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Gerhard Janes

Kostenrechnung

Für Studium und Praxis

Verlag W. Kohlhammer

1. Auflage 2018

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-032262-2

E-Book-Formate:

pdf:      ISBN 978-3-17-032263-9

epub:   ISBN 978-3-17-032264-6

mobi:   ISBN 978-3-17-032265-3

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Vorwort

 

 

 

Wenn man mit Freunden und Kollegen darüber redet, dass man sich entschlossen hat, ein Buch über die Kostenrechnung zu verfassen, dann erntet man meist etwas ungläubige und erstaunte Blicke. Auf Nachfragen äußern die einen, dass man sich kaum ein trockeneres Thema hätte aussuchen können. Die anderen meinen, dass hierzu eigentlich schon alles gesagt und geschrieben wurde, was es zu wissen gilt. Und in der Tat haben beide recht: Es mangelt es nicht an Büchern zur Kostenrechnung, wenn man sich in einer Bibliothek umsieht. Und oft wird das Thema trocken und sehr theoretisch behandelt, zumindest was die deutschsprachige Literatur angeht. Das schreckt vor allem diejenigen möglichen Leser ab, die nicht von vornherein buchhaltungs- oder mathematikinteressiert sind. Viele wollen doch nur schnell und einfach wissen, was für die Berufs- und Unternehmenswelt wirklich zählt. Insofern stellt eine praxisnahe und interessante Vermittlung dieses sehr zahlen- und rechenintensiven Faches offensichtlich immer noch eine Herausforderung dar, die es wert ist, erneut anzunehmen.

Kostenrechnung unter dem Motto »Wissen was zählt«: Es ist das Anliegen des vorliegenden Lehrbuches, einen ausgewogenen Kompromiss zu finden zwischen einer theoretisch solide fundierten Darstellung der Kostenrechnung und einer möglichst spannenden Vermittlung von Wissen, auf das es in der beruflichen und unternehmerischen Praxis wirklich ankommt. Natürlich ist das Buch für Studenten der Wirtschaftswissenschaften als vorlesungsbegleitende Lektüre oder zum Selbststudium gedacht. Es richtet sich aber auch an Praktiker und Studierende technischer Fächer, die ihre Perspektive erweitern wollen und immer schon wissen wollten, warum sich etwas wirtschaftlich rechnet oder nicht.

Anhand möglichst vieler Beispiele aus der betrieblichen Praxis, grafischer Abbildungen, Bilder und anhand konkreter Anwendungsbeispiele sollen spannende Einblicke in den praktischen Umgang mit der Kostenrechnung gewährt und Interesse an den damit verbundenen Herausforderungen geweckt werden. Diese basieren zumeist auf der Erfahrung des Autors als langjähriger Controller, Finanzdirektor, Geschäftsführer und Unternehmensberater bei internationalen Unternehmen, aber auch aus seiner Lehrtätigkeit als Professor der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre und Kostenrechnung.

Trotz vieler Lehrbücher und akademischen Unterrichts ist die Kenntnis der Kostenrechnung in vielen Unternehmen auch heutzutage noch ungenügend ausgeprägt oder Spezialisten vorbehalten. Oft beschränkt sich die Kenntnis nur auf bestimmte Ausprägungen eines Kostenrechnungssystems. Somit wird dort vielfach und intensiv auf der Basis von Halbwissen argumentiert und es werden dementsprechend viele Fehlentscheidungen getroffen. Das Ziel des Buches ist dann erreicht, wenn die Leser nicht nur erkennen, dass die Kostenrechnung in fast allen Bereichen eines Unternehmens gebraucht wird, sondern ihnen auch die Fähigkeit vermittelt wurde, die konkrete Ausgestaltung und Auswirkungen einer Kostenrechnung bei derzeitigen und zukünftigen Unternehmen zu verstehen, einzuschätzen und zu verbessern. Mit diesem Lehrbuch soll gleichzeitig der Weitblick gefördert werden, dass die Kostenrechnung allein kein Garant für die erfolgreiche Steuerung eines Unternehmens ist. Stattdessen soll sie als ein überaus wichtiges Hilfsmittel darstellt werden, welches die unternehmerische Kreativität, den Geschäftssinn und das unternehmerische Gespür unterstützt und diese idealerweise sogar anregt und weiterbringt.

Der Anspruch dieses Buches ist es nicht, in allen kostenrechnerischen Aspekten ausführlich und vollständig zu sein. Es richtet sich nicht an angehende Wissenschaftler oder Leser, die sich besonders für die Entwicklungsgeschichte oder den theoretischen oder mathematischen Hintergrund der Kostenrechnung interessieren. Es ist auch nicht als komplette Anleitung oder Leitfaden zur Einführung des einen oder anderen Kostenrechnungssystems gedacht. Obwohl es einige Übungen enthält, ist es auch nicht als umfangreiches Übungsbuch zur Repetition von möglichen Klausuraufgaben geeignet. Hierfür wird es bei Interesse einen separaten Aufgabenband geben.

Mein Dank geht an meine Tochter, Judith Janes, welche als Studentin der Betriebswirtschaftslehre die Geduld zur Beschäftigung mit diesem Lehrbuch aufbrachte und gleichzeitig den benutzerorientierten Blick einer studentischen Leserschaft mit einbrachte. Darüber hinaus möchte ich Frau Prof. Dr. Katja Rade danken, die mir mit Ihren Vorlesungsunterlagen zur Allgemeinen BWL und der Kostenrechnung den schnellen Wiedereinstieg in den Hochschulunterricht ermöglichte. Schließlich bedanke ich mich bei Herrn Dr. Uwe Fliegauf vom Kohlhammer Verlag, Stuttgart, für die harmonische Zusammenarbeit bei der Durchsicht des Buches und der Vorbereitung zur Veröffentlichung.

Ich wünsche allen Lesern viel Spaß und Anregung beim Studium dieses Buches und viel Erfolg in der Anwendung der Kostenrechnung im unternehmerischen Alltag.

 

