Der lachende Franziskaner
Illustrator Michael Wansch
Kurzgeschichten
eISBN: 978-3-99025-343-4
© Freya Verlag GmbH
Alle Rechte vorbehalten
www.freya.at
Cover/Layout: freya_art
Coverbild: Regina Leopoldseder
Illustrationen: Michael Wansch
Vorwort
Tatort Tankstelle
Der spirituelle Spiritus
Spielerische Seelsorge
Der Glöckner von Rems
Monsterjäger am Kirchenplatz
Vollgas mit den Roten Teufeln
Säbelrasseln zu Fronleichnam
Martin Himmelfahrt
Rezeptfreier Segen
Eine haarige Angelegenheit
Keine Lust auf Streicheleinheiten
Essen auf Sandalen
Zehn auf einen Streich
Der durstige Täufling
Glühweihe am Christkindlmarkt
Klingeln aus der Kiste
Mit Volldampf am Abschleppseil
Polentanz macht Stimmung
Der Name der Kirche
Die Party vor der Hochzeit
Der Mesner als Entertainer
Die Begräbnis-Probe
Auf ein letztes Bier
Geschniegelt und gestriegelt
Der spannende Kabelsalat
Fünf Kinder im Schrank
Tauchen in der Tonne
Angst vor der Moschee
Martin-Bonus für Handysünder
Die verliebten Theologinnen
Die Feuertaufe
Klaus, es ist aus!
Die Eingebung im Schlaf
Meine heiße Show
Wenn Spenden ausbüchsen
Beichten wie im Mittelalter
Die kleine Eisprinzessin
Nachbarschaftsstreit am Friedhof
Wetten, dass … es einen Badehabit gibt?
Wenn’s nicht flutscht, wenn man rutscht
Wohnen am Friedhof
Verfolgung im Rückwärtsgang
Der Hochzeits-Stuntman
Unterm Schlapfen eines Hundes
Die Rettung mit dem Hammer
Die ausgeborgten Kränze
Die Stinkbombe aus dem Untergrund
Harte Kost für harte Typen
Im Hafen der Ehe
Aerobic mit dem Pfarrer
Beichten im Gastgarten
Ein guter Fang
Grillparty auf der Rocca
Der Rucksack voller Waffen
Der Gipfelstürmer in Sandalen
Martin unterm Hammer
Bananenschachteln voll Glück
Sicher im Sattel
Das fliegende Telefon
Unbekannte im Kreuzgang
Der schwitzende Doppelgänger
Eine Messe wie im Traum
FKK unterm Sommerregen
Der Ententeich
Lillis Taufe
Beten am Würstelstand
Termine bei der Polizei
Lesestoff für den Papst
Action am Kirchenturm
Der Clown im Fernsehen
Ich bremse nur für Franziskaner
Taxi Ali
Der unerhörte Alarm
Den Löffel niemals abgeben
Grüß Gott und Auf Wiedersehen
Danksagung
Martin Bichler
Florian Kobler
„Ihre Bücher helfen mir jedes Mal beim Zahnarzt“, sagte eine Frau letztens im Pfarrbüro zu Pater Martin. Sie erzählte, dass sie die Bücher immer im Wartezimmer liest, um sich von den unangenehmen Geräuschen des Bohrers und des Saugers abzulenken. Und weil sie im Wartezimmer immer so laut gelacht hatte, wurden nicht nur die anderen Patientinnen und Patienten, sondern auch der Zahnarzt selbst auf ihre Lektüre aufmerksam. Nun liegen Pater Martins Geschichten neben den Magazinen und Zeitungen fix im Wartezimmer der Ordination auf.
Bei einer Lesung vor Senioren traf Pater Martin unlängst eine Dame im Rollstuhl. Sie sagte: „Pater, ich habe eigentlich nicht vorgehabt, jemals in meinem Leben noch einmal ein Buch zu kaufen. Ich lese kaum mehr und habe bereits zu viele in meiner Wohnung herumstehen. Aber bei Ihnen will ich eine Ausnahme machen. Ihre Bücher sind die letzten, die ich in meinem Leben kaufen werde.“ Die Frau war 95 Jahre alt.
