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Silvia Herzog

Das Weltenportal

Teil I - Die Schülerin

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© 2018 tao.de in Kamphausen Media GmbH, Bielefeld

Autorin: Silvia Herzog

Verlag und Druck: Kamphausen Media GmbH, Bielefeld · www.tao.de

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

ISBN

Paperback:978-3-96051-664-4

Hardcover:978-3-96051-665-1

e-Book:978-3-96051-666-8

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Die Elfe ElAya wächst am Mondsee auf. Ihr Leben ist nicht einfach. Weder sieht sie aus wie die anderen Mondelfen, noch besitzt sie deren Wesen.

Sie ist noch ein Kind, als der Zeitpunkt kommt, an dem es für sie lebensgefährlich wird. Sie muss fliehen. Alleine und auf sich gestellt, begibt sie sich auf eine gefährliche Reise.

Es gelingt ihr tatsächlich ihr Volk zu finden. Sie wähnt sich am Ziel, doch hier beginnt ihr Weg erst. Eine uralte Prophezeiung erfüllt sich und ElAya lernt das Andersland kennen und muss sich einer Ausbildung unterziehen, die sie alles kostet. ElAya hat alles verloren und so viel gewonnen; sie trifft Lup, den besten Freund aller Welten; ein junger Wolf mit seidigem Fell und scharfem Verstand.

Zusammen reisen sie ans Ende der Zeit um den letzten Drachen für ihre Sache zu gewinnen. Werden sie im Kampf gegen die Ungeheuer siegen?

Für Chiara

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Kapitel 1

ElAya saß auf ihrem Lieblingsfelsen und warf wütend Steine in den See zu ihren Füßen. Heiße Tränen liefen über ihre Wangen. „Warum nur, warum“, fragte sie sich wohl zum tausendsten Mal, „war sie so anders als die anderen?“ Heute waren sie wieder einmal ganz besonders gemein zu ihr gewesen. „Ei, ei, Aya, ElAya, fieser Braunling, seht nur wie sie aussieht, wie die Erde, ein Braunling eben, fieser, fieser Braunling, Braunling.“ Mit ihrem Spottlied hatten die anderen Elfenkinder sie kreuz und quer durch den Wald gejagt. Wieso nur hatte sie diese Farbe? Braun wie die Erde, nicht weiß und silbern schimmernd, ja fast durchsichtig wie die der anderen Kinder. Und dann ihre Haare, in langen rotbraunen Locken fielen sie ihr über die Schultern, so dicht, dass es keinen Sinn machte, sie zu verstecken, selbst unter einer Mütze würde man sie noch sehen. ElAya war so zornig. Und ihre Eltern schämten sich nur für sie, dass diese Haare eine Plage waren, wollten sie aber nicht einsehen! „Nun ja, ändern würde es am Verhalten der anderen sowieso nichts!“ Da hatten sie leider Recht.

Wenn sie ihr nur ein einziges Mal geholfen hätten, wenn die anderen Kinder sie jagten und verspotteten. Aber sie taten es nie, niemals! Zu groß war ihre eigene Verzweiflung, weil ihre einzige Tochter ein Monster war!

Sie sah in den Spiegel des Sees. Ein tiefer Seufzer kam aus ihrem Innersten, keine andere Elfe sah aus wie sie. ElAya hatte noch nie von einer gehört die ihr auch nur ähnlich sah oder war. Es waren ja nicht nur die Haare, ihre Haut glänzte wie flüssiges Gold, ihre Lippen hatten die Farbe von überreifen Hagebutten, sie war groß und kräftig, zumindest im Vergleich zu den anderen zarten, schönen, silbrigen Elfen, die sich leise und sacht vorwärts bewegten. Bei Nacht schimmerte deren Haut wie das Licht, das der Mond auf den See warf. ElAya fühlte sich so unendlich einsam!

Heute war es noch schlimmer gewesen als sonst, die schöne Esbarell hatte sogar einen Stein nach ihr geworfen, das hatten sie bisher noch nie gewagt. ElAya wusste nur zu gut, dass die Grausamkeiten nun einen neuen Stand erreicht hatten. Sie fühlte sich bedroht. Sie musste von hier weg. Keiner würde sie beschützen oder verteidigen und wer wusste schon, ob Esbarell oder eines der anderen Elfenkinder das nächste Mal nicht vielleicht besser treffen würde.

Wohin sollte sie nur gehen, fragte sie sich wieder und wieder. Sie hatte diesen Wald mit dem wunderschönen See noch nie verlassen, hier war sie geboren und aufgewachsen, den Wald kannte sie nur bis zu der Stelle mit der sprudelnden Quelle. Obwohl sie sich sicher weiter vorgewagt hatte als die anderen, hatte sie keine Ahnung, was sie dort draußen erwarten würde. Ob die Geschichten der Alten wohl wahr waren? Gab es dort draußen wirklich riesige Ungeheuer, schwarze Schatten, Riesen und all die anderen grausigen Dinge, von denen sie so oft erzählt hatten? ElAya schüttelte sich „brr“, aber dann faste sie einen Entschluss. Sie würde von hier weg gehen, da draußen war es vielleicht grausam, einsam und es lauerten tausend unbekannte Gefahren, doch war es hier etwa besser? Der einzige Unterschied schien ElAya im Moment, dass sie die Gefahren hier kannte und dort draußen nicht. „ElAya“, selbst ihr Name klang fremd, sie war eine Fremde unter den Mondelfen, die bei Nacht wach waren und die Sonne mieden, genau wie sie auch sie mieden. ElAya hatte ihre Entscheidung getroffen! Noch am Morgen, wenn die anderen sich schlafen legen würden, würde sie diesen Ort für immer verlassen.

Still saß die kleine Elfe nun auf ihrem Felsen und traf im Geist Reisevorbereitungen. Was würde sie mitnehmen müssen, um in der ihr unbekannten Welt überleben zu können? Alles, was sie mitnahm, würde sie alleine tragen müssen, also musste sie sich auf das Nötigste beschränken. Ihr Steinmesser, eine Decke, Ersatzkleidung, Waschzeug und ihren Sammelbeutel. Jäh hielt sie inne. Ihr Stein, es war völlig ausgeschlossen, die Reise ohne ihren Stein anzutreten. Verzweiflung kroch in ihrer Brust hoch und nahm ihr den Atem. Sie hatte ihren Stein nur ein einziges Mal gesehen, aber sie wusste, wie wichtig er war. Keinesfalls konnte sie auf ihn verzichten. „Nein, nein und nochmals nein“, rief sie zornig, „ich muss eine Möglichkeit finden, ihn zu bekommen und dieses Mal wird mich nichts aufhalten“, knirschte sie wütend.

Schon einmal nämlich hatte ElAya versucht, ihren Stein aus dem Heiligtum der Elfen zu entwenden. Mit großer Bitterkeit dachte sie daran zurück. Mitten am Tag war sie damals zum Heiligtum gegangen. Sie war sich so sicher gewesen, dass alle Elfen schliefen. Aber dann war plötzlich dieser Alte aufgetaucht. Rodebar! Verraten hatte er sie! Jawohl! Nicht genug, dass sie den Stein noch nicht einmal berühren durfte, oh nein, der Alte hatte sofort angefangen so laut zu schreien, dass alle aufgewacht waren. Niemals würde ElAya diesen Tag vergessen. Hell schien ihr die Sonne ins Gesicht, als die anderen Elfen angerannt kamen und mit den Fingern auf sie zeigten und zischten: „ElAya wollte das Heiligtum entweihen!“ Dann war die Hölle losgebrochen, der Gedanke daran ließ ihr noch heute das Blut in den Adern gefrieren.