Stuttgart, im Juli 2017

Prof. Dr. Gerhard Janes

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

  1. Vorwort
  2. 1 Einführung und Grundlagen
  3. 1.1 Einführung – Wozu braucht man die Kostenrechnung?
  4. 1.2 Rechnungswesen, Kostenrechnung und Controlling – Ist das nicht dasselbe?
  5. 1.2.1 Die Kostenrechnung als Teil des betrieblichen Rechnungswesens
  6. 1.2.2 Die Kostenrechnung als Informations- und Leitungsinstrument
  7. 1.2.3 Von der Kostenrechnung zum Controlling – von Informationen zur Unternehmenssteuerung
  8. 1.3 Die Begriffe des Rechnungswesens und der Kostenrechnung – wenn feine Unterschiede zählen
  9. 1.3.1 Die Begriffe des Rechnungswesens – Ein/Auszahlung, Einnahme/Ausgabe, Ertrag/Aufwand
  10. 1.3.2 Die Begriffe der Kostenrechnung – Kosten und Leistung
  11. 1.3.3 Eine Abgrenzung der Begriffe des Rechnungswesens und der Kostenrechnung
  12. 1.3.4 Die buchhalterische Abbildung der Kostenrechnung
  13. 1.3.5 Die praktische Relevanz der Abgrenzungen
  14. 1.4 Kostenrechnungssysteme – Warum sind mehrere unterschiedliche Systeme sinnvoll?
  15. 1.4.1 Die Zuordnung der Kosten – eine fortwährende Diskussion
  16. 1.4.2 Variable und fixe Kosten – wovon hängen diese ab?
  17. 1.4.3 Einzelkosten und Gemeinkosten – auf die Basis kommt es an
  18. 2 Vollkostenrechnung
  19. 2.1 Vollkostenrechnung nach Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträgern
  20. 2.2 Kostenartenrechnung – Welche Art von Kosten sind angefallen?
  21. 2.2.1 Grundkosten
  22. 2.2.2 Kalkulatorische Kosten
  23. 2.3 Kostenstellenrechnung – Wo im Unternehmen sind die Kosten angefallen?
  24. 2.3.1 Zusammenhang und Ziel der Kostenstellenrechnung – Kosten zuordnen und kontrollieren
  25. 2.3.2 Prinzipien bei der Bildung von Kostenstellen – das richtige Maß finden
  26. 2.3.3 Primäre Gemeinkosten – die Verteilung von Kostenarten auf Kostenstellen
  27. 2.3.4 Sekundäre Gemeinkosten – die innerbetriebliche Leistungsverrechnung
  28. 2.3.5 Die Berechnung von Zuschlags- und Verrechnungssätzen
  29. 2.3.6 Kostenüber- und Kostenunterdeckung – die (un)angenehme Überraschung
  30. 2.4 Kostenträgerrechnung – Für welche Leistungen sind die Kosten angefallen?
  31. 2.4.1 Kostenträgerstückrechnung – die Kalkulation und ihre Verfahren
  32. 2.4.2 Die Kalkulation im Handel – eine Anwendung der Zuschlags- und Bezugsgrößenkalkulation
  33. 2.4.3 Kostenträgerzeitrechnung – Betriebsergebnisrechnung, Umsatz- und Gesamtkostenverfahren
  34. 2.5 Beurteilung der Vollkostenmethode – es gibt zwei Hauptkritikpunkte
  35. 3 Teilkostenrechnung
  36. 3.1 Konzepte und Systeme der Teilkostenrechnung
  37. 3.2 Teilkostenrechnung auf Basis variabler Kosten
  38. 3.2.1 Kostenauflösung – welche Teile der Kosten sind variabel?
  39. 3.2.2 Einstufige Deckungsbeitragsrechnung – keine Verrechnung der Fixkosten auf Kostenträger
  40. 3.2.3 Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung – Fixkosten in mehreren Stufen
  41. 3.2.4 Kostenträgerzeitrechnung auf Teilkostenbasis – besser planbare Kosten
  42. 3.3 Teilkostenrechnung auf Basis von Einzelkosten
  43. 3.4 Beurteilung der Teilkostenrechnung – es sind nicht alle Probleme gelöst
  44. 4 Analysen und Entscheidungen
  45. 4.1 Entscheidungen – auf Basis relevanter Kosten
  46. 4.2 Die Break-Even-Analyse – ab wann entsteht Gewinn?
  47. 4.2.1 Die Analyse eines Produktes – einfach und weit verbreitet
  48. 4.2.2 Die Analyse mehrerer Produkte – auf die Mischung kommt es an
  49. 4.2.3 Kritik der Break-Even-Analyse – leider viele Annahmen
  50. 4.3 Produktionsentscheidungen und Absatzentscheidungen – bei Kapazitätsengpässen
  51. 4.3.1 Analyse bei einem Engpass – eine einfache Entscheidung
  52. 4.3.2 Analyse bei mehreren Engpässen – beliebig komplex
  53. 4.3.3 Die Bestimmung von Preisuntergrenzen des Absatzes
  54. 4.4 Beschaffungsentscheidungen
  55. 4.4.1 Eigenfertigung oder Fremdbezug – »Make or buy«
  56. 4.4.2 Bestimmung von Preisobergrenzen in der Beschaffung
  57. 5 Plankostenrechnung
  58. 5.1 Konzepte und Systeme der Plankostenrechnung
  59. 5.2 Plankostenrechnung mit Vollkosten
  60. 5.2.1 Die starre Plankostenrechnung – nur ein erster Anfang
  61. 5.2.2 Die flexible Plankostenrechnung zu Vollkosten – eine valide Alternative
  62. 5.3 Flexible Plankostenrechnung mit Grenzkosten – die bessere Alternative
  63. 5.4 Abweichungsanalysen – einfache Fragen, kompliziert zu beantworten
  64. 5.4.1 Die Arten und Gründe der Abweichungen – sehr vielfältig
  65. 5.4.2 Die Interdependenz von Abweichungen
  66. 5.5 Beurteilung der Plankostenrechnung – einige Fragen bleiben offen
  67. 6 Prozesskostenrechnung
  68. 6.1 Grundlagen und Konzept – Treiber der Gemeinkosten
  69. 6.1.1 Ausgangslage und Zielsetzung
  70. 6.1.2 Das Prinzip der Prozesskosten und der Kostentreiber
  71. 6.2 Aufbau der Prozesskostenrechnung
  72. 6.2.1 Die Begriffe der Prozesskostenrechnung
  73. 6.2.2 Aktivitäten und Prozesse
  74. 6.2.3 Kostentreiber, Prozesskoeffizienten und Prozesskostensätze
  75. 6.2.4 Das Prinzip der Ressourceninanspruchnahme – nicht alle Ressourcen werden genutzt
  76. 6.2.5 Die Durchführung einer Prozesskostenrechnung
  77. 6.3 Ergebnisse der Prozesskostenrechnung
  78. 6.3.1 Einsatzgebiete und Vorteile der Prozesskostenrechnung
  79. 6.3.2 Kritik der Prozesskostenrechnung – beliebig viel Aufwand
  80. 7 Neuere Kostenrechnungssysteme
  81. 7.1 Zielkostenrechnung
  82. 7.2 Produktlebenszykluskostenrechnung
  83. 7.3 Sonstige Verfahren der Kostenrechnung und des Kostenmanagements
  84. 7.3.1 Konstruktionsbegleitende Kostenrechnung
  85. 7.3.2 Qualitätskostenrechnung
  86. 7.3.3 Zeitkostenrechnung
  87. Abbildungsverzeichnis
  88. Literaturverzeichnis
  89. Stichwortverzeichnis

 

1          Einführung und Grundlagen

 

1.1       Einführung – Wozu braucht man die Kostenrechnung?

Von vielen Studierenden der Betriebswirtschaftslehre wird immer wieder die Frage gestellt, warum in ihrer Hochschule das Fach Kostenrechnung eigentlich zur Pflichtveranstaltung des Grundstudiums gehört. Das sind insbesondere solche Studenten/innen, die sich auf Teilgebiete spezialisieren, die auf den ersten Blick weit entfernt vom Finanz- und Rechnungswesen angesiedelt sind, wie z. B. Marketing, Mediamanagement, Logistik, Personalwesen, Recht oder Informationsmanagement. In der Praxis begegnet Controllern und Kostenrechnern häufig ein vergleichbares Unverständnis. Die Anforderungen der Kostenrechnung sind für die Unternehmensbereiche Vertrieb, Marketing oder Produktion oft nur zweitrangig. Selbst für Mitarbeiter des Finanz- und Rechnungswesens ist der Sinn und Zweck einer eigenen Kostenrechnung bisweilen nicht nachvollziehbar. Deswegen sollen hier einige Beispiele zu unternehmerischen Entscheidungen und möglichen Fehlentscheidungen aufgeführt werden, wie sie in der betrieblichen Praxis unter Unkenntnis der Kostenrechnung bisweilen getroffen werden:

Ein Beispiel aus der Praxis: Eine unternehmerische Fehlentscheidung

Der Vertriebschef eines mittelständischen Unternehmens, das in einer hoch automatisierten Fertigung kleine standardisierte Bauteile (Zahnräder) für die Automobilindustrie herstellt, hat einen potentiellen neuen Kunden gewonnen.

