image

Stephen R. Covey · Bob Whitman

Führen unter neuen Bedingungen

Sichere Strategien für unsichere Zeiten

Unter Mitarbeit von Breck England

Aus dem Amerikanischen von Ingrid Proß-Gill

image

Die amerikanische Originalausgabe »Predictable Results in Unpredictable Times« erschien 2009 bei FranklinCovey Publishing, Utah, USA.

Copyright © 2009 FranklinCovey Company

All rights reserved. No part of this work may be reproduced or transmitted in any form or by any means, electronic or mechanical, including photocopying and recording, or by any information storage or retrieval system.

FranklinCovey and the FC logo and trademarks are trademarks of FranklinCovey Co. and their use is by permission.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Lektorat: Claudia Franz | www.text-it.org

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de

©2014 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem 2010 erschienenen Buchtitel „Führen unter neuen Bedingungen“ von Stephen R. Covey und Bob Withman, ©2010 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.

ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-050-8

ISBN epub: 978-3-86200-919-0

Copyright © der Originalausgabe 2009 by FranklinCovey Company

Copyright © 2010 by GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

www.gabal-verlag.de

www.franklincovey.de

www.franklincovey.ch

www.franklincovey.at

Inhalt

Vorwort zur deutschen Ausgabe

Führen unter neuen Bedingungen

Vier Risikofaktoren in schwierigen Zeiten

1. Strategien erfolgreich umsetzen

Weiß jeder, was er zu tun hat?

Das Leistungsniveau der »Mitte« steigern

2. Schnelligkeit durch Vertrauen schaffen

Die große Vertrauenskrise

Vertrauenssteuern und -dividenden

Müssen Sie Vertrauenssteuern zahlen? Oder bekommen Sie Vertrauensdividenden?

Zwei Teams – ein großer Unterschied

Wie man in Krisenzeiten für Vertrauen sorgen kann

Wie man am besten Vertrauen aufbauen kann

Fallstudie: Wiederherstellung des Vertrauens in der Krise

Ein vertrauenswürdiger Charakter

Clevere Kampagnen für den Aufbau von Vertrauen

3. Mehr mit weniger erreichen

Loyalität bei Kunden und Mitarbeitern aufbauen

Den Nutzen für die Kunden in den Mittelpunkt stellen

4. Ängste reduzieren

Was kostet Sie die psychologische Rezession?

Wird Ihre Organisation durch Ängste behindert? Werden die Leute durch die Ungewissheit gelähmt?

Haben Sie sich überlegt, wie Sie Ängste in produktive Energie umwandeln können?

Wo liegen die Wurzeln der Ängste?

Fazit

Anhang

Anmerkungen

Leserstimmen

Über FranklinCovey

Über die Autoren

Vorwort zur deutschen Ausgabe

Der Originaltitel dieses Buchs »Predictable Results in Unpredictable Times« beschreibt eine entscheidende Herausforderung für Führungskräfte zu Beginn des 21. Jahrhunderts: Wie kann man unter schwer vorhersagbaren Umständen trotzdem zuverlässig Ergebnisse erreichen?

Beim Thema Führung geht es heute ja nicht mehr darum, auf ruhigem Wasser Ruderboot-Mannschaften nach genau definierten Regeln gegen die Konkurrenz-Boote anzutreiben.

Vielmehr müssen Führungskräfte mit ihren Teams in Schlauchbooten durch unberechenbare Wildwasser navigieren. Die Gefahren hinter der nächsten Kurve können nur bewältigt werden, wenn alle blitzschnell, flexibel und furchtlos agieren, mit einem klaren Blick auf das gemeinsame Ziel.

Dieses Buch zeigt Ihnen vier hochwirksame Führungskompetenzen für schwierige Zeiten, mit denen Sie sicher Resultate erzielen. Unsere Erfahrungen aus der Praxis bestätigen uns, dass damit schnell Ergebnisse zu erreichen sind.

Viel Erfolg beim Anwenden!

Alexandra Altmann

Geschäftsführerin

FranklinCovey Leadership Institut GmbH

Deutschland | Schweiz | Österreich

www.fuehren.franklincovey.de

Führen unter neuen Bedingungen

»Dem Ungewissen sind wir nur ausgeliefert, wenn wir zulassen, dass es uns im Griff hat. Über das, was wir tun, haben wir immer die Kontrolle.«

NASSIM NICHOLAS TALEB

Jeden Sommer treten die besten Radfahrer der Welt in farbenprächtigen Trikots gegeneinander an. Die Tour de France gilt als härtester Test für menschliche Willenskraft und Ausdauer aller Zeiten.* Am Anfang ist die Strecke relativ flach und das Fahrerfeld bewegt sich geschlossen voran. Manche Fahrer setzen sich an die Spitze, andere nutzen den Windschatten, aber alle bleiben zusammen. Doch dann kommen die Berge – und hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Das Wetter ist völlig unberechenbar. Selbst im Juli sind eisige Temperaturen und Hagelschauer in den Alpen keine Seltenheit. Und in der Felswüste des legendären Mont Ventoux kann es so heiß werden, dass den Fahrern ein Hitzschlag droht. Wenn die Radprofis unter extremen Bedingungen Tausende von Metern in die Höhe klettern, wird das Feld gesprengt. Viele sind so erschöpft, dass sie nicht mehr mithalten können. Manche Mannschaften fallen weit zurück und die Spitzenteams übernehmen die Führung.

Die Tour de France ist eine Sache für Teams – die Mannschaften, die verlieren, schaffen es nicht, ihre Strategie diszipliniert umzusetzen.

Auch Ihr Team, Ihr Unternehmen oder Ihre Organisation wird immer wieder mit extremen Bedingungen, steilem Terrain

oder dramatischen Wetterumschlägen zu kämpfen haben. Niemand weiß, was ihn hinter dem nächsten Berg erwartet. Die Zukunft könnte uns Krisen bringen, die einschneidender sind als alles, was wir bisher erlebt haben. Wir stehen zweifellos vor großen Herausforderungen.

In schwierigen Zeiten zeigt sich, wer wirklich gute Führungsfähigkeiten besitzt. Herausragende Führungspersönlichkeiten sind anders. Sie halten sich an Prinzipien, die uns selbst in ungewissen Zeiten Sicherheit geben. Sie wissen, dass die Welt nicht vorhersehbar ist, erzielen aber trotzdem vorhersehbare Ergebnisse.

Wie schaffen sie das?

Bevor wir uns mit dieser Frage beschäftigen, sollten wir erst mal überlegen, warum bei der Tour so viele Fahrer in den Bergen zurückfallen oder sogar ausscheiden. Klar ist: Ihnen fehlt es nicht an Kraft oder Können. Die Teilnehmer sind absolut fit, sonst wären sie ja gar nicht dabei.

Die Tour de France ist eine Sache für Teams. Die Mannschaften, die verlieren, schaffen es nicht, ihre Strategie effektiv umzusetzen. Wer gewinnen will, muss sich darauf verlassen können, dass jeder im Team seinen Job gut und absolut zuverlässig macht. Die Mannschaften dürfen ihr Ziel nie aus den Augen verlieren und müssen jede Gelegenheit nutzen, weiter nach vorn zu kommen. Ohne gegenseitiges Vertrauen ist das nicht möglich.

Aus unserer langjährigen Erfahrung mit Tausenden von Unternehmen und Organisationen aus der ganzen Welt wissen wir, dass fehlende Disziplin »in den Bergen« die entscheidende Schwachstelle ist. FranklinCovey hat die Disziplin von 17 000 Teams, die über 300 000 Menschen umfassten, untersucht. Wir haben Interviews mit Leuten aus 5000 dieser Teams geführt. Dann wurden die Ergebnisse mit Daten zu den Finanzen, den Betriebsabläufen und der Kundenloyalität von ähnlich strukturierten Organisationen verglichen. So konnten wir ermitteln, wodurch sich die wahren Leistungsträger auszeichnen – worin die Lance Armstrongs sich von der breiten Masse der Fahrer unterscheiden.

Vier Risikofaktoren in schwierigen Zeiten

Wie die Teams bei der Tour de France haben auch Unternehmen in turbulenten Zeiten mit vier großen Gefahren zu kämpfen:

image Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Strategie,

image Vertrauenskrisen,

image Verlust der Fokussierung auf das Ziel,

image weitverbreitete Ängste.

Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Strategie: Unternehmen machen sich viele Gedanken über die Krise und entwickeln eine geeignete Strategie, um die schwierigen Zeiten zu meistern. Die entscheidende Frage ist jedoch: Kann und wird das Team die Strategie auch umsetzen? Manche in der Organisation verstehen die Strategie und setzen sie sehr gut um. Andere dagegen verstehen sie nicht und werden sie wahrscheinlich auch nie begreifen. Und dann gibt es noch die breite Masse – die Leute im Mittelfeld. Sie könnten viel mehr zum Teamerfolg beitragen, wissen aber gar nicht, wie sie das machen sollen.

Vertrauenskrisen: In unsicheren Zeiten sinkt das Vertrauen auf den Nullpunkt. Finanzmärkte brechen ein, überall wittern die Menschen Lug und Betrug. Die Mitarbeiter verlieren das Vertrauen in ihr Unternehmen. Auf einer mit Schlaglöchern übersäten Straße drosseln alle ihr Tempo.

Verlust der Fokussierung auf das Ziel: Weniger Ressourcen bedeuten weniger Mitarbeiter und mehr Unsicherheit. Die Leute müssen immer mehr Aufgaben übernehmen. Doch wer zu viel auf einmal macht, verliert ganz schnell sein Ziel aus den Augen.

Weitverbreitete Ängste: Wirtschaftliche Krisen ziehen psychologische Krisen nach sich. Die Leute haben Angst, ihre Arbeit zu verlieren, ihre Rücklagen fürs Alter, vielleicht sogar ihr Zuhause. Das alles belastet sie. Und es verursacht Kosten in den Unternehmen. Denn gerade dann, wenn es wichtig wäre, dass die Mitarbeiter sich voll einbringen, sind sie gelähmt vor Angst, verlieren die Motivation und »schalten ab«.

Es ist offensichtlich, dass alle vier Risiken in schwierigen Zeiten gleichzeitig auftreten. Und sie verstärken sich gegenseitig. Eine Vertrauenskrise ruft Ängste hervor, Ängste lähmen, und das gefährdet wiederum die Umsetzung der Strategie. Doch gerade in Krisenzeiten kann es sich keiner leisten, seine Strategie nicht konsequent umzusetzen.

Wenn Sie »in den Bergen« Erfolg haben wollen, müssen Sie diese vier Risiken genau kennen und ihnen richtig begegnen. Wenn Sie sich an die folgenden vier Prinzipien halten, können Sie die Risiken ausschalten und gewinnen:

image Strategien erfolgreich umsetzen.

image Schnelligkeit durch Vertrauen schaffen.

image Mehr mit weniger erreichen.

image Ängste reduzieren.

Strategien erfolgreich umsetzen: Alle Siegerteams haben langfristige Ziele, die sie immer wieder überprüfen. Zudem gibt es klare kurzfristige Ziele und eine regelmäßige Erfolgskontrolle. Wie bei allen Spitzenteams kennt jeder die Ziele und weiß genau, was er zu ihrer Erreichung beitragen kann.

Schnelligkeit durch Vertrauen schaffen: Bei niedrigem Vertrauen sinkt die Geschwindigkeit und die Kosten steigen. Deshalb werden die Wirtschaft, Ihre Kunden und Ihr Cashflow in Krisenzeiten langsamer. Wenn das Vertrauen aber steigt, wird alles schneller und die Kosten sinken. Unternehmen, die rasch handeln, gehören zu den Gewinnern. »Sie sind beweglich genug, um frühzeitig auf wirtschaftliche Veränderungen zu reagieren oder zumindest mit ihnen Schritt zu halten.«1

Mehr mit weniger erreichen: Natürlich versucht jeder, mehr mit weniger zu erreichen. Doch die entscheidende Frage lautet: »Mehr wovon?« Die Antwort ist ganz einfach – es sollte mehr von dem sein, was den Kunden wirklich wichtig ist. Erfolgreiche Unternehmen konzentrieren sich ganz auf den Nutzen für ihre Kunden. Sie sparen nicht nur, sondern sie vereinfachen. Sie verzichten auf die Dinge, auf die ihre Kunden ohnehin keinen Wert legen. Bei ihnen muss sich nicht jeder Mitarbeiter mit unzähligen Aufgaben befassen. Sie konzentrieren sich auf das, was der Kunde wirklich braucht.

Ängste reduzieren: Die Wurzel von psychologischen Krisen ist das Gefühl, dass wir über das, was mit uns geschieht, keine Kontrolle haben. Erfolgreiche Organisationen helfen ihren Leuten, die Hoffnungslosigkeit zu überwinden und sich auf das zu konzentrieren, was sie tun können. Die Ängste der Mitarbeiter beruhen größtenteils auf Unsicherheit. Wenn man ihnen diese Unsicherheit nimmt und ihnen machbare Ziele aufzeigt, kann man Ängste in produktive Energie umwandeln. Dann geben die Leute alles, um die gewünschten Ergebnisse zu erreichen.

Im Leben ist nur eins sicher – dass die Zukunft unsicher ist. Spitzenteams liefern genau wie Spitzenradfahrer konstant herausragende Leistungen, selbst wenn die Bedingungen noch so schlecht sind. Dieses Buch möchte Ihnen zeigen, wie man auch in schlechten Zeiten gute Ergebnisse erzielen kann. Sie können das schaffen, indem Sie sich auf die vier grundlegenden Prinzipien stützen, die wir Ihnen gerade kurz vorgestellt haben. Denn: Diese Prinzipien sind immer gültig und werden Sie niemals im Stich lassen.

Wir haben jedem der vier Prinzipien ein Kapitel gewidmet. Hier zeigen wir Ihnen auch, wie Sie die Prinzipien erfolgreich anwenden. Besonders viel können Sie aus diesem Buch lernen, wenn Sie die Inhalte an andere weitergeben. Sie wissen ja: Der Lehrer lernt immer viel mehr als der Schüler! Deshalb fordern wir Sie am Ende der Kapitel immer auf, sich einen Kollegen, einen Freund oder ein Familienmitglied zu suchen und ihm die Erkenntnisse zu vermitteln, die Sie gerade gewonnen haben. Probieren Sie es doch einfach mal aus. Sie werden sehen, es lohnt sich!

* Wir sind uns bewusst, dass die Tour de France und andere Sportveranstaltungen derzeit von Dopingskandalen überschattet werden. Wir sind strikt gegen Betrug in jeder Form, das gilt selbstverständlich auch für Doping. Natürlich kennen wir nicht alle Fakten. Trotzdem sind die Profi-Radteams »in den Bergen« unserer Ansicht nach ein sehr gutes Beispiel für Erfolg unter extremen, unvorhersehbaren Bedingungen.

1. Strategien erfolgreich umsetzen

»In flachem Terrain zu gewinnen, ist eine Sache – in den Bergen zu gewinnen, ist etwas ganz anderes.«

BOB WHITMAN

In Krisenzeiten hängt das Überleben ganz von der Umsetzung ab. Bei der Tour de France kommt die Krise in den Bergen. Das ist der schwere Teil des Rennens, bei dem sich alles entscheidet. Und hier ist das Team im Vorteil, das seine Strategie am besten umsetzt.

Die Krise in den Bergen – das ist der schwere Teil des Rennens, bei dem sich alles entscheidet.

Denken Sie nur an das berühmte US-Postal-Service-Team von Lance Armstrong, das die Tour ganze sieben Mal gewann. Es wurde in den Bergen zu einer »unglaublich effizienten Maschine«. Tag für Tag kämpften sich die US-Postal-Profis bei den harten Etappen über die Alpen und die Pyrenäen an die Spitze des Felds. Ein Beobachter sagte:

»George Hincapie, einst ein wirklich miserabler Kletterer, zog das Feld auf jeder Etappe die mittleren Anstiege hinauf. Am Fuß des letzten Bergs übernahm dann Floyd Landis die Führung. Er schlug ein so hohes Tempo an, dass das Feld auseinanderfiel. Schließlich übergab er an José Azevedo, dem in den Bergen nur die allerbesten Fahrer der Welt folgen konnten. Wenn Armstrong sich dann an die Spitze setzte, konnte er sich ganz darauf konzentrieren, die wenigen noch verbliebenen Rivalen abzuschütteln.«

Es ist offensichtlich, dass bei US-Postal jeder im Team seine Rolle genau kannte. Der Mannschaft von Jan Ullrich dagegen blieb »immer nur der zweite Platz«. Ullrich war ein brillanter Fahrer, verlor bei den Anstiegen aber immer viel Kraft. Sein Team verhielt sich oft völlig planlos – auf einer Bergetappe wurde Ullrich sogar von einem seiner eigenen Mannschaftskameraden geschlagen.

Die sieben Siege von Armstrongs Tour-de-France-Team werden vielleicht niemals übertroffen. Ein Kommentator bezeichnete US-Postal als »Beispiel dafür, was eine Organisation durch sorgfältige Planung und überragende Umsetzung erreichen kann«.2