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Titel

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Eine kurze Einführung in die Erlebnispädagogik

2. Erlebnispädagogik im gemeindepädagogischen Kontext

3. Erlebnispädagogik und Spiritualität

4. Praktische Hinweise zur Umsetzung

5. Die erlebnispädagogischen Aktionen und Andachtsimpulse

1. Low V

2. Die Leiter

3. Der Jurtenkreis

4. Die Brücke

5. Die Wippe

6. Platzwechsel

7. Das laufende A

8. Nagelprobe

9. Der Weg zurück

10. Der Turm von Babel

11. Zeltbau

12. Der Lichterwald

13. Einsam im Nachtwald

14. Die Höhle

15. Der Moorpfad

16. Der Elektrozaun

17. Der Säuresee

18. GPS-Tour

19. Verlorene Schätze

20. Natur im Bilderrahmen

Zusatzmaterial für fachlich qualifizierte Anleiter/innen

21. Die Burma-Brücke

22. Toprope-Klettern

23. Leitersprung

6. Erlebnispädagogik in der Evangelischen Jugend im Kirchenkreis Schwelm

Nachwort

Bibelstellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Vorwort

Im Frühjahr 2012 haben wir – eine Gruppe von Mitarbeitenden der Evangelischen Jugend im Kirchenkreis Schwelm – uns auf den Weg gemacht, um im Rahmen eines Praxisworkshops neue Möglichkeiten einer ganzheitlichen Verkündigung des Evangeliums auszuprobieren.

In der EKD-Studie „Kirche und Jugend“ wird festgestellt: „Immer weniger Jugendlichen gelingt es, religiöse Dimensionen sprachlich zu kommunizieren und religiöse Verweise oder Prägungen in kulturellen Ausdrucksformen zu entziffern“ (EKD 2010:14).

Wir wollen auf die sich ausbreitende „religiöse Sprachkrise“ (empirica 2012:9) mit dem erlebnispädagogischen Ansatz vom Lernen mit Kopf, Herz und Hand reagieren und eine ganzheitliche Verkündigung im Dreiklang von Denken, Fühlen und Tun ausprobieren.

Geleitet sind wir von der Überzeugung, dass die existenziellen Erfahrungen von Menschen mit Gott, die in den biblischen Geschichten beschrieben werden, durch erlebnispädagogische Aktionen nachvollzogen werden können. Wir glauben, dass sich erlebnispädagogische Übungen im weiteren Sinn als handlungs- und erfahrungsorientierte Gleichnisse ausführen lassen, mit deren Hilfe Menschen eine Vorstellung vom Reich Gottes entwickeln können. Die Bildebene des Gleichnisses oder der Geschichte wird dabei durch eine erlebbare – Emotionen und Reaktionen auslösende – erlebnispädagogische Aktion ersetzt oder ergänzt und veranschaulicht so einen Sachverhalt oder macht ihn erlebbar.

In der vorliegenden Praxishilfe beschreiben wir nach einer kurzen Darstellung der Grundlagen der Erlebnispädagogik und ihrer Verortung im gemeindepädagogischen Kontext die von uns erprobten erlebnispädagogischen Aktionen und Übungen, geben Hinweise zur Reflexion und machen Vorschläge für Verkündigungsimpulse. Unser Schwerpunkt liegt dabei nicht auf der Entwicklung neuer erlebnispädagogischer Settings (hier findet sich eine große Auswahl in der einschlägigen Literatur), sondern in der Verknüpfung mit den in der Bibel überlieferten „Glaubensgeschichten“.

Die Methodenvorschläge und Verkündigungsimpulse sind nicht als abschließende Anleitungen zu verstehen, sondern erfordern eine eigenständige, an die jeweilige Gruppensituation angepasste Umsetzung. Für die Durchführung einiger Aktionen ist eine fachsportliche oder erlebnispädagogische Qualifikation unerlässlich. Alle Übungen erfordern Sensibilität und Erfahrung im Umgang mit Gruppenprozessen. Dass die erlebnispädagogischen Prinzipien wie Freiwilligkeit, Toleranz und Respekt beachtet werden, setzen wir voraus.

Wir wünschen viele gute Erfahrungen und Einsichten beim Ausprobieren unserer Ideen!

Autorenfoto-Andre-ADAB6.tif

André Hagemeier

An der Erprobung, Gestaltung und Ausarbeitung dieser Praxishilfe waren folgende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Evangelischen Jugend im Kirchenkreis Schwelm beteiligt:

Julia Bellingrath (auch Grafiken), Christina Brück, Lisa-Marie Grüner, André Hagemeier, Lea Hagemeier, Esther Klein, Aaron Liphardt, Lisa Nüssing, Ruben Ullrich, Christopher Wichmann

1. Eine kurze Einführung in die Erlebnispädagogik

Als „Vater der Erlebnispädagogik“ gilt im deutschsprachigen Raum Kurt Hahn, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts reformpädagogische Ansätze zu einem handlungs- und erlebnisorientierten Gesamtkonzept zusammenfasste. Seine „Erlebnistherapie“ bestand aus vier Elementen: körperliches Training, Dienst am Nächsten, Expedition und Projekt. Sie sollten den von ihm diagnostizierten gesellschaftlichen Mangelerscheinungen entgegenwirken: dem Mangel an körperlicher Tauglichkeit, an menschlicher Anteilnahme, an Sorgsamkeit und an Initiative.

Auf der Basis dieser Ansätze und verstärkt durch die Einflüsse des „handlungsorientierten Lernens“ aus dem anglo-amerikanischen Raum entwickelte sich seit den 1970er Jahren die „moderne Erlebnispädagogik“ mit vielfältigen Programmtypen, Arbeitsfeldern und Zielgruppen.

Dazu gehören beispielsweise arrangierte Lernszenarien zur ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung im Bildungs- und Erziehungsbereich sowie Seminare zur Teamentwicklung und zum Konfliktmanagement im Bereich der Aus- und Weiterbildung, aber auch Trainingseinheiten zur Bekämpfung von Verhaltensauffälligkeiten im Bereich der Sozialen Arbeit. Im freizeitpädagogischen Arbeitsfeld werden erlebnispädagogische Kurzzeitangebote zur Entspannung, Erholung, Erkundung neuer Räume und Aktivitäten und zur Erprobung eigener Fähigkeiten eingesetzt.

Die Erlebnispädagogik hat sich als eigenständiges Teilgebiet der Pädagogik profiliert, als methodisches Prinzip etabliert und spielt in der gegenwärtigen Diskussion eine wichtige Rolle. Im Freizeitbereich und in der Sozial- und Jugendarbeit gehören erlebnispädagogische Angebote mittlerweile zum Standardprogramm (vgl. Paffrat, 2013: 20ff).

Erlebnispädagogische Konzepte und Angebote, wie zum Beispiel die Hoch- und Niedrigseilgärten, haben sich zu einem eigenständigen Bereich der Freizeitindustrie entwickelt. „Kletterwälder“ und „Hochseilgärten“ entstehen an allen Ecken der Republik und sind unvermindert populär.

Erlebnispädagogik heute wird beschrieben als „handlungsorientiertes Erziehungs- und Bildungskonzept. Physisch, psychisch und sozial herausfordernde, nicht alltägliche, erlebnisintensive Aktivitäten dienen als Medium zur Förderung ganzheitlicher Lern- und Entwicklungsprozesse. Ziel ist es, Menschen in ihrer Persönlichkeitsentfaltung zu unterstützen und zur verantwortlichen Mitwirkung in der Gesellschaft zu ermutigen“ (Heckmaier/Michel zit. n. Paffrat, 2013:21).

Um diese Lern- und Entwicklungsprozesse zu ermöglichen, gestaltet man nach den folgenden Prinzipien „Lernräume“:

Erlebnispädagogische Maßnahmen sind dadurch gekennzeichnet, dass der oder die Einzelne mit sich und/oder in der Gruppe intensive Erfahrungen durchlebt, die den Kern der eigenen Persönlichkeit berühren und mit denen er oder sie sich zuerst handelnd und dann reflexiv auseinandersetzt (vgl. Reinders, 2003:15).