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STIMMEN ZUM BUCH
FREUDE AUF ABRUF

„Wir leben in einer Welt kontinuierlicher Stimulation von außen, in der man uns sagt, materieller Erfolg sei die Quelle von Lebensglück und das, was wir haben, sei nie, nie genug. Tatsächlich liegt die Quelle für Lebensglück und Zufriedenheit in uns selbst und kann mit nur einem Atemzug erschlossen werden. Auf diese Weise ist es möglich, ein natürliches Gefühl des Staunens und der Achtsamkeit zu erfahren für das, was ist. In Freude auf Abruf präsentiert Meng Methoden zur Schulung des Geistes, die frei sind von traditionell religiösem Beiwerk und die für alle Menschen zugänglich sind. Sein ansteckender Humor und seine einfühlsame Anleitung besitzen das Potenzial, einen starken Einfluss auf die heutige Gesellschaft auszuüben.“

– Seine Heiligkeit der 17. Gyalwang Karmapa, Ogyen Trinley Dorje

„Was meine Aufmerksamkeit gewann, war Chade-Meng Tans Geständnis: ‚Ich begann mit dem Meditieren, weil es mir so schlecht ging, dass ich zu allem bereit war.‘ Also war Lebensglück nicht etwas, das von selbst zu ihm kam; es war etwas, das er erlernen musste. Aber er stellte fest, dass die Fähigkeit, Zugang zur Freude zu finden, extrem gut trainierbar war. Die Freude führte ihn zum Erfolg, und nun wiederum erweist er sich als genau die Art von Trainer, die man sich erhofft: Er beantwortet Fragen dann, wenn man sie beim Lesen gerade stellen will. Er spricht nicht zu Ihnen, sondern mit Ihnen und zeigt selbst für den Faulsten unter uns noch Mitgefühl. Es macht Spaß, mit Meng zusammen zu sein, und es macht Spaß, sein Buch zu lesen. Sogar dann Spaß, wenn er über ernste Angelegenheiten spricht. Seien wir einmal ehrlich: Was gibt es schon, das uns noch größere Sorgen bereitet, als nicht glücklich zu sein? Aber er weiß, dass man dann, wenn man sich in der Kunst der Freude übt, auch unbedingt lernen sollte, mit Schmerz umzugehen. Ja, in Freude auf Abruf erweist sich Chade-Meng Tan als brillant überzeugender Verkäufer für die Macht der Freude. Doch er macht mehr, als einfach nur zu überzeugen: In Schritt-für-Schritt-Anleitungen liefert er die Ware auch aus.“

– Bruder David Steindl-Rast, OSB,
Mitbegründer vom Netzwerk „Dankbar leben“

„Manchmal sind die einfachsten Ideen auch die, die am schwersten zu fassen sind. Mit seinem Meditationstraining zeigt Chade-Meng Tan, wie wir auf verlässliche Weise Zugang zur riesigen und transzendenten Natur der Freude gewinnen und diese dann in eine dauerhafte Ressource verwandeln, mit der sich das Glück im Alltag mehren lässt.“

– Sakyong Mipham, Autor von Das Shambhala-Prinzip

Freude auf Abruf mahnt uns, dass wir alle den Samen der Freude in uns tragen. Dieses Buch wird die spezielle Stelle in Ihnen kitzeln, die für mehr Glück in Ihrem Herzen sorgt.“

– Goldie Hawn, Schauspielerin und Oskar-Preisträgerin,
Produzentin und Bestsellerautorin

„Es macht Spaß, dieses wundervolle Buch zu lesen, das mit Karikaturen, Späßen und Neckereien gespickt ist. Aber lassen Sie sich nicht durch Mengs Humor und Unbeschwertheit zu dem Irrglauben verleiten, seine Ideen seien einfach nur lustig. Wie viele Meditierende mit langer Praxis bestätigen können, einschließlich Meng selbst, haben die Anleitungen in Freude auf Abruf das Potenzial, Ihr Leben zu verändern. Genießen Sie das Buch und trainieren Sie den Geist! Sie werden dadurch glücklicher.“

– Sharon Salzberg, Autorin von Metta Meditation und
Entdecke die Kraft der Meditation

„Ein wundervolles Ratgeberbuch über die Freuden der Freude und den Weg dorthin. Chade-Meng Tan, jahrelang der Jolly Good Fellow bei Google, nimmt die Leser mit auf einen Pfad der Erkenntnis, basierend auf seiner eigenen Entdeckung – durch Meditation und Wissenschaft – der tiefen, hochwertigen Freude. Er muss es wissen: Er ist Ingenieur, obendrein ein sehr lustiger. Ich habe dieses Buch unheimlich gern gelesen. In allem steckt ein Lächeln, es ist voller Fragen, Karikaturen und Geschichten, aber auch viel fundierter Wissenschaft, was es extrem ergiebig macht. Freude auf Abruf ist eine Schatzkammer des Herzens und des Geistes.“

– Roshi Joan Halifax, Ph.D., Abt im Upaya Zen Center

„Chade-Meng Tan verführt Sie dazu, den ersten Schritt zu machen, der darin besteht, auf einen einzelnen Atemzug zu achten. Und falls es für Sie zu langweilig oder schwierig ist, mehr zu machen, wiederholen Sie das einfach. Was bedeutet, dass Sie nun auf den zweiten Atemzug geachtet haben. Ein Zen-Meister fragte: Wie lang ist ein Leben? Antwort: Leben ist die Zeit zwischen zwei Atemzügen (also dem ersten und dem letzten). Freude auf Abruf ist ein Titel, der halb humorvoll gemeint ist, aber nur halb. Es geht hier um eine ernsthafte Einführung in die Meditationspraxis, so tiefgründig und doch so einfach erklärt. Ich bin jetzt beim nächsten Atemzug.“

– George Yeo, Vorsitzender von Kerry Logistics und
Kanzler der Nalanda University

„Dieses Buch ruft Freude hervor.“

– Tony Hsieh, CEO von Zappos.com

„Mit diesem Buch half mir Meng zu erkennen, dass Freude nicht einfach nur eine Emotion ist; es ist eine Maßnahme. Indem wir die Freude erschließen, die tief in uns allen steckt, erhalten wir Zugang zu den Grundbausteinen für ein glückliches Leben.“

– Chip Conley, Bestsellerautor von 36 Formeln,
die Ihr Leben vereinfache
n und Hospitality Entrepreneur

„Meng hat den Gegenstand unserer Suche nach Freude mit der für ihn üblichen Eleganz und Demut in Worte gefasst. Mit großer Achtung vor seinen Lehrern und deren Weisheit und gleichzeitig einer Fokussierung auf das Wesentliche weist er uns allen einen Weg der Klarheit und Ruhe. Alles, was man nun noch mitbringen muss, ist die Absicht, ein freudvolleres Leben mit mehr Resilienz zu führen, den Rest erledigen die Seiten dieses Buchs!“