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Bild 1: © archerix - Fotolia.com

Leider ist dieser Kunde mit dem Preis von 1,- €/Stck., welcher bisher für diese Bauteile verlangt wird, nicht einverstanden. Er ist trotz intensiver Verhandlungen nur bereit, bis zu 0,75 €/Stck. bezahlen. Der Kunde hat im Gegenzug einen Bedarf von 2 Mio. Teilen pro Jahr in Aussicht gestellt. Der Vertriebschef spricht mit seinem Geschäftsführer. Nach dem Blick auf die folgende derzeitige Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens trifft dieser eine klassische Fehlentscheidung:

 

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Gewinn- und VerlustrechnungMio. €

» Wir können unsere Produkte nicht unter 80 Cent/Stck. verkaufen, ansonsten machen wir Verluste. Sagen Sie dem Kunden ab«. Zwar beträgt der Aufwand in der Tat 0,80 € pro Zahnrad, wenn man den Gesamtaufwand von 8 Mio. € auf den bisherigen Absatz von 10 Mio. Zahnrädern umlegt. Es erscheint also auf den ersten Blick sinnvoll, die Bauteile nicht unter diesem Preis zu verkaufen.

Der Geschäftsführer übersieht dabei jedoch, dass wahrscheinlich nicht alle bisherigen Aufwendungen proportional zunehmen werden, wenn Produktion und Absatz durch die Akquisition des neuen Kunden auf 12 Mio. Stck. steigen. Insbesondere sei hier die Annahme getroffen, dass die bisherigen Abschreibungen durch eine Fertigungsanlage bestimmt werden, welche noch genügend freie Kapazität zur Verfügung hat. Insofern sähe die Gewinn- und Verlustrechnung des Automobilzulieferers nach der Hinzugewinnung des neuen Kunden selbst bei einem Verkaufspreis von 0,75 €/Stck. wie folgt aus:

 

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Gewinn- und VerlustrechnungMio. €

Der Umsatz wächst um 1,5 Mio. € (2 Mio. Stck. × 0,75 €/Stck.). Nehmen wir an, dass Personal- und Materialaufwand proportional mit der Zunahme des Absatzes von 20% ebenfalls um 20% zulegen und dass die Abschreibungen hingegen konstant bleiben. Dann ergibt sich für den Geschäftsführer der erstaunliche Effekt, dass der Gewinn bei Annahme des »verlustreichen« Kundenauftrages auf 2,5 Mio. € ansteigen würde.

Nachdem ihm der Leiter des Rechnungswesens diese Vorausschau erstellt hat, trifft der Geschäftsführer im Gespräch mit dem Vertriebschef allerdings eine weitere unternehmerische Fehlentscheidung: »Wir können unsere Produkte selbstverständlich auch zu einem Verkaufspreis von 75 Cent/Stck. an den Kunden verkaufen und steigern somit unseren Gewinn um 25%. Sagen Sie dem Kunden zu diesem Preis zu«. Der Vertriebschef geht mit dem Kunden daraufhin einen mehrjährigen Vertrag ein, in dem dieser Preis fest vereinbart wird.

 

Bereits ein Jahr später kommt der Produktionschef auf den Geschäftsführer zu und möchte die Fertigungsanlage erneuern. Sie hat nach 15 Jahren das Ende ihrer Betriebsdauer erreicht, in der sie zuverlässig die Bauteile in der von der Automobilindustrie geforderten hohen Qualität produzieren kann. Die Abschreibung der neuen Anlage wird allerdings 4 Mio. €/Jahr betragen, da die Inflation über die letzten Jahre zu deutlich höheren Preisen für diese Anschaffung geführt hat. Als Ergebnis sieht die Gewinn- und Verlustrechnung nach Ersatz der Fertigungsanlage wie folgt aus:

 

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Gewinn- und VerlustrechnungMio. €

Leider hat sich durch die Hereinnahme des Umsatzes mit dem neuen Kunden der Gewinn deutlich verringert. Hätte der Geschäftsführer bedacht, dass Fertigungsanlagen regelmäßig erneuert werden müssen und dass neue Anlagen in der Regel einen höheren Anschaffungspreis mit sich bringen, hätte er einen entsprechend höheren Mindestpreis für die Übernahme neuer Aufträge verlangt. Natürlich wird er auch mit seinen Bestandskunden nicht um die Diskussion über Preiserhöhungen herumkommen, aber bei einem Neukunden ist eine solche Preisverhandlung besonders schwierig.

Was lernen wir daraus? Sowohl das Konzept von fixen und variablen Bestandteilen in den Aufwendungen, wie auch das Konzept von zukünftigen Preissteigerungen waren in der Buchhaltung des Unternehmens nicht berücksichtigt bzw. nicht ersichtlich. Nur durch die Einführung einer Kostenrechnung hätten diese entscheidungsrelevanten Tatbestände für die Geschäftsführung sichtbar gemacht werden können. Diese und weitere Konzepte, die in dem folgenden Lehrbuch zur Kostenrechnung behandelt werden, stellen wichtige Grundlagen für die Steuerung und Kontrolle eines Unternehmens dar.

Im Unternehmensalltag trifft man auf viele Betriebe, die mit einer professionellen und gut funktionierenden Kostenrechnung ausgestattet sind. Üblicherweise gibt es hierzu eigens geschaffene Positionen und/oder eine Abteilung, die durch Spezialisierung über das notwendige besondere Detailwissen verfügen. Dennoch ist die Kenntnis der verschiedenen Aspekte einer Kostenrechnung für viele unterschiedliche Funktionen eines Unternehmens zu wichtig, als dass man diese allein den Experten überlassen sollte. Unternehmensbereiche, die ein Verständnis der Kostenrechnung brauchen, sind z. B.

