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TopfFit!

Der natürliche Weg mit oder ohne Windeln

von Laurie Boucke


Vorwort

Ein Baby von Geburt an oder in den ersten Lebensmonaten aufs Töpfchen setzen?

Die meisten Menschen in den Industrieländern lachen über die bloße Idee, dass ein Säugling in der Lage sein soll, so mit vertrauten Erwachsenen zusammenzuarbeiten. Und doch ist es in weiten Teilen der Welt lebendige Tatsache und Teil des Bindungsprozesses. Es ist der natürlichste und instinktivste Weg, mit den Ausscheidungsfunktionen umzugehen, und es ist ein akzeptierter Teil der nähebetonten Erziehung in vielen Gesellschaften.

Das Abhalten basiert auf einer Art des Ausscheidungstrainings, die in großen Teilen Asiens, des ländlichen Subsahara-Afrikas und Südamerikas angewendet wird. In diesem Buch ist die Technik in verschiedener Hinsicht an den urbanen westlichen Lebensstil angepasst worden. Es werden Waschbecken, Töpfchen, Toiletten oder andere Behälter benutzt, Ausscheidungspositionen werden variiert, und zeitweise kann auf Windeln zurückgegriffen werden.

Dieses Buch ist meine dritte Arbeit über Ausscheidungstraining bei Säuglingen. Zuerst kam 1991 Trickle Treat: Diaperless Infant Toilet Training Method (nicht mehr verlegt). Dieses Buch wurde als Resultat meiner eigenen Erfahrungen mit der TopfFit-Methode geschrieben und war auch inspiriert dadurch, dass es keine anderen Bücher zu dem Thema gab. Dann folgte im Jahr 2000 Infant Potty Training: A Gentle and Primeval Method Adapted to Modern Living, ein 2002 neu aufgelegter, 500 Seiten starker Wälzer mit ausführlichen Forschungen, vielen langen Erfahrungsberichten und einer großen Auswahl an Fotos. Und jetzt haben wir TopfFit!: Der natürliche Weg mit oder ohne Windeln (im engl. Original 2003 erschienen), ein Buch, das Attribute beider vorher gegangener Arbeiten kombiniert und auch einige neue Forschungen mit einschließt.

Warum drei Bücher über TopfFit? Die Meinung der westlichen Medizin hat begonnen, sich zu ändern. Inzwischen ist man sich uneinig über die verbreitete Ansicht, Babys müssten »bereit« sein für das Sauberkeitstraining und auch über das Alter, in dem Babys damit anfangen können, etwas Schließmuskelkontrolle zu erlangen. Gleichzeitig ist das Interesse an TopfFit ständig gewachsen, und Eltern hungern nach detaillierten Informationen über diese angenehme Methode.

Eine Variante der TopfFit-Methode wurde bis ca. 1950 etwa 50 Jahre lang in den westlichen Ländern genutzt. Von 1914 bis 1945 wurde die Methode durch die Regierung der Vereinigten Staaten in zahlreichen Ausgaben ihrer Publikation Infant Care gutgeheißen. Andere Stellen und Experten empfahlen dasselbe. Leider waren einige der Praktiken eher harsch und führten zu dem Schluss, dass jede Form von frühem Sauberkeitstraining schlecht sei. Zum Beispiel basierte die Methode damals auf einem fixen Zeitplan der Mutter oder Pflegerin und nicht auf den natürlichen Ausscheidungszeiten des Babys. Den Signalen des Babys wurde wenig Bedeutung beigemessen. Auch Seifenstöckchen (um Stuhlgang zu stimulieren), Strafen und Zwang wurden manchmal genutzt. (Diese sind beim TopfFit absolut unerwünscht!) Danach kam die Toleranz des Dr. Spock, das verspätete Toilettentraining oder »Warten, bis das Baby selbst sauber wird« des Dr. Brazelton, Theorien über die Bereitschaft des Babys und die millionenschwere Wegwerfwindelindustrie. Dies alles hat es geschafft, die TopfFit-Methode nicht nur vollständig aus dem westlichen Denken auszuradieren, sondern führt auch zu Missverständnissen und Angst sowie dazu, dass diese Methode vielen lächerlich erscheint.