– Scott Kriens, Vorsitzender von Juniper Networks und
Direktor von 1440 Foundation

„Dies ist ein wichtiges Buch, das von einem Visionär geschrieben wurde, der mit zu den führenden Unterstützern der Idee zählt, man sollte Freude bei der Arbeit haben. Chade-Meng Tan ist ein außergewöhnlicher Mensch – jemand, der in der Forschung bewandert ist und gleichzeitig in der Lage ist, diese Ideen für unsere schnelllebige Welt praktizierbar und nützlich zu machen. Seine freundliche Art vermittelt Ihnen das Gefühl, Sie säßen mit ihm bei einer Tasse Kaffee bei Google, kurz bevor er seinen berühmten Achtsamkeitskurs abhält. Tan ist es gelungen, Meditation und Freude zu den Kerngedanken eines der erfolgreichsten Unternehmen der Geschichte zu machen, indem er mit Humor und Weisheit klar ihren Wert zum Ausdruck bringt. Freude auf Abruf wird Ihnen definitiv helfen, mehr Freude und auch Erfolg bei der Arbeit zu haben.“

– Shawn Achor, Glücksforscher und
Bestsellerautor von The Happiness Advantage

„Wenn ein Buch praktische, wissenschaftliche Erkenntnisse über Erfolg und Lebensglück bietet, bin ich fasziniert. Wenn dieses Buch dann auch noch Cartoons enthält, bin ich davon gefangen. Mit Mengs Buch erhalten Sie einen freudvollen Blick darauf, wo Sie mehr Freude im Leben finden.“

– Adam Grant, Professor an der Wharton School
und New York Times Bestsellerautor
von Geben und Nehmen und Nonkonformisten

„Durch das neue Buch von Meng ist Freude im Begriff, sich wie ein Lauffeuer auszubreiten. Diese einfachen, herrlichen Anleitungen machen es so leicht wie nur irgend möglich, Freude zu erfahren – und weiterzugeben.“

– Steve Chen, Mitbegründer von YouTube

Im Gegensatz zu vielen anderen Büchern hält Freude auf Abruf das, was es im Titel verspricht. Lassen Sie sich von Meng die einfache und dennoch höchst effektive Fähigkeit des Meditierens beibringen – und vielleicht sind Sie dann von Glück und Erfolg nur einen Atemzug entfernt. Durch die Disziplin des Geistes stellen sich zusammen mit der Freude auch Ruhe, Klarheit und Kreativität ein. Was haben Sie zu verlieren?“

– Dan Pink, Bestsellerautor von Mehr Wert und Drive

CHADE-MENG TAN

FREUDE

AUF ABRUF

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Von der Kunst,
das Glück in sich
zu entdecken

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Die Originalausgabe erschien unter dem Titel

„Joy on Demand“

ISBN 978-0-06-237885-9

Copyright der Originalausgabe 2016:

Copyright © 2016 by Chade-Meng Tan. All rights reserved.

Published by arrangement with HarperOne, an imprint of HarperCollins Publishers, LLC.,
195 Broadway, New York, NY 10007.

57 Littlefield Street, Avon, MA 02322. U.S.A.

Copyright der deutschen Ausgabe 2018:

© Börsenmedien AG, Kulmbach

Übersetzung: Ursula Sauer

Gestaltung Cover: Johanna Wack

Gestaltung und Satz: Sabrina Slopek

Bildquellen: iStock

Herstellung: Martina Köhler

Lektorat: Hildegard Brendel

Druck: CPI books GmbH, Leck, Germany

ISBN 978-3-86470-557-1
eISBN 978-3-86470-558-8

Haftungsausschluss:

Autor und Verlag haften nicht für Schäden, Verletzungen oder rechtliche Folgen, die durch die Anwendung der Anleitungen in diesem Buch entstehen.

Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

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Es gibt viele Dinge im Leben, die echt ätzend sind.
Freude zählt nicht dazu.

Für alle, die mir geholfen haben,
Zugang zur Freude zu finden, insbesondere in den wirklich
dunklen Stunden meines Lebens, vielen Dank.

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INHALT

EINFÜHRUNG

Wie ich lernte, fröhlich zu sein – mit Spaß und Gewinn

KAPITEL 1

Die Freude steht Ihnen gut
Überraschende (und weniger überraschende) positive Auswirkungen des Achtsamkeitstrainings

KAPITEL 2

Ein einziger Atemzug? Sicher ein Scherz
Wie Freude mit dem ersten Atemzug beginnen kann

KAPITEL 3

Von einem einzigen Atemzug zu einem Googol
Anhaltende Freude durch innere Ruhe

KAPITEL 4

Was, ich und glücklich?
Den Hang zur Freude entwickeln

KAPITEL 5

Den Geist in wenigen Sekunden erheben
Freude durch Herzensbildung

KAPITEL 6

Im Glück steckt einiges an Mist
Wie man mit seelischem Schmerz umgeht

KAPITEL 7

Der große Geist ist besser als Sex
Eine Erkundung jenseits des weltlichen Vergnügens

NACHWORT

Dran bleiben, nicht kämpfen

Danksagung

Anmerkungen

EINFÜHRUNG

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WIE ICH LERNTE, FRÖHLICH ZU SEIN – MIT SPASS UND GEWINN

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Ich möchte Ihnen gern meine Geschichte erzählen. Es war einmal ein kluger und glücklicher Junge, der mit 21 Jahren zu einem fröhlichen, selbstbewussten und ausgeglichenen jungen Mann herangewachsen war. Dieser Typ war nicht ich.

Ich wurde 1970 in Singapur geboren. Damals war das winzige Singapur ein armes Entwicklungsland ohne Bodenschätze. Als ich 21 wurde, hatte sich Singapur zu einem reichen Land entwickelt mit einem der höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt. Man sprach vom Wirtschaftswunder Singapur. Das Vermögen meiner Familie entwickelte sich parallel zum nationalen Wirtschaftswunder. Mein Vater hatte mit zehn Jahren sein Berufsleben als Straßenhändler begonnen, indem er seine Waren in den Straßen der City feilbot. Um der Armut zu entkommen, ging er wenige Jahre vor meiner Geburt zur Armee. In meiner Kindheit waren wir so arm, dass meine Mutter dazu überging, nur noch eineinhalb Mahlzeiten pro Tag zu essen, um das wenige Geld, das wir besaßen, zu sparen. Spulen wir nun 21 Jahre vor: Mein Vater hatte die Armee als hochdekorierter Offizier verlassen und sich zu einem reichen Unternehmensleiter entwickelt.