Alle hatten gleichzeitig auf sie eingeschlagen und erst als sie schon bewusstlos gewesen war, hatten sie endlich damit aufgehört. ElAya erinnerte sich noch immer an das schreckliche Lied in der seltsamen Sprache, dass die Alten angestimmt hatten. Scharf wie Messer waren die unheimlichen Laute in ihren Kopf gedrungen und hatten sie fast wahnsinnig gemacht. ElAya bekam keine Luft mehr, wie immer, wenn sie daran zurück dachte.

Nach einer Weile wurde ihr Atem wieder ruhiger. So war es immer, sie hatte bisher keine Möglichkeit gefunden, etwas gegen die Erinnerungen zu unternehmen. Von Zeit zu Zeit überfielen sie sie und lähmten sie für eine Weile, sie hatte sich daran gewöhnt, wie an alles andere auch!

Die Elfen hatten ElAya schließlich auf der Lichtung liegen lassen, wund und zerschunden, leer, einsam und bewusstlos. So hatte der Rabe Balduin, ElAyas einziger Freund, sie schließlich gefunden. Keiner der anderen war gekommen um nach ihr zu sehen, sie hätten sie dort sterben lassen, das wusste ElAya. Dank Balduins Hilfe aber war sie irgendwie zum See gekommen. Der Mondsee hatte heilendes Wasser. ElAya war bis heute nicht klar, wie ihr Freund, der Rabe, es geschafft hatte, sie dorthin zu bringen! Er hatte ihr das Leben gerettet. Sie würde eine Flasche des Wassers mit auf ihre Reise nehmen.

ElAya hoffte, Balduin würde ihr auch dieses Mal helfen. Er war seit diesem Tag nicht gut auf die anderen Elfen zu sprechen, aber in der Regel versuchte er trotzdem keinen Streit mit ihnen anzufangen. Balduin war eine herzensgute Seele und Harmonie bedeutete ihm sehr viel. ElAya hoffte, sie würde ihn dazu überreden können, ihr trotzdem zu helfen. Leider war es Mitten in der Nacht und dem Raben war nicht nur die Eintracht wichtig, sondern auch seine Nachtruhe. ElAya seufzte tief. Sie musste es trotzdem versuchen, die innere Unruhe, die immer stärker wurde, gemahnte sie zur Eile. Ein weiterer Tag könnte durchaus tödlich für sie enden.

Kapitel 2

Jede Elfenmutter ging in den Heiligen Turm, fünf Tage bevor das Elfenkind zur Welt kam. Was dort genau geschah, das wusste ElAya nicht. Sie wusste nur, dass jedes Elfenkind mit einem Stein zur Welt kam. Wieso und warum, oder was es mit dem Stein auf sich hatte, das hatte sie niemals in Erfahrung bringen können. „Du wirst es erfahren, wenn deine Zeit gekommen ist in den Turm zu gehen!“ Stets hatte sie die gleiche Antwort auf ihre Fragen erhalten.

Der Stein war in jedem Fall sehr wichtig und ein Teil von ihr. Jedes Elfenkind ging fünf Tage vor seinem 13. Geburtstag ebenfalls in das Heiligtum. Dort geschah etwas mit dem Stein, danach gab es ein großes Fest und die Elfe war dann kein Kind mehr, sondern vor-erwachsen, richtig erwachsen wurde man erst mit 21 Jahren. Eine Elfe war dann in der Lage, sich magisch und sehr schnell fortzubewegen. Aber schon mit 13 Jahren, taten die „Großen“ den Kleineren gegenüber ganz besonders geheimnisvoll und wichtig, wie die richtigen Erwachsenen eben auch.

ElAya schnaubte vor Wut. Immer diese verflixten Heimlichkeiten, keiner sagte ihr irgendetwas! Sie erinnerte sich an Korbas Steinfest. Sie hatte wunderschön ausgesehen in ihrem Sternenkleid. Ein trauriges Lächeln breitete sich auf dem Gesicht der kleinen Elfe aus. Sie würde wohl nie erfahren, was im Turm geschah. Sie würde aber Ihren Stein von dort wegholen und mitnehmen. Er gehörte ihr und nicht diesem Volk, das niemals das ihre gewesen war und es niemals sein würde.

Es war fast Mitternacht, als ElAya bei der alten Linde ankam, die Balduins Nachtquartier war. Die kleine Elfe setzte sich unter den alten Baum um zu überlegen, was sie nun tun sollte. Wenn Balduin gar zu schlechte Laune hatte, würde er ihr vielleicht nicht helfen. Noch während sie grübelte und versuchte, sich einen Plan zurechtzulegen, kam ihr der Zufall zu Hilfe. Eine Wildschweinfamilie raste laut grunzend und Blätter aufwirbelnd unter der Linde hindurch. Balduin begann vor lauter Schreck mit den Flügeln zu schlagen. Seine Schimpftriade konnte sich wirklich hören lassen, stellte ElAya zufrieden grinsend fest.

Balduin sah ungläubig zu ihr hinunter: „Was in drei Teufels Namen machst du denn hier?“, er war noch immer ziemlich wütend, aber ElAya bemerkte sehr wohl, dass sich schon ein leises Lächeln in seine Züge stahl, als er mit ihr sprach.

ElAya druckste zuerst ein wenig herum, dann aber nahm sie all ihren Mut zusammen und erklärte Balduin worum es ging. Ungläubig starrte sie ihren Freund Balduin an, als der sofort und ohne lange zu überlegen erklärte, dass es ihm ein großes Vergnügen wäre, ihr zu helfen. Was war denn mit Balduin los, sonst überlegte er immer Stunden, bevor er eine Entscheidung traft, zumal wenn es sich um eine handelte, bei der es Ärger für ihn geben konnte.

Schon oft hatte ElAya darüber nachgedacht, wie es sein konnte, dass ein Vogel dieser Größe, denn Balduin hatte eine beträchtliche Spannweite, wenn er sich in die Lüfte erhob, oft so zauderlich und vorsichtig sein konnte. Versonnen dachte sie an Baldur im Flug. Es sah majestätisch aus, wenn seine schwarzen, glänzenden Schwingen von der Sonne beschienen über ihr schwebten. Sein gelber Schnabel glänzte dann meist golden. Sie rief sich zur Ordnung, sie hatte jetzt Wichtigeres zu tun, als in sentimentalen Erinnerungen zu versinken.

ElAya hatte Glück, denn Balduin hatte sich fürchterlich mit dem widerlichen Rodebar gestritten. Dieser dumme, eingebildete Elf hatte dem Raben das Recht auf seine Lieblingsfrüchte, die Hagebutten, streitig machen wollen. Rodebar war wirklich ein unersättliches Scheusal, als würden die Hagebutten von diesem besonderen Strauch nicht für alle beide reichen. Aber ElAya sollte es dieses Mal ganz Recht sein, hatte sie so doch den aufgebrachten Balduin auf ihrer Seite.

