Buch 2

Es gibt eine Fortsetzung

zu dieser Geschichte …

Und natürlich spielt darin

eine Katze die Hauptrolle!


Diese Fortsetzung erscheint Anfang Mai 2020.

Leseprobe aus Tripod-

Das schwarze Kätzchen


1


Mama. Mama ist warm und weich. Sie drückt uns an sich und ihre Pfoten halten all das Böse von uns fern. Mama ist Milch und Wärme und Schnurren. Ihre raue Zunge wäscht den Schmutz der Welt aus unserem Fell.

Wir wachsen. Wir wachsen schnell. Mama zeigt uns, wie man jagt. Wir huschen hinter ihr her durch das hohe Gras, folgen ihr durch die Felder. Mama verteidigt uns gegen andere Katzen, sagt uns, dass wir uns von den Menschen fernhalten sollen. Und abends kuscheln wir und die Welt besteht aus Milch und Wärme und Schnurren.

Doch plötzlich ist da Lärm. Große gelbe Maschinen pflügen durch die Felder. Wir haben Angst. Wir laufen um unser Leben. Ich kann meine Mama nicht mehr sehen. Wo sind meine Geschwister? Ich rufe nach ihnen, aber der Lärm der Maschinen ist so laut! Und auf einmal ist eine von ihnen direkt über mir. Ein gelber Blitz, und heißer Schmerz jagt durch meinen kleinen Körper …

„Na, wer bist du denn?“

Die rothaarige Menschenfrau beugt sich über mich. Ich zittere vor Angst. Haltet euch fern von den Menschen, hat Mama immer zu uns gesagt. Doch ich kann nicht weglaufen. Ich bin zu schwach und mein Bein tut so weh! Die Menschenfrau hebt mich hoch und stopft mich unter ihren Pullover. Da ist es warm und ich höre auf zu zittern. Ich kann den Herzschlag der Frau hören. Sie riecht nach Katze und Hund und Pferd. Ich spüre, dass sie mir nichts tun wird. Ich habe immer noch Angst, aber ich bin so erschöpft, dass ich einschlafe.

Als ich aufwache, liege ich in einem Käfig. Die Schmerzen sind weg, aber mir ist schwindelig. Ich versuche, aufzustehen. Ich schaffe es nicht. Und da merke ich es: mein Bein! Mein Bein ist nicht mehr da!

„Hab keine Angst, kleines Kätzchen.“ Das Gesicht der rothaarigen Frau taucht über mir auf. „Du wirst wieder ganz gesund und ich weiß auch schon, wer deine neue Familie wird.“

Eine neue Familie? Panik überrollt mich. Ich will keine neue Familie! Ich will meine alte Familie, meine Mama, meine Geschwister! Doch ich ahne, dass ich meine Mama und meine Geschwister niemals wiedersehen werde.


2


In den nächsten Wochen änderte sich alles in meinem Leben. Die Nahrung, die Umgebung, die Größe meiner Welt. Mein Zuhause wurde ein kleines Zimmer mit einem Sofa, Bücherregalen und einem Schreibtisch. Da ich jetzt nur noch drei Beine hatte, musste ich alles neu lernen. Laufen und springen, aber auch mich putzen oder fressen, ohne mit der Nase im Napf zu landen. Mein Essen bestand jetzt aus Fleischbrei, Knusperkissen und Wasser. Milch gab es auch, aber sie schmeckte anders als Mamas Milch. Trotzdem nicht schlecht. Und ganz besonders gern mochte ich den Joghurt, den die rothaarige Menschenfrau mir jeden Tag kurz vor dem Schlafengehen hinstellte.

Am Anfang musste ich leider feststellen, dass die Schmerzen nur kurz weg gewesen waren. Nach einer Autofahrt und einem Nickerchen waren sie wieder da. Aber mir ging es von Tag zu Tag besser. Die Frau mit den roten Haaren war sehr nett zu mir. An meinem ersten Tag setzte sie mich auf ihren Schreibtisch und erklärte: „Ich bin Tante Tanja. Und ich sag dir gleich, dass du nicht bei mir bleiben kannst. Ich habe schon zu viele Katzen, um die ich mich kümmern muss.“