Im Alter von zwölf Jahren brachte ich mir in Eigenregie bei, einen Computer zu programmieren, was damals 1982 eine große Sache war. Mit 15 gewann ich den ersten von vielen nationalen Programmierpreisen. Beinahe 15 Jahre später zog ich mir dank meiner Programmierfähigkeiten im Alter von 29 Jahren eine der ersten Ingenieursstellen bei einem kleinen Start-up-Unternehmen namens Google an Land (das seit meinem Eintritt im Jahr 2000 doch noch ein wenig gewachsen ist). Bei Google war ich so bekannt für meine Fröhlichkeit und meinen Humor, dass meine Stellenbezeichnung „Jolly Good Fellow (which nobody can deny)” lautete. Es begann alles als Scherz, haftete mir dann aber weiter an, nachdem es erst einmal auf der Titelseite der New York Times1 erschienen war.

Ich entwickelte aber bei Google auch etwas, was für einen Ingenieur sehr ungewöhnlich sein dürfte: Ich war maßgeblich an der Bildung eines achtsamkeitsbasierten Seminars über emotionale Intelligenz beteiligt, das Search Inside Yourself hieß. Dieses Programm entwickelte sich bei Google zum beliebtesten Seminar, und das Thema wurde unter dem gleichen Namen Gegenstand eines internationalen Bestsellers, der vom Dalai-Lama und Jimmy Carter, dem ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten, empfohlen wurde.

Beinahe über Nacht wurde ich zum anerkannten Experten für Themen, die normalerweise mit einem nerdigen Ingenieur asiatischer Herkunft nicht in Verbindung gebracht werden: emotionale Intelligenz, Achtsamkeit, Mitgefühl und innere Freude. Im Weißen Haus hielt ich einen Vortrag über die Entwicklung von Güte und bei den Vereinten Nationen einen TED-Talk über Mitgefühl2. 60 Minutes interviewte mich für eine Story zum Thema Achtsamkeit3, CNN veröffentlichte eine Geschichte über meinen „Glücksalgorithmus”4.

Wenn man diese Geschichte liest, entsteht der Eindruck, ich sei schon immer glücklich gewesen. Nun, das stimmt nicht. Tatsächlich befand ich mich den größten Teil meiner Kindheit und Jugend am falschen Ende des Glücksspektrums. Bis zu meinem 21. Lebensjahr war ich regelrecht unglücklich. Kummer war mein ständiger Begleiter, und dieser ständige Begleiter verströmte einen Geruch, als ob er seit der Präsidentschaft von Nixon nicht mehr geduscht hätte.

Ich bin nicht einfach von allein glücklich geworden – Glücklichsein war eine Fähigkeit, die ich erst erlernen musste.

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DIE FÄHIGKEIT, GLÜCKLICH ZU SEIN, LÄSST SICH EXTREM GUT TRAINIEREN

Es war einmal ein chinesischer Typ, der zu einer Wahrsagerin ging. Nachdem die Wahrsagerin seine Hand sorgfältig studiert hatte, sagte sie zu ihm: „Ihnen geht es gerade nicht gut, und Sie werden weiterhin Kummer haben, bis Sie 40 sind.“ Aufgeregt fragte er: „Was passiert, wenn ich 40 geworden bin? Hört dann der Kummer auf?“ Darauf antwortete sie: „Nein, aber wenn Sie erst einmal 40 sind, haben Sie sich daran gewöhnt.“ Auch dieser Typ war nicht ich.

Meine Geschichte hatte zum Glück ein viel glücklicheres Ende. Ich war bis zu meinem 21. Lebensjahr wirklich unglücklich. In dem Jahr erfuhr ich, dass man die Fähigkeit, sich für das Glück zu öffnen, extrem gut trainieren kann. Ich lernte, mir Zugang zur Freude zu verschaffen und wurde dabei glücklich. Dieses Buch handelt von diesen Fähigkeiten, damit auch Sie sie erlernen und glücklich werden können.

Studien zufolge besitzen die Menschen das bemerkenswerte Talent, sich sowohl an Glück als auch Unglück anzupassen, und wir alle verfügen über ein relativ stabiles Glücksniveau, auf das wir letztlich selbst nach einem größeren positiven oder negativen Lebensereignis zurückkehren. Eine bekannte Studie aus dem Jahr 1978 zeigt zum Beispiel, dass sogar Menschen, die in einer Lotterie viel Geld gewonnen haben oder die infolge eines Unfalls gelähmt wurden, am Ende wieder auf das für sie übliche Glücksniveau zurückkehren5. Das Ergebnis einer Zwillingsstudie aus dem Jahr 1996 lässt vermuten, dass das Empfinden von Glück etwa zur Hälfte durch unsere genetische Veranlagung bestimmt wird6. Keiner der anderen untersuchten Faktoren, auch nicht sozioökonomischer Status, Bildung und Erziehung, Familieneinkommen, Familienstand oder Religiosität, konnten mehr als drei Prozent der Unterschiede in Bezug auf das Glücklichsein erklären. Das heißt anders ausgedrückt, dass Sie mit einem Glücks-Sollwert geboren werden, der im Wesentlichen durch Ihre Gene bestimmt wird. Ein Großteil der Zufriedenheit hängt davon ab, welches Los wir im Gen-Lotto ziehen, und ich hatte zufällig ein schlechtes gezogen. Ich besaß einen niedrigen Glücks-Sollwert. Ich stelle mir vor, wie sich ein Cartoon-Gott meine genetischen Voraussetzungen bei meiner Geburt anschaut und dann etwas sagt wie: „Sorry, Junge, ich möchte nicht in deiner Haut stecken. Leb wohl.“

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Oh je! Was nun? Zum Glück habe ich eine Lösung gefunden. So wie sich körperliche Merkmale wie Stärke und Agilität gut trainieren lassen, ist dies auch für mentale Qualitäten wie Glücklichsein und Gleichmut möglich.

Stellen Sie sich einmal vor, Sie hätten keine Ahnung von Fitnesstraining, und stellen Sie sich nun vor, ich hätte Ihnen gerade gezeigt, wie man Bizepscurls macht, indem ich mit einer Hand eine Hantel auf- und abbewege. Dann sage ich Ihnen, dass Sie das Gleiche machen sollen. Sie könnten durchaus zu der Annahme gelangen, ich müsse irgendwie verrückt sein. Die Frage, die Sie mir stellen sollten, lautet: „Warum? Warum sollte ich Zeit und Energie darauf verschwenden, einen schweren Gegenstand auf- und abzubewegen?” (Einige Ingenieure, die ich kenne, würden von WTF sprechen. Für diejenigen, die sich fragen, was das bedeutet – WTF steht für „Was soll das?!“).