1975 verglich Jean Liedloffs Auf der Suche nach dem verlorenen Glück (The Continuum Concept) die Erziehungsmethoden der modernen westlichen Kultur mit denen der in den Regenwäldern Venezuelas lebenden Yequana-Indianer und begann damit, das Pendel zurück schwingen zu lassen zu natürlicheren und instinktiveren Mitteln der Erziehung. Das Continuum Concept legt großes Gewicht auf die Im-Arm-Phase, in der eine Mutter oder andere Betreuungsperson 24 Stunden am Tag in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Baby ist (teilweise mit Hilfe einer Tragehilfe, vorzugsweise eines Tragetuchs), und zwar von Geburt an, bis das Baby anfängt zu krabbeln, also etwa mit 6 Monaten. Zu diesem Zeitpunkt kann das Baby den Betreuer aus freien Stücken verlassen und wieder zurückkehren. Liedloff vertritt die Ansicht, dass die Menschen in den Industrieländern gelehrt werden, ihre instinktiven Gefühle zu missachten, die die Im-Arm-Phase, das Schlafen mit dem Baby, das Stillen und das Antworten auf das Weinen des Babys unterstützen würden. Wir haben eine natürliche Sehnsucht danach, unseren Babys nahe zu sein, aber wir sind gelehrt worden viele unserer elterlichen Instinkte zu verleugnen. Wir akzeptieren die Auffassung, dass unsere Babys nur unabhängig und unverwöhnt aufwachsen können, wenn wir sie allein (schreien) lassen.

In den frühen 1980er Jahren erfand der Kinderarzt William Sears einen neuen Begriff für das Continuum Concept und brachte seinen eigenen intuitiven, berührungsbetonten und auf das Baby reagierenden Erziehungsstil einem größeren Publikum nahe. Er nannte ihn »Attachment Parenting« (AP) und definierte ihn mit Hilfe der 5 »Baby-Bs« des bonding (Bindung), breastfeeding (Stillen), bed-sharing (gemeinsames Schlafen), baby-wearing (Tragen) und belief in baby’s cries (Glauben, dass auf das Weinen des Baby eingegangen werden muss).

Interessanterweise ist TopfFit in Gesellschaften, in denen AP seit Jahrhunderten praktiziert wird, ebenfalls die Norm. In diesem Sinne betrachte ich es als 6. »Baby-B« (Blasen- und Enddarm-Bewusstsein und Kommunikation darüber) und hoffe, dass es eines Tages als integraler Bestandteil des AP anerkannt wird.

Die Leserinnen und Leser sollten daran denken, dass jedes Baby einzigartig ist und sich in seinem eigenen persönlichen Tempo entwickelt. Eltern und Betreuer, die diese Methode mit einem gesunden Baby in einer stabilen häuslichen Situation nutzen möchten, die sie korrekt anwenden und die Geduld, Hingabe und Sorgfalt einbringen, sollten in der Lage sein, Erfolg zu haben.

Laurie Boucke
Lafayette, Colorado

Einführung

von Prof. Dr. Marten W. DeVries

Sauberkeitstraining ist ein wichtiger Entwicklungsmeilenstein in allen Gesellschaften und daher von allgemeinem Interesse für Mütter und Familien. Weltweit haben Kulturen ihre charakteristischen Methoden des Ausscheidungstrainings und untermauern ihre Ansätze mit bestimmten Ideen darüber, was ein Baby ist, kann und tun sollte.

Wer die Erziehungsmethoden in verschiedenen kulturellen Situationen studiert und beobachtet hat, ist beeindruckt von der Vielfalt der Ideen, Erwartungen und Praktiken, die Eltern und Familien im tagtäglichen Umgang mit ihren Babys und Kindern leiten. Eine Beobachtung des einflussreichen Anthropolgen Caudill, der in den 1950er und 1960er Jahren japanische und amerikanische Säuglingsentwicklung und Pflegepraktiken verglichen hat, hat immer als unanfechtbare Weisheit aufgeragt. Er war betroffen von der Tatsache, dass die Reaktionen auf die Pflegepraktiken, die er bei den Säuglingen beobachtete, in beiden Kulturen im Einklang mit den weiteren Erwartungen für das Verhalten waren. Zum Beispiel war in den Vereinigten Staaten die Erwartung, dass ein Individuum körperlich und verbal durchsetzungsfähig sein sollte, im Säuglingsverhalten wie auch in der Erziehung zu beobachten, während es in Japan die Erwartung war, dass ein Individuum körperlich und verbal zurückgenommen sein sollte. Während meiner Feldstudien in Ostafrika in der Mitte der 1970er Jahre war ich ähnlich beeindruckt davon, wie kulturelle Werte mit den konstitutionellen Besonderheiten des Babys wechselwirkten.