•  das Management und die Geschäftsleitung: Einerseits geht es in diesen Funktionen darum, die Entscheidungsalternativen, die von verschiedensten Unternehmensbereichen vorbereitet und vorgeschlagen werden, betriebswirtschaftlich vernünftig und zeitnah zu beurteilen; oder darum, deren Beurteilung und Auswahl so zu organisieren, dass sie betriebswirtschaftlich sinnvoll getroffen werden. Hierbei ist die Kenntnis der Kostenrechnungsmethodik notwendig, damit die unterschiedlichen Annahmen und Voraussetzungen, die hinter diesen vorgeschlagenen Alternativen stecken, und die von Kostenrechnern getroffen werden müssen, bewusstgemacht und gegebenenfalls hinterfragt werden. Andererseits leistet die Kostenrechnung für die Geschäftsleitung einen zentralen Beitrag, um die Kosten unter Kontrolle zu halten und um Gewinn zu erwirtschaften.

•  das Controlling und die Finanzbuchhaltung: Es versteht sich von selbst, dass diese Funktionen eines Unternehmens entweder regelmäßig selbst mit der Kostenrechnung betraut sind oder sich in deren engen Nachbarschaft befinden. Insofern ist eine vertiefte Kenntnis bei den Controllern absolut unerlässlich (image Kap. 1.2.3) und in der Finanzbuchhaltung ebenso notwendig. In der letzteren werden Geschäftsvorfälle zumeist sowohl im externen Rechnungswesen, wie auch in der Kostenrechnung gebucht (image Kap. 1.3.4).

•  der Vertrieb: Die Profitabilität der betreuten Kunden, Entscheidungen über Preise und Rabatte, das Management von Verkaufsbudgets, die Kosten einer Vertriebsmannschaft, die Zielvorgaben für den Außendienst und die Fragen zur Flächenproduktivität des Handels sind nur einige Aspekte, bei denen die Kostenrechnung in die vertriebliche Tätigkeit mit hineinspielt.

•  das Marketing: Entscheidungen zu Produktlinien, Preisen und zur Höhe von Marketing- und Werbeausgaben machen die Mitarbeiter des Marketings zu prominenten Benutzern der verschiedenen Elemente der Kostenrechnung.

•  das Kommunikations- und Mediamanagement: Selbst in rein kommunikativen und kreativen Unternehmensbereichen stellen sowohl Kostenkontrolle als auch die wirtschaftliche Vertretung der kommunikativen Maßnahmen wichtige Kompetenzen dar. Schließlich müssen sich diese für das eigene Unternehmen oder einen Kunden ja wirtschaftlich »rechnen«. Dafür wird auf die Kostenrechnung zugegriffen und es sollte Verständnis für die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen vorhanden sein.

•  die Produktion: Neben der klassischen Kostenkontrolle, der Beurteilung und Beeinflussung der Fertigungskosten sind Abweichungsanalysen und insbesondere kostenrechnerische Entscheidungen zum Produktionsprogramm diejenigen Elemente einer Kostenrechnung, um die eine zeitgemäße Produktion nicht umhinkommt. Technisches Verständnis alleine reicht für diese Funktion schon lange nicht mehr aus.

•  Logistik, Einkauf und Supply-Chain Management: Entscheidungen zur Belegung von Fertigungsanlagen, Entscheidungen zu Eigen- oder Fremdfertigung (»Make or Buy«), die grundsätzliche Kenntnis der Kosten des Einkaufs und der Beschaffung, die Zuordnung von Logistikkosten, die Möglichkeiten zur Diskussion von Einkaufspreisen unter dem Aspekt der möglichen Voll- oder Teilkosten auf der Lieferantenseite sind nur einige Beispiele, an denen sich die Interessenslage dieser Funktionen mit der Kostenrechnung überschneidet. Auch die Parametrisierung der Produktionsplanung ist in modernen IT-unterstützten Systemen nur durch eine gute Kenntnis der Zusammenhänge, die sich aus der Kostenrechnung ergeben, möglich.

•  das Personalmanagement: Ohne Kenntnis der durch den Faktor Humanressourcen entstehenden Kosten ist in Zeiten, in der jegliche Personalmaßnahme, wie Einstellung, Personalförderung bis zur Personalanpassung auf betriebswirtschaftliche Auswirkungen zu überprüfen ist, kein ganzheitliches professionelles Personalmanagement möglich.

•  die Informatik: Da die Basis der Informationsbereitstellung für das Unternehmen zu einem großen Teil auf den Zahlen des Rechnungswesens bzw. der Kostenrechnung beruht, ist in bestimmten Bereichen der Informatik eine Detailkenntnis der verschiedenen Aspekte der Kostenrechnung von fundamentaler Bedeutung.

•  die Rechtsabteilung: Selbst bei der rechtlichen Beratung eines Unternehmens ist in vielen Bereichen kostenrechnerisches Wissen von Nöten, um die Sprache und Anliegen der betriebswirtschaftlichen Disziplinen der Rechtsparteien zu verstehen. Ohne dieses Verständnis wird es oft keine optimale rechtliche Lösung geben.

•  die strategische Unternehmensplanung: Zwar hat die Kostenrechnung meist einen kürzeren Zeithorizont im Blick als eine strategische Unternehmensplanung. Beide Gebiete überschneiden sich aber oft, und eine Unternehmensplanung greift in vielen Elementen die Daten aus der Kostenrechnung auf, um langfristige unternehmerische Entscheidungen vorzubereiten.

1.2       Rechnungswesen, Kostenrechnung und Controlling – Ist das nicht dasselbe?

Mitarbeiter, die in einem Unternehmen ihre Laufbahn beginnen oder in ein neues Unternehmen wechseln, sind oft mit Bezeichnungen konfrontiert, die dort für bestimmte Funktionen oder organisatorische Einheiten gebraucht werden. An diese Begriffe hat man sich unternehmensintern gewöhnt und diese werden wie selbstverständlich benutzt. Die Begriffe Rechnungswesen, Buchhaltung oder Finanzen kommen ebenso vor wie Kostenrechnung, Kostenanalyse, Controlling, Finanzanalyse, Kaufmännische Abteilung, Kalkulation usw. Darüber hinaus wird im deutschen Sprachraum mit scheinbar ähnlichen Begriffen wie Kosten, Ausgaben, Aufwand, Auszahlungen oder Erlösen, Erträgen, Leistungen, Einzahlungen und Einnahmen gearbeitet. Es macht deswegen Sinn, vor dem Einstieg in die eigentliche Kostenrechnung diese unterschiedlichen Begrifflichkeiten zu definieren und im Gesamtzusammenhang zu beleuchten.

1.2.1     Die Kostenrechnung als Teil des betrieblichen Rechnungswesens

Unternehmen werden in der Betriebswirtschaft üblicherweise als Wirtschaftseinheiten bezeichnet, deren Sinn und Zweck in der möglichst wirtschaftlichen Herstellung und Absetzung von Gütern und Dienstleistungen besteht. Eine schematische Übersicht der damit verbundenen Prozesse und der Einbindung des Unternehmens in sein Umfeld ist in Abbildung 1 dargestellt.

Es ist das güterwirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Modell eines Unternehmens (in Anlehnung an Coenenberg, 2013 oder Wöhe & Döring, 2013).