Nachdem ein Familienvater, der Pater Martin einmal auf einer Pilgerreise ins Heilige Land begleitet hatte, viel zu jung an Krebs gestorben war, besorgte die Witwe mehrere Pater-Martin-Bücher. Sie schenkte die Kurzgeschichten den Ärztinnen und Pflegern auf der Palliativstation als Dankeschön für deren Begleitung während der schwierigen Zeit.
Es sind Geschichten wie diese, die Pater Martin und mich motiviert haben, ein drittes Buch zu schreiben. Dafür telefonierten wir wieder oft bis spät in die Nacht. Zu Frühlingsbeginn etwa rief ich Pater Martin um zehn Uhr abends am Handy an. Er hob gut gelaunt ab, meinte aber sogleich, dass Telefonieren jetzt ungünstig sei. Warum? Er arbeite gerade im stockdunklen Garten. Ein Hobby von ihm seien ja Blumen, und die gehören eingesetzt. „Im Herbst stelle ich meine Geranien immer in den Kreuzgang, lasse sie den ganzen Winter über austrocknen, reiße dann die restlichen Pflanzen aus, schneide mit der Baumschere alles zurück, gebe frische Erde hinein, setze sie neu ein – und stelle sie auf die Fensterbänke. Und zum Schluss wässere ich sie noch ordentlich ein, somit kommt jede Menge Power rein. Ach, das reimt sich ja …“. Nach diesem „Vortrag“ werkte er also noch eine Stunde lang an seinen Blumen, rief mich danach tatsächlich zurück und erzählte mir wieder neue Geschichten. Einige davon finden Sie in diesem Buch. Ich wünsche Ihnen viel Freude damit!
Florian Kobler
Eines späten Vormittags saß ich in meiner Klosterzelle in Enns, als das Telefon läutete. Die Pfarrsekretärin bat mich mit nervöser Stimme eindringlich, ins Pfarrbüro zu kommen.
„Die Polizei steht vor der Tür!“ Und tatsächlich warteten unten zwei Polizisten in voller Montur auf mich. Sie fragten, ob ich einen silbergrauen Skoda Fabia fahre. „Ja, das ist unser Klosterauto. Damit bin ich regelmäßig unterwegs“, antwortete ich. Die Polizisten nickten und fragten weiter, ob ich vor nicht allzu langer Zeit bei einer Tankstelle vergessen hätte, zu bezahlen. „Nicht, dass ich wüsste“, antwortete ich verdutzt, „aber wenn Sie mich schon so fragen: Einmal wäre es mir fast passiert. Da bin ich schon drei Meter weit gefahren, war mit den Gedanken ganz woanders und habe wohl geglaubt, dass ich direkt bei der Zapfsäule mit Karte bezahlt hatte. Aber dann ist mir der Fehler noch rechtzeitig aufgefallen.“ Die Polizisten nickten wieder – und sagten mit ernster Stimme: „Das war wohl nicht das einzige Mal. Wir haben Beweise, dass Sie kürzlich tatsächlich nicht bezahlt haben. Stichwort Bet-Tankstelle. Die Tankstellen-Mitarbeiterin hat Sie gesehen und Ihr Kennzeichen aufgeschrieben.“
Die Polizisten erzählten, dass die Dame noch Tage zugewartet hatte, in der Hoffnung, dass ich doch noch bezahlen kommen würde, doch vergebens. Als sie wenig später in den Urlaub gefahren war, hatte sie ihrem Chef eine Notiz über mein Vergehen hinterlassen. Und dieser war sofort zur Polizei gegangen. Doch dort hatte man die Anzeige nicht so recht entgegennehmen wollen: „Den Pater Martin kennen wir. Den besuchen wir zuerst einmal.“
Die Polizeibeamten hatten nicht lange gefackelt und standen nun vor dem Pfarrbüro.
