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Dieter Fröchtenicht

[3]Übergang von der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung

Verlag W. Kohlhammer

[7]Vorwort

Holger Schönfeld1

Wechsel von der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung – Risiko oder Chance?

Rund 30 000 Jugendfeuerwehrangehörige der unterschiedlichen Altersstufen, dies belegen die Statistiken der Deutschen Jugendfeuerwehr, verlassen jährlich bundesweit die Jugendfeuerwehren und sind damit für die Nachwuchsgewinnung der Feuerwehren verloren. Ein weiterer Bruch, hier existieren derzeit leider nur wenig abgesicherte statistische Zahlen, vollzieht sich dann in der Altersgruppe der bis zu 25-Jährigen, die oft direkt nach erfolgter Übernahme oder auch später den Einsatzabteilungen den Rücken kehren. Unnötige, oft schmerzhafte und unwirtschaftliche Verluste.

Was machen die Feuerwehren hier falsch – oder machen sie überhaupt etwas falsch? Eine Fragestellung, die zeigt, wie schwierig die Antwort sein kann. Grundsätzlich befinden sich die Feuerwehren in einem gewaltigen Modernisierungs- und Veränderungsprozess – fachlich, technisch und gesellschaftlich. Dabei steht im Mittelpunkt das Bestreben, das bewährte System des bundesweiten ehrenamtlichen und flächendeckenden Brandschutzes weiterhin zukunftsfähig zu erhalten. Aber neben einer zeitgemäßen Ausstattung, Ausbildung und Technik muss mehr und mehr das Ziel verfolgt werden, die bereits organisierten und feuerwehrbegeisterten Menschen mitzunehmen und auch neue Bevölkerungsgruppen zu gewinnen. Die Jugendlichen – und die bereits in der Jugendfeuerwehr hinreichend für den Brandschutz qualifizierten jungen Menschen – sind hier ein wichtiges Potenzial, das keinesfalls vernachlässigt werden darf.

Hier geht es im besten Sinne um die originäre Nachwuchsgewinnung und um Nachhaltigkeit, ohne die heute keine Organisation, und schon gar nicht die Feuerwehr, auskommt. Zentrale Herausforderungen, die durch die demografische Entwicklung und durch das sich ständig verändernde gesamtgesellschaftliche Umfeld nicht einfacher werden. Hinzu kommt, dass die Feuerwehren mehr und mehr im Wettbewerb mit anderen Organisationen, Vereinen und Gruppen stehen.

[8]In den nächsten fünf Jahren wird die Bevölkerungsgruppe der 15- bis 25-Jährigen nach seriösen Berechnungen um circa eine Million junge Menschen schrumpfen. Eine insgesamt kleinere »Zielgruppe« bedeutet aber, dass viele Feuerwehren noch stärker umdenken und umsteuern müssen, um ihre Attraktivität zu (er-)halten. Da gibt es sicherlich keine Patentrezepte, denn die Lage ist, wie bei einem richtigen Feuerwehreinsatz auch, von Ort zu Ort recht unterschiedlich. Die hier vorliegende Publikation unternimmt somit den Versuch, einige Anregungen, Hintergründe und Best-Practice-Beispiele aufzuzeigen, wie man den Wechsel von der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung besser vorbereiten und gestalten kann. Ziel muss es dabei sein, die Kontinuität zu sichern und die oftmals erschreckende Quote der »Aussteiger« zu minimieren. Dies kann aber nur gelingen, wenn man diese Aufgabe ernst nimmt und sie kraftvoll anpackt. Personalführung und -stärkung ist damit Chefaufgabe der Feuerwehrleitung, auch das ist noch stärker im Bewusstsein von Führungskräften zu verankern.

Viele Feuerwehren landauf und landab haben das erkannt und wissen, dass es »ohne Jugend keine Zukunft« geben kann. Einige Modelle, die in dieser Publikation vorgestellt werden, können durchaus als Muster und Anregung dienen, um die künftige Personalentwicklung zu sichern. Oftmals hilft hier zudem der Blick über den Tellerrand, nach dem Motto »Wie machen es eigentlich die anderen?«.

Die Jugend von heute ist sicherlich nicht schlechter als »damals« – aber sie ist anders und selbstbewusster! Genau hierauf müssen die Feuerwehren reagieren, und vielleicht ist ferner mancherorts ein Umdenken erforderlich. Hierzu braucht es echte Kameradschaft, gegenseitige Anerkennung zwischen Jung und Alt auf Augenhöhe, das wirkliche Praktizieren der Feuerwehr-Ideale und oftmals auch flexiblere Strukturen.

Zukunft, dies hat einmal so ähnlich ein großes Kommunikationsunternehmen postuliert, wird aus Ideen und Taten gemacht. Hierzu gehören Mut und Entschlossenheit, um neue Wege und Angebote zu erproben, wenn es um die nicht immer einfache Übernahme der Jugendfeuerwehrangehörigen in die »richtige« Feuerwehr geht. Auch dazu will die Publikation ermutigen.

Ein gelingender Wechsel von der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung muss also noch bewusster als eine Riesen-Chance verstanden und gelebt werden. Diese nicht zu nutzen und »alles so zu lassen, wie bisher«, ist das eigentliche Risiko. Um auf die eingangs gestellte Frage zurückzukommen, kann man also eigentlich nur wenig falsch machen. Der jüngste Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung stellt zum Beispiel fest, dass es für rund 90 Prozent der Jugendlichen wichtig ist, »gute Freunde zu haben«. Und da sollte man bei der Feuerwehr genau richtig sein!

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Der Verfasser des Vorwortes arbeitet hauptamtlich als Bildungsreferent der Hessischen Jugendfeuerwehr für den Landesfeuerwehrverband Hessen. Zu seinen Aufgaben zählt u. a. die Aus- und Fortbildung von Jugendfeuerwehrwarten/Innen und Betreuer/Innen. Zudem war Holger Schönfeld bis September 2017 ehrenamtlicher Chefredakteur des »Lauffeuers«, der Zeitschrift der Deutschen Jugendfeuerwehr (DJF).