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Wir bedanken uns bei Norbert Griebl,
Botaniker und Pflanzenfotograf aus Leidenschaft,
für die zur Verfügung gestellten Bilder!

ISBN 978-3-99025-345-8

© 2018 Freya Verlag

Alle Rechte vorbehalten

A-4020 Linz

www.freya.at

Layout: freya_art, Christina Diwold, Regina Raml-Moldovan

Lektorat: Dorothea Forster

Fotomaterial: Bettina Louise Haase, Norbert Griebl, Wolf Ruzicka, Christina Diwold Foto auf Seite 94 aus dem Buch „Veilchen, Rose & Lavendel“ von Monika Halmos
© Fotolia: womue, cherezoff, Christian Fischer, eyetronic, HLPhoto, pun photo, unpict, Mara Zemgaliete, Sea Wave, photocrew, Joachim Opelka, emuck, Anna E, Olena Antonova, tets, emer, v.poth, ElfMo, Elenathewise, Scisetti Alfio, Alois, emer, Sabine Schönfeld, Heike Rau, M. Schuppich, Scisetti Alfio, yvoneisenstein, Anatolii, buharina, ArtCookStudio, voren1, An-T, dizolator, ksena32, kolesnikovserg, cherezoff, tets

Weitere Fotos im Buch auf Seite 160

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Die Inhalte dieses Buches stellen trotz sorgfältiger Recherche und eigenen Erfahrungswerten keinesfalls einen Anspruch auf Vollständigkeit und/oder Richtigkeit im schulmedizinischen Verständnis. Bei Beschwerden ist eine Abklärungen mit dem/der Arzt/Ärztin empfohlen.

Bettina Louise Haase

Pflanzenkraft und Kräuterwunder

Mit 12 bekannten     
Kräuterfrauen
durch das Jahr

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Januar

Von konzentrierter Pflanzenkraft und dem Heilmittel Sonne

Edeltraud Bail // Johanniskraut

Februar

Von der Kunst des Einfachen und der Königin der Pflanzen

Eva Aschenbrenner //Brennnessel

März

Von Frühjahrsblühern und der Wirkung kleiner Pflanzen

Petra Le Meledo-Heinzelmann // Vogelmiere

April

Von der Magie des Wassers und der Energie der Göttin

Renate Fuchs-Haberl //Holunder

Mai

Von der Wirkung der Bitterstoffe und der Butterblume

Claudia Bernhardt // Löwenzahn

Juni

Von der Arbeit mit Pflanzen als Gesamtkomposition

Ursel Bühring // Ringelblume

Juli

Von der Seele der Pflanzen

Susanne Fischer-Rizzi // Wildrose

August

Von der Magie der Pflanzen

Ingrid Faninger // Pestwurz

September

Von feiner Kräuterküche und dem Tausendschönchen

Gisela Hafemeyer // Gänseblümchen

Oktober

Von der Kraft des Wassers und dem Baum des Lebens

Adelheid Lingg // Vogelbeere

November

Vom Räuchern und der Heilkraft der Achillea

Ramona Sommer // Schafgarbe

Dezember

Von Weihnachten im Wald und dem Glückszweig

Sieglinde Schuster-Hiebl // Mistel

Vorwort

„Pflanzenkraft und Kräuterwunder“ – in diesem Buch stehen Kräuterfreundinnen an erster Stelle. Jeder Monat im Jahr hat eine weise, pflanzenkundige Frau als Patin. Sie zeichnet sich durch ihre große Naturverbundenheit aus, nimmt den Leser an der Hand und zeigt ihm Rituale und Wege im Rhythmus der Natur. Jede der vorgestellten Frauen ist ihren eigenen Weg gegangen, um die Natur mit all ihren Geheimnissen zu erkunden. Vielen waren Großeltern oder andere Familienangehörige ein Vorbild auf ihrem Weg. Bei allen ist die Entwicklung zur „weisen Frau“ durch die intensive Beschäftigung mit den Kräutern und der Natur ermöglicht worden. Auch ein hohes Maß an Achtsamkeit gegenüber den eigenen Kräften und dem eigenen Körper zeichnet die Frauen aus. Sie können ihre Kräfte richtig einschätzen.