Ich sah mich in dem Zimmer um, konnte aber keine weiteren Katzen entdecken. Die Frau – Tante Tanja – deutete mit dem Kopf auf eine verschlossene Tür.
„Da geht’s zum Rest des Hauses. Da wohnen meine Katzen und meine Hunde. Normalerweise ist die Tür nicht geschlossen, aber du bist von deiner Verletzung geschwächt und brauchst deine Ruhe. Außerdem kannst du wie gesagt nicht bei mir bleiben. Aber ich habe schon jemanden für dich im Auge. Ich muss bloß ein bisschen rumtelefonieren.“

Ja, so war das, mein erster Tag bei Tante Tanja. Ich wurde mit jedem Tag munterer und fand, dass es durchaus etwas für sich hatte, jeden Tag zu einer festen Uhrzeit sein Futter zu bekommen. Die Kuschelstunden mit meiner Mama und meinen Geschwistern fehlten mir, aber Tanja versuchte das auszugleichen und knuddelte mich so oft es ging. Die meiste Zeit des Tages saß sie jedoch an ihrem Computer und tippte auf ihrer Tastatur. Sie war Autorin, hatte sie mir erzählt. Nachdem ich jetzt wieder richtig gut springen konnte, saß ich gerne auf dem Sofa und sah Tante Tanja bei ihrer Arbeit zu. Ich turnte auf den Bücherregalen herum und tauchte unter das Sofa und den Schreibtisch. Ich fand jede noch so staubige Ecke und überall roch es äußerst interessant. Einmal sprang ich auf die Fensterbank und sah nach draußen. Die Felder und die Bäume kamen mir bekannt vor. Irgendwo da draußen war meine Familie. Dann schoss mir die Erinnerung an den Tag der großen gelben Maschinen durch den Kopf und mir wurde schwindelig. Hatte meine Familie den Tag überlebt? War ich vielleicht der einzige von meiner Familie, der noch am Leben war? Und diese Maschinen? Würden sie wiederkommen? Konnten sie ins Haus gelangen oder war ich hier sicher? Die Panik überrollte mich wie die Räder des gelben Monstrums. Ich fauchte, ich schrie, ich fuhr die Krallen aus und dann wurde mir schwarz vor Augen.

Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf Tante Tanjas Schoß und sie strich mir beruhigend durch das Fell. Sie sang ein Lied für mich und ich begann zu schnurren. Doch in mir wühlte noch die Erinnerung an diesen schrecklichen Tag und an meine Familie … aber ich sollte ja eine neue Familie bekommen und ich konnte es kaum erwarten, sie endlich kennenzulernen. Bestimmt würde es mir besser gehen, wenn ich endlich mein Für-immer-Zuhause gefunden hatte.

Manchmal telefonierte Tante Tanja und jedes Mal, wenn sie zum Telefon griff, hoffte ich, dass sie jetzt diesen einen Anruf tätigen würde, von dem sie gesprochen hatte. Nicht, dass ich es hier nicht nett gehabt hätte, aber allmählich wurde es langweilig in diesem kleinen Zimmer. Und auf die Fensterbank zum Rausgucken sprang ich bestimmt kein zweites Mal! Außerdem wusste ich ja, dass meine Reise noch nicht zu Ende war. Und eines Tages war es so weit. Tante Tanja kam zu mir, sah mich ernst an und meinte: „Ich rufe jetzt Karin an. Drück die Pfoten, dass sie ja sagt.“

Karin. Ich drehte den Namen in meinem Kopf hin und her. Würde das meine neue Mama sein? Gespannt lauschte ich, was Tante Tanja in den Hörer sprach: „Hallo Karin! Na, wie geht es dir?“

Wie es Karin ging, konnte ich nicht hören, aber Tante Tanja nickte mehrmals und sagte Dinge wie „Verstehe“ und „Das war zu erwarten“. Immer wieder sah sie mich an und ich fragte mich, wann es wohl um mich gehen würde.

„Und wie geht es Ben?“

Sie sah mich noch eindringlicher an und ich wurde ganz kribbelig. Wer war Ben? Der Name gefiel mir. Ein schöner, kurzer Name, den ich mir gut merken konnte.

„Ich weiß, du erschlägst mich wahrscheinlich für diesen Vorschlag, aber ich glaube, ich habe da was für euch.“

Ich fing an, Tante Tanja um die Beine zu schnurren, um sie zu motivieren, denn jetzt ging’s zur Sache. Also, es ging um mich. Jawohl! Ich hörte nicht mehr richtig zu, ich gab alles beim Schnurren. Und schließlich legte Tante Tanja das Telefon zur Seite und beugte sich über mich: „Es hat geklappt! Sie hat ja gesagt!“

Am nächsten Tag packte Tante Tanja mich in einen Transportkorb. Obwohl ich mich freute, zitterte ich vor Angst. Denn gleich würde sie mich durch die Tür tragen ins Draußen. Dort, wo die großen Maschinen wohnten. Tante Tanja spürte meine Angst und legte eine dunkle Decke über den Korb. Jetzt konnte ich vom Draußen nichts mehr sehen. Ich spürte, wie ich getragen wurde, hörte die Autotüren knallen und dann ging es auf in mein neues Leben. Zu meiner neuen Familie! Und ich wusste, es würde ein gutes Zuhause sein.


3


Frustriert betrachtete Ben den Stumpf. Er war hässlich. Nach all der Zeit fand er ihn immer noch furchtbar. Manchmal fragte er sich, ob er sich jemals daran gewöhnen würde. Er hasste ihn! Seit er wieder zuhause war, dachte er manchmal daran, in die Küche zu gehen, ein Messer zu holen und einfach darauf einzustechen. Aber das würde alles nur noch schlimmer machen. Besser wäre es, es ganz zu beenden, dieses elende Leben. Aber das würde seiner Mutter das Herz brechen. Schließlich war er alles, was sie hatte. Mit einem Schnauben legte er die Prothese an, stand auf und griff nach seiner Kleidung. Unter dem Hosenbein sah man die Prothese nicht, aber natürlich wusste jeder an seiner Schule, dass er nur ein Bein hatte. So etwas verbreitete sich schneller als ein Lauffeuer. Hm. Was war überhaupt ein Lauffeuer? Ach, egal. Er ging zum Schreibtisch und strich liebevoll mit zwei Fingern über die Maus. Am liebsten hätte er den Rechner hochgefahren und sich bei Knights of Maira eingeloggt, einem Onlinerollenspiel, mit dem er die meiste Zeit verbrachte. Stattdessen griff er sich den Rucksack und verließ sein Zimmer, um zu seiner Mutter in die Küche zu gehen. Nach vielen Wochen in der Reha bereitete ihm und seinem hydraulischen Knie die Treppe keine Probleme. Überhaupt war er mit der Prothese von Anfang an gut zurechtgekommen. Ganz anders als sein Zimmernachbar Oliver. Der fand, die Prothese scheuert und drückt und irgendwann wollte er gar keine mehr. Aber der war auf einem Bein und Krücken flink wie ein Wiesel und immer gut gelaunt. Das konnte Ben von sich nicht gerade behaupten.

„Guten Morgen, mein Schatz“, grüßte Mama und strahlte ihn an. Das tat sie immer, wenn sie ihn sah, als hoffte sie, dass ihr Strahlen einfach auf ihn übergehen würde. Er versuchte es hin und wieder zu spiegeln, aber auf sein falsches Lächeln fiel sie nicht herein. Sie wollte ein echtes Lächeln, doch das gab es nicht mehr. Das war mit dem Auto, das ihn überrollt hatte, in der Schrottpresse gelandet.

„Morgen“, murmelte er, nahm sich eine Müslischale aus dem Schrank und kippte Cornflakes und Milch hinein. Mama setzte sich zu ihm an den Küchentisch, trank aber wie immer nur einen Kaffee. Sie trug noch ihren Schlafanzug. Wie meistens eigentlich.

„Es ist schönes Wetter heute“, bemerkte sie mit einem Kopfnicken Richtung Fenster. „Du könntest zu Fuß zur Schule gehen. Oder mit dem Rad fahren.“

Ben blickte in seine Müslischale und sah nicht zu Mama auf. Stattdessen überlegte er, dass „zu Fuß gehen“ eine nette Formulierung war. Jedenfalls sehr passend für jemanden, der nur einen Fuß hatte. Manch-mal dachte er noch an seinen Fuß und versuchte, sich in allen Einzelheiten daran zu erinnern, wie er ausgesehen hatte. Da hatte es diesen kleinen Leberfleck am inneren Knöchel gegeben. Ob Mama wohl auch manchmal daran dachte?

„Hast du mich gehört, Ben?“, fragte sie und riss ihn aus seinen Gedanken. Missmutig schob er die Schultern hoch.

„Hab keinen Bock.“

Sie seufzte. Sie führten diese Diskussion ja nicht zum ersten Mal. In der Reha war Sport großgeschrieben worden und eigentlich hatte ihm das auch gefallen. Jeden Tag stand Schwimmen auf dem Programm und in der Turnhalle spielten sie Basketball und andere Sachen. Jeden Tag waren sie aktiv gewesen. Er und die anderen Amputierten. Unter Gleichen war das auch kein Problem. Aber hier weigerte er sich, am Sportunterricht teilzunehmen. Er wollte sich nicht vor den anderen umziehen, wollte nicht, dass irgendjemand seine Prothese sah. Und mit dem Rad fahren, wollte er auch nicht!

„Nicht einmal zu Fuß gehen?“, hakte seine Mutter nach, als hätte sie seine Gedanken gelesen.

Nein, er wollte nicht einmal zu Fuß gehen, obwohl sein Gang mittlerweile kaum noch steif und ungeschickt war, wie am Anfang. Im Grunde sah man ihm nicht wirklich an, dass er nur ein Bein hatte. Er aber konnte das nicht vergessen. Und es gab noch einen weiteren Grund: obwohl er die Schule gewechselt hatte, war sein Schulweg noch in großen Teilen der gleiche. Jeden Tag würde er an der Stelle vorbeikommen, wo er den Unfall gehabt hatte. Mit dem Auto huschten sie daran schnell vorbei, aber zu Fuß … nein, unmöglich.


Ende der Leseprobe



Weitere Fantasy- und Katzenbücher finden Sie

auf unserer Verlags-Homepage

www.machandel-verlag.de

Katzenschatz-Ebook-cover

Der Katzenschatz

Hanna Nolden


Band 2 der Katzenbuch-Reihe

frontispitz


Machandel Verlag

2013


Widmung

Für Jan Paulsen, der nicht locker gelassen hat, bis dieses Buch endlich geschrieben wurde, und für meine Lieblings-Betaleser-Familie, die Bollhörner, die den Schatz bis nach Schottland und wieder zurück trugen.

In liebevoller Erinnerung an Divus und Scheitan, die süßesten Kater der Welt, sowie in großer Vorfreude auf Ramses.


Machandel Verlag

Charlotte Erpenbeck

Cover-Bildquelle: Moreen Blackthorne u.a./www.shutterstock.com

Innen-Illustrationen: Digital Clipart u.a./www.shutterstock.com

Haselünne

2013

ISBN 978-3-95959-093-8



 

Kapitel 1

 

cat1

 

„Jonas!“

Widerwillig machte Jonas die Augen auf. Das Hämmern an der Tür war unerträglich. Sogar die Ratten waren davon wach geworden. Und das, obwohl sie in der Nacht wieder eine ihrer Partys gefeiert hatten.

„Ich hab Ferien“, maulte er.

„Du kannst dir einen Zehner verdienen“, trällerte seine Mutter mit süßlicher Stimme. Jonas schnitt eine Grimasse und setzte sich auf. Er gähnte und fuhr sich durch die wirren braunen Haare. Er hörte das Knarren der Treppenstufen und wusste, dass seine Mutter ihren Posten verlassen hatte, jetzt, da sie ihn erfolgreich geweckt hatte. Einen Augenblick lang blieb Jonas noch auf der Kante des Bettes sitzen. Dann begrüßte er seine Ratten, die ihre kleinen Nasen durch die Gitterstäbe schoben und an seinen Fingern schnüffelten, als ob sie auf Leckereien hofften.

„Guten Morgen, William. Guten Morgen, Ignatio! Legt euch ruhig wieder hin. Nachher gibt's was Feines.“

Unten am Frühstückstisch trug seine Mutter blendende Laune zur Schau. Sie sang bei einem Lied im Radio mit, während sie French Toast in einer Pfanne brutzelte, und so tat, als hätte sie ihre Weckattacke längst vergessen. Erst als sie Jonas das Essen servierte und ihn anstrahlte, hatte er die Gelegenheit, sie zu fragen, worum es bei diesem plötzlichen Geldangebot eigentlich ging.

„Frau Rigby ist krank. Sie hat mich gebeten, für sie einkaufen zu gehen und ihre Katzen zu füttern. Aber wir bekommen heute in der Galerie eine Lieferung. Daher kann ich leider nicht.“

Jonas riss die Augen auf.

„Die Katzenfrau?“ Er erschauderte unwillkürlich. „No way! Das ist es nicht wert.“

„Jonas“, versuchte seine Mutter es liebevoll, aber er fiel ihr ins Wort: „Ich bin allergisch auf Katzen.“

„Du bildest dir ein, gegen Katzen allergisch zu sein“, korrigierte sie.

Die Wahrheit war: Jonas mochte keine Katzen. Und die Katzenfrau war ihm unheimlich.

„Du kannst ja Tabea mitnehmen“, schlug seine Mutter vor. „Tabea mag Katzen. Wolltet ihr euch heute nicht sowieso treffen?“

Ihm entging nicht, wie deutlich und betont seine Mutter den Namen seiner besten Freundin aussprach, und er musste sich auf die Zunge beißen, um sie nicht zu verbessern. Das war ohnehin vergebene Liebesmüh. Tabea war Visu, aber das irgendeinem Elternteil oder Lehrer zu erklären, hatte sie aufgegeben. Jonas selbst sah darüber hinweg. Ihn interessierte japanische Popmusik nicht im Geringsten, und an Tabeas auffälliger Kleidung und ihren ständig neuen Haarfarben und Frisuren hatte er sich derart satt gesehen, dass es ihm gar nicht mehr auffiel. Allerdings hielt er sich daran, sie Delilah zu nennen, wie sie es sich gewünscht hatte.

Jonas sah auf die Uhr. Seine Freundin hatte von 10 – 18 Uhr Internetverbot. Ein großer Teil der Visu- bzw. Visual Kei-Szene spielte sich online ab. Delilahs Mutter sorgte daher dafür, ihre Tochter regelmäßig aus dem Haus zu jagen. Anziehen und Schminken würden aber auch noch einmal eine Stunde in Anspruch nehmen. Zeit genug für ihn, in Ruhe zu frühstücken und duschen zu gehen.

„In Ordnung“, sagte er also. „Ich mach's. Wenn Delilah hier ist.“

Seine Mutter grinste ihn an. „Danke, mein Schatz. Dann bestell Frau Rigby einen schönen Gruß von mir. Ich mach mich jetzt fertig.“

Typisch. Seine Mutter hatte bekommen, was sie wollte. Jetzt ließ sie ihn allein, um sich ihrerseits für den Alltag aufzubrezeln – ganz so, wie Delilah es tat. Bloß eben auf Erwachsenenart.

 

Jonas hatte bereits geduscht und den Abwasch erledigt, als Delilah klingelte. Schnell versuchte er, etwas Ordnung in sein dichtes Haar zu bringen, aber nach ein paar Mal Drüberstreichen richtete es sich prompt wieder auf. Er seufzte und fragte sich kurz, warum er sich überhaupt die Mühe machte. Delilah allerdings hatte sich Mühe gegeben. Sie trug einen schwarzen Haarreif mit weißen Punkten und einem roten Schleifchen in ihrem schulterlangen, derzeit pinkfarbenen Haar. Dazu ein rot-schwarz gestreiftes, langärmeliges Oberteil und einen schwarzen Faltenrock.

„Süß siehst du aus“, sagte er und versuchte, beiläufig zu klingen, aber nachdem er sie so lange gemustert hatte, wirkte das unecht. Sie lächelte leicht und beugte sich zu ihm vor, wie um ihn zu umarmen oder ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. Aber dann zuckte sie plötzlich zurück und richtete sich wieder auf. Jonas lächelte verlegen und tat so, als hätte er nichts bemerkt. Sie waren befreundet, seit sie sieben waren, aber in letzter Zeit war alles manchmal ein bisschen seltsam zwischen ihnen. Delilah hatte Brüste bekommen, die sie mit ihren Visu-Kleidern perfekt in Szene setzte. Und Jonas selbst hatte feststellen müssen, dass ihn diese Brüste längst nicht mehr kalt ließen.

Seine Mutter störte den leicht peinlichen Moment. „Hallo Tabea!“

Delilah verzog säuerlich das Gesicht. Jonas' Mutter hingegen strahlte sie an. Sie wusste ganz genau, dass Delilah es nicht mochte, Tabea genannt zu werden.

„Hat Jonas dir schon von eurem Auftrag erzählt?“

Delilah sah ihn fragend an.

„Wir sollen für die Katzenfrau einkaufen“, verriet er mit rollenden Augen.

„Oh!“ Die Sonne ging auf in Delilahs Gesicht. Das lag wohl zum einen an den Katzen und zum anderen an der Möglichkeit, sich in der Öffentlichkeit eines Supermarkts zeigen zu dürfen. Delilah liebte das Getuschel der Omis.

„Dann lass uns gleich aufbrechen!“, rief sie.