Aus der kulturübergreifenden Perspektive zeichnen sich zwei Punkte ab, die bezüglich dieses Buches von Interesse sind. Der eine ist, dass die Kultur und die Familie ihre oftmals evolutionär und sozial sehr gut begründeten Ideen davon, was ein Säugling tatsächlich kann, auf das Baby projizieren und dadurch das Verhalten des Säuglings formen. Der andere – getragen durch über 40 Jahre ethnographischer und experimenteller Studien – ist, dass Säuglinge bei der Geburt und während des ersten Jahres zu einem immensen Repertoire an Verhalten fähig sind. Diese beiden Aspekte – dass ein Säugling empfänglich ist zu lernen und eine immense Spanne an Verhaltensweisen ausführen kann und dass er offen ist, durch Familie und Kultur geformt zu werden – bieten die logische Erklärung für dieses Buch.

Frau Boucke bietet unter Verwendung von Beobachtungen an Säuglingen und mütterlichen Kommentaren einen praktischen, aktuellen Führer für das Sauberkeitstraining. Dabei tritt sie in die Fußstapfen früherer anthropologischer Feldstudien, die auf Geber zurück gehen. Diese kulturübergreifenden Studien haben die verschiedenen Perspektiven und das Ausmaß der Möglichkeiten beleuchtet, die westlichen Müttern offen stehen. In Fotos, Erfahrungsberichten und Beschreibungen bringt Frau Boucke diese Informationen in einer allgemein verständlichen Sprache zu den westlichen Lesern. Die Lektion, die wir von Frau Boucke und den traditionellen Gesellschaften lernen können, ist, dass das Abhalten von Säuglingen weit mehr ist als nur eine lästige und schmutzige Pflicht. Es ist eine wichtige Möglichkeit für Familie und Baby sich kennen zu lernen. Boucke widerlegt die westliche Ansicht, dass frühes Training zwanghaft oder potentiell gefährlich in Hinblick auf die Persönlichkeitsformung ist, indem sie aus der ganzen Welt Stichproben dafür anführt, dass Töpfchentraining tatsächlich eine wohltuende Erfahrung sein und helfen kann, einen kompetenten Säugling groß zu ziehen. Ihre Auswahl von Fotos und Kommentaren macht klar, dass Töpfchentraining alles andere als harsch sein kann.

Heutzutage ist es – dank der Vorteile der Windeltechnologie – nicht notwendig, dass Familien die über die Zeit bewährte TopfFit-Methode anwenden. Aber sie ist eine ernstzunehmende und effektive Alternative, wie Frau Boucke anhand von Beispielen aus Asien, Afrika und den Vereinigten Staaten klarmacht. Ihre Bücher Infant Potty Training und TopfFit! bieten Müttern die Gelegenheit, mit ihren Kindern auf eine neue, kreative und liebevolle Weise zusammen zu sein. Ich finde, dass der praktische Rat der Autorin und ihre klaren Beschreibungen einen förderlichen Beitrag zur Literatur für Familien, Kinderärzte und zur allgemeinen Erziehung darstellt.

Marten W. DeVries, Maastricht, 2000

Ein paar grundlegende Fragen

In diesem Buch geht es darum, mit Säuglingen zu kommunizieren und zusammen zu arbeiten, um liebevoll, sanft und behutsam das zu erreichen, was man gemeinhin als »sauber werden«, »Töpfchentraining« und so weiter bezeichnet. Aber diese Methode ist nicht mit dem Toilettentraining zu vergleichbar, das allgemein in den Industrienationen üblich ist. Idealerweise beginnt man mit der TopfFit-Methode – dem Abhalten – zwischen der Geburt und dem Alter von etwa 6 Monaten (oder genauer gesagt dem Alter, wenn das Baby erstmals mobil wird), wenn die erste sensible Phase für diese Art von Lernen ist.

Vielleicht ist die größte Besonderheit dieser Methode, dass Eltern normalerweise anfangen, mit dem Baby zu arbeiten, bevor es selbstständig sitzen kann. Statt erst anzufangen sich über das Sauberwerden zu informieren, wenn das Kind die ersten Schritte macht, ist die beste Zeit für Eltern um sich mit dieser Methode vertraut zu machen, die Schwangerschaft oder die ersten Wochen/Monate nach der Geburt.