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Abb. 1: Güter- und finanzwirtschaftliches Unternehmensmodell

Im güterwirtschaftlichen Prozess werden sogenannte Produktionsfaktoren, wie Arbeit, Material (Roh- oder Werkstoffe) und Betriebsmittel (z. B. Maschinen) eingesetzt. Diese werden auf dem jeweiligen Beschaffungsmarkt (z. B. dem Markt für Rohöl, dem Personalmarkt, dem Markt für EDV-Anlagen oder dem Markt der Hersteller von Maschinen) beschafft. Dann werden diese Produktionsfaktoren in einem unternehmensinternen Transformationsprozess zur Herstellung von Gütern oder zur Erbringung von Dienstleistungen verwandt. Diese Güter und Dienstleistungen werden schließlich auf entsprechenden Absatzmärkten verkauft.

Gleichzeitig findet ein finanzwirtschaftlicher Prozess statt, der in der Gegenrichtung des Güterstroms den Fluss der finanziellen Mittel (Geld- und Zahlungsmittel) abbildet. Für die eingekauften Produktionsfaktoren sind Einkaufspreise bzw. Löhne zu bezahlen. Für die verkauften Güter und Dienstleistungen erhält das Unternehmen Erlöse durch die Bezahlung der Verkaufspreise. Diese Bezahlung erfolgt durch die Kunden in der Regel zu einem späteren Zeitpunkt, als die notwendige Bezahlung der Produktionsfaktoren fällig wird, insbesondere dann, wenn es sich um langfristig beschaffte Betriebsmittel (z. B. Gebäude und Maschinen) handelt.

Deswegen ist für diesen finanzwirtschaftlichen Prozess auch eine Verbindung zum Kapitalmarkt erforderlich: Es wird Eigen- oder Fremdkapital beschafft und entweder laufend durch die Auszahlung von Gewinnen und Zinsen bedient oder zu einem späteren Zeitpunkt zurückbezahlt. Ebenso in den finanzwirtschaftlichen Prozess eingebunden ist der Staat, der üblicherweise die Zahlung von Steuern und Abgaben verlangt und ein Wirtschaftsunternehmen gelegentlich auch mit Subventionen finanziell unterstützt.

Zur Komplettierung der Abbildung eines Unternehmens werden diese beiden elementare Prozesse um zwei weitere Prozesse ergänzt: Dieses sind erstens der Managementprozess (oder dispositiver Prozess) und zweitens der Informationsprozess. Bei dem Managementprozess handelt es sich um die Leitung, Planung, Organisation, Delegation und Kontrolle der güter- und finanzwirtschaftlichen Prozesse durch die Geschäftsleitung und das Management der verschiedenen Unternehmensbereiche. Bei dem Informationsprozess geht es um die Beschaffung, Verwaltung und Bereitstellung von Informationen. Diese Informationen dienen sowohl dem Managementprozess (z. B. inwiefern wird die Planung tatsächlich umgesetzt), als auch der Unterstützung der anderen beiden Prozesse (wurden z. B. die Kundenrechnungen bezahlt, welche Preise herrschen auf dem Rohölmarkt, wie hoch ist der Produktionsausschuss).

In diesem Informationsprozess ist als Teil des gesamten Informationsmanagements und Managementinformationssystems eines Unternehmens das betriebliche (oder das betriebswirtschaftliche im Gegensatz zum volkswirtschaftlichen) Rechnungswesen angesiedelt. Der Informationsprozess eines Unternehmens lässt sich in Abbildung 2 veranschaulichen.

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Abb. 2: Informationsprozess im Unternehmensmodell

Das Rechnungswesen hat als »spezielles Informationssystem innerhalb eines Unternehmens« die Aufgabe, »die unternehmensinternen Prozesse sowie die Transaktionen des Unternehmens mit seinem wirtschaftlichen Umfeld wert- und mengenmäßig zu erfassen, zu verwalten, aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen« (vgl. Coenenberg, 2013, S. 7).

Zur Verfügung gestellt wird diese Information zum einen für die interne Steuerung des Unternehmens. Das ist die Aufgabe des internen Rechnungswesens. Das interne Rechnungswesen dient somit hauptsächlich der Planung, Steuerung und Kontrolle des Unternehmensgeschehens und berücksichtigt deswegen neben vergangenen und laufenden Vorgängen auch zukünftige vorhergesagte und geplante Tatbestände.

Zum anderen besteht die Notwendigkeit, solche oder ähnliche Informationen auch für externe Interessenten, wie z. B. Kapitalgeber und Staat (z. B. zur Dokumentation oder zur Berechnung der Steuerzahlungen) und möglicherweise sogar für Kunden und Lieferanten (z. B. zur Darlegung der eigenen Bonität) bereit zu stellen. Diese Funktion wird durch das externe Rechnungswesen übernommen. Der Schwerpunkt des externen Rechnungswesens liegt dabei in der Darstellung und Kommentierung der vergangenen wirtschaftlichen Ereignisse und Ergebnisse.

 

Das gesamte betriebliche Rechnungswesen kann man anhand der folgenden Abbildung 3 in seine weiteren Bestandteile zerlegen.

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Abb. 3: Die Kostenrechnung als Teil des internen Rechnungswesens (Quelle: In Anlehnung an und Erweiterung von Wöhe & Döring, 2013, S. 869)

Das externe Rechnungswesen informiert, zumeist im Rahmen des Jahresabschlusses, über die Vermögens- und Schuldensituation eines Unternehmens, sowie über deren Gewinn- oder Verlustsituation durch Gegenüberstellung von Ertrag und Aufwand. Hierfür wird in Unternehmen auch der Begriff der Finanzbuchhaltung verwandt. Diese Finanzbuchhaltung erfolgt zum einen nach den Vorgaben des Handelsrechts und zum anderen nach den Vorgaben des Steuerrechts, je nachdem ob der Adressat Kapitalgeber oder Fiskus lautet. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Erstellung der Abschlüsse nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften bzw. Konzernrichtlinien (z. B. US GAAP oder IFRS).

Das interne Rechnungswesen dient der Versorgung der internen Managementprozesse mit Informationen, sowohl auf periodisch regelmäßiger Basis, als auch ad hoch im Rahmen von Projekten oder Einmalanalysen. Hierbei wird unterschieden in die Finanzrechnung, die Investitionsrechnung und die Kostenrechnung. Die Finanzrechnung dient der Informationsbereitstellung zur optimalen Ausstattung des Unternehmens mit Finanzmitteln und Kapital, sowohl zur Wahrung der Liquidität, wie auch zur optimalen Mischung der verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten.

In der Investitionsrechnung geht es um die Information zur Vorteilhaftigkeit der Investition von Kapital über langfristige (d. h. mehrjährige) Zeiträume. Neben der Information zu Investitionen (wie z. B. in Anlagen als positive Kapitalveränderungen) werden auch Desinvestitionen (wie z. B. die Schließung einer Betriebsstätte, d. h. negative Kapitalveränderungen) analysiert.