Es war einfach zu ärgerlich, dass der Elfenrat nach der Geschichte mit ElAya und dem angeblichen Diebstahl, bei diesem Gedanken schoss ihr wieder einmal die Zornesröte ins Gesicht, denn sie hatte sich ihren Stein nur ansehen und ihn einmal berühren wollen, beschlossen hatte, eine Wache vor dem Heiligtum aufzustellen. ElAya seufzte tief. Sie musste einen Weg finden, die Wache zu umgehen. Wieder und wieder rief sie sich den Heiligen Hain in Erinnerung, aber es gab, soweit sie wusste, nur einen einzigen Eingang. Plötzlich fiel ihr etwas ein, natürlich, sie schlug sich die Hand vor die Stirn, dass sie nicht schon längst darauf gekommen war. Das Heiligtum musste ein Fenster im Dach haben. Das Dach sah aus wie ein abgeschnittener Kegel. ElAya war sich ganz sicher, dass sie damals, als sie versucht hatte zu ihrem Stein zu gelangen, Tageslicht bemerkt hatte. Die Wände aber, und da war sie sich ebenfalls sicher, hatten nicht den kleinsten Ritz. Ob Balduin sie auf das Dach bringen konnte, ohne dass jemand etwas davon mitbekam? ElAya legte die Stirn in Falten, wie immer, wenn sie angestrengt nachdachte.

Balduin versprach, am Morgen, wenn die Elfen sich schlafen gelegt hätten, mit ihr loszufliegen. ElAya würde alles besorgen, was sie für ihr Vorhaben brauchen würden. Sie verabschiedete sich von Baldur und lief über einen Umweg nach Hause, damit sie möglichst keiner sah. Eine Weile beobachtete sie das Haus in dem sie lebte, bevor sie eintrat, sie wollte sicher gehen, dass niemand zu Hause war. Um diese Zeit gingen ihre Eltern in der Regel ihrer Arbeit nach, aber man konnte nie wissen. ElAya sah sich um. Sie packte alles, was sie für die Reise mitnehmen wollte, in einen Rucksack. Sie ließ ihren Blick noch einmal über die vertrauten Mauern und Gegenstände wandern, dann ging sie. Sie würde nicht mehr zurückkehren. ElAya schluckte. Trotz allem, was sie hier erlebt hatte, fiel ihr der Abschied schwer. Sie sah sich ein letztes Mal um, dann nahm sie ihr Bündel und ging den üblichen Schleichweg durch den alten Rosengarten hinaus in den Wald zu ihrem Versteck. Viele Stunden hatte sie hier zugebracht. Bevor sie ihr Bündel endgültig schnürte, wollte sie noch Wasser vom See holen.

Zurück vom See, verstaute sie die Flasche mit dem Wasser so, dass sie nicht zu Bruch gehen konnte. Sie benutzte einen alten Schal ihrer geliebten Großmutter, in den sie die Flasche vorsichtig einwickelte. Nun begann der schlimmste Teil ihrer Reisevorbereitungen. Tief in einem holen Baum hatte ElAya ein kleines, silbernes Kästchen versteckt. All die Jahre, seit es hier lag, hatte sie es ein einziges Mal hervorgeholt. Der Anblick schmerzte so sehr, sie konnte es kaum ertragen. Das Bild der Kette und des Büchleins, in der der silbernen Kassette, hatte sich tief in ihr eingebrannt. Sie musste das Kästchen nicht öffnen, um zu wissen, was der Anblick auslöste. Die Sachen hatten der einzigen Elfe gehört, die ElAya je geliebt hatte. Ihrer Großmutter. Diese war nun schon seit mehr als sechs Jahren tot. ElAya vermisste sie noch immer wie am ersten Tag. Die Erinnerungen an das geliebte Gesicht verblassten aber immer mehr, sie konnte nichts dagegen tun. Sie war noch nicht einmal ganz vier Jahre alt gewesen, als ihre Großmutter in den Bergen gestürzt war. Sie musste wohl sofort tot gewesen sein. Mehr wusste ElAya nicht. Sie hatte es nicht über sich gebracht, danach zu fragen und von sich aus hatte keiner etwas erzählt. Ihre Mutter sprach nie über die Großmutter und ihr Vater ebenso wenig.

Das Buch enthielt das gesammelte Kräuterwissen der alten Elfe. Die Kette hatte sie stets getragen. ElAya hatte das Kästchen neben der aufgebahrten Leiche gefunden und es ohne lange zu überlegen an sich genommen. Das war sicher nicht richtig von ihr gewesen, aber all die Jahre hatte sie trotzdem das Gefühl gehabt, ihre Großmutter würde es so gewollt haben. Trotzdem, sie hatte es nicht über sich gebracht die Dose zu öffnen. Jetzt holte sie die Schatulle hervor. Der Deckel war wunderschön. Die eingravierten Ornamente schimmerten im Licht und ElAya war, als würden sich die kleinen kunstvollen Blüten leicht im Wind bewegen. Auch das Kästchen wickelte sie in ein weiches Tuch. Sie legte es zuunterst in ihren Beutel.

Den Stein würde sie sich um den Hals hängen, dafür hatte sie schon einen kleinen Lederbeutel vorbereitet. Nun war alles in ihrem Rucksack, was sie mitnehmen wollte und konnte. Sie schnürte das Bündel zu und versteckte es in dem Hohlraum des alten Baumes. Sie würde versuchen, sich noch ein wenig auszuruhen, bevor es Tag wurde. Aber ihre Gedanken drehten sich immerzu im Kreis, an Schlaf war nicht zu denken.

Kapitel 3

Balduin und ElAya trafen sich wie verabredet an der dritten Ulme. Sie hatten beschlossen, dass Balduin erst einmal einen Erkundungsflug ohne sie unternehmen sollte, damit sie wussten, ob ElAya Recht hatte und natürlich auch, um auszukundschaften, wer Wachdienst hatte. Als der Rabe zurückkam sah ElAya sein Grinsen schon von weitem. Und wirklich, sie hatte sich nicht getäuscht, es gab ein Fenster im Rund des Daches und es kam sogar noch besser. Zeralon hatte Wachdienst. Der Elf Zeralon war die größte Schlafmütze, die man sich nur vorstellen konnte und so war es nur eine Frage der Zeit, wann Zeralon in tiefen Schlaf fallen würde. Blieb noch die Frage, wie sie das Fenster aufbekommen sollte. ElAya beschloss, diese Frage einstweilen zu vertagen.