Durchschauen Sie aber erst einmal das Prinzip von Training und körperlicher Fitness, ergeben Bizepscurls durchaus einen Sinn. Jedes Mal, wenn Sie eine Hantel auf- und abbewegen, stärken Sie die Muskeln ein wenig mehr. Wenn Sie viele Bizepscurls und andere Gewichtsübungen durchführen, eignen Sie sich das körperliche Merkmal Stärke an, und wenn Sie dann stark sind, können Sie Dinge tun, von denen Sie nie zuvor geträumt haben. Sie sind zum Beispiel in der Lage, absolut widerspenstige Gurkengläser zu öffnen oder schlechte Freunde buchstäblich vor die Tür zu setzen. Sie entwickeln jedoch nicht nur Stärke (und die Fähigkeit, schlechte Freunde buchstäblich vor die Tür zu setzen), sondern noch etwas viel Wichtigeres – körperliche Gesundheit und Fitness. Mit körperlicher Gesundheit und Fitness verbessert sich wirklich alles in Ihrem Leben. Sie verfügen über mehr Energie, haben weniger krankheitsbedingte Ausfalltage und größeren Erfolg bei der Arbeit, da Sie mehr Energie und weniger krankheitsbedingte Ausfalltage haben. Ihr Spiegelbild verbessert sich, Sie erhalten mehr Selbstvertrauen und fühlen sich großartig. Falls Sie nie zuvor etwas von körperlichem Training gehört haben, dürfte Ihnen die von mir gerade gemachte Behauptung die Sprache verschlagen, denn schließlich behaupte ich ja, dass Sie mit einfachen Übungen wie etwa der wiederholten Auf- und Abbewegung eines schweren Objekts gezielt physiologische Veränderungen bewirken können und sich dies auf alle Lebensbereiche auswirkt.

In meinem langen Kampf mit dem Kummer entdeckte ich ganz zufällig das geistige Äquivalent zu körperlichem Training. Ich stellte fest, dass es möglich ist, durch einfache Übungen gezielt Veränderungen des Geistes zu bewirken, die sich auf das gesamte Leben auswirken – wenn Sie wollen, Bizepscurls für das Gehirn. Wir sind in der Lage, wichtige mentale Fähigkeiten zu entwickeln wie etwa die, Freude auf Abruf zu empfinden, was sich auf alle Lebensbereiche positiv auswirkt. Das mentale Äquivalent zu körperlichem Training ist Meditation.

Meditation ist ein anderes Wort für geistiges Training. Wissenschaftlich wird es definiert als „eine Reihe von Geistesübungen mit dem Ziel, den Praktizierenden mit bestimmten Formen geistiger Prozesse vertraut zu machen7“. Zum Meditieren benötigen Sie nur Ihren Geist. Wenn Sie eine Meditationsübung durchführen, ist das eine Übung für den Geist; Sie lernen, sich dadurch in bestimmten Dingen zu verbessern, zum Beispiel im Empfinden von Freude. Von besonderem Interesse ist dabei für uns eine Meditationsform, die sich Achtsamkeitsmeditation nennt. Es ist nur eine von vielen Meditationsarten sowie Joggen nur eine von vielen Trainingsmöglichkeiten darstellt. Achtsamkeit ist definiert als „auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu sein: bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen“8. Somit ist Achtsamkeit eine spezielle Art der Aufmerksamkeit, und wenn man eine achtsamkeitsbasierte Meditation durchführt, bedeutet dies, dass man trainiert, diese Art von Aufmerksamkeit zu erzielen.

Ich begann mit dem Meditieren, weil es mir so schlecht ging, dass ich zu allem bereit war. Zu jener Zeit galt es in dem Teil Asiens, in dem ich lebte, alles andere als cool zu meditieren. Genau genommen war es das genaue Gegenteil – irgendwie schräg. Wir hatten damals in Singapur, als ich dort aufwuchs, keine Hippies, aber auch bei uns gab es einige Leute, über die die Familienmitglieder mit einer seltsamen Mischung aus Faszination und peinlicher Berührtheit lästerten, und das war die Art von Menschen, die häufiger mal mit Meditation in Verbindung gebracht wurden. Schlimmer jedoch war, dass es keine weltlichen Meditationslehrer gab, sodass man nur in buddhistischen Zentren Meditation erlernen konnte (eine Erfahrung, die in mir den Entschluss reifen ließ, Meditationspraktiken in weltlicher Form zugängig zu machen, damit die Menschen nicht erst zu Buddhisten werden müssen, um von den Vorzügen der Meditation zu profitieren, aber das ist eine andere Geschichte). Noch schlimmer war, dass in der damaligen Zeit der Buddhismus in einigen Teilen Asiens, auch in Singapur, als alt, verstaubt, langweilig und absolut uncool galt. Wenn also ein dürrer, linkischer junger Nerd, der eigentlich auf Biegen und Brechen cool vor seinen Freunden wirken wollte, plötzlich anfing, Meditation zu lernen, musste er schon sehr verzweifelt sein, und genau dieser Typ war ich.

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Selbst damals hatte ich bereits die vage Vermutung, dass Meditation die Lösung für mein Problem des Unglücklichseins sein könnte, aber ich wusste nicht, wie und warum das funktionieren sollte.

Der Durchbruch kam im September 1991, als ich mit meinem Studium an der Nanyang Technological University in Singapur anfing. Ich nahm auf dem Campus an einem Vortrag teil, der von einer Frau namens Ehrwürdige Sangye Khadro gehalten wurde. Sangye Khadro, auch als Autorin Kathleen McDonald bekannt, ist eine Amerikanerin, die als tibetisch-buddhistische Nonne ordiniert wurde. Das Erste, was mir an ihr auffiel, war ihre ruhige und heitere Würde in dem, wie sie stand, ging, saß und sprach. Ich war sofort beeindruckt. Dann mitten im Vortrag war da dieser eine Satz: „Es geht einzig und allein darum, den Geist zu kultivieren.“ Als ich das hörte, ergab alles in meinem Leben von einem Augenblick auf den nächsten einen Sinn. Alles. Ich traf genau in dem Moment zwei lebensverändernde Entscheidungen. Erstens sagte ich mir: „Von nun an bin ich – genau ab hier und jetzt – ein Buddhist.“ Zweitens beschloss ich, Meditieren zu lernen, egal, wie schwer mir das fallen würde.

Nun, nur kurze Zeit nach diesem Entschluss traf ich bereits meinen ersten echten Meditationslehrer. Es gibt da einen bekannten Spruch in Meditationskreisen: „Wenn der Schüler bereit ist, erscheint der Lehrmeister.“ Entweder stimmte das, oder es war einfach nur reines Glück. Auf jeden Fall begegnete ich einem ehrwürdigen Meditationslehrer aus Sri Lanka namens Godwin Samararatne, der meiner Meinung nach all die Verehrung, mit der er massenhaft überschüttet wurde, voll und ganz verdiente. Trotz seines profunden Wissens war er in der Lage, Meditation so zu lehren, dass selbst ich es verstehen konnte. Er war der erste einer ganzen Reihe von weisen Menschen, die mir zeigten, dass man das Gefühl des Glücklichseins trainieren kann, viele glückliche Momente für sich9.

