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Stefan Bartel

Glück
gestalten

Acht Schritte zu einem
gelingenden Leben

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eISBN 978-3-99025-341-0

© 2018 Freya Verlag GmbH

Alle Rechte vorbehalten

Satz: freya_art

Inhalt

VORWORT

VERANTWORTUNG AUSÜBEN

Entscheidungen treffen

Mut aufbringen

Klarheit gewinnen

Konsequentes Handeln

IN KONTAKT SEIN

Mit anderen Menschen in Kontakt sein

Arten der Kontaktvermeidung

Assoziation und Dissoziation

Mit sich in Kontakt sein

Grenzen durchsetzen

VERTRAUEN GEBEN UND BESTÄTIGEN

Anderen Menschen Vertrauen geben

Entgegengebrachtes Vertrauen bestätigen, vertrauenswürdig handeln

Sich selbst Vertrauen geben

LIEBEN UND GELIEBT-WERDEN ANNEHMEN

Lieben

Geliebt-Werden annehmen

Sich selbst lieben

ORIENTIEREN UND IN BEWEGUNG BLEIBEN

Sinn finden

Ziele definieren

Zehn Grundbedürfnisse des Menschen

In Bewegung bleiben

GEDANKEN WAHRNEHMEN UND ÜBERPRÜFEN

Gedanken wahrnehmen

Wahrnehmung

Innere Bilder

Gedanken überprüfen und beeinflussen

Überzeugungen wahrnehmen

Überzeugungen überprüfen und beeinflussen

GEFÜHLE WAHRNEHMEN UND ÜBERPRÜFEN

Gefühle wahrnehmen

Gefühle beeinflussen

Hemmende Gefühle

Emotionale Muster wahrnehmen und überprüfen

Anderen Menschen vergeben

Sich selbst vergeben

Neuem Platz machen

BEWUSST SEIN

Im Moment sein

Die Realität annehmen

Authentisch sein

Körperbewusst sein

Die eigene Sterblichkeit reflektieren

NACHWORT

WERTELISTE

LITERATUR

Vorwort

Glücksforschung und Statistiken suggerieren uns, dass Menschen mit Kindern unglücklicher sind, dass sich Arbeitslosigkeit und Scheidung nachhaltig negativ auf unser Glücksempfinden auswirken oder dass die Hälfte des Glücksempfindens von unabänderlichen, genetischen Vorbedingungen abhängen – ist das für Betroffene in irgendeiner Weise hilfreich? Meiner Meinung nach: Nein.

Für jeden ist Glück etwas anderes. Für den einen bedeutet es einen Moment des Hochgefühls, für den anderen einen Prozess, der auch herausfordernde Situationen mit einschließt. In der Arbeit mit meinen Klienten habe ich beobachtet, wie erleichternd es für sie ist, wenn sie einen Überblick über die Bestandteile ihres Problems bekommen und Zusammenhänge erkennen. Diese Klarheit weckt Energie und Optimismus. Allerdings ist Erkenntnis nur der erste Schritt.

In der Ratgeberliteratur gibt es viele interessante Bezugspunkte. Nach meiner Erfahrung wissen jedoch die wenigsten Menschen, wie sie diese Themen handhaben sollen. Wenn Sie das Inhaltsverzeichnis des vorliegenden Buches lesen, fällt Ihnen vielleicht auf, dass es sich ausschließlich um Tätigkeiten handelt. In diesem Buch beschreibe ich die Handlungen, bei deren Durchführung wir ein gelingendes Leben führen.

Das gezielte Anwenden der acht Schritte führt nicht nur zu einem gelingenden Leben, sondern auch zu mehr Verständnis der eigenen Person sowie des Verhaltens anderer Menschen. Das wiederum bewirkt mehr gegenseitige Achtung und Toleranz. Ein gelingendes Leben jedes Einzelnen ist der beste Garant für eine friedliche Gesellschaft.

Was ist ein gelingendes Leben? Natürlich entscheidet das jeder für sich selbst. Ich gehe davon aus, dass es für die meisten Menschen gleiche Parameter gibt wie zum Beispiel: ein interessantes Leben führen; Dinge tun, die einem Spaß machen; Projekte realisieren, die einem ein Anliegen sind; Willensfreiheit haben; Teil einer Gemeinschaft sein; lieben und geliebt werden; inneren Frieden finden. Die Essenz unseres Lebens ist nicht das Glück an sich, sondern die Auseinandersetzung, wie wir ein gelingendes Leben führen können.

Theoretisch können Sie das Buch in wenigen Stunden lesen. Ich empfehle Ihnen jedoch, pro Woche maximal zwei Kapitel durchzugehen und zu bearbeiten. Besonders effektiv können Sie das Buch nutzen, wenn Sie die Fragen und Übungen schriftlich ausführen.

Wie zufrieden waren Sie mit Ihrem Leben in den vergangenen vier Wochen? Bewerten Sie Ihr Befinden auf einer Skala von 1 bis 10. Schreiben Sie den Wert auf und vergleichen Sie ihn mit dem Wert, nachdem Sie das Buch gelesen haben, und dann ein halbes Jahr später. Lassen Sie sich überraschen, welche Ihrer Themen an Bedeutung verlieren, welche an Gewicht gewinnen, welche Gedanken und Gefühle auftauchen und wie sich das alles auf Ihr Wohlbefinden auswirkt. Viel Spaß beim Lesen und Tun!