Schließlich beschäftigt sich die Kostenrechnung als dritter Teil des internen Rechnungswesens, aufbauend auf unveränderlichen Kapazitäten (d. h. auf Basis der vorhandenen Ausstattung mit Betriebsmitteln) mit der Planung und Kontrolle der Wirtschaftlichkeit des Unternehmensprozesses. Dies ist einerseits ein sich regelmäßiger wiederholender Vorgang, z. B. durch die Ermittlung eines Betriebsergebnisses, das Pendant der Kostenrechnung zum Gewinn der Finanzbuchhaltung. Andererseits wird die Kostenrechnung auch zu einmaligen Analysen bestimmter Fragestellungen der Wirtschaftlichkeit benutzt, z. B. zur optimalen Ausnutzung vorhandener Kapazitäten. Da sich die Kostenrechnung genauso damit beschäftigt, was ein Unternehmen auf den Absatzmärkten für seine Leistung erwirtschaftet und was als Betriebsergebnis nach Abzug der Kosten übrigbleibt, bezeichnet man die Kostenrechnung auch als Kosten- und Leistungsrechnung bzw. Kosten- und Erfolgsrechnung. In diesem Buch wird der Begriff Kosten- und Leistungsrechnung benutzt.

Alle Unterschiede des externen Rechnungswesens und der Kosten- und Leistungsrechnung werden als Übersicht in der Abbildung 4 zusammengefasst.

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Abb. 4: Unterschiede externes und internes Rechnungswesen (Quelle: Rade, 2014, Chart 203-204)

KriteriumExternes RechnungswesenKosten- und Leistungsrechnung

Externes Rechnungswesen

Die Unterschiede betreffen als erstes die Adressaten der jeweiligen Information. Das externe Rechnungswesen richtet sich hauptsächlich an externe Anspruchsgruppen (sogenannte »stakeholder«) und Eigentümer bzw. Investoren (sogenannte »shareholder«). Externe Anspruchsgruppen sind z. B. Banken, der Staat und die Gemeinden, die Arbeitnehmer und deren Vertreter sowie Kunden oder Lieferanten. Natürlich wird sich auch die Unternehmensleitung für dieselbe Information interessieren, da zu einer guten Unternehmenssteuerung bekanntlicherweise auch das Management des Verhältnisses zu »shareholdern« und »stakeholdern« gehört.

Als Rechnungsziel beschäftigt sich das externe Rechnungswesen hauptsächlich mit der aktuellen und der vergangenen Unternehmensentwicklung, meist in Jahresperioden, sowie mit der Darstellung einer zeitpunktbezogenen Situation, insbesondere im Verhältnis zu dem Unternehmensumfeld. Dazu gehört z. B. die Aufzählung und Bewertung von Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber unternehmensexternen Dritten. Hierbei ist weniger die Unternehmenssteuerung im Blickfeld, als vielmehr eine klare und konsistente Dokumentation.

Überwiegend bezieht sich das Rechnungswesen nicht auf einzelne Unternehmensteile, sondern betrachtet das Unternehmen als Ganzes. Handels- und steuerrechtliche Vorschriften stellen mehr oder weniger starke Einschränkungen zur Gestaltung des externen Rechnungswesens dar, um eine Vergleichbarkeit für Investoren, Gläubiger und den Fiskus zu gewährleisten.

Im externen Rechnungswesen wird die monetäre Bewertung von Vorgängen und Ergebnissen auf Basis von pagatorischen Kostenelementen vorgenommen, d. h. es orientiert sich an den vergangenen Geldflüssen. Das heißt nicht, dass Geldflüsse alleinausschlaggebend sind, aber sie bilden die Grundlage. So ist z. B. die Grundlage einer Abschreibung einer Betriebsanlage der Geldfluss, der bei der Anschaffung erfolgte.

Kostenrechnung

Dahingegen dient die Kostenrechnung hauptsächlich der Unternehmensleitung und allen Entscheidern im Unternehmen zur Steuerung des laufenden und zur Planung des zukünftigen Unternehmensgeschehens. Die Kostenrechnung unterliegt kaum externen Vorschriften, wird monatlich oder quartalweise oder halbjährlich durchgeführt und ist somit aktueller als das jährliche Rechnungswesen (siehe Praxisbeispiel: Ein Fall von mangelnder Kontrolle).

Die Granularität der Kostenrechnung ist feiner als die des externen Rechnungswesens, da eine unternehmensweite Sicht allein nicht ausreicht, um unterschiedliche Unternehmensbereiche zu analysieren und zu kontrollieren. Oft beschränken sich bestimmte Aspekte der Kostenrechnung hingegen nur auf einzelne Betriebe (obwohl es auch Unternehmen gibt, in denen die Kostenrechnung konzernweit konsolidiert wird).

Als Informationsgegenstand der Kosten- und Leistungsrechnung wird der Begriff des Werteverzehrs und der Entstehung von Leistung benutzt, welcher im Kapital 1.3.2 der Definition von Kosten und Leistung zugrunde liegt. Als Rechnungstyp (Rechnungsgröße) kommen hierbei zusätzlich, im externen Rechnungswesen unbekannte, sogenannte kalkulatorische Kosten und Leistungen zur Anwendung, welche ebenso im Kapitel 1.3.2 erklärt werden.

1.2.2     Die Kostenrechnung als Informations- und Leitungsinstrument

Anhand der im vorigen Abschnitt genannten Eingrenzungen lässt sich die Kosten- und Leistungsrechnung nun wie folgt definieren:

Die Kosten- und Leistungsrechnung, als Teil des Rechnungswesens, ist ein betriebswirtschaftliches Informations- und Leitungsinstrument zur systematischen Abbildung, Planung, Steuerung und Kontrolle des unternehmerischen Leistungserstellungsprozesses.

Im nun Folgenden sollen die Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung als Informations- und Leitungsinstrument für den Managementprozess etwas näher erläutert werden. Hierzu ein weiteres Beispiel aus der Unternehmenspraxis:

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Fall von mangelnder Kontrolle

Ein mittelständisches Familienunternehmen der Baustoffbranche wächst seit ein paar Jahren kontinuierlich. Es wurde in einen neuen Geschäftsbereich investiert, wozu sogar ein eigenes Werk eröffnet wurde.

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Der Geschäftsführer des Unternehmens hat bisher den Aufwand zur Einführung einer Kostenrechnung gescheut, auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Gewinnsituation für die Eigentümerfamilie bisher immer sehr zufriedenstellend war. Durch den Wegfall eines Großkunden erwartet er dieses Jahr allerdings einen deutlichen Umsatzrückgang und befürchtet, dass seit Jahren zum ersten Mal unter dem Strich nur ein Verlust übrigbleibt.

 

Trotz allgemeiner Sparapelle an die Mitarbeiter und Führungskräfte kommt es wie es kommen muss, das Unternehmen schreibt tiefrote Zahlen. Nun drängen die Eigentümer den Geschäftsführer, einen Berater ins Haus zu holen, der folgendes herausfindet:

•  Das Unternehmen weiß nicht, mit welchen Produkten und Geschäftsbereichen es Gewinne und mit welchen es Verluste erwirtschaftet. In der Tat stellt sich nach einer Analyse heraus, dass der neue Geschäftsbereich durch die hohen Abschreibungen und die niedrige Auslastung des Werkes nie zum Gewinn beigetragen hat.

•  Das Unternehmen weiß nicht, welchen Gewinn es am Ende des laufenden Jahres wohl erwirtschaften wird. Zwar herrscht eine Vorgabe, die Jahreszahlen des Vorjahres zu übertreffen, es gibt aber keinen unterjährigen Vergleich. Hätte der Geschäftsführer gewusst, wie hoch der Verlust nach der ersten Jahreshälfte war, hätte er z. B. die Kosten einer neuen Vertriebswerbekampagne einsparen können, um den Verlust des Gesamtjahres zu vermindern.