Als Balduin meldete, dass Zeralon tief und fest schlief, machten sich die beiden auf den Weg. Die kleine Elfe klettere auf den Rücken des Raben. „Halte dich an meinem Hals fest. Drück mir aber bitte nicht die Luft ab!“ Balduin breitete seine mächtigen, schwarzen Schwingen aus. Er erhob sich mit einem sanften Rauschen in die Lüfte. ElAya schnappte entsetzt nach Luft, dann breitete sich ein verzücktes Strahlen über ihr Gesicht aus und sie begann leise zu lachen. Es war wundervoll, so durch die Lüfte getragen zu werden. Balduins Gefieder war seidig und weich. ElAya fühlte sich geborgen und beschützt. Ein Gefühl, das sie nur von der Zeit kannte, als ihre Großmutter noch gelebt hatte

Viel zu schnell setzte Balduin ElAya auf dem Rand des Daches ab. Sie seufzte leise und stieg vom seinem breiten Rücken. Der Rabe halt ihr, das Fenster, das mehr eine Luke war, zu öffnen. Gemeinsam stemmten sie sich gegen den rostigen, alten Riegel. Er war lange nicht benutzt worden. Es gab ein schabendes Geräusch, als der Riegel nachgab. ElAya und Baldur hielten entsetzt die Luft an. Niemand hatte sie gehört, was für ein Glück.

ElAya hatte das Viertel einer Stunde, dann würde Balduin sie wieder abholen. So hatten sie es abgemacht. Es war ihnen sicherer erschienen. Ein nicht schlafender Elf könnte Balduin auf dem Dach entdecken, das Risiko war zu groß. ElAya hatte also 15 Minuten. Entschlossen knotete sie das Seil, das sie mitgebracht hatte, am Rand der Luke fest. Sie prüfte den Sitz. Es würde halten. Dann kletterte sie nach unten in die Dunkelheit.

Nun war es ihr von großem Nutzen, dass die anderen sie immer gejagt hatten. ElAya war schnell. Noch an den unmöglichsten Gebilden konnte sie hoch und auch wieder herunter klettern. Unten angekommen, sah sie sich kurz um. Sie wusste genau, wo ihr Stein lag. Wie könnte sie diesen Anblick je vergessen. Auch dieses Mal erlag sie sofort seinem Zauber. Staunend und ehrfurchtsvoll stand sie ein paar Minuten völlig reglos da. Dann besann sie sich, sie hatte keine Zeit zu verlieren. Schnell nahm sie den kostbaren Stein an sich. Er schimmerte in allen Farben des Regenbogens. Schon damals, als sie ihn das erste Mal gesehen hatte, war ihr das aufgefallen. Die anderen Steine schimmerten wie der Mond. Nur ihr Stein, der schimmerte wie der Regenbogen.

ElAya nahm den Stein vorsichtig in ihre Hände. Ein nie erfahrenes Glücksgefühl durchströmte sie. Sie hielt den Stein fest und sog alles in sich auf. Behutsam legte sie den schimmernden Stein in den mitgebrachten Lederbeutel. Dann band sie den Beutel um ihren Hals, prüfte den Knoten und steckte in ehrfürchtig unter ihr Gewand.

Mut breitete sich in ihr aus. Voller Zuversicht machte sie sich an den mühevollen Aufstieg. Keine Sekunde zu spät kam sie oben an. Balduin landete gerade. ElAyas Gesicht strahlte so glücklich, wie Baldur es noch nie gesehen hatte. Er ließ sie aufsteigen und brachte sie zu der großen Linde. ElAya stieg verträumt ab.

Nach einer kleinen Ewigkeit, erinnerte sich die kleine Elfe an ihr Vorhaben. Sie schluckte schwer. Nun war es Zeit, Abschied zu nehmen. Sie umarmte ihren Freund Balduin ein letztes Mal. Beide hatten Tränen in den Augen. Bevor sie nun anfangen würden zu heulen, drehte sich ElAya um, schulterte ihr Bündel und ging in den dunklen Wald davon.

Der Rabe Balduin war der einzige Freund gewesen, den sie je gehabt hatte. Tränen liefen ihre Wangen hinab, aber sie blickte nicht zurück.

Kapitel 4

ElAya war schon ein paar Stunden gelaufen. Sie beschloss, eine kurze Pause einzulegen. Ihre Beine taten weh und sie hatte schrecklichen Hunger. Ein Stück abseits hatte sie ein großes Himbeergestrüpp gesehen. Sie pflückte so viele der saftigen Beeren wie in ihr Beutelchen passten. Damit setze sich unter einen Baum. Sie hatte noch nicht recht begonnen, die Beeren zu verspeisen, als sie eine seltsame Stimme vernahm. „Was machst Du hier?“, tönte es dunkel und dumpf hinter ihr. Ein kleines dickes Wesen mit einem langen, grauen Bart stand vor ihr. Ein Zwerg. ElAya hatte noch nie einen gesehen. Sie hatte nur von den Zwergen gehört. Der vor ihr trug eine dunkelgrüne Hose und ein braunes hemdartiges Oberteil. Seine Füße waren riesig und er trug derbe, dunkelbraune Stiefel. Das erstaunlichste an ihm aber waren seine Ohren. Sie standen waagerecht vom Kopf ab, unglaublich groß und vollständig behaart. Auf dem Kopf trug er eine seltsame Mütze, aus alter, verfilzter Wolle. „Was machst du hier“, wiederholte der Zwerg. ElAya begann zu stottern: „Mein Name ist ElAya und ich komme vom Mondsee!“ Der Zwerg schaute die kleine Elfe ärgerlich an: „Komm mit!“

Der Zwerg Oleor brachte ElAya in eine Höhle, tief in dem großen, alten Baum. „Erzähl!“, forderte er sie auf. Und ElAya erzählte, woher sie kam, was sie suchte und wie lange sie schon unterwegs war. Die Hoffnung der kleinen Elfe war es, ein anderes Elfenvolk zu finden, bei dem sie würde leben können.

„Geh zu den Elfen im Moor!“. Oleors Sätze waren stetes kurz. Er bellte sie eher, als er sie sprach. „Wohin?“, fragte ElAya verdutzt. Der Zwerg konnte es nicht glauben. Wie dumm war dieses Elfenkind? Hatte sie noch nie von den Moorelfen gehört! Das hatte ElAya in der Tat nicht. Schließlich erzählte Oleor mürrisch und knurrend: „Es ist nur einige Tagesreisen von hier entfernt. Ich war selbst oft dort. Die Moorelfen haben die Gabe der Hellsicht. Sehr nützlich!“ Dann verstummte er. Auf ElAyas Fragen antwortete er nicht. Es war, als hätte er vergessen, dass sie noch da war. Er hing seinen eigenen Gedanken nach. Nach einer Weile erhob sich der Zwerg und verließ die Höhle, ohne ElAya weiter zu beachten. Ihr „Wo gehst du hin? Halt! So erzähl mir doch, wie ich diese Moorelfen finde!“, verhallte ungehört. Frustriert kletterte die kleine Elfe aus der Höhle. Von dem Zwerg war weit und breit nichts mehr zu sehen. Zornig stampfte ElAya mit dem Fuß auf. Was sollte sie jetzt tun?

Eine gefühlte Ewigkeit später, ElAya wusste noch immer nicht, was sie tun sollte, kam Oleor zurück. „Komm mit!“ bellte er erneut. ElAya erhob sich und trottete hinter ihm her. Was hätte sie auch sonst tun sollen.