1 Verantwortung ausüben

Was genau bedeutet es, Verantwortung auszuüben? Die wenigsten wissen darauf eine praxistaugliche Antwort. Verantwortlich handelnde Menschen verfügen jedoch über benennbare Gemeinsamkeiten: Sie treffen ständig Entscheidungen. Sie lernen aus ihren Fehlern. Sie handeln konsequent. Sie verfügen über Mut und Klarheit. Sie geben nicht auf. Diese Kriterien anzuwenden bedeutet, Verantwortung auszuüben. Sind die Herausforderungen noch so groß, erscheinen die Hürden noch so unüberwindbar oder bringen Misserfolge Menschen sogar zu Fall – sie stehen wieder auf, lernen aus den Erfahrungen und verbessern ihre Entscheidungen. Sie gehen unbeirrbar und gleichzeitig flexibel ihren individuellen Weg, ohne jemandem Schaden zuzufügen.

Rund um uns ist immer alles in Bewegung. Die Menschen, die Umwelt, die Lebensbedingungen ändern sich laufend. Verantwortung übernehmen heißt auch, sich diesem Wandel anzupassen. Sich diesen Veränderungen zu verweigern bedeutet auf Dauer Stillstand. Und stehen zu bleiben, wenn sich alles andere weiterbewegt, kommt einem Rückschritt gleich. Um mich diesem Wandel anzupassen, ergreife ich freiwillig die Initiative, reflektiere Missstände, treffe Entscheidungen und handle engagiert. Auf diesem viel versprechenden Weg gibt es natürlich auch Hürden. Hinderlich sind uns Ängste, Bequemlichkeit oder vermeintlich falsch getroffene Entscheidungen in der Vergangenheit.

Entscheidungen treffen

Fehler in der Vergangenheit

Erst wenn ich bereit bin zu akzeptieren, dass meine Entscheidungen in der Vergangenheit zu meiner momentanen Situation geführt haben, verleihe ich mir die Macht, in Zukunft passendere Entscheidungen zu treffen. Verantwortung zu übernehmen bedeutet auch, aus meiner Opferrolle herauszusteigen und aktiv meine Anliegen zu entwickeln. Leichtfertige Schuldzuweisungen wie „Du bist schuld, dass es mir schlecht geht!“ können dann ausbleiben. Denn sobald ich jemandem Schuld zuweise, begebe ich mich in eine Opferrolle, da ich dem anderen Macht über mein Wohlbefinden verleihe. Zielführender ist es, sich die Frage zu stellen: „Was ist mein Beitrag an meiner unbefriedigenden Situation?“ Die Antwort auf diese Frage ermöglicht mir, zwischen hilfreichem und weniger hilfreichem Eigenverhalten in der Vergangenheit zu unterscheiden, um es zukünftig an die jeweilige Lage entsprechend anzupassen. Und auch mit der Frage „Was kann ich tun, damit sich meine Situation zum Besseren verändert?“ übernehme ich die Verantwortung für mein Wohlbefinden.

Bei Fragen, die die Vergangenheit betreffen, geht es nicht um Selbstanklage, ganz im Gegenteil: Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich nachvollziehbare Gründe, mich so zu entscheiden. Im Moment der Entscheidung gehe ich davon aus, dass ich die bessere Alternative wähle. Überspitzt formuliert gibt es im Nachhinein betrachtet auch keine falsche Entscheidung. Auf Grund meines Wissens, meiner Erfahrung und meiner Intuition treffe ich die zu diesem Zeitpunkt für mich richtige Wahl. Außerdem kann ich nicht immer wissen, ob die Wahl einer Alternative zu einem besseren Ergebnis geführt hätte, da sich auch die Begleitumstände in der Zwischenzeit geändert haben.

Da ich zum damaligen Zeitpunkt nachvollziehbare Gründe hatte, mich so zu entscheiden, kann ich heute verständnisvoll auf mich in der Vergangenheit blicken. Verantwortung zu übernehmen heißt also auch, den Mut dafür aufzubringen, mir den eigenen Anteil an Fehlentwicklungen anzusehen.

Manchmal ist es sinnvoll, in die Vergangenheit zu blicken. Oft haben nur Kleinigkeiten Blockaden ausgelöst. Verantwortung zu übernehmen bedeutet nicht, den Rest meines Lebens Schuldgefühle oder Scham mit mir herumzutragen. Verantwortung für unpassende Entscheidungen zu übernehmen bedeutet einzugestehen, dass ich etwas verstanden habe und in Zukunft anders denken, sprechen, handeln und entscheiden werde.

Bewusst wählen

Jeder hat seine berufliche und private Situation, so wie sie im Moment ist, frei gewählt. Vielleicht haben andere Personen versucht, mich zu beeinflussen, aber die Entscheidung habe ich getroffen. Damit bin ich für die Konsequenzen meiner Wahl selbst verantwortlich.

Das mag hart klingen, wenn ich an eine allein erziehende Kassierin im Supermarkt denke, die vielleicht über keinen Schulabschluss verfügt. Sobald sie jedoch denkt, dass andere Personen, der Arbeitsmarkt, die Politik oder das Gesellschaftssystem für ihre Lage verantwortlich sind, begibt sie sich in die Rolle eines ferngesteuerten Opfers. Damit ist niemandem geholfen, am allerwenigsten ihr selbst. Wenn ich anerkenne, dass ich meine Situation frei gewählt habe, kann ich sie auch wieder abwählen. Vielleicht ist das mit großen Anstrengungen verbunden und vielleicht dauert eine Veränderung lange Zeit, aber ich kann einen ersten Schritt setzen. Diese Vorstellung wirkt meist sehr befreiend!

Mit jeder Wahl sind auch unwillkommene Effekte verknüpft, die ich zugleich mitwähle. Kein Kniff auf der Welt ermöglicht es, diesen Konsequenzen zu entgehen. An das scheinen jedoch viele von uns zu glauben. Und wenn das Ignorieren dieser Konsequenzen nicht gelingt, beginnen wir zu klagen. Jammern und Pessimismus sind jedoch verantwortungslos – mir selbst und auch anderen gegenüber. Jammern, nicht reagieren und immer auf das fokussieren, was fehlt – damit ziehen wir uns selbst hinunter. Am besten ich mache das, was im Moment zu tun ist, mit Enthusiasmus und Hingabe. Nicht weil jede Tätigkeit so toll ist oder alle Rahmenbedingungen passen, sondern einfach, weil es die Laune bessert. Gleichzeitig mache ich mir Gedanken über Entwicklungsmöglichkeiten und verändere die ersten Kleinigkeiten.