Für mich besteht nicht der geringste Zweifel, dass durch Meditation auch im wahren Leben Glücksgefühle entstehen. Ich weiß dies, weil ich selbst ein ganz extremes Beispiel bin. Die Basislinie für mein Glück war das Unglücklichsein, was bedeutet, dass ich mich dann, wenn nichts Außergewöhnliches geschah, unglücklich fühlte. Es bedeutete auch, dass ich für kurze Zeit glücklicher wurde, wenn etwas Gutes passierte, letztlich aber doch wieder zum Unglücklichsein zurückkehrte. Und es bedeutete, dass ich trotz des Wohlstands, der Anerkennung und jeder anderen Art von weltlichem Erfolg, die sich im Laufe meiner Jugend einstellten, nicht glücklich wurde. Einige Jahre, nachdem ich mit dem mentalen Training angefangen hatte, hatte sich meine Grundstimmung dahin gehend verschoben, dass ich inzwischen allgemein vergnügt war, das heißt, wenn nichts Außergewöhnliches geschah, war ich vergnügt. Wenn ich heute etwas Unangenehmes erlebe, fühlt sich das auch unangenehm an, aber letztlich kehrt meine vergnügte Stimmung zurück.

Wow.

Die Menschen gingen ursprünglich davon aus, dass sich der Glücks-Sollwert nicht ändern lässt, aber ich bin der lebende Beweis dafür, dass er bereits nach wenigen Jahren Praxis von einem ausgeprägten Tief auf ein ausgeprägtes Hoch ansteigen kann. Und das gilt sicherlich nicht nur für mich. Selbst die Meister im Glücklichsein benötigten Training, um dorthin zu gelangen, wo sie sich mittlerweile befinden. Nehmen Sie zum Beispiel den Dalai-Lama, der sich für das Glück dermaßen leicht öffnen kann, dass er einst, als ihn ein Reporter fragte, was der glücklichste Moment seines Lebens sei, (mit schelmischem Blick) antwortete: „Genau jetzt.“ Selbst der Dalai-Lama war nicht immer fröhlich, selbst er musste seinen Geist schulen, um „genau jetzt“ glücklich zu sein, und selbst er muss jeden Tag trainieren.

Und auch der „glücklichste Mensch der Welt“, der tibetische Buddhistenmönch Matthieu Ricard, dessen Glücksempfinden bekanntermaßen 2007 gemessen und seitdem immer wieder veröffentlicht wurde10, würde Ihnen mit Sicherheit erzählen, dass er nicht als glücklicher Mensch geboren wurde. Er verspürt anhaltende Phasen des inneren Friedens und der Freude (und etwas, was er bescheiden als „ein gewisses Niveau an innerer Freiheit und Mitgefühl“ bezeichnet), weil er – durch spirituelle Lehrer inspiriert – ein Leben lang trainiert hat. Als ich mit ihm darüber sprach, betonte er, dass es sich nicht um eine kleine Gruppe von Menschen handele, die irgendwie speziell seien, wie das Cliché vermuten ließe. Tatsächlich entscheidend sei das Training, das er und seine Freunde erfahren hätten und von dem auch jeder andere auf ähnliche Weise profitieren könne. Ein weiterer Mensch, der extreme Glückswerte im zukunftsweisenden Labor des Neurowissenschaftlers Richard Davidson in Madison, Wisconsin erzielte, ist Mingyur Rinpoche. Er gibt offen zu, dass er als Kind unter schweren Panikattacken litt und diese durch seine Meditationspraxis überwunden hat11.

Ich denke, das ist kein Zufall – da scheint doch ein Muster dahinterzustecken. Wir erkennen das daran, dass bereits zu Lebzeiten Buddhas, also etwa 500 Jahre vor unserer Zeitrechnung, ein indischer König bemerkte, dass buddhistische Mönche bemerkenswert friedlich und glücklich zu sein schienen. Für mich persönlich noch überzeugender sind die Ergebnisse der Teilnehmer meines Seminars Search Inside Yourself. Die meisten dieser Teilnehmer hatten vor Beginn des Kurses wenig oder überhaupt nicht meditiert, aber bereits nach wenigen Tagen oder Wochen der Meditation berichteten viele von ihnen von einem bedeutenden Anstieg des Glücksgefühls. Eine Studie aus dem Jahr 2003 kommt zu dem ähnlichen Ergebnis, dass nur acht Wochen Achtsamkeitstraining ausreichen, um signifikante Veränderungen in dem Teil des Gehirns zu bewirken, der mit einer stärkeren Empfindung von Glück in Verbindung gebracht wird12.

Inzwischen befinde ich mich auf einem – halbwegs? – guten Platz im Kontinuum zwischen dem unglücklichen Otto Normalbürger auf der einen Seite und Seiner Heiligkeit oder anderen Meistern des Glücks auf der anderen. Heutzutage, so habe ich vor Kurzem festgestellt, verliere ich so gut wie nie mehr meinen Sinn für Humor. Erzbischof Desmond Tutu sagte einmal: „Wenn Sie zu einem Agenten des Wandels werden möchten, sollten Sie daran denken, sich Ihren Sinn für Humor zu bewahren.“ Dem stimme ich zu: Freude ist eine immens mächtige Ressource.

Okay, vielleicht habe ich erst ein Viertel des Wegs zu stets anhaltender Freude sieben Tage die Woche rund um die Uhr erreicht, aber viel wichtiger ist dabei die Tatsache, dass es sich um ein Kontinuum handelt. Das heißt, das Empfinden von Freude und Glück lässt sich gut trainieren. Um noch genauer zu sein: Training ist der Grund dafür, warum Seine Heiligkeit und andere glückliche Menschen so leicht Zugang zum Glück finden. Sie üben es schon ihr Leben lang. Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie erst einmal ein 80-jähriger Mönch werden müssen, um wirklich glücklich zu sein, denn lange bevor Sie zum Meister des Glücks werden, verbessert sich bereits alles andere deutlich, wie Sie sehen werden.

FREUDE, UNABHÄNGIG VON DER BEFRIEDIGUNG DER SINNE ODER DES EGOS

Es gab einmal einen Mann, dessen Haut war so beschaffen, dass sie die ganze Zeit juckte. Jedes Mal, wenn er dem Jucken nachgab und kratzte, fühlte er sich gut. Dann eines Tages heilte ihn ein geschickter Arzt von seiner Hautkrankheit, sodass der Mann sich nicht länger kratzen musste. Er stellte fest, dass es sich gut angefühlt hatte, wenn er sich beim Jucken gekratzt hatte, aber noch viel besser fühlte es sich an, sich nicht zu kratzen, weil es gar nicht erst juckte.