Wer kann diese Methode benutzen?

Dieses Buch ist für Eltern, werdende Eltern, Großeltern, Kindermädchen und jeden anderen gedacht, der sich dafür interessiert, wie man liebevoll und geduldig zum frühestmöglichen Zeitpunkt mit dem Baby auf die eigenständige Sauberkeit hin arbeitet. »Säugling« ist hier das entscheidende Wort, im Gegensatz zu »Kleinkind«, da die Eltern in den ersten Monaten des Lebens beginnen mit dem Säugling als Team zusammenzuwirken.

Diese Methode behauptet nicht von sich die Methode für jeden zu sein, aber Eltern sollten zumindest die Fakten darüber kennen, wenn sie darüber nachdenken, auf welche Art ihr Kind sauber werden soll. Kinderärzte und andere Mitglieder der medizinischen Gemeinde sollten belesen genug sein diese Methode mit interessierten Eltern zu besprechen.
Die TopfFit-Methode wird am besten genutzt durch:

Was braucht man dafür?

Zeit, Sorgfalt, Geduld und Übung. Wenn du diese Eigenschaften nicht einbringen oder dir diesbezüglich Hilfe organisieren kannst, ist dies nicht die richtige Methode für dich und dein Baby.

Wie lange dauert es?

Das Sauberkeits-Lernen von Säuglingen und die Kommunikation darüber ist ein Prozess, der sich allmählich entwickelt und über viele Monate erstreckt, nicht unähnlich dem des Laufen- oder Sprechenlernens. Genau wie mit anderen großen Fertigkeiten, braucht dies Monate des Übens. Eltern, die anfangen, bevor ihr Baby 6 Monate alt ist, sollten sich darauf einstellen können, irgendwann um den 2. Geburtstag herum fertig zu sein. Viele Babys sind bereits um 18 Monate herum sauber und trocken, aber um eine entspannte und geduldige Einstellung zu haben, sollte man sich lieber auf eine möglichst lange Zeit einrichten. Wenn ihr dann vorher fertig seid, ist das ein besonderer Bonus. Das jüngste »saubere« Alter, das ich in den USA erlebt habe, ist 10 Monate (siehe Kapitel »Erfahrungsberichte«), aber dies ist sehr ungewöhnlich und sollte nicht euer Ziel sein.

Betrachtet diese Methode als etwas, das bezüglich Zeit, Intimität und Bonding dem Stillen verwandt ist. Für TopfFit ist ein hingebungs- und und liebevoller Erwachsener nötig. Dies ist keine Methode für eilige Eltern. Es kann zum Aufgeben führen, wenn man zu früh zu viel erwartet.

Mütter, die sich nicht auf die westliche Standard-Definition von »Saubersein« begrenzen, sind offener dafür, verschiedene Schritte und Entwicklungsstufen auf dem Weg zu erkennen, wertzuschätzen und zu genießen – und diese neue Perspektive bringt eine neue Antwort auf die Frage, wie lange es dauert. Es dauert normalerweise 6 Monate bis zwei Jahre – abhängig von den Umständen (Anfangsalter, individuelle Lernkurve, gute Gesundheit, positive Umgebung, Konsistenz der Betreuer usw.) und der eigenen Definition von »Saubersein« (Fähigkeit, auf ein Stichwort hin loszulassen, Fähigkeit anzuhalten und zu warten, Wichtigkeit oder Unwichtigkeit von Kleidung, vollständige Eigenständigkeit).

Ist es sicher?

Selbstverständlich! Hier sind viele vernünftige und sichere Richtlinien für das Halten und die Zusammenarbeit mit deinem Baby zusammengestellt. Wenn man sich an diese Anhaltspunkte hält, kann dem Baby kein psychischer oder körperlicher Schaden entstehen. Strafen, Zorn und Kontrolle sind nicht Teil dieser Methode. Statt dessen müssen Eltern sich in Geduld und Sanftmut üben, die Signale ihres Babys beobachten und beantworten, wann immer es sinnvoll möglich ist, und ihr Baby mit intelligenter, achtsamer und liebevoller Behutsamkeit behandeln.

Woher weiß ich, wann mein Baby muss?

Wann ein Baby muss, lässt sich durch eine oder mehrere der folgenden Möglichkeiten feststellen:

Funktioniert das wirklich?