Der Zwerg führte sie zu einem anderen Baum. Auch dort gab es eine Höhle. ElAya hörte Stimmen und Gelächter. Der grummelige Zwerg hatte eine lustige Zwergenfrau und ein Dutzend Zwergenkinder. Sie alle lärmten und lachten in der Höhle, die wohl ihr Zuhause war. Als sie die kleine Elfe entdeckten, sprangen sie um sie herum und wollten alles wissen und noch viel mehr. ElAya stand wie erstarrt da. Die Zwergenkinder waren laut und voller Lachen und Energie. Wie Gummibälle flitzten sie um das Elfenkind herum. So etwas hatte ElAya noch nie erlebt. Sie wusste nicht, wohin sie zuerst sehen, oder wem sie welche Frage zuerst beantworten sollte.

Erschöpft ließ sie sich einfach nieder wo sie stand. Verdutzt sahen die Kinder sie an. Zu ElAyas Glück gebot ihnen die Mutter Einhalt, bevor sie wieder mit ihrem Fragenwurm beginnen konnten. „Setz dich, es gibt gleich Essen!“ Auch die Sätze der Zwergenfrau, kurz und knapp. Vermutlich war es bei dieser lärmenden, tobenden Kinderschar der einzige Weg, sich Gehör zu verschaffen.

Das Abendessen war famos. ElAya hatte noch nie zuvor etwas Derartiges gegessen. Es war süß und scharf und würzig. Es hinterließ einen feinen bitteren Geschmack in ihrem Mund und in ihrem Bauch. Sie fiel nach wenigen Bissen in eine dunkle, schwarze, samtige Stille.

Stunden später schreckte sie hoch. In ihrem Hals ein eigenartiges Gefühl, ihr Mund trocken wie Löschpapier. Was hatten ihr diese verdammten Zwerge ins Essen getan und warum? Da hörte sie es! Viele Füße auf dem Waldboden und alle bewegten sich in ihre Richtung. Die Zwerge hatten sie betäubt und den Mondelfen Bescheid gesagt! ElAya richtete sich mühsam auf. Suchend blickte sie sich um. Da, ihr Beutel! Schnell nahm sie ihn hoch, warf ihn sich über den Rücken, kletterte aus der Höhle und sah sich hektisch um. „Da lang“, dachte sie, dann rannte sie los.

Völlig außer Atem kam sie an einem Buchenhain an. Das war ein guter Platz um sich zu verstecken. Die Bäume standen hier sehr dicht und überall war Dornengestrüpp. Außerdem konnte sie einfach nicht mehr. Sie suchte sich einen Platz ganz oben in der Krone eines besonders dichten Baumes. Sie musste in Zukunft vorsichtiger sein. Ihr letzter Gedanke war, woher sie es gewusst hatte, es kam ihr vor, als hätte sie jemand gewarnt, dann schlief sie vor Erschöpfung ein.

ElAya bekam nicht mehr mit, dass eine Schar Mondelfen und der Zwerg Oleor die Gegend nach ihr absuchten. Sie war noch immer müde von dem starken Schlafmittel der Zwerge. So konnte sie sich auch nicht wundern, wieso die Verfolger keine Spur von ihr fanden.

Kapitel 5

Als ElAya erwachte, war es heller Tag. Ihre Haut war blutig und voller Kratzer. Das musste gestern passiert sein, als sie sich durch das Dornengestrüpp gekämpft hatte. „Na ja, besser als den Mondelfen und diesem elenden Verräter Oleor in die Hände zu fallen!“ ElAya überlegte, ob sie vielleicht die Moorelfen benachrichtigen würden, jetzt, da sie wussten, wohin sie wollte.

Was für ein Schlamassel! Wie sollte sie diese Moorelfen finden? Was blieb ihr anderes übrig? Sie würde es einfach versuchen. Noch zittrig von dem Gift, kletterte sie den Baum hinunter. Sie musste etwas essen. In ihrem Beutel waren noch die Beeren vom letzten Tag. Sie war gestern, war das wirklich erst gestern gewesen, nicht mehr dazu gekommen, sie zu verspeisen. Was für ein Glück! Nach dieser köstlichen Stärkung durchsuchte sie ihren Rucksack. Es fehlte nichts! Die Zwerge hatten es wohl sehr eilig gehabt, zu den Mondelfen zu kommen! Angewidert verzog sie das Gesicht: „Was habe ich ihnen Böses getan, dass sie mich verraten?“

ElAya sah sich um. In welche Richtung sollte sie gehen? Sie spürte einen sanften Zug nach Süden. Es kam ihr seltsam vor. Da sie aber keine Ahnung hatte, in welche Richtung sie gehen sollte, war der Süden ebenso gut, wie jede andere Richtung.

Sie musste das Volk der Moorelfen finden. Zumindest konnte sie bei Tag und bei Nacht reisen. Sie würde schlafen, wenn sie müde war. Der Rhythmus der Mond-elfen, wach in der Nacht, schlafen, wenn es hell war, war nie der ihre gewesen. Sie würde bei Tag genauso viel sehen können wie in der Nacht, so war es immer gewesen. Schon immer war sie anders als die Mondelfen. Sie trank einen Schluck Mondseewasser um ihre Wunden zu heilen, dann machte sie sich auf den Weg.

Die Bäume verfärbten sich bereits und überall sah sie Tiere, die sich für den Winter einrichteten. Sie würde sich beeilen müssen. Sie musste das Moor erreichen, bevor der erste Schnee fiel, sonst würde sie keine Chance mehr haben, es noch in diesem Jahr zu schaffen. Dann würde auch sie sich eine warme Höhle suchen müssen und einen Wintervorrat, daran durfte sie gar nicht denken. All das hatte sie in ihrem Zorn nicht bedacht, sie hatte einfach nur noch weg gewollt und das möglichst schnell.

Vorsichtig holte sie ihren Stein unter ihrem Gewand hervor. Liebevoll strich sie über seine glänzende Oberfläche. Sie würde es schaffen. Wie immer ging von dem Stein etwas Tröstliches aus, das ihr Mut machte.

ElAya lief tagelang durch bunte Herbstwälder, immer im Schutz des Walddickichts. Bei Nacht suchte sie sich stets einen hohen Baum, in dessen Krone sie sich sicher fühlte. Sie ernährte sich von den Früchten und Beeren des Waldes, die sie unterwegs fand. Peinlich genau achtete ElAya darauf, keinem anderen Wesen zu nahe zu kommen. Zu frisch war noch das Erlebnis mit den Zwergen. So erreichte sie schließlich kurz vor Wintereinbruch das Moor.

Schmatzend und blubbernd lag die Landschaft vor ihr. ElAya hatte keine Ahnung, wie sie hier einen Weg finden sollte. Immer wenn sie auch nur versuchte irgendwo ihren Fuß aufzusetzen sank sie sofort ein. Jetzt war sie diesen langen Weg gegangen, ihre Füße waren voller Blasen, sie war völlig erschöpft, sie hatte es vor dem ersten Schnee geschafft und nun das. Zorn wallte in ihr auf! „Verdammt!“, dachte ElAya. Erschöpft setzte sie sich ins nasse Gras und begann zu weinen. Irgendwann hatte sie keine Tränen mehr und schlief erschöpft ein.