Wir befinden uns in einem Gemütszustand, der uns nach zwei Arten von Vergnügen streben lässt, nach sinnlicher Befriedigung und nach der Befriedigung des Egos. Werden unsere Sinne auf angenehme Weise stimuliert, zum Beispiel beim Essen von etwas Schmackhaftem, oder wird unserem Ego geschmeichelt, indem wir für eine Leistung gelobt werden, empfinden wir Freude, was gut ist. Noch besser ist es jedoch, wenn wir diese Freude unabhängig von der Befriedigung der Sinne oder des Egos empfinden können. Zum Beispiel, indem wir Freude erfahren, weil wir Schokolade essen, ebenso aber auch dann, wenn wir nur dasitzen und keine Schokolade essen. Um dies zu erreichen, schulen wir den Geist so, dass er auch ohne Stimulation den Weg zur Freude findet. Und das ist gleichzeitig das Geheimnis dafür, wie Sie Ihren Glücks-Sollwert anheben können.

Um den Geist zu trainieren, auch ohne Stimulation Freude zu empfinden, müssen wir erst einmal verstehen, wie Freude ohne Sinnesreizung entsteht, und dann die damit verbundenen Qualitäten kultivieren. Es handelt sich dabei um drei Qualitäten – sich für die Freude zu öffnen, den Hang zur Freude zu entwickeln und den Geist zu erheben.

1. Sich durch innere Leichtigkeit für die Freude öffnen

Die erste Fähigkeit, die wir für Freude auf Abruf benötigen, besteht darin, den Geist zur Ruhe kommen zu lassen, um einen Zustand der Lockerheit zu erreichen. Mit einem ruhigen Geist finden wir leichter Zugang zur Freude. Somit besteht ein Teil der Praxis zunächst darin zu lernen, durch ein Gefühl der Leichtigkeit das Tor zur Freude zu öffnen. Diese Freude wird dann wiederum dazu genutzt, die Leichtigkeit zu verstärken. Ich nenne dies „sich durch innere Leichtigkeit für die Freude öffnen“ – in der Ruhe glücklich zu sein, ohne dass zuvor ein Streicheln des Egos oder sinnliche Freuden erforderlich wären. Wenn wir diese Form der inneren Freude kultivieren, befreien wir uns zunehmend davon, uns für das Empfinden von Vergnügen zu stark auf die Sinne oder das Ego zu konzentrieren. Dies bedeutet, dass Freude immer mehr zu jeder Zeit an jedem Ort zugängig wird.

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2. Den Hang zur Freude entwickeln

Als Nächstes lernen wir, das Gefühl der Freude richtig wahrzunehmen und ihm unsere volle Aufmerksamkeit zu schenken. Wir lernen, in welche Richtung wir schauen müssen, um die Freude zu sehen und schätzen zu lernen, die bereits in bestimmten Augenblicken vorhanden ist, ohne dass uns dies bisher bewusst war. Freude lässt sich in einem zur Ruhe kommenden Atem finden und in dem Vergnügen, das aus ganz gewöhnlichen Tätigkeiten entstehen kann. Diese Freude laden wir zu uns ein. Das Einladen und die Wahrnehmung dieser Art von Freude werden Teil unserer Meditationspraxis ebenso wie Freude über Gewohnheiten des täglichen Lebens. Durch die Übung lernt der Geist allmählich, das, was Freude bringt, zu erkennen. Ihm wird die Freude so vertraut wie ein enges Familienmitglied, auf das man sich verlassen kann. Je vertrauter dem Geist die Freude ist, umso mehr Freude nimmt er auch wahr, er richtet sich auf die Freude aus und schafft mühelos Voraussetzungen, die für ihre Entwicklung förderlich sind.

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3. Den Geist erheben

Hier lernen wir, den Geist in heilsamer Freude zu erheben, vor allem durch Freude, die aus Wohlwollen, Großzügigkeit, liebender Güte und Mitgefühl entsteht. Die heilsame Natur dieser Art von Freude wirkt sich ebenso günstig auf die mentale Gesundheit aus, wie sich gesunde Nahrung auf das körperliche Wohlergehen auswirkt. Darüber hinaus führt diese Form der Freude zu einem stabileren Zustand der Sammlung, da er nicht gegen Gefühle wie Bedauern oder Neid ankämpfen muss. Ein stabilerer, gesammelter Geist wirkt sich wiederum förderlich auf die heilsame Freude aus, sodass ein sich positiv verstärkender Kreislauf entsteht.

Dank des Trainings, das den Geist zur Ruhe bringt, ihn ausrichtet und erhebt, sind Sie dann unter normalen Lebensbedingungen (also ohne erdrückende Probleme wie etwa den Verlust des Lebensunterhalts oder eines geliebten Menschen) zunehmend in der Lage, Zugang zu Freude auf Abruf zu finden.

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Nachdem Google-Direktor Jonathan Berent diese mentalen Qualitäten erlernt hatte, stellte er fest, dass sie einen erheblichen Einfluss auf sein Leben hatten. Er sagte mir: „Ich habe gemerkt, dass ich zu jedem beliebigen Zeitpunkt bewusst einen tiefen Atemzug nehmen und ein Gefühl der Freude erwecken kann. Tatsächlich ist dies so hilfreich, dass ich die Alarmfunktion meiner Armbanduhr nutze, um mich daran zu erinnern, wenigstens einmal pro Stunde so zu atmen, dass ich dabei ganz präsent bin. Vor einigen Jahren hätte ich gedacht, dass so etwas Unsinn wäre. Freude auf Abruf? Das musste doch ein Scherz sein. Nun ist es Realität für mich, und ich weiß, dass das jederzeit möglich ist.“

Eine andere Bekannte von mir stellte bereits eine Veränderung fest, nachdem sie nur eine kurze Weile eine kleine Übung aus diesem Buch gemacht hatte. Janie hatte jahrelang nicht gut schlafen können. Nachdem sie zwei Minuten lang die Übung ‚Freude der liebenden Güte‘ praktiziert hatte (siehe Kapitel 5), schlief sie in der darauffolgenden Nacht besser als in all den Jahren zuvor. Nun führt sie jeden Tag die Übung der liebenden Güte durch, und ihr Schlaf hat sich seitdem verbessert.

Aber halt, das ist noch längst nicht alles. Die gleichen mentalen Ressourcen, die wir einsetzen, um unseren Geist zu erheben, ihn in Richtung Freude zu lenken und für die Freude zu öffnen, vermitteln uns zudem die Stärke und die Fähigkeiten, die wir zur Bewältigung von Problemen und emotionalem Schmerz benötigen. Ich kann nicht versprechen, dass Ihr Leben nach einem einzigen Atemzug, einigen Stunden Training oder dem Beenden dieses Buchs nur noch aus reiner Freude besteht, aber ich kann versprechen, dass jedes Mal, wenn Sie diese drei Dinge umsetzen – wenn Sie sich der Freude öffnen, den Hang zur Freude entwickeln und den Geist erheben –, das, was Ihnen schmerzhaft erscheint, weniger schmerzhaft wird; was neutral ist, wird freudvoll, und was bereits freudvoll ist, wird sogar noch freudvoller.

(An dieser Stelle dürfen Sie jetzt „wow“ sagen.)