Ja, aber nicht ohne Übung und ein wenig Mühe. Erfolg stellt sich nicht einfach von allein ein. Mindestens ein engagierter Erwachsener und mehrere Monate Ausdauer sind nötig, damit ein Baby »topffit« wird. In den meisten Fällen gibt es tägliche Belohnungen für Baby und Betreuer, gleich von den ersten Tagen oder Wochen an. Die Kommunikation des Babys wird anerkannt und ermutigt. Eltern sind oft verblüfft über den hohen Grad der Bewusstheit ihres Babys und sind entzückt, wenn sie diese besondere Form der Kommunikation und Offenheit mit ihrem Säugling erleben.

Muss mein Baby nackt sein?

Das ist nicht notwendig. Viele Eltern lassen das Baby zwischen den Töpfchenbesuchen Windeln oder Trainingshöschen tragen, während andere es vorziehen, das Baby die meiste Zeit über »unten ohne« oder nackt zu lassen. Kurz: Es ist eine Frage der persönlichen Vorlieben und des Lebensstils.

Kann ich noch anfangen, wenn mein Baby älter als 6 Monate ist?

Wenn diese Methode eine Saite in dir zum Schwingen bringt, wenn sie sich richtig anfühlt für dich und dein Baby, dann – ja – ist es vollkommen in Ordnung, es zu versuchen (trotz aller Angstmacherei, die das Gegenteil behauptet). Obwohl das erste und effektivste Lernfenster normalerweise um das Alter von etwa 6 Monaten herum endet, bleiben einige Babys auch später noch aufnahmefähig. Und es werden sich andere Gelegenheitsfenster im Laufe der Entwicklung eines Babys öffnen. Beispielsweise sind viele Babys im Alter von 8 bis 12 Monaten, 18 Monaten oder 24 Monaten wieder bereit für das Sauberkeits-Lernen. Da jedes Kind einzigartig ist, gibt es keine Möglichkeit, sicher im Voraus zu wissen, ob dein Baby über das Alter von 6 Monaten hinaus aufnahmefähig bleibt. Abhängig vom Alter des Babys kann es sein, dass du an einiges etwas anders herangehen musst.

Ist TopfFit auch »in Teilzeit« / mit Tagesbetreuung möglich?

Viele Familien tun das. Wenn du selbst einigermaßen beständig bleibst, ist es für dein Kind nicht verwirrend. Versuche, wenn ihr zu Hause seid, deinem Baby zu möglichst regelmäßigen und »einfachen« Zeiten den Topf anzubieten, wie z.B. als erstes am Morgen, nach einem Schläfchen, vor dem Zubettgehen, nachts (wenn du nachts aufstehen möchtest), an Wochenenden oder in den Ferien. Nutze die Hilfe anderer Familienmitglieder, auch älterer Geschwister. Manche Familien bringen diese Methode auch einem Betreuer bei, dem sie vertrauen und der tagsüber bei dem Baby bleibt. Andere kombinieren TopfFit mit dem Heimunterricht1 ihrer älteren Kinder. Wenn ihr vorhabt, euer Baby zu einer Tagesmutter oder in die Krippe zu geben, dann sucht euch eine Möglichkeit, die offen ist für TopfFit oder wo eurem Baby immer wieder den Topf angeboten wird, vielleicht zusammen mit den Kleinkindern. Zumindest sollte man dort gewillt sein oft die Windeln zu wechseln.

Funktioniert es auch mit zwei Kindern oder mit Zwillingen?

Viele Familien hören zum ersten Mal von der TopfFit-Methode, wenn sie ein Kleinkind und ein Baby haben. Es ist in Ordnung, diese Methode mit beiden zu nutzen. Das gleiche gilt für Familien mit Zwillingen.

Einerseits wird eure Zeit im Vergleich zu Familien mit nur einem Kind begrenzt sein, andererseits ermutigen, inspirieren und motivieren sich zwei oder mehr Kinder oft gegenseitig.

Wenn man TopfFit nur zeitweilig nutzt, wird es dabei helfen, das Bewusstsein der Kinder für ihre Ausscheidungen wach zu halten und sie dadurch in die Lage versetzen, ihre Ausscheidungen zum für sie frühest möglichen Zeitpunkt zu kontrollieren.

Werden die Leute mich für verrückt halten?