Sobald ich beginne, über den Chef oder die Firma zu lamentieren, habe ich vergessen, dass ich mir meinen Job selbst ausgesucht habe. Es gibt Unternehmen, in denen alle jammern – aber alle bleiben da. Wenn ich das Klagen beende, beginne ich zu handeln. Indem ich handle, treffe ich eine Auswahl. Wenn ich bewusst wähle, übernehme ich Verantwortung für alle Konsequenzen. Wenn ich Verantwortung übernehme, führe ich Regie in meinem Leben – und das bedeutet Freiheit.

Viele Menschen haben vergessen, dass sie sich ständig neu entscheiden können. Sie ignorieren, dass sie die Einzelteile ihres Lebens täglich neu wählen. Der Nachbar, dessen Metal-Musik mich nicht einschlafen lässt; der Chef mit seinen cholerischen Anfällen; die Wohnung, in der ich mich nicht mehr wohlfühle; der Expartner, der regelmäßig meine Grenzen überschreitet; das Fernsehprogramm, das vorwiegend aus Krimis besteht – all das wähle ich jeden Tag aufs Neue – bis jetzt. Leiden ist oft einfacher als handeln. Leiden ist aber nur für diejenigen naheliegender als handeln, die die Wahlfreiheit vergessen haben. Wenn sie wollen, können sie Bestandteile ihres Lebens jederzeit abwählen. Sie tun es aber aus Motiven nicht, für die nur sie selbst verantwortlich sind. Fehlendes Bewusstsein für die eigene Wahlfreiheit ist übrigens auch einer der Gründe für Burnout. Keiner hat Macht über mich, wenn ich es nicht zulasse. Mich gegen Ohnmacht zu wenden ist eine Entscheidung. Der Machthaber über mich bin immer ich selbst. Macht ist oft negativ besetzt, weil sie mit Machtmissbrauch verwechselt wird. Die Frage ist jedoch, wie ich meine Macht einsetze. Wenn ich mich in eine machtvolle Rolle begebe, kann ich für mich und andere Sinnvolles bewirken. Jeder kennt das Gefühl der Befreiung, das sich plötzlich in einem ausbreitet, wenn man sich bewusst neu entscheidet. Alles, was eben noch unglaublich wichtig, dringend und lebensbestimmend war, ist wie weggezaubert. Manchmal ist es hilfreich, sich an dieses Gefühl zu erinnern.

Aus einem systemischen Blickwinkel stellt es sich so dar, dass sich Menschen in einem bestimmten sozialen System auf eine bestimmte Weise verhalten. Im System Familie verhalte ich mich anders als gegenüber meinen Arbeitskollegen, im System Freundeskreis verhalte ich mich anders als in einem Kundengespräch. Das bedeutet, Verhalten ist veränderbar. Sobald ich das erkannt habe, eröffnet sich die Möglichkeit, Bereiche meines Lebens in eine neue Richtung zu lenken. Schon eine geringfügige Veränderung in einem System kann einen Problemknoten lösen und einen positiven Dominoeffekt in Gang setzen. Meist beinhaltet ein Problem mehrere Hindernisse. Je umfangreicher sich ein Problem darstellt, desto mehr Möglichkeiten habe ich, aktiv zu werden. Jedes einzelne Hindernis bietet die Chance, der erste Dominostein zu sein, der fällt und andere mitreißt. Deshalb ist es oft sinnvoll, mit den einfachen Hindernissen zu beginnen. Zum einen kostet die Überwindung nicht so viel Anstrengung und zum anderen setzt der Selbststabilisierungsmechanismus des Systems ein. Dinge beginnen sich wie von selbst neu auszurichten.

Eine gute Möglichkeit für Unzufriedenheit ist, sich nicht zu entscheiden. Man erstarrt in einem ungewissen Zustand, ist in Gedankenspiralen gefangen und macht sich selbst Vorwürfe, entscheidungsschwach zu sein. Eine Entscheidung trägt automatisch Risiko in sich – sonst wäre es keine Entscheidung. Bei zwei oder mehreren Alternativen ist es im Vorhinein immer möglich, die weniger vorteilhafte zu wählen. Aber nicht nur das Ausmaß der Risiken, sondern auch die Gleichwertigkeit der Alternativen erschweren Entscheidungen. Je höher die Risiken und je gleichwertiger die Alternativen, desto schwieriger ist die Wahl.

Die meisten meiner Kunden nennen auf die Frage, zu wie viel Prozent sie sich sicher sein müssten, damit sie eine Entscheidung treffen könnten, Werte zwischen 80 Prozent und 100 Prozent. In einer Demokratie genügen 51 Prozent, um an die Macht zu kommen, Entscheidungen zu treffen und handlungsfähig zu sein.

„Immer treffe ich die falsche Wahl.“ Oder: „Ich kann mich nicht entscheiden.“ Mit solchen Glaubenssätzen mache ich mich unglücklich. Die Konsequenz aus mehreren nicht getroffenen Entscheidungen ist der Verlust von Selbstachtung. Der Versuch, alles gleichzeitig haben zu wollen, nicht auf eine Alternative verzichten zu können, sich alle Optionen offenzuhalten und nicht zu entscheiden, kostet Zeit, Freiheit und oft auch den Kontakt zu anderen Menschen. Nicht die Möglichkeit, sich zu entscheiden, bedeutet Freiheit, sondern die tatsächlich getroffene Entscheidung. Sich nicht zu entscheiden heißt, gefangen zu sein. Die Verantwortung haben wir trotzdem. Verantwortlich bin ich nicht nur für das, was ich mache, sondern auch für das, was ich unterlasse.