Im Traum hatte sie eine merkwürdige Idee. Die Moorelfen waren hellsichtig. Wenn sie es schaffen würde, ihre Gedanken an diesen Ort zu lenken, müssten die Moorelfen sie doch hier sehen, vielleicht würden sie kommen und ihr den Weg zeigen. Als ElAya erwachte, stellte sie sich auf sicheren Untergrund und dachte ganz fest an die Moorelfen. Wieder und wieder ließ sie die Landschaft, in der sie sich befand, vor ihrem inneren Auge entstehen, dazwischen dachte sie an die Elfen des Südmoores.

ElAya hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, als sie ganz in der Nähe ein Kichern vernahm. Also doch, sie hatten ihre Nachricht empfangen. ElAya war ganz aufgeregt, und vorsichtig. Misstrauisch beäugte sie die drei Elfen, die aus dem sumpfigen Morast auftauchten. ElAyas Mund öffnete sich in ungläubigem Staunen. Diese Elfen sahen ganz genauso aus wie sie selbst. Sie stand nur da, unfähig sich zu bewegen, so tief erschütterte sie dieser Anblick.

Sie brachten ElAya zu ihrem Dorf. Wie einfach und offensichtlich der Weg war, wenn man einen Führer hatte, oder besser drei. ElAya kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Als sie erst tiefer in das Moor hineingingen, erstrahlte alles in einem warmen goldenen Licht. ElAya konnte sich gar nicht satt sehen. Schließlich erreichten sie die Siedlung. Alles sah ganz anderes aus, als am Mondsee. Die Bäume waren viel niedriger als im Wald und sie waren alle schwarz. Dieser Ort hätte sehr gespenstisch gewirkt, wäre da nicht dieses goldene Leuchten gewesen.

Unter den Bäumen standen im Kreis dreizehn Häuser. Jedes sah aus wie ein abgeschnittener Kegel. ElAya fühlte sich an das Heiligtum der Mondelfen erinnert. Es lebten nur wenige Elfen hier. Das Volk schien viel kleiner zu sein als das der Elfen am See. ElAya war glücklich. Sie konnte sich nicht satt sehen an den Gesichtern, die dem ihren so ähnelten.

Keiner stellte ElAya eine Frage oder sprach sie wirklich an. Das seltsame Verhalten fiel ihr nicht auf. Zu sehr war sie mit all den neuen Eindrücken beschäftigt. Nach einer Weile brachten sie ElAya zu einem Kegel etwas abseits des Kreises. ElAya hatte ihn zuvor gar nicht bemerkt. In dem Kegel saß eine alte Frau. „Nun, mein Kind“, begann die Alte, „woher kommst du?“ Seltsam sahen die Augen der alten Elfe sie an. ElAya begann zu frösteln. Ihr war plötzlich gar nicht mehr wohl. Waren ihr diese Elfen wohlgesonnen? Ihr blieb nichts anderes übrig, als ihre Geschichte zu erzählen. Die Alte würde sie nicht gehen lassen, bevor sie wusste, was sie wissen wollte. ElAya konnte es fühlen.

Die Alte hörte ihr schweigend zu. ElAya hätte nicht sagen können, warum sie ihren Stein mit keinem Wort erwähnte. Als sie zu Ende erzählt hatte, stelle ihr die Alte eine Reihe seltsamer Fragen. ElAya wurde immer unruhiger. Was wollte die Elfe von ihr? „Oh, ist das nicht offensichtlich?“, fragte sie die junge Elfe süffisant. „Ich versuche herauszufinden ob du nützlich bist!“ Die Alte brach in gackerndes Gelächter aus. Da begriff ElAya, die alte Frau war die Hüterin des Heiligtums und sie versuchte herauszufinden, ob ElAya die Gabe der Hellsicht besaß.

Bitterer Zorn stieg in ElAya auf. Nun hatte sie dieses Volk, von dem sie nicht zu hoffen gewagt hatte, dass es wirklich existierte, gefunden, und nun war es hier ebenso wie bei den Elfen am Mondsee. Die Alte würde keine ihrer Fragen beantworten. Sie verhielt sich genau wie es die Mondelfen auch taten. Sie konnte es schon hören: „Du wirst es erfahren, wenn deine Zeit gekommen ist“. Wütend rannte ElAya ohne Abschied aus der Hütte. Sie versteckte sich hinter einem Baum, der etwas außerhalb stand und weinte bittere Tränen. Würde sie irgendwo ein Zuhause finden?

Kapitel 6

In ihrem Kummer entging es ElAya, dass sich ein junger Elf neben sie gesetzt hatte. „Was willst du von mir?“, fuhr sie den Jungen an, als sie seiner gewahr wurde. Dieser aber lächelte nur und begann, ihr eine Geschichte zu erzählen. Die Geschichte von Kundor, dem schönsten Moorelf, den es je gegeben hatte. ElAya fühlte sich gestört, aber sie hatte keine Kraft mehr, und so ließ sie ihn einfach reden.

Der Elfenjunge hatte eine angenehme Stimme, die sie einlullte. „Kundor aber war nicht nur schön, er war auch mutig, neugierig und voller Abenteuerlust. Eines Tages machte er sich auf und davon um die Welt zu erkunden. Er hatte die Alten belauscht und erfahren, dass die Moorelfen nicht das einzige Elfenvolk waren. Das hatte Kundors Neugier geweckt. So war er losgezogen um die anderen zu finden. Nach wochenlanger Wanderschaft gelangte Kundor an einen wunderschönen See. Dort lebte ein Volk, das Volk der Mondelfen.“ ElAya horchte auf und war plötzlich wie gebannt.“ „Kundor wollte erfahren,“ erzählte der Junge weiter, „wie diese Elfen lebten. Das aber war nicht der einzige Grund, weshalb er beschloss bei ihnen zu bleiben. Kundor hatte sich in die schöne Elmera verliebt.“ Der Elfenjunge sprach von ihre Mutter! Ganz offensichtlich war es keine Legende um die es hier ging, sondern eine wahre Geschichte. „Was Kundor in seiner Verliebtheit nicht bemerkte oder vielleicht besser, nicht bemerken wollte, war das wahre Wesen der schönen Elmera. Elmera gierte nach Macht! Sie glaubte, mit Kundor am Ziel ihrer ehrgeizigen Pläne angekommen zu sein. Schon immer war es ihr einziger Lebensinhalt gewesen, einst die mächtigste Mondelfe aller Zeiten zu sein.