Falls Sie bisher unglücklich waren oder falls Sie glücklich sind und danach streben, noch glücklicher zu werden, sollten Sie wissen, dass sich der Glücks-Sollwert erhöhen lässt. Ich weiß das, weil mir dies gelungen ist, und ich habe erlebt, wie auch viele andere dies im Rahmen meines mentalen Trainingsprogramms bei Google geschafft haben. Darüber hinaus habe ich wissenschaftliche Studien gesehen, in denen dieser Wert gemessen wurde. Buddhistischen Mönchen und anderen kontemplativ lebenden Menschen gelingt das natürlich bereits seit Tausenden von Jahren, aber dies ist nicht etwas, das nur in den Bergen des Himalajas möglich ist – es ist etwas, das auch Sie umsetzen können, wo immer Sie sich befinden.

Sie mögen sich vielleicht fragen, warum nicht bereits mehr Menschen Zugang zu dieser Form von verlässlicher, anhaltender Freude gefunden haben, wenn sie doch so gut verfügbar ist? Wieso scheint sie sich dann so schwer umsetzen zu lassen? Ich denke, das Problem besteht vor allem darin, dass den meisten Menschen gar nicht bewusst ist, dass Freude ohne Befriedigung der Sinne oder des Egos möglich ist. Oder wer davon gehört hat, glaubt oftmals nicht, dass es ihm selbst gelingen könnte, und er versucht es deshalb erst gar nicht. Viele wissen nicht, dass dies etwas ist, das jeder Einzelne von uns erlernen kann. Manche Menschen glauben, man benötige viel Geld, um Freude zu erfahren, während andere davon ausgehen, dass man sein Glück nur dann finden kann, wenn man alles aufgibt und in einer Hütte im Wald lebt. Vielleicht glauben Sie auch, Sie müssten erst jahrelang meditieren, um den Weg zur Freude zu finden, aber wie Sie in Kapitel 2 sehen werden, können Sie bereits mit einem einzigen Atemzug eine positive Veränderung bewirken.

Wenn man glaubt, dass Freude nur dann entsteht, wenn man etwas Neues kauft, etwas konsumiert, sich zu einem schäbigen Tycoon entwickelt oder um die Präsidentschaft bemüht, nachdem man bereits ein schäbiger Tycoon geworden ist, ist das Gefühl der Freude nur schwer erreichbar.

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Unsere moderne Gesellschaft mit all der modernen Technologie bietet uns leichter denn je die Möglichkeit, Vergnügen zu finden, überall, auf Abruf. Mangelnde Freude ist sicherlich nicht auf einen Mangel an Möglichkeiten zurückzuführen, unserem Ego und den Sinnen zu schmeicheln. Aber die Freude, die aus diesen Quellen entsteht, ist in sich problematisch, da sie von äußeren Faktoren abhängt, die sich unserer Kontrolle entziehen. (Über unsere YouTube-Aufrufe scheinen wir absolute Kontrolle zu haben, bis dann das Internet ausfällt.)

Der Gegensatz dazu ist Freude, die aus dem Inneren kommt – sie entsteht aus einem friedlichen Geist als Folge dessen, dass wir ein paar tiefe Atemzüge genommen haben, Freude, weil wir uns anderen gegenüber freundlich verhalten haben (Freude, die andere Menschen einschließt, jedoch nicht von ihnen abhängt), Freude, die aus Großzügigkeit entsteht oder daraus, das Richtige zu tun – all diese Arten von Freude sind für uns verfügbar, unabhängig von äußeren Umständen. Wenn wir unsere Lebensfreude dann doch einmal verlieren oder etwas wirklich Schreckliches geschieht, von dem wir vollkommen überwältigt werden, besteht nach wie vor Freude darin zu wissen, dass die Freude zu uns zurückkehren kann. Jeder von uns verfügt über eine unbegrenzte Ressource, unabhängig davon, wie angespannt oder schwierig die Situation ist, und diese Ressource ist die Freude. Ein Gefühl der Freude zu empfinden ist nicht schwierig, wenn man weiß, wo und wie man danach suchen muss.

FREUDE FÜHRT ZU ERFOLG

Das Leben ist seltsam. Manchmal findet man nur dann etwas, wenn man aufhört, danach zu suchen. Einmal benötigte ich zum Beispiel ein bestimmtes Kabel für meinen Computer. Ich suchte überall im Haus und konnte es nicht finden. Nach einer Stunde gab ich auf und sagte mir, dass ich am nächsten Tag wohl ein neues kaufen müsse, und nur wenige Minuten, nachdem ich kapituliert hatte, sah ich, dass es nur knapp einen Meter entfernt von mir auf dem Regal lag.

Ich stellte fest, dass ich eine ähnliche Beziehung zum Erfolg hatte. Als ich nach und nach immer geschickter darin wurde, mich einer Freude zu öffnen, die nicht auf Befriedung der Sinne oder des Egos beruhte, wurde ich sehr viel glücklicher, und auch mein verzweifelter Wunsch nach weltlichem Erfolg begann zu schwinden. Da ich nun mit und ohne Reichtum glücklich sein konnte, mit und ohne Möglichkeit, „mich der Welt beweisen zu müssen“, verstand ich nicht länger, wieso ich so versessen darauf sein sollte, „erfolgreich“ zu sein. Ich ging davon aus, dass ich meine Chance auf weltlichen Erfolg aufgeben und allen asiatischen „Tigermüttern“ als abschreckendes Beispiel dienen würde. Das Gegenteil geschah, und ich wurde sogar äußerst erfolgreich.

Später fand ich den Grund dafür: Freude führt zu Glück, und Glück führt zu Erfolg. Aber worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen Freude und Glück? Ich würde Glück gern von Matthieu Ricard definieren lassen. Ich gehe davon aus, dass „der glücklichste Mensch der Welt“ weiß, was das ist. Laut Matthieu ist für ihn Glück „ein tiefes Gefühl des Gedeihens, das aus einem außergewöhnlich gesunden Geist kommt … nicht bloß ein angenehmes Gefühl, keine flüchtige Emotion oder Stimmung, sondern ein optimaler Daseinszustand.“13 Freude hingegen ist ein angenehmes Gefühl. Es ist eine Emotion. Sie findet im Jetzt statt, während Glück eher etwas wie das Endergebnis ist, das im Laufe der Zeit aus geistiger Gesundheit und mentaler Fitness sowie persönlicher Entfaltung entsteht. Freude ist ein Baustein des Glücks. Ein glückliches Leben besteht aus vielen Augenblicken der Freude. Auch wenn Lebensglück nicht bedeutet, dass das Leben nun ausschließlich Momente der Freude bereithält, gibt es doch so etwas wie einen freudlosen Weg zum Glück nicht. Die Fähigkeit, auf Abruf Freude zu empfinden, ermöglichte es mir, ein glückliches Leben aufzubauen. In diesem Sinn führt Freude zu Glück.