Ursache – Wirkung

Bei einer systemischen Sichtweise gehen wir davon aus, dass ein Problem in einen komplexen Kontext eingebettet ist und daher viele mögliche Bezugspunkte hat. Wenn ich etwa übergewichtig bin, kann das Problem darin liegen, dass ich mich falsch ernähre, dass Organe nicht vollständig funktionieren, dass ich zu wenig Sport ausübe, dass Herausforderungen psychischer Natur eine Rolle spielen oder Ähnliches mehr. Jede dieser Möglichkeiten hat wiederum mehrere Bezugspunkte und diese haben wiederum einen eigenen Hintergrund. Dazu kommen andere Personen, Bedürfnisse, Gefühle und Gedanken, die alle zusammen ein komplexes Bezugsnetz schaffen. Darum ist es oft gar nicht so einfach, eine einzelne Ursache für ein Problem zu identifizieren. Gleichzeitig kann ich davon ausgehen, dass mein Handeln mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Auswirkungen herbeiführt.

Wenn ich täglich vier Stunden vor dem Fernseher verbringe, anstatt meinen Körper fit zu halten, steigt mit der Zeit das Risiko, dass ich gesundheitliche Probleme bekomme. Wenn ich mich Videospielen hingebe, statt Freunden tatsächlich zu begegnen, steigt mit der Zeit das Risiko, dass ich mich einsam fühle. Wenn ich einen Roman nach dem anderen lese, statt mich selbst zu reflektieren, steigt mit der Zeit das Risiko, unzufrieden zu werden, ohne den Grund dafür zu kennen.

Viele von uns ignorieren das Prinzip von Ursache und Wirkung wider besseres Wissen. Die Dinge, die ich mich heute entscheide zu tun, haben unweigerlich eine Konsequenz in der Zukunft. Wenn es mir wichtig ist, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, dann muss ich auch die Verantwortung dafür übernehmen, die passenden Schritte dafür zu setzen.

Für viele ist Disziplin ein unangenehmes Wort. Oft assoziieren wir damit Dinge tun zu müssen, die keinen Spaß machen. Dabei ist Disziplin eine der wichtigsten Bedingungen für Erfolg im Leben. Dranzubleiben an den Dingen, die uns wichtig sind, auch wenn wir einmal Gegenwind spüren.

Verzicht auf die Alternative

Oft ist eine Entscheidung so schwierig, weil der Verzicht auf die abgewählte Alternative notwendig ist. Soll ich mich für eine Wohnung im Stadtzentrum oder für ein Haus am Stadtrand entscheiden? Soll ich den Job in Wien oder den in London annehmen?

Entscheiden bedeutet, dass zumindest vorübergehend eine Alternative vom Tisch ist. Dann wird oft viel Energie in Fantasien über die abgewählte Alternative aufgewendet, Gedankenspiralen entstehen, Zweifel kommen auf. Der Verzicht auf die abgewählte Alternative ist der Preis, den ich für meine Wahl zahlen muss. Diesen Preis zu bejahen fügt der Wahl, die ich getroffen habe, etwas Wertvolles hinzu.

Oder aber ich wehre mich gegen den Verlust der abgewählten Alternative, indem ich sie herabwürdige: „Die andere Variante hätte ohnehin nicht funktioniert.“ Geringschätze ich im Nachhinein das Nicht-Gewählte, nimmt dieses von dem, was ich wählte, etwas weg. Es wird weniger wert. Würdige ich das Nicht-Gewählte, dann hebe ich den Wert von dem, was ich gewählt habe. Erst wenn ich beide Alternativen würdige, hat eine getroffene Wahl Kraft.

Mut aufbringen

Um mich meinen Ängsten zu stellen, benötige ich Mut. Das Leben ist prinzipiell unsicher. Darum ist es auch nicht zielführend, dass ich mich dauerhaft an scheinbare Sicherheit im Außen klammere. Effektiver ist es, meine Ängste zu reflektieren und genau hinzusehen, was genau im Moment in mir Befürchtungen auslöst. Mut bedeutet, mich dem zu stellen, was jetzt in mir lebendig ist, etwa eine Krankheit, ein drohender Bankrott oder meine Sterblichkeit. Mut bedeutet auch die Bereitschaft, in Ungewissheit zu leben.

Wir können vorab keine Reaktion anderer Menschen vorhersehen, wir wissen nicht, wann jemand sterben wird oder wann das nächste Unwetter auftaucht. Das Leben ist keine Wissenschaft, wir können es nicht vorausberechnen. Unsicherheit gehört zu unserem Leben dazu. Jeden Tag kann alles passieren. So lasse ich mich überraschen und staune, was heute alles passiert. Wenn ich mich nicht von meinen Ängsten einschränken lasse, kann ich die entstehende Freiheit fühlen. Wer sich jedoch Sicherheit als wichtigsten Leuchtturm im Leben aussucht, dem wird es schwerfallen, die Möglichkeit des Immer-wieder-neu-wählen-Könnens zu nutzen.

Sicherheit ist ein wichtiges Bedürfnis von uns allen und jeder lebt seine eigene Strategie, um sich sicher zu fühlen. Der eine errichtet ein Netzwerk an verlässlichen Menschen, die andere häuft Geld an, der Dritte setzt auf täglich wiederkehrende Rituale. Viele Menschen haben sich ihr Leben jedoch so bequem eingerichtet, dass es ihnen nahezu grotesk erscheint, etwas davon zu riskieren. Mit der Zeit schleicht sich dann ein Gefühl des Gefangenseins ein.