Jeder Monat im Jahr hat eine weise, pflanzenkundige Frau als Patin

In früheren Kulturen waren die weisen Frauen oft Priesterinnen. So gab es beispielsweise bei den Kelten Heilkräuterkundige, die sich auch mit der Magie, die von Bäumen ausgeht, bestens auskannten. Wie kaum ein anderes Volk waren die Kelten mit der Pflanzenwelt und Pflanzenmagie vertraut. Sie betrachteten die Pflanzenmagie als äußerst wirksame Heilkunde. Bei ihnen entwickelte sich, eingebettet in die Baummagie, bei der die Birke (Beth) die höchste Göttin ist, im Laufe der Zeit ein rituelles Jahr, das wiederum auf dem Wechsel der Jahreszeiten und seinem Erscheinungsbild gründete. Die Feste des keltischen Jahreskreises mit ihren Ritualen gehörten zum Wissen der weisen Frauen.

Im Mittelalter waren weise Frauen meist Ärztinnen und Heilkundige. Das Heilwissen bestand aus überlieferter Volksmedizin und dem natürlichen Umgang mit magischen Kräften in der Natur. In der Volkskunde glaubte man fest daran, dass Kräuter die einzig wahre Medizin seien. Das venezianische Wort für Zauberei und Hexerei hieß früher „Erberia“, also Kräuterkunde. Das Wissen der weisen Frauen von damals umfasste Kräuterkunde, Herstellung von Arzneien und Magie. Weise Frauen standen bei der Bevölkerung in hohem Ansehen. Sie waren die Ärztinnen des Volks. Sogar Paracelsus gab zu, all sein Wissen von den weisen Frauen gelernt zu haben. Ihr Ansehen war in allen Gesellschaftsschichten sehr hoch. Die weiseste von ihnen war immer diejenige, die die Geheimnisse der Pflanzenwelt am besten kannte. Ihre erste Aufgabe war es, die Lebenskraft der Gesunden zu stärken und zugleich ihre Lebensfreude, indem sie die Menschen in einen Seelenzustand brachte, der ihnen neue Energie schenkte.

Eine dieser weisen Frauen des Mittelalters war Hildegard von Bingen (1098–1179), die mit großer Sorgfalt uraltes Wissen über Kräuter und Pflanzen in ihren Schriften zusammentrug. Hildegard scheute sich nicht, bei ihren Ausführungen über Kräuter und Pflanzen magische Wurzeln wie die Alraune anzuerkennen und auch zu empfehlen. Hildegard von Bingen prägte auch den Begriff der Viriditas, der Grundkraft, die der Natur und allen Lebewesen innewohnt. Nach Hildegard ist die Viriditas die Grundlage für alle Formen der Heilung. In der Begegnung mit der Natur und der Pflanzenwelt wird sie gestärkt.

Das Wissen der weisen Frauen hat sich heute noch besonders in ländlichen Gegenden im Alpenraum erhalten. Denn die Natur ist hier unglaublich reichhaltig. Auch gibt es hier – wie im Allgäu – viele abgelegene Regionen, in denen das alte Wissen so tief in die Landbevölkerung eingesickert ist, dass es sich bis heute konservieren konnte.

