hat mich in den Fluss geschubst!«, beklagte er sich. »Ich bin ganz nass gewesen bei der Zeremonie.«
»Habe ich nicht!«, wehrte sich Pflaumenjunges. »Du hast angegeben und bist reingefallen.«
»Das reicht«, miaute Rehfarn scharf. »Nesseljunges, Pflaumenjunges, ich möchte von euch beiden keinen Laut mehr hören.«
Pflaumenjunges funkelte ihren Bruder an. »Kleeschweif, er sagt, ich habe ihn gestoßen!«, beklagte sie sich bei der hellbraunen Kätzin. »Aber das habe ich nicht! Er hat nur angegeben. Er sollte wissen, dass er diesen Kampfzug noch nicht kann.«
»Ich weiß.« Kleeschweif neigte den Kopf, um das Ohr des dunkelgrauen Jungen zu lecken. »Unfälle geschehen nun mal. Und es ist ja nichts passiert. Deinem Bruder geht es gut.«
Blattstern war beeindruckt von Kleeschweifs besänftigenden Worten. Sie dachte daran, wie die Kätzin gewesen war, als sie sich dem Clan angeschlossen hatte faul, verwöhnt und selbstsüchtig und am Leben des Clans nur interessiert wegen des Schutzes, den er ihr und ihren Jungen bot. Aber seitdem war sie wie eine Mutter für alle Katzen geworden, war immer bereit mit Trost und Rat. Sie würde nie eine großartige Jägerin oder Kämpferin sein, aber sie hielt die Kinderstube sauber und ordentlich.
Und ich weiß nicht, wie Rehfarn ohne Kleeschweif zurechtkäme, die sich um diesen wilden Haufen kümmert!
»Kommt«, forderte die Königin die vier Jungen auf und sammelte sie mit dem Schwanz ein. »Wir wollen zurück in die Kinderstube, und ich erzähle euch alles über die Zeit, als Feuerstern in die Schlucht gekommen ist.«
»Ja!«, rief Bachjunges mit glänzenden Augen. »Das ist die allerbeste Geschichte!«
Kleeschweif und die Jungen gingen den Pfad hinauf und Blattstern blickte stolz auf ihren Clan. Scharfkralle saß auf einem Sonnenfleck und pflegte sein dunkelgoldenes Fell mit langen, glatten Bewegungen der Zunge. Die drei neuen Krieger standen in einem aufgeregten Haufen zusammen, während ihre bisherigen Mentoren sich Stücke vom Frischbeutehaufen aussuchten und sich zum Essen niederließen.
Blütenduft wedelte mit dem Schwanz zu Wespenbart. »Komm, wir wollen unseren Schülern etwas Kampfpraxis geben.«
»O gut!«, rief Salbeipfote und preschte die Schlucht hinauf. Seine Schwester Minzpfote sauste in einem Staubwirbel hinter ihm her, langsamer folgten ihnen die beiden Mentoren.
Blattstern seufzte zufrieden. Ihr Clan hatte die lange Blattleere überstanden und der Kampf gegen die Ratten verblasste langsam in der Erinnerung.
Aber Regenpelz werden wir niemals vergessen. Der graue Kater, Salbeipfotes und Minzpfotes Vater, hatte tapfer für den Clan gekämpft, dem er nur so kurze Zeit angehört hatte. Er würde immer im Gedächtnis bleiben als der erste Krieger, der sein Leben für den wieder errichteten WolkenClan gegeben hatte.
Und nun lebt der WolkenClan stark und sicher in der Schlucht, dank Feuerstern und Sandsturm.
Blattsterns Gedanken trieben zurück durch zahllose Blattwechsel zu dem Clan, der vorher hier gelebt und seine Krallenspuren im Bau der Krieger hinterlassen hatte. Sie wünschte so sehr, mehr über diese Katzen zu wissen. Der letzte Überlebende dieses Clans aus lange vergangener Zeit war Wolkenjäger gewesen, der alte, graue Kater, der vorher den Spitznamen Mondkalb erhalten hatte, verlacht und für verrückt gehalten von den Katzen, die jetzt Blattsterns treue Krieger waren. Er hatte die Erinnerung an den WolkenClan wie eine winzige Flamme gehütet, bis Feuerstern gekommen war und sie zu hellem, funkelndem Leben erweckt hatte. Blattstern hob den Kopf und betrachtete den Wolkenfels, wo der Clan sich bei Vollmond versammelte. Wir sind jetzt so viele, dass einige Katzen oben auf der Klippe sitzen müssen. Sie hielt die Luft an, als sie vor den dahinziehenden weißen Wolken schwach eine graue Gestalt ausmachen konnte.
Wolkenjäger!
Wärme erfüllte die Clan-Anführerin, als sie verstand, dass der alte Kater zurückgekommen war, um die Zeremonie für die ersten Krieger, die in der Schlucht geboren waren, zu beobachten. Grüßend hob sie den Schwanz und hoffte, dass alle Vorfahren des WolkenClans vom SternenClan herabblickten und stolz auf ihre Nachkommen und diejenigen waren, die sich entschlossen hatten, Clan-Katzen zu werden.
»Wir werden euch stets ehren«, murmelte sie, während sie ihren Blick noch immer auf Wolkenjägers graue Gestalt gerichtet hielt. »Und wir werden alles tun, was wir können, um euren Clan am Leben zu erhalten.«
 

2. KAPITEL

»Eindringlinge! Überfall!«
Blattstern wirbelte bei dem panischen Geheul herum und ihre Krallen glitten heraus, bereit, sich und ihren Clan zu verteidigen. Scharfkralle und die Krieger in der Nähe des Frischbeutehaufens sprangen mit gesträubtem Fell auf die Pfoten. Ein paar Schwanzlängen weiter flussabwärts stand Spitzmauszahn steifbeinig auf einem Felsen und schaute mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen nach oben. Drei Katzen waren am Rand der Schlucht erschienen und trabten den Pfad herab. Die erste war eine schwarze Kätzin, ihr folgten ein golden-weißer Kater und ein jüngerer mit schwarz-weißem Fell.
»Das sind Pechkralle, Ziegensturm und Schnupperpfote«, miaute Springschweif. »Warum macht dieser mäusehirnige Kater so ein Getöse?«
»Ich bin seinetwegen fast aus meinem Fell gesprungen«, knurrte Spatzenschweif.
Blattstern entspannte sich seufzend. »Spitzmauszahn, alles in Ordnung. Es sind nur die Tageslichtkrieger!«
Der schreckhafte schwarze Kater schaute sie verängstigt an, dann richtete er seinen Blick wieder auf die Katzen, die rasch die Felsen herabliefen. Schließlich schien er die Ankömmlinge zu erkennen. »Tut mir leid«, murmelte er und senkte den Kopf vor Blattstern. »Die Sonne hat mich geblendet. Das hat mich verwirrt.«
»Er ist andauernd verwirrt, wenn du mich fragst«, murmelte Springschweif.