•  Die allgemeinen Sparappelle sind auf unterschiedliche Reaktionen gestoßen. Einige Abteilungen und Unternehmensbereiche haben deutliche Kosteneinsparungen gegenüber dem Vorjahr erzielt, andere überhaupt nicht. Dies war dem Geschäftsführer nicht bewusst. Die Führungskräfte haben aufgrund dieser Unkenntnis ebenso keine Notwendigkeit gesehen, höhere Anstrengungen zu unternehmen und die Mitarbeiter mit konkreten Sparvorgaben anzuleiten.

Was lernen wir daraus?

Sowohl die Geschäftsleitung wie auch die Führungskräfte eines Unternehmens könnten das Geschäft sehr viel effizienter auf der Basis von »Fakten und Zahlen« steuern, wenn neben dem externen Rechnungswesen auch eine Kostenrechnung eingerichtet wäre.

Die Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung lassen sich aus der grundsätzlichen Definition, Information bereitzustellen und Entscheidungen zu unterstützen, ableiten. Abbildung 5 gliedert diese Aufgaben nach den Kriterien Abbildung und Dokumentation, Planung und Steuerung sowie Kontrolle.

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Abb. 5: Die Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung

Aufgaben der Kosten- und LeistungsrechnungInformationen bereitstellen und Entscheidungen unterstützen

Abbildung und Dokumentation

Die Dokumentation, wenn auch nicht als Hauptzweck, stellt das Pflichtprogramm einer Kostenrechnung dar. Hierbei wird zuerst die Leistung eines Betriebes ermittelt, zumeist in Form von Erlösen, aber nicht ausschließlich: Auch die Herstellung einer Maschine zum Eigengebrauch wird als (innerbetriebliche) Leistung erfasst. Dann werden Kosten in einem mehr oder weniger hohen Detailgrad ermittelt und zusammengestellt. Das Detail können einzelne Werke eines Unternehmens, Betriebsteile, Abteilungen, Produkte, Produktbestandteile oder Dienstleistungen sein. Die Systematisierung des Details ergibt sich auch über Kostenarten (welche Arten von Kosten sind angefallen), Kostenstellen (wo sind die Kosten angefallen) und Kostenträger (wofür, z. B. für welche Produkte sind Kosten angefallen) (image Kap. 2.1).

Als Differenz zwischen Leistung und Kosten wird der Unternehmenserfolg, in der Kostenrechnung Betriebsergebnis genannt, errechnet. Neben dieser hauptsächlich zeitraumbezogenen Betrachtungsweise werden für bestimmte Bereiche auch zeitpunktbezogene Dokumentationsgrundlagen geschaffen, insbesondere für die Bewertung der Lagerbestände und selbst erstellter Betriebsanlagen. Hier bedient sich das externe Rechnungswesen als Ausgangspunkt oft der Daten der Kostenrechnung.

Planung und Steuerung

Eine weitere Aufgabe der Kostenrechnung liegt in der Unterstützung der Unternehmensplanung und -steuerung. Dabei werden durch die Kosten- und Leistungsrechnung zahlreiche Fragestellungen sowohl im Rahmen der laufenden Informationsbereitstellung, als auch der unmittelbaren Entscheidungsfindung behandelt. Das umfasst die Kalkulation der Verkaufspreise, sei es zum gegenwärtigen Produkt- oder Dienstleistungsprogramm, sei es zu neuen Produktentwicklungen oder zusätzlichen Aufträgen. Das beinhaltet die Berechnung von Preisuntergrenzen für Angebote des Vertriebes oder Preisobergrenzen für Verhandlungen des Einkaufs. Die Kalkulation öffentlicher Aufträge gehört ebenso dazu, wie die Berechnung von Verrechnungspreisen für innerbetriebliche oder konzerninterne Lieferungen von Gütern und Leistungen.

Als nächstes liefert die Kostenrechnung Informationen und Grundlagen zu Entscheidungen und Beurteilungen des Absatz-, Beschaffungs- und Produktionsprogramms: Fragestellungen, ob und wie sich bestimmte Produkte im Absatzprogramm rechnen und welche Produkte besser selbst hergestellt oder fremdbeschafft werden sollen, werden ebenso behandelt wie Fragen, ob und welche zusätzlichen Aufträge unter welchen Voraussetzungen angenommen werden sollen.

Daneben leistet die Kostenrechnung Unterstützung bei der Bestimmung optimaler Bestell- und Produktionslosgrößen (durch die Ermittlung der notwendigen Parameter), sowie beim Umgang mit Kapazitätsengpässen. In der Hilfestellung zur Auswahl bestimmter Fertigungs-, Vertriebs- und Verwaltungsprozesse besteht eine weitere Aufgabe der Kosten- und Leistungsrechnung. Z.B. können Vertriebe über ein eigenes Verkaufsteam oder alternativ über Groß- und Zwischenhändler abgewickelt werden. Diese Alternative kann wirtschaftlich besser beurteilt werden, wenn die Kosten eines eigenen Vertriebsprozesses genau bekannt sind und mit den Angeboten von Zwischenhändlern verglichen werden können.

Kontrollfunktion

Schließlich dient die Kostenrechnung zur Kontrolle des laufenden Unternehmensprozesses, der Kontrolle einzelner Projekte, Maßnahmen, Neuprodukteinführungen usw. Hierbei können die betrachteten Objekte ganz allgemein auf ihre Wirtschaftlichkeit hin untersucht werden und regelmäßig darüber berichtet werden. Oder es werden speziell die aus der Planung kommenden Vorgaben und Sollwerte (Budgets) im Rahmen von Soll-Ist-Vergleichen mit den tatsächlichen Kosten und Leistungen verglichen. So kann, wie in obigem Beispiel erwähnt, überprüft werden, ob und wie ein (neuer) Geschäftsbereich oder ein Werk zur Erwirtschaftung von Gewinn beiträgt und ob deren Kosten und Leistung sich tatsächlich so entwickeln wie geplant.

Neben solchen Wirtschaftlichkeitsanalysen und Soll-Ist-Vergleichen ist auch die Verfolgung von Trends und Entwicklungen der Kosten im Rahmen von Zeitvergleichen eine übliche Aufgabe der Kostenrechnung. Ein Vergleich von Kosten über Betriebe oder Betriebsteile hinweg oder über ganze Unternehmen hinweg, das sogenannte »Benchmarking«, kann ebenso einen interessanten und wertvollen Beitrag zur Verbesserung und Kontrolle der Wirtschaftlichkeit des Leistungsprozesses eines Unternehmens leisten.

 

Insgesamt geht es bei der Kostenrechnung als Informations- und Leitungsinstrument darum, die Unternehmenssteuerung fakten- und zahlenorientiert so zu gestalten, dass Geschäftssinn und unternehmerisches Gespür, sowie strategische Überlegungen idealerweise ergänzt werden durch die genaue Kenntnis der betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge.