Die neuen weisen Frauen vermitteln der heimischen Bevölkerung verlorenes Wissen über Pflanzen und ihre Wirkung

Die neuen weisen Frauen sind meist Kräuterpädagoginnen oder Heilpraktikerinnen. Sie bringen in Seminaren über Kräuter Wissen näher, das uns in seiner Bedeutung heute kaum mehr gegenwärtig ist. Sie sind sich der in ihnen selbst ruhenden Kraft bewusst und wollen diese zur Heilung ihrer selbst und der Menschen um sie herum einsetzen. Die Kräuterfrauen rücken das überlieferte Wissen mit alten Rezepten, Ritualen und ihren Kenntnissen wieder ins rechte Licht und schützen es vor dem Vergessen. Sie sind von der Natur begeistert, arbeiten gerne mit Menschen zusammen, bringen ihnen den grünen Segen wieder näher und tragen zum Erhalt der Pflanzenvielfalt bei. Sie wissen, dass die wilden Pflanzen, die oft aus Unkenntnis zu nutzlosen Unkräutern deklassiert werden, große Wirkung haben und dazu noch schmackhaft sind. Die neuen weisen Frauen vermitteln der heimischen Bevölkerung verlorenes Wissen über Pflanzen und ihre Wirkung. Denn die Kraft, die die grünen Lebewesen innehaben, ist beachtlich. Auch eines wird nun vielen Pflanzenfreunden mehr und mehr bewusst: Man muss nicht weit fahren, um sich der Natur zu bedienen. Direkt vor der Tür befindet sich eine Vielfalt aus bunten Schätzen. Viele weise Frauen haben in der heilsamen Begegnung mit der Natur ihre Spiritualität und das Geheimnis aller Lebenskunst entdeckt. Die Natur ist seit Urzeiten der Lehrmeister.

Der Dichter Jean-Paul drückte das Glück, das er in der Verbindung mit der Natur erfuhr, einmal so aus: „Man kann die seligsten Tage haben, ohne etwas anderes zu gebrauchen als blauen Himmel und grüne Frühlingserde.“

Leben heißt demnach auch so zu leben, wie es uns die Natur lehrt. Denn im Einklang mit der Natur zu leben bedeutet Glück.

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EDELTRAUD BAIL

behandelt mit pflanzlichen Essenzen

Lieblingspflanze

Johanniskraut

Lieblingsrezept

Sanddornsirup

Kontakt

evbbws@web.de

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„Die Beschäftigung mit Naturheilkunde habe ich eigentlich von meinem Großvater geerbt“, sagt Edeltraud Bail. Ihr Großvater, ein Landwirt im Allgäu in Westerheim bei Memmingen, hatte auf seinem Hof, der in der Nähe eines Moors lag, regen Besuch. Von überallher aus der Umgebung kamen Leute, seit sich herumgesprochen hatte, dass er Krankheiten „abbeten“, also durch ein Gebet Krankheiten heilen konnte. Besonderen Erfolg hatte der Großvater beim Abbeten von Kröpfen, einer Vergrößerung der Schilddrüse, erinnert sich Edeltraud. „Und auch schon vor meinem Studium der Medizin wurden mir immer wieder Berichte über alternatives Heilen zugetragen“, sagt sie.

Die Beschäftigung mit Naturheilkunde habe ich eigentlich von meinem Großvater geerbt

Die Mutter eines Freundes litt an chronischer Polyarthritis und die Ärzte waren ratlos. Edeltraud begleitete die Kranke zu verschiedenen Heilpraktikern und erkannte immer klarer, dass es Heilmethoden jenseits der Schulmedizin gab. Zwei alternative Mediziner nennt sie als ihre Vorbilder: den Naturkundler Dr. Leonhard Hochenegg aus Tirol, der mit Pflanzen arbeitete, und Pater Thomas Häberle aus Müstair bei Graubünden, der ganzheitlich heilte und den sie selber noch in seiner Klosterzelle in Müstair besucht hat. „Die Begegnung mit diesem Menschen war für mich ein wichtiges Erlebnis“, sagt Edeltraud. Immer öfter erfuhr sie in ihrem Leben, dass es die alternativen Heilmethoden waren, die Menschen gesund machten, die von Ärzten schon aufgegeben worden waren oder denen man eine Operation als unumgänglich hingestellt hatte.