Als ich nun meinen Kalender durchblätterte, konnte ich mich plötzlich erinnern! Ich war zum Tatzeitpunkt mit dem Auto in Enns unterwegs gewesen – und das bereits seit vielen Kilometern mit dem Reservetank. Als ich gerade an der Tankstelle gestanden war, hatte mich ein nervöser Mitbruder angerufen. Er hatte dringend zum Zug gemusst, um einen Arzttermin in St. Pölten wahrzunehmen, und war schon auf Nadeln gesessen: „Pater Martin, wo bist du? Ich warte schon die ganze Zeit auf dich.“ Hektisch hatte ich den Zapfhahn zurückgehängt und war sofort losgebraust.
Die Polizisten glaubten mir und lächelten. Sie forderten mich aber auf, die Rechnung zu begleichen – und zwar sofort. Das tat ich auch. Zu meiner Freude war die freundliche Mitarbeiterin wieder im Dienst, die mich beim Zechprellen erwischt hatte. Sie zerkugelte sich vor Lachen, als sie mich mit dem Geld in der Hand zur Kassa laufen sah.
Am Karsamstag finden tagsüber keine Feiern in der Kirche statt, da Jesus zu dieser Zeit symbolisch im Grab liegt. Zwischen Grabandacht am Morgen und Osternacht, in der die Auferstehung Jesu gefeiert wird, ist es in der Kirche also sehr ruhig. Nach altem Brauch ist zu dieser Zeit auch der Altar komplett leer. Es gibt keinen Schmuck und kein Altartuch. Und weil das praktisch ist, nehmen wir Franziskaner diese Zeit immer zum Anlass, den Altar zu reinigen. Um das hartnäckige Kerzenwachs zu entfernen, verwenden wir manchmal auch intensivere Putzmittel wie Spiritus.
Dass das nicht ungefährlich ist, bemerkte ich letztens, als ich gemeinsam mit Bruder Andreas den Altar schrubbte. Wir hatten vorher heimlich die neue Osterkerze und die neuen Altarkerzen angezündet. Nicht, um mehr Licht zu bekommen, sondern um die mit Wachs überzogenen Dochte vorzubrennen. Wir wollten uns auf diese Weise in der Osternacht Zeit sparen. Denn aus Erfahrung wissen wir: Das Entzünden der Kerzen mit frischem Docht dauert ewig.
Beim schwungvollen Putzen des Altars kam ich der brennenden Osterkerze mit dem in Spiritus getränkten Putztuch jedoch zu nahe. Das Tuch fing sofort Feuer. Und in meinem Schrecken warf ich es reflexartig auf den Altar – ein schwerer Fehler. Plötzlich puffte eine meterhohe Stichflamme auf. Der gesamte, frisch mit Putzmittel eingelassene Altar stand in Flammen. Aber so schnell das Feuer gekommen war, so schnell war es wieder weg. Der Spiritus war verbrannt, Altar und Putztuch aber waren wie neu. So gründlich hatten wir den Altar noch nie gereinigt, bin ich überzeugt. Nur leider hatte es auch meine Haare erwischt. Mein Kopf stank so sehr, dass ich nach dem Altar auch meine Haare gründlich waschen musste.
Eine sehr betagte Frau ließ mich einmal ins Altersheim rufen. Sie wollte gemeinsam mit ihrer Familie und mir beten. Sie ging auf die 90 zu, fühlte sich schwach und wollte für den Fall des Falles vorbereitet sein. Als wir in ihrem Zimmer beisammenstanden, äußerte sie einen Wunsch: „Pater Martin, ich will noch beichten.“ Also bat ich die Familie hinaus und nahm ihr die Beichte ab. Danach reichte ich ihr die Kommunion, segnete sie mit Weihwasser und gab ihr noch die Krankensalbung mit Öl. Nachdem wir mit allem, was ich anzubieten hatte, durch waren, kam die Familie zurück und die Frau lobte mich: „Pater Martin, das hast du gut gemacht.“
Danach war es eine Zeit lang still. Plötzlich schreckte sie auf und rief: „Wo ist der Ball?“ Wir sahen uns alle fragend an. Doch niemand konnte eine vernünftige Antwort geben. „Ich habe alles gebeichtet, das heilige Brot, die Salbung und den Segen bekommen. Jetzt habe ich so viel Kraft, dass ich Ballspielen will! Jetzt! Sofort!“, rief die Frau. „Pater Martin, mach das Nachtkasterl auf!“