Wie sieht der Zusammenhang von Glück und Erfolg aus? Wie sich herausstellt, hatte ich das komplett missverstanden. Meine asiatische Erziehung hatte mich veranlasst zu glauben, mit dem Erfolg käme auch das Glück. Ich war davon ausgegangen, dass ich eines Tages, wenn ich Erfolg hätte, glücklich sein würde. Tatsächlich ist es genau umgekehrt. Erfolg führt nicht zum Glück. Stattdessen führt Glück zum Erfolg. Die Beziehung zwischen Erfolg und Glück wurde gründlich erforscht. Mein Freund Shawn Achor hat dafür die brillante Bezeichnung „Glücksvorteil“ gefunden. The Happiness Advantage lautet auch der Titel seines Bestsellers14. Shawn, der Hunderte von Studien zitiert, die im Laufe von Jahrzehnten durchgeführt wurden, liefert überzeugende Argumente dafür, dass Glück und Zufriedenheit beim Streben nach Erfolg eine entscheidende Rolle spielen. In einem Artikel im Harvard Business Review fasst er das 2011 folgendermaßen zusammen: „Der allergrößte Wettbewerbsvorteil in unserer modernen Wirtschaft besteht in zufriedenen und engagierten Mitarbeitern.“15 Durch Zufriedenheit steigt der Umsatz um 37 Prozent, die Produktivität um 31 Prozent und die Genauigkeit bei der Arbeit um 19 Prozent. Glückliche Menschen sind darüber hinaus beliebter und haben mehr Erfolg bei der Arbeit oder in der Schule, falls sie Schüler sind. Zufriedenheit macht die Menschen gesünder, und auch bei vielen anderen Merkmalen der Lebensqualität schneiden diese Menschen besser ab. Sogar die Kreativitätsleistung wird durch das Gefühl, glücklich zu sein, gesteigert, wie wir in Kapitel 1 sehen werden. Diese Information wäre weniger großartig, wenn sich das Gefühl des Glücks nicht kontrollieren ließe und einfach nur eine Frage des Zufalls wäre. Sie ist deshalb so großartig, weil man Freude und Glück trainieren kann, und genau darum geht es in Freude auf Abruf.

Wenn Sie erfolgreich sein möchten, empfehle ich Ihnen unbedingt, zunächst einmal zu lernen, glücklich zu sein. Erfolg ist auch möglich, ohne dass Sie zuvor lernen, glücklich zu sein, doch davon rate ich unbedingt ab, denn wenn Sie unglücklich sind, bevor Sie Erfolg haben, dürften Sie anschließend noch viel unglücklicher sein. Zum Beispiel habe ich an mir selbst, als ich finanziell erfolgreich wurde, aber auch an anderen wohlhabenden Leuten gesehen, dass Reichtum als Persönlichkeitsverstärker fungiert. Wer grausam und gemein ist, wird durch Reichtum noch viel grausamer und gemeiner, da er nun nicht länger aus reiner Überlebensstrategie nett sein muss. Ist ein Mensch jedoch freundlich und großzügig, verstärkt Reichtum diese Eigenschaften, weil ihm nun noch mehr Möglichkeiten zur Verfügung stehen, sich auch in Zukunft so zu verhalten.

Da Reichtum als Persönlichkeitsverstärker wirkt, ist es gleichzeitig ein Erfahrungsverstärker. Fühlen Sie sich als Mittelständler unglücklich, dann fühlen Sie sich als reicher Mensch wahrscheinlich noch viel unglücklicher, da sich alle Aspekte Ihrer Geisteshaltung vervielfachen, die dazu führen, dass Sie sich mies fühlen, wie etwa Gier, Grausamkeit, Paranoia und Zerrissenheit. Wenn Sie jedoch als Mittelständler glücklich sind, dürften Sie als reicher Mensch aus dem gleichen Grund noch viel glücklicher werden; Eigenschaften, durch die Sie glücklich geworden sind wie etwa Großzügigkeit, Güte und innerer Frieden, vervielfachen sich, wodurch sich auch das Glück vervielfacht.

Somit ist es immer gut zu lernen, glücklich zu sein, und besonders sinnvoll ist es, wenn Sie dies machen, bevor Sie Erfolg haben. Dann hilft es Ihnen nämlich, noch erfolgreicher zu werden, und es hilft Ihnen auch, den Erfolg zu genießen.

EIN ERFOLGSZYKLUS

Ein Teil der Motivation für dieses Buch entstand aus der Reaktion der Leser auf mein erstes Buch Search Inside Yourself. Auch wenn meine Leser die wundervolle Wirkung meines Achtsamkeitstrainings zu schätzen wussten, schien für sie das Training doch mit sehr viel Mühe verbunden zu sein. Der Gedanke, dass sie nicht in den Genuss der Vorteile kommen konnten (kleiner Tipp: Freude), ohne eine Stunde am Tag zu meditieren, war entmutigend. Das ist wirklich nicht nötig. Bereits ganz simple, wirksame Veränderungen der Perspektive und einfache praktische Übungen, für alle leicht durchführbar, können einen drastischen Wandel bewirken und enormen Nutzen bringen.

Da ich in Bezug auf das Meditieren zum Glück selbst ein wenig zum Faulsein neige, weiß ich, wie man die Meditationsübungen noch leichter gestalten kann, als ich es bereits in meinem Buch Search Inside Yourself beschrieben habe, und ganz entscheidend ist dabei, dass die Praxis Freude macht.

Konfuzius sagte einmal: „Kaufen Sie niemals nur ein Teil, wenn Sie zum selben Preis zwei erhalten können.“ Ich mache nur Spaß – Konfuzius hat das nicht wirklich gesagt, aber er könnte es gesagt haben, weise und so, wie er nun mal war.

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Es gibt ein paar wirklich schöne Dinge im Leben, die sich auf natürliche Weise gegenseitig verstärken, sodass ein Erfolgszyklus entsteht. Wenn Sie etwa Spaß daran haben, eine bestimmte Tätigkeit so auszuführen, dass Sie damit ein bestimmtes Niveau erreichen (beispielsweise beim Jonglieren, Surfen, dem Spielen eines Musikinstruments), ertappen Sie sich vielleicht dabei, dass Sie diese Tätigkeit recht häufig ausüben und sich auf diese Weise immer weiter verbessern. Und wenn Sie sich dann immer weiter verbessern, wächst auch das Vergnügen daran. Und wenn Sie mehr Vergnügen daran haben, führen Sie die Übungen noch häufiger durch und verbessern sich weiter und weiter. In diesem Fall entsteht durch Geschick und Freude ein Erfolgszyklus, in dem sich beides gegenseitig verstärkt – und Sie profitieren letztlich ohne Zusatzkosten von beidem gleichzeitig und erhalten damit die fiktive Zustimmung des von mir ins Spiel gebrachten Konfuzius.