Tja, und dann war Kundor aufgetaucht, Kundor mit der außergewöhnlichen Gabe der Hellsicht. Ungeahnte Möglichkeiten taten sich vor Elmera auf. Sie beschloss mit Kundor ein Kind zu haben. Sie würde dieses Kind nach ihrem Willen erziehen und formen. Sie war überzeugt, ein Kind mit der Gabe der Hellsicht würde der Schlüssel zu ihrer Macht sein. In den schönsten Farben malte sie es sich aus. Ein hellsichtiges Kind, welch ein Werkzeug. Sie wiegte Kundor in dem Glauben ihn zu lieben und schließlich wurde sie schwanger. Sie sagte niemandem ein Wort von ihrer Schwangerschaft, denn sie hatte ganz andere Pläne als Kundor. Der naive, verliebte Kundor träumte vom Heiraten, von einer Familie. Elmera hatte längst bemerkt, dass Kundor ein gutmütiger Elf mit einem liebenswerten Wesen war. Er hätte ihre Absichten niemals gut geheißen und so war er ihr nun, da sie schwanger war im Weg. Sie schmiedete einen hinterhältigen Plan. Sie brachte Kundor mit einer Lüge dazu, in das Heiligtum einzubrechen. Der größte Frevel, den ein Elf begehen konnte.“ ElAya nickte: „Sein Todesurteil, er als Fremder!“ Der Elf erzählte einfach weiter, ohne ihre Bemerkung zu kommentieren. „Elmera erzählte Kundor, eine Mondelfe könne nicht ohne ihren Stein heiraten, sie machte ihn glauben, der Elfenrat wäre gegen ihre Verbindung und dies die einzige Möglichkeit für eine gemeinsame Zukunft. Kundor, der Elmera über alles liebte, versprach, den Stein zu stehlen. Er glaubte ihr, anstatt seine Gabe zu nutzen. So verliebt war er, dass er alle Zeichen übersah. Elmera hatte leichtes Spiel. Sie sorgte dafür, dass Kundor bei dem Diebstahl überrascht wurde. Der Elfenrat glaubte Kundor kein Wort, er war ein Fremder. Er wurde unter Schimpf und Schande davongejagt und durfte die Siedlung der Mondelfen nie wieder betreten.

Kundor war ein gebrochener Mann, gedemütigt von seiner großen Liebe. Er verstand die Welt nicht mehr und machte sich in seiner Verzweiflung auf den langen Weg nach Hause.

Weil er sich aber schämte, erzählte er die Geschichte niemandem. Wenig später beschloss Kundors Mutter, dass ihr Sohn nun alt genug war. Kundor sollte heiraten. Niemals hätte Kundor dem in früheren Zeiten einfach zugestimmt, aber ihm war alles gleichgültig geworden. Der Mutter war es gleichgültig, warum ihr Sohn nicht widersprach. Sie war einfach froh, dass ihr schwieriger Sohn endlich zur Vernunft gekommen war. Kundor empfand keine Liebe für die junge Zobel. Sie war aus gutem Hause. Ihr Vater war ein angesehener Mann. Kundor war es egal, ihn schmerzte noch immer der schändliche Verrat von Elmera. In der Hochzeitsnacht redete sich Kundor ein, mit Elmera zusammen zu sein und nicht lange nach der Hochzeit gebar Zobel ein Kind. Kundor war danach noch verzweifelter und hielt sich von seiner jungen Frau fern.

Zobel nannte ihren Sohn Skioll. Kundor kümmerte sich weder um die Mutter noch um seinen neugeborenen Sohn. Er streifte stundenlang durch das Moor. Zobel zog Skioll die ersten Jahre alleine groß. Dann geschah das Unglaubliche und Kundor begann sich für den Jungen zu interessieren und ihn zu lieben. Zu Zobel fand er keine Beziehung aber beide liebten sie nun ihren Sohn. Es entstand eine Art Familienleben. Die Liebe zu seinem Sohn war wohl der Grund, warum Kundor seine Geschichte an seinen Sohn weitergab. Skioll sollte niemals den gleichen Fehler machen.

Eines Tages aber geschah etwas wirklich Seltsames. Eine fremde Elfe tauchte am Eingang des Westmoores auf. Woher die Fremde wusste, wie man zum Volk der Moorelfen gelangt, wusste niemand. Ganz deutlich aber hörten sie alle ihre Bitte um Einlass. Der Elfenrat berief eine Sitzung ein und sie beschlossen die Fremde einzulassen. So erfuhr Kundor, dass er nicht nur einen Sohn, sondern auch eine Tochter hatte.“ ElAya zog scharf die Luft ein! „Kundor geriet in Panik. Er hatte Angst, seine Schande und seine grenzenlose Dummheit, würde nun ans Licht kommen. Aber für Mord war Kundor mit einem zu guten Herzen ausgestattet. Selbst wenn dieses Kind Elmeras Tochter war, so war sie doch auch sein Kind. Schließlich entschied er, seine Großmutter, die Vorsitzende des Elfenrates, um Rat zu fragen und ihr die Wahrheit zu erzählen. Sidore rief ihre Urenkelin in ihre Hütte. Sidore war alt. Sie empfand keine Schande, die Liebe ging oft seltsame Wege und die Jungend war dumm und unerfahren. Sie sah es als Chance. Sie würde herausfinden, ob die junge Elfe die Gabe der Hellsicht besaß.“ Hier endete Skioll, aber den Rest der Geschichte konnte ElAya sich selbst zusammenreimen.

Elmera hatte wohl nur so lange gewartet bis Kundor verbannt wurde, dann hatte sie den reichen Elfensohn Tagular geheiratet, ElAyas Vater, das hatte sie bisher zumindest immer geglaubt. Leider hatte Elmera in ihrer Sucht nach Macht und Reichtum nicht bedacht, dass es auch ganz anders kommen könnte. Genau das aber war passiert. ElAya kam zur Welt und hatte das Aussehen ihres wirklichen Vaters. Wie Elmera sich da herausgeredet hatte, das wusste ElAya nicht, aber sie war sich sicher, dass Tagular nicht wusste, dass sie nicht seine leibliche Tochter war. Geahnt hatte er vielleicht etwas, wobei sie sogar das bezweifelte. Ihre Mutter hatte ihm sicher eine ihrer wunderbaren Lügengeschichten erzählt und letztlich war Tagular wohl nicht daran gelegen gewesen, dass die Wahrheit ans Licht kam. Alle hätten ihn verspottet und er war ein arroganter und eingebildeter Mann.

ElAya war herangewachsen und Elmera musste feststellen, dass ihre Tochter die erhoffte Gabe nicht besaß. Oh ja, ElAya verstand plötzlich nur zu gut. Was für eine Schmach musste es für ihre Mutter gewesen sein, das zu entdecken. All ihre Pläne hatte ElAya ihr zu Nichte gemacht. Kein Wunder, dass Elmera sie niemals geliebt hatte, ja, sie musste ihre Tochter geradezu gehasst haben. ElAya war ganz elend zumute. Lange saß sie so schweigend neben dem jungen Elf. ElAya fühlte sich, als wäre sie in einen Wirbelsturm geraten. Langsam erst begriff sie die ganze Tragweite dessen, was Sikoll ihr erzählt hatte. Skioll, ihr Bruder, was für ein seltsamer Gedanke. Aber, erschrak ElAya, würden die Moorelfen sie denn überhaupt als eine der ihren betrachten, jetzt, da sie wussten, sie hatte die Gabe nicht? ElAya war niedergeschlagen. Nun hatte sie ihr Volk gefunden und musste feststellen, dass sie doch wieder nur eine Außenseiterin war.