Ein persönliches Erlebnis in Spanien bestärkte sie in dieser Erkenntnis: „Vor meinem Medizinstudium war ich mit meinem damaligen Freund in Valencia und in Alcalá de Henares“, erzählt Edeltraud. Der Freund wurde während des Spanienaufenthaltes sehr krank – er litt an einer immer wiederkehrenden Mandelentzündung. „Der Arzt, den wir dann endlich fanden, meinte nach der ersten Visite, die Mandeln müssten unbedingt entfernt werden“, erzählt Edeltraud. Doch ihr fiel ein Buch über alternative Heilmedizin in die Hände, das bei Mandelentzündungen zu einem hochdosierten Vitamin-C-Stoß in Form von frischen Zitronen riet. So überredete Edeltraud den Freund zu einer Zitronensaftkur, auch sie selber trank den frischen Saft – drei Zitronen am Tag waren das Minimum. Der Freund gurgelte zusätzlich noch mit Zitronensaft. Das Ergebnis der Kur, die die beiden zwei Wochen durchführten, war überwältigend: Der Arzt, der zur Entfernung der Mandeln geraten hatte, erkannte seinen Patienten nicht wieder. Die Mandeln, die zuvor chronisch entzündet waren, waren nun völlig unauffällig. Immer klarer wurde Edeltraud dabei, dass es für fast alle Krankheiten naturmedizinische Heilmittel gibt.

Die Öle liegen mir von allen alternativen Heilmethoden am meisten am Herzen

Trotz dieser Erfahrungen entschloss sie sich zum Studium der Humanmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München – auch, weil damals die Ausbildung zur Heilpraktikerin noch nicht besonders anerkannt war. Während des Studiums nahm Edeltraud an homöopathischen Fortbildungen teil, die in den 1980er-Jahren noch nicht besonders häufig angeboten wurden. Nun trat ein weiterer Lehrer in ihr Leben: Professor Wabner, ein Chemiker und Mediziner, der die ätherischen Öle für Therapien nutzte und Vorlesungen am Klinikum Biederstein in München gab. „Die Öle liegen mir von allen alternativen Heilmethoden am meisten am Herzen“, sagt Edeltraud Bail. „Sie sind in der Anwendung einfach, man hat die konzentrierte Kraft der Pflanzen und braucht keine großen Vorräte. Gerade für Menschen, die in der Stadt wohnen und nicht schnell in die Natur zum Kräutersammeln kommen, sind Öle eine gute Alternative.“

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England, so erzählt Edeltraud, war früher ein Land, in dem fast jeder in seinem Hausgarten Lavendelblüten anbaute und selber destillierte. „Das ist zwar heute nicht mehr so, doch gerade das Lavendelöl ist unglaublich vielseitig zu verwenden und für die Hausapotheke einfach unentbehrlich.“

Im Winter weiß die Kräuterfrau die Öle für sich zu nutzen. Auf einen kleinen, beigefarbenen Duftstein träufelt sie ätherisches Mandarinenöl. „Das wirkt stärkend und anregend und vertreibt den Winterblues“, sagt sie lachend. Vorbeugend gegen Erkältung empfiehlt sie eine Ölmischung aus Basilikum, Eukalyptus, Lavendel, Nelke, Pfefferminze, Rose und Thymian. Diese Mischung, die noch aus ein paar weiteren Ölen besteht, ist unter dem Namen Sinus-Soft auch käuflich erwerbbar. Man kann die Mischung entweder inhalieren oder einfach durch die Nase einatmen, indem man ein Taschentuch damit benetzt. „Aber oft reicht auch nur ein einzelnes Öl aus, um Linderung zu erhalten“, sagt Edeltraud.

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Edeltrauds Lieblingspflanze ist das Johanniskraut, das sie als Allheilmittel für den Winter empfiehlt.