Keineswegs will ich jemandem nahelegen, seine Komfortzone zu verlassen und die Sicherheit stabiler Verhältnisse aufzugeben. Das Problem ist, dass viele nicht bereit sind, für Begleiterscheinungen ihrer Passivität Verantwortung zu übernehmen. Sie wollen unerwünschte Auswirkungen wie Langeweile oder Unerfülltheit nicht als Resultat ihrer Entscheidung anerkennen und die daraus resultierende Unbeweglichkeit als Preis zahlen.

Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern trotz meiner Ängste Grenzen zu überschreiten und Entscheidungen zu treffen. Mit jeder überschrittenen Grenze und mit jeder getroffenen Entscheidung werde ich wachsen, wenn ich die richtigen Schlüsse aus dem Ergebnis ziehe. Denn eines ist klar: Nicht jede meiner Entscheidungen wird ausschließlich positive Auswirkungen haben. Wichtig dabei ist, das Ausweiten meiner Grenze im für mich passenden Ausmaß auszuführen. Auftretende Ängste sollen mich nicht überfordern, sonst besteht die Gefahr, dass ich meine Gefühle abspalte.

Menschen, die sich etwa in eine übertriebene Todesgefahr begeben, schaden sich durch diese Abspaltung ihrer Gefühle massiv.

Mich auf unbekanntes Terrain zu begeben bringt Spannung in mein Leben. Die Herausforderung eines Abenteuers lässt mich lebendig sein. Zu leben bedeutet immer auch ein Risiko einzugehen. Nicht immer geht eine Sache gut aus. Das gehört zum Leben dazu. Gemeisterte Herausforderungen und durchlebte Krisen zählen in weiterer Folge jedoch zu unseren größten Ressourcen. Das macht uns mit der Zeit stärker und stärker. Die Erfahrung zu machen, dass ich mich in schwierigen Situationen beweisen kann, zu wissen, dass ich mich selbst aus dem Sumpf ziehen und ich mich auf mich verlassen kann, steigert meinen Mut und die Angst wird weniger. Ich beginne, kleine Wagnisse zu genießen, und begebe mich vermehrt auf die Suche nach neuen Herausforderungen. Die Abenteuer bewirken eine freudige Erregung. Mutig zu sein heißt, immer wieder einmal das Fremde dem Vertrauten vorzuziehen, das Unbequeme dem Bequemen, ohne zu wissen, ob ich es schaffe oder nicht.

Mut bedeutet, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, ohne sie zu verdrängen, und trotz Ängsten vertrauensvoll in die Zukunft zu gehen. Wovor haben wir die meiste Angst? Wir haben Angst, uns mit unserem Vorhaben lächerlich zu machen, wir fürchten uns davor, unsere Gesundheit dabei zu verlieren, wir haben Angst vor finanziellen Einbußen. Ist es nicht so, dass das Gegenteil mindestens genauso wahrscheinlich ist? Dass ich mit meinem Vorhaben gutes Geld verdiene und sich ein spannendes Ziel positiv auf meine Gesundheit auswirkt?

Wir sind dazu erzogen worden, immer alles richtig zu machen, Fehler sind verpönt. Das ist ein Grund dafür, dass wir innerlich erstarrt sind. Hinter allem und jedem sehen wir die Gefahr lauern. Wir sind nicht mehr in Bewegung. Angst ist jedoch selten ein guter Ratgeber. Die Bewältigung von Fehlentwicklungen lässt uns wachsen. Je mehr „Fehler“ ich mache, desto reichhaltiger sind meine Erfahrungen. Wichtig ist nur, dass ich aus meinen vermeintlichen „Fehlern“ lerne und nicht zwei Mal den gleichen begehe. Meiner Freiheit wohnt inne, dass ich mich hin und wieder verirre. Mein Leben ist gefährlich und ein anderes habe ich nicht. Im Risiko steckt ein ungeheures Potenzial an Entwicklungsmöglichkeit.

Wenn wir die Freude am Abenteuer wieder entdecken, können wir aus dem Vollen leben – wie Kinder, die sich von ihrem Herzen leiten lassen, täglich Grenzen überschreiten und staunen, was ihnen widerfährt. Das Bekannte ist bequem, aber es macht uns auf Dauer nicht glücklich. Kaum etwas ist demotivierender als ständige Routine. Sich wiederholende Abläufe tragen einen Erholungsfaktor in sich und sind daher auch notwendig. Wir können am Tag nur eine gewisse Anzahl an Entscheidungen treffen, ohne zu ermüden. Kaum etwas löst jedoch größere Begeisterung aus als neue Möglichkeiten, neue Ideen, eine neue Entdeckungsreise. Wir können erst dann unser ganzes Potenzial ausschöpfen, wenn wir für uns die volle Verantwortung übernehmen, dafür, wer wir waren, wer wir sind und wer wir sein werden. Das ist eine Grundvoraussetzung für ein gelingendes Leben und erfordert große Entschlossenheit.

Mut benötige ich auch, um genau hinzusehen: Wenn ich selbst für die Situation, in der ich mich befinde, verantwortlich bin, wieso führe ich dann ein so tristes oder unbefriedigendes Leben? Der einfachere Weg ist es, sich in eine Opferrolle zu begeben und in Hilflosigkeit zu erstarren. Dann beginnt das große Jammern. Mit jedem Lamentieren gerate ich tiefer in die Problemtrance und die Tristesse wird noch größer. Wenn wir vor einer Wahl stehen, dann ist es oft empfehlenswert, den unbekannten, unsicheren, sogar riskanten Weg zu wählen. Das bringt unsere Energie in Fluss und macht uns gleichzeitig reifer und weiser.

Ängste

Verantwortung ist oft mit der Angst besetzt, bei Fehlentscheidungen Vorwürfen ausgesetzt zu sein – am schlimmsten von Vorwürfen von sich an sich selbst in der Zukunft!

Wir haben Angst vor Unbekanntem, Angst zu versagen und dabei das Gesicht zu verlieren. Nichts hypnotisiert uns mehr als die eigene Ängstlichkeit. Der Weg aus der Angst geht jedoch durch die Angst hindurch. Es ist sogar möglich, dass bei dem Thema, bei dem wir die größte Angst fühlen, unser größter Schatz zu finden ist. Gelingt es uns, die Ängste zu überwinden und Verantwortung zu übernehmen, können wir unseren Handlungsspielraum erweitern. Aus Angst vor dem Unbekannten schaffen wir um uns herum eine Sicherheitszone. Mit Logik, Strategien, Konzepten, Theorien und Worten bauen wir eine Mauer, um das Fremde auszusperren. Mit der Zeit ist die Mauer so hoch, dass wir nicht mehr nach außen sehen können und es uns immer schwerer fällt, sie zu überwinden. Gleichzeitig steigt die Sehnsucht nach Abenteuern, denn Langeweile ist das Gegenteil von Glück.

Angst ist die Abwesenheit von Liebe und Vertrauen. Angst ist ein Zustand des Mangels, vergleichbar mit Finsternis, die nichts weiter ist als die Abwesenheit von Licht. Um Finsternis zu erreichen, muss ich die Fenster verdunkeln und das Licht ausschalten.

Um Finsternis zu beenden, muss ich die Vorhänge wegziehen oder eine Kerze anzünden. Mit Finsternis an sich kann ich nicht umgehen. Ich kann sie nur mit Hilfe von Strom, Jalousien und Feuerzeugen beeinflussen – so, wie ich Angst nur durch Aufmerksamkeit, Liebe und Vertrauen beeinflussen kann.

Ein direkter Kampf mit der Angst ist also von Vornherein verloren. Effektiver ist es, die Angst zu überprüfen und sich zu fragen: „Wie fühlt sie sich an, welche Gedanken und Überzeugungen stehen dahinter?“

Wir halten gerne an Gewohntem fest und haben Angst vor Veränderung. Auch wenn die aktuelle Situation fast unerträglich ist und uns die Lebenslust abhanden gekommen ist, klammern wir uns an das Vertraute. Diese Strategie hat eine Geschichte und einen guten Grund. Jetzt ist sie uns vielleicht nicht mehr von Nutzen, sondern hinderlich für ein gelingendes Leben. Eine Situation zu kennen und überblicken zu können scheint für uns einen hohen Wert darzustellen. Diese Sicherheit und die freundschaftliche Beziehung zu unserer Misere, die in der Zwischenzeit entstanden ist, sind der Preis, den wir bezahlen müssen, wenn wir uns aus unserer Misere herausbewegen wollen.

Wie viele Menschen verrichten seit Jahrzehnten eine Arbeit, die sie in keiner Weise erfüllt, nur weil sie Angst vor Veränderung haben? Dabei ist es ganz normal, Angst zu haben.

Ein mutiger Mensch tut herausfordernde Dinge, obwohl er Angst fühlt. Er akzeptiert seine Ängste, nimmt sie an, wie sie sind, ohne zu versuchen, sie wegzudrängen, und überprüft sie. Werde ich tatsächlich im Hier und Jetzt bedroht? Wie groß ist die tatsächliche Möglichkeit, Schaden zu erleiden?

Wir werden alle durch die Berichterstattung der Medien beeinflusst. Wenn wir uns Nachrichtensendungen ansehen, fluten Bilder von Terroristen, Flüchtlingsströmen, Kriegen und Morden auf uns ein. Auf Dauer können wir uns so einem negativen Einfluss nur schwer entziehen. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Terroranschlags oder einer Gewalttat zu werden, geringer als ein Lottogewinn. Jeder muss selbst entscheiden, für wie wichtig er Nachrichtensendungen für sein erfülltes Leben einschätzt und ob er sich diesen Gewaltorgien täglich aussetzen will. Wenn wir uns Sorgen machen und Ängste zum Vorschein kommen, gewinnen negative Gedankenschleifen an Macht und übernehmen die Führung. Dann sind wir mehr in uns gekehrt und beginnen, uns unserer Umgebung zu verschließen. Je angstfreier wir sind, desto weniger verheddern wir uns in negativen Gedankenschleifen. Wenn alles rund läuft, können wir gut abschalten.

Langeweile

Langeweile führt dazu, dass wir zu viel Zeit haben, in der dann viele unnötige Gedanken hochkommen. Wenn wir etwa lernen, Auto zu fahren, haben wir ein anderes Erleben.

Die meisten von uns waren wahrscheinlich aufgeregt, als sie das erste Mal am Lenkrad gesessen sind. Kuppeln, Gang einlegen, Gas geben, in den Rückspiegel sehen, blinken, lenken, bremsen – je vielschichtiger dabei die Aufgaben für mich als Anfänger sind, die ich parallel zu erfüllen habe, desto angeregter bin ich. Je schneller die Landschaft an mir vorüberzieht, desto lebendiger fühle ich mich. In einer als abenteuerlich wahrgenommenen Situation ist die Langeweile wie weggeblasen. In diesem Moment spielt weder die Vergangenheit noch die Zukunft eine Rolle.

Das Erleben im Jetzt ist absolut vorrangig. Sobald ich Tätigkeiten durch oftmaliges Wiederholen perfektioniere, verringert sich das Risiko und mein Puls schlägt nicht mehr so schnell. Von außen betrachtet sieht das Driften mit quietschenden Reifen immer noch gefährlich aus, in mir ist jedoch bereits ein Gewohnheitseffekt eingetreten.

Von Zeit zu Zeit ist es sinnvoll, mein Verhalten und meine Gewohnheiten zu ändern, damit das Leben spannend bleibt. Dabei geht es nicht nur um Verhalten, das ein körperliches Risiko beinhaltet, sondern auch um ein geistiges oder ein seelisches Wagnis.

Mutige Menschen schließen keine Versicherungen ab und häufen keine hohen Summen auf Bankkonten an. Wenn sie Geld haben, investieren sie in innovative Projekte oder unterstützen wohltätige Vereine. Mutige Menschen lassen sich auf Diskussionen ein, bei deren Themen sie vielleicht nicht sattelfest sind, und lassen sich von guten Argumenten überzeugen. Mutige Menschen geben sich intensiven Beziehungen hin, trotz Gefahr, dass sie vielleicht verletzt werden. Nicht nur Risiken im Außen machen das Leben interessant, sondern vor allem auch das Forschen im Innen.

Immer wieder Grenzen zu überschreiten, innere Widerstände zu überwinden macht das Leben abwechslungsreich. Und hin und wieder ziehe ich eine Grenze, wenn ich es brauche, aber immer im Bewusstsein, dass zu viele Grenzen einengend sind und zur Erstarrung führen. Zu so einer Versteinerung kommt es, wenn wir in toten Verhaltensmustern stecken, die wir oft schon in der Kindheit von uns nahestehenden Personen übernommen haben. Welche Einstellung hatten die Eltern zu den Themen Sicherheit, Geld, Macht und Ansehen?

Tatsächlich geht es im Leben darum, das zu tun, was einem im Innersten wichtig ist. Der Drehbuchautor ist jedoch Manager geworden, Musiker sind Lehrer, Astronomen sind Rechtsanwälte, Chemiker sind Versicherungsmakler. Die wenigsten machen das, wofür sie brennen. Diese Langeweile kann jeder jederzeit beenden. Das kann herausfordernd sein, insbesondere, wenn ich mich in die Abhängigkeit von Kreditinstituten begeben habe oder eine Familie ernähren soll. Mit einem starken Willen und kreativen Lösungen gibt es meist einen Weg.

Übung Gegenteil

Machen Sie einen Monat lang das Gegenteil von allem Gewohnten. Gehen Sie in ein Restaurant essen, in dem Sie noch nie waren. Verzichten Sie auf Fernsehen und gehen Sie in ein Theaterstück, das Sie nicht kennen. Verabreden Sie sich mit unbekannten Personen. Beginnen Sie eine neue Sportart. Besuchen Sie ein Seminar zu einem für Sie neuen Thema. Verkaufen oder entsorgen Sie alle Dinge, die Sie seit drei Jahren nicht mehr in Gebrauch hatten. Begeben Sie sich in Situationen, die Ihnen bis jetzt ein wenig unangenehm waren. Lassen Sie sich überraschen, wie sich das alles auf Ihr Leben auswirkt. Achten Sie auf Veränderungen Ihrer Gedanken und Gefühle. Danach können Sie wieder in Ihren Alltag zurückkehren – soferne Sie das dann noch wollen.

Klarheit gewinnen

Manche Menschen erlangen auch in komplexen Situationen schnell Klarheit. Das hat einerseits mit analytischen Fähigkeiten zu tun, andererseits mit dem Wahrnehmenkönnen der eigenen Gefühle und mit Intuition.

Sie können rasch erkennen, was der Kern eines Problems ist und – in weiterer Folge –, welche Bezugspunkte und Lösungsansätze es dazu gibt. Die gleiche Person, die in der einen Situation Zusammenhänge klar erkennen kann, steht bei einem anderen Problem jedoch plötzlich vor einer Wand.

Wie erlange ich Klarheit? Wenn ich ein Problem habe, ist es sinnvoll, in Gedanken einen Schritt zurückzusteigen und sich die einzelnen Kriterien des Problems bewusstzumachen. Nur im ersten Schritt einen Überblick über die unterschiedlichen Bezugspunkte zu erlangen ist für viele Menschen bereits eine große Entlastung. Auf einmal wird das Problem überschaubar. Wer ist aller von dem Problem betroffen? Wer hat welche Interessen? Was ist mein eigener Anteil? In welchem Zusammenhang steht das Problem mit meinen Bedürfnissen und Wünschen? Was ist in Bezug auf das Problem mein Ziel? Je komplexer das Problem ist und je mehr Bezugspunkte es hat, desto zahlreicher sind auch die möglichen Lösungsansätze.

Übung Entscheidungstabelle

»Erstellen Sie auf einem Blatt Papier oder in Excel einen Raster. In die erste Spalte schreiben Sie untereinander die unterschiedlichen Kriterien zu einer Entscheidung, die Ihnen schwerfällt. Wenn es für Sie zum Beispiel schwierig ist, sich zwischen zwei Jobangeboten zu entscheiden, könnten folgende Kriterien eine Rolle spielen: Begeisterung, Weiterbildungsmöglichkeit, Höhe des Gehalts, Parkplatz, Kantine, angenehmes Büro, Betriebsklima, Distanz zum Wohnort, Aufstiegsmöglichkeit, sympathischer Vorgesetzter, Entscheidungskompetenz … Wichtig ist, dass Sie alle Begriffe positiv formulieren, sonst wird die Bewertung uneinheitlich und verfälschend.

»Schreiben Sie in die zweite Spalte neben jedes Kriterium eine Bewertung. 1 = nicht wichtig, 10 = sehr wichtig. Neben Begeisterung schreiben Sie zum Beispiel 10, neben Parkplatz 4. Dieser Wert dient in weiterer Folge als Multiplikator, um zu gewährleisten, dass der Parkplatz nicht den gleichen Einfluss auf das Ergebnis hat wie die Begeisterung.

»Schreiben Sie in die oberste Zeile die Varianten als Überschrift. Job A in die dritte Spalte, Job B in die fünfte. Gibt es vielleicht noch eine dritte Variante, an die Sie bisher noch nicht gedacht haben? Kann eine Variante Beide Sinn machen?

»Bewerten Sie jetzt die Kriterien für Job A. Wie groß ist hier die Begeisterung, wie hoch ist die Weiterbildungsmöglichkeit, wie zufrieden sind Sie mit dem Gehalt? Dann führen Sie das Gleiche mit Job B durch. Bereits an dieser Stelle kristallisiert sich auf Grund des erhaltenen Überblicks oft eine Entscheidung heraus.

»Multiplizieren Sie jetzt Zeile für Zeile die Werte aus Spalte zwei mit den Werten von Spalte drei und schreiben Sie das Ergebnis in Spalte vier.

»Addieren Sie alle Ergebnisse von Spalte vier. Sie haben jetzt die Gesamtsumme von Job A.

»Wiederholen Sie das Gleiche mit Job B.

»Das Wichtige ist nicht unbedingt das Ergebnis! Wichtig ist, welches Gefühl in Ihnen hochkommt, wenn Sie das Ergebnis betrachten! Sind Sie enttäuscht, wenn Job A signifikant besser abgeschnitten hat, oder erfüllt Sie das Ergebnis mit Freude?

Verantwortung

Meist leben wir mit der Vorstellung, dass andere Menschen und Begebenheiten Gefühle in uns aktivieren. Wenn der Partner in schlechter Stimmung ist, lassen wir uns davon anstecken.

Übt jemand Kritik an unserem Verhalten, reagieren wir beschämt oder wütend. Müssen wir beim Arztbesuch lange warten, sind wir ungeduldig und verärgert.

Wir nehmen unsere Gefühle als etwas wahr, das von Begebenheiten im Außen aktiviert wird. Diese Wahrnehmung verführt uns dazu, andere Menschen und Begebenheiten für unsere Gefühle und Probleme verantwortlich zu machen. Wir glauben, dass der grantige Partner, der unfaire Chef, die intrigante Nachbarin, der defekte Geschirrspüler, Politiker oder eine nicht geschaffte Prüfung schuld an unserem Unglück sind. In Wirklichkeit sind wir selbst für unsere Entscheidungen und die daraus resultierende Stimmung verantwortlich. Ausschlaggebend ist, welche Haltung wir gegenüber einer Begebenheit einnehmen, welche Überzeugung dahintersteht.

Die nicht geschaffte Prüfung könnte Anlass sein, meine Lerngewohnheiten zu beleuchten, zwischenmenschliche Konflikte könnten mich anregen, die Bedürfnisse meiner Mitmenschen zu hinterfragen und mein Konfliktverhalten zu verbessern. Im Lauf unseres Lebens sind wir immer wieder mit Dingen konfrontiert, die uns herausfordern. Statt in negativen Stimmungen zu verweilen, ist es sinnvoller, herausfordernden Begebenheiten mit größtmöglicher Gelassenheit zu begegnen.

Vielleicht erscheint Ihnen das momentan unmöglich oder übertrieben. Kann es wirklich gelingen, immer gut gelaunt zu sein und gelassen zu bleiben, unabhängig von äußeren Einflüssen?

Wahrscheinlich gibt es kaum jemanden, dem das in schwierigen Situationen immer gelingt, auch wenn er noch so reflektiert ist. Es gibt Schicksalsschläge, für die ich nicht verantwortlich bin. Ein Sturm zerstört mein Haus, eine nahestehende Person stirbt, mein Partner erkrankt an Krebs, ich lebe in einem Kriegsgebiet. In solchen Fällen ist es natürlich schwierig, Gelassenheit zu bewahren. Es gibt jedoch Menschen, denen es sogar in diesen Situationen möglich ist, eine Haltung einzunehmen, mit der sie Krisen seelisch unbeschadet durchleben. Wir haben einen viel größeren Handlungsspielraum, als uns bewusst ist. Wir steuern unsere Gefühle, Gedanken und Handlungen – wer sonst? Voraussetzung dafür ist, dass wir die Verantwortung für unsere Befindlichkeit übernehmen. Und Verantwortung übernehmen bedeutet, Entscheidungen zu treffen und Handlungen zu setzen. Wenn vergangene Entscheidungen und Handlungen nicht zu einem erwünschten Ergebnis geführt haben, muss ich sie in der Zukunft verändern.

Die Zusammenhänge zwischen Entscheidungen in der Vergangenheit und dem Ergebnis im Jetzt zu verstehen ist ein wesentlicher Schritt. Ausschlaggebend sind jedoch die veränderten Handlungen in der Zukunft.

Konsequentes Handeln

Viele Menschen kennen ihr Ziel und wenn sie sich Zeit nehmen und überlegen, wie sie dorthin kommen, kennen sie auch den Weg. Trotzdem fällt es ihnen schwer, den inneren Schweinehund zu überwinden. Je attraktiver das Ziel, desto anspruchsvoller ist meist der Weg dorthin, desto mehr Hürden gilt es zu überwinden. Das erfordert Mut und Motivation.

Ein Grund für fehlende Motivation kann sein, dass der Betreffende nicht von der Möglichkeit der Zielerreichung überzeugt ist. Der Verkaufsberater, der eigentlich Romanautor sein will, trägt in sich die Überzeugung:

„Ich schaffe es nicht, ein erfolgreicher Romanautor zu werden.“

Ich fragte einmal einen jungen Mitarbeiter, welchen Beruf er ergreifen würde, wenn ihm alle Möglichkeiten offen stünden.

Er antwortete: „Astronaut, aber das ist nicht realistisch.“