Kapitel 7

Offensichtlich hatte der Elfenrat beschlossen, ElAya aufzunehmen, denn es wurde ein großes Fest vorbereitet. Es gab ein wundervolles Abendessen mit allen Köstlichkeiten, die man sich nur vorstellen konnte, sogar eine Sternentorte, das hatte ElAya zum letzten Mal gegessen, als ihre Großmutter noch lebte. Kundor aber kam nicht zur Begrüßung. Skioll versuchte ElAya zu besänftigen. „Für Kundor ist es einfach schwierig. Es erinnert ihn an diese traurigen Zeiten. Er schämt sich.“ ElAya war unendlich traurig und da war noch ein anderes Gefühl, Zorn! Ihr Vater war genauso selbstsüchtig und egoistisch wie ihre Mutter. Sie wollte nur noch alleine sein. Selbst die Sternentorte war ihr nun kein Trost mehr. Als sie sich schlafen legte, gingen ihr viele Gedanken durch den Kopf. Was sollte sie jetzt tun? Ja, die anderen Elfen hatten sie nun doch noch aufgenommen, aber Kundors Verhalten konnte ElAya nicht verstehen. Machte er sie für den Verrat ihrer Mutter verantwortlich oder war es einfach nur Selbstmitleid? Traurig und erschöpft viel ElAya endlich in einen unruhigen Schlaf.

Als sie erwachte, war es fast Mittag. Die Moorelfen hatten einen anderen Rhythmus. Sie schliefen bei Nacht. ElAya war das herzlich egal. Sie konnte sowieso nicht schlafen, selbst wenn sie so unendlich müde war, dachte sie bitter, in dieser Nacht hatte sie wieder einmal kein Auge zugetan. „Es hat allerdings den Vorteil, dass ich jetzt mit Großmutter sprechen kann!“, dachte ElAya bitter und machte sich auf die Suche nach Sidore, ihre Großmutter und Vorsitzende des Elfenrates. Sie fand sie im heiligen Hain der Moorsiedlung. ElAya brauchte einen Rat! Sollte sie bleiben? Die ganze Nacht hatte sie sich mit dieser Frage beschäftigt. Sidore hatte schon auf sie gewartet. „Nun, hast du schon eine Entscheidung getroffen?“, war ihre erste Frage. Nein, das hatte ElAya nicht. Sidore forderte ihre Enkelin auf sich zu setzen. „Hör zu“, sagte diese. „Es wird nicht mehr lange dauern, dann fällt der erste Schnee, keine gute Zeit um zu reisen. Warum bleibst du nicht über den Winter und wartest ab, was passiert.“ ElAya wusste, dass die Alte Recht hatte, aber der Gedanke an Kundor machte sie so wütend, dass sie am liebsten sofort aufgebrochen wäre. Wohin, das wusste sie aber leider nicht. Wohin konnte sie schon noch gehen, ein Zuhause gab es für sie nicht! Sidore entließ sie mit den Worten: „Denk darüber nach“.

ElAya mochte die alte Elfe, die ihre Großmutter war, nicht. Auch Sikoll, ihr Bruder, war eine Enttäuschung für sie. Sofort hatte er sich auf die Seite seines Vaters gestellt, immer fand er eine Entschuldigung für dessen Verhalten. Wo war sie hier nur gelandet, das war ja fast noch schlimmer als bei den Mondelfen. „Na ja“, dachte ElAya bitter, „zumindest werfen sie keine Steine nach mir“. Es würde ihr wohl oder übel nichts anderes übrig bleiben, als den Winter hier zu verbringen. Es war einfach zu gefährlich bei diesem Wetter zu reisen, zumal sie nicht einmal ein Ziel hatte. So stand ihr Entschluss fest, sie würde bleiben, bis das Wetter besser wurde und dann würde sie gehen. Wohin, das wusste ElAya nicht. Sie würde einfach gehen, bis sie einen Ort fand, an dem sie leben wollte. Sie würde diesen Winter schon irgendwie überstehen, schließlich waren Ablehnung und Einsamkeit schon immer ihre Weggefährten gewesen, was machte da ein Winter mehr oder weniger. Ihre Gedanken wanderten zu Balduin, sie vermisste ihn schmerzlich. Sie seufzte tief, sie würde die Gegend erkunden, um sich ein wenig abzulenken, bevor ihr schon wieder die Tränen kämen.

Kapitel 8

Der Winter wurde noch viel schlimmer als ElAya befürchtet hatte. Kundor bekam sie kein einziges Mal zu Gesicht und auch Sikoll zog sich mehr und mehr von ihr zurück. Bei den Spielen der anderen Elfenkinder konnte sie nicht mitmachen. Stets wussten sie, was gleich geschehen würde, manche waren darin bessere als andere, aber alle hatten sie die Gabe. Ihre Spiele konnte ElAya nicht verstehen und so blieb sie auch hier eine Fremde. Sie war sehr einsam. Wie bei den Mondelfen entdeckte ElAya schon bald einen ganz besonderen Platz. Er war weit genug von der Siedlung entfernet, so dass ihr hier noch nie eine andere Elfe begegnet war. ElAya verbrachte viele Stunden bei den drei alten Eichen. Die Bäume waren ihre einzigen Freunde.

Nach einigen Wochen begann ElAya auch hier, ihren Lebensrhythmus umzustellen. Die Moorelfen schliefen bei Nacht und so begann ElAya bei Nacht wach zu bleiben und bei Tag zu schlafen. Dadurch begegnete sie kaum mehr irgendjemandem und sie merkte schnell, dass auch den anderen Elfen diese Lösung ganz recht zu sein schien. Die meiste Zeit der Nacht verbrachte ElAya an ihrem Lieblingsort bei den drei alten Eichen. Eines Nachts bemerkte sie eine Eule, die offensichtlich hier ihr Jagdrevier hatte. ElAya freundete sich mit ihr an, ihr Name war Helena. Helena erinnerte ElAya an ihren alten Freund Balduin. Die Eule war ausgesprochen intelligent und feinfühlig. Schnell merkte sie, wie einsam das Elfenkind war und kam bald jede Nacht um mit ElAya zu sprechen. So auch in einer besonders kalten Nacht. ElAya saß unter den drei Eichen und grübelte einmal wieder über ihrer Zukunft nach. Helena steuerte im Tiefflug einen weit unten stehenden Ast an und landete wie immer direkt über ihr. „Guten Abend, mein liebes Kind, findest du es nicht langsam zu kalt um hier zu sitzen?“ „Ach, du bist es, Helena, guten Abend, ja du hast Recht, es ist wirklich bitter kalt heute, aber weißt du, bei den Elfen in der Moorsiedlung ist es noch viel kälter, selbst wenn ich unter der warmen Decke liege, ich kann nicht schlafen, wenn sie alle um mich sind. Stets hab ich dann das Gefühl von Gefahr.“

Helena war der Meinung, dass es so nicht weitergehen konnte. ElAya würde den Winter nicht überleben, sie würde ihr erfrieren, hier war es des Nachts klirrend kalt. Sicher, den Gedanken an Gefahr, den konnte die Eule sehr gut verstehen. Schon sehr oft, hatte sie selbst das merkwürdige Gefühl gehabt, dass ihre kleine Freundin dort nicht sicher war.

Bis jetzt hatte sie nie mit ihr darüber gesprochen. Sie wollte das Elfenkind nicht noch mehr ängstigen und bis heute Nacht hatte sie leider auch keine Idee gehabt, wohin ElAya gehen sollte. Das war jetzt anders. Tagelang hatte Helena über eine Lösung nachgegrübelt und jetzt wusste sie eine. ElAya würde nicht mehr zur Siedlung der Moorelfen zurückkehren!