1.2.3     Von der Kostenrechnung zum Controlling – von Informationen zur Unternehmenssteuerung

Was bedeutet nun der Begriff Controlling im Vergleich zur Kostenrechnung? Das lässt sich am besten an folgendem Beispiel erläutern.

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Kostenrechner und ein Controller begegnen sich

Ein deutsches Tochterunternehmen eines internationalen Unternehmens der Konsumgüterbranche, welches schnell drehende Produkte des täglichen Bedarfs im Bereich der Wasch- und Reinigungsmittel sowie der Körperpflege herstellt und vermarktet, beschäftigt einen Leiter der Kostenrechnung. Dieser Kostenrechner hat vor Jahren ein ausgefeiltes System zur Kostenrechnung eingeführt und versorgt die Unternehmensleitung regelmäßig mit Informationen zu Kosten, Erlösen und Ergebnissen für alle Unternehmensbereiche. Er schlägt sich seit einiger Zeit mit folgenden Problemen herum, weswegen die Unternehmensleitung nun einen Controller aus dem Mutterkonzern anspricht und um Mithilfe bittet:

•  Das Kostenrechnungssystem umfasst neben der Ermittlung des laufenden Betriebsergebnisses auch eine jährliche Vorplanung und die Erstellung eines Budgets. Die Planvorgaben, die der Kostenrechner jedes Jahr im Rahmen der Budgets und Planungen für die kommenden Jahre erstellt, werden regelmäßig nicht erreicht. Es hat sich bei allen Beteiligten ein gewisser Frust breitgemacht und der Mutterkonzern ist mit dem Management der Tochtergesellschaft äußerst unzufrieden.

•  Der Controller stellt fest, dass der Chef des Verkaufs es besonders wichtig findet, seiner Vertriebsmannschaft herausfordernde Verkaufsziele zu setzen. Er ist überzeugt davon, dass auf diese Art und Weise mehr Umsatz erzielt wird, als mit realistischen Zielen. Das hat aber dazu geführt, dass die Umsatz- und Gewinnprognose des deutschen Unternehmens regelmäßig zu hoch liegen. Daraufhin führt der Controller zusammen mit dem Verkaufschef einen abgestimmten Abschlag auf die Ziele der Vertriebsmannschaft ein, so dass das persönliche Umsatzziel des Verkaufschefs niedriger ausfällt als die Summe der einzelnen Ziele seiner Mitarbeiter. Dieses wird nun für die Gesamtplanung des Betriebsergebnisses benutzt. Darüber hinaus wird mit der Geschäftsführung vereinbart, dass der Jahresbonus des Verkaufschefs an dieses persönliche Ziel gebunden wird. Das Ergebnis ist eine deutliche Verbesserung der Planung.

•  Das Marketing und die Unternehmensleitung haben vor zwei Jahren beschlossen, die Verpackungen von Zahnpasta zu modernisieren, und diese statt in herkömmlichen Aluminiumtuben in Plastiktuben zu verkaufen.

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Aus Risikoabwägungen wird die Zahnpasta zu Beginn sowohl in Plastiktuben wie in Aluminiumtuben verkauft. Da die variablen Kosten der Plastiktuben aufgrund der niedrigeren Mengen deutlich über denjenigen der Aluminiumtuben liegen, hat der Kostenrechner die Unternehmensleitung überzeugt, die Preise für diese Variante gewinnbringend hoch anzusetzen. Leider setzt sich diese Variante beim Verbraucher zu den erhöhten Preisen nicht durch.

Der Controller schlägt vor, eine Investitionsrechnung vorzunehmen und die Preise für einen wohl definierten Zeitraum unter den variablen Kosten anzusetzen. Es zeigt sich, dass die Plastiktuben bei entsprechend hohen Volumen eine kleine Kosteneinsparung gegenüber den Aluminiumtuben erzielen könnten und bei Marktanteilsgewinnen eine Steigerung des Umsatzes und des Betriebsergebnisses möglich wären. Damit könnten die anfänglichen Verluste mehr als ausgeglichen werden. Deswegen sollen die Preise nun über einen vorgegebenen Zeitraum »subventioniert« werden. Im Ergebnis werden die neuen Varianten deutlich mehr nachgefragt und das Unternehmen gewinnt tatsächlich signifikante Marktanteile mit dieser Verpackungsinnovation. Nach und nach folgen alle Konkurrenten dem Trend und die Preise für die Kunststofftuben sinken erneut.

•  Im Segment der Weichspüler ist das Unternehmen eindeutiger Marktführer, in dem Segment von Geschirrspülmitteln für Spülmaschinen hinkt das Unternehmen dem Marktführer weit hinterher. Der Kostenrechner hat ausgerechnet, dass die Kostensituation es erlauben würde, den Preis für Geschirrspülmittel zu senken und so Marktanteile zu gewinnen. Die Unternehmensleitung hat bisher noch nicht zugestimmt und möchte die Meinung des Controllers hören.

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Der Controller rät der Unternehmensleitung aus folgender strategischer Überlegung von dieser Maßnahme ab:

Zwar könnten aufgrund der niedrigen variablen Kosten bei der Herstellung von Geschirrspülmitteln die Preise tatsächlich deutlich gesenkt werden. Es ist zu erwarten, dass durch entsprechende Umsatzsteigerungen auch das gesamte Betriebsergebnis erheblich gesteigert werden könnte. Eine Simulationsrechnung ergibt, dass der Verlust für die Konkurrenz aufgrund der eigenen hohen Absatzmengen sehr hoch wäre, wenn sie mit einer ähnlichen Preissenkung reagierte. Stattdessen würde sie wohl als Marktführer eher einen mengenmäßigen Rückgang akzeptieren.

Allerdings ist die Situation im Bereich der Weichspüler genau umgekehrt, so dass zu befürchten ist, dass die Konkurrenz eine ähnliche Preissenkung bei Weichspülern durchführen könnte (»tit for tat«). Damit hätten beide Unternehmen Gewinn abgegeben. Statt einen Preiskampf anzuzetteln, schlägt der Controller deswegen vor, zu warten, bis eine geplante Produktinnovation der Forschung und Entwicklung einführungsreif ist. Dies wird von der Unternehmensführung nachvollzogen und so akzeptiert. Der Marktanteil wächst deutlich, als die Produktinnovation eingeführt wird.

Was lernen wir daraus?

Das Controlling baut zwar auf den Informationen und Empfehlungen der Kostenrechnung auf. Es werden aber noch weitere Informationen herangezogen (z. B. Marktanteile), zusätzliche Methoden angewandt (z. B. die Investitionsrechnung) und strategische Überlegungen mitberücksichtigt. Darüber hinaus arbeitet ein gutes Controlling zusammen mit der Unternehmensführung an dem Aufbau eines konsistenten integrierten Führungssystems (z. B. an der Integration der Planung innerhalb eines Unternehmens mit Elementen der Personalmotivation).

Es gibt in der Literatur keine einheitliche Definition für den Begriff des Controllings. Vielmehr haben sich im Laufe der Jahre verschiedene Ansätze und Konzeptionen herausgebildet (vgl. Thommen, 2013, S. 39-40), die auf verschiedene Funktionen des Controllings abzielen: