Copyright: © Junfermann Verlag, Paderborn 2017

Coverfoto: © Mikhail Kokhanchikov – istockphoto.com

Covergestaltung / Reihenentwurf: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Alle Rechte vorbehalten.

Erscheinungsdatum dieser eBook-Ausgabe: 2017

Satz, Layout & Digitalisierung: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

ISBN der Printausgabe: 978-3-95571-674-5

ISBN dieses E-Books: 978-3-95571-690-5 (EPUB), 978-3-95571-692-9 (PDF), 978-3-95571-691-2 (MOBI).

„Wenn du denkst, es geht nicht mehr,
kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“ 

– oft verwendet von Mamuschka Adelheid Auch-Schwelk

 

Dieses Buch ist allen Menschen gewidmet, die „mit Schmerzen leben“,

und deren Angehörigen

und Ihnen, die Sie das Buch in Ihren Händen halten!

Verzeichnis der Übungen

ABC des Wohlbefindens
Atemübung
Bewusstes Essen
Brief an deinen Schmerz
Brief an dich selbst
Brief an einen geliebten Menschen
Das erste Mal!
Das Gute an deinen Schmerzen
Dein innerer Kritiker
Deine Fähigkeiten und Talente
Deine innere Stimme – der innere weise Ratgeber
Den Atem bewusst wahrnehmen
Den Körper bewusst wahrnehmen
Der innere Helfer und der innere Arzt
Der schwere Rucksack wird leichter
Die Freiheitsstatue – Teil 1
Die Freiheitsstatue – Teil 2
Die Helfer auf deinem Weg!
Eine weitere AtemDer „Countdown“
Fotografiere deinen Schmerz und deine Lebensfreude
Fragen an das innere Kind
Hara-Meditation – Quelle des Lebens13
Heilendes Wasser – vom Loslassen und Lindern
Helden der Kindheit
Im Hier und Jetzt
Ist und Soll
Lebensfreude-Collage
Liebevolle und unterstützende Energie empfangen
Loslassen vom „Ich muss …“
Male deinen Schmerz und deine Lebensfreude
Mandala-Mal-Meditation
Mantra
Mein Kraftplatz
Mein Liebesbrief an dich
Mein Liebesbrief an mich
Mein Notfallkoffer für Schmerzen oder kritische Situationen
Mein zukünftiges Ich
Meine Kraftquellen
Metta-Meditation – liebevolle Güte für sich selbst und andere entwickeln
Mich lieben … lernen
Namenstag
Pflanzen eines Apfelbäumchens!
Reise zu deinem Schmerz
Reise zum inneren Kind
Ritual
Schlaflosigkeit
Schmerz – und was gibt es noch?
Schreibe über deinen Schmerz und deine Lebensfreude
Sich den Schmerz bewusst machen
Singe deinen Schmerz und deine Lebensfreude
Tanze deinen Schmerz und deine Lebensfreude
Vertrauen
Von der getretenen Pflanze zum kraftvollen Baum
Was hörst du? Geräusche bewusst wahrnehmen
Wenn ich ein(e) … wäre, dann wäre ich …
Wie geht es dir, in Form des Wetters ausgedrückt?
Wunder geschehen … wenn du es zulässt

Vorwort

Und dann kam der Tag,
an dem es mir größere Schmerzen bereitete,
eine verschlossene Knospe zu bleiben,
als zu wagen,
mich zur Blüte zu öffnen.

– Anaïs Nin

Jeder von uns kennt ihn. Fast keiner von uns will ihn. Es gibt ihn in vielen Arten. Mit vielen Facetten. Es gibt Menschen, die erleben ihn nur kurz. Andere begleitet er ein Leben lang. Für die einen ist er ein Segen, für die anderen ist er „die Hölle auf Erden“! Ihn interessiert weder Alter, Kultur, Geschlecht oder Nationalität. Er kommt, ob wir wollen oder nicht:

Der Schmerz!

Schmerzen sind etwas sehr Persönliches, etwas sehr Intimes. Kein Schmerz ist gleich. Jeder empfindet ihn anders. Schmerzen lassen sich nicht messen oder anfassen. Schmerzen kann niemand sehen. Jedenfalls nicht so, wie man es sehen kann, wenn jemand seinen Fuß gebrochen hat. Bei Schmerzen bekommen Sie keinen Gips oder Verband. Es ist nicht für jeden nach außen sichtbar, dass hier etwas nicht in Ordnung ist. Schmerz ist kein für Außenstehende ersichtliches Zeichen: „Stopp, hier ist etwas nicht in Ordnung. Bitte Rücksicht nehmen!“ Sie können den Schmerz erleben, ihn fühlen! Wenn Sie ihn haben, können Sie sich wehren, ihn bekämpfen oder ihn annehmen. Manchmal geht er schnell wieder weg. Manchmal bleibt er.

Mein eigener Weg hat mich dazu geführt, mich intensiv mit dem Thema Schmerz auseinanderzusetzen – einmal auf der psychischen Ebene, da ich früh mit dem Thema Tod konfrontiert wurde. Dann aber auch auf der physischen Ebene, da ich seit über 20 Jahren eine chronische, sehr schmerzhafte Krankheit habe. Endometriose betrifft nur Frauen. Gewebe, ähnlich dem der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium), tritt dabei im Unterleib auf und siedelt sich dort an den Eierstöcken, Eileitern, Darm, Blase oder dem Bauchfell an. Nach Schätzungen leiden etwa 7 bis 15 Prozent aller Frauen im geschlechtsreifen Alter an Endometriose. Das sind in Deutschland etwa zwei bis sechs Millionen Frauen. Mehr als 30.000 Frauen erkranken jährlich an Endometriose.

In den letzten 20 Jahren habe ich viele Monate schmerzfrei gelebt. Dann gab es wiederum Monate, in denen der Schmerz sehr präsent war. Den bisherigen Schmerzhöhepunkt habe ich erlebt, als ich fast zwei Jahre am Stück extreme Schmerzen hatte. So lange wie noch nie. Ich wurde zur chronischen Schmerzpatientin. Ohne Schmerzmittel bin ich nicht mehr aus dem Haus gegangen. Der Schmerz wurde damals für mich zum täglichen, oft ungeliebten Begleiter.

Ich habe es erlebt, wenn Ärzte, Familie, Freunde und Bekannte sagen: „Ach, du hast immer noch Schmerzen. Ich sehe gar nichts!“; „Kann man da gar nichts machen?“; „Wieso änderst du nicht einfach etwas?“; „So schlimm kann es doch gar nicht sein!“; „Jetzt stellen Sie sich nicht so an!“ – um nur einen Auszug der gut und weniger gut gemeinten Ratschläge, Anmerkungen und Fragen aufzuführen, die ich im Lauf der Jahre bekommen haben.

1988 habe ich angefangen, in der Weiterbildung zu arbeiten. Seit 2004 bin ich selbstständig als Coach, Trainerin und Rednerin. In dieser Zeit habe ich Tausende von Menschen rund um das Thema Persönlichkeitsentwicklung gecoacht und trainiert. Seit ein paar Jahren sind die Themen „Umgang mit Stress“ und „Umgang mit körperlichen und psychischen Schmerzen“ bei meinen Klienten in den Vordergrund gerückt.

Das Buch schreibe ich als Schmerzpatientin und als Coach für Sie. Ich weiß nicht, wie Sie Ihren Schmerz erleben, was Sie empfinden, was Sie erleben mit Ihrem Schmerz. Doch ich weiß, was es für mich bedeutet, mit starken Schmerzen zu leben. Ich habe an mir selbst und an vielen Klienten erlebt, wie bestimmte Dinge, Methoden und Fragen dazu beitragen, dass der Schmerz weniger wird, dass er ganz weggeht oder ein besserer Umgang mit ihm gefunden wird. Wichtig ist herauszufinden, was für Sie passend und möglich ist. Damit Sie auch mit und trotz Schmerzen Lebensfreude spüren!

Dieses Buch ersetzt keine professionelle, medizinische und psychologische Behandlung! Es ist kein Fachbuch, das sich an ein Fachpublikum richtet. Auch ist es kein Buch, das detailliert das Phänomen Schmerz samt Ursachen, Diagnosen und Therapien beschreibt. Dazu gibt es wunderbare Bücher, auf die ich in der Literaturempfehlung hinweise.

Dies ist vielmehr ein Sachbuch, das sich an Sie richtet. Sie, den Menschen mit Schmerzen. Es ist ein Übungsbuch, in dem Sie viele praktische Übungen, Anleitungen und Hinweise zum Umgang mit Ihrem Schmerz finden.

Möge dieses Buch Sie dabei unterstützen, mit Schmerzen ein lebenswertes und friedvolles Leben zu leben, sodass Sie Lebensfreude und Lebenslust auch mit Schmerzen empfinden können. Möge es ein Begleiter sein, um sich seiner selbst bewusst zu sein und mit Schmerzen zu leben! Wichtig ist, dass Sie die für Sie passende Methode, den für Sie passenden Umgang finden. Es kann sein, dass eine Übung nichts für Sie ist. Dann probieren Sie die nächste. Vielleicht ist diese heute nicht passend, dafür in ein paar Wochen. Vielleicht klappt es heute gut und vielleicht morgen nicht. So individuell, wie der Schmerz ist, so individuell ist die Wirkung der Übungen. Mögen Sie die für sich passende finden!

Vielleicht stimmen Sie mit mir oder im Buch erwähnten Punkten nicht überein. Gut so! So individuell, wie der Schmerz ist, so individuell sind wir Menschen. Gehen Sie Ihren eigenen Weg. Machen Sie Ihre eigenen Erfahrungen. Probieren Sie aus und entdecken Sie selbst, was gut für Sie ist, um mit Ihren Schmerzen zu leben. Denn andere können für Sie Begleiter, Unterstützer und Helfer sein, doch Ihr Leben können nur Sie leben. Nehmen Sie es in die Hand, wir haben nur das eine … angeblich!

Wenn ich in meinem Text der Einfachheit halber in der männlichen oder weiblichen Bezeichnung schreibe, so ist auch immer jeweils das andere Geschlecht damit gemeint.

Schmerzen sind sehr persönlich, sehr intim. Aus diesem Grund schreibe ich das Buch ab jetzt in der „Du-Form“ und verzichte auf die Distanz schaffende Anrede mit „Sie“!

3. Das schwierige Leben mit dem Schmerz

Für viele Angehörige und Freunde ist es am Anfang einer Krankheit selbstverständlich, sich um den lieben Menschen zu kümmern, der Schmerzen hat. Doch was ist, wenn die Schmerzen sich über Wochen, Monate und sogar Jahre ausdehnen? Wenn du einen Arm gebrochen hast und einen Gips hast, dann sieht dein Umfeld sofort: „Hier ist etwas nicht in Ordnung, dieser Mensch ist gerade nicht voll einsatzfähig – also Rücksicht nehmen.“ Doch wenn du keine „äußerlichen Merkmale“ hast, kann es auf Dauer schwierig für dein Umfeld werden, dies zu verstehen.

In meinen Seminaren berichten mir Teilnehmer mit Schmerzen von Aussagen, die sie gehört haben:

Wenn du mit Schmerzen lebst, ändert sich dein Leben. Es kommen so viele Einschränkungen in alltäglichen Dingen auf dich zu, die vorher oft selbstverständlich waren, über die du nicht nachgedacht hast. Auch als Angehöriger ist es oft eine große Herausforderung, mit den Schmerzen eines geliebten Menschen umzugehen. Überforderung, Hilflosigkeit und Ohnmacht herrschen oft auf beiden Seiten! Einige Herausforderungen von Menschen mit Schmerzen habe ich im Folgenden aufgeführt.

Zu den genannten Herausforderungen kommen noch weitere hinzu!

Kennst du das? Du hast körperliche Schmerzen. Doch nicht genug damit, es kommen noch zusätzlich Gedanken hinzu, die dir seelische Schmerzen zufügen!

Schmerzverstärkende Gedanken, die bei Schmerzpatienten auftreten, können sein:

So, wie das Schmerzempfinden durch Gedanken verstärkt werden kann, so kann es mit schmerzlindernden Gedanken auch gesenkt werden. Solche schmerzlindernden Gedanken können z. B. sein:

Hast du auch schmerzverstärkende Gedanken? Wenn ja, werde dir ihrer bewusst und notiere sie hier:

Wie kannst du diese in schmerzlindernde Gedanken umformulieren?

7. Der Schmerz, die Kreativität, die Lebenslust und ich

„Als Kind ist jeder ein Künstler.
Die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben.“

– Pablo Picasso

Vor einigen Jahren besuchte ich in Mexico das Haus, in dem die großartige Malerin Frida Kahlo gelebt hat. Mit sechs Jahren erkrankt sie an Kinderlähmung. In jungen Jahren erlebt sie ein Busunglück. Eine Stahlstange durchbohrt ihr Becken. Schmerzen werden ihre täglichen Begleiter. Sie muss viel im Bett liegen. Aus Langeweile fängt sie an zu malen. In vielen ihrer Bilder verarbeitet sie ihren Schmerz, ihr Leid und ihr Leben als chronische Schmerzpatientin, z. B. „Die gebrochene Säule“: Es zeigt sie nackt, eingezwängt in ein Gipskorsett. Frida Kahlo malte unter schwierigsten Umständen. Dabei sind eindrucksvolle und sehr ausdrucksstarke Bilder entstanden.

Es geht nicht darum, eine zweite Frida Kahlo zu werden. Auch nicht wie Renoir, der mit Gelenkrheuma unter Schmerzen viele Bilder malte. Es geht darum, die Möglichkeit der Kunst zu nutzen, um mit Schmerzen zu leben. Ihnen näher zu kommen. Sie zu erforschen. Mit ihnen zu leben. Zu schauen, was da noch ist außer dem Schmerz. Das Malen kann helfen, um einen anderen Zugang zu Schmerzen zu finden und damit einen besser Umgang mit ihnen.

Meryl Streep bekam 2017 bei den Golden Globes einen Sonderpreis für ihr Lebenswerk. In ihrer eindrucksvollen Dankesrede erinnert sie sich an ihre verstorbene Freundin Carrie Fisher (bekannt als Prinzessin Leia aus den Star-Wars-Filmen), welche in ihrem Leben viel seelischen Schmerz erlitten hat. Carrie Fisher hat einst zu Meryl Streep gesagt: „Nimm dein gebrochenes Herz und mach daraus Kunst.“

Die Performance-Künstlerin Marina Abramović wurde als Kind von ihrer Mutter nachts aufgeweckt, weil diese fand, sie würde zu „unordentlich“ schlafen. Die Mutter nannte es Ordnung und Disziplin. Marina Abramović träumte davon, sie umzubringen. Bis Robert Wilson ein Theaterstück über sie machte und Marina Abramović die Rolle ihrer Mutter spielte. „Das war eine Befreiung“, sagt sie. „In den Proben und dann auf der Bühne musste ich noch einmal die schmerzhaftesten Momente meines Lebens durchmachen – immer wieder. Es war besser als jede Therapie.“ In einer Performance saß sie drei Monate, sechs Tage die Woche für je acht Stunden bewegungslos auf einem Stuhl. Gegenüber konnten Besucher Platz nehmen und in ihre Augen schauen. Auf die Frage „Was haben Sie dabei gelernt?“ antwortet Marina Abramović:

Dass sich Schmerzen kontrollieren lassen. 15 Minuten kann jeder ruhig sitzen. Aber schon nach einer Stunde zwickt und kneift es überall. Nach drei Stunden will jeder einzelne Muskel deines Körpers in eine andere Position. Irgendwann gelangt man zu dem Punkt, an dem man glaubt, ohnmächtig zu werden, wenn man sich nicht sofort bewegt. Dann denkt man: Okay, fuck it! Falle ich eben in Ohnmacht! Die Befreiung kommt, wenn man sich aufgibt und merkt: Es geht ja doch weiter. Schmerz lässt sich kontrollieren. Schmerz in der Kunst ist für mich eine Tür zu einer höheren Bewusstseinsebene, wo das Innere zu leuchten beginnt. In alten Kulturen wird das oft beschrieben: Man muss die körperlichen Schmerzen überwinden, um die Tür zu öffnen. Es ist ein schwerer Weg, aber man erfährt unglaubliche Dinge, wenn man es geschafft hat. Es ist eine Art Erleuchtung, es setzt Energien frei.15

Bedingt durch seelischen und körperlichen Schmerz sind in der Geschichte der Menschheit herrliche Bilder, Opern, Gedichte, Romane, Filme, Lieder, großartige Kunstwerke entstanden. Der Schmerz kann destruktiv, jedoch auch kreativ sein. Beides ist möglich. Die Schriftstellerin Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach schrieb: „Der Schmerz ist der große Lehrer der Menschen. Unter seinem Hauche entfalten sich die Seelen.“ Lasse deine Seele sich entfalten und erlaube dir, neue Seiten an dir zu entdecken!

Ich kann mich gut an eine Stunde erinnern, die ich bei dem wunderbaren Stimm- und Performancekünstler Ralf Peters hatte. Wir haben als Thema der Stunde meinen Schmerz genommen. Was über meine Stimme an die Oberfläche kam, war faszinierend. Ich kann jedem empfehlen, sich über diese, vielleicht sonst ungewohnte Arte, seinen eigenen Schmerz anzuschauen. Ich habe dies als interessant, teilweise lustvoll, doch vor allem sehr hilfreich empfunden. Auf kreative Weise in das Unterbewusste vorzudringen und dadurch einen tiefen Zugang zum Schmerz zu erhalten war ein Hilfsmittel, mit dem ich einen besseren Umgang mit meinem Schmerz entwickeln konnte.

Gib nicht sofort auf, wenn du beim ersten Mal nichts fühlst oder es dich nicht erfüllt. Gib dir die Möglichkeit, es auszuprobieren. Es ist gut möglich, dass du irgendwann die für dich passende Kunstform findest und auch mit Schmerzen die Lust am Kreativsein entdeckst. Was gibt es noch außer dem Schmerz? Vielleicht entdeckst du die Lust, Neues zu erschaffen. Freude am Malen, am Schreiben, im Tanz oder am Singen. Probiere es aus! Ja, vielleicht empfindest du dabei Lebensfreude, sogar lustvoll zu leben und Lebenslust zu spüren.

In der Schmerzklinik Berlin bieten Dr. Jansen, der ärztliche Leiter und Geschäftsführer des Schmerzzentrums Berlin, und sein Team die „Multimodale Schmerztherapie“ an. Als „multimodale Schmerztherapie“ wird eine inhaltlich eng abgestimmte multidisziplinäre und integrative Behandlung in Kleingruppen bezeichnet.

Neben der medikamentösen Behandlung sind folgende Bereiche integriert:

Mit Tanz-, Musik- und Maltherapie wird der kreative Anteil, den jeder in uns hat, angesprochen, um mit Schmerzen zu leben. Nach anfänglichem Zögern erhalten viele Menschen, die mit Schmerzen leben, dadurch wieder mehr Lebensfreude.

Übungen

Nimm dir in den nächsten Wochen vor, kreative Dinge zu tun. Vielleicht tust du einige davon schon? Dann fahre damit fort und probiere noch etwas Neues aus. Wenn der Gedanke kommt „Ich kann nicht singen, malen, tanzen usw.“, dann lasse ihn vorbeiziehen. Es geht nicht darum, etwas „gut“ zu machen, sondern dem Schmerz auf eine andere Art und Weise zu begegnen. Vielleicht entdeckst du dabei einen weiteren Aspekt, der dir hilft, mit deinem Schmerz zu leben.

Vielleicht findest du es albern und kindisch, dich kreativ zu betätigen. Na gut, dann erinnere dich daran, wie viel Spaß es als Kind gemacht hat, albern zu sein. Hast du das nie erlebt? Na Gott sei Dank ist es nie zu spät, dir selbst die Chance zu geben, Spaß zu haben. Vielleicht empfindest du sogar Lebensfreude dabei!

Du kannst dies alles allein ausprobieren oder in einer Gruppe. Mit Menschen, die du magst, oder mit Menschen, die du noch nicht kennst. Manchmal kann es sehr hilfreich sein, dies mit einem Therapeuten zu tun. Im Informationsteil am Ende dieses Buchs findest du diverse Adressen, wo du dir Unterstützung holen kannst. Wichtig ist dabei, das es jemand oder eine Gruppe ist, mit dem bzw. in der du dich wohlfühlst. Du solltest Vertrauen haben, um dich öffnen zu können.

Es gibt viele Möglichkeiten, kreativ mit dem Thema Schmerz und Lebensfreude Kontakt aufzunehmen. Egal, ob es Theaterspielen, Basteln, Nähen, Kochen, Töpfern, Handwerken, Bildhauern usw. ist. Warum ist es sinnvoll, auf kreative Weise mit deinem Schmerz und Lebensfreude in Kontakt zu kommen? Weil es eine Möglichkeit ist, deinem inneren Empfinden Ausdruck zu geben. Weil du dadurch mit deinem Unterbewusstsein in Kontakt kommen und daraus neue Sichtweisen auf deinen Schmerz und deine Lebensfreude erhalten kannst. Probiere es aus. Erlebe es! Möge es dir guttun!

Was kannst du tun? Hier eine Auswahl:

 ÜBUNG: Male deinen Schmerz und deine Lebensfreude

Beginne gleich damit auf der nächsten Seite oder, wenn du magst, beantworte vorher folgende Fragen:

a) Schmerz

Wo und wie genau in deinem Körper ist jetzt gerade dein Schmerz spürbar?

Angenommen, dein Schmerz könnte dir ein Bild malen. Was zeichnet er spontan für dich?

Was denkst du im Augenblick gerade?

Was fühlst du im Augenblick gerade?

Jetzt nimm dir Zeit, deinen Schmerz zu malen. Wie sieht er heute aus? Wie morgen oder in ein paar Tagen? Es kann sehr spannend und hilfreich sein, wenn du in ein paar Tagen oder Wochen prüfst, ob und wie sich dein Schmerz verändert hat. Vielleicht möchtest du ein neues Bild malen. Ich empfehle dir, kaufe dir einen Block. Dann kannst du so oft malen, wie du magst, und immer wieder schauen, wie dein Schmerz heute ausschaut, und prüfen, ob und wie er sich verändert hat.

Datum:

 

 

 

 

 

Datum:

 

 

 

 

 

 

b) Lebensfreude

Beginne gleich damit auf der nächsten Seite oder, wenn du magst, beantworte vorher folgende Fragen:

Wo und wie genau in deinem Körper ist jetzt gerade deine Lebensfreude spürbar?

Angenommen, deine Lebensfreude könnte dir ein Bild malen. Was zeichnet sie spontan für dich?

Was denkst du im Augenblick gerade?

Was fühlst du im Augenblick gerade?

Jetzt nimm dir Zeit, deine Lebensfreude zu malen. Wie sieht sie heute aus? Wie morgen oder in ein paar Tagen? Es kann sehr spannend und hilfreich sein, wenn du in ein paar Tagen oder Wochen prüfst, ob und wie sich deine Lebensfreude verändert hat. Vielleicht möchtest du ein neues Bild malen. Ich empfehle dir, kaufe dir einen Block. Dann kannst so oft du malen, wie du magst, und immer wieder schauen, wie deine Lebensfreude heute ausschaut, und prüfen, ob und wie sie sich verändert hat.

Datum:

 

 

 

 

 

Datum:

 

 

 

 

 

 ÜBUNG: Singe deinen Schmerz und deine Lebensfreude

Bevor du anfängst zu singen, beantworte folgende Fragen:

a) Schmerz

Welches Lied / welche Lieder passen im Moment zu deinem Schmerz?

Angenommen, dein Schmerz könnte dir jetzt ein Lied / Lieder vorsingen, welche wären das?

Erfinde ein neues Lied passend zu deinem Schmerz! Schreibe hierzu jetzt den Text:

Jetzt nimm dir Zeit, für deinen Schmerz zu singen, ihm zuzuhören oder dir ein passendes Lied anzuhören!

Was denkst du im Augenblick gerade?

Was fühlst du im Augenblick gerade?

 

b) Lebensfreude

Welches Lied / welche Lieder passen im Moment zu deiner Lebensfreude? Wenn dir nichts einfällt: Welches Lied / welche Lieder hat / haben früher Lebensfreude in dir ausgelöst?

Angenommen, deine Lebensfreude könnte dir jetzt ein Lied / Lieder vorsingen, welche wären das?

Erfinde ein neues Lied passend zu deiner Lebensfreude! Schreibe hierzu jetzt den Text:

Jetzt nimm dir Zeit, für deine Lebensfreude zu singen, ihr zuzuhören oder dir ein passendes Lied anzuhören!

Was denkst du im Augenblick gerade?

Was fühlst du im Augenblick gerade?

 ÜBUNG: Schreibe über deinen Schmerz und deine Lebensfreude

a) Schmerz

Dies kannst du auf unterschiedlichste Weise tun. Führe Tagebuch, schreibe einen Roman oder einen Brief an deinen Schmerz. Was erlebst du mit ihm? Was fühlst du? Was strengt dich an? Was ist herausfordernd? Was nervt dich? Was tut dir gut? Was ist interessant?

Schreibe jetzt alles auf, was dir in den Sinn kommt:

Wenn du fertig bist, beantworte folgende Fragen:

Was denkst du im Augenblick gerade?

Was fühlst du im Augenblick gerade?

 

b) Lebensfreude

Auch dies kannst du auf unterschiedlichste Weise tun. Führe Tagebuch, schreibe einen Roman oder einen Brief an deine Lebensfreude. Was erlebst du mit ihr? Was fühlst du? Was strengt dich an? Was ist herausfordernd? Was nervt dich? Was tut dir gut? Was ist interessant?

Vielleicht hast du deine Lebensfreude schon eine Weile nicht mehr erlebt? Dann schreibe ihr, dass du sie vermisst. Dass du schon gar nicht mehr weißt, wie es sich anfühlt, Lebensfreude zu empfinden, zu spüren.

Schreibe jetzt alles auf, was dir in den Sinn kommt:

Wenn du fertig bist, beantworte folgende Fragen:

Was denkst du im Augenblick gerade?

Was fühlst du im Augenblick gerade?

 ÜBUNG: Namenstag

a) Schmerz

Angenommen, dein Schmerz hat heute Namenstag! Wie nennst du ihn? Schreibe alle Namen auf, die dir jetzt in den Sinn kommen:

Wenn du fertig bist, beantworte folgende Fragen:

Was denkst du im Augenblick gerade?

Was fühlst du im Augenblick gerade?

 

b) Lebensfreude

Angenommen, deine Lebensfreude hat heute Namenstag! Wie nennst du sie? Schreibe alle Namen auf, die dir jetzt in den Sinn kommen:

Wenn du fertig bist, beantworte folgende Fragen:

Was denkst du im Augenblick gerade?

Was fühlst du im Augenblick gerade?

 ÜBUNG: Tanze deinen Schmerz und deine Lebensfreude

Beantworte folgende Fragen:

a) Schmerz

Wenn dein Schmerz ein Tanz wäre, welcher wäre es gerade? Ein Walzer, Tango, Samba, Hip-Hop, Breakdance oder etwas ganz anderes? Tanzt du ihn allein, zu zweit oder mit mehreren? Ist der Tanz leidenschaftlich, melancholisch, feurig, ruhig, klassisch, modern oder etwas ganz anderes?

Wie würde dein Schmerz tanzen, wenn er sich jetzt bewegen würde?

Bewege jetzt deinen Körper so, wie es für dich passt. Wenn du nur noch liegen kannst, bewege deine Arme oder deine Beine. Frage dich: Wie würde der Schmerz tanzen, wenn er sich jetzt bewegen würde? Fange jetzt an, dich so zu bewegen, so zu tanzen, wie sich im Augenblick für deinen Körper Schmerz anfühlt.

Wenn dein Körper sich genug bewegt hat, komme zur Ruhe und beschäftige dich mit folgenden Fragen:

Was denkst du im Augenblick gerade?

Was fühlst du im Augenblick gerade?

 

b) Lebensfreude

Wenn deine Lebensfreude ein Tanz wäre, welcher wäre es gerade? Ein Walzer, Tango, Samba, Hip-Hop, Breakdance oder etwas ganz anderes? Tanzt du ihn allein, zu zweit oder mit mehreren? Ist der Tanz leidenschaftlich, melancholisch, feurig, ruhig, klassisch, modern oder etwas ganz anderes?

Wie würde deine Lebensfreude tanzen, wenn sie sich jetzt bewegen würde?

Bewege deinen Körper so, wie es für dich passt. Wenn du nur noch liegen kannst, bewege deine Arme oder deine Beine. Frage dich: Wie würde die Lebensfreude tanzen, wenn sie sich jetzt bewegen würde? Fange jetzt an, dich so zu bewegen, so zu tanzen, wie sich im Augenblick für deinen Körper Lebensfreude anfühlt.

Wenn dein Körper sich genug bewegt hat, komme zur Ruhe und beschäftige dich mit folgenden Fragen:

Was denkst du im Augenblick gerade?

Was fühlst du im Augenblick gerade?

 ÜBUNG: Fotografiere deinen Schmerz und deine Lebensfreude

„Kunst ist meine Medizin.“ Der Student Matteo Rigosa leidet an Depressionen. Er beginnt, seine Ängste zu fotografieren: „Meine Gefühle im Bild auszudrücken gibt mir die Möglichkeit, sie besser zu verstehen!“ Seine beeindruckenden Bilder findest du hier: http://phototherapyproject.tumblr.com.

a) Schmerz

Frage dich: Welche Dinge, Gegenstände, Symbole … zum Beispiel in deiner Wohnung, an deiner Arbeitsstelle, auf den Straßen, in der Natur … verbindest du mit deinem Schmerz? Fotografiere sie!

Wenn du genug hast, beantworte folgende Fragen:

Was hast du fotografiert?

Warum hast du es fotografiert? Was verbindet für dich dieses Bild mit Schmerz?

Was denkst du im Augenblick gerade?

Was fühlst du im Augenblick gerade?

 

b) Lebensfreude

Frage dich: Welche Dinge, Gegenstände, Symbole … zum Beispiel in deiner Wohnung, an deiner Arbeitsstelle, auf den Straßen, in der Natur … verbindest du mit Lebensfreude? Fotografiere sie!

Wenn du genug hast, beantworte folgende Fragen:

Was hast du fotografiert?

Warum hast du es fotografiert? Was verbindet für dich dieses Bild mit Lebensfreude?

Was denkst du im Augenblick gerade?

Was fühlst du im Augenblick gerade?

„… Wäre es uns möglich, weiter zu sehen, als unser Wissen reicht, und noch ein wenig über die Vorwerke unseres Ahnens hinaus, vielleicht würden wir dann unsere Traurigkeiten mit größerem Vertrauen ertragen als unsere Freuden. Denn sie sind die Augenblicke, da etwas Neues in uns eingetreten ist, etwas Unbekanntes; unsere Gefühle verstummen in scheuer Befangenheit, alles tritt in uns zurück, es entsteht eine Stille, und das Neue, das niemand kennt, steht mitten darin und schweigt …“

– Rainer Maria Rilke, „Briefe an junge Dichter“

11. Meine Helden, das innere Kind und ich

„Fantasie ist wichtiger als Wissen,
denn Wissen ist begrenzt.“

– Albert Einstein

„Und nun, werte Freunde, fordere ich Sie auf, das zu sein, was Sie wirklich sind. Magier, Meerjungfrauen, Reisende, Abenteurer, Zauberkünstler. Kommen Sie und träumen Sie. Mit mir!“ Was denkst du, wenn du das liest? Wie reagierst du? Bekomme ich ein müdes Lächeln von dir? Eher ein spöttisches? Hörst du auf zu lesen? Oder bist du interessiert? Neugierig? Freust du dich? Diese Sätze sagt Georges Méliès zu seinem Publikum. Gespielt von Ben Kingsley in dem mit fünf Oscars ausgezeichneten Film Hugo Cabret, Regie Martin Scorsese. Er lädt die Menschen ein, für einen Augenblick einzutauchen an einen magischen Ort. An einen Ort, wo alles möglich ist.

Kannst du dich erinnern, als du klein warst – Helden und für andere unsichtbare Helfer haben dich unterstützt, wenn die Monster zu präsent waren und der Schmerz zu groß wurde? Sätze von den Erwachsenen wie zum Beispiel „das verstehst du noch nicht“, „dafür bist du noch zu klein“, „hier gibt es keine Monster“, „du wieder mit deinen Hirngespinsten“ usw. haben oft große Auswirkungen und schmerzhafte Erfahrungen hinterlassen. Doch Helden wie Pippi Langstrumpf, Superman, Bibi Blocksberg, Winnetou, Batmann, Wickie und Captain Future haben uns geholfen. Gemeinsam mit unseren Helden sind wir um die Welt geflogen. Wir wurden selbst zu mutigen Kapitänen, zur Herrscherin der sieben Weltmeere und zu Riesen mit unermesslicher Kraft.

Im Lauf der Jahre haben wir sie vergessen, und vom Kapitän wurden wir zum Sachbearbeiter, vom Riesen zum Mechaniker und von der Herrscherin der sieben Weltmeere zur Ärztin. Die Helden mitsamt unserer Fantasie wurden immer tiefer begraben, und die Ratio, das Nüchterne nahm überhand. Viele von uns wurden wie unsere Eltern und sagen nun zu unseren Kindern „das verstehst du noch nicht“, „dafür bist du noch zu klein“, „hier gibt es keine Monster“, „du wieder mit deinen Hirngespinsten“ usw.

Es wird Zeit, wieder dein inneres Kind zu wecken und deiner Fantasie die Erlaubnis zu geben, hervorzukommen und wieder zu blühen. Du magst vielleicht deinen Körper vor Schmerzen nicht bewegen können, doch deinen Geist kannst du auf Reisen schicken. Die Helden deiner Kindheit, die Helfer und Unterstützer kannst du wieder an Bord holen. Du kannst den mutigen Kapitän in dir wiederbeleben, die Herrscherin der sieben Weltmeere rufen und den Riesen mit unermesslichen Kräften um Hilfe bitten. Kommst du dir dabei albern vor? Dann lade jetzt noch eine Portion Humor mit ein, und es kann losgehen.

 ÜBUNG: Helden der Kindheit

Beispiel einer Seminarteilnehmerin

Meine Helden in meiner Kindheiten waren:

Pippi Langstrumpf

Welche Eigenschaften hatten sie, was war das Besondere an den Helden?

Die war mutig und hat sich getraut, alles anzusprechen. Sie hat sich nichts gefallen lassen.

Wobei haben sie mir geholfen?

Ich war viel allein als Kind und habe oft im Gedanken mit Pippi gespielt. So war ich dann doch nie allein.

Inwieweit kann ich heute diese Eigenschaft selbst leben?

Ich traue mich oft nicht, Dinge anzusprechen. Wenn ich Schmerzen habe, erdulde ich es und sage nichts. Vielleicht sollte ich auch mal mutig aussprechen, wie es mir geht. Die Menschen in meinem Umfeld bitten, mehr Rücksicht auf mich zu nehmen, wenn ich Schmerzen habe.

Jetzt bist du dran! Beantworte folgende Fragen:

Meine Helden der Kindheiten waren:

Was für Eigenschaften hatten sie, was war das Besondere an den Helden?

Wobei haben sie mir geholfen?

Inwieweit kann ich heute diese Eigenschaft selbst leben?

Mein inneres Kind