Es gibt Menschen, die etwas gegen jeden nur irgend denkbaren Lebensstil haben, also lasst euch davon nicht abschrecken. Seit den 1950er Jahren ist die westliche Welt indoktriniert worden jede Form des frühen Sauberkeitstrainings zu fürchten und abzulehnen. Das Abhalten ist gründlich unterdrückt und aus unserer kollektiven Psyche ausradiert worden, also haben wir an dieser Stelle einen weiten Weg vor uns. Sogar, wenn unsere eigenen Eltern und Großeltern uns erzählen, dass ihre Kinder alle mit 8 bis 12 Monaten sauber waren, glauben wir ihnen nicht, sondern halten das für Übertreibungen.

Glücklicherweise wendet sich das Blatt, und das Wissen breitet sich aus. Viele frischgebackene und werdende Eltern sind offen und objektiv genug das Für und Wider dieser Methode abzuwägen. Sie sind extrem erfreut, wenn sie von dieser Methode hören und finden es nicht besonders gut, dass sie so lange im Dunkeln darüber gelassen wurden. Es gibt jetzt Kinderärzte und andere medizinische Fachleute, die die TopfFit-Methode unterstützen. Mehr und mehr Menschen in den Industrienationen fangen an die Tatsache zu sehen, dass eine ganze Menge Geld anstatt Wahrheit und vernünftige Forschung hinter der Empfehlung einiger großer Produkte (mir fallen dabei Windeln und Bestseller-Bücher ein) stehen und lassen sich durch die Lobby gegen das Abhalten nicht schrecken. Wenn sich das Bewusstsein ausbreitet, wird es weniger Widerstand und Naserümpfen gegen bzw. über diese sanfte Methode geben.

Was sind die hauptsächlichen Gewinne?

Die drei großen Gewinner sind das Baby, die Eltern und die Umwelt. Hier ist eine ausführlichere Liste:

Ist es nicht eigentlich die Mutter, die »trainiert« wird?

Zuerst obliegt es im Wesentlichen den Müttern, die Dinge zum Laufen zu bringen. Aber nach einigen Tagen oder Wochen werden die Babys sehr aktive Teilnehmer. Genau wie wir unseren Babys gern mit vielen anderen Dingen helfen, z.B. beim Essen, Anziehen oder Baden, finden es viele beglückend (und hygienisch), ihren Babys zu helfen, ihre Ausscheidungen in Auffanggefäße zu machen und nicht in Windeln. All die genannten Aktivitäten benötigen zuerst einmal ein »Training« der Mutter. Und genau wie wir unseren Babys über viele Monate helfen andere wichtige Fähigkeiten wie Laufen oder Sprechen zu lernen, können wir ihnen auch mit der Toilette helfen, indem wir ihnen die Chance geben es immer wieder zu üben und indem wir das, was sie lernen, positiv und sanft verstärken. Kurz, TopfFit bedeutet die Zusammenarbeit von Baby und Mutter. Es fängt mit etwas »Mutter-Training« an, aber schreitet schnell fort zu »Baby-Mutter-Training«, da die Interaktion und Kommunikation zwischen Baby und Mutter die Schlüssel sind.

Können Väter dabei helfen?

Selbstverständlich! Je mehr Unterstützung, desto besser. Wenn ein Vater zögert seinem Baby auf der Toilette zu helfen, ist das nächstbeste, was er tun kann, Mutter und Kind positive Rückmeldungen zu geben und so viele Haushaltsaufgaben wie möglich zu übernehmen um die Mutter »freizustellen«, damit sie sich auf TopfFit konzentrieren kann. Aber die meisten Väter freuen sich sehr eine aktive Rolle zu übernehmen. Wenn du teilhaben möchtest, begleite dein Baby morgens vor der Arbeit zum Töpfchen, nachmittags und abends, am Wochenende, in den Ferien oder – falls eure Familie sich entscheidet auch nachts abzuhalten – des Nachts. Interessierte Väter haben die Fähigkeit, sich vollkommen auf ihr Baby einzustellen, vertraut zu werden mit Ausscheidungszeiten und -mustern, die Ausscheidungssignale ihres Babys zu erkennen und intuitiv zu wissen, wenn das Baby einmal muss.

Wie ist die Erfahrung der Autorin mit Sauberkeitstraining?

Als mein erstes Kind geboren wurde, wusste ich fast nichts über Babys. Und so lehrte man mich – wie vielen jungen Müttern – meinem Sohn die Windelutzung beizubringen. Pflichtbewusst folgte ich diesem Weg auch bei meinem zweiten Sohn. Beide erfuhren konventionelles westliches Sauberkeitstraining. Als mein dritter Sohn geboren wurde, fürchtete ich den Gedanken an weitere Jahre mit Windeln und begann nach einer besseren Lösung zu suchen.

Ich lernte die Grundlagen einer alternativen Technik von einer Dame aus Indien, die bei uns zu Besuch war. Sie war entsetzt, als ich ihr erzählte, wie wir das Abfallthema behandeln und erklärte mir, wie man damit »zu Hause« in ihrer Kultur umgeht. Ich war skeptisch, als sie mir erzählte, dass es keine Notwendigkeit gibt, »die Tücher« für einen Säugling zu benutzen, es sei denn, er ist »krank am Bauch«, fiebert oder nässt nachts oft das Bett. Ich war schon mehrmals in Indien gewesen und hatte gesehen, wie die Familien vor allem auf dem Land ihre Babys für die Ausscheidungen abhielten, aber hatte nicht viel Aufmerksamkeit darauf verwendet. Wie viele andere nahm ich fälschlicherweise an, dass Menschen in den Industrienationen diese Technik nicht nutzen können.

Ich bat also meine neue Freundin mir mehr zu erzählen und mir beizubringen meinen Sohn zu halten und zum Pipimachen zu veranlassen, was sie freudig und mühelos tat. Ich beobachtete gebannt die Kommunikation zwischen ihr und meinem winzigen, 3 Monate alten Sohn, der irgendwie instinktiv wusste, was sie von ihm wollte. Ich kann den Austausch und das unmittelbare Verstehen zwischen ihnen – einer Fremden und einem Säugling – nur als eine wunderbare Entdeckung bezeichnen.

Ich nutzte die Technik, die sie mir zeigte, modifizierte sie etwas und passte sie dem westlichen Lebensstil an – und empfand sie dem konventionellen Windel-zu-Topf-Training gegenüber weit überlegen. Von dem Tag an, als ich begann, mit meinem 3 Monate alten Sohn zu arbeiten, brauchte er kaum mehr eine Windel, tags und nachts. Er war mit 18 Monaten tagsüber größtenteils trocken und vollständig trocken und sauber mit 25 Monaten. Aber viel wichtiger als frühes Saubersein waren die Nähe, die Bindung und die Kommunikation, die wir erlebt hatten.

LB-Rob.tif

Khalsa. Die Autorin zeigt die Im-Arm-Position mit ihrem Sohn.

Gibt es bestimmte Begriffe, die mir weiterhelfen?

Es gibt keinen englischen oder deutschen Begriff, der die Nutzung eines Töpfchens mit einem Säugling wirklich umfassend beschreibt, da a) ein Säugling nicht allein auf einem Töpfchen oder einer Toilette sitzen kann und b) es mehr um Kommunikation, Empfänglichkeit und die gegenseitige Verbundenheit geht als um tatsächliches Toilettentraining. Das Sauberwerden ist ein Nebenprodukt dessen, den grundlegenden mütterlichen Instinkten zu folgen.

Verschiedene Ausdrücke werden benutzt, um diese Methode zu beschreiben, und ihr werdet diese vermutlich finden, wenn ihr Bücher oder Artikel lest oder durch das Internet surft.

Einige der gebräuchlichen Namen sind:

In diesem Buch wird mit Blick auf die Normalfamilie Umgangssprache benutzt. Also wird »müssen« oder »machen« oft für »ausscheiden« benutzt. »Pipimachen« oder ähnlich steht für »urinieren« und »großes Geschäft« etc. für »defäzieren«.

In dem Ausdruck »Säuglings-Töpfchen-Training« wird das Wort »Training« im positiven Sinne eines liebevollen Austausches zwischen Mutter und Babys benutzt. Es bezieht sich auf eine Form des Mutter-Baby-Trainings und der Synergie und sollte niemals im negativen Sinne von Druck, Rigidität oder Zwang verstanden werden.

In der deutschen Übersetzung wurden für das englische IPT (=Infant Potty Training) größtenteils die von Friederike Bradfisch kreierten Begriffe TopfFit/TopfFit-Methode oder Sauberbleiben verwendet, da diese sich im deutschen Sprachraum bereits recht weit verbreitet haben.

1 »Homeschooling« ist in Amerika legal und als Bildungsalternative anerkannt