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Impressum

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2018

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2018

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

Covergestaltung: Eva Wünsch, Luisa Stömer

eBook-Herstellung: Simone Sauerbeck

impressum ISBN 978-3-8338-6389-9

1. Auflage 2018

Syndication: www.seasons.agency

GuU 8-6546 03_2018_02

Die GU-Homepage finden Sie im Internet unter www.gu.de

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»Für Rebekka, die beste Freundin der Zeit.«

Vorwort

Alles zu schnell, alles zu viel – so lautet die Klage unserer Zeit. Immer dieser Stress, immer dieser Druck. Mails beantworten, Telefonate führen, Kinder in die Schule bringen. Alles scheint dringlich, wir hetzen von Termin zu Termin. Und am Ende bleibt doch das Gefühl, dass die Zeit fehlt für die wirklich wichtigen Dinge. So oder so ähnlich sehen es auch viele Soziologen, Psychologen und Philosophen: Getrieben von Zeitmangel, droht unser Leben die Richtung zu verlieren.

Wie viel Zeit ist »genug«?

In diesem Buch möchte ich Sie davon überzeugen, dass diese Sicht falsch ist. Die Zeitknappheit, die wir verspüren, ist ein Widerspruch in sich. Wir haben nicht weniger freie Zeit als früher. Ganz im Gegenteil, wir haben mehr. Wir müssen weniger arbeiten als früher. Fast alles können wir heute schneller erledigen. Niemand muss mehr zur Bank gehen, um eine Überweisung zu tätigen. In Lichtgeschwindigkeit können wir jeden erreichen, den wir erreichen wollen. Und doch bleibt uns dabei kaum »genug« Zeit. Die Paradoxie des modernen Lebens besteht darin, dass wir das Gefühl haben, immer weniger Zeit zu haben, obwohl wir immer mehr Zeit »sparen«.

Ständig sind wir unzufrieden mit der Zeit. Nie will sie im richtigen Tempo vergehen. Mal schleppt sie sich dahin, mal läuft sie uns davon. Mal können wir die Langeweile kaum ertragen, mal fühlen wir uns gehetzt. Alle Welt hadert mit der Zeit. Zeitberater wollen uns zur »Zeitsouveränität« verhelfen, manche empfehlen uns gar, unsere Uhren wegzuwerfen. Meditierende wollen einen zeitlosen Zustand erreichen, Mediziner versprechen uns mehr Lebenszeit. Alle Welt will irgendwie Zeit »gewinnen« oder sie wenigstens »sparen«. Die dominierende Zeitvorstellung unserer modernen Welt, unserer Kultur, ist die der Zeit als einer »Ressource«, einer Art Währung. Sie ist demnach etwas, das wir »nutzen« müssen. Die Zeit ist »knapp«, sie »drängt«. Wir dürfen keine Zeit »verlieren«, geschweige denn »verschwenden«.

Zeit ist mehr als eine Ressource, die es möglichst effizient zu nutzen gilt.

Mit dieser Sicht der Zeit, so behaupte ich, kommen wir nicht weiter. Es ist ein falsches, irreführendes Bild, das den Blick auf unser Leben verstellt. Ein gelingendes Leben zu führen, das heißt nicht einfach nur, seine Zeit gut zu planen.

Warum es die eine Zeit nicht gibt

Das Problem ist nicht, dass wir »keine Zeit« haben. Hypereffizientes Zeitmanagement ist daher ebenso wenig die Lösung wie radikale Entschleunigung. Unser Problem liegt vielmehr darin, wie und was wir über die Zeit denken – und wie wir sie leben. Auf den folgenden Seiten zeige ich daher Wege auf, wie wir unser Denken über die Zeit und unseren Umgang mit ihr verändern können. Mein Ansatz läuft darauf hinaus, dass es die Zeit nicht gibt – und dass wir ein besseres Leben führen können, wenn wir unsere gewohnten Vorstellungen von der Zeit aufgeben.

Es geht mir dabei nicht um die Zeit im physikalischen Sinn, sondern vielmehr um das, was wir meinen, wenn wir im täglichen Leben von der »Zeit« sprechen. Wie wir heute wissen, haben verschiedene Kulturen ganz unterschiedliche Vorstellungen von der Zeit. Was Zeit für uns ist, wie wir sie »leben«, ist also nicht ein für alle Mal festgelegt. Unser Zeitverständnis unterliegt historischen Veränderungen, es variiert zwischen den Kulturen – und sogar von Mensch zu Mensch.

Jeder von uns hat seine eigenen zeitlichen Strukturen, seine eigene Zeiterfahrung, seine eigene Art, mit der Zeit umzugehen – kurz: seine Eigenzeit. Wie wir die Zeit sehen, ob sie uns »knapp« erscheint, wie schnell sie für uns »verstreicht«, das hängt davon ab, wie wir leben. Und da jeder sein eigenes Leben führt, in seiner eigenen Lebensform, hat auch jeder seine eigene Zeit.

Die wenigsten von uns jedoch leben auf einer einsamen Insel. Wir leben in einer Welt, die wir mit anderen teilen und die unsere Zeit beansprucht. Unsere »Eigenzeit« steht daher in ständigem Konflikt mit der »Fremdzeit«, mit den vielfältigen zeitlichen Anforderungen, vor die uns die Welt jeden Tag stellt. Überall sind wir konfrontiert mit Terminen und Fristen. Andere Menschen oder sogar Maschinen verfügen über unsere Zeit. Wir haben zeitintensive Verpflichtungen, die wir erfüllen müssen. Viele Tätigkeiten brauchen einfach ihre Zeit – und damit auch unsere eigene.

Jeder Mensch empfindet die Zeit anders. Wir alle haben unsere Eigenzeit.

Ich bin weder gegen Zeitmanagement, gegen Yoga noch gegen alles andere, was uns zu einem entspannteren, stressfreieren Leben verhilft. Doch mit Gelassenheit allein werden wir den heutigen Anforderungen ebenso wenig gerecht wie mit den effektivsten To-do-Apps. Es hilft uns auch wenig, einseitig den rasenden Kapitalismus zu verdammen, der angeblich an allem schuld ist. Oder uns all dem einfach zu verweigern – und die Uhren und Smartphones wegzuwerfen, die unser Leben so sehr diktieren.

Die Welt ist so, wie sie ist, ob uns das gefällt oder nicht. Sicher können wir auch auf einen Bauernhof ziehen und uns vom ersten Hahnenschrei wecken lassen. Natürlich können wir jederzeit nach dem Rhythmus der Natur leben, wenn uns das sinnvoller erscheint. Aber wenn wir aus dieser Welt nicht komplett aussteigen wollen, dann müssen wir uns ihren Anforderungen stellen – und lernen, in ihrem »Takt« zu leben.

Leben im Takt der Welt

Leben im Takt der Welt – das heißt nicht, sich an das Tempo der Maschinen anzupassen. Wir können weder neben einem Auto herlaufen noch neben einem Flugzeug dahingleiten. Und so schnell rechnen wie Computer können wir auch nicht. Aber wir können zumindest versuchen, mit den Geschwindigkeiten, die wir selbst geschaffen haben, in einer sinnvollen, menschengerechten Weise umzugehen. Dazu aber brauchen wir mehr als bloß eine bessere Zeitökonomie.

Zeit ist nicht, was wir messen. Zeit ist, was wir leben.

Wir können die Zeit nicht beherrschen. Natürlich können wir versuchen, mit ihr einigermaßen vernünftig umzugehen, also möglichst wenig Zeit zu verschwenden. Unser grundlegendes Problem mit der Zeit lösen wir so aber nicht. Dafür müssen wir versuchen, unser Verhältnis zur Zeit zu verändern. Denn nur so kommen wir mit ihr wirklich ins Reine und können unsere Zeit leben, statt sie nur zu planen. Zeit ist nicht das, was wir messen. Zeit ist das, was wir leben.

Was wir brauchen, das ist ein neuer, ein offener und flexibler, ein strategischer Umgang mit der Zeit. Wir müssen wegkommen von der alten Vorstellung, dass wir unsere Zeit einfach so »haben«, dass wir über sie »verfügen« und sie »planen« können wie den Einsatz von Rohstoffen in einer Fabrik. Wir brauchen eine Sicht auf die Zeit, die sich an den wichtigen Dingen im Leben orientiert – und die dennoch damit rechnet, dass morgen alles anders sein kann, als wir heute denken.

Wir müssen lernen, die Zeit zu leben.