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Einleitung: Let Your Fire Burn!

flamme.jpgUnternehmerisches Feuer ist die Stärke, das Richtige zu tun. Es ist das Standing, es durchzuziehen. Es ist eine ansteckende Leidenschaft. Unternehmerisches Feuer hat den langfristigen Blick und führt uns in die Zukunft.

Dieses Buch ist für alle, die vor einer großen Herausforderung stehen, die »ihr Ding« machen und die etwas in dieser Welt bewegen wollen. Es ist für alle, die vorhaben, ihre Ideen zu verwirklichen und die eigene Zukunft aktiv zu gestalten. Und es ist für alle, die sich dabei gleichzeitig die bohrende Frage stellen: »Schaffe ich das? Kann ich das? Bin ich die oder der Richtige?« In diesem Buch erfahren Sie, wie Sie Ihr Vorhaben, Ihr Projekt, Ihre Träume und Visionen in die Tat umsetzen. Ihr wichtigstes Instrument dabei ist Ihr unternehmerisches Feuer oder – um es etwas sachlicher zu formulieren – Ihr unternehmerischer Mut.

Es geht um Ihre Haltung zu Ihren Plänen und Vorhaben

Ich führe als Businesscoach und Start-up-Berater jede Woche Gespräche mit Menschen, die Großes vorhaben und zugleich an sich selbst zweifeln, und damit auch an ihren Projekten. Menschen, die gut ausgebildet sind, viele Ideen und Potenziale haben und sich dennoch fragen: »Ist das das Richtige?« Denn es fehlt uns meistens nicht an Wissen und an Fähigkeiten. Es fehlt uns oft an Mut. Mut bedeutet für mich:

Aus den erwähnten Gesprächen heraus hat sich über die Jahre dieses Buch entwickelt. Denn ich möchte den meisten zurufen: »Ja, das klappt – Ihr Feuer wird sich entwickeln!« Sie brauchen dieses Feuer, ganz gleich, ob Sie nun

Ich habe drei berufliche Wurzeln. Ich war zwölf Jahre Straßenkünstler und Varietéartist, bin Diplomsoziologe und Start-up-Berater. Meine Beispiele entstammen also größtenteils diesen Welten, oft kommen sie aus dem Bereich der Unternehmensgründung. Es ist aber egal, wo Sie diesen Mut einsetzen wollen – denn immer und überall benötigen Sie Feuer, um sich eigeninitiativ und selbstverantwortlich Ihrer Aufgabe zu widmen. Verstehen Sie den »unternehmerischen Mut« also bitte vor allem als eine bestimmte Haltung zum Leben, zu den Mitmenschen, zu dem, was Sie planen, wagen, umsetzen.

flamme.jpgJeder Mensch braucht unternehmerischen Mut, aber nicht jeder, der über unternehmerischen Mut verfügt, will sich automatisch selbstständig machen: Er setzt diesen unternehmerischen Mut ein, um etwas Neues zu wagen.

Zum Aufbau dieses Buches

Wie Sie dieses unternehmerische Feuer entwickeln, erfahren Sie in den vier Teilen dieses Buches. Der erste Teil »Ja, ich kann – meine Möglichkeiten« zeigt Ihnen Ihre Chancen, dieses Feuer zu entfachen. Hier geht es vor allem um Ihre enormen Potenziale. Im zweiten Teil »Ja, ich will – meine Entscheidung« geht es um die Grundlagen für unternehmerischen Mut in Ihrem Leben – alle Ressourcen, auf denen Sie aufbauen können, um Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Es geht aber auch um die Blockaden, die verhindern, dass sich Ihr unternehmerisches Feuer entfachen lässt. Dazu zählen Ihre Sorgen und Ängste – wobei »Angst« wiederum als eine Haltung verstanden werden soll, eine Haltung, die dazu führt, dass Sie vor Ihren Vorhaben und Projekten ängstlich zurückschrecken. Der dritte Teil »Ja, ich springe – mein Entwicklungsprozess« umschreibt die Reise, den Prozess zum intensiv brennenden inneren Feuer, zu Ihrem unternehmerischen Mut. Bis – und das ist der vierte Teil – Ihr unternehmerisches Feuer kraftvoll leuchtet.

Bevor es nun losgeht, noch zwei Anmerkungen: Sie haben bereits in dieser Einleitung zwei »Flammende Thesen« gelesen. Solche Einschübe begegnen Ihnen bei der Lektüre immer wieder:

flamme.jpg»Flammende These«

flamme_zitat.jpg»Zündendes Zitat«

blitz.jpg»Störfeuer«

weitergedacht.jpg Weitergedacht

Die Einschübe sind als Denkanstöße zu verstehen – sie mögen Sie anregen, eigenständige Ideen zu kreieren, Umsetzungsaktivitäten zu entwickeln und über das Gelesene nachzudenken und es auf Ihre Situation zu beziehen.

Schließlich möchte ich noch allen Menschen danken, die bei der Entstehung dieses Buches mitgeholfen haben. Vor allem meiner Familie – klasse, dass ihr mir den Rücken freigehalten habt. Mein größter Dank geht an Käte Gutzmann. Du hast vor über 20 Jahren meinen glimmenden Docht zu einem großen Feuer entfacht. Ohne dich hätte es dieses Buch nie gegeben.

Let your fire burn!

Ihr Lutz Langhoff

Der Mut-Bürger und seine Ressourcen

Welche Eigenschaften hat nun der unternehmerische Mut? Und wie können wir diese Eigenschaften entwickeln? Haben Sie schon einmal in einem fremden Land eine Reise organisiert? Keine Pauschalreise, bei der alles geregelt ist, sondern eine, bei der Sie sich selbst um die Wegstrecke, die Transportmittel, die vielen einzelnen Tickets, die Hotelbuchungen, die Reservierungen, das Sightseeing-Programm und die optimale Ressourcen-, Strecken- und Zeitplanung gekümmert haben?

blitz.jpgJetzt mal im Ernst: Ihren Urlaub können Sie doch selbst organisieren, oder?

Wenn Sie diese Frage mit »Ja« beantworten können, tragen Sie alle nötigen Ressourcen für unternehmerischen Mut in sich. Das ist natürlich nur ein Beispiel. Und damit wir uns nicht falsch verstehen: Wenn Sie einen Individualurlaub zusammenstellen können, sind Sie noch kein Mut-Bürger. Sie verfügen aber über alle Voraussetzungen, einer zu werden.

Was heißt das konkret? In der betriebswirtschaftlichen Forschung an Universitäten gibt es das Forschungsfeld »Unternehmerischer Mut« nur am Rande. Das Thema wird als Teilaspekt des unternehmerischen Denkens und Handelns verstanden. International spricht die Forschung vom »Entrepreneurial Spirit«. Entrepreneurial Spirit ist kein fest definierter wissenschaftlicher Begriff. Es gibt über 70 verschiedene Definitionen von Wissenschaftlern. Das Kompetenzmodell von Heinz Mandl1 hat den Vorteil, dass man mit ihm sehr praktisch arbeiten kann. Zum unternehmerischen Denken und Handeln gehören für ihn vier Bereiche: die kognitiven, motivationsbezogenen, sozialen und organisationalen Kompetenzen.

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Wenn Sie auf eigene Faust eine Reise auf fremdes Territorium organisieren, brauchen Sie möglichst viele der genannten Kompetenzen. Sonst werden Sie irgendwann »in the middle of nowhere« stehen, abgebrannt, kofferlos, planlos, unglücklich. Wenn Sie sich – wieder nur als Beispiel − an Ihre letzte große Reise erinnern: Wie sind Sie vorgegangen? Wenn Sie alles alleine organisiert haben und bei der USA-Rundreise nicht mitten im Death Valley ohne Wasser gestrandet sind, nicht auf der Hälfte der Alpenwanderung wegen schlechtem Schuhwerk umkehren mussten und bei der Fahrradtour nicht ohne Übernachtung oder Zelt dagestanden sind, haben Sie mit Sicherheit festgestellt, dass Sie eine Menge an Kompetenzen in sich tragen und entwickelt haben, die für eine solch anspruchsvolle Unternehmung notwendig sind. Sie entwickeln dabei Eigeninitiative und zielorientiertes Handeln. Mögliche Schwierigkeiten analysieren Sie, Probleme lösen Sie kreativ. Sie schaffen es, mit anderen Menschen zu kommunizieren, wenn Sie etwa mit einer größeren Gruppe reisen. Sie haben im In- und Ausland mit verschiedenen Dienstleistern zu kämpfen, dabei kommt dann auch schon einmal Stress auf, wenn Deadlines nicht eingehalten werden. Letztendlich benötigt die Urlaubsplanung sogar ein Projektmanagement, eine Projektsteuerung. Vielleicht hapert es noch mit der Budgetplanung und der Urlaub ist deutlich teurer geworden. Aber keine Sorge: Das bekommen selbst hoch bezahlte Manager manchmal nicht hin.

Wir müssen nicht alle Fähigkeiten von Anfang an beherrschen. Es geht darum, ob sie sich entwickeln können. Dies ist bei den meisten Menschen möglich. Ein anderes Beispiel aus dem täglichen Leben: Haben Sie schon einmal eine Party für mehr als acht Personen organisiert? Sollte dies geklappt haben, besitzen Sie garantiert alles, um unternehmerischen Mut in Ihrem Leben groß werden zu lassen. Das Ganze ist kein Hexenwerk und nicht nur einigen »großen Visionären« gegeben – auch Sie tragen (womöglich) schon alles in sich, was Sie zu einem erfolgreichen Unternehmer, einem effektiven Aktivisten oder einem mitreißenden Gestalter macht! Schauen Sie sich die Tabelle von Professor Mandl nochmals an und fragen Sie sich bei jeder der Kompetenzen: »Wenn ich morgen meine Geburtstagsfeier für 30 Personen organisieren wollte: Verfüge ich über diese Kompetenz?« Vielleicht wundern Sie sich über die einfachen Urlaubs- und Party-Beispiele. Sie belegen ganz simpel:

flamme.jpgJeder Mensch ist ein Unternehmer.

Denn er unternimmt schon sein Leben. Und das sein Leben lang. Jeder Mensch kann auch ein fähiger Unternehmer im Wirtschaftsleben sein, jeder verfügt über die dazu notwendige Grundausstattung. Wir alle tragen die Fähigkeit in uns, unternehmerischen Mut wachsen zu lassen. Wie groß er wird und welche Richtung wir ihm geben, das ist eine ganz andere Frage. Joseph Beuys hat etwas ganz Ähnliches für den Bereich der Kunst zum Ausdruck gebracht: »Jeder Mensch ist ein Künstler« ist einer seiner berühmtesten Aussprüche.

Unternehmerischer Mut ist also eine Grundhaltung, bei der die Ausgangslage für alle gleich ist. Es geht darum:

Bitte bedenken Sie bei diesen starken Aussagen immer: Es geht nicht um eine maximale Ausprägung der einzelnen Fähigkeiten. Es geht um die Möglichkeit, dass sie stark werden. Wir tragen all diese Fähigkeiten als Saat in uns. Sie muss nur aufgehen.

Unternehmerisches Feuer ist spielend leicht

Ich werde – mit meiner »Zusatzqualifikation« als früherer Straßenkünstler – häufig von Unternehmen, Verbänden oder Kongressveranstaltern für Business-Varietéshows gebucht. Mit einer Bühnenillusion veranschauliche ich in der Show die Kraft, die sich entfaltet, wenn diese Saat in uns aufgeht. Und diese Nummer geht so: Ich halte einen Karton in der Hand. Er hat die Größe einer guten Espressomaschine. Ich sage, dass er für unseren unternehmerischen Mut steht. Danach stelle ich ihn ab. Ein Freiwilliger aus dem Publikum bekommt die Aufgabe, diesen Karton hochzuheben. Ich suche mir dafür immer Männer aus, denen man etwas Stolz über ihre körperliche Stärke ansieht. Dem Teilnehmer aus dem Publikum gelingt das aber nicht. Auch nach mehreren Versuchen – die Aufgabe ist einfach zu schwer. Dahinter steckt ein Zaubertrick, den ich hier nicht verraten möchte. Denn es kann ja sein, dass Sie doch bald einmal Gast einer meiner Business-Varietéshows sind.

Auf der Suche nach den Ursachen finden wir »schwere« Pflastersteine im Karton – in Wirklichkeit sind sie aus Styropor. Auf den Steinen stehen Begriffe, aufgemalt in schwarzen dicken Buchstaben. Sie bezeichnen die Zerstörer für unternehmerischen Mut, wie zum Beispiel Geldsorgen, den berühmt-berüchtigten inneren Schweinehund oder Ignoranz. Diese Pflastersteine werden dann gegen kleine »Schätze« ausgetauscht. Damit sind Treibsätze gemeint, die dafür sorgen, dass sich unternehmerischer Mut entfalten kann. In großen Buchstaben sind auf diesen Schätzen Begriffe wie Ziele, Werte, Ausbildung, Haltung und Beziehungen verzeichnet. Nachdem er diese Schätze genutzt hat, gelingt es dem Freiwilligen kinderleicht, den Karton hochzuheben und sogar damit zu spielen. Denn in einem bildlichen Sinn nutzt er die ihm innewohnenden Ressourcen. Auf der Bühne aber ist es: »reine Magie«.

Diese Bühnenillusion zeigt sehr anschaulich, wie unterschiedlich Menschen ihre Zukunft angehen. Einige packen sie spielend leicht an. Sie haben gelernt, das Leben zu leben, ihren Mut einzusetzen und etwas zu erschaffen. Den Zauderern hingegen stellt sich die Aufgabe, die dazu notwendigen Ressourcen zu heben und zu nutzen. Fast jeder von uns verfügt über diese Ressourcen, nicht jeder aber kann sie heben und dafür sorgen, dass diese Saat in unserem Leben aufgeht und uns den Mut und die Kraft gibt, unser Leben in die eigene Hand zu nehmen. Das »Fast jeder« bezieht sich auf die Tatsache, dass es Menschen gibt, die die Ressourcen nicht oder nicht mehr haben. Wenn Sie dieses Buch lesen, gehören Sie nicht dazu. Es geht vor allem um demente oder geistig beeinträchtigte Mitmenschen. Also: Wir müssen dem uns innewohnenden unternehmerischen Mut die Chance geben, zu wachsen und zu gedeihen.

Was macht den Mut-Bürger aus?

Nach der Bankenkrise in Island ist eine aus dem Ruder gelaufene Protestwahl in Reykjavik zu seinen Gunsten ausgefallen. Seitdem regiert ein Clown die Stadt: Jón Gnarr ist Bürgermeister in Reykjavik. Sein Wahlprogramm war eigentlich ein satirisches Statement zur Politikverdrossenheit. Darin ging es um offene statt verdeckte Korruption, um bequeme Versorgungsposten für Freunde, um Eisbären für Islands Zoos und um Gratis-Handtücher für alle Bäder.

Ach ja – Jón Gnarr versprach, alle diese Wahlversprechen zu brechen. Seine Partei nennt sich »beste Partei« und besteht aus Schauspielern, Musikern und einem Komiker. Ein Mitstreiter war zum Beispiel gemeinsam mit der isländischen Sängerin Björk Gründungsmitglied der Band Sugarcubes. Die Partei bekam 34,7 Prozent und eroberte acht von 15 Parlamentssitzen. Der wahre Witz an dieser scheinbaren Realsatire wurde aber erst einige Zeit nach der Wahl deutlich: Jón Gnarr und seine Künstlertruppe machten ihren Job richtig gut – und das bis heute, also zumindest bis zum Erscheinungstermin dieses Buches. Sie haben es geschafft, das rettungslos überschuldete Stadtbudget zu sanieren. Die defizitäre städtische Energiegesellschaft schreibt schwarze Zahlen, nachdem der bisherige Vorstand vor die Tür gesetzt wurde. Von den üblichen politischen Zwängen befreit, konnten notwendige Veränderungen endlich angepackt werden. Die Politikverdrossenheit der Bürger von Reykjavik erreichte einen Tiefststand. Die vielen kleinen sozialen Veränderungen will ich gar nicht erst ansprechen. Und selbst wenn Jón Gnarr langfristig scheitern sollte: Die ersten Jahre sind eine reine Antithese zum üblichen Politikalltag und geben Anlass zur Hoffnung. Jón Gnarr und seine Bande von (politischen) Greenhorns sind pure Mut-Bürger. Sie zeigen, was möglich ist – wenn wir uns denn auf den Weg machen, wenn wir den Mut finden und fassen, unseren Traum zu leben. Auch wenn das Betätigungsfeld auf einmal ein ganz anderes ist.

Ermutigende Geschichten wie die von Jón Gnarr entstehen aber nicht aus dem Nichts. Die Wurzeln für den Erfolg sind vorher über Jahre gewachsen. Gnarrs Parteikollegen haben zuvor allesamt ein selbstbestimmtes Leben geführt, sind für ihre Ziele eingetreten und haben sich nicht verbiegen lassen. Sie hatten vorher beruflichen Erfolg, mit allen Höhen und Tiefen. Ohne diese Erfahrungen hätte auch Jón Gnarr den Posten des Bürgermeisters nicht ausfüllen können. Allein für den Rauswurf des Vorstandes der städtischen Energiegesellschaft brauchte er Rückgrat, das er sich in den Jahren vor dem schweren Amt erarbeitet hat.

Die Unzuständigkeit des Wut-Bürgers

Den Wut-Bürger und den Mut-Bürger unterscheidet zwar nur ein umgedrehter Buchstabe, doch in Wahrheit ist alles beim Wut-Bürger verdreht. Als lebe er in einem anderem Universum. Der Wut-Bürger hat seit Anfang des Jahrtausends einen Siegeszug in Behörden und Ämtern, in der Politik und in der Presse wie auch in den Fernsehnachrichten angetreten.

Er ist fokussiert auf seinen Frust und eigentlich nur noch empört. Er fühlt sich unentwegt abgezockt, betrogen, beleidigt, erniedrigt, gedemütigt und unterdrückt. Er fühlt sich vom Leben, der Politik und dem Glück übergangen und neidet anderen gerne Reichtum, Schönheit, Erfolg und vor allem ihren vermeintlich leichten Weg nach oben. Mit diesem latenten Gefühl der Deprivation nutzt er so häufig wie schlecht gelaunt die Kommentarfunktion von Internet-Blogs und Online-Zeitungen, um möglichst viele andere an seinem Frust teilhaben zu lassen, antwortet stets verärgert und hat seiner Meinung nach: immer recht. Nur eben das Gefühl, dass er genau das nicht bekommt.

blitz.jpgIst der Wut-Bürger die Konsequenz eines auf Sicherheit bedachten Lebens im Rückzugsgefecht?

Selbst zuständig für Veränderungen ist der Wut-Bürger natürlich nicht. Er sieht immer und überall eine einzige finstere Verschwörung. Er glaubt, jeder wolle ihn über den Tisch ziehen. Die Armen würden immer ärmer, die Reichen immer reicher. Jeden Abend wird bei Jauch, Will und Maischberger das Hohelied der eigenen Unzuständigkeit gesungen. Der Wut-Bürger hat diese Unzuständigkeit zur Lebensmaxime erhoben. Faszinierend am Wut-Bürger ist die Tatsache, dass er mittlerweile auch aus dem konservativen Lager der Mittelschicht kommt. Der Wut-Bürger ist übrigens keine deutsche Erfindung. Die Gattung des gemeinen teutonischen Wut-Bürgers hat in diesem Land eine spezielle Ausprägung, wir finden ihn aber in allen westlichen Kulturen als »angry white male«.

weitergedacht.jpg Weitergedacht: Sind Sie ein Mut-Bürger?

Wenn Sie die beiden Welten betrachten: Sind Sie ein Mut-Bürger? Es geht hier nicht darum, Sie in eine Schublade zu stecken. Es geht um Ihre Sehnsucht. Denn fast jeder kann sich zum Mut-Bürger entwickeln. Die richtige Frage heißt: »Wollen Sie einer sein?«

Mut beginnt bei uns selbst

Es gibt aber auch andere Menschen in diesem Land: Menschen mit der großen und unbändigen Sehnsucht, aktiv etwas Sinnvolles in ihrem Leben aufzubauen. Diese Menschen – das sind die Mut-Bürger. Mutige Menschen haben verstanden, dass der wichtigste Mensch auf der Welt, den sie ändern können, sie selbst sind. Ja, auch wenn dringende Systemänderungen notwendig sind und die Ungerechtigkeit der Welt uns täglich unverschämt angrinst.

Wir sind unseres Glückes Schmied. Wir bauen an der Zukunft, die uns vorschwebt: Sei es als Gründer einer eigenen Firma oder als Freiberufler, sei es ein Social Business, eine Non-Profit-Organisation, sei es, dass wir uns innerhalb des Unternehmens verändern möchten, also an unserem Arbeitsplatz.

Natürlich weiß auch der Mut-Bürger nicht, was die Zukunft bringt. Aber er hat eine Idee, eine Vision, eine Vorstellung, wie die Zukunft aussehen kann. Er weiß: Zukunft lässt sich erschaffen. Denken Sie einmal an die vielen neuen Ideen, Produkte und Initiativen, die in diesem jungen Jahrtausend entstanden sind. Unser Leben ist voll davon. Ich meine damit nicht einmal die großen bahnbrechenden Errungenschaften, sondern die vielen »kleinen« Ideen, die sich zu wunderbaren Möglichkeiten entwickelt haben. Beispiele dafür gibt es viele: Welche Cola oder Brause trinken wir auf Partys und Feiern? Wo kaufen wir unsere Klamotten und welche Labels sind angesagt? Welche Dienstleistungen nehmen wir in Anspruch? Welche Spiele spielen wir? Für welche Initiativen spenden wir? Welche Aktivisten sind in den Medien präsent? Ihnen fallen garantiert viele kleinere aufblühende Organisationen und Unternehmen ein. Wenn nicht, achten Sie bitte einmal darauf. In gewisser Weise kann man behaupten:

flamme.jpgDie Welt ist im Aufbruch wie nie zuvor. Es gibt so viele Chancen. Die Möglichkeiten, etwas aufzubauen, sind schier unendlich.

»Durch Deutschland muss ein Ruck gehen«

In diesem Zusammenhang erinnern Sie sich vielleicht an die erste Berliner Rede Roman Herzogs, »Durch Deutschland muss ein Ruck gehen«. Die Rede hat sich in das kollektive Gedächtnis der Republik eingebrannt. Der Vortrag des damaligen Bundespräsidenten stammt aus dem Jahr 1997 und könnte heute ohne Änderung tagesaktuell vorgetragen werden. In meinen Vorträgen frage ich die Zuhörer zuweilen, ob sie das Zitat kennen und wann die Rede gehalten wurde. Die meisten ordnen die Rede in die ersten fünf Jahre des neuen Jahrtausends ein. Allein daran erkennen Sie, wie aktuell das Thema ist, wie nah es uns auch heute noch ist. Roman Herzog hat damals uns alle angesprochen, uns alle aufgefordert, uns zusammenzureißen, Opfer zu bringen und lieb gewonnene Besitzstände aufzugeben. Für mich lautet der Kern seiner Botschaft allerdings: Wir brauchen unternehmerischen Mut!

blitz.jpgMut kann nicht befohlen werden. Wir dürfen nicht darauf warten, verändert zu werden, der Ruck kann nicht von außen kommen. Wir sind es, die sich verändern müssen – dass der Ruck passiert, liegt in unserer Verantwortung.

Doch so treffend die Rede auch sein mag, sie hinterlässt vor allem dieses unbehagliche: Wie? Wie kann ein solcher Ruck aussehen? Wie können sich Menschen so verändern, dass sie Verantwortung, Leidenschaft und Zuversicht entwickeln, um Zukunft zu gestalten? Meine Antwort lautet: Wir alle müssen uns das aneignen, was der Mut-Bürger besitzt: nämlich unternehmerischen Mut. Und um dahin zu gelangen, müssen wir bei uns selbst anfangen. Mut beginnt immer bei mir selbst.

weitergedacht.jpg Weitergedacht: Tragen Sie den Mut-Bürger in sich?

Sie spüren den Anspruch und die Konsequenz, die diese Frage mit sich bringt. Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich. Es gibt aber nur eine richtige Antwort für fast alle Menschen. Es ist ein simples »Ja« – ein »Ja« mit Ausrufezeichen: »Ja!«

Brandbeschleuniger für innere Ressourcen

flamme_zitat.jpg»Brandbeschleuniger werden leicht brennbare chemische Stoffe (meistens Flüssigkeiten) genannt, die dazu verwendet werden, wenig brennbare Sachen in Flammen zu setzen.«

Quelle: Wikipedia

Wenn Sie Ihre inneren Ressourcen stärken und unternehmerischen Mut entwickeln wollen, nutzen Sie sechs Brandbeschleuniger, sechs Brand-Sätze, die Ihnen dauerhaft weiterhelfen:

  1. Sie müssen sich entscheiden.
  2. Sie brauchen Durchhaltevermögen – Ihr Prozess braucht Zeit.
  3. Sie haben einen intuitiven Zugang zu Ihrem Mut, eine innere Vorstellung davon.
  4. Sie brauchen unterstützende Wegbegleiter.
  5. Sie wissen, dass Rückschläge dazugehören und stark machen.
  6. Sie brauchen und setzen Ziele.

Diese sechs Brandbeschleuniger mögen auf den ersten Blick recht banal aussehen. Weil wir gewohnt sind, über solche Gedanken hinwegzulesen. Sie sind aber nicht banal, sie sind basal! Sie bilden die Basis für erfolgreiches, mutiges Handeln. In der Umsetzung begeben wir uns in schweres Wetter. Oder vielmehr: auf brenzliges Gelände. Denn sie konfrontieren uns mit entscheidenden Fragen unseres Lebens. Es geht um Verantwortung und Leidenschaft, um Geduld und Ausdauer. Wie steht es um unsere Ziele, Werte, Beziehungen und Möglichkeiten?

Die Frage ist: Dürfen wir scheitern?

Brandbeschleuniger 1: Die grundlegende Entscheidung

flamme.jpgUnternehmerischen Mut müssen Sie vor allem (haben) wollen!

Ich bin immer wieder überrascht, wie viele Menschen auf Geschäftsführerebene nicht unternehmerisch denken und handeln wollen. Ja, wollen! »Sonst wäre ich ja Unternehmer geworden«, dieser Satz wird hinter verschlossenen Türen oft gesagt. Nach außen wird sicherlich etwas anderes vertreten.

Dazu fällt mir ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit ein: Fünf Minuten, bevor ich bei einem Dax-Konzern mit meinem Vortrag »Unternehmerischer Mut« auf die Bühne ging, sprach mich ein sehr gepflegt aussehender 50-jähriger Mann an: »Ich war beim Betriebsrat und habe mich erkundigt, ob Sie diesen Vortrag überhaupt halten dürfen. Ich bin angestellt und will nicht das Risiko eingehen. Ich mache nur, was man mir sagt.« Eine sehr klare und reflektierte Ansage, oder? Solche Sätze überraschen mich mittlerweile kaum noch. Sie können sich kaum vorstellen, mit wie viel Mutlosigkeit ich in deutschen Unternehmen schon konfrontiert worden bin, sobald dieses Thema aktiv angegangen wird. In diesem Fall habe ich nach dem Vortrag allerdings schon gestaunt. Denn besagter Herr wurde mir als Standortleiter mit einer dreistelligen Mitarbeiterzahl vorgestellt. Das hatte schon besondere Qualität. Aber nicht die beste. Was meiner Meinung nach evident ist: Der Standortleiter hatte eine Position inne, die er eigentlich nicht ausfüllen wollte. Er identifizierte sich nicht mit seiner Rolle, er war für diese Position und seine Aufgabe denkbar ungeeignet. Denn ohne die innere Bereitschaft sind Ausbildung, Wissen und Können nichts wert. Egal, wie qualifiziert jemand sein mag.

flamme.jpgWer nicht will, der will nicht. Und wer nicht will, der kann nicht.

weitergedacht.jpg Weitergedacht: Wollen Sie unternehmerischen Mut?

Wenn Ihnen jetzt auf die Frage »Wollen Sie unternehmerischen Mut in Ihrem Leben leben?« kein Ja! von den Lippen kommt und Sie sich nicht sicher sind: Dann heißt das einfach, Ihr Prozess braucht Zeit.

Das ganze erste Kapitel setzt sich mit der Möglichkeit »Ja, ich kann« auseinander.

Ihr Wille wird sich beim Lesen in diese Richtung entwickeln.

Vielleicht müssen Sie erst verstehen, wie sehr unternehmerischer Mut für Sie möglich ist! Vielleicht brauchen Sie Zeit – und die innere Erlaubnis. Geben Sie sich diese Erlaubnis. Sie sind dafür geboren, alles zu erreichen, was Sie als Unternehmer können. Unter-Nehmer sind nicht Unter-Lasser. Aber sie sind auch keine Unter-Denker.

Der Prozess, Unternehmer zu sein, Mut zu sammeln, braucht Zeit.

Und Sie sollen nicht nur Mut sammeln, sondern auch Ideen, eine Vision.

Mut ohne Ideen, ohne eine Vision und auch ohne eine Risikoabschätzung ist Übermut. Und Übermut tut selten gut – das alte Sprichwort stimmt. Aber Mut tut gut!

Brandbeschleuniger 2: Unternehmerischer Mut braucht Zeit zur Entwicklung

blitz.jpg»Die erste Million ist die schwerste.« Bei diesem Zitat geht es nicht um das Geld, sondern um die Fähigkeiten, die sich auf dem Weg dahin entwickeln.

Ein Kunde von mir, ich nenne ihn hier Dimitri Rachnow, erlebte nach dem Studium den beruflichen Supergau. Er fand über zwei Jahre hinweg keine Arbeit. Migrant zweiter Generation, ein Politikstudium mit dem Schwerpunkt Neomarxismus und 17 Semester an der Hochschule sind auch nicht die besten Zutaten für eine Karriere. Dann gründete er ein Unternehmen – aus der Not der fehlgeschlagenen Arbeitssuche heraus. Heute, nach über sechs Jahren, hat er sich zu einem profitablen Werbemittelproduzenten mit acht Angestellten und eigener Produktion entwickelt. Und plant jetzt, »so richtig loszulegen«, wie er es selbst ausdrückt.

Die ersten drei Jahre nach der Gründung sind alles andere als erfolgreich verlaufen. Dimitri Rachnow war zu Beginn so weit vom unternehmerischen Denken und Handeln entfernt, wie sein Lebensweg es erahnen lässt. Intellektuell hat er alle Herausforderungen schnell verstanden. Er konnte sie nur nicht richtig einsortieren, Handlungen ableiten und mutig nach vorne gehen. Er hat sich wie ein Welpe verhalten, der das Gehen erlernen muss. Süß und tapsig. Aber er ist drangeblieben. Er hat schnell verstanden, dass er Zeit braucht.

Unternehmer-Mut: ein oftmals unerforschter Kontinent

Unternehmerischer Mut ist wie ein komplett anderer Kontinent. Stellen Sie sich einen Asylbewerber vor, der sich in Deutschland zurechtfinden muss. Es dauert Jahre, um in der Tiefe zu verstehen, wie dieses Land tickt. Übertragen Sie das auf die Arbeitswelt: Egal, was Sie erreicht haben, bevor Sie den Schritt in ein unternehmerisches Wagnis schaffen: Sie müssen eine komplett andere Kultur verstehen und leben lernen. Nehmen Sie sich die Zeit dafür. Sie müssen oft eine harte Prüfungszeit einkalkulieren – denn allem Mut zum Trotz läuft nicht alles unproblematisch: Vor einigen Jahren sind bei einem Weltmarktführer für Spezialkrane fünf der leitenden Ingenieure zu dem Entschluss gekommen: »Das können wir auch selbst, das schaffen wir auch ohne die anderen!« Ein Risikokapitalgeber und eine Bank waren schnell gefunden und haben eine achtstellige Summe zugeschossen. Nur: Was gut in einem Kontext funktioniert – nämlich in einer großen Organisation –, muss noch längst nicht in einer eigenen Firma klappen. Die Ingenieure haben zu viel Zeit für den Aufbau der Firma verbraucht. Ihre Produkte waren besser und billiger, sie konnten nur nicht liefern. Es tauchte ein Engpass nach dem anderen auf und am Ende waren sie finanziell ausgetrocknet. Auch unternehmerische Mut-Bürger dürfen die harte Anfangszeit nie unterschätzen.

weitergedacht.jpg Weitergedacht: Braucht unternehmerischer Mut nicht immer ein gewisses Tempo?

Sie werden in diesem Buch immer wieder lesen, dass unternehmerischer Mut Geschwindigkeit braucht. Ohne ein ordentliches Grundtempo gibt es keine »Abfluggeschwindigkeit«. Der »Flieger« würde nie den Boden verlassen. Aber am Anfang gilt: Gut Ding will Weile haben. Schnell in eine Bruchlandung zu starten bringt nichts!

Brandbeschleuniger 3: Einfach und klar

flamme_zitat.jpg»Die Seele denkt nie ohne ein Bild.«

Aristoteles

Das ist eines meiner Lieblingszitate. Was heißt das für uns? Wir können nur etwas anpacken, wenn wir wissen, worum es geht. Wenn wir in uns dieses Mosaik von Zuversicht, Hoffnung, Kompetenz und Zähigkeit tragen und uns eine erfolgreiche Zukunft vorstellen können. Die Voraussetzung, die wir mit diesem Brandbeschleuniger diskutieren, heißt: »einfach und klar«. Dies bezieht sich auf die Tatsache, dass wir intuitiv verstehen müssen, worum es geht. Was hilft uns ein wunderbares theoretisches Wissen, das in den Hirnwindungen einiger Intellektueller vielleicht sogar sinnvoll ist? Ich habe meine schriftlichen Abschlussprüfungen als Soziologe über »Selbstreferentielle autopoietische Systeme« sowie »lernende Organisationen« mit der Note »Sehr gut« abgeschlossen. Aber wie ein Unternehmer tickt, habe ich eher während meines Schülerjobs bei einem Fleischermeister gelernt. Der hatte eine neue Filiale eröffnet, die leider erst einmal gar nicht gut lief. Der tägliche Kampf um Kunden, Qualität und Rentabilität war für mich, live erlebt, spannender als jeder Kinofilm, obwohl ich noch sehr jung war … und damals sehr oft ins Kino gegangen bin.

Natürlich sind das – es wird nichts Neues für Sie sein – zwei verschiedene Bereiche: auf der einen Seite das Wissen, auf der anderen Seite der Wille und die Tat:

flamme.jpgGrimms Märchen mit der darin enthaltenen Bauernschläue haben einen höheren Nährwert für unternehmerischen Mut als jedes betriebswirtschaftliche Lehrbuch an der Universität.

Jeder unternehmerische Zugewinn an Wissen und Erkenntnis muss von Ihnen im Kern als Prinzip so einfach und klar wie möglich abgespeichert werden. Dazu möchte ich Ihnen ein Beispiel geben. Es geht um einen bundesligaerfahrenen Sportprofi, hier Boris Petersen genannt, der eine bahnbrechende Innovation entwickelt hat. Sein verbessertes Sportgerät wird für jeden Sportler individuell auf die körperlichen Voraussetzungen hin angepasst. Dazu sind mehrere Arbeitsgänge nötig. Das ist ein aus meiner Sicht recht einfacher Kernprozess.

Für Boris Petersen, den ich beraten habe, waren aber alle Schritte eine echte Herausforderung, vom ersten Kundenkontakt bis zur Auslieferung und dem Wunsch einiger Kunden, ihre Rechnungen in Raten zu bezahlen. Was für ein Durcheinander! Was für eine Komplexität, die fast alle Neugründer trifft! Aber ein Durcheinander, das mit unternehmerischem Mut leicht zu beherrschen ist!

Wir haben dazu ein Flowchart angefertigt und alle entscheidenden Schritte im Kernprozess definiert und auf ein Flipchart gepackt. So wurde die Komplexität reduziert und bildlich wiedergegeben. Herr Petersen hängte das Flowchart in seinem Büro auf und strahlte beim nächsten Treffen: »Sie haben recht, es ist einfach.« Er hatte nun ein Bild vor Augen und konnte es »begreifen«.

weitergedacht.jpg Weitergedacht: Wie werden Leistungen selbstverständlich?

»Wie können Sie das nur? Das würde ich nie hinkriegen!«

In meiner Zeit als Jongleur habe ich Sätze wie diese oft gehört. Dabei habe ich für sieben Bälle nur ein paar Jahre geübt und deswegen ist mir das Vorführen immer leicht gefallen.

Darum geht es: Wenn Sie beim unternehmerischen Denken und Handeln dranbleiben, werden die Dinge in Ihnen selbstverständlich. Es wird Ihnen einfach und klar.

Brandbeschleuniger 4: Unterstützende Wegbegleiter finden

Ein Blick zurück: »Lutz, vor welcher Sache hast du Angst, die du vor 20 Jahren noch nicht gekannt hast?« Eine einfache Frage eines wunderbaren Coachs und Freundes. Die Frage kommt genau zur richtigen Zeit. Ich kämpfe mit einer unternehmerischen Grundsatzentscheidung. In welche Richtung soll mein Lebensweg weitergehen? Nach einer Insolvenz und dem Verbrennen eines Großteils meines Kapitals sehe ich nur noch »schwierige Wege« vor mir. Ohne Freunde, Mentoren und vor allem ohne meine Ehefrau hätte ich nie den Mut gehabt, wieder richtig zu träumen und die Schritte in die richtige Richtung zu lenken. Wichtig sind weniger die Worte der anderen, entscheidend ist vielmehr die Haltung, die dahintersteht. Eine Haltung, die Vertrauen und Zuversicht ausdrückt. Wir dürfen nie unterschätzen, wie sehr wir unterstützende Beziehungen brauchen. Gerade in den ersten Monaten als neue Führungsperson, den ersten Jahren einer selbstständigen Existenz muss unser inneres Feuer auch mithilfe von fördernden Chefs, Mentoren oder Freunden am Lodern gehalten werden. Wir sind zutiefst auf bejahende Beziehungen angewiesen.

flamme.jpgWir alle brauchen Menschen, die an uns glauben.

Letztes Jahr bekam ich einen Anruf von einer Unternehmerin, die zwei Redneragenturen für Hochzeiten und Beerdigungen aufgebaut hat. Zwei nach außen hin völlig getrennte Firmen, obwohl die Redner dieselben Menschen sind. Sie wollte sich bei mir bedanken. Sie ist fünf Jahre vorher mit einer anderen Idee in ein Beratungsgespräch mit mir gegangen und hatte den Entschluss gefasst: »Wenn der Experte das gutheißt, dann mache ich das.« Ihre ursprüngliche Idee war wirklich schlecht. Ich konnte kein tragfähiges Geschäftsmodell entdecken und habe ihr dringend abgeraten. Mein letzter Satz lautete aber: »Wenn Sie mit Ihrer Power und Freude etwas anderes aufbauen wollen und Sie ein schlüssiges Businessmodell haben, bin ich mir sicher, dass Sie das dann schaffen.« Dieses »Da glaubt jemand an mich« hat ihr die Hoffnung gegeben, sich nochmals hinzusetzen und die Idee grundsätzlich zu überdenken – mit Erfolg.

weitergedacht.jpg Weitergedacht: Verfügen Sie über solide Beziehungen für unternehmerischen Mut?

Wenn Sie zu den wenigen Menschen gehören, die von positiven, bejahenden und starken Menschen umgeben sind: Respekt. Und Glückwunsch!

Denn es ist eher davon auszugehen, dass Sie an solchen Beziehungen arbeiten müssen. Die Erfahrung zeigt leider, dass Sie in Ihrem Umfeld entweder Menschen haben, die Sie demotivieren, die Ängste streuen und die am Status quo fest halten wollen – oder Menschen, die Sie über die Maßen loben, obwohl Ihre Idee keine Chance am Markt hat, die Sie zwar emotional unterstützen, aber rational im Stich lassen.

Suchen Sie sich Menschen, die Ihnen wirklich – und das heißt auch: realistisch! – helfen wollen, Ihren unternehmerischen Mut zu entfalten und zu nutzen.

Mein Tipp: Es gibt in diesem Zusammenhang viele Profis mit dem Wunsch, ihr Wissen weiterzugeben. Sie wollen dann aber auch sehen und wissen, dass Sie an den Dingen arbeiten. Auf Beschäftigungstherapie hat niemand Lust.

Brandbeschleuniger 5: Produktiver Umgang mit Rückschlägen

flamme.jpgWir lernen nicht aus Fehlern anderer. Wir müssen sie selbst machen.

Ich habe bis heute – mit gemischten Gefühlen – den Satz eines Stars der Motivationstrainerbranche im Ohr: »Sie müssen nur einmal mehr aufstehen, als Sie hinfallen.« Der Satz stimmt und ist gleichzeitig unmenschlich und dumm. Besonders das »nur« liegt mir im Magen. Denn es gibt auch »Profis«, die 30 Jahre lang immer wieder aufstehen und immer wieder den gleichen Fehler machen. Einfach aufstehen und weitermachen ist nicht immer die richtige Lösung!

Bevor wir die Möglichkeiten, mit Rückschlägen produktiv umzugehen, vertiefen, eine grundlegende Frage: »Leiden Sie an Fallsucht?« Diese Frage ist wichtig: Denn es gibt Menschen, die suchen Rückschläge wie Motten das Licht. Sie suhlen sich im Elend, und da Not Gemeinschaft sucht, haben sie Freunde, die sie genau dabei unterstützen. Die bei jeder irren Idee sagen: Hey, super, leg mal los, klappt bestimmt! Die eigentlich keine (Markt-)Ahnung haben, aber ihren Freund ins Verderben laufen lassen, weil er eigentlich keine funktionierende Idee hat und dabei im Elend verhaftet bleiben wird. Aber die Freunde sind ja so lieb. Und dann gibt es im Gegenzug die Menschen, die etwas gewagt haben, einen Rückschlag hingenommen haben – und deren Umfeld klar erkennt, was falsch lief und was besser laufen kann. Die aus Rückschlägen etwas lernen! Etwas über Strategie. Oder über den Markt. Oder über das Produkt. Oder das Marketing. Oder die Resilienz und die Kraft, erstens zu lernen, zweitens zu ändern, drittens mit dem geänderten, optimierten Konzept weiterzumachen. Ins Laufen zu kommen.

Kennen Ihre Freunde Sie nur leidend, weil nichts so richtig klappen will in Ihrem Leben? Unternehmerischer Mut heißt, ins Laufen zu kommen. Dass Sie ein Ziel vor Augen haben und sich darauf zubewegen. Dann können Rückschläge sehr produktiv sein. Für Wut-Bürger gilt das nicht. Sie hängen in ihrer Empörungsdauerschleife fest und grüßen jeden Tag das Murmeltier.

blitz.jpgWer hinfällt, muss keine Bodenanalyse betreiben.

Haben Sie schon einmal überlegt, dass es sinnvoll ist, sich bei Ihren Rückschlägen zu bedanken? Denn der produktive Umgang mit Rückschlägen gibt Kraft. Auch hier fängt es mit einem Entschluss an. Dem Entschluss, sich den unbequemen Fragen der Rückschläge zu stellen. Die Fragen sind hart, aber simpel:

Ich gebe Ihnen ein persönliches Beispiel: Mein Job bringt lange Autofahrten mit sich. Einmal habe ich mir auf dem Weg von Ulm nach Hamburg eine Liste mit den Top Ten meiner größten beruflichen Niederlagen erstellt. Dinge, an denen ich richtig zu knabbern hatte. Eine Insolvenz, Kündigung direkt im Urlaub, vergeigte Aufträge, missbrauchtes Vertrauen und Ähnliches. Als ich nach Stunden zu Hause angekommen war, war ich richtig glücklich und zufrieden. Glücklich zu sehen, dass langfristig gesehen alle Rückschläge mich stark gemacht haben. Dass mir dies alles zum Besten diente und dient. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Es musste so sein. Es hat mich zufrieden gemacht, denn ich habe aus jedem einzelnen Rückschlag, aus jedem Fehler gelernt.

Können Sie das zulassen? Fehler tun weh. Rückschläge fühlen sich vielleicht wie eine Blamage an. Aber das ist Quatsch. Es sind Lektionen, die uns besser machen!

Alle Menschen erleben das – aber nur wenige lernen daraus. Die meisten lassen sich einschüchtern: »Ich kann das halt nicht richtig.« Aber was?! Sie können es schon ein ganzes Stück weit – und der Rückschlag zeigt, wo noch Verbesserungspotenzial ist. Lernen Sie daraus.

Glauben Sie mir, eine Insolvenz macht einen richtig fit im Unternehmensrecht, im Cashflow- und Krisenmanagement. Vor allem gibt es einen großen Schub in Ihrer Entwicklung zum Unternehmer. Wenn Sie richtig daraus lernen! Sie müssen sich Ihren Rückschlägen stellen und die wichtigen Fragen, die Herausforderungen, die Sie meistern müssen, an sich heranlassen und sie beantworten. Scheitern ist nur dann eine Chance, wenn Sie die individuellen Faktoren hinterfragen und »hinterrechnen« und daraus lernen. Es ist nicht die Schuld des Marktes oder der Zeit oder des Produkts oder der Geschäftspartner oder der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung – irgendwo haben Sie einen Denk- oder einen Rechenfehler gemacht, der einen Rückschlag herbeigeführt hat. Wenn Sie den gefunden haben, dann können Sie sich bei Ihren Rückschlägen bedanken, weil sie Ihnen die Chance gegeben haben, sich weiterzuentwickeln. Und mit dem »Danke« kommt die Kraft.

weitergedacht.jpg Weitergedacht: Sind aus Ihren Erfahrungen mit Rückschlägen Ressourcen geworden?

Ernst gemeint: Treffen Sie sich mit einem guten Freund oder einer guten Freundin, nehmen Sie eine Flasche Wein mit und feiern Sie Ihre Rückschläge. Wenn wir uns darüber freuen können, entwickelt sich Stärke. Die brauchen wir auf dem Weg zu unseren Zielen.

1. Flamme oder Asche – Mut-Bürger oder Wut-Bürger?

flamme_zitat.jpg»Die Zukunft hat viele Namen. Für die Schwachen ist sie das Unerreichbare. Für die Furchtsamen ist sie das Unbekannte. Für die Mutigen ist sie die Chance.«

Victor Hugo, französischer Schriftsteller

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Kennen Sie Jón Gnarr? Seinen Namen sollten Sie sich merken. Er ist ein Vorbild für Menschen, die zeigen, dass »es« geht. Bis zum 15. Juni 2010 kannten ihn die wenigsten, nur in Island war sein Name ein Begriff. Er war einer der bekanntesten Komiker und Musiker des Landes – dann ist er Politiker geworden. Aber vielleicht wollen Sie die ganze Geschichte hören.

Teil I:
Ja, ich kann – meine Möglichkeiten

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»Wir sind Helden«: Der Mut-Bürger und seine Lebensziele

Sie als aufmerksame Leser vermissen jetzt vielleicht meine Ausführungen zum sechsten Brandbeschleuniger, zu unseren Zielen. Doch dieser Brandbeschleuniger ist so wichtig für die Entflammung Ihres unternehmerischen Mutes, dass ich mich nun damit ausführlicher in einem eigenen Kapitel beschäftigen will.

Also: Der größte Brandbeschleuniger sind unsere Lebensziele. Ihre eigene Ausprägung vom unternehmerischen Mut in Ihrem Leben definieren Sie am besten über Ihre Ziele. Erfolg bedeutet, diese Ziele zu erreichen. Allerdings: Erfolg ist etwas extrem Subjektives. Was Sie als Erfolg betrachten, hängt individuell von Ihnen ab. Das »große Geld«, das der eine als Erfolg betrachtet, ist dem, der seinen Erfolg in Gerechtigkeit oder Liebe findet, nichts wert. Einigen wir uns daher auf die folgende knackige Definition von »Erfolg«:

flamme.jpgSie sind erfolgreich, wenn Sie Ihre selbst gesteckten Ziele erreichen.

Welche Ziele dies sind, bestimmen nur Sie selbst. Wer soll es auch sonst machen? Eltern, Kinder, Chef, Ehepartner oder Angela Merkel?

Von äußeren Erfolgen und